Diese Hausarbeit ist eine Reflexion und Diskussion des Trainingsprogramms "Beruflich in Japan" nach Petzold 2005. Ziel ist es, ein Verständnis für das Verhalten und die Denkweise der Japaner besonders in der Zusammenarbeit mit Deutschen zu entwickeln. Dabei sollen nicht nur abstrakte Konzepte gelernt, sondern Handlungskompetenz erworben werden. Gleichzeitig soll die eigene kulturelle Prägung reflektiert und so einem Kulturschock vorgebeugt werden.
Aus wirtschaftlichen Gründen besteht für Deutschland ein großes Interesse an der Kooperation mit Japan. Deutsche Fach- und Führungskräfte, die in Japan gearbeitet haben, berichten, dass die Kommunikation mit den japanischen Kollegen sich schwierig gestalten kann. In japanischen Firmen gibt es einen anderen Führungsstil als in Deutschland. Die Planung erfolgt nach anderen Abläufen als hierzulande. Nicht nur fachbezogene Kompetenz, sondern auch kulturelles Einfühlungsvermögen sind für den beruflichen Erfolg von deutschen Fach- und Führungskräften in Japan entscheidend. Daher wollen Petzold et al. (2005) mit ihrem Training "Beruflich in Japan" deutsche Fach- und Führungskräfte auf das Leben und Arbeiten in Japan vorbereiten.
Inhaltsverzeichnis
1 Zielsetzung des Trainings
2 Landeskundliche Informationen zur Zielkultur Japan
3 Struktur des Trainings
4 Trainingsinhalte im Überblick
5 Differenzierte Darstellung des Kulturmerkmals Machtdistanz
6 Diskussion des Trainingskonzepts
Literatur
1 Zielsetzung des Trainings
Aus wirtschaftlichen Gründen besteht für Deutschland ein großes Interesse an der Kooperation mit Japan. Deutsche Fach- und Führungskräfte, die in Japan gerabeitet haben, berichten, dass die Kommunikation mit den japanischen Kollegen sich schwierig gestalten kann (Petzold, Ringel & Thomas, 2005). In japanischen Firmen gibt es einen anderen Führungsstil als in Deutschland. Die Planung erfolgt nach anderen Abläufen als hierzulande. Nicht nur fachbezogene Kompetenz, sondern auch kulturelles Einfühlungsvermögen sind für den beruflichen Erfolg von deutschen Fach- und Führungskräften in Japan entscheidend. Daher wollen Petzold et al. (2005) mit ihrem Training „Beruflich in Japan“ deutsche Fach- und Führungskräfte auf das Leben und Arbeiten in Japan vorbereiten. Ziel ist es, ein Verständnis für das Verhalten und die Denkweise der Japaner besonders in der Zusammenarbeit mit Deutschen zu entwickeln (Petzold et al., 2005). Dabei sollen nicht nur abstrakte Konzepte gelernt, sondern Handlungskompetenz erworben werden. Gleichzeitig soll die eigene kulturelle Prägung reflektiert und so einem Kulturschock vorgebeugt werden.
2 Landeskundliche Informationen zur Zielkultur Japan
Japan ist eine parlamentarische Kaiser-Monarchie (Enders, 2015). In Japan leben 137 Millionen Menschen bei einer Bevölkerungsdichte von ca. 348 Einwohnern pro km2 (Deutschland im Vergleich mit 231 Einwohnern pro km2), wobei der Anteil der Stadtbevölkerung bei ca. 94 % liegt (Wirtschaftskammer Österreich, 2018). Im internationalen Vergleich erzielt Japan einen guten Human Development Index von 0.903, ein Indikator von Wohlstand und Lebensqualität (Jahan, 2016). Der Dienstleistungssektor macht in Japan ungefähr 3/4 und damit den größten Anteil der nationalen Wertschöpfung aus, während ungefähr 1/4 auf die Produktion entfallen (Statistisches Bundesamt, 2017). Land-, Forstwirtschaft und Fischerei machen heute nur 1-2 % der Wertschöpfung aus.
Für viele Regionen war aber jahrhundertelang das Leben in Agrargesellschaften prägend. In Dorfgemeinschaften war enge Zusammenarbeit notwendig für einen gelungenen Reisanbau (Wolf, 2011). Entscheidungen wurden in der Gruppe getroffen und die Autorität oblag dem Dorfältesten - diese Mentalität wirkte auf die kulturelle Prägung der Japaner und äußert sich in der heutigen Organisationskultur.
