In einer Zeit des Umbruchs, wo Freiheit und Gleichheit auf den Barrikaden geboren wurden, entfesselte sich ein Strudel der Gewalt, der die Französische Revolution in ihren Grundfesten erschütterte. Was als Aufbruch zu einer gerechteren Gesellschaft begann, mündete in eine Schreckensherrschaft, in der Guillotinen die Plätze zierten und politische Ideale im Blut ertranken. Diese fesselnde Chronik beleuchtet die explosive Radikalisierung der Revolution, beginnend mit dem gescheiterten Fluchtversuch Ludwigs XVI., der das Ansehen der Monarchie für immer zerstörte, bis hin zum Aufstieg der Jakobiner unter Robespierre und dem gnadenlosen Terrorregime, das Frankreich in Angst und Schrecken versetzte. Verfolgen Sie den Aufstieg und Fall politischer Klubs wie der Jakobiner und Cordeliers, die das revolutionäre Geschehen maßgeblich prägten, und erleben Sie die Entstehung der Sansculottenbewegung, die erstmals Angehörigen der Unterschicht eine Stimme verlieh. Tauchen Sie ein in die ideologischen Grabenkämpfe zwischen Girondisten und Montagnards, die zur gnadenlosen Auslöschung politischer Gegner führten, und analysieren Sie die Rolle des Wohlfahrtsausschusses, der unter Robespierres Führung zu einem Instrument totaler Kontrolle und brutaler Unterdrückung wurde. Erfahren Sie, wie der Krieg gegen die europäischen Monarchien die Revolution weiter anheizte und die Spirale der Gewalt unaufhaltsam beschleunigte. Begleiten Sie Marie Antoinette auf ihrem Weg zum Schafott und erleben Sie die Hinrichtung Ludwigs XVI., die alle Brücken zur Vergangenheit abbrach. Dieses Buch ist eine packende Darstellung einer Epoche, in der Ideale zu blutigen Waffen wurden und die Revolution ihre eigenen Kinder fraß – eine Mahnung an die Zerbrechlichkeit der Freiheit und die Gefahren des Fanatismus. Es ist eine Geschichte von Macht, Ideologie und Terror, die bis heute nichts von ihrer Brisanz verloren hat. Eine detaillierte Analyse der politischen und sozialen Kräfte, die die Französische Revolution prägten, mit besonderem Fokus auf die Radikalisierungsphase, die das Land in ein Blutbad verwandelte. Die politischen Klubs, allen voran der Jakobinerklub, die Sansculottenbewegung und die Rolle von Schlüsselfiguren wie Robespierre, Danton und Marat werden ebenso untersucht wie die Auswirkungen des Krieges auf die innere Entwicklung der Revolution. Die Schreckensherrschaft und die Frage nach den Ursachen und Konsequenzen der revolutionären Gewalt stehen im Mittelpunkt dieser tiefgründigen Auseinandersetzung mit einem der wichtigsten Ereignisse der europäischen Geschichte. Ein Muss für alle, die die komplexen Dynamiken von Revolutionen und die dunkle Seite des Fortschritts verstehen wollen.
Die Radikalisierung der Französischen Revolution
Nachdem in der ersten Phase der Französischen Revolution, von 1789-1790, die provozierenden Ungleichheiten des Ancien Règime ausgeschaltet worden waren und sogar, nach der Beseitigung der Standesschranken, die Möglichkeit bestand, mit Wohlstand auch das Wahlrecht zu erwerben, wurden Ende 1790 wieder Kräfte spürbar, die den politischen und sozialen Ausgleich zu erschüttern begannen:
Ludwig XVI., immer noch verfassungsmäßiger König, verlor seine Hoffnung, dass die Revolution bald wieder vorüber sein würde. So fassten er und Königin Marie Antoinette den Entschluss, zum österreichischen Kaiser Joseph II., einem Bruder Marie Antoinettes, zu fliehen. An der Ostgrenze Frankreichs sollten österreichische Truppen die königliche Familie aufnehmen. Am 21. Juni 1790, einen Tag nach Beginn ihrer Flucht, wurden sie jedoch durch einen Postmeister erkannt und gefasst.
