Bei den Unterhauswahlen 2001 in Großbritannien und den Wahlen zum Deutschen Bundestag 2002 kam es, dass die beiden siegreichen Parteien, die britische Labour Party und die deutsche Sozialdemokratische Partei in etwa gleichgroße Stimmenanteile errangen – die Mehrheitsverhältnisse in den Parlamenten jedoch stark differierten. Dies war auf das jeweilige Wahlsystem zurückführen – Großbritannien praktiziert ein relatives Mehrheitswahlsystem in Einerwahlkreisen wohingegen in Deutschland ein modifiziertes Verhältniswahlsystem angewandt wird.
Das britische „first-past-the-post“-System misst Koalitionsregierungen eine besondere Rolle beziehungsweise eine spezielle Problematik zu, was durchaus seine Vorteile hat. Die Labour-Regierung unter Tony Blair hat jedoch eine radikale Veränderung des traditionellen Westminster-Systems angekündigt – was eine Abkehr vom traditionellen relativen Mehrheitswahlsystem zu einem Verhältniswahlsystem impliziert.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das relative Mehrheitswahlsystem in Einerwahlkreisen prägenden Einfluss auf das britische Parteiensystem hat. Die Beantwortung dieser Frage ließe gleichzeitig Schlüsse bezüglich eines Wechsels des Wahlsystems und dessen Auswirkungen auf das Parteiensystem zu.
Die Untersuchung enthält Punkte wie die historische Entwicklung des britischen Parteiensystems, wobei ein besonderes Augenmerk auf den Unterhauswahlen 1997 liegt, die einen Wendepunkt für das britische Parteiensystem darstellen könnten. Nach Abhandlung der Parteien wird auf das Parteiensystem im Allgemeinen eingegangen. Es wird ersichtlich wie cleavages Einfluss auf die Entwicklung respektive Entscheidungen der Parteien nehmen. Des Weiteren ist die Stellung der Parteien in der Verfassung bedeutsam. Aufgrund des Unterschiedes zu deutschen Parteien wird in einem Exkurs die innerparteiliche Organisation der Conservative Party sowie der Labour Party betrachtet.
Sowohl das Parteienverständnis als auch das Wahlverhalten der britischen Gesellschaft stehen in einer engen Beziehung zum Typus des Wahlsystems, sodass zunächst das relative Mehrheitswahlsystem in Einerwahlkreisen erläutert wird, gefolgt von einer kritischen Auseinandersetzung mit dessen Eigenarten. Zuletzt wird dann auf die bereits eingangs erwähnten Reformvorhaben der Labour-Regierung unter Tony Blair Bezug genommen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Parteien Großbritanniens
- Wie verlief die Entwicklung des britischen Parteiensystems?
- Die Ursprünge der britischen Parteien – Whigs und Tories
- Das britische Zweiparteiensystem der Conservative und der Liberal Party im 19. Jahrhundert
- Der Bedeutungszuwachs der class und der Aufstieg der Labour Party
- Das Zweiparteiensystem nach dem Zweiten Weltkrieg
- Wähler- und Mitgliederverluste der Conservative und der Labour Party – Die Entstehung eines Dreiparteiensystems
- Die Ära Thatcher – Beginn der konservativen Vorherrschaft
- New Labour stellt die Existenzberechtigung der Konservativen in Frage
- Welche Rolle spielen die Regional- bzw. Nationalparteien Schottlands und Wales im britischen Parteiensystem?
- Welche Parteitypen sind in Großbritannien vertreten?
- Was war das Besondere der Wahl 1997?
- Ist das britische Zweiparteiensystem ein Mythos?
- Die Stellung der Parteien in der Verfassung und aus Sicht der Gesellschaft
- Exkurs - Innerparteiliche Organisation der Labour und der Conservative Party
- Das britische Wahlsystem
- Die Geschichte des britischen Wahlsystems
- Winner takes all“: Die relative Mehrheitswahl in Einerwahlkreisen
- Kritik am relativen Mehrheitswahlsystem in Einerwahlkreisen
- Reformdiskussionen zum britischen Wahlsystem
- Erste Schritte zu einem neuen Wahlsystem? - Die Devolutionspolitik New Labours
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das britische politische System mit Fokus auf die Parteien und Wahlen. Sie befasst sich mit der historischen Entwicklung des Parteiensystems und dem Einfluss des relativen Mehrheitswahlsystems in Einerwahlkreisen auf die britische Parteienszene. Insbesondere wird die Frage untersucht, ob das Wahlsystem prägenden Einfluss auf die Parteistruktur hat und wie sich eine mögliche Reform des Wahlsystems auf das Parteiensystem auswirken könnte.
- Die historische Entwicklung des britischen Parteiensystems
- Die Rolle des relativen Mehrheitswahlsystems in Einerwahlkreisen
- Die Bedeutung der Parteien im britischen politischen System
- Die Auswirkungen des Wahlsystems auf die Parteienszene
- Die Diskussion um eine Reform des britischen Wahlsystems
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beleuchtet die zentrale Fragestellung der Arbeit: Den Einfluss des relativen Mehrheitswahlsystems in Einerwahlkreisen auf das britische Parteiensystem. Sie erläutert den Zusammenhang zwischen Wahlsystem und Parteiensystem sowie die Relevanz der Thematik im Kontext der Reformdiskussionen zum britischen Wahlsystem.
Das Kapitel "Die Parteien Großbritanniens" analysiert die historische Entwicklung des britischen Parteiensystems von den Anfängen bis zur Gegenwart. Es beleuchtet die Entstehung der ersten Parteien, die Entwicklung des Zweiparteiensystems und den Aufstieg der Labour Party. Zudem werden die Regional- bzw. Nationalparteien Schottlands und Wales sowie die verschiedenen Parteitypen in Großbritannien behandelt.
Das Kapitel "Das britische Wahlsystem" geht auf die Geschichte des Wahlsystems ein und beleuchtet das relative Mehrheitswahlsystem in Einerwahlkreisen. Die Kritik an diesem Wahlsystem sowie die Reformdiskussionen und die Schritte der Labour-Regierung unter Tony Blair zur Reform des Wahlsystems werden ebenfalls behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen britisches Parteiensystem, Wahlsystem, relative Mehrheitswahl, Verhältniswahl, Two-Party System, Labour Party, Conservative Party, Liberal Party, Reformdiskussionen, Devolutionspolitik, Westminster-System.
- Quote paper
- Gero Birke (Author), 2002, Das politische System Großbritanniens - Parteien und Wahlen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9975