1 Einleitung
2 Definition Schwarzes Loch
2.1 Erde als Schwarzes Loch
3 Entstehung Schwarzer Löcher
3.1 Stellare Schwarze Löcher
3.2 Supermassereiche Schwarze Löcher
3.3 Mikro-Schwarze Löcher
4 Aufbau eines Schwarzen Lochs
4.1 Ergosphäre
4.2 Photonenorbit
4.3 Ereignishorizont
4.4 Singularität
5 Nachweis und Ortung Schwarzer Löcher
5.1 Nachweis des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße
5.2 Erstes Foto eines Schwarzen Lochs
6 Ungeklärte Fragen
6.1 Informationsparadoxon
6.2 Hawking-Strahlung
7 Fazit
8 Literatur- und Quellenverzeichnis
9 Abbildungsverzeichnis
10 Anhang
10.1 Arbeitsbericht
11 Selbstständigkeitserklärung
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definition Schwarzes Loch
2.1 Erde als Schwarzes Loch
3 Entstehung Schwarzer Löcher
3.1 Stellare Schwarze Löcher
3.2 Supermassereiche Schwarze Löcher
3.3 Mikro-Schwarze Löcher
4 Aufbau eines Schwarzen Lochs
4.1 Ergosphäre
4.2 Photonenorbit
4.3 Ereignishorizont
4.4 Singularität
5 Nachweis und Ortung Schwarzer Löcher
5.1 Nachweis des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße
5.2 Erstes Foto eines Schwarzen Lochs
6 Ungeklärte Fragen
6.1 Informationsparadoxon
6.2 Hawking-Strahlung
7 Fazit
8 Literatur- und Quellenverzeichnis
9 Abbildungsverzeichnis
10 Anhang
10.1 Arbeitsbericht
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Licht und Gravitation
Abb. 2 Kräftegleichgewicht im Stern
Abb. 3 Supernova
Abb. 4 Illustration eines Schwarzen Lochs, das einen Stern verschlingt
Abb. 5 Gravitation als Raumzeitkrümmung
Abb. 6 Aufbau Schwarzes Loch
Abb. 7 Ereignishorizont
Abb. 8 Spaghettisierung
Abb. 9 Arten der Singularität
Abb. 10 Raumzeitkrümmung Schwarzes Loch
Abb. 11 Himmelskörper kreisen um unsichtbares Objekt
Abb. 12 Schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie M87
Abb. 13 Schwarzes Loch als Wurmloch
Abb. 14 Hawking-Strahlung
1 Einleitung
Das Universum sprengt seit jeher die Grenzen unserer Vorstellungskraft. Innerhalb einer Sekunde passieren im Universum so viele Prozesse – von der Diffusion eines Wassermoleküls durch die Biomembran einer menschlichen Blutzelle bis zur Kollision zweier Sterne in einer Galaxie, die unerreichbar ist – dass unser Geist beim Versuch, eine Vorstellung zu gewinnen, scheitert. Das Universum beeindruckt uns nicht nur mit seinen scheinbar unendlich großen und kleinen Dimensionen, sondern auch mit seinen unzähligen Mysterien. Eines der geheimnisvollsten Objekte im Universum sind Schwarze Löcher.
Sie verschlingen alles, was in ihre Nähe kommt, sie brechen die Regeln der bekannten Physik, und selbst Licht kann ihnen nicht entkommen. Schwarze Löcher werfen viele Fragen auf und beschäftigen Menschen rund um die Erde. Sie werden häufig in Science-Fiction-Filmen aufgegriffen, es gibt viele Internetbeiträge zu diesem Thema, und selbst der Nobelpreis für Physik 2020 ging an Forscher, die die Existenz von Schwarzen Löchern sowohl theoretisch als auch praktisch bewiesen haben. Schwarze Löcher genießen hohe Aktualität und ihr Geheimnis wird immer weiter entschlüsselt, weshalb es sich lohnt, diese Objekte näher zu betrachten.
Die folgende Arbeit soll dazu dienen, an das Phänomen Schwarze Löcher heranzuführen und einen verständlichen Einblick in das Thema zu geben.
Was sind Schwarze Löcher? Wie entstehen sie? Wie ist ein Schwarzes Loch aufgebaut und was passiert, wenn man einem zu nahe kommt? Woher wissen wir, dass es Schwarze Löcher gibt? Können Schwarze Löcher sterben oder existieren sie unendlich lange?
