Columella - über die Landwirtschaft
Arbeit zum Konversatorium
Columella, De Re Rustica I, 8, 1-2; Übersetzung aus: Columella, Über die Landwirtschaft, ed. K.Ahrens, Berlin 1972
Proxima est cura de servis, cui quemque officio praeponere conveniat quosque et qualibus operibus destinare; Igitur praemoneo ne vilicum ex eo genere servorum, qui corpore placuerunt, instituamus, ne ex eo quidem ordine, qui urbanas ac delicatas artes exercuerit. Socors et somniculosum genus id manicipiorum, otiis, campo, circo, theatris, aleae, popinae, lupanaribus consuetum, numquam non easdem ineptias somniat, quos cum in agri culturam transtulit, non tantum in ipso servo quantum in universa re detrimenti dominus capit. Eligendus est rusticis operibus ab infante duratus et inspectus experimentis. Si tamen is non erit, de iis praeficiatur qui servitutem laboriosam toleraverunt;
Die nächste Überlegung ist, welche Sklaven man mit der Leitung dieser oder jener Arbeit betrauen und welche man für die einen, welche für die anderen Verrichtungen bestimmen soll; und da warne ich davor, einen Verwalter aus dem Kreise solcher Sklaven einzusetzen, die mit ihrem Körper sich gefällig erwiesen haben, auch nicht einen von denen, die feinere Tätigkeiten, wie sie für die Stadt passen, ausgeübt haben. Fahrlässig und schläfrig ist dieses Kaufsklavengesindel, gewöhnt an Nichtstun und Herumspazieren, an Zirkus und Theater, an Würfelspiel und Garküche und Bordelle; auf derlei Nichtsnutzigkeiten sinnt es ständig, und wenn es die auf den Acker mitbringt, so hat der Herr den Schaden, nicht so sehr am Sklaven selbst wie an seinem gesamten Vermögen. Verwalter werden muß ein Sklave, der von Kind an durch Landarbeit abgehärtet und in der Praxis erprobt ist; wenn jedoch ein solcher nicht vorhanden ist, so sollte man einen von denen dazu anstellen, die ein mühevolles Sklavenleben ausgehalten haben;
Kurzcharakteristik, Interpretation und Kommentar:
„De Re Rustica" von Columella, ist ein Werk von 13 Büchern, in denen ausführlichst Ratschläge für die Organisation eines landwirtschaftlichen Betriebs und des Gartenbaus.
Columella lebte wahrscheinlich in der ersen Hälfte des 1. Jahrhundert n.Chr. Er stammte aus Gades in Spanien, verbrachte jedoch die meiste Zeit seines Lebens als Großbauer in Italien. Zielpublikum seines Werkes sind auch vor allem italienische Großbauern, daher ist das Werk an die herrschenden Verhältnisse in Italien angepaßt.
Einen wesentlichen Bestandteil der Landwirtschaft bildet natürlich auch die Verwendung von Sklaven. In den letzten Kapiteln des ersten Buches beschäftigt sich Columella mit der Behandlung und Verwendung von Sklaven. In dem von mir ausgewählten Ausschnitt geht es um die beste Wahl bei der Bestellung des Verwalterpostens.
Die Gegenüberstellung des idealen Verwalters mit den Stadtsklaven ist äußerst aufschlußreich und anschaulich. Man kann eine lebhafte Vorstellung vom Leben der Stadtsklaven entwickeln, wie sie in ihrer „Freizeit" den Zirkus besuchen, beim Würfelspiel zusammensitzen oder der Befriedigung ihrer Lüste nachgehen.
Es mögen Stereotype sein, aber die Tatsache, daß sich den Sklaven in der Stadt (besonders denjenigen die über ein peculium verfügten) mehr Möglichkeiten boten, am sozialen Leben teilzunehmen und ihre Zeit zu gestalten, kann nicht bestritten werden. Der Sklave am Land hingegen ist nicht nur eine unbezahlte Arbeitskraft, er ist, ohne Beschönigungen, Nutzvieh. Ob im Ergasterium oder im Landhaus, der Sklave muß an harte, manuelle Arbeit gewöhnt sein und nicht in „ urbanas ac delicatas artes"1. Wenn ein Sklave nun aus der Stadt diese Laster mitbringt, gerät durch dessen unzuverlässige Arbeit der Besitz in Gefahr, vor allem wenn er eine so wichtige Position wie die eines Verwalters einnimmt. Columellas Langzeitstrategie besteht ohnehin darin, daß sich die Sklavenpopulation durch natürliche Vermehrung erhält (Col. De Re Rustica I,8,19), also kein Grund mehr dazu besteht, Sklaven zuzukaufen. Das erklärt auch, warum Columella die Gleichsetzung von Stadtsklaven mit mancipiorum macht.
Columellas Text kann nicht nur als Zeugnis für die Beurteilung der Stadtsklaven gesehen werden, sondern dokumentiert wohl auch die Ablehnung der gesamten „lasterhaften" Stadtkultur julisch-claudischer Zeit durch die bäuerliche Mentalität, die auch Columella beherrscht.
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1 Die Übersetzung "feine Tätigkeiten, wie sie für die Stadt passen" von Ahrens ist wohl etwas euphemistisch. Besser erscheint mir „städtische und obendrein wollüstige Tätigkeiten".
- Citation du texte
- Werner Stangl (Auteur), 2000, Quelleninterpretation zu Columella: Über die Landwirtschaft I, 8, 1-2, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100197
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