Eine der wichtigsten religiösen Ausrichtungen in Japan ist der Schintoismus. Die meisten Richtungen bauen auf der Vorstellung auf, dass die Mitglieder sozialer Gruppen (Clans) Kinder ihres Schutzgottes sind. In der heutigen kulturellen Prägung zeigt sich der Einfluss des Schintoismus im engen Miteinander in sozialen Gruppen. Die Selbstexotisierung und Abgrenzung zu Angehörigen anderer Kulturen, die Japaner mitunter zeigen, kann unter anderem auf die ursprüngliche Vorstellung zurückgeführt werden, Japaner seien Nachfahren ihrer Schutzgötter (Petzold et al., 2005).
Im vierten und fünften Jahrhundert wurden die Lehren des chinesischen Philosophs Konfuzius von Immigranten nach Japan gebracht. Sie umfassen unter anderem das Ideal einer ordentlichen und sittlichen Gesellschaft und die soziale Verpflichtung zu Loyalität, Pietät und Höflichkeit (Coulmas, 2005).
In der sogenannten Edo-Zeit (ca. 1600 bis 1850) war das Land Japan von der Außenwelt weitgehend isoliert, um sich vor den damaligen aggressiven christlichen Missionierungsbemühungen zu schützen (Petzold et al., 2005). Das machte Immigration während dieser Zeit so gut wie unmöglich und auch noch 2015 lag der Anteil der im Ausland geborenen Einwohner bei nur 1.6 % (Statistisches Bundesamt, 2017).
Nach dem Ende der Isolation erfolgte bis zum Beginn des ersten Weltkriegs eine starke Orientierung am Westen und seinen Errungenschaften (Petzold et al., 2005). Mit der Industrialisierung erhob sich Japan zu einem der weltweit führenden Industrienationen. Die Wirtschaftskrisen in den 1990ern und 2008/09 führten dazu, dass gängige Unternehmenspraktiken wie Gruppenverantwortung, der Legitimation von Führung durch Seniorität oder lebenslange Anstellung hinterfragt wurden oder an Bedeutung verloren. Trotzdem haben diese Prinzipien immer noch große Bedeutung in japanischen Organisationskulturen.
3 Struktur des Trainings
Den Begriff „Kultur“ definieren die Autoren des Trainings als „allumfassendes Orientierungssystem“ (Petzold et al., 2005, p.12). Das Training soll mit Fallbeispielen in das japanische Orientierungssystem einführen. Diese wurden zusammengestellt auf Basis von Interviews mit deutschen Fach- und Führungskräften, die in Japan gearbeitet haben. Sie wurden nach Situationen gefragt, in denen das Verhalten der japanischen Partner unerwartet oder unverständlich war. Experten beider Kulturen steuerten anschließend Erklärungen für die Verhaltensweisen bei.
Die Fallbeispiele stellen bewusst japanische Stereotypen dar, die nicht als universell gültige Verhaltensprognosen betrachtet werden dürfen. Im Gegensatz zu Vorurteilen sind diese Stereotypen wissenschaftlich fundiert und sollen eine Vereinfachung der Realität leisten, damit eine Orientierung möglich wird (Petzold et al., 2005). Es wird angenommen, dass es in realen Situationen zu Abweichungen der dargestellten Normen kommen kann und individuelle Unterschiede ebenfalls einen Einfluss haben.
Die Fallbeispiele sollen nicht passiv gelesen, sondern in eigenem Tempo selbstständig bearbeitet und reflektiert werden. Nach jedem Fallbeispiel werden Erklärungen gegeben, die das Verhalten der Japaner erklären könnten. Auf einer Skala von „sehr zutreffend“ bis „nicht zutreffend“ sollen die Trainingsteilnehmer einschätzen, wie gut die Antwortalternative zur dargestellten Situation passt. Erläuterungen zu jeder Antwortalternative geben Rückmeldung und klären auf, welche Kulturstandards sich auf das Verhalten der Japaner ausgewirkt haben. Es können immer auch mehrere Antwortalternativen einen Erklärungsbeitrag leisten. Anschließend werden in einem Lösungsvorschlag unverbindliche Anregungen gegeben, wie man sich als Deutscher in ähnlichen Situationen besser verhalten kann.