Diese und weitere Fragen versuche ich in den einzelnen Kapiteln dieser Arbeit zu beantworten.
Das Thema ist äußerst kompliziert, weshalb ich versuche einen Erklärungsansatz auf allgemein verständlichem Niveau zu liefern. Auf Sachlichkeit und fachliche Richtigkeit soll jedoch nicht verzichtet werden. Ich werde mich konsequent auf wissenschaftliche Bücher von Astrophysikern wie z.B. Stephen Hawking und andere seriöse Quellen beziehen. Meine Facharbeit folgt also dem Motto: „So einfach wie möglich. Aber nicht einfacher!“ – Albert Einstein
2 Definition Schwarzes Loch
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 Licht und Gravitation
Quelle: Hawking, 2001, S. 118
Der britische Naturforscher John Michell beschrieb 1783 erstmals die Idee, nach der es Sterne geben könnte, die eine so große Masse und Dichte haben, dass Licht nicht aus ihrem Gravitationsfeld entfliehen kann, weil ihre Fluchtgeschwindigkeit zu hoch ist.1 Die Fluchtgeschwindigkeit ist die Geschwindigkeit, die ein Körper haben muss, um dem Gravitationsfeld eines Himmelskörpers zu entkommen. Wenn man auf der Erde z.B. einen Ball senkrecht nach oben wirft, wirkt dem Ball eine Gravitationskraft entgegen, sodass er an Geschwindigkeit verliert und wieder auf den Boden fällt. Wenn die Anfangsgeschwindigkeit des Balls jedoch hoch genug ist, kann der Ball aus dem Gravitationsfeld der Erde entfliehen und kommt nicht wieder zurück. Die Fluchtgeschwindigkeit der Erde beträgt ca. 11,2 Kilometer pro Sekunde. Wenn die Fluchtgeschwindigkeit eines Himmelskörpers jedoch größer ist als die Lichtgeschwindigkeit, die die schnellstmögliche Geschwindigkeit in unserem Universum darstellt, wird selbst Licht von der Gravitation eingefangen (Abb. 1).2 Wenn weder ausgesendetes Licht noch andere Informationen von der Oberfläche eines solchen Objekt gelangen können, ist es schlichtweg unsichtbar, weshalb John Michell solche Objekte Dunkle Sterne nannte.
Der heutzutage verwendete Begriff Schwarzes Loch wurde 1969 vom amerikanischen Wissenschaftler John Wheeler etabliert.
Nach Stephen Hawking ist ein Schwarzes Loch „[e]ine Region der Raumzeit, aus der nichts, noch nicht einmal Licht, entkommen kann, weil die Gravitation zu stark ist.“3 Um eine so starke Gravitation zu erreichen, muss Masse auf einen sehr kleinen Radius komprimiert werden. Insgesamt gibt es drei Eigenschaften, die ein Schwarzes Loch vollständig charakterisieren: Masse, Drehimpuls und elektrische Ladung.4 Um eine Vorstellung davon zu bekommen, welche Kompaktheit Masse besitzen muss, um ein Schwarzes Loch zu werden, wird nun berechnet, welchen Radius die Erde haben müsste, um als Schwarzes Loch zu gelten.
2.1 Erde als Schwarzes Loch
Mithilfe des Schwarzschild-Radius kann man bestimmen, auf welchen Radius Masse komprimiert werden muss, damit sie eine Fluchtgeschwindigkeit hat, die größer Lichtgeschwindigkeit ist.5 Dieser Radius hängt dabei lediglich von der Masse ab, die wir komprimieren möchten. Je weniger Masse, desto kleiner muss diese verdichtet werden.
Der Schwarzschild-Radius eines nicht rotierenden Schwarzen Lochs ist gegeben durch die Formel
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Dabei ist die Masse des Körpers, den wir verdichten möchten, die Gravitationskonstante und die Vakuumlichtgeschwindigkeit.
Setzen wir nun die Masse unserer Erde sowie die Konstanten ein, erhalten wir den Schwarzschild-Radius
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Erde müsste also auf einen Radius von unter einem Zentimeter komprimiert werden, um ein Schwarzes Loch zu werden. Unsere Sonne, die 99,86 Prozent der Masse unseres Sonnensystems besitzt6, hätte lediglich einen Radius von circa drei Kilometern, wenn sie ein Schwarzes Loch wäre.
