Wohin mit dem Atommüll?
1. Was ist Atommüll?
Atommüll ist nur der umgangssprachliche Begriff, richtig heißt es radioaktive Abfälle. Sie sind Rückstände, die bei Verarbeitung und Anwendung von radioaktivem Material, z.B. in der Kerntechnik und in der Nuklearmedizin, besonders aber beim Betreiben von Kernreaktoren und bei der Aufbereitung ausgedienter Kernbrennelemente anfallen. Um Atommüll in seiner Giftigkeit zu schwächen, muß er mehrere Jahrhunderte entsprechend gelagert werden. Es wird unter schwach (Radioaktivität bis max. 1 Curie pro m³) , mittel ( Radioaktivität bis max. 2000 Curie pro m³) und stark radioaktiven (Radioaktivität bis zu 4 Millionen Curie pro m³)
Abfällen unterschieden. Die größte Menge besteht dabei aus schwach und mittel radioaktivem Müll.
Ohne Wiederaufbereitung sind radioaktive Abfälle nicht weiter verwendbar. Das Problem bei dem Ganzen liegt in der Lagerung und Beseitigung.
2. Wo soll in der Bundesrepublik der Atommüll gelagert werden?
a) Endlagerung und Zwischenlagerungen allgemein Bei der Endlagerung ist es Ziel durch eine dauernde Isolierung schädliche, giftige aber besonders radioaktive Abfälle vom menschlichen Lebensbereich fernzuhalten. Als relativ sichere Methode gilt die Lagerung in Steinsalzformationen des tiefen Untergrunds.
Die schwach und mittel aktiven Abfälle werden zuerst in ihrem Volumen reduziert, indem sie eingedampft, verbrannt oder einfach gepresst werden. Hoch radioaktive Abfallstoffe werden mit Glas verschmolzen (Verglasung) und mit rostfreiem Stahl umhüllt. Dann werden sie in heißes Bitumen (eine Kohlenwasserstoff- Verbindung) oder Zement eingerührt und in eine stabile Form gebracht und in 200 l Stahlfässern untergebracht. In ein Fass passen 150 kg dieses Gemisches.
Diese Fässer werden anschließend in den Salzstöcken, wovon es in Norddeutschland mehr als 200 gibt, gelagert.
Die Zwischenlagerung ist eine zeitlich begrenzte Lagerung von Abfällen bis zur deren Verwertung, Behandlung oder Endlagerung. Die abgebrannten Brennelemente werden nach ihrer Entnahme aus dem Reaktorkern in sogenannte Abklingbecken gelagert. Es wird unterschieden zwischen Nass- und Trockenlagerung. Bei der Nasslagerung werden die Brennelemente aus den Transportbehältern entnommen und in Lagerbecken gestellt. Das Beckenwasser le itet die entstehende Wärme ab.
Bei der Trockenlagerung bleiben die Brennelemente im Transportbehälter, der mit Kühlrippen ausgestattet ist.
b) 1977 begann die Diskussion darum, ob in Gorleben, einem ehemaligen kleinen Fischerdorf an der Elbe, eine Atommüll - Lagerstätte und eine Uran-Wiederaufbereitungsanlage entstehen sollte.
Einige Kilometer entfernt von Gorleben ist ein Salzstock, auf dem die Anlage errichtet werden sollte.
Das Landesamt für Bodenforschung bestätigte das dieser Salzstock allen Anforderungen gerecht werde.
Das Problem war, dass Gorleben an der Grenze zu der damals noch existierenden DDR lag, das heißt, es musste eine Absprache getroffen werden.
Um eine Entsorgungsanlage ist nämlich ein ,,Sicherheitsgürtel" von 30 Kilometern nötig, in der ständig Messungen durchgeführt werden müssen. Gegen die Errichtung wurde heftig protestiert.
Ein halbes Jahr später wurde ein ,,Nein" gegen das Entsorgungszentrum ausgesprochen. Es sollte nur ein Zwischenlager entstehen.
Im September 1979 wurde dann doch die Errichtung eines Endlagers in Gorleben beschlossen.
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erklärten sich bereit bei sich Zwischenlager zu bauen.
In Gorleben wurde dann aber doch kein Endlager eingerichtet.
Seit 1983 werden dort schwach radioaktive Stoffe zwischen gelagert. Seit 1995 ist dort ein Trockenlager für die Zwischenlagerung von ausgedienten Brennelementen und hoch radioaktiven Abfällen in Castor-Behältern.
