Inhaltsverzeichnis
1.Allgemeines
2. Die mythologische Entstehung
3. Die historische Entstehung
4. Die Hauptkasten
5. Das Leben im Kastenwesen
6. Die sieben klassischen Merkmale
1. Allgemeines
Das Kastenwesen ist eines der Hauptmerkmale der indischen Gesellschaft. Im Gegensatz zu den westlichen Industrieländern (Bourgeoisie und Proletariat) gibt es in Indien keine klare Abgrenzung der Klassen.
In Indien wird jeder Mensch aufgrund seines Karmas in eine bestimmte Kaste hineingeboren. Diese Kastenzugehörigkeit ist vererbbar und die Regeln der Kaste bestimmen den späteren Ehepartner sowie das ganze spätere Leben (wie z.B. den Beruf).
Das heutige Kastenwesen ist laut Yogananda - einem spirituellem Lehrer - nur noch ein dekadentes Abbild einer ursprünglich flexiblen Einteilung. Die ursprüngliche Kasteneinteilung hatte absolut nichts mit der Vererbbarkeit und Ökonomie zu tun, sondern sie war die Anerkennung eines bestimmten spirituellen Entwicklungsstandes, den jemand erreicht hatte.
2. Die mythologische Entstehung des Kastensystems
Gemäß der Mythologie hat es ursprünglich vier große Kasten gegeben, die aus den Körperteilen des Puruscha, des Urvater der Menschheit, entstanden sind.
Zum Brahmanen ist sein Mund geworden, die Arme zum Kschatrija, der Vaishya verkörpert die Schenkel und aus den Füßen wurde der Shudra.
Diese Vorstellung verdeutlicht, dass die Mitglieder des Kastensystems wie ein Körper zusammen arbeiten .
3. Die historische Entstehung des Kastensystems
Das Kastensystem ist vor mehr als dreitausend Jahren aus Stammes- und Sippen- Überlieferungen hervorgegangen und durch die fortschreitende Arbeitsteilung immer weiter ausgebaut worden. Es widerstand allen Angriffen von innen und von außen. Seine positive soziale Funktion war damals die Integration einer Vielzahl von neuen Gruppierungen, denen Rang und Funktion in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung zugewiesen wurde.
4. Die Hauptkasten
Heute spricht man von fünf Hauptkasten.
Im Laufe der Jahrhunderten entstand nämlich noch eine weitere Gruppe, die Parias (Unberührbaren). Sie sind kastenlos und obschon die Diskriminierung dieser Schicht in Indien seit dem Jahre 1948 verboten ist, haben sie noch immer ein schweres Los.
Die Priesterkaste : Brahmanen
Die Krieger- oder Regentenkaste : Kschatrija
Die Händler-, Handwerker- und Grundbesitzerkaste : Vaishya Die Dienerkaste : Shudra
Die Kastenlosen : Parias
Der Mensch wird in eine Kaste hineingeboren und bleibt dort !
5. Das Leben im Kastensystem
In Indien trägt jeder die Zeichen des Lebensbereiches, dem er angehört, an sich. Durch seine Kleidung und seinen Schmuck, durch das Zeichen seiner Kaste und seines Gewerbes, ist er auf den ersten Blick erkennbar. Die unverheiratete Frau, die Gattin, die Witwe trägt ein kennzeichnendes Gewand.
Jeder Mensch steht in einer klar umrissenen Ordnung festgelegter und sorgfältig befolgter Normen und Tabus. Was man essen und nicht essen, was man suchen und was man meiden, mit wem man verkehren, speisen und sich verheiraten soll, all diese persönlichen Angelegenheiten sind genau geregelt, und sowohl versehentliche wie absichtliche Übertretungen werden streng geahndet.
Seit der Unabhängigkeit Indiens ist das Kastenwesen offiziell von der indischen Regierung abgeschafft, trotzdem gibt es die Kasten und Normen auch heute noch, die die Entwicklung des Staates und der Gesellschaft bestimmen.
Ursprünglich aus drei Kasten (Brahmanen = Priester, Kschatrija = Krieger und Könige, und Shudra = Bauern und Diener) entstanden, gibt es heute über 5.000 Kasten, die im Laufe der Jahrhunderte durch Aufsplitterung der einzelnen Kasten zustande kamen. Die Kaste bestimmt das Schicksal eines jeden Inders von Geburt an, die Wahl des Ehepartners wie auch der Beruf sind vorbestimmt.