Die Fallbeispiele sind nach Kulturstandards gruppiert. Diese werden definiert als Verhaltens- und Denkweisen, die „als selbstverständlich, typisch und verbindlich angesehen werden“ (Petzold et al., 2005, p. 14). Am Ende jedes Kapitels werden kulturhistorische Hintergründe zu dem jeweiligen Kulturstandard erläutert.
4 Trainingsinhalte im Überblick
Konsensorientierung bedeutet, dass Entscheidungen in Japan meistens gemeinschaftlich getroffen werden. Es ist üblich, in informellen Treffen Mitarbeitern einer Firma die Chance zu geben, ihre Meinung zu äußern. Dadurch soll die Harmonie innerhalb der Gruppe gewahrt werden und ein Gefühl gemeinsamer Verantwortung entstehen (Petzold et al., 2005).
Um das eigene und das Gesicht des anderen zu wahren, existieren implizite Verhaltensregeln für bestimmte Situationen. Durch das Einhalten der Etikette muss man keine Angst haben, jemanden durch unangemessenes Verhalten in Verlegenheit zu bringen (Petzold et al., 2005).
Jedes Mitglied der Gesellschaft ist moralischen und sozialen Verpflichtungen unterworfen, die ihren Ursprung in den Idealen des Konfuzianismus haben. Sie sollen das Zusammenleben in Harmonie ermöglichen. Dafür muss der Einzelne stets umfassendes Wissen über sein Umfeld besitzen und im Konflikt selbstbeherrscht auftreten können (Petzold et al., 2005). Das eigene Gesicht und das der anderen zu wahren und bei Entscheidungen konsensorientiert vorzugehen sind ebenfalls wichtig.
Beziehungsorientierung bedeutet, dass das Aufbauen und Pflegen sozialer Beziehungen für Japaner von großer Bedeutung ist. Beziehungen sind gekennzeichnet durch Kontinuität, Loyalität und emotionaler Abhängigkeit (Petzold et al., 2005). Diese Orientierung schlägt sich nieder in der Norm, in der Kommunikation Beziehungsaspekten Vorrang vor Sachaspekten zu geben.
Gruppenzugehörigkeit hat einen stärkeren Einfluss auf die Definition der Identität als individuelle Eigenschaften. Eine primäre Gruppe kann zum Beispiel die Abteilung in der Firma sein. Innerhalb dieser gibt es informelle Informationsnetzwerke und Solidarität unter den Gruppenmitgliedern (Petzold et al., 2005).
Aus der starken Identifizierung mit der eigenen Gruppe folgt die Abgrenzung gegenüber Außenstehenden. Gegenüber Fremden ist man zu keiner Zuneigung, Höflichkeit oder Zurückhaltung verpflichtet (Petzold et al., 2005). Deshalb werden oft auch bei guter Integration Ausländer anders behandelt, weil sie keine Japaner sind.
Das konfuzianistische kulturelle Erbe Japans besteht unter anderem in einer starken Hierarchieorientierung und der Ansicht, dass vertikale Rangunterschiede zwischen Menschen naturgegeben sind (Petzold et al., 2005). Die Einhaltung der Rangordnung stellt die Stabilität und Harmonie der Gesellschaft sicher. Ihre Missachtung ist mit Gesichtsverlust verbunden (Petzold et al., 2005).
Paternalismus bezeichnet die Art der Beziehungsgestaltung zwischen einem Ranghöherem und einem Rangniederem. Die Beziehung sollte gemäß dem konfuzianischen Ideal von emotionaler Abhängigkeit, gegenseitiger Verpflichtung und Loyalität gekennzeichnet sein. Dadurch kommt es zu einem ständigen Geben und Nehmen in der Beziehung zwischen Vorgesetztem und Untergebenen in Firmen, wobei der Vorgesetzte eine väterlich-wohlwollende Haltung einnimmt (Petzold et al., 2005).
5 Differenzierte Darstellung des Kulturmerkmals Machtdistanz
Der Begriff Machtdistanz beschreibt den Grad, in dem Personen mit weniger Macht Ungleichheit akzeptieren oder erwarten (Towers & Peppler, 2017).
