„Was es alles gibt, das ich nicht brauche!“ mit diesem Ausspruch verdeutlichte Aristoteles, dass das Verfügbare und Vorhandene nicht immer dem Benötigten entspricht. In dieser Arbeit erscheint dem Autor dieses Zitat nicht nur bezogen auf Projekte, deren Brauchbarkeit kritisch geprüft und infrage gestellt werden sollte, als sinnvolle Einleitung. Vielmehr vermittelt diese Aussage dem Leser auch einen Eindruck über die Hindernisse und Defizite, mit denen der Autor bei der Erstellung der Arbeit konfrontiert war.
Die heutige Zeit ist geprägt von einem starken Wettbewerbsdruck und einer dementsprechend hohen Innovationsgeschwindigkeit. Projekte mit Ausrichtung auf ambitionierte, strategische Ziele werden dabei als Triebfeder der Innovation und Verbesserung angesehen.
Verlaufen Projekte nicht nach dem vorgesehenen Plan, so ist nicht nur die Erreichung dieser strategisch wichtigen Ziele gefährdet. Aus eigener Erfahrung weiß der Autor, dass das Schadenspotential krisenhafter Projekte weit über den monetären Schaden hinausgeht. Durch Erfahrungen mit Überlastung, Ungewissheit und Fluktuation, wurde die Entwicklung eines Werkzeugs zum Umgang mit krisenhaften Projekten zu einem persönlichen Anliegen.
Nach der Themenwahl konkretisierte sich allerdings ein Eindruck, der mit der hohen Wichtigkeit des Umgangs mit krisenhaften Projekten nicht vereinbar war. Entsprechend dem Ausspruch von Aristoteles konnte der Autor auf Unmengen von theoretischen Grundlagen und praktischen Berichten zum Projektmanagement zurückgreifen. Die Suche nach expliziten Methoden zum Umgang mit krisenhaften Projekten führte dagegen meist nur zu beiläufigen Erwähnungen dieses Aspektes als Randthema. Konfrontiert mit dieser begrenzten Informationsbasis griff der Autor auf Ansätze aus praktischen Quellen, älterer Literatur und Methoden aus anderen Themengebieten zurück. Das Rahmenkonzept vereint daher Ansätze aus verschiedenen Themengebieten des Projektmanagements und der Entscheidungslehre. Methoden und Darstellungsformen wurden auf die Erfordernisse zum Umgang mit krisenhaften Projekten abgewandelt.
Der Umgang mit krisenhaften Projekten ist ein Bestandteil des Projektmanagements. Durch die Tatsache, dass nur wenige der Ansätze des Projektmanagements für den Umgang mit krisenhaften Projekten geeignet und vorgesehen sind, muss die Aussage des Aristoteles in diesem Fall bestätigt werden. In der nachfolgenden Arbeit sei der Versuch des Autors dargelegt, dieser Aussage ihre Gültigkeit zu nehmen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Widmung
1. Einleitung
2. Konzeptionelle Anknüpfung und Grundlagen
2.1 Grundlagen und begriffliche Definitionen
2.1.1 Grundlagen zu Proj ekten und Projektarten
2.1.2 Grundlagen der Projektsanierung
2.1.3 Definition von Krisen und krisenhafte Projektsituationen
2.2 Abweichungen im Projekt
2.2.1 Sachliche Faktoren der Abweichung
2.2.2 Weiche Faktoren der Abweichung
2.2.3 Zielveränderungen und Zielabweichungen
2.3 Ermittlung der Abweichungsursache
2.4 Defizite bei der Wahrnehmung von Abweichungen
2.5 Erstes Zwischenfazit nach Darlegung der Anknüpfungspunkte
3 Entwicklung eines Rahmenkonzeptes
3.1 Zielsetzung des Rahmenkonzeptes
3.2 Notwendigkeit eines standardisierten Rahmenkonzeptes
3.3 Grundlagen und Methodik des Rahmenkonzeptes
3.3.1 Rahmenbedingungen der Erhebung und Bewertung von Informationen
3.3.2 Methodischer Ansatz zur Strategieauswahl im Rahmenkonzept
3.3.3 Rahmenbedingungen möglicher Grundsatzentscheidungen
3.3.4 Rahmenbedingungen der Herbeiführung von Grundsatzentscheidung
3.3.5 Rahmenbedingungen der Maßnahmenableitung
3.4 Zweites Zwischenfazit nach Darlegung der Methodik
4 Prozessschritte des Rahmenkonzeptes
5 Erster Prozessschritt - Identifikation der Wirkung und Abweichung
5.1 Abgrenzung von Projektwirkung und Proj ektsituation
5.2 Zuordnung der Informationen zu Kritikalitätsaspekten
5.3 Identifikation von Informationen zur Projektwirkung
5.3.1 Identifikation der Projektattraktivität und des Proj ektnutzen
5.3.2 Identifikation der Abhängigkeiten des Projektes
5.3.3 Zusammenfassung zur Erhebung von Informationen zur Projektwirkung
5.4 Identifikation von Informationen zur Projektsituation
5.4.1 Identifikation von Kostenabweichungen
5.4.2 Identifikation von Terminabweichungen
5.4.3 Identifikation von Ziel- und Qualitätsabweichungen
5.4.4 Identifikation von Abweichungen weicher Faktoren
5.4.5 Zusammenfassung zur Erhebung von Informationen
5.5 Methodischer Ansatz zur Identifikation von Informationen
6 Zweiter Prozessschritt - Bewertung der Wirkung und Abweichung
6.1 Vorgaben zur Bewertung von Informationen
6.1.1 Vorgaben zur Auswahl der Beteiligten
6.1.2 Vorgaben zur verwendeten Methodik
6.1.3 Vorgaben zur Skalierung der Schätzwerte
6.2 Bewertung der Kritikalität
6.3 Bewertung der Relevanz
6.4 Bewertung des Sicherheitsgrades
6.5 Bewertung der Umsetzungskritikalität und Abweichungskritikalität
6.6 Zusammenfassung zur Bewertung von Informationen
7 Dritter Prozessschritt - Herbeiführung der Grundsatzentscheidung
7.1 Vorgaben zur Methodik der Grundsatzentscheidung
7.2 Bildung und Anwendung einer Entscheidungsmatrix
7.2.1 Skalierung der Entscheidungsmatrix
7.2.2 Zusammenfassung der Bewertungen
7.3 Zuordnung von Grundsatzentscheidungen zu den Abschnitten
7.3.1 Identifikation möglicher Grundsatzentscheidungen
7.3.2 Zuordnung möglicher Grundsatzentscheidungen
7.4 Empfehlung einer Grundsatzentscheidung
7.5 Zusammenfassung zur Herbeiführung einer Grundsatzentscheidung
8 Vierter Prozessschritt - Ableitung geeigneter Maßnahmen
8.1 Vorgaben zur Methodik der Maßnahmenableitung
8.2 Ableitung von Maßnahmen
8.3 Priorisierung der Maßnahmen
8.4 Umsetzung und Kontrolle der Maßnahmen
8.5 Zusammenfassung zur Ableitung von Maßnahmen
9 Bewertung und kritische Würdigung des Rahmenkonzeptes
9.1 Darlegung der Erhebungsmethodik
9.1.1 Aufbau und Struktur des Fragebogens
9.1.2 Auswahl der Befragten
9.2 Bewertung des Rahmenkonzeptes
9.2.1 Beurteilung der Notwendigkeit und Verfügbarkeit von Lösungsansätzen
9.2.2 Beurteilung der Erhebung von Informationen
9.2.3 Beurteilung der Bewertung von Informationen
9.2.4 Beurteilung der Herbeiführung einer Grundsatzentscheidung
9.2.5 Beurteilung der Maßnahmenableitung
10. Fazit und kritische Würdigung
Anhang
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Widmung
Gewidmet Herbert Klein (*1931 - -2015).
Einem großartigen Großvater, Vater und Menschen, für den die vorliegende Arbeit niemals nützlich
gewesen wäre. Er besaß die Rationalität, den Sinn und Wert von Vorhaben zu beurteilen, die Kraft
diese umzusetzen oder zu verwerfen und die Liebe, diese Lebenserfahrung an seine Kinder und
Enkel weiterzugeben. In der heutigen Zeit schreitet die Akademisierung voran und Zertifikate und
Zeugnis bedeuten mehr als der Mensch dahinter.
Ich widme diese Arbeit zur Erreichung eines vermeindlich hochwertigen Abschlusses einer Person
ohne akademische Ausbildung und einem entbehrungsreichen Leben.
Ich habe von Niemandem mehr über Dankbarkeit, Bodenständigkeit, Vernunft und Treue gelernt.
1. Einleitung
„Was es alles gibt, das ich nicht brauche!“1 mit diesem Ausspruch verdeutlichte Aristoteles, dass das Verfügbare und Vorhandene nicht immer dem Benötigten entspricht.
In dieser Arbeit erscheint dem Autor dieses Zitat nicht nur bezogen auf Projekte, deren Brauchbarkeit kritisch geprüft und infrage gestellt werden sollte, als sinnvolle Einleitung. Vielmehr vermittelt diese Aussage dem Leser auch einen Eindruck über die Hindernisse und Defizite, mit denen der Autor bei der Erstellung der Arbeit konfrontiert war.
Die heutige Zeit ist geprägt von einem starken Wettbewerbsdruck und einer dementsprechend hohen Innovationsgeschwindigkeit. Projekte mit Ausrichtung auf ambitionierte, strategische Ziele werden dabei als Triebfeder der Innovation und Verbesserung angesehen.
Verlaufen Projekte nicht nach dem vorgesehenen Plan, so ist nicht nur die Erreichung dieser strategisch wichtigen Ziele gefährdet. Aus eigener Erfahrung weiß der Autor, dass das Schadenspotential krisenhafter Projekte weit über den monetären Schaden hinausgeht. Durch Erfahrungen mit Überlastung, Ungewissheit und Fluktuation, wurde die Entwicklung eines Werkzeugs zum Umgang mit krisenhaften Projekten zu einem persönlichen Anliegen.
Nach der Themenwahl konkretisierte sich allerdings ein Eindruck, der mit der hohen Wichtigkeit des Umgangs mit krisenhaften Projekten nicht vereinbar war. Entsprechend dem Ausspruch von Aristoteles konnte der Autor auf Unmengen von theoretischen Grundlagen und praktischen Berichten zum Projektmanagement zurückgreifen. Die Suche nach expliziten Methoden zum Umgang mit krisenhaften Projekten führte dagegen meist nur zu beiläufigen Erwähnungen dieses Aspektes als Randthema. Konfrontiert mit dieser begrenzten Informationsbasis griff der Autor auf Ansätze aus praktischen Quellen, älterer Literatur und Methoden aus anderen Themengebieten zurück. Das Rahmenkonzept vereint daher Ansätze aus verschiedenen Themengebieten des Projektmanagements und der Entscheidungslehre. Methoden und Darstellungsformen wurden auf die Erfordernisse zum Umgang mit krisenhaften Projekten abgewandelt.
