Naturalismus - Gerhart Hauptmanhn
1.Naturalismus: 1880-1900
- Protestbewegung gegen die verschönernde Literatur
- Weiterführung des späten Realismus mit bevorzugter Darstellung des Proletariats
- Provokation des ,, an schöne Literatur gewöhnte" Publikum
1.1.Historischer und gesellschaftlicher Hintergrund:
- durch industrielle Revolution ändern sich die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Zustände dramatisch
- durch höhere Industrielöhne kommt es zur Landflucht · Verstädterung ·Überangebot der Arbeitskräfte und Mangel an Wohnraum in den Ballungszentren der Industrie · viele Menschen lebten in Not und Elend
- es kommt zum Pauperismus (Massenarmut) der Bevölkerung
- die proletarische Masse prägte zu dieser Zeit das Bild der großen Städte
- die Probleme und Nöte dieser Bevölkerungsschicht wählten die naturalistischen Dichter zum Gegenstand ihrer Dichtung
1.2. Themen:
- Alkoholismus
- Armut
- Arbeiterausbeutung
- Ehebruch
- die Mutter mit ihrem unehelichen Kind
- Brutalität und Verbrechertum
1.3. Charakteristika der Stilform:
- präzise Beobachtung, äußerste Genauigkeit, strenge Objektivität
- lange Milieubeschreibung am Anfang (bei Dramen)
- meist geringe Personenzahl
- ,Sekundenstil':
- Technik, mit der jede kleinste Bewegung und Geste minutiös dargelegt wird
- mit akribischer Genauigkeit werden die Personen mit ihren Eigenarten (z.B. Stottern, Stammeln, Dialekt...), der Zeitablauf der Handlung und die äußeren Gegebenheiten dargestellt
- Formel: Kunst = Natur-x ( x= unvorhersehbare Dinge) d.h. Literatur ist nur eine Annäherung an die Natur ( Arno Holz)
1.4. Vorherrschende Weltanschauungen
1. Milieutheorie:
- sie sieht den Menschen als abhängig von der Umwelt, in der er sich bewegt
- das gesamte Leben und die Handlungen jedes Einzelnen sind vom Milieu bestimmt
- die naturalistischen Dichter/ Autoren legten besonderen Wert auf die detaillierte Beschreibung des Milieus um den Zuschauer die gespielte Situation schon vor dem ersten Dialog zu erklären
2. Positivismus
- der P. lässt nur Naturwissenschaften als Wissenschaften gelten, da nur sie sich mit dem ,, Positiven" , d.h. mit dem Greif-, Erfahr- und Beweisbaren beschäftigt
1.5. Wichtigsten Vertreter:
-Frankreich:
Èmile Zola:
- 1849-1902
- Hauptvertreter und Theoretiker des Naturalismus
- ,Germinal' (1884) wurde zur ,, Bibel des Naturalismus"
- Deutschland
Gerhart Hauptmann:
- 1862-1946
- bedeutendster deutscher Vertreter des Naturalismus
- novellistische Studie: Bahnwärter Thiel,
- Dramen: Vor Sonnenaufgang (Industrialisierung), Die Weber (Weberaufstand 1844) Arno Holz:
- 1863-1929
- Papa Hamlet; Familie Selicke
- Bühnenwerke: Socialaristokraten, Traumulus, Sonnenfinsternis
-Russland:
Leo Tolstoi (1828-1910) und Fjodor Michailovitsch Dostojewski (1821-1881) · beide beeindruckten besonders durch ihre genaue psychologische Analyse gesellschaftlicher Konflikte
- Skandinavien
August Strindberg-Schweden (1849-1912) und Henrik Ibsen-Norwegen (1828-1906)
-schrieben Gesellschaftsdramen, die die Brüchigkeit der bürgerlichen Weltordnung aufdeckt
2. Gerhart Hauptmann- Biographie
- 15. November 1862 in Obersalzbrunn geboren
- seine Jugend ist von zahlreichen Schulbesuchen, einer Lehre als Landwirtschaftswirt und
und vielen Wechsel der Studiengänge gekennzeichnet· war nie ein guter Schüler, da er mit dem preußischen Unterricht und Schulsystem nicht zurecht kam
- 1885 Eheschließung mit Marie Thienemann
- 1885-1889 Erkneraufenthalt: er lies sich von der Natur und den dort lebenden Menschen
für viele seiner Werke inspirieren ( z.B. ,,Bahnwärter Thiel 1888)
- Geburt seiner Söhne: Ivo (1886), Eckart (1887), Klaus (1889)
- Im ,,Friedrichshagener Dichterkreis" wurden von Hauptmann und u.a. Bölsch, Wille und Gebr. Hart Verschieden Werke diskutiert
- 1892 schreibt er ,,Weber" und ,,Biberpelz"
- 1893 Beginn der Ehekrise· lernt Margarethe Marschalk kennen· 1904 trennt er sich von Marie und heiratet im gleichen Jahr Margarethe
- 1905-32 werden ihm unzählige Preise für seine Werke verliehen u.a. der ,,Goethepreis"
- bei Ausbruch des 1. Weltkrieges· Kriegsbegeisterung· verschwand sofort nach der Einberufung seiner Söhne· hatte eine unpolitische Haltung, war jedoch für Demokratie und Humanismus
- nach Hitlers Machtantritt ging er nicht, wie viele dt. Dichter ins Exil um antifaschistische Gruppen zu bilden, sondern blieb bei seiner Meinung, dass ,,Die Geschichte ein Puppenspiel ist, in der geschieht, was geschehen muss"; war von ,,Mein Kampf" berührt, jedoch kein Befürworter Hitlers
- er schrieb nun Werke in denen er gegen die unmenschlichen Methoden der Nazis protestiert· er verabscheute Gewalttaten an unschuldigen Menschen u. konnte deshalb die Geschehnisse im Dritten Reich nicht verstehen
- 1943 erlebt er den Bombenabwurf in Dresden und sagt dazu: ,,Wer das Weinen verlernt hat, der lernte es wieder beim Untergang Dresdens..."