Geert Hofstede erhob den Power Distance Index (PDI) für eine Vielzahl an Nationalkulturen. Dieser errechnet sich aus verschiedenen Aspekten der Beziehungsgestaltung zwischen Vorgesetztem und Untergebenen. Japan erreicht dabei einen PDI von 54 im mittleren Bereich (Hofstede, 1993). Zum Vergleich: Deutschland mit einem PDI von 35 hat eine geringere Machtdistanz (Hofstede, 1993).
Im Fallbeispiel 22 „Teminschwierigkeiten“ erteilt eine deutsche Führungskraft einem japanischen Mitarbeiter Anweisungen, die dieser dann zur gegebenen Frist nicht erfüllen kann. Gegenüber einer hierarchisch höher gestellten Person kann der Mitarbeiter Zweifel an der Machbarkeit der Aufgabe nur indirekt durch Zögern oder Fragen äußern (Petzold et al., 2005). Das Beispiel zeigt auf, was es für Konsequenzen hat, mit dem Vorgesetzten nicht übereinzustimmen. Dieser Aspekt dient als eine der Subskalen zur Erfassung des PDI (Hofstede, 1993). Von der Vorgesetzten im Beispiel würde erwartet werden, dass sie sich fürsorglich erkundigt, ob der Mitarbeiter Schwierigkeiten bei der Umsetzung ihrer Anweisungen hat oder Unterstützung benötigt (Petzold et al., 2005). Dass Mitarbeiter generell darauf vertrauen, dass Anweisungen konkret und in der gegebenen Zeit zu schaffen sind, sowie dass Mitarbeiter dem Vorgesetzten im Zweifelsfall eher nicht widersprechen sind nach Towers und Peppler (2017) Kennzeichen für hohe Machtdistanz.
Im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern (u.a. Malaysia: 104, China: 80, Vietnam: 79) hat Japan den geringsten PDI (Hofstede, 1993). Die Fallbeispiele des Kulturstandards „Hierarchieorientierung“ zeigen, dass die Achtung von Rangordnung und deren natürlicher Legitimation tief in der japanischen Kultur verwurzelt sind. Andere Aspekte der japanischen (Organisations-)Kultur tragen zu einer Verringerung der Machtdistanz bei.
Einer dieser Aspekte ist der Entscheidungsstil von Vorgesetzten, der gleichzeitig eine weitere Dimension des PDI darstellt (Hofstede, 1993). Im Fallbeispiel 1 „Die lange Besprechung“ befinden sich drei Abteilungsleiter in der Entscheidungsfindung. Dabei empfindet der anwesende Deutsche den Prozess als zu langwierig und ineffizient (Petzold et al., 2005). Mit der Ausführlichkeit der Besprechung wollen die Japaner im Beispiel sicherstellen, dass ein Konsens mit allen Entscheidungsträgern und Betroffenen gefunden werden kann. Deshalb gibt es dann oft auch keinen einzelnen Verantwortlichen bei Fehlern. Bei Entscheidungen, die auf diese Weise getroffen worden sind, gelingt dann die Umsetzung leichter, weil die gesamte Belegschaft dahinter steht. Damit wird auch die Loyalität der Mitarbeiter gesichert (Petzold et al., 2005).
Anhand des Verhaltens des deutschen Managers im Fallbeispiel 23 “Der Präsident“ lässt sich der von Untergebenen gewünschte Führungsstil, ebenfalls eine Dimension des PDI (Hofstede, 1993), herleiten. Der Präsident veranlasst schnell tiefgreifende Veränderungen und nimmt wirtschaftlich nicht notwendige, aber pragmatische Stellenkürzungen vor. Die Mitarbeiter können aufgrund ihres Hierarchieunterschiedes zum Präsidenten keine offene Kritik äußern und machen deshalb ihre Meinung durch das Ignorieren von Anweisungen oder dem Zurückhalten von Informationen deutlich (Petzold et al., 2005). Ein Topmanager nach japanischem Ideal sollte die Belegschaft in seine Entscheidungen miteinbeziehen.