Der Umgang mit krisenhaften Projekten ist ein Bestandteil des Projektmanagements. Durch die Tatsache, dass nur wenige der Ansätze des Projektmanagements für den Umgang mit krisenhaften Projekten geeignet und vorgesehen sind, muss die Aussage des Aristoteles in diesem Fall bestätigt werden. In der nachfolgenden Arbeit sei der Versuch des Autors dargelegt, dieser Aussage ihre Gültigkeit zu nehmen.
2. Konzeptionelle Anknüpfung und Grundlagen
Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Schaffung eines standardisiert anwendbaren Rahmenkonzeptes zur Intervention bei krisenhaften Projektsituationen. Daher knüpft die Arbeit grundlegend an Ansätze des Projektmanagements, des Projektcontrollings und des Krisenmanagements an.
Während für die im Rahmenkonzept enthaltenen Teilprozesse der Situationsanalyse und Maßnahmenableitung an diverse Ansätze angeknüpft werden kann, soll ein chronologisch zwischengelagerter Teilprozess neu geschaffen werden. Dieser Teilprozess hat das Ziel, eine grundlegende Entscheidung über die Weiterführung des Projektes herbeizuführen. Die Entscheidung soll auf den Ergebnissen der Projektanalyse beruhen und den grundlegenden Rahmen für operative Maßnahmen vorgeben. Hierdurch soll die aktuell existierende Lücke zwischen Analyse und Reaktion durch einen weiteren Schritt geschlossen werden. Dieser soll sicherstellen, dass die Analyseergebnisse zu einer klaren Handlungsempfehlung führen.
2.1 Grundlagen und begriffliche Definitionen
Vor der Ermittlung eines Rahmenkonzeptes als Kern der Arbeit soll dem Leser durch die nachfolgenden Abschnitte eine thematische Grundlage geschaffen werden. Ebenfalls werden elementare Begriffe erklärt und in der Praxis vorliegende Problemstellungen aufgezeigt, welche durch das Rahmenkonzept bewältigt werden sollen.
2.1.1 Grundlagen zu Projekten und Projektarten
Für den Begriff Projekt existieren diverse Definitionen, welche sich durch den Detaillierungsgrad und die Anzahl der Attribute unterscheiden. Ebenfalls kann nach einer aufgabenorientierten und organisationsorientierten Betrachtungsweise differenziert werden.2
Häufig wird das Projekt als einmaliger, komplexer Ablauf mit konkretem Ziel innerhalb eines abgegrenzten Zeitraumes definiert, welcher von mehreren Beteiligten durchgeführt wird.3 In detaillierteren Definitionen werden ebenfalls psychologische Veränderungen innerhalb der betroffenen Organisation erwähnt, welche in diesem Fall ein Nebenprodukt zum sachlichen Ziel darstellen können.4 Der Innovationscharakter wird ebenfalls als Eigenschaft benannt und könnte als Präzisierung der Eigenschaft eines konkreten Zieles verstanden werden bei dem die Neuartigkeit hervorgehoben wird.
Ein Projekt wird außerdem durch die Ressourcen definiert, welche dafür aufgewendet werden müssen. Anders als bei Abläufen ohne diesen Charakter werden Projekte als Abläufe mit außerordentlichem Ressourcenbedarf im Hinblick auf Finanzen, Personal und Wissen beschrieben. Diese sollen in einer Projektorganisation gebündelt werden, welche zu deren Bildung und Aufrechterhaltung besondere organisatorische Maßnahmen erfordern.5
Durch die Kategorisierung der Projekte nach deren Gegenstand ist es möglich eine genauere Trennung verschiedener Projektarten vorzunehmen. Es existieren unterschiedliche Kategorisierungen, welche sich durch den jeweiligen Fokus unterscheiden lassen. Durch eine Kategorisierung der Projektart nach planerischen Gesichtspunkten kann zwischen Projekten mit vorgegebenen und Projekten mit offenen Vorgehensweisen zur Zielerreichung unterschieden werden. Diese werden dann tiefergehend in Projekte mit einer niedrigen oder einer hohen sozialen Komplexität aufgeteilt.6
Vor dem Hintergrund der hier aufgezeigten Unterschiede sieht der Autor die Kategorisierung von Projekten als wichtige Grundlage für die individuelle Beurteilung der Projektsituation. Dieser Aspekt wird im weiteren Verlauf der Arbeit wieder aufgegriffen.
2.1.2 Grundlagen der Projektsanierung
Der Autor hebt vor der Definition dieser Begriffe hervor, dass er diese als elementar für das Verständnis der der gesamten Arbeit bewertet aber der Mangel an einer einheitlichen Definition in bestehender Literatur offensichtlich zu sein scheint. Definitionen und Beschreibungen dieser Begriffe liefert zum Großteil praxisorientierte Fachliteratur. Dabei muss teilweise auf Inhalte zurückgegriffen werden, deren Aktualität wegen möglicher Veralterung kritisch betrachtet werden muss. Die Projektsanierung setzt nach diesen Definitionen nach der Identifikation kritischer Situationen an und wird als Neuplanung des Projektes vor dem Hintergrund gesammelter Erfahrungen definiert. Sie bildet damit das Gegenstück zum Projektabbruch, bei welchem keine Neuplanung angestrebt wird.
Als Elemente der Projektsanierung werden Anpassungen des angestrebten Projektziels, des verfügbaren Budgets, der Projektlaufzeit, sowie der Projektressourcen der verwendeten Methodik und der Projektorganisation benannt.7 In praxisorientierter Literatur wird der Kern des Project recovery managements, die sogenannte Recovery, als Prozess der Verlustvermeidung und Wiederherstellung der Nutzenstiftung eines Projektes definiert.8
Ähnlich wie für den Begriff der Projektsanierung besteht keine einheitliche Definition für das sogenannte Project recovery management. Inhaltlich überschneiden sich die Begriffe Projektsanierung und Project recovery management insbesondere bei den Kernelementen und Anpassungen, die für die erfolgreiche Durchführung vorausgesetzt werden.9
Der Autor betrachtet die Problemfelder bei der Ermittlung einer einheitlichen, aktuellen Definition als Indikator für das niedrige Interesse, das diesen Themen entgegengebracht wird. Diese Sichtweise wird durch die zitierten Schriften des Project Management Institute, eine us- amerikanische, gemeinnützige Organisation, welche sich mit der Weiterentwicklung der Proj ektmanagementmethodik, bestätigt.
Diese Bestätigung entnimmt der Autor zum einen aus der Tatsache, dass seit dem Jahr 2007 lediglich zwei Schriften vorliegen, die das Project recovery management fokussieren. Zum anderen wird in beiden Berichten aus dem Jahr 2007 und 2014 die Kritik geäußert, dass dem Project recovery management lediglich eine geringe Aufmerksamkeit entgegengebracht wird.
Die besonderen methodischen Schritte des Project recovery management, welche sich allerdings stark von standardisierten Methoden des Projektmanagement unterscheiden, werden daher als vernachlässigte Disziplin betrachtet.10 Der Autor wird dieses Defizit bei der Betrachtung der Notwendigkeit eines standardisierten Rahmenkonzeptes erneut aufgreifen.
2.1.3 Definition von Krisen und krisenhafte Projektsituationen
Im Projektkontext wird eine Krise als Eskalation von Problemen definiert, welche eine bedrohliche Wirkung auf das Projekt haben. Diese Situation mit den vorhandenen Mitteln und Rahmenbedingungen aufzulösen ist entweder rational unrealistisch, oder wirkt für die betroffenen Individuen unrealistisch.11 Die Vermeidbarkeit von krisenhaften Situationen kann hierbei variieren. So kann die Eskalation entweder durch Fehler in der Steuerung und Planung des Projektes oder durch unvorhersehbare Ereignisse ausgelöst werden.12
Als mögliche Ursachen für die Entstehung und Eskalation von vermeidbaren, krisenhaften Projektsituationen werden der Verlust der Übersicht, defizitäre Lösungsansätze und zu langes Herauszögern von Gegenmaßnahmen genannt.13 Krisenhafte Situationen können nach ihrer Wirkung in zwei Aspekte aufgeteilt werden.
Der sogenannte sachliche Aspekt der Krise umfasst alle Faktoren, welche eine Wirkung auf den Projekterfolg haben oder diesen gefährden. Der menschlich-persönliche Aspekt fasst dagegen alle Einflüsse auf die betroffenen Mitarbeiter und deren Einstellung zusammen.14
Die Aufteilung der Krise in sachliche und persönliche Aspekte könnte als geeignete Basis zur Unterteilung der Arbeit betrachtet werden. In den nachfolgenden Kapiteln werden Indikatoren und Maßnahmen in harte, sachliche und in weiche, persönliche Aspekte aufgeteilt. Zur Lösung der krisenhaften Situation werden in der Literatur standardisierte Methoden verlangt, deren Fehlen nur durch eine improvisierte Intervention ausgeglichen werden kann. Scheitert diese Improvisation, wird eine eigendynamische Entwicklung beschrieben.15 Im nächsten Kapitel sollen Abweichungen als Ursache für krisenhafte Situationen vorgestellt werden.
2.2 Abweichungen im Projekt
Eine Abweichung im Projekt wird als Differenz zwischen einem geplanten Soll-Zustand und einem vorliegenden Ist-Zustand definiert. Das Vorliegen einer negativen Abweichung ergibt sich damit aus einer vorangegangenen Zieldefinition und einer nicht dem Ziel entsprechenden Situation.16 Abweichungen können dabei sowohl durch interne Einflüsse, beispielsweise durch Planungsfehler innerhalb des Projektteams und durch externe Einflüsse, wie einer Veränderung von Projektinhalten, hervorgerufen werden.17 Externe Ursachen werden dabei als Umweltirritationen beschrieben, die einen Reaktionsbedarf nach sich ziehen können.18 Je nach Schwere der Abweichung werden Steuerungsmaßnahmen zur Einhaltung der Anforderungen oder Anpassungen der Anforderungen notwendig.19 Im Projektmanagement wird eine Kategorisierung nach den drei Anforderungsebenen des Magischen Dreieck20 nach Qualitätszielen, Terminzielen und Kostenziele genannt.21
2.2.1 Sachliche Faktoren der Abweichung
Zur Identifikation von sachlichen Abweichungen werden diverse Methoden angeboten, welche im Rahmen der Identifikation und Bewertung von Faktoren tiefergehend betrachtet werden. Diese Ansätze orientieren sich an den genannten Qualitäts- oder auch Leistungs-, Kosten- und Terminzielen.
Sind diese Ziele gefährdet, soll das Projekt als krisenhaft definiert werden. Ist die Erreichung elementarer Ziele ausgeschlossen, wird das Projekt in diese Arbeit als gescheitert definiert.