Doch was würde sich in unserem Sonnensystem ändern, wenn die Erde ein Schwarzes Loch wäre?7 Erstaunlicherweise recht wenig, bis auf den Fakt, dass alle Menschen tot wären. Das Schwarze Loch hätte dieselbe Masse wie unsere ehemalige Erde und somit auch dieselbe Gravitation. Das Schwarze Loch würde sich also auf gewohnter Bahn um die Sonne bewegen.
Unsere Erde würde auf der Größe eines Atomkerns die Masse eines Berges vereinen. Um Masse so extrem zu verdichten, benötigt es unvorstellbar viel Energie. So viel Energie wird nur bei wenigen astronomischen Ereignissen freigesetzt. Eines dieser Ereignisse ist die Supernova. Um verstehen zu können, wie Schwarze Löcher entstehen, müssen wir also zunächst die Entwicklung eines schweren Sterns8 sowie sein Ableben betrachten.
3 Entstehung Schwarzer Löcher
Ein schwerer Stern entsteht, wenn eine große Gaswolke, die überwiegend aus Wasserstoff besteht, unter ihrer eigenen Gravitation oder unter dem Druck der Stoßwelle einer Supernovaexplosion zusammenstürzt.9
Die Gaswolke wird dabei zu einer immer kleineren und dichteren Kugel. „Während dieser Kontraktion kommt es immer häufiger und mit immer höheren Geschwindigkeiten zu Kollisionen zwischen den Gasatomen,“10 wodurch sich die verdichtete Gaswolke erwärmt. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist der Druck und die Temperatur im Inneren der Gaswolke so hoch, dass die Wasserstoffatome nicht mehr kollidieren, sondern anfangen, miteinander zu verschmelzen. Bei diesem Kernfusionsprozess entsteht Helium und der Stern fängt an zu leuchten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Der Druck im Inneren des Sterns wirkt nun der Gravitation entgegen, sodass ein Kräftegleichgewicht zwischen dem nach außen wirkenden thermischen Druck und der nach innen wirkenden Gravitation herrscht (Abb. 2). „Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Luftballon, bei dem sich der Luftdruck im Inneren, der bestrebt ist, den Ballon auszudehnen, und die Spannung des Gummis, die bestrebt ist, den Ballon zusammenzuziehen im Gleichgewicht befinden.“11
In diesem fragilen Zustand verweilt ein schwerer Stern, bis seine Wasserstoffvorräte aufgebraucht sind. Je schwerer ein Stern ist, desto mehr Fusionsreaktionen passieren im Inneren, wodurch er heller leuchtet, jedoch auch schneller seine Wasserstoffvorräte aufgebraucht hat als ein kleinerer Stern.
Nach durchschnittlich mehreren Milliarden Jahren gehen die Wasserstoffvorräte eines schweren Sterns stark zurück. Der Druck im Inneren nimmt ab und die Schwerkraft gewinnt die Oberhand. Der Kern wird noch stärker zusammengepresst, und die Atome fusionieren zu immer schwereren Stoffen. Wenn der Stern eine Masse über 1,44 Sonnenmassen hat, besteht der Kern am Ende der Fusionsprozesse aus Eisen. Eine Fusion von Eisen in noch schwerere Elemente kann keine Energie mehr freisetzen, und somit geht der thermische Druck im Inneren gegen Null. Der Stern erlischt und die Gravitation drückt den Kern weiter zusammen, sodass die Elektronen der Eisenatome nach einer gewissen Zeit in den Atomkern gedrückt werden. Der Kern besteht nun nur noch aus Neutronen und hat eine enorme Dichte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Danach kommt es zum Gravitationskollaps. Der Druck im Inneren des Sterns ist nicht mehr vorhanden und alles wird mit annähernd Lichtgeschwindigkeit in Richtung Zentrum gezogen. Diesen Vorgang nennt man Supernova (Abb. 3). „Eine Supernova ist das kurzzeitige, helle Aufleuchten eines massereichen Sterns am Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion, bei welcher der ursprüngliche Stern selbst vernichtet wird. Die Leuchtkraft des Sterns nimmt dabei millionen- bis milliardenfach zu, er wird für kurze Zeit so hell wie eine ganze Galaxie.“12
Was übrig bleibt ist ein Neutronenstern, wenn der Kern eine Masse zwischen 1,44 und drei Sonnenmassen hatte.13 Wenn der Eisenkern eine Masse von mehr als drei Sonnenmassen hatte, ist ein stellares Schwarzes Loch geboren.