Das Ziel sollte außerdem sein, emotionale Bindungen zu den Untergebenen aufbauen, sodass deren Verbindung nicht nur vertraglich ist. Diese Art der Beziehungsgestaltung zählt zu den Merkmalen einer „familiären Organisationskultur“, in der Hierarchieorientierung und Personenorientierung miteinander vereint werden (Trompenaars & Hampden-Turner, 1998). Die „familiäre“ Struktur weist ein deutliches Machtgefälle auf. Der Ausdruck von Autorität ist aber nicht bedrohlich (Trompenaars & Hampden-Turner, 1998), sondern gleicht dem eines "wohlwollende[n] Vater[s]"(Petzold et al., 2005, p. 133).
In der Familien-Metapher entsteht das Machtgefälle zwischen „Vater“ und „Kindern“ in japanischen Firmen überwiegend durch Altersunterschiede. Das historisch verwurzelte Senioritätsprinzip bei der Legitimation von Macht trägt zur Wahrnehmung von höherer Machtdistanz in Japan bei. Die Kulturdimension „Statuszuschreibung versus Statuserreichung“ spiegelt wider, ob Status in einer Kultur durch individuelle Leistung erworben wird oder aufgrund von stabilen Attributen wie dem Alter zugeschrieben wird (Trompenaars & Hampden-Turner, 1998). Status steht hierbei im Zusammenhang mit der Legitimation von Macht und Autorität. Die Entscheidung, ob Zielerreichung oder persönliche Entfaltung höhere Priorität hat, wenn sich beides gegenseitig ausschließt, soll die Verortung von Kulturen auf dieser Dimension erlauben. 40% der japanischen und 25% der deutschen Befragten priorisierten die Zielerreichung über persönliche Entfaltung (Trompenaars & Hampden-Turner, 1998). Damit ist Japan eher in der Mitte des Spektrums. Dies kann einerseits durch das Senioritätsprinzip zur Legitimation von Autorität erklärt werden. Andererseits wird dieses aber mit der meritokratischen Überzeugung vereinbart, dass jeder gleich geboren wird und mit Fleiß alles erreichen kann (Brand, 2017).
Auch in der Globe-Studie wurde Machtdistanz als kulturvergleichende Dimension untersucht, allerdings mit anderen Items als bei Hofstede. Dabei erreichte Japan ebenfalls mittlere Werte, aber unterschied sich nicht signifikant von Deutschland oder anderen asiatischen Ländern (House, 2004). Das könnte dadurch erklärt werden, dass mehr Aspekte von Machtdistanz abgefragt werden. Wie in diesem Abschnitt gezeigt wurde, tragen gegensätzliche Aspekte der japanischen Kultur zu einer mittelstarken ausgeprägten Machtdistanz bei.
6 Diskussion des Trainingskonzepts
Durch die expertengestützte Erstellung der Fallbeispiele lässt sich inhaltliche Validität vermuten. Dennoch sollten einige Schwachpunkte an der Methodik des Trainings nicht unerwähnt bleiben.
Bei der Schilderung einiger Fallbeispiele fällt auf, dass Interpretationsspielraum zum Verständnis der dargestellten Situation besteht. Im Fallbeispiel 1 „Die lange Besprechung“ wird nicht explizit beschrieben, in welchem Setting das geschilderte Meeting stattfindet. Erst in den Erläuterungen wird klar, dass der Rahmen der Besprechung informell ist. Teilnehmer, die die Situation als offizielles Meeting auslegen, können so zu unterschiedlichen Erklärungen kommen, die aber nicht auf ihre eigenkulturelle Prägung zurückzuführen sind.
Unter anderem am Fallbeispiel 4 „PC-Probleme“ werden Unzulänglichkeiten der gegebenen Antwortalternativen deutlich. Ein japanischer Kollege erfüllt die Bitte einer deutschen Mitarbeiterin nicht, sagt ihr das aber nicht direkt. Zwei der Antwortmöglichkeiten lauten „Die Aufrüstung des Computers ist nicht möglich. Frau Schwarz’ Bitte direkt abzulehnen wäre aber sehr unhöflich und könnte ihre Gefühle verletzen.“ und „Herr Sumamoto kann Frau Schwarz nicht leiden und zeigt ihr das subtil.“ (Petzold et al., 2005, p.38). Die erste Antwort beschreibt die Manifestation eines Kulturstandards, was nach japanischen Maßstäben als höflich oder angemessen betrachtet wird. Die andere Antwort hingegen nimmt Probleme auf persönlicher Ebene an. Dies hätte nichts mit interkultureller Kommunikation zu tun. Da der geringe Detailsgrad des Fallbeispiels keine Hinweise auf das Vorliegen von Antipathien zulässt und die Identifikation von interindividuellen Spannungen nicht zur Zielsetzung des Trainings gehört, ist die Antwort von Grund auf unplausibel. Sie regt deshalb auch nicht zur Reflexion der Teilnehmer an.