Die Abweichung wird dabei häufig, beispielsweise die sogenannte Earned-Value-Methode, durch einen Abgleich von Plan- und Ist-Werten ermittelt.22 Die Planwerte sind in diesem Fall das Ergebnis einer Prognose oder Schätzung zu Beginn des Projektes. Die Ist-Werte stellen dagegen die tatsächlich zu einem Stichtag vorliegenden Werte dar, welche sich aus dem Projektbetrieb ergeben haben.23 Diese und weitere Methoden der Ermittlung sachlicher Abweichungen wird der Autor in den nachfolgenden Kapiteln genauer erörtern. Neben diesen sachlichen Abweichungsformen existieren auch mögliche Abweichungen in der sozialen Projektorganisation. Die Personen stellen dabei einen Erfolgsfaktor für das Projekt dar, da der Projekterfolg von deren Kooperation und Akzeptanz abhängig ist.24 Um diese Abweichung dazustellen, werden im Folgenden die weichen Aspekte der Abweichung betrachtet.
2.2.2 Weiche Faktoren der Abweichung
Die als weich beschriebenen Faktoren des Projektes, welche sich beispielsweise auf die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter beziehen, sind Bestandteil einer ganzheitlichen Betrachtung eines Projektes.25 Die auch als überfachlich bezeichneten Faktoren beschreiben die Einstellungen und Handlungen der beteiligten und betroffenen Personen im Veränderungsprozess.26 Durch die bei der Begriffsdefinition beschriebene Eigenschaft der Neuartigkeit, unterstellt der Autor einen solchen Veränderungsprozess bei Projekten. Neben dieser grundlegenden Betrachtung wird einem kritischen Projekt eine negative Wirkung auf Beziehungen und Motivation der beteiligten Akteure zugeschrieben.27 Aus der Perspektive der genannten Personen beziehen sich die weichen Faktoren auf die Überzeugung von der Sinnhaftigkeit des Projektes, der Akzeptanz der Veränderung und Bereitschaft diese mitzutragen, sowie die Umsetzungsunterstützung als wahrnehmbare Reaktion.28
Zur Bewertung der Kritikalität der Abweichung und damit der Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen, wird beispielsweise die Neuartigkeit der projektbedingten Veränderung und die Anzahl der Betroffenen im Veränderungsmanagements benannt.29
Diese Betrachtung zielt auf Personengruppen ab, deren Arbeit durch das Projekt beeinflusst wird. Als universeller Ansatz zur Feststellung der Einstellung verschiedener Personengruppen existieren darüber hinaus Ansätze zur Identifikation der Haltung im Projektmanagement.
Die Haltung wird dabei als Endergebnis der inneren Überzeugungen und Einstellungen definiert. Diese ist die Basis dafür, wie sich Individuen im Projektkontext verhalten, wird aber auch von Erkenntnissen und Erfahrungen, die auf diesem Verhalten basieren, beeinflusst.30
Auf Basis dieses Ansatzes ergibt sich, dass eine Abweichung von der optimalen Einstellung und Überzeugung zu dementsprechend suboptimalem Verhalten führen kann, dass wiederum den optimalen Projektfortschritt behindern könnte. Die Erwähnung der Demotivation von Mitarbeitern als Ursache für eine Projektkrise im Rahmen des Controllings der Projektwirkung, bestätigt diesen Ansatz aus einer anderen Perspektive.31 Der Autor greift die sogenannte Haltung als weichen Faktor einer Abweichung im späteren Verlauf der Arbeit erneut auf.
2.2.3 Zielveränderungen und Zielabweichungen
Neben den bereits vorgestellten sachlichen und weichen Abweichungen sind auch Abweichungen möglich, die direkt auf dem Projektziel basieren. Geänderte Bedürfnisse können dabei als externe Ursache einen Anpassungsbedarf an den Projektzielen nach sich ziehen.32 Praxisorientierte Literatur bestätigt dabei die Zielanpassung, definiert als Anpassungen an dem sogenannten Projektscope, als mögliche Krisenursache.33
Das Risiko einer solchen Anforderungsanpassung findet dabei als Impact-Risiko Erwähnung. Dieses beschreibt die Gefahr, dass die bereits erstellte Leistung im Projekt durch eine veränderte Umwelt obsolet werden könnte.34 Aus eigener Arbeitserfahrung kann der Autor die Relevanz dieses Risikos bestätigen. Bei Anpassungen wird daher geraten, die Auswirkung von Änderungsanträgen auf die bereits genannten Abweichungsformen zu untersuchen. Hierbei wird beispielsweise gefordert zu prüfen, welche Auswirkungen die Änderung auf die Termin- und Kostenplanung hat.35 Die Notwendigkeit von Anpassungen an Erfordernisse des Umfelds wird dadurch bestätigt, dass erzielte Ergebnisse gegebenenfalls von einem Optimum für den Unternehmenskontext abweichen.36
Ebenfalls wird gefordert, dass das Ergebnis dieser Prüfung dokumentiert, die Auftraggeber informiert und der Änderungsantrag genehmigt wird.37 Der Autor bewertet Zielabweichungen daher als Sonderform, da diese teilweise unvorhersehbar und deren Ursprung teils extern ist.
2.3 Ermittlung der Abweichungsursache
Ein Ansatz zur Entstehung von Abweichungen führt drei Kernursachen auf. Diese sind eine unrealistische Schätzung der Kosten, Leistungsfähigkeit oder Zeitplanung, Fehler im Projektmanagement und die Änderungen der Projektziele.38 Diese Kernursachen können dabei alle vorgestellten Varianten der Abweichung hervorrufen. Die Beeinflussbarkeit durch die Projektbeteiligten variiert dabei. Entsteht eine Abweichung etwa durch eine unrealistische Schätzung des Projektbudget oder durch Fehler in der Projektabwicklung wird unterstellt, dass diese Abweichung vermeidbar gewesen wäre.
Dagegen können Abweichungen auch, wie bereits im Abschnitt über Zielveränderungen und Zielabweichungen erwähnt, durch externe Einflüsse hervorgerufen werden.39
Diese wären als unvorhergesehen und nur bedingt vermeidbar definiert. Zur Identifikation externer Ursachen wird von einer Projektorganisation die Fähigkeit gefordert, Informationen aus der Umwelt aufzunehmen und in entscheidungsrelevante Informationen umzuwandeln.40 Der Aspekt der Entscheidungsrelevanz ergibt sich dabei aus der Einordnung der Information in den Projektkontext und dem Abgleich mit bestehenden Anforderungen. Steht eine Änderungsanforderung im Konflikt mit anderen Projektinhalten, so muss dieser Konflikt aufgezeigt und bearbeitet werden.41 Unvorhersehbare Ereignisse, als Gegenstück zu Planungsfehlern, umfassen dabei unter anderem den Verlust von Projektmitarbeitern oder Lieferanten, technische Probleme und Veränderungen an den Projektanforderungen.42
Zusammenfassend wird eine stetige Prüfung des Projektstatus, kritischer Indikatoren und externer Informationsquellen gefordert. In den nachfolgenden Abschnitten zur Identifikation und Bewertung von Indikatoren einer Abweichung werden diese Kernursachen erneut aufgegriffen. Diese bilden die Basis für die Darlegung geeigneter Erhebungsmethoden, sowie deren kritische Betrachtung. Da nicht nur die Erhebung sondern auch die rationale Wahrnehmung von Abweichungen defizitär sein kann, werden im nächsten Abschnitt mögliche Hemmnisse bei der Wahrnehmung von Abweichungen dargelegt.
2.4 Defizite bei der Wahrnehmung von Abweichungen
Bei der Wahrnehmung von Abweichungen werden Defizite unterstellt, deren Beseitigung die Erkennung und Bearbeitung solcher Abweichungen erst ermöglicht. Hierzu besagt die Evaluating-Annahme, dass die entscheidende Instanz aktuelle und zukünftige Situationen und deren Konsequenzen rational und gemäß einer ökonomischen Sichtweise bewertet.43
Im Rahmen dieser Annahme und deren Erweiterungen werden tiefergehende Defizite aufgezeigt, welche zu einer mangelhaften Wahrnehmung führen können. Das Defizit der sogenannten Wahrnehmungsschwelle beschreibt dabei, dass die Abweichung, etwa durch unklare Formulierung, unerkannt bleibt.44 Neben diesem Defizit der unvollständigen Informationsverarbeitung, können Mängel auch beim Vorliegen aller notwendigen Informationen auftreten.
Hierbei wird die subjektive, teilweise unreflektierte Bewertung von Situationen beschrieben, die zu einer mangelhaften Beurteilung durch das Individuum führt.45
Das Defizit der selektiven Wahrnehmung unterstellt dabei, dass die Abweichung zwar wahrgenommen aber durch zu starke Abweichung von der Einstellung des Individuums zum Projekt ausgefiltert werden könnte.46 Dieser Effekt wird in anderen Quellen auch als Bestätigungstendenz bezeichnet. Unter diesem Begriff wird der mögliche Widerstand gegenüber Informationen, welche nicht die eigene Meinung widerspiegeln noch deutlicher dargestellt.47 Hierbei würden also vorliegende Informationen unberücksichtigt bleiben.
Ebenso ist wird eine gegenteilige Reaktion beschrieben, bei der die Gesamtinformation durch subjektive, vorausgesetzte Inhalte ergänzt werden.48 In diesem Fall werden Dinge als selbstverständlich angenommen und deren Fehlen könnte als Abweichung unbemerkt bleiben.
Dies kann als Defizit bei der Informationsbewertung kategorisiert werden. Neben den Wahrnehmungsdefiziten werden auch Situationen als mögliche Defizite benannt, bei der Abweichungen ignoriert werden. Stellt die Abweichung eine Gefährdung für die wahrnehmende Person dar, etwa weil diese das Selbstbild oder die Reputation der Person gefährdet, könnte die Abweichung geleugnet oder kompensiert werden.49
Die damit beschriebene Self-Justification führt in dem Fall dazu, dass die Abweichung nicht an andere Stellen kommuniziert und nicht umfassend beseitigt wird.
Dies wird in der Praxis beispielsweise dadurch begründet, dass die gefährdete Person hofft die Abweichung noch selbständig beseitigen zu können, ohne dass negative Konsequenzen eintreten.50 Ein ähnliches Defizit wird in der Entscheidungstheorie als Berücksichtigung der sogenannten Sunk Costs bezeichnet. Hierbei würde von der geforderten, ökonomisch rationalen Betrachtung des Projektes dahingehend abgewichen werden, dass nicht nur die Zukunftsbetrachtung sondern auch die Betrachtung bereits aufgewendeter Mittel und Kosten einen Einfluss auf die Entscheidung hat.51 Der Abbruch des Vorhabens wird dabei als Totalverlust der bisher aufgewendeten Mittel betrachtet, welchen das Individuum durch den Einsatz weiterer Mittel abwenden will. Das diese genannten Defizite gleichzeitig auftreten können, wird ebenfalls durch Beispiele aus der Praxis belegt.
So wurde 2018 der Bau des Flughafens BER als Großprojekt analysiert. Das Auftreten der Planabweichungen wurden in diesem Fall durch ein Zusammenspiel des Nichterkennens und Nichtwahrhabenwollens, also dem Mangel und der Missinterpretation von Informationen, begründet.52
Die beschriebenen Defizite haben, bezugnehmend auf die eingangs erwähnte Evaluating- Annahme, eine limitierende Wirkung. Konkret wird unterstellt, dass die Fähigkeit rationale, ökonomische Entscheidungen zu treffen durch die Defizite mit denen das entscheidende Individuum konfrontiert ist, begrenzt wird.53 Bei der Entwicklung eines Rahmenkonzeptes zur Bewertung von Abweichungen und Ableitung von Maßnahmen wird der Autor den bestmöglichen Ausschluss dieser Defizite anstreben.