Dieser Fluchtversuch hatte verheerende Folgen: Die Exekutive wurde sofort von der Nationalversammlung übernommen. Das Ansehen der Monarchie - der König war inzwischen unter militärischer Bewachung nach Paris zurückgebracht wurden - war stark erschüttert. Die französischen Bürger begannen sich erneut mit dem ,,richtigen Weg" der Revolution auseinander zu setzen. Eine republikanische Volksbewegung entstand. Träger dieser Auseinandersetzungen waren die politischen Klubs, die neben den Sektionsversammlungen (siehe unten) vor allem durch schriftliche Eingaben an Stadtregierung und Parlament schnell die Bedeutung von wichtigen Elementen der direkten Demokratie und Kristallisationspunkten der öffentlichen Meinung bekamen.
Der einflussreichste dieser Klubs war der seit 1789 bestehende Jakobinerklub. Er wurde als Sociètè des amis la constitution (Gesellschaft der Verfassungsfreunde) gegründet; sein Name leitet sich von ihrem Versammlungsort, dem ehemaligen Dominikanerkloster Saint-Jaques in Paris, ab. Zu seinen ungefähr 3000 Mitgliedern gehörte auch Honorè Gabriel du Riqueti Mirabeau, der am 17. Juni 1789 ge meinsam mit Emmanuel Sieyès den dritten Stand zur Nationalversammlung erklärt hatte und im Dezember 1790 zum Präsidenten des Jakobinerklubs, sowie im Februar 1791 zum Präsidenten der Nationalversammlung gewählt wurde. Auch Maximilien de Robespierre, der nach dem Tode Mirabeaus dessen Rolle übernahm, war prominentes Mitglied des Jakobinerklubs. Durch die über 1200 mit dem Jakobinerklub verbundenen Gesellschaften übte er seit Beginn der Revolution großen Einfluss auf Frankreichs Politik aus. Zu Beginn befürwo rtete der Klub noch die konstitutionelle Monarchie. Nach dem Fluchtversuch Ludwig XVI und nachdem im Juli 1791 auf dem Marsfeld eine republikanische Petition durch die Nationalgarde abgewehrt wurde und 50 Bürger dabei zu Tode kamen wurden die Ansichten des Jakobinerklubs radikaler und er lehnte nun jede Form der Demokratie ab. Daraufhin spalteten sich die gemäßigten Vertreter der konstitutionellen Monarchie ab und gründeten den politischen Klub der Feuillants, der allerdings durch seinen Ruf, mit Königtum und Aristokratie zu kooperieren, sehr schnell an Ansehen verlor und nach dem Sturz der Monarchie 1792 politisch völlig bedeutungslos wurde.
Anfang Oktober 1791 nahm die, nach dem Fluchtversuch des Königs neu gewählte, gesetzgebende Versammlung (Assemblèe nationale lègislative) ihre Tätigkeit auf. Auch sie wurde vom Streit zwischen Vertretern der konstitutionellen Monarchie und radikalen Vertretern beherrscht. Zusätzlich durften dem neuen Parlament keine Mitglieder der alten Nationalversammlung angehören, was dazu führte, dass der Legislative Erfahrung und Autorität fehlte. Diese Tatsache trug zur Stärkung der politischen Klubs bei. Ihr Einfluss auf die Bevölkerung, die wieder zunehmend unter Versorgungsschwierigkeiten durch den Verfall der Assignaten litt - die Bauern verkauften für diesen zu niedrigen Gewinn kein Korn mehr in die Städte -, nahm zu.
