Ziel dieser Arbeit ist es, Kreuzgangs plurale Identität herauszuarbeiten. Dabei soll zum einen bestimmt werden, wofür die jeweilige Rolle bzw. Maske Kreuzgangs steht. Zum anderen soll anhand der unterschiedlichen Rollenerscheinungen, unter Berücksichtigung der sprachlichen Gestaltung, die Zeitkritik Klingemanns beleuchtet werden.
Die kritische Auseinandersetzung mit den Identitätskonzepten der Aufklärung ist ein zentrales Motiv in der Literatur der Romantik. Relevant wurden Themen wie Identitätsspaltung, Selbstentfremdung und Rollenidentität mit der im 18. Jahrhundert aufkommenden Arbeitsteilung sowie Funktionsdifferenzierung, die es dem modernen Menschen erschwerte, eine stabile Identität auszubilden. Hinzu kommt, dass die gesellschaftlichen Umwälzungen der Aufklärung den geistigen Nährboden für das Reflexionsvermögen des Individuums bereiteten. Der Mensch machte sich nun selbst zum Objekt seiner Überlegungen und Beobachtungen, was wiederum die Spaltung der personalen Identität durch Reflexion beförderte. Die gegen Ende des 18. Jahrhunderts erstmals thematisierte Identitätsproblematik hat bis heute nicht an Aktualität verloren: Auch gegenwärtig steht der um Identität bemühte Mensch mehr den je vor der Herausforderung, zwischen seinen verschiedenen sozialen Rollen, Möglichkeiten und Positionen Kohärenz herzustellen.
Eine literarische Figur der Frühromantik, die sich an dieser spezifisch modernen Herausforderung der Identitätsbildung abarbeitet, ist Kreuzgang, Protagonist in Ernst August Friedrich Klingemanns Roman Nachtwachen (1804). Kreuzgang ist eine innerlich zerrissene Gestalt, die in verschiedenen Rollen und Masken durchs Leben geht – sich in „variierenden personalen Möglichkeiten” entwirft.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Identität – Entstehung und Geschichte des Begriffs
- 2.1. Aufklärung: Ein neues Verhältnis des Menschen zu sich selbst
- 2.2. Frühromantik: Der innere Plural
- 3. Identitätsproblematik in den Nachtwachen - Kreuzgangs Rollen und Masken
- 3.1. Zur Komposition des Romans
- 3.2.,,Wir Nachtwächter und Poeten“: Kreuzgang als gescheiterter Dichter
- 3.3.,,Weil mich der Himmel bloß zu einem Narren kreiert hat”: Kreuzgang als Narr
- 3.4. „Er hat Talente zum Hanswurst“: Kreuzgang als Marionette(nspieler)
- 3.5. „Die Liebe, als eine bezaubernde Maske“: Kreuzgang als Hamlet
- 3.6.,,Einem schwangern Vulkane entbunden“: Kreuzgang, Patenkind des Teufels
- 4. Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die plurale Identität von Kreuzgang, dem Protagonisten in Ernst August Friedrich Klingemanns Roman „Nachtwachen“ (1804). Die Analyse zielt darauf ab, die verschiedenen Rollen und Masken, die Kreuzgang im Laufe der Geschichte annimmt, zu beleuchten und deren Bedeutung für die Darstellung der spezifisch modernen Identitätsproblematik zu entschlüsseln. Dabei soll die Zeitkritik Klingemanns anhand der sprachlichen Gestaltung der Rollenerscheinungen untersucht werden.
- Die Entstehung und geschichtliche Entwicklung des Identitätsbegriffs
- Die Identitätsproblematik in der Literatur der Frühromantik
- Kreuzgangs plurale Identität und seine verschiedenen Rollen und Masken
- Die Zeitkritik Klingemanns im Kontext der Identitätsdebatte
- Die literarische Darstellung der Identitätsfrage im 19. Jahrhundert
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einleitung in die Thematik der Arbeit und stellt die zentrale Figur Kreuzgang sowie die Zielsetzung der Analyse vor. Das zweite Kapitel beleuchtet die geschichtliche Entwicklung des Identitätsbegriffs, angefangen von der Aufklärung bis hin zur Frühromantik, und zeigt auf, wie die Arbeitsteilung und Funktionsdifferenzierung des 18. Jahrhunderts zu einer pluralen Identität führten.
Das dritte Kapitel analysiert die verschiedenen Rollen und Masken von Kreuzgang im Roman „Nachtwachen“. Diese reichen vom gescheiterten Dichter über den Narren und die Marionette bis hin zum Hamlet. Anhand dieser Figuren wird die spezifisch moderne Identitätsproblematik und die Kritik Klingemanns am poetischen Autonomie-Konzept deutlich.
Schlüsselwörter
Identität, Frühromantik, Klingemann, Nachtwachen, Kreuzgang, plurale Identität, Rollen, Masken, Zeitkritik, Aufklärung, Funktionsdifferenzierung, poetische Autonomie, Identitätsproblematik, Moderne
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- M.Sc. Amélie Dannenmann (Autor), 2020, Plurale Identität in der Literatur der Romantik, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1001740