Zur Sicherstellung der Bewältigung der Abweichung wird eine schnelle Reaktion bei Abweichungserkennung als absolut notwendig betrachtet.54 Daneben wird auch die Hilfe aller direkt im Projekt arbeitenden Mitarbeiter und des Projektcontrollers als wichtiger Faktor zur Identifikation, Analyse und Behebung von Abweichungen benannt.55 Zur Sicherstellung eines einheitlichen Informationsstandes wird außerdem gefordert, die Abweichung sowie der Umgang damit in Statusberichten für betroffene Bereiche und Auftraggeber aufzunehmen.56
2.5 Erstes Zwischenfazit nach Darlegung der Anknüpfungspunkte
Dem Leser wurden in den vorangegangenen Abschnitten die grundlegenden Definitionen und Begriffe des Projektmanagements dargelegt, die für das Verständnis der nachfolgenden Kapitel elementar sind. Anschließend wurden die möglichen Ausprägungen von Abweichungen vorgestellt, welche in einem Projekt auftreten können. Dabei wurden Abweichungen nach deren Gegenstand aufgeteilt, ein erster Überblick über Erhebungsverfahren gegeben und Zusammenhänge aufgezeigt. Zuletzt wurden Defizite aufgezeigt, die das Vorliegen und die rationale Verarbeitung der Information behindern.
Als erstes Ergebnis kann festgehalten werden, dass im Projektkontext vielfältige Abweichungen auftreten können und deren Erkennung von diversen Faktoren abhängig ist. Durch die benannten Defizite in der Informationsverfügbarkeit, Wahrnehmung und Informationsbewertung kann der Beseitigung von Abweichungen ein komplexer Charakter unterstellt werden. Ebenfalls wurde dargelegt, welche limitierende Wirkung diese Defizite auf den rationalen Entscheidungsprozess der beeinflussten Individuen hat. In den nachfolgenden Kapiteln wird der Autor seinen Ansatz eines Rahmenkonzeptes darlegen, wobei er inhaltlich auf den Abweichungsursachen aufbauen wird. Die Beseitigung der genannten Defizite und die Befreiung der Abweichungsbeurteilung von subjektiven Einflüssen ist, neben der Ableitung von Entscheidungen, ein elementarer Schwerpunkt.
3. Entwicklung eines Rahmenkonzeptes zum Umgang mit kritischen Projekten
Aufbauend auf diesen Grundlagen werden in den nächsten Abschnitten die Grundzüge des konzipierten Rahmenkonzeptes dargelegt. Dabei soll ein Verständnis für die Zielsetzung und Notwendigkeit geschaffen werden. Anschließend sollen dem Leser Rahmenbedingungen der Teilschritte dargelegt und deren Auswahl begründet werden.
3.1 Zielsetzung des Rahmenkonzeptes
Wie im Rahmen der theoretischen Grundlagen dargelegt, handelt es sich bei der Projektsanierung um einen Vorgang zur Bewältigung krisenhafter Projektsituationen. Das vorliegende Rahmenkonzept hat dabei das Ziel, die Prozesse von der Identifikation der Abweichungen bis zur Ableitung geeigneter Maßnahmen zu standardisieren. Der Prozess des Krisenmanagements im Kontext eines Projektes bildet hierfür die Grundlage, da dieses auch die Bewältigung von kritischen Situationen fokussiert. Das Krisenmanagement sieht nach der Identifikation einer Abweichung zunächst die Beurteilung der Kritikalität vor.57
Wird eine Krise identifiziert, sollen Notfallmaßnahmen eingeleitet werden um die Krisensymptome zu bekämpfen. Anschließend werden auf Basis einer Ursachenanalyse Maßnahmen abgeleitet, um die Abweichung zu beseitigen. Auch wenn die Prüfung der Sinnhaftigkeit des Weiterbetriebes eines Projektes neben der Maßnahmenableitung erwähnt wird, enthält die Literatur keine expliziten Ansätze für eine solche Untersuchung.58 In den Abläufen der Projektsteuerungsprozesse, welche Überschneidungen mit den Prozessen des Krisenmanagement haben, bestätigt sich dieser Mangel.59 Diesem Defizit steht die Forderung nach einer klaren Entscheidung zum Weiterbetrieb eines Projektes entgegen, welche bereits 2011 geäußert wurde.60
Daher wird mit dem vorliegenden Rahmenkonzept versucht ein standardisiertes Vorgehen zu schaffen, um diese Lücke zu schließen. Dabei wird eine strikte Trennung zwischen operativen Maßnahmen und Grundsatzentscheidungen vorgenommen. Grundsatzentscheidungen seien dabei als Entscheidung über den Weiterbetrieb des Projektes definiert. Operative Maßnahmen dienen dagegen der Umsetzung dieser Grundsatzentscheidung und basieren auf dieser.
Um zu prüfen, welche Relevanz das Schließen dieser Lücke besitzt, soll die Notwendigkeit des Rahmenkonzeptes im nachfolgenden Kapitel geprüft werden.
3.2. Notwendigkeit eines standardisierten Rahmenkonzeptes
Vor dem Hintergrund der vorgestellten Abweichungen wird der Autor im Folgenden die Existenzberechtigung eines Rahmenkonzeptes als Werkzeug zur Intervention bei krisenhaften Projektsituationen prüfen. Hierbei wird er zuerst die mögliche Wirkung auf den Entscheidungsprozess und anschließend die Wirkung auf die Entscheidungsqualität prüfen.
Beim Auftreten einer Abweichung zwischen Plan- und Ist-Werten der sachlichen Faktoren fordern theoretische Grundlagen einen Entscheidungsprozess, der wirksame Korrekturmaßnahmen oder Plananpassungen aufzeigt. Diese sollen die Abweichung reduzieren oder vollständig ausgleichen.61 Ebenfalls wird an den Prozess der Anspruch gestellt, die bereits unter dem Aspekt der Defizite der Wahrnehmung beschriebene, schnelle Reaktionszeit sicherzustellen.62 Hierbei könnte angenommen werden, dass sowohl die Maßnahmenableitung, als auch die schnelle Reaktionszeitdurch die Defizite der Wahrnehmung gehemmt werden könnten.
Dies wird durch die verzögernde Wirkung der Defizite auf den Entscheidungsprozess begründet, wenn Abweichungen nicht erkannt oder wissentlich geheim gehalten werden.63
Ebenfalls kritisiert praxisorientierte Literatur, dass sich die Ergreifung von Maßnahmen ohne ausreichende Analyse der Kernursachen zu einer Symptombekämpfung ohne Lösungsfortschritt entwickeln kann.64 Dabei kann an das Defizit einer möglichen, subjektiven Informationsbewertung durch die beteiligten Individuen angeknüpft werden, welches das Erkennen von Kernursachen verhindert und damit die Entscheidungsqualität reduzieren könnte.65 Die Defizite der Wahrnehmungsschwelle und der selektiven Wahrnehmung könnten dabei durch Ansätze reduziert werden, welche eine objektive Bewertung fördern.
Mängel bei der Entscheidungsqualität und zeitliche Verzögerungen, beispielsweise bei der Entscheidung über den Abbruch eines unrentablen Projektes, können dabei unterschiedliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Beispielsweise werden durch die Weiterführung des Projektes Mitarbeiter und andere Ressourcen gebunden, welche in anderen Projekten eingesetzt werden könnten.66 Ebenfalls wird unterstellt, dass inhaltliche Planabweichungen ohne Gegenmaßnahmen gegebenenfalls zur Verfehlung von Akzeptanzkriterien führen. Als Gegenstück dazu könnte auch ein mangelhaft reflektierter Abbruch eines Projektes zu negativen Konsequenzen führen. Hierbei könnten sich Kostensteigerungen oder Zielverfehlungen in anderen Projekten ergeben, wenn Abhängigkeiten bestehen.67 Vor diesem Hintergrund kann einem Rahmenkonzept eine unterstützende Wirkung bei der Beurteilung von krisenhaften Projekten zugeschrieben werden, wenn dadurch menschliche Defizite in der Beurteilung der Abweichungen reduziert werden. Ebenfalls könnte der Entscheidungsprozess beschleunigt werden.
In den nachfolgenden Abschnitten werden die Rahmenbedingung und die Methodik des Konzeptes aufgezeigt, mit welchem diese Vorteile erschlossen werden sollen.
3.3 Grundlagen und Methodik des Rahmenkonzeptes
Vor der Beleuchtung der Vorgehensweise im Rahmenkonzept, werden in den folgenden Abschnitten zunächst die definierten Rahmenbedingungen und methodischen Grundlagen dargelegt. Hierbei sollen Entscheidungen zur Systematik und Methodik nachvollziehbar begründet und inhaltlich an bestehende Modelle angeknüpft werden.
Entsprechend der prozessualen Reihenfolge im Rahmenkonzept werden zunächst die Rahmenbedingungen der Identifikation und Bewertung von Informationen dargelegt.
3.3.1 Rahmenbedingungen der Identifikation und Bewertung von Informationen
Bei der Bewertung der Informationen im Rahmenkonzept orientiert sich der Autor an den bereits vorgestellten, vorhandenen Modellen und Portfolios. Die Beurteilung hatte in diesen Fällen keinen Anspruch auf kaufmännische Genauigkeit. Ebenso muss diese im ersten Schritt nicht frei von subjektiven Einschätzungen sein. Auch wenn dadurch die Validität der Bewertung hinterfragt werden muss, wird die Schnelligkeit und leichte Anwendbarkeit der Modelle gerade auf den Verzicht einer zeitaufwendigen Datenerhebung zurückgeführt.68
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Wichtigkeit einer schnellen Reaktion auf krisenhafte Situationen, wird bei der Definition des Rahmenkonzeptes an das Vorgehen bei diesen Modellen angeknüpft. Die Bewertung der Informationen, welche im weiteren Verlauf der Arbeit detailliert vorgestellt wird, soll primär auf der Basis schnell verfügbarer Informationen und Expertenschätzungen beruhen. Durch verschiedene Verfeinerungen soll die Qualität der Schätzung und Validität der Information sichergestellt werden.
Zur Ermittlung des Rahmenkonzeptes wurden diverse Modelle der Projektbeurteilung betrachtet. Bezogen auf die angestrebten Ziele, wurde das sogenannte Projekt-PrognosePortfolio als Modell mit der größten Übereinstimmung identifiziert. Das Projekt-PrognosePortfolio stellt dabei die Informationen der Prognosekosten und Prognosedauer eines oder mehrerer Projekte gegenüber.