Eine weitere wichtige Rolle in der Französischen Revolution spielten die Sansculotten. Sie stammten vorwiegend aus dem Kleinbürgertum, aber auch Gesellen, Tagelöhner und Dienstboten fanden sich unter ihnen. Politisch organisiert waren sie in den Sektionen der Pariser Kommunalverwaltung, die später permanent tagten und so vielfältige politische Aktivitäten ermöglichten. Ihre politisch- ideologische Heimat waren die Klubs, vor allem der Cordeliers-Klub, in dem populäre Politiker wie Marat und Danton (siehe unten) ihre ersten Erfolge feierten. Das Ideal der Sansculotten war eine Demokratie kleiner eigenständiger Grundbesitzer. Zur Herbeiführung dieser egalitären Gerecht igkeit schienen ihnen Zwang und Gewaltanwendung geeignete Mittel zu sein.
Die Sansculottenbewegung verdient deshalb besonderes Interesse, weil in ihr zum erstenmal nicht nur das gebildete und wohlhabende Aufklärungsbürgertum, sondern auch Angehörige der Unterschicht ein eigenes politisches Bewusstsein, eine politische Kultur und Handlungsfähigkeit entwickelten. Machtpolitisch waren sie vorübergehend eine Stütze des Wohlfahrtsausschusses und Robespierres gegen den Nationalkonvent (siehe unten).
Der Fluchtversuch des Königs fügte der Revolution eine neue Ebene hinzu: Das revolutionäre Frankreich kam in Konflikt mit den traditionellen Monarchien Europas. Die Nachbarländer Frankreichs begannen nun, sich gegen Frankreich zu wenden und die Kriegsgefahr nahm zu. Das veranlasste die Legislative, sich auch gegen mögliche innere Bedrohungen, wie eidverweigernde Priester und Emigranten, als Hort der Gegenrevolution, zu wenden.
Die verschiedenen politischen Gruppierungen Frankreichs verbanden verschiedene Hoffnungen mit dem drohenden Krieg: Die Girondisten, gemäßigte Republikaner, die vor allem das liberale wohlhabende Bürgertum im Westen und Süden Frankreichs vertraten und eine Zeit lang mit den Jakobinern zusammenarbeiteten, gewannen immer mehr Einfluss und forderten einen Krieg der Völker gegen die Monarchen. ,,Frankreich braucht den Krieg, um die Freiheit zu befestigen," war ihre Meinung (so ausgedrückt durch Jacques Pierre Brissot am 12.12.1791 im Jakobinerklub). Außerdem hofften sie, dass die Revolution durch den Krieg auch die Nachbarländer erreicht. Liberale Adlige und konservative Bürger hofften hingegen, dass siegreiche Generäle die Klubs zurück in ihre Schranken weisen würden. Nicht zuletzt hoffte auch der König auf den Krieg: Die zu erwartende Niederlage sollte das Volk wieder zurück in die Arme des Monarchen führen.
Am 20. April 1792 erklärte die Legislative Österreich den Krieg. Von nun an waren Kriegsgeschehen und innerer Zustand des Landes untrennbar miteinander verknüpft. Chancen für eine Beruhigung oder Beendigung der Revolution waren verschwunden - der kommende Krieg wurde ein Krieg zur Sicherung der Revolution. Dies war der Beginn der vier Koalitionskriege europäischer Mächte gegen das revolutionäre bzw. später napoleonische Frankreich und kriegerischen Wirren, die erst 1815 zum Abschluss kamen.
Schnell erlitten die französischen Armeen, durch schlechte Vorbereitung und schwache Führung, Niederlagen an allen Fronten. Am 11. Juli 1792 wurde deshalb die Nationalgarde zu den Waffen gerufen, neue Freiwilligenbataillone ausgehoben, und alle Behörden und Stadtverwaltungen mussten ohne Unterbrechung tagen.
In dieser Zeit entstand auch die Marseillaise (die französische Nationalhymne), ursprünglich das Kriegslied der Rhein- Armee, die 1792 Freiwilligenbataillone aus Marseille mit nach Paris brachten.