Beim Bundesamt für Strahlenschutz ( kurz: BfS ) wurde eine Genehmigung beantragt zur Aufbewahrung bestrahlter Brennelemente in den Kernkraftwerken Neckarwestheim und Phillipsburg.
An diesem ,,Hin und Her" kann man erkennen, dass Atommüll-Lagerungen ein heiß umstrittenes Thema sind.
3. Was ist ein Castor-Behälter?
Ein Castor ist ein Behälter für die Lagerung und den Transport hoch radioaktiver, abgebrannter Brennelemente.
Die Brennelemente werden nach etwa fünfjähriger Kühlung in den Abklingbecken der Atomkraftwerke in diese Spezialbehälter verpackt und per Bahn entweder in Wiederaufbereitungs-Anlagen oder in Zwischenlager transportiert.
Der Inhalt eines einzigen Castor-Behälter entspricht der Strahlungsmenge von 40 Hiroshima- Bomben!
4. Was ist ein atomarer Brennstoff - Zyklus?
Um in einem Kernkraftwerk Energie zu erzeugen wird Uran benötigt.
Uran wird hauptsächlich in Nordamerika, Südfrankreich, im Kongo-Gebiet und in der Sowjetunion abgebaut, meist unter Tage.
Bei einer Tonne verwendbarem Uran-Erz entstehen ca. 2000 t Abraum. Unter Abraum versteht man die nicht gebrauchten Erdbestandteile, die unvermeidlich mit dem Uran-Erz abgebaut werden.
Dieser wird in der Nähe von den Uran Bergwerken aufgehäuft, es ist das Uran - Zerfallsprodukt Radium enthalten. Bei seinem Zerfall entweicht das radioaktive Radon in die Atmosphäre.
Das abgebaute Uran-Erz, das 99,3% schwer spaltbares Uran 238 und nur 0,7% leicht spaltbares Uran 235 enthält, wird gereinigt und zu Uranhexafluorid sublimiert.
Dann wird das Material mit Uran 235 angereichert.
Für Leichtwasser-Reaktoren muss der Brennstoff mindestens 3% bis 4% Uran 235 enthalten. Wird das Material mit bis zu etwa 20% Uran 235 angereichert, entsteht Brennstoff für Reaktoren oder für die Anlage Schneller Brüter.
Eine Atombombe benötigt eine Anreicherung von mindestens 90% Uran 235.
Das angereic herte oder wiederaufbereitete Uran wird nun zu Brennelementen verarbeitet. Dazu werden sie zuerst in Tabletten gepresst, dann zu mehreren Meter langen Brennstäben geformt und mit Zirkonlegierung gefüllt. Die Brennstäbe werden zu Brennelementen gebündelt.
In Leichtwasser-Reaktoren wird das in den Brennelementen enthaltene Uran 235 abgebrannt. Die bei der Atomspaltung frei werdende Wärme wird zur Stromerzeugung genutzt.
Ein Teil des Uran 238 wird in Plutonium umgewandelt, überwiegend in Plutonium 239, das wie Uran 235 leicht spaltbar ist. 30 t Uran entsprechen 1/3 der gesamten Brennelemente und müssen jedes Jahr erneuert werden.
Das ausgebrauchte Uran muss mehrere Monate abklingen in den dafür vorgesehenen Becken oder mehrere Jahre zwischengelagert werden. Dann kommen die abgebrannten Brennelemente in die Wiederaufbereitungsanlage.
Dort wird das hoch radioaktive Material maschinell zerkleinert.
Durch einen chemischen Vorgang werden das Uran und das Plutonium herausgelöst. In einem 1200-MW-Reaktor entstehen jährlich 265 kg Plutonium, ausreichend für 25 Atombomben.
Außerdem wird das Plutonium als Brennstoff für den Schnellen Brüter genutzt und auch als Beimischmittel für Brennstoffe für Leichtwasser-Reaktoren.
Das herausgefilterte Uran muss für die weitere Nutzung als Brennelement erneut angereichert werden. Die Brennelemente für den Schnellen Brüter sind hoch angereichert mit Uran und Plutonium.
Eine Schnellbrüterladung entspricht 3 bis 5 t.
Der stark radioaktive Reaktorkern aus den leicht spaltbaren Materialien ist in einem Mantel aus schwer spaltbarem Uran 238 umschlossen gelagert.