Zur Kategorisierung werden beide Informationen entweder als unter Plan, im Plan oder über Plan liegend kategorisiert.69 Zur Kategorisierung werden vorliegende Daten zu angefallenen Kosten, erbrachter Leistung und dem Zeitverbrauch mit vorliegenden Planwerten verglichen. Die Ergebnisse werden in einer Matrix mit neun Feldern dargestellt, welche eine schnelle Übersicht über die Kategorisierung ermöglicht.70
Für das angestrebte Rahmenkonzept werden die Abweichungen zu den Prognosewerten in allen Ausprägungen berücksichtigen aber auch um Abweichungen bei den vorgestellten weichen Faktoren erweitern. Die genannte Darstellung der Ergebnisse in einer Matrix wird dabei übernommen und für den Umgang mit krisenhaften Projekten adaptiert.
Hierdurch soll eine Absenkung der Wahrnehmungsschwelle durch eine verständliche, übersichtliche Darstellung begünstigt werden. Nachfolgend sollen nun methodische Anknüpfungspunkte zum Entscheidungsprozess im Rahmenkonzept dargelegt werden.
3.3.2 Methodischer Ansatz zur Strategieauswahl im Rahmenkonzept
Wie zu Beginn der vorliegen Arbeit erklärt, liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf der Bildung eines standardisierten Rahmenkonzeptes zum Umgang mit Projekten in kritischen Situationen. Der Fokus liegt hierbei auf der Herbeiführung einer rationalen, grundlegenden Entscheidung auf Basis identifizierter und bewerteter Informationen.
Im Nachfolgenden werden die theoretischen Grundlagen und die Methodenauswahl zum Entscheidungsprozess vorgestellt, welcher auf der Faktorenbewertung basiert. Zunächst soll dazu dargelegt und begründet werden, welches Lösungsverfahren zur Entscheidung der Strategie gewählt wurde.
Der Autor bezeichnet die Strategieauswahl dabei als Grundsatzentscheidung, um eine Verwechslung mit dem Schritt der Ableitung von konkreten Maßnahmen zu vermeiden.
Dabei wird die sogenannte typologische Vorgehensweise fokussiert.
3.3.3 Rahmenbedingungen möglicher Grundsatzentscheidungen
Die Kategorien des Rahmenkonzeptes, festgestellt auf Basis der Faktorenbewertung, werden wegen des speziellen Schwerpunktes des Rahmenkonzeptes nicht aus bestehenden Modellen übernommen. Die möglichen Kategorien des Modells als Basis für die Ableitung von Normstrategien, werden grundlegend durch den sogenannten Aktionenraum begrenzt. Ein Aktionenraum ist in der betriebswirtschaftlichen Entscheidungslehre als Menge der möglichen Optionen bei einer bestimmten Situation definiert.71
Im Rahmenkonzept werden mögliche Optionen zum Umgang mit krisenhaften Projekten als Kategorien verwenden, welche als mögliche Alternative im Aktionenraum gewählt werden können. Je nach Ergebnis der Informationsbewertung und der resultierenden Kategorisierung, sollen Normstrategien zur weiteren Vorgehensweise empfohlen werden. Diese sollen vom Weiterbetrieb des Projektes bis hin zum Projektabbruch alle Polaritäten abdecken.
Die expliziten Kategorien und deren Definition werden im Verlauf der Arbeit genauer dargelegt. Nach der Beschreibung des Aktionenraumes sollen nun die Rahmenbedingungen der Entscheidungsfindung vorgestellt werden.
3.3.4 Rahmenbedingungen der Herbeiführung von Grundsatzentscheidung
Für die Herbeiführung von Entscheidungen existieren mehrere Vorgehensweisen. Die sogenannte typologische Vorgehensweise wird dabei, im Kontext der Strategiebewertung und Maßnahmenableitung, als Ansatz zur Identifikation einer Normstrategie definiert. Die Normstrategie beschreibt dabei die situationsbezogene Wahl einer Strategie, welche in einer ähnlichen Situation und bei einer ähnlichen Zielkonstellation in der Vergangenheit zu positiven Ergebnissen geführt hat.72
Im Gegensatz dazu wird in sogenannten Planungsmodellen eine Strategieauswahl durch zukunftsgerichtete Prognosen mit Lösungsalgorithmen oder Verhaltensregeln getroffen.73 Bei der Verwendung einer typologischen Vorgehensweise wird das Subjekt, in diesem Fall das Projekt, meist auf Basis der Bewertung einer oder mehrerer Variablen einer bestimmten Kategorie zugeordnet.
Aus der entsprechenden Kategorie werden wiederum unterschiedliche Normstrategien zum Umgang mit dem Subjekt abgeleitet. Als Beispiel sei hierbei, aus dem Kontext des Projektportfoliomanagement entnommen, das sogenannte Performance-Portfolio und das Impact-Invest-Portfolio genannt. Diese Modelle werden verwendet, um mehrere Projekte nach deren geplantem Erfolg, dem Risiko der Investition und den Realisierungschancen zu kategorisieren. Auf Basis der zugeordneten Kategorie pro Projekt sollen schnelle, pragmatische Entscheidungen herbeigeführt werden.74 Die Verwendung von Normstrategien wird in bestehender Literatur dahingehend kritisiert, dass diese zwar grundlegend die richtigen Ansatzpunkte aufzeigen aber die individuelle Situation und Zusammenhänge nicht präzise berücksichtigt werden.75
Basierend auf dieser Kritik wird lediglich die Herbeiführung der Grundsatzentscheidung, ob und in welcher Form das Projekt weiterbetrieben wird, auf den Normstrategien aufgebaut. Der Autor sieht in der Verwendung der Normstrategie den Vorteil, dass schnell standardisierte und nachvollziehbare Entscheidungen getroffen werden können.
Bereits 2011 wurde in praxisorientierter Literatur die hohe Wichtigkeit von schnellen und klaren Entscheidungen betont.76 Durch eigene Erfahrungen beurteilt der Autor diesen Appell, trotz der möglichen Veralterung der Literatur, als relevant für die Gegenwart.
Aus diesen Gründen wird auf ein typologisches Verfahren bei der Herbeiführung von Grundsatzentscheidungen als Normstrategie zurückgegriffen. Im Nachfolgenden sollen nun die Rahmenbedingungen der Ableitung situationsgerechter Maßnahmen dargelegt werden.
3.3.5 Rahmenbedingungen der Maßnahmenableitung
Basierend auf der geäußerten Kritik gegenüber der typologischen Verfahrensweise, die vorliegende Situation nicht umfassend zu berücksichtigen, entkoppelt der Autor die Ableitung situationsgerechter Maßnahmen von den Normstrategien. So soll nach der Grundsatzentscheidung auf Basis des typologischen Verfahrens eine Ableitung von Maßnahmen in einem separaten Schritt erfolgen. Die Grundsatzentscheidung gibt in diesem Fall nur die grobe Ausrichtung der Maßnahmen vor, die Ableitung der Maßnahmen erfolgt aber auf Basis der festgestellten Situation. Dadurch orientiert sich dieser Teilschritt an dem sogenannten Prozesswirkungscontrolling. Hierbei basiert die Ableitung von Maßnahmen explizit auf den festgestellten Problemen und Schwachstellen.77
Wird beispielsweise eine sachliche Abweichung bei den Projektkosten festgestellt, so wird die Ableitung geeigneter, kostenreduzierender Gegenmaßnahmen grundsätzlich auf dieser Situation aufgebaut. Ob diese Maßnahmen aber beispielsweise die kostenoptimierte Weiterführung des Projektes oder den kostengünstigen Projektabbruch fokussieren, wird durch die Grundsatzentscheidung vorgegeben.
Hierbei wird hervorgehoben, dass die Herbeiführung der grundlegenden Entscheidung zwar auf schnell anwendbaren Normstrategien beruht aber durch die situationsgerechte Maßnahmenableitung weitere Vorteile erschlossen werden können. Die Entscheidung über explizite Maßnahmen wird im Rahmenkonzept, ähnlich wie im Rahmen der heuristischen Regeln als Planungsmodell, auf Basis von Analysen und Erfahrungswerten getroffen.78 Dadurch sollen die genannten Nachteile des typologischen Vorgehens ausgeglichen werden. Nach der Darlegung der Maßnahmenableitung auf Basis der Grundsatzentscheidung, sollen nun Grundlagen zur Informationsbewertung dargelegt werden.
3.4 Zweites Zwischenfazit nach Darlegung der Methodik
Nach der kritischen Betrachtung der Notwendigkeit eines Rahmenkonzeptes wurde dargelegt, dass einem Konzept eine Existenzberechtigung zugeschrieben werden kann. Die Bedingung dafür ist, dass die Beseitigung von Defiziten in der Verfügbarkeit, Wahrnehmung und Bewertung von Informationen erzielt werden kann.
Ebenfalls wohnt der Geschwindigkeit bei der Ermittlung einer Vorgehensweise eine hohe Wichtigkeit inne. Zur Bildung des Rahmenkonzeptes hat der Autor anschließend Rahmenbedingungen formuliert, welche zur Erreichung dieser Ziele elementar sind.
Die Informationswahrnehmung und -bewertung soll dabei in den Prozessschritten der Bewertung und Identifikation von Informationen primär auf Schätzungen basieren, um zeitaufwendige Datenerhebungen einzusparen. Diese Entscheidung wurde zugunsten einer erhöhten Geschwindigkeit bei der Anwendung getroffen.
Die dadurch entstehende Ungenauigkeit, welche gegebenenfalls durch subjektive Einflüsse hervorgerufen wird, soll durch Verfeinerungen bei der Informationsbewertung ausgeglichen werden. Einer mangelhaften Informationsverfügbarkeit soll außerdem durch einen Ansatz zur Sicherstellung einer vollständigen Informationserhebung entgegengewirkt werden. Auf Basis dieser Informationsbewertung soll das Projekt kategorisiert und Normstrategien als Grundsatzentscheidung über den Weiterbetrieb des Projektes abgeleitet werden.
Um das Defizit der Informationswahrnehmung zu reduzieren, soll diese Kategorisierung in einer Matrix dargestellt werden. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass das Ergebnis der Kategorisierung auch für unterschiedliche Empfänger klar und nachvollziehbar ist.
Nach der Ableitung einer Grundsatzentscheidung sollen geeignete Maßnahmen zum Umgang mit der Projektsituation ermittelt werden. Entsprechend der Kritik, dass Normstrategien gegebenenfalls keine situationsgerechten Maßnahmen beinhalten, werden Maßnahmen auf Basis der festgestellten, vorherrschenden Abweichungen abgeleitet.
Basierend auf diesen Grundlagen sollen in den nachfolgenden Kapiteln die theoretischen Anknüpfungspunkte, methodischen Ansätze und eine Anwendungsbeschreibung für das Rahmenkonzept dargelegt werden. Hierbei wird die Anwendung des Rahmenkonzeptes in vier Prozessschritte unterteilt.