Endgültig besiegelt wurde das Schicksal der Monarchie, als das Manifest des Herzogs von Braunschweig am 27. Juli 1792 bekannt wurde, das in herablassendem Ton eine exemplarische Bestrafung Frankreichs androht, falls der königlichen Familie weiteres Leid geschehe. Aufgebracht durch diese Bevormundung kam es am 10. August 1792 zum Sturm der Pariser Bevölkerung auf die Tuilerien, die Residenz Ludwig des XVI.. Dieser wurde daraufhin am 13. August samt seiner Familie inha ftiert und die Wahl eines neuen Parlaments wurde beschlossen. Anfang September wurde es nach allgemeinem und gleichem Wahlrecht gewählt und übernahm als Convention nationale (Nationalkonvent) die Exekutive. Seine Aufgabe sollte es sein, eine neue republikanische Verfassung für Frankreich auszuarbeiten.
Radikalisierung der Revolution bedeutete hier zunächst, dass das Prinzip der Volkssouveränität in immer reinerer Form durchgesetzt wurde. Dies wurde vor allem durch den Übergang von der Monarchie zur Republik, sowie vom Zensuswahlrecht zum allgemeinen Wahlrecht verursacht. Um die revolutionären Ziele reiner zu verwirklichen, kam es nun allerdings zu einer bedenkenlosen Wahl der Mittel.
Vom 2. bis 6. September kam es zu den sogenannten Septembermorden, bei dene n über 1000 politische Gefangene, vor allem Geistliche, die den Eid auf die Zivilverfassung des Klerus verweigert hatten, und Royalisten, in Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet wurden. Sie wurden unter anderem von Justizminister Georges Danton stillschweigend toleriert.
Am 20. September 1792 brachte die französische Armee bei Valmy den Vorstoß der österreichisch-preußischen Truppen zum Stehen. Der Mut der französischen Bürger war nun aufgefrischt, und beim Zusammentreten des Nationalkonvents am 21. September 1792, wurde die Abschaffung der Monarchie und die Einführung der republikanischen Staatsform erklärt. Der erste große Radikalisierungsschub, der die Revolution deutlich über die Verfassung von 1791 hinaustrieb, war vollbracht.
Der Nationalkonve nt wurde zunächst von den Girondisten und der Bergpartei (Montagnards), der führenden Fraktion der Jakobiner und radikalsten Partei im Nationalkonvent, deren Name sich von den höhergelegenen Sitzplätzen ihrer Mitglieder im Konvent herleitet, beherrscht.
Am 22. September begann das ,,Jahr I" des neuen republikanischen Kalenders. Die neue Jahreszählung, die Umbenennung der Monate nach dem Ablauf des landwirtschaftlichen Jahres und der Ersatz des Sonntages durch staatliche Feiertage (aller 10 Tage) sollten den Bürgern das Gefühl einer neuen Epoche der Menschheit vermitteln.
Am 11. Dezember 1792 wurde der Prozess gegen Ludwig XVI. eröffnet, der mit seiner Verurteilung zum Tod wegen Landesverrat am 17. Januar 1793 und seiner Hinrichtung am 21. Januar zu Ende ging. Diese Hinrichtung bewirkte nun, dass alle Brücken zur Vergangenheit abgebrochen waren und nur noch der Weg nach vorn, zur totalen Verwirklichung der revolutionären Ziele, übrigblieb.
Nach dem Sieg über die gemeinsamen inneren Revolutionsfeinde (Aristokraten, König) wurden Intoleranz und skrupellose Unterdrückung nun auch gegen Anhänger der Revolution und persönliche Machtrivalen angewandt. Der gute Zweck wurde zusehends von Willkür und Unrecht überdeckt, die Revolution fraß, wie man sagt, ihre eigenen Kinder:
In der Folge schaltete die Bergpartei die Girondisten im Nationalkonvent nach und nach aus. Durch den Sanscullotenaufstand vom 31.5.-2.6.1793 - die Sansculotten verdächtigten die Girondisten der Feindschaft gegen Volk und Gleichheit - wurden die führenden Girondisten festgenommen. Ab Juni 1793 wirkten die Jakobiner, das heißt in erster Linie die Bergpartei bestimmend im Konvent und dessen Ausschüssen.
