Dieser Essay beschäftigt sich mit der Frage, ob es in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit geben sollte, eine Partei nach Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz verbieten zu können, wenn sie gegen die demokratischen Grundwerte unseres Landes vorgeht.
Bereits das erste Verbotsverfahren der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im Jahre 2003, führte dazu, dass die Debatte zu Parteienverboten wieder an Relevanz gewann. Das Verfahren scheiterte. Es wurde neu aufgerollt, als die Mordserien des Nationalsozialistischen Untergrunds aufgedeckt wurden. Aus diesem Grund stellte der Bundesrat einen weiteren Verbotsantrag am 3. Dezember 2013 beim zuständigen Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Dieses zweite Verfahren führte jedoch auch zu keinem Verbot und endete im Januar 2017. Das BVerfG begründete seine Entscheidung mit der Unverhältnismäßigkeit eines Verbotes, aber stellte dennoch fest, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgte.
Bereits das erste Verbotsverfahren der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im Jahre 2003, führte dazu, dass die Debatte zu Parteienverboten wieder an Relevanz gewann. Das Verfahren scheiterte. Es wurde neu aufgerollt, als die Mordserien des Nationalsozialistischen Untergrunds aufgedeckt wurden. Aus diesem Grund stellte der Bundesrat einen weiteren Verbotsantrag am 3. Dezember 2013 beim zuständigen Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Dieses zweite Verfahren führte jedoch auch zu keinem Verbot und endete im Januar 2017. Das BVerfG begründete seine Entscheidung mit der Unverhältnismäßigkeit eines Verbotes, aber stellte dennoch fest, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgte.1
Hier stellt sich also die Frage, ob es in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit geben sollte eine Partei nach Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz verbieten zu können, wenn sie gegen die demokratischen Grundwerte unseres Landes vorgeht.
Der Art. 21 Abs. 2 GG besagt, dass "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, verfassungswidrig" sind. Absatz 4 verdeutlicht weiterhin, dass ausschließlich das Bundesverfassungsgericht darüber entscheidet, ob eine Partei verfassungswidrig ist, nicht jedoch die Regierung (Art. 9 Abs. 2 GG, §3Vereins G). Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung können hierzu lediglich einen Antrag stellen. Das verdeutlicht, wie hoch die Hürden sind, bevor eine Partei tatsächlich verboten wird. Art. 21 GG gehört zum Konzept der sogenannten „wehrhaften Demokratie“2. Hierin spiegelt sich die historische Erfahrung der Weimarer Republik wider. Damals konnte sich die Republik nicht gegen (innere) Feinde wehren, die sich gegen die Demokratie wendeten.3
Aus den freiheitlich- demokratischen Grundsätzen, mit denen sich die Demokratie von der Diktatur abgrenzen möchte, ergibt sich eines der Hauptargumente gegen ein Parteienverbot in der Bundesrepublik Deutschland. Diese zeichnet sich durch den Pluralismus aus. Jede politische Meinung muss die Möglichkeit haben sich am öffentlichen Diskurs zu beteiligen.
Es muss akzeptiert werden, dass die herrschende Ordnung in Frage gestellt wird, ebenso wie auch eine oppositionelle Richtung geduldet werden muss. Das spiegelt sich in mehreren Artikeln des Grundgesetzes wider (Art. 5, Art. 8, Art. 9, Art. 21, Art. 38 GG). 4
Was diese Position weiterhin bekräftigt, ist die Volkssouveränität nach Art. 20 Abs.2 GG. Da alle staatliche Macht vom Volke ausgeht, was insbesondere durch die Wahlen deutlich wird, hat der Staat nicht das Recht die für ihn unerwünschten Gesinnungen zu verbieten. Eine Partei, die vom Volk gewählt wurde, repräsentiert einen Teil der Meinungen, die in der Bevölkerung vorherrschen. Nach Art. 21 Abs. 1 wirken „die Parteien […] bei der politischen Willensbildung des Volkes mit“, was ein Parteienverbot erschweren würde. Der Staat greift demnach in die politische Partizipation und die politische Willensbildung ein.5
Im Mittelpunkt der Kritik steht oft auch die Ineffektivität eines Parteienverbotes. Häufig erhält die Partei, die verboten werden soll, in der Bevölkerung schon sehr viel Zustimmung, sodass ein Verbot nicht zum gewünschten Ziel führen würde. Selbst wenn ein Parteiverbotsverfahren durchgesetzt würde, werden die Mitglieder und deren extremistisches Gedankengut nicht aufhören zu existieren. Weiterhin ist es vorstellbar, dass sich die (nun verbotene) Partei im Untergrund organisiert und so ungestört agiert. Eine legale Partei wäre hingegen einfacher zu beobachten.6
Des Weiteren gibt es viele Hindernisse, die überwunden werden müssen bevor eine Partei nach Art. 21 Abs. 2 GG verboten wird. Das zeigt sich schon darin, dass es eine zwei Drittel Mehrheit braucht, um einen Verbotsantrag des Bundesrates, des Bundestages oder der Bundesregierung als zulässig zu erklären. Dieses langwierige Verfahren könnte der betroffenen Partei weiteren Zuspruch einbringen. Sollte das Verfahren scheitern, stellt das dann einen der größten Triumphe der angeklagten Partei da. Die Dauer und Komplexität zeigen sich am Beispiel des zweiten Verfahrens gegen die NPD. Nach dem Antrag des Bundesrates im Dezember 2013 dauert es mehr als drei Jahre, bis das Urteil gesprochen wurde.