4. Prozessschritte des Rahmenkonzeptes
Das im Nachfolgenden beschriebene Rahmenkonzept ist durch vier Prozessschritte charakterisiert. Bei der Identifikation von Informationen als ersten Prozessschritt sollen Indikatoren erhoben werden. Diese sollen entweder die Projektsituation, im Negativfall als Abweichung definiert, oder Inhalte und Abhängigkeiten, in dieser Arbeit als Projektwirkung definiert, widerspiegeln. Der Fokus liegt dabei auf der Einordnung von Informationen und Sicherstellung einer vollständigen Erhebung aller relevanten Daten zu einem Projekt.
Im zweiten Prozessschritt sollen diese Informationen bewertet werden, um deren Kritikalität festzustellen. Die Projektwirkung wird dabei als Information über die Projekteigenschaften zur Beurteilung der Umsetzungskritikalität herangezogen. Die Projektsituation wird dagegen, verkörpert durch Informationen zu negativen Abweichungen zu Planwerten, zur Bewertung der Abweichungskritikalität verwendet. Der Schwerpunkt dieses Prozessschrittes liegt auf der Sicherstellung einer validen Informationsbewertung und einem schnellen Analyseprozess. Anschließend wird im dritten Prozessschritt eine Kategorisierung des Projektes anhand beider Kritikalitäten vorgenommen. Darauf basierend soll eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden, welche die Art und den Umfang der weiteren Projektdurchführung bestimmt. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Sicherstellung einer eindeutigen Informationswahrnehmung und eines objektiven Entscheidungsprozesses.
Der vierte Prozessschritt dient anschließend zur Ableitung geeigneter Maßnahmen auf Basis der festgestellten Situation aus der Informationsbewertung. Der Fokus liegt in diesem Schritt auf der Identifikation und Priorisierung geeigneter Maßnahmen. Im nächsten Abschnitt soll der Prozessschritt der Identifikation von Informationen detailliert dargelegt werden.
5. Erster Prozessschritt - Identifikation der Wirkung und Abweichung
Der erste Prozessschritt des Rahmenkonzeptes dient, wie bereits erwähnt, der Beseitigung von Defiziten bei der Informationsverfügbarkeit. Dieser Prozessschritt wird dabei theoretisch an den Vorgang der Situationserfassung bei der systemischen Projektplanung angelehnt. Bei diesem Schritt sollen Informationen zur geplanten Wirkung des Projektes und anderen Einflussgrößen gesammelt werden.79 In anderen Quellen wird dieser Schritt auch als Standortbestimmung des Projektes definiert, wobei hier der Fokus auf die Herbeiführung einer Weiterführungs- oder Abbruchsentscheidung stärker betont wird.80
Auch wenn sich die systemische Projektplanung auf die Initiierung eines Projektes bezieht, könnte der Forderung nach einer umfassenden Informationsbasis auch bei der Entscheidung über laufende Projekte eine Berechtigung zugeschrieben werden.81 In praxisorientierter Literatur zur Projektsanierung bestätigt sich dies in der Forderung zur Verwendung strukturierter Hilfsmittel bei der Analyse der Projektsituation. Dabei werden zur Erhebung der Projektwirkung und Projektsituation Prüflisten als Mittel genannt.82
Um dieser Forderung zu genügen, fokussiert sich dieser erste Prozessschritt darauf zu vermeiden, dass einzelne Aspekte versehentlich ignoriert werden. Ebenfalls werden die erhobenen Informationen nach ihrer Art und Wirkung in zwei Kategorien aufgeteilt.
Im nachfolgenden Abschnitt soll hierzu zunächst dargelegt werden, welche grundsätzliche Kategorisierung der Informationen vorgenommen wird und welches Ziel damit verfolgt wird.
5.1 Abgrenzung von Projektwirkung und Projektsituation
Bei der Sammlung relevanter Informationen zum untersuchten Projekt seien alle Informationen in zwei Kategorien unterteilt. Die Projektwirkung wird dabei als erwünschtes oder unerwünschtes Resultat aus dem Projektergebnis oder aus dem Projektverlauf beschrieben.83 Diese Definition adaptiert der Autor und nutzt den Begriff zur Beschreibung der eingeholten Information. Die Projektwirkung wird im Rahmen dieser Arbeit und zur besseren Übersicht in weitere Bestandteile aufgeteilt. Als erste Bestandteil der Informationen zur Projektwirkung sei die Abhängigkeit zu anderen Projekten aufgeführt. Unter diesem Begriff sollen alle Informationen zusammengefasst werden, welche sich auf die Wirkung des Projektes auf andere Instanzen beziehen.
Mögliche Ausprägungen sind dabei, dass das untersuchte Projekt die Basis für andere Projekte ist, zur Erreichung der Ziele eines anderen Projektes abgeschlossen werden muss, oder sich auf die Kosten eines anderen Projektes auswirkt.84 Die Stärke der Auswirkungen wird als Vernetzungsgrad bezeichnet. Die Literatur bietet dabei ein Portfolio an, in welchem Projekte nach deren Beeinflussung und Einflussnahme kategorisiert werden.85 Dieser Ansatz wird bei der Betrachtung der Erhebungsverfahren erneut aufgegriffen.
Neben der Wirkung des Projektes auf andere Projekte und Instanzen, soll auch die Wirkung des Projektes auf den Markt und das Umfeld analysiert werden. Hierzu wird der Fokus auf die gesetzten Projektziele und den Nutzen gelegt.
Wie im Vorangegangenen unter dem Begriff des Impact-Risikos beschrieben, können sich Anforderungen und der erzielbare Nutzen eines Projektes verändern. Dies wird wiederum durch Veränderungen der Erfordernisse aus dem Projektumfeld begründet.86 Dementsprechend wird gefordert, die Attraktivität des Projektes und die Übereinstimmung mit strategischen Zielen anhand der Anforderungen im Umfeld festzustellen.87
Die Betrachtung der Projektwirkung kann dabei um die benötigten Ressourcen erweitert werden. Durch die Bildung des damit beschriebenen Impact Success Quotienten wird das Verhältnis der Projektwirkung zum Ressourceneinsatz aufgezeigt, indem die monetäre Erfolgserwartung durch den Ressourceneinsatz dividiert wird.88 Der Mitarbeiter soll anschließend, genau wie andere Projektressourcen im Unternehmen, dem Projekt mit der höchsten Priorität zugeteilt werden, falls dort Bedarf besteht.89 Zusammenfassend werden während dieser Erhebung alle relevanten Informationen zur Notwendigkeit des Projektes, der Nutzenerwartung, sowie dder Beeinflussung anderer Instanzen der Kategorie der Projektwirkung zugeordnet. Die Projektwirkung hat daher einen Bezug auf den Inhalt und den Nutzen des Projektes. Als Gegenstück dazu definiert der Autor eine zweite Kategorie für den Prozessschritt, welcher relevante Informationen zur Lage des Projektes zugeordnet werden.
Der Kategorie der Projektsituation sollen dabei konkret alle Informationen zugeordnet werden, welche den aktuellen Zustand im Projekt widerspiegeln. Die Abweichung und deren Intensität basiert dabei auf dem vorgestellten Abgleich der Planwerte mit den vorliegenden Ist-Werten und kann positiv, wie auch negativ sein.90
Im Rahmenkonzept sei auch diese Kategorie nach dem Schwerpunkt der Abweichung in mehrere Bestandteile unterteilt. Hierzu werden aus dem vorgestellten Modell des Magischen Dreiecks die Leistungs- und Qualitätsabweichungen, Kostenabweichungen und Terminabweichungen als drei eigenständige Bestandteile abgeleitet. Diese werden um die Abweichungen bei weichen Faktoren als Bestandteil zur Erhebung von Störungen im Projektteam erweitert.91 In der Abbildung 5.1.A im Anhang dieser Arbeit seien die beiden Kategorien, deren Bestandteile, sowie die zuzuordnenden Informationen dargestellt.92
Im Rahmenkonzept werden alle Informationen, egal ob diese eine negative, positive oder keine Abweichung zu den Planwerten aufweisen berücksichtigt, um eine ganzheitliche Betrachtung zu ermöglichen. Nach der Darlegung dieses Ansatzes soll nun die Verwendung dieser Informationen im Rahmenkonzept im nächsten Abschnitt erklärt werden.
5.2 Zuordnung der Informationen zu Kritikalitätsaspekten
Die vorgestellte Aufteilung in Informationen zur Projektwirkung und Projektsituation wurde gewählt, um dem anschließenden Bewertungsprozess einen geeigneten Rahmen zu schaffen.
Die Informationen zur Projektwirkung ergeben sich auch aus Ansätzen zur Beurteilung der Attraktivität eines Projektes, in denen die positive Wirkung eines Projektes bewertet werden.93
Unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit der Nutzenerzielung wird dabei aufgezeigt, welche Notwendigkeit die Durchführung des Projektes besitzt. Einige Quellen bestimmen diese anhand einer dem Gebrauch angemessenen Funktionsfähigkeit des Resultats.94
Die Notwendigkeit der Projektumsetzung sei im Rahmenkonzept als Umsetzungskritikalität definiert. Informationen im Bezug auf die Notwendigkeit der Projektumsetzung werden daher im zweiten Prozessschritt des Rahmenkonzeptes, der Informationsbewertung, zur Beurteilung der Umsetzungskritikalität herangezogen. Diese Kritikalität sei damit die erste Variable in der Matrix zur Beurteilung krisenhafter Projekte. Die zweite Variable soll dagegen die Schwere und Tragweite der Abweichungen im Projekt widerspiegeln. Die beschriebene Abweichungs- kritikalität soll sich hierzu aus der Beurteilung aller Informationen zu vorliegenden Differenzen zwischen tatsächlichen Ist-Werten und Planwerten bilden. Die systematische Erhebung der Abweichungen ist auch in Modellen zum Umgang mit krisenhaften Projekten enthalten.95 Durch die Gegenüberstellung der Umsetzungs- und Abweichungskritikalität in einer Matrix sollen Bewertungen und Entscheidungsprozesse auf Basis einer isolierten Betrachtung vermieden werden. Ebenfalls soll eine Senkung der Wahrnehmungssschwelle erreicht und ein einheitliches Verständnis begünstigt werden.96
In der Abbildung 5.2.A im Anhang werden beide Kritikalitäten als Variablen, zusammen mit deren Informationskategorien und untergeordneten Bestandteilen und Quellen, dargestellt.97
In den späteren Prozessschritten des Rahmenkonzeptes bilden die Abweichungskritikalität und die Umsetzungskritikalität die Grundlage zur Ableitung einer Grundsatzentscheidung. Nach der Darlegung der im Rahmenkonzept verwendeten Kategorisierung von Informationen sollen in den nachfolgenden Abschnitten mögliche Erhebungsmethoden vorgestellt werden.
Anschließend soll ein Ansatz geprüft werden, mit dem das benannte Ziel der Beseitigung von Defiziten der Informationsverfügbarkeit erreicht werden soll.
5.3 Identifikation von Informationen zur Projektwirkung
In diesem ersten Abschnitt soll dargelegt werden, wie entscheidungsrelevante Projektinhalte und Abhängigkeiten als Informationen erhoben werden können.
Im Rahmenkonzept gehen diese in die Kategorie der Projektwirkung ein. Hierzu sollen zuerst Vorgehensweisen zur Sammlung von Informationen zur Attraktivität des Projektes vorgestellt werden.