Am 6. April wurde der Wohlfahrtsausschuss (Comitè de salut public) als maßgebliches Exekutivorgan der Republik gegründet. Ihm wurden weit reichende Vollmachten zugestanden. Dem Wohlfahrtsausschuss gehörten unter anderen Danton, der Gründer des radikalen Klubs der Cordeliers, der die Präsidentschaft des Ausschusses übernahm, und Lazare Carnot, der die allgemeine Wehrpflicht einführte, an. Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht macht deutlich, dass dem nun mündig gewordenen Bürger (citoyen) der bedingungslose Einsatz von Vermögen, Leib und Leben zur Rettung der neugewonnenen Freiheit zur selbstverständlichen Pflicht gemacht wurde. Wer dazu nicht bereit war, galt als Revolutionsfeind und hatte auf dem Höhepunkt der Terreur-Zeit damit sein Leben verwirkt (siehe unten). Der hohe Anspruch des Staates, von seinen Bürgern den Einsatz des Lebens zur Behauptung seiner Existenz zu fordern, ist in Form der allgemeinen Wehrpflicht bis auf den heutigen Tag bestehen geblieben.
Am 27. Juli trat auch der Jakobinerführer Robespierre dem Wohlfahrtsausschuss bei, der sogleich Danton ablöste, welcher wegen seiner Kontakte zum Ausland und angeblicher Bereicherung in Verruf geraten war.
Am 10. Oktober 1793 beschloss der Nationalkonvent ein Dekret, dessen erster Artikel lautete: ,,Die provisorische Regierung Frankreichs ist revolutionär bis zum Frieden". Das bedeutet, dass die Regierung ohne verfassungsrechtliche Legitimation blieb. Damit wurde dem zwölfköpfigen Wohlfahrtsausschuss eine fast absolute Machtfülle zuerkannt. Außerdem verstand er es auch, sich weitgehend der Kontrolle der Volksvertretung zu entziehen.
Der schließlich von der Bergpartei unter der Führung Robespierres beherrschte Ausschuss hatte die Aufsicht über die Kriegsführung und die totale Kontrolle über Ministerien, Polizei, Verwaltung und Wirtschaft. Seine monatliche Neuwahl durch den Konvent blieb weitgehend Formalität. Als verlängerter Arm wirkten zusätzlich die mit großen Sondervollmachten ausgestatteten Abgeordneten-Kommissare (Reprèsentants en mission).
Die Zeit der sogenannten Jakobinerdiktatur, während der der Wohlfahrtsausschuss Frankreich ,,regierte", brachte höchste Bürokratisierung und Zentralisierung des Staatswesens und seiner Bürger mit sich. Dieses revolutionäre System war nur funktionsfähig durch den Terror, der von Polizei und Justiz ausgeübt wurde. Gerechtfertigt wurde er durch das Verdächtigungsgesetz vom September 1793. Sein Hauptinstrument war das Revolutionstribunal, dass vom Wohlfahrtsausschuss zur Aburteilung politisch missliebiger Personen eingeführt wurde. Zunehmend nur noch mit dem Tode bestraft wurden ,,Rebellion", ,,Verrat", ,,Föderalismus" und ,,falsche Gesinnung". Ergänzt wurde das Gesetz zusätzlich zum Beispiel durch antireligiöse Vorschriften Robespierres. Auf kulturellem und religiösen Gebiet kam es also zur Herausbildung einer Meinungsdiktatur.
Das erste prominente Opfer des Tribunals war die ehemalige Königin Marie Antoinette, die am 16. Oktober hingerichtet wurde; 14 Tage später folgten die 31 hochrangigen, im Mai/Juni verhafteten Girondisten. Nicht nur Paris, sondern auch die Provinzen wurden von diesem Terror erfasst. Eine fast unbegrenzte Ausweitung der Straftatbestände brachte das ,,PairialGesetz" vom 10. Juni 1794, das eine Anzeige, sofortige Verhaftung, Verurteilung und Hinrichtung binnen eines Tages möglich machte.
Zum Symbol der Französischen Revolution wurde die Guillotine, die vom französischen Arzt Joseph-Ignace Guillotin eigentlich zur schnelleren und ,,humaneren" Hinrichtung erfunden worden war, da bis dahin herkömmliche Hinrichtungsmethoden oft zu einem langsamen, besonders qualvollen Tod führten. Sie wurde während der Französischen Revolution eingeführt und sogleich exzessiv benutzt.