Während der Energieerzeugung des Reaktors wandelt sich das Uran 238 in Plutonium um. So entsteht neuer Reaktorbrennstoff, der dann in die Wiederaufbereitungs-Anlage kommt. Ziel des Gebrauchs des Schnellen Brüters ist mehr Brennstoff zu erzeugen als er selber für sich verbraucht.
Das sind die zwei geschlossenen Brennstoffzyklen (Urankreislauf und Plutoniumkreislauf). Außen stehen die radioaktive Abfälle.
Diese entstehen in der Urananreicherungs-Anlage, im Schnellen Brüter, in der Wiederaufbereitungs-Anlage und im Leichtwasser-Reaktor.
Zu den schwach radioaktiven Abfällen zählen unter anderem Werkzeuge, Transportbehälter, Schutzkleidung usw. Von dieser Art Müll fallen je Tonne Brennstoff ca. 100m³ an. 40m³ mittel radioaktive und 1,5m³ hoch radioaktive Abfälle entstehen aus jeder Tonne Brennstoff.
Der hoch radioaktive Müll stammt überwiegend aus der Wiederaufbereitungs-Anlage.
5. Was geschieht bei der Wiederaufbereitung von Atommüll im einzelnen?
Wiederaufbereitungs-Anlagen werden von Staatsgesellschaften betrieben oder staatlich kontrolliert.
Die notwendig Trennung der Isotope Uran 235 und Uran 238 ist mit sehr hohen Kosten verbunden und beansprucht geraume Zeit.
Die Wiederaufbereitung von Brennelementen aus Deutschland erfolgt in Cap de la Hague (Frankreich) oder in Sellafield (England).
Bei der Wiederaufbereitung werden die abgebrannten Brennelemente in ihre Bestandteile zerlegt, um daraus die spaltbaren Materialien Uran 235 und Plutonium 239 zurückzugewinnen. Außerdem werden die bei der Kernspaltung entstandene hoch radioaktive Spaltprodukte abgetrennt.
Dazu sind spezielle, unter strengen Auflagen arbeitende Wiedeaufbereitungs-Anlagen erforderlich, die in der Regel voll automatisch betrieben werden.
In sogenannten Heißen Zellen werden die Brennelemente unter Anwendung von Hilfsmitteln mechanisch in die einzelnen Brennstäbe zerkleinert, ihr Inhalt in Salpetersäure aufgelöst und Uran und Plutonium durch chemische Prozesse aus der Lösung isoliert. Die Konzentrate der Spaltprodukte müssen mehrere Jahre unter kontrollierten Bedingungen gelagert werden, bevor sie in Endlager überführt werden können.
6. Ist eine Endlagerung in Salzstöcken umstritten?
Anfang 1979 erreichte die Diskussion um die Endlagerung von Atommüll in Salzstöcken ihren Höhepunkt. Es wurde befürchtet, dass bei Erdkrustenbewegungen Risse im Salzstock entstehen könnten, wobei radioaktive Stoffe in das Grundwasser gelangen könnten.
Belegt wurde dieses Argument durch die Entdeckung einer Geländesenke im Salzstock, die durch zirkulierendes Grundwasser entstanden sein sollte.
Das Gegenargument dazu lautete, dass sich der Salzstock in Gorleben in den letzten 100 Millionen Jahren nicht in seiner Gestalt verändert und Meeresüberflutungen, Gebirgsbildungen und Eiszeiten unversehrt überstanden hat. Durch den Druck der Deckschichten ist die Masse so verdichtet, dass ein Reißen oder Spalten der Wände ausgeschlossen ist.
Eine weitere Streitfrage ist der Schmelzpunkt. Beim Zerfall radioaktiver Stoffe entstehen ca. 200°C bis zu gelegentlich 400°C. Es wird behauptet, dass der Schmelzpunkt von Steinsalz bei 801°C liegt. Salzstöcke sind chemisch aber nicht rein. Von solchen Salzmischungen ist bekannt, dass ihr Schmelzpunkt um einiges niedriger liegt.
Da geschmolzenes Salz sehr aggressiv ist und Metallbehälter und Glasgefäße zerfrisst, könnten möglicherweise radioaktive Gase austreten.
Für die Endlagerung gibt es weltweit keine einheitliche Lösung, die völlig unbedenklich wäre.
7. Quellennachweis
a) IPN Curriculum Physik
b) Brockhaus Multimedial (CD-Rom)
c) Internet (www.oneworldweb.de, www.bfs.de, www.Spiegel.de, www.th-darmstadt.de)
- Arbeit zitieren
- Carolin Miehe (Autor:in), 2000, Wohin mit dem Atommüll?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99951
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