In den Antwortalternativen wird zum Teil pauschal formuliert, wie Japaner sind, denken und handeln. Auf angemessenere probabilistische Formulierungen wie „es ist eher üblich“ wird - vermutlich zugunsten besserer Lesbarkeit - oft verzichtet. Trotz der Erläuterung in der Einführung zur Nutzbarmachung von Stereotypen können die gewählten Formulierungen in den Fallbeispielen zu pauschale Eindrücke vermitteln.
In den 13 Jahren, seit dem das Training erschienen ist, haben sich die Kulturstandards und ihr Einfluss auf das japanische Geschäftsleben wahrscheinlich verändert. Bei diesen Veränderungen könnte es sich um die Fortführung von Trends handeln, die bereits zur Zeit der Erstellung des Trainings erkennbar waren oder um Veränderungen, die zeitgeschichtlichen Ereignissen wie der Weltwirtschaftskrise 2008/09 oder der Atomkatastrophe in Fukushima im Jahr 2011 geschuldet sind.
Die Vielfalt an behandelten Kulturstandards und die zum Selbststudium geeignete Strukturierung ermöglichen trotz aller Schwachstellen einen einfachen Einstieg in eine komplexe Thematik. Das Training bietet kurzweilige, praktische Einblicke in die Organisationskultur des Landes Japan und erörtert Lösungen für viele Probleme, die bei der Zusammenarbeit mit deutschen Fach- und Führungskräften entstehen können. Damit stellt das Training „Beruflich in Japan“ eine wertvolle Maßnahme zur Vorbereitung auf das Leben und Arbeiten in Japan dar.
Literatur
Brand, G. (2017). Hofstede: Kulturdimensionen Deutschland vs. Japan. Zugriff 3. August 2018 unter http://brand-partner-wuerzburg.blogspot.com/2017/06/hofstede- kulturdimensionen.html
Coulmas, F. (2005). Die Kultur Japans: Tradition und Moderne. München: Beck.
Enders, S. (2015). IHK Pocket-Guide Japan (Industrie- und Handelskammer, Hrsg.). Neuss.
Hofstede, G. (1993). Culture’s Consequences: International Differences in Work-related Values. Newbury Park: Sage. Zugriff unter https://geerthofstede.com/research-and- vsm/dimension-data-matrix/
House, R. J. (Hrsg.). (2004). Culture, Leadership, and Organizations: The GLOBE Study of 62 Societies. Thousand Oaks: Sage.
Jahan, S. (2016). Human Development Report 2016. New York: United Nations Development Programme. Zugriff unter http://hdr.undp.org/sites/default/files/2016%7B% 5C_%7Dhuman%7B%5C_%7Ddevelopment%7B%5C_%7Dreport.pdf
Petzold, I., Ringel, N. & Thomas, A. (2005). Beruflich in Japan (A. Thomas, Hrsg.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Statistisches Bundesamt (Hrsg.). (2017). Länderprofil Japan. Wiesbaden.
Towers, I. & Peppler, A. (2017). Interkulturelle Kommunikation. In A. Ternès & I. Towers (Hrsg.), (S. 15-20). Wiesbaden: Springer Fachmedien. doi:10.15358/9783800648894
Trompenaars, F. & Hampden-Turner, C. (1998). Riding the waves of cultures. London: Nicholas Brealey. doi:10.3163/1536-5050.96.2.85
Wirtschaftskammer Österreich (Hrsg.). (2018). Länderprofil Japan. Wien.
Wolf, T. (2011). Japan - Tradition und Moderne. Focus Money. Zugriff unter https: //www.focus.de/finanzen/news/tid-21849/japan-tradition-und-moderne%7B%5C_ %7Daid%7B%5C_%7D613967.html
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- Citation du texte
- Leonie Manzke (Auteur), 2018, Das Trainingsprogramm "Beruflich in Japan" von Petzold 2005. Reflexion und Diskussion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1002335
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