Die Zahl der Todesurteile in Frankreich zwischen März 1793 und Juli 1794 wird auf circa 17000 geschätzt; in Paris kam es von März 1793 bis zu 10. Juli 1794 zu 1521 Urteilen, bis zum 27. Juli 1793 nochmals zu 1376, darunter auch Urteile gegen Greise und Kinder. Rechnet man die Todesfälle in den katastrophal überfüllten Gefängnissen und die Schnellverfahren auf dem Schlachtfeld hinzu, so belief sich die Zahl der Opfer dieser Schreckensherrschaft auf schätzungsweise 40000 Menschen. Der dritte Stand machte 84%, der Adel 8,5% und die Geistlichkeit 6,5% der Toten aus.
Die Bergpartei war sich bei der Wahl der Mittel für den Terror allerdings uneinig. So traten die Herbertisten für eine Verschärfung des Terrors, der rechte Flügel um Danton jedoch für Mäßigung ein. Im Kampf um die Macht um die politische Vorherrschaft behielt Robespierre zunächst die Oberhand. Am 24. März 1794 wurden Jacques Renè Hèbert, Führer der Herbertisten, einer radikalen Gruppe des Nationalkonvents, und seine wichtigsten Verbündeten hingerichtet, Danton und sein engster Kreis schließlich am 6. April.
Vor der Öffentlichkeit gerechtfertigt wurde dieser Terror durch die Bedrohung durch wirkliche und eingebildete innere und äußere Feinde. Dieser ,,Despotismus der Freiheit" wie der ehemalige Führer des Jakobinerklubs, Jean Paul Marat, der am 13. Juli 1793 von einer Girondistin ermordet worden war, es schon ausgedrückt hatte, konnte also nur vorrübergehend sein, ,,um den Despotismus der Könige zu vernichten".
Nach dem Sieg der französischen Armee bei Fleurus am 26.6.1794 hatte der Terror seine Berechtigung endgültig verloren. Robespierre, der zuletzt als alleiniger Kenner und Vollstrecker des ,,allgemeinen Willens" im Sinne Rousseaus erschien und in den Verdacht der unkontrollierten, rein persönlichen Machtausübung, d.h. der Diktatur, gegenüber allen anderen Bürgern geraten war, wurde zwangsläufig selbst von seinem eigenen Terror erfasst: Nachdem er seine Anhängerschaft im Volk durch die immer schlechter werdenden Lebensbedingungen verlor, wurde er gestürzt, gemeinsam mit Léon de Saint-Just, einem weiteren Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, und weiteren 99 Gefolgsleuten inhaftiert und am folgenden Tag hingerichtet. Dem Revolutionsprinzip der Freiheit wurde so wieder Geltung verschafft.
Die Phase des ,,Terreur", der ,,Schreckensherrschaft", oder der ,,Jakobinerdiktatur", war nun zu Ende gegangen und das immer noch revolutionäre Frankreich wurde bis Ende 1794 vom Nationalkonvent unter dem Einfluss der gemäßigten Republikaner, der sogenannten ,,Thermidorianer", regiert.
Quellen:
Geschichte, Politik und Gesellschaft 1, Cornelsen Verlag Encarta Enzyklopädie 99
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text "Die Radikalisierung der Französischen Revolution"?
Der Text beschreibt die Radikalisierung der Französischen Revolution, beginnend mit dem Fluchtversuch Ludwigs XVI. und der daraus resultierenden Schwächung der Monarchie. Er behandelt die Entstehung republikanischer Bewegungen, die Rolle der politischen Klubs (insbesondere der Jakobiner), die Bedeutung der Sansculotten, den Konflikt mit den europäischen Monarchien und die Kriegserklärung an Österreich.
Was waren die Ursachen für die Radikalisierung der Revolution?