Da im dörflichen Kontext zum Hinduismus gehört, dass er Religion und Lebensform eines Sozialgefüges ist, stehen nicht der einzelne und sein Seelenheil, sondern die Regeln, die das Zusammenleben bestimmen, im Vordergrund. Die soziale Stellung des einzelnen ist durch Geburt bestimmt hinsichtlich der Zugehörigkeit zu einer Kaste. Der Maßstab, der die jeweilige Stellung im Kastensystem bestimmt ist die "Reinheit". Mit Reinheit ist eine religiös-rituelle Eigenschaft gemeint.
Wie die Reinheitsbestimmung die soziale Stellung festigen, zeigt sich in der Behandlung der Unberührbaren, die z.B. kein Wasser aus dem allgemeinen Dorfbrunnen schöpfen dürfen, weil durch sie das Wasser verunreinigt würde. So sind sie täglich darauf angewiesen, dass ihnen ein höher Gestellter den Wassereimer füllt. Es kommt auch heute noch, trotz gesetzlicher Gleichstellung, vor, dass Kinder der unteren Kasten in der Dorfschule nicht mit den Brahmanenkindern im gleichen Raum sitzen dürfen.
In der Stadt hingegen gibt es auf Grund des Kastensystems soziale Spannungen. Politiker in Indien haben zwar schon erreicht, dass 22,5 Prozent der Stellen im öffentlichen Bereich und der raren Studienplätze für die Kastenlosen bestimmt sind, aber dadurch wurde die soziale Stellung der am meisten benachteiligten Inder kaum gehoben.
Es hat schon öfters Versuche gegeben dieses Manko aufzuheben, aber daraus entwickelten sich meistens "Kastenkriege", die teils aus strengem religiösen Denken, teils aus Machtgier geführt wurden und viele Tote forderten.
Während es einigen der ehemals rückständigen Kasten, vor allem den landbesitzenden Bauern des Nordens und einigen Händlerkasten in der Stadt gelungen ist durch wirtschaftliche Erfolge auch soziale Anerkennung zu finden, bleibt die Masse außerhalb der rund 5000 Unterkasten dort, wo sie immer waren: in absoluter Armut und ausgebeutet von denen, die über ihnen stehen.
Fünfhundert Millionen Inder leben unterhalb der Armutsgrenze, unter ihnen allerdings nicht wenige Angehörige der höheren Kasten.
Das Kastenwesen hat sich als schlimmstes Fortschrittshemmnis z.B. in Indien erwiesen. Aber Fortschritt lässt sich nicht per Gesetz erzwingen, sondern nur durch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Unterprivilegierten. Voraussetzung dafür jedoch sind:
- Bildungschancen für alle
- strukturelle Landreformen, vor allem aber eine
- Eindämmung der Geburtenwelle.
Doch von derart diffizilen Problemen halten sich die Politiker lieber fern.
6. Die sieben klassischen Merkmale des Kastensystems
1. Die Kasten unterteilten die Gesellschaft in relativ autonome Untergruppen, die den einzelnen mit seiner Geburt für immer in sich aufnahmen.
2. Die Kasten waren hierarchisch zu einem System geordnet, das eindeutige Verhaltensmuster der Ein- und Unterordnung lieferte.
3. Die Kontakte zwischen Mitgliedern verschiedener Kasten waren beschränkt und reglementiert. Besonders festgelegte Normen galten für Eß- und Trinksitten, um die "Tischgemeinschaft" verschiedener Kasten zu ermöglichen oder auszuschließen.
4. Der hierarchischen Struktur entsprachen unterschiedliche religiöse und soziale Privilegien, Ge- und Verbote, die den jeweiligen Status der Kastenmitglieder fixierten und im täglichen Umgang verwirklichten.
5. Die Kastenzugehörigkeit bestimmte den Beruf; freie Berufswahl oder Berufswechsel waren ausgeschlossen.
6. Heiraten zwischen Mitgliedern verschiedener Kasten oder Unterkasten waren bei Strafe der "Exkommunikation", was dem "sozialen Tod" auch der Eltern gleichkam - verboten.
7. Die Kastengruppen bekämpften sich nicht; sie kooperierten vielmehr und ergänzten einander in einem dichten Beziehungsgeflecht von Dienst- und Naturaltausch-Beziehungen.
- Arbeit zitieren
- Daniela Balser (Autor:in), 2001, Das Kastenwesen in Indien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/100049
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