Demgegenüber stehen die Befürworter/innen des Parteienverbotes nach Art. 21 Abs. 2 GG.
Ein wichtiger Punkt ist an dieser Stelle, dass es auch in einer Demokratie die Möglichkeit geben muss gegen Parteien, die mit Mitteln wie Terror, Propaganda, Gewalt und Diffamierung versuchen die Demokratie zu vernichten, vorgehen zu können.
Allein die Existenz von Parteien wie beispielweise der NPD gibt rechtsextremistischen Parteien die Legitimation. Ein Verbot würde eine klare Stellung der deutschen Judikative bedeuten. Es verdeutlicht der Bevölkerung, dass die Mittel, mit denen die Partei vorgeht, in einer Demokratie wie der Bundesrepublik Deutschland nicht geduldet werden.
Weiterhin wurde die Tatsache, dass der Staat die Partei ohne ein Verbot weiterhin finanziell unterstützen würde, auch bezüglich der NPD stark kritisiert. Denn das würde extremen Gesinnungen eine Legitimation geben. Zwar gäbe es nach Art. 21 Abs. 3 GG auch die Möglichkeit die Partei nur von der staatlichen Parteifinanzierung auszuschließen, wie es der Staat 2019 mit der NPD getan hat. Jedoch würden nach einem Verbot der Partei auch weitere Finanzierungsmöglichkeiten wie Spenden oder Mitgliedsbeiträge der Parteimitglieder versiegen.
Zu bedenken ist auch, dass die Bevölkerung derartige Werte, die die Partei vertritt, weniger dulden, tolerieren oder legitimieren würde. Ein Parteienverbot wäre deshalb in der Lage auch weniger Menschen dazu zu motivieren sich in eine extremistische Richtung zu orientieren, was wiederum Ideale dieser Art in der Gesellschaft einschränken würde.
Zusammenfassend kann gesagt werden: Es ist eine „verfassungsrechtliche Gradwanderung“ . Es ist voranzustellen, dass es wichtig ist die rechtliche Möglichkeit des Parteienverbotes zu haben, um radikale Feinde der Demokratie abzuwehren. Insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland ist das ein Ergebnis aus historischen Erfahrungen.7
Insgesamt sollte das Parteienverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG das letzte Mittel sein, um die freiheitlich- demokratische Grundordnung und die elementaren Werte der Gesellschaft zu schützen, weshalb derartige Hürden, die zu Beginn erwähnt wurden, erhalten bleiben sollten. Präventive Maßnahmen beispielweise in Schulen oder sozialen Einrichtungen, politische Bildung und eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema sollten vorangestellt werden. Es ist wichtig die Menschen für die Demokratie und aktiver Teilhabe an Politik zu gewinnen.
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1 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (o.J.): Debatten um NPD-Verbot und Parteienfinanzierung. https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/41462/npd-verbot-und-parteienfinanzierung, zuletzt geprüft am: 26.01.2020.
2 Dies ist ein vom BVerfG geprägter Begriff, der auch oft synonym mit der „streitbaren Demokratie“ verwendet wird.
3 Vgl. Holtmann, Everhard (2017): Der Parteienstaat in Deutschland. Erklärungen, Entwicklungen, Erscheinungsbilder. 2. Auflage. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung/bpb. S. 200-201.
4 Vgl. Lembcke, Oliver; Henkel, Michael (2001): Die Dilemmata des Parteiverbotes. Probleme der wehrhaften Demokratie im Umgang mit dem Rechtsextremismus, in Zeitschrift für Parlamentsfragen, 32., 3. S. 9
5 Vgl. Holtmann (2017). S. 200 & 202
6 Vgl. Maurer, Hartmut (1971): Das Verbot politischer Parteien. Zur Problematik des Art. 21 Abs. 2 GG. Archiv des öffentlichen Rechts, 96.,2. S. 216 – 217.
7 Holtmann (2017). S. 201
- Arbeit zitieren
- Julia Pabst (Autor:in), 2021, Sollte es in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit des Parteienverbotes nach Art. 21 Abs. 2 Grundgesetz geben?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/997401
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