Mehrere Faktoren trugen zur Radikalisierung bei: der Fluchtversuch des Königs, die dadurch ausgelöste republikanische Bewegung, Versorgungsschwierigkeiten, die Kriegserklärung und die damit verbundene Bedrohung von innen und außen, sowie der Einfluss radikaler politischer Klubs wie der Jakobiner und die Sansculottenbewegung.
Welche Rolle spielten die Jakobiner in der Revolution?
Die Jakobiner, anfangs Befürworter einer konstitutionellen Monarchie, radikalisierten sich nach dem Fluchtversuch des Königs. Sie gewannen durch ihre zahlreichen angeschlossenen Gesellschaften großen Einfluss auf die Politik. Robespierre, ein prominentes Mitglied, übernahm nach Mirabeaus Tod eine führende Rolle. Die Jakobiner spielten eine entscheidende Rolle bei der Abschaffung der Monarchie und der Errichtung der Republik.
Wer waren die Sansculotten und welche Rolle spielten sie?
Die Sansculotten stammten hauptsächlich aus dem Kleinbürgertum und der Unterschicht. Sie waren in den Sektionen der Pariser Kommunalverwaltung politisch organisiert und idealisierten eine Demokratie kleiner Grundbesitzer. Sie befürworteten Zwang und Gewalt zur Durchsetzung ihrer Ziele und waren zeitweise eine Stütze des Wohlfahrtsausschusses und Robespierres.
Was geschah nach der Kriegserklärung an Österreich?
Nach der Kriegserklärung am 20. April 1792 erlitten die französischen Armeen zunächst Niederlagen. Die Kriegserklärung markierte den Beginn der Koalitionskriege und führte zu einer untrennbaren Verknüpfung von Kriegsgeschehen und innerem Zustand Frankreichs.
Was war der Sturm auf die Tuilerien und welche Folgen hatte er?
Der Sturm der Pariser Bevölkerung auf die Tuilerien am 10. August 1792, ausgelöst durch das Manifest des Herzogs von Braunschweig, führte zur Verhaftung Ludwigs XVI. und seiner Familie und zur Einberufung eines neuen Parlaments, des Nationalkonvents.
Was waren die Septembermorde?
Die Septembermorde waren Massaker vom 2. bis 6. September 1792, bei denen über 1000 politische Gefangene, darunter Geistliche und Royalisten, in Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet wurden.
Was geschah mit Ludwig XVI.?
Ludwig XVI. wurde wegen Landesverrat verurteilt und am 21. Januar 1793 hingerichtet. Diese Hinrichtung symbolisierte den endgültigen Bruch mit der Vergangenheit und die Hinwendung zur totalen Verwirklichung der revolutionären Ziele.
Was war der Wohlfahrtsausschuss und welche Rolle spielte er?
Der Wohlfahrtsausschuss, gegründet am 6. April 1793, war das maßgebliche Exekutivorgan der Republik mit weitreichenden Vollmachten. Unter der Führung von Robespierre übte er die Aufsicht über die Kriegsführung und die Kontrolle über Ministerien, Polizei, Verwaltung und Wirtschaft aus. Er war verantwortlich für die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht.
Was war die "Terreur" oder Schreckensherrschaft?
Die "Terreur" war eine Periode der Jakobinerdiktatur, während der der Wohlfahrtsausschuss unter Robespierre Frankreich durch Terror regierte. Das Revolutionstribunal wurde zur Aburteilung politisch missliebiger Personen eingesetzt, und die Guillotine wurde zum Symbol der Revolution.
Wie endete die Schreckensherrschaft?
Nach dem Sieg der französischen Armee bei Fleurus verlor der Terror seine Berechtigung. Robespierre wurde gestürzt, inhaftiert und am 28. Juli 1794 hingerichtet, womit die Phase des Terreur beendet wurde.
Wer waren die Thermidorianer?
Die Thermidorianer waren gemäßigte Republikaner, die nach dem Sturz Robespierres den Nationalkonvent bis Ende 1794 regierten.
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- Julia Dittler (Autor:in), 2000, Die heiße Phase der Französischen Revolution, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99901