3.1 Stellare Schwarze Löcher
Stellare Schwarze Löcher sind die am häufigsten auftretenden Schwarzen Löcher im Universum.14 Sie besitzen eine Masse von circa drei bis hundert Sonnenmassen und rotieren sehr stark, weil der Drehimpuls des ehemaligen schweren Sterns, aus dem sie entstanden sind, auf sie übertragen wird. Dadurch, dass das Schwarze Loch jedoch wesentlich kleiner ist als der Stern, kann es mit bis zu annähernd Lichtgeschwindigkeit mehrere Millionen Mal pro Sekunde rotieren.
Das erdnächste bisher beobachtbare Schwarze Loch ist ein stellares Schwarzes Loch im Mehrfachsystem HR 6819 im Sternbild Teleskop und hat die vierfache Masse unserer Sonne.15 Es ist circa 1000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Aus astronomischer Sicht ist diese Distanz gering, gefährlich kann uns dieses stellare Schwarze Loch jedoch nicht werden.
Wenn ein stellares Schwarzes Loch nach seinem Entstehen zusätzliche Masse verschlingt, kann es zu einem supermassereichen Schwarzen Loch werden.
3.2 Supermassereiche Schwarze Löcher
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4 Illustration eines Schwarzen Lochs, das einen Stern verschlingt
Quelle: NASA
Supermassereiche Schwarze Löcher können die millionen- bis milliardenfache Masse unserer Sonne besitzen.16 Sie besitzen eine so starke Gravitation, dass sie umliegende Sterne und andere Himmelskörper verschlingen können (Abb. 4). Alles, was sich ihnen nähert, wird in seine einzelnen Atome zerrissen und führt dazu, dass das supermassereiche Schwarze Loch noch schwerer wird.
Es wird vermutet, dass sich im Zentrum einer jeden Galaxie ein supermassereiches Schwarzes Loch befindet. Durch die stabilisierenden gravitativen Auswirkungen könnten sie essenziell für die Bildung und das Gleichgewicht von Galaxien sein und somit auch für Leben auf unserer Erde. Das supermassereiche Schwarze Loch im galaktischen Zentrum unserer Milchstraße besitzt eine Masse von etwa 4,5 Millionen Sonnenmassen und ist 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Das massereichste Schwarze Loch, das Wissenschaftlern bekannt ist, hat mehr als 40 Milliarden Sonnenmassen und befindet sich im 700 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxienhaufen Abell 85.17 Es hat einen Schwarzschild-Radius von circa 150 Milliarden Kilometern, was der zehnfachen Entfernung zwischen Erde und Sonne entspricht.
Das genaue Gegenteil von großen supermassereichen Schwarzen Löchern sind Mikro-Schwarze Löcher.
3.3 Mikro-Schwarze Löcher
Mikro-Schwarze Löcher sind hypothetische Schwarze Löcher mit einer geringen Masse und Größe, die nicht durch den Gravitationskollaps eines Sterns entstehen.18 Es wird vermutet, dass sie sich kurz nach dem Urknall in der frühen Phase des Universums unter hohem Druck bilden konnten, weshalb sie auch primordiale Schwarze Löcher genannt werden.
Ein einziges, urzeitliches Schwarzes Loch könnte mehrere Kraftwerke ersetzen, wenn wir seine Energie19 nutzbar machen könnten. Zukünftigen Generationen der Menschheit könnte dies gelingen, doch die Energiegewinnung wäre ein kompliziertes Unterfangen. Würden wir ein urzeitliches Schwarzes Loch auf unsere Erde holen, würde das Schwarze Loch zum Erdmittelpunkt sinken und die Erde langsam von innen heraus verschlingen, während die Objekte versuchen würden, sich zu umkreisen. Die einzige Möglichkeit, die Energie eines urzeitlichen Schwarzen Lochs zu nutzen, bestünde darin, das Schwarze Loch auf eine Umlaufbahn um die Erde zu zwingen, ähnlich wie einen Satelliten.
Mikro-Schwarze Löcher kommen jedoch nicht nur in der Natur vor, sondern könnten unter bestimmten Umständen auch im Labor mithilfe eines Teilchenbeschleu-nigers erschaffen werden.20 Am Kernforschungszentrum CERN bei Genf werden dazu bereits Experimente durchgeführt. Diese durch die Kollision von Elementarteilchen entstandenen Schwarzen Löcher würden für die Menschheit jedoch keine Gefahr darstellen, da sie durch Hawking-Strahlung (vgl. Kapitel 6.2) direkt verdampfen würden und kaum gravitative Auswirkungen hätten.