5.3.1 Identifikation der Projektattraktivität und des Projektnutzen
In den nachfolgenden Abschnitten zur Identifikation von Informationen wird der Fokus auf die Sicherstellung einer möglichst vollständigen Informationsbasis für die Folgeprozesse gelegt. Die Darlegung geeigneter Datenerhebungen beschränkt sich auf die Beschreibung und Kategorisierung der Methode. Im Projektportfoliomanagement werden diverse Ansätze zur Beurteilung von einzelnen oder mehreren, in Verbindung stehenden, Projekten genannt. Diese beinhalten beispielsweise die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit, der verwendeten Ressourcen und des Beitrags für strategische Unternehmensziele. Ebenfalls werden Synergieeffekte betrachtet, welche dem Bestandteil der Informationen über Abhängigkeiten zu anderen Instanzen zugeordnet werden sollen.98 Der Beitrag für die Unternehmensziele wird dabei aus der Übereinstimmung der Projektziele mit den aktuellen Unternehmensstrategien abgeleitet. Fehlende Übereinstimmung mit den aktuellen Strategien und Erfordernissen würde eine negative Bewertung ergeben.99 Die Korrektur und Anpassung von Zielen wird dabei als benötigter Vorgang in einem Projekt verstanden, um den Anforderungen eines geänderten Umfelds gerecht zu werden. Die Ausrichtung nach diesen Veränderungen wird dabei als Prämissencontrolling definiert.100
Diese Maßstäbe werden in unterschiedlichen Quellen als Performance-Indikatoren aber auch als Faktoren der Attraktivität definiert. Da die Definitionen inhaltlich nicht abweichen, wird im Nachfolgenden der Begriff Attraktivität für Informationen zum Projektnutzen verwendet.
Die dabei erhobenen Informationen können einerseits quantitativ, beispielsweise bei der Prognose einer Amortisationszeit, andererseits aber auch qualitativ sein.101 In der Literatur wird an dieser Stelle zu einer ganzheitlichen Erhebung des finanziell quantifizierbaren aber auch des strategischen Nutzens appelliert.102 Daher wird darauf verzichtet den Schwerpunkt der Erhebung auf monetär messbare Kriterien zu legen. Dieses Vorgehen wird durch die Bedeutung bestätigt, welche andere Quellen den qualitativen Indikatoren, beispielsweise der Kundenzufriedenheit oder Mitarbeitermotivation, zuschreiben.103
Eine solche Vereinigung beider Gesichtspunkte wird bei der Verwendung der sogenannten Nutzwertanalyse unterstellt. Bei der Nutzenwertanalyse handelt es sich um eine Methode zur Alternativenwahl durch eine Bewertung mit mehreren Faktoren.104 Im Rahmen einer solchen Analyse werden zuerst globale Unternehmensziele definiert, welche erreicht werden sollen. Der Beitrag des betrachteten Projektes auf diese Ziele wird anschließend über eine subjektive Schätzung mit Punkten bewertet. Dieser Schätzwert pro Ziel wird zuletzt mit Faktoren multipliziert, welche die Relevanz der Ziele widerspiegeln.
Zuletzt wird für das betrachtete Projekt eine Summe ermittelt, welche die Wirkung auf die einzelnen Ziele und deren Relevanz aufzeigt.105 Durch den verwendeten Faktor pro Ziel kann ein niedriger Beitrag auf ein hochrelevantes Ziel zu einer höheren Bewertung der Attraktivität führen, als ein hoher Beitrag auf ein weniger relevantes Ziel. Als Sonderkonstellation wird im Rahmen der Nutzenwertanalyse auch der Ausschluss von sogenannten Muss-Projekten von einer detaillierten Analyse genannt.106
Die Umsetzung dieser Projekte ist entweder von hoher strategischer Bedeutung oder haben anderweitige Relevanz. Ein mögliches Beispiel könnte hierbei ein Projekt sein, welches der Umsetzung einer rechtlichen Anforderung dient und daher zwingend, auch ohne anderweitige Beiträge, umgesetzt werden muss.107 Sowohl die Kategorisierung als Muss-Projekt als auch die Bewertung der Relevanz ergeben sich aus dem sogenannten externen und internen Kontext. Diese Gesichtspunkte fassen alle Rahmenbedingungen und Veränderungen, sowohl internen Ursprungs als auch durch externe Quellen, wie die Marktentwicklung, zusammen.108
Die Nutzenwertanalyse wird im eigentlichen Sinne dazu verwendet, Alternativen zu bewerten und damit in eine Reihenfolge für die Umsetzung zu bringen.109 Durch die ganzheitliche Analyse harter und weicher Projektwirkungen sollte diese Methode im Rahmenkonzept adaptiert werden. Der Nutzen wird dabei im Unternehmenskontext beurteilt. Wird durch das Projekt nur eine niedrige, positive Wirkung auf strategische Ziele erwirkt, so sollte die Projektattraktivität als niedrig beurteilt werden.
Auch wenn die Zielgewichtungen und Wirkungen auf subjektiven Einschätzungen beruhen, könnte diese Methode im Rahmenkonzept nützlich sein.
Dies wird dadurch begründet, dass mit der Nutzwertanalyse eine nachvollziehbare Nutzenprüfung vor dem Hintergrund der aktuell vorliegenden Unternehmensziele möglich ist. Ebenfalls ist ein Abgleich mit den Erfordernissen am Markt oder internen Anforderungen der Auftraggeber möglich, welche in der Literatur unter anderem Risiko als des fachlichen Wandels beschrieben sind.110
Durch die subjektive Bewertung könnte ebenfalls ein schneller Entscheidungsprozess begünstigt werden, welcher als Ziel für das Rahmenkonzept definiert wurde.111 Dieser Annahme widersprechen andere Quellen, in denen auf einen hohen zeitlichen Aufwand verwiesen wird, wenn viele ausschlaggebende Faktoren eines Projektes bewertet werden sollen.112 Durch die Beschränkung auf die relevantesten Faktoren könnte die in praktischer Literatur geforderte Geschwindigkeit aber gegebenenfalls gewährleistet werden.113 Eine ähnliche Betrachtung ermöglicht das sogenannte Ziel-Controlling in Projekten.
Hierbei wird der enthaltene Prozess zunächst in Teilprozesse aufgeteilt. Anschließend soll auf Ebene der Teilprozesse eine quantifizierte Kennzahl ermittelt werden, wodurch die Zielerreichung gemessen wird. Die Kennzahlen werden individuell für den Prozess erdacht und erhalten einen Soll-Wert, welcher die erzielbare Optimierung durch das Projekt widerspiegelt.114 Auch die Nutzenpotentiale sollen dabei an aktuelle Situationen angepasst werden, wobei sich der prognostizierte Nutzen ändern kann. Da bei diesem Vorgehen explizit eine schnelle Definition der Kennzahlen und eine zügige Durchführung gefordert werden, ist eine Verwendung im Rahmenkonzept vorstellbar.
Bei der Verwendung des Ziel-Controlling aber auch der Nutzwertanalyse, wird der qualitativ oder quantitativ erhobene Nutzen des Projektes mit dem notwendigen Ressourceneinsatz ins Verhältnis gesetzt. Der dadurch gebildete Impact Success Quotient ermöglicht dadurch einen objektiveren Vergleich verschiedener Alternativen zur Nutzenerzielung.115 Im folgenden Abschnitt sollen nun Erhebungsverfahren zu Synergien und Abhängigkeiten des Projektes vorgestellt werden.
5.3.2 Identifikation der Abhängigkeiten des Projektes
Neben dem erwarteten Nutzen aus dem Projekt, können auch Abhängigkeiten und Wirkungen zwischen mehreren Projekten relevante Entscheidungskriterien darstellen.
Im Rahmen des Projektportfoliomanagement wird dazu appelliert gegenseitige Abhängigkeiten, auch als Interdependenz bezeichnet, bei der Beurteilung von Projekten zu berücksichtigen.116
Während der Abgrenzung der Projektwirkung wurde dazu bereits der Vernetzungsgrad als Maßgröße der Abhängigkeitsintensität zweier Projekte im Bezug auf deren Kostenverlauf, Umsetzbarkeit und Zielerreichung benannt.117 Neben der Betrachtung der Wirkung des untersuchten Projektes auf andere Projekte, wird auch die Ressourcenbindung dieses Projektes betrachtet. Das Projektportfoliomanagement hat dabei das Ziel, das Portfolio und die verfügbaren Ressourcen auf die Erzielung des höchsten Nutzens auszurichten.118 Werden im betrachteten Projekt Ressourcen gebunden, die in anderen Projekten einen höheren Nutzen erwirken könnten, so ist auch diese Information zur Beurteilung der Projektwirkung relevant. Zunächst soll beleuchtet werden, wie Informationen zu Synergien und Abhängigkeiten zu anderen Projekten erhoben werden können.
Wie beschrieben können Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen Projekten in unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden. Hierbei werden im Projektcontrolling der Innovations-, der Integrations-und der Investitionszusammenhang unterschieden. Der Innovationszusammenhang soll dabei ausdrücken wie stark ein anderes Projekt konzeptionell auf dem betrachteten Projekt aufbaut. Der Integrationszusammenhang spiegelt dagegen den Einfluss des Projektes auf die Erreichung gemeinsamer Ziele mit anderen Projekten wider. Zuletzt wird mit dem Investitionszusammenhang ausgedrückt, welche Wirkung das betrachtete Projekt auf die Kosten in einem anderen Projekt besitzt.119
Zur Identifikation und Bewertung dieser Zusammenhänge und der Zusammenhangsstärke existiert die sogenannten Synergiematrix als Ansatz. In der Matrix werden alle vorhandenen Projekte in der X-Achse und ein zweites Mal in der Y-Achse aufgeführt.120 In den Feldern in welchen sich die Projekte überschneiden, wird die geschätzte Einflussstärke des Projektes auf der Y-Achse auf das Projekt in der X-Achse eingetragen. In den Feldern, in welchen sich das gleiche Projekt gegenübersteht, erfolgt keine Bewertung.
Der damit beschriebene Pärchenvergleich basiert auf einer qualitativen Schätzung, wodurch eine schnelle Informationserhebung begünstigt wird.121
Einerseits wird das Projekt dabei mehrfach als beeinflussender Faktor auf der Y-Achse beurteilt. Andererseits wird der Einfluss anderer Projekte auf das Projekt auf der X-Achse bewertet. Die Beeinflussung wird dabei in numerischen Schätzwerten ausgedrückt, welche unterschiedlich skaliert werden können.
Diese numerischen Werte können anschließend pro Pärchenvergleich durch eine tiefergehende, qualitative Beschreibung ergänzt werden. Diese beinhaltet genauere Informationen zur getroffenen Bewertung und stellt die Wirkungssituation dar.122
Durch die Verwendung der Synergiematrix im Projektportfoliomanagement wird insgesamt die Verflechtung der enthaltenen Projekte abgebildet.123 Neben der Bezeichnung als Synergiematrix wird dieser Ansatz auch als Einflussmatrix124 oder Schnittstellenmatrix125 bezeichnet. Dabei liegen trotz unterschiedlicher Begriffe keine inhaltlichen Abweichungen vor. Basierend auf den Ergebnissen der Matrix können unterschiedliche Darstellungen gewählt werden um Informationen zur Projektwirkung darzustellen.
Die Ergebnisse der Synergiematrix können auch in Darstellungen übernommen werden, welche zusätzliche Informationen integrieren. Hierbei können Informationen zu den Abhängigkeiten des Projektes um das Projektrisiko, die Dringlichkeit, den Strategiebeitrag oder Wirtschaftlichkeitsaspekte erweitert werden.126
Um Überschneidungen mit anderen Informationskategorien im Rahmenkonzept zu vermeiden, wird lediglich die Einflussnahme des Projektes auf andere Projekte fokussiert. Der Strategiebeitrag wird beispielsweise bereits mit der Nutzenwertanalyse im Rahmen der Erhebung der Projektattraktivität festgestellt.
Da das Rahmenkonzept die Untersuchung eines einzelnen Projektes fokussiert, kann die Synergiematrix in einem vereinfachten Rahmen verwendet werden. Der Beitrag anderer Projekte auf den erzielbaren Projektnutzen wird vor dem Hintergrund ignoriert, dass dieser bereits bei der Feststellung des erreichbaren Nutzens und Strategiebeitrags berücksichtigt werden soll. Entfällt beispielsweise ein Projekt mit Integrationszusammenhang zum betrachteten Projekt und ein Ziel wird unerreichbar, so soll der Nutzen des betrachteten Projektes entsprechend reduziert werden. Dies kann dazu führen, dass auch die Notwendigkeit des betrachteten Projektes in Frage gestellt werden muss.
Zur Erhebung von Informationen zu Abhängigkeiten kann die Synergiematrix auf die Darstellung des betrachteten Projektes als Einflussnehmer beschränkt werden. Erweist sich das betrachtete Projekt als stark beeinflussend, so muss dies bei der Betrachtung der Projektwirkung berücksichtigt werden. Wie bereits bei der Darlegung der Notwendigkeit eines Rahmenkonzeptes geäußert, könnte ein Projektabbruch in diesem Fall starke negative Konsequenzen für andere Projekte bedeuten und muss kritisch geprüft werden.127
Auch wenn die Beschreibung der Einflussnahme in vorhandenen Quellen nicht für jeden Pärchenvergleich gefordert wird, so könnte diese für das weitere Vorgehen relevant sein.128 Es könnte dabei angenommen werden, dass durch die Beschränkung auf die Betrachtung der Einflussnahme des Projektes auch eine zügige Erhebung ermöglicht wird.
Ebenfalls könnte eine ausformulierte Beschreibung die Wahrnehmungsschwelle absenken, da die Abhängigkeit genauer verbalisiert wird. Zuletzt könnte die Beschreibung für die Ermittlung von Alternativen zum Projekt verwendet werden, um eine negative Wirkung bei anderen Projekten durch ein geeignetes Substitut zu begrenzen oder abzuwenden.
5.3.3 Zusammenfassung zur Erhebung von Informationen zur Projektwirkung
Wie bereits im Abschnitt zu den Rahmenbedingungen der Identifikation und Bewertung von Faktoren beschrieben, wurden die Methoden zur Erhebung von Informationen nach bestimmten Kriterien ausgewählt. Die Begünstigung einer schnellen Datenerhebung und die Reduzierung der Wahrnehmungsschwelle waren dabei Selektionskriterien.
Hierzu wurden die Nutzenwertanalyse, das Ziel-Controlling und die Synergie- oder Einflussmatrix als mögliche Methoden vorgestellt. In diesen Modellen werden sowohl qualitative als auch quantitative Wirkungen berücksichtigt. Ebenfalls werden diese Wirkungen vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Anforderungen und den strategischen Zielen bewertet.
Hierdurch könnte eine ganzheitliche, umfeldorientierte Feststellung der Projektwirkung und angemessene Informationsverfügbarkeit unterstellt werden. Die Bewertung der Wirkung und des Einflusses auf Basis von subjektiven Größen könnte, wie im Vorangegangenen dargelegt dazu führen, dass die Validität der Informationen kritisch betrachtet werden muss. Gerade diese Subjektivität wird aber auch als Basis für eine schnelle Informationserhebung benannt, weswegen diese im Rahmenkonzept als notwendig betrachtet wird.129
[...]
1 Aristoteles in zitate-online.de ( Hrsg.) (2020), online
2 Vgl. Hofmann (2014), S. 24 ff
3 Vgl. Madauss (2017), S. 42 ff
4 Vgl. Kuster et al. (2011), S. 4
5 Vgl. Kuster et al. (2011), S. 4
6 Vgl. Kuster et al. (2011), S. 5 ff
7 Vgl. Angermeier (2017), S. 1, online
8 Vgl. Ward (2007), S. 1, online
9 Vgl. Storm (2014), S.1, online
10 Vgl. Storm (2014), S.1, online
11 Vgl. Neubauer (2010), S. 7
12 Vgl. Keßler; Winkelhofer (2002), S. 111
13 Vgl. Neubauer (2010), S. 8
14 Vgl. Schulz (2020), S. 172 ff
15 Vgl. Salewski; von Rosenstiel (2018), S. 296
16 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 31
17 Vgl. Madauss (2017), S. 343
18 Vgl. Lucht (2019), S. 145
19 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 31
20 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 5
21 Vgl. Kuster et al. (2011), S. 72
22 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 69
23 Vgl. Fiedler (2020), S. 146 ff
24 Vgl. Stolzenberg; Heberle (2013), S. 5
25 Vgl. Ortner (2015), S. 67 ff
26 Vgl. Stolzenberg; Heberle (2013), S.4
27 Vgl. Gassmann; Kobe; Voit (2001), S. 194
28 Vgl. Stolzenberg; Heberle (2013), S. 4 ff
29 Vgl. Stolzenberg; Heberle (2013), S. 7 ff
30 Vgl. Keßler; Winkelhofer (2002), S. 113 ff
31 Vgl. Gassmann; Kobe; Voit (2001), S. 209
32 Vgl. Moser; Galais; Byler (2018), S. 104
33 Vgl. Kobi (2012), S. 2
34 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 112
35 Vgl. Kuster et al. (2011), S. 71
36 Vgl. Gassmann; Kobe; Voit (2001), S. 194
37 Vgl. Schulz (2020), S.130
38 Vgl. Madauss (2017), S. 84
39 Vgl. Madauss (2017), S. 84
40 Vgl. Lucht (2019), S. 145
41 Vgl. Lucht (2019), 145
42 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 31
43 Vgl. Zayer (2007), S. 91 ff
44 Vgl. Zayer (2007), S. 93
45 Vgl. Salewski; von Rosenstiel (2018), S. 291
46 Vgl. Zayer (2007), S. 94 ff
47 Vgl. Göbel (2018), S. 218
48 Vgl. Schulz (2020), S. 151
49 Vgl. Zayer (2007), S. 95 ff
50 Vgl. Kobi (2012), S. 2
51 Vgl. Göbel (2018), S. 215 ff
52 Vgl. Braun; Bohn; Gaschler (2018), S. 32
53 Vgl. Zayer (2007), S. 92 ff
54 Vgl. Madauss (2017), S. 343
55 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 18
56 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 18
57 Vgl. Ortner (2015), S. 71
58 Vgl. Ortner (2015), S. 72
59 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 39
60 Vgl. Meyerbröker (2011), S. 11
61 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 17 ff
62 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 18
63 Vgl. Zayer (2007), S. 95 ff
64 Vgl. Kobi (2012), S. 5
65 Vgl. Salewski; von Rosenstiel (2018), S. 291
66 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 33
67 Vgl. Fiedler (2020), S. 50
68 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 115
69 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 149 ff
70 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 151
71 Vgl. Bamberg; Coenenberg; Krapp (2019), S. 15ff
72 Vgl. Bea; Haas (2019), S. 210 ff
73 Vgl. Bea; Haas (2019), S. 211 - 217
74 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 113 ff
75 Vgl. Bea; Haas (2019), S. 211
76 Vgl. Meyerbröker (2011), S. 11
77 Vgl. Gassmann; Kobe; Voit (2001), S. 204
78 Vgl. Bea; Haas (2019), 217
79 Vgl. Kraus; Westermann (2019), S. 46 ff
80 Vgl. Keßler; Winkelhofer (2002), S. 110 ff
81 Vgl. Kraus; Westermann (2019), S. 49 ff
82 Vgl. Ehlert; Seltman (2017), S. 9 ff
83 Vgl. Gassmann; Kobe; Voit (2001), S. 198 ff
84 Vgl. Fiedler (2020), S. 49ff
85 Vgl. Fiedler (2020), S. 49ff
86 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 112
87 Vgl. Gehr et al. (2018), S. 6
88 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 110
89 Vgl. Fiedler (2020), S. 101
90 Vgl. Zirkler et al. (2019), S. 31
91 Vgl. Kuster et al. (2011), S. 72
92 Siehe Abbildung 5.1.A: Kategorisierung von Informationen Quelle: Eigene Darstellung
93 Vgl. Fiedler (2020), S. 39
94 Vgl. Kobi (2012), S. 3
95 Vgl. Ehlert; Seltman (2017), S. 10
96 Vgl. Zayer (2007), S. 95
97 Siehe Abbildung 5.2.A Bildung von Variablen Quelle: Eigene Darstellung
98 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 42 ff
99 Vgl. Drews et al. (2016), S. 32 ff
100 Vgl. Kraus; Westermann (2019), S. 96
101 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 62
102 Vgl. Fiedler (2020), S. 31
103 Vgl. Drews et al. (2016), S. 386
104 Vgl. Drews et al. (2016), S. 385 ff
105 Vgl. Fiedler (2020), S. 32 ff
106 Vgl. Fiedler (2020), S. 35
107 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 52
108 Vgl. Schneider; Wastian; Kronenberg (2018), S. 25
109 Vgl. Drews et al. (2016), S. 394
110 Vgl. Keßler; Winkelhofer (2002), S. 162 ff
111 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 115
112 Vgl. Drews et al. (2016), S. 385
113 Vgl. Ehlert; Seltman (2017), S. 110
114 Vgl. Winkelhofer (2005), S. 195 ff
115 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 110
116 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 7
117 Vgl. Fiedler (2020), S. 49ff
118 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 49
119 Vgl. Fiedler (2020), S. 49 ff
120 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 72
121 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 73 ff
122 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 74
123 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 72 ff
124 Vgl. Fiedler (2020), S. 50 ff
125 Vgl. Sterrer (2014), S. 34
126 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 74 ff
127 Vgl. Sterrer (2014), S. 34
128 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 47
129 Vgl. Hirzel; Alter; Niklas (2019), S. 115
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- Anonym,, 2020, Entwicklung eines standardisierten Rahmenkonzeptes zur Handhabung krisenhafter und gescheiterter Projekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1002209
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