- aus völliger Verzweiflung über diese Situation wird Isolation vom kult. Leben und von Freunden
- 6. Juni 1946 stirbt er in Agnetendorf
3.Bahnwärter Thiel:
3.1 Handlung
- Novelle handelt von zuverlässigen Bahnwärter Thiel, dessen zierliche Frau Minna am Kindsbett stirbt · heiratet ein Jahr später die kräftige Lene ( soll sich um Sohn Tobias kümmern)
- nach der Geburt ihres eigenen Sohnes führt es zu Misshandlungen Tobias· Thiel kann nichts gegen unternehmen, da er von seiner Frau sexuell abhängig, untergeben und hörig ist
- auch als er Zeuge der Züchtigung wird, ist er nicht in der Lage etwas dagegen zu setzen
- die Familie macht einen Ausflug zum Arbeitsplatz von Thiel· Tobias kommt durch die vernachlässigte Aufsicht Lenes um s Leben ( von Zug überfahren)
- Thiel rächt sich noch in der gleichen Nacht: er bringt Lene und ihr Kind um
- er wird in Irrenanstalt eingeliefert
3.2 Erzählerische Mittel naturalistischer Schreibweisen
Hauptmann beschreibt in seiner Novelle die Natur als Spiegelbild der Psyche. Die Geschichte wird, typisch naturalistisch, sehr detailliert und exakt beschrieben. Er verwendet viele Metapher und Symbole. Die Novelle ist in drei überschriftlose Kapitel untergliedert, wo jedoch nur Träume die Gelegenheit zum Rückblick in die Vergangenheit bieten. Viele Vergleiche gestalten das Milieu und geben dadurch Rückschlüsse auf die Hauptpersonen.
3.2.1. Beziehung zwischen Natur und Technik
Technik: - schneidet/ dringt in Natur ein
- ,,ungeheure eiserne Netzmasche"; ,,das schwarze schnaubende Ungetüm";
,,Glotzaugen eines riesigen Ungetüms" die den fallenden Regen in ,,Blutregen" verwandeln
- Technik wird als schlecht, schauderhaft und beängstigend dargestellt
Natur: - dazu im Gegensatz werden hierfür positive Adjektive zur Beschreibung der Natur verwendet
- z.B. ,,lachend"; ,, schwarzgrüne Wimpelmeer";
Schon im Kontrast der Wortwahl wird klar, dass die durch den Menschen geschaffene Technik
den Menschen zerstört, welcher auch zur Natur gehört.
3.2.2 Vergleich: Eiserne Netzmaschen und Spinnengewebe
- Netzmaschen = Schienen, legen sich um Thiel und engen ihn schließlich komplett ein
- Spinngewebe entspricht seinem Arbeitsplatz· verdeutlicht wie sehr er an seiner Stelle hängt · hier kann er als einzige Stelle allein sein und sich seiner ersten Frau Minna hingeben, da er hier immer wieder ,,aufgefangen" wird und seine Probleme für einige Stunden vergessen kann ·Lebenszweck erfüllt, nicht wie zuhause, wo er dominanter Frau unterlegen ist
- diese Unterlegenheit engt ihn ein und fesselt ihn als beschrieben wird: ,,Leicht gleich einem feinem Spinngewebe und doch fest wie ein Netz von Eisen legte sich um ihn, fesselnd, überwindend und erschlaffend." (Lene)
- es wird klar, dass Thiel einmal Netz und Spinnengewebe zerreißen muss, um weiterleben zu können oder aber bis zum Ende seines Lebens gefangen bleibt
- zwei Tage vor TobiasÂTod kommt die Einsicht zu spät· er ist aus einem Alptraum erwacht
3.3. Charakterisierung Thiels
- gewissenhaft, ordentlich, zuverlässig, unauffällig
- ist nur durch stammeln, murmeln oder kurzen Äußerungen sich auszudrücken
- neigt zu Selbstgesprächen, bedingt durch seine Einsamkeit auf seiner Arbeit
- Tobias ist sein letztes Andenken an Minna· unendliche Liebe
- ist Lene hörig und auch nicht in der Lage sie zurechtzuweisen, als er Zeuge der Misshandlung wird· flüchtet sich in Traumwelt· Schizophrenie beginnt
- Schizophrenie äußert sich darin, dass er den Tag mit seiner lebenden und toten Frau teilt; er führt Zwiegespräche mit Minna und kurz vor seinem Doppelmord verspricht er ihr, sich zu rächen· Endstadium seiner Krankheit
- Arbeit zitieren
- Susanne Petzold (Autor:in), 2001, Hauptmann, Gerhard - Naturalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/99703
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