4 Aufbau eines Schwarzen Lochs
Ein Schwarzes Loch hat keinen physischen Aufbau. Bei den einzelnen Schichten, die wir nutzen, um Schwarze Löcher besser zu verstehen, handelt es sich lediglich um mathematische Grenzen, die für jedes Schwarze Loch neu berechnet werden müssen.
Doch was würde nun passieren, wenn wir einen mutigen Astronauten zu einem rotierenden Schwarzen Loch schicken würden, der jede Minute ein Signal an ein außenstehendes Raumschiff senden würden?21 Bevor dies geschieht, müssen jedoch noch einige Phänomene im Hinblick auf Zeit, Raum und Gravitation erklärt werden. Sowohl Zeit als auch Raum sind nach der Allgemeinen Relativitätstheorie keine absoluten Größen, sondern relativ.22 Dieses Phänomen lässt sich unter dem Konzept der Raumzeit zusammenfassen, die z.B. durch Gravitation beeinflusst werden kann. Gravitation ist keine Anziehungskraft zwischen Massen, sondern eine Krümmung unserer vierdimensionalen Raumzeit. Würde man die Raumzeit als zweidimensionale Oberfläche darstellen, ergäbe sich an jeder Stelle, an der sich Masse befindet, eine lochartige Ausbeulung (Abb. 5). Je nachdem wie massebehaftetet ein Objekt ist, desto stärker ist die Krümmung der Raumzeit. Vergleichbar ist dies mit einem in der Luft gespannten Tuch.23 Wirft man nun einen massereichen Ball auf das Tuch, kommt es zu einer Ausbeulung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5 Gravitation als Raumzeitkrümmung
Quelle: iStock
Unsere Erde kreist demnach nicht um die Sonne, sondern folgt vielmehr den Linien der gekrümmten Raumzeit. Die Geschwindigkeit der Erde sorgt dafür, dass sie nicht in die Sonne „abrutscht“ (Abb. 5).
4.1 Ergosphäre
Den ersten Bereich, den der Astronaut erreichen würde, wäre die Ergosphäre, die äußere Grenze des Schwarzen Lochs.24 Das rotierende Schwarze Loch würde nun erstmals gravitativen Einfluss auf den Astronauten nehmen.
In der Nähe des Schwarzen Lochs ist die Raumzeit durch die enorme Gravitation des Schwarzen Lochs stark gekrümmt. Dadurch, dass das Schwarze Loch rotiert, wird auch der Raum um das Schwarze Loch „mitgerissen“. Der Astronaut hätte keine Möglichkeit, dieser Rotation zu entkommen. Die Rotationsenergie des Schwarzen Loch würde auf ihn übertragen werden, und er würde um das Schwarze Loch kreisen.
Genauso wie der Astronaut kreisen auch verschiedene heiße Gase wie z.B. Plasma und kosmischer Staub um das Schwarze Loch.25 Man nennt diese um das Loch kreisende Materieansammlung Akkretionsscheibe (Abb. 6). Die Materie der Akkretionsscheibe wird dabei langsam in Richtung Schwarzes Loch transportiert, bis das Schwarze Loch die Materie aufnimmt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6 Aufbau Schwarzes Loch
Quelle: NASA
Nicht nur der Raum ist in der Nähe des Schwarzen Lochs gekrümmt, sondern auch die Zeit vergeht für den Astronauten anders.26 Das Raumschiff müsste nach Eintritt des Astronauten in die Ergosphäre immer länger auf seine Signale warten, weil die Zeit für ihn langsamer vergeht. Wenn für den Astronauten eine Minute verstrichen ist, sendet er ein Signal an das Raumschiff. Für das Raumschiff wären jedoch z.B. schon fünf Minuten vergangen, wodurch die Beobachter vier Minuten länger auf das Signal warten müssten. Diesen Effekt nennt man gravitative Zeitdilatation.
4.2 Photonenorbit
Der Astronaut würde immer näher in Richtung Schwarzes Loch gezogen und wie in einem Strudel den Photonenorbit erreichen (Abb. 6).
Der Photonenorbit ist ein Bereich, in dem sich Photonen auf einer stabilen Kreisbahn um das Schwarze Loch bewegen.27 Auch wenn Photonen keine Masse besitzen, werden sie durch die gravitative Raumzeitkrümmung beeinflusst, die sie auf eine Kreisbahn leitet, während es aus der Perspektive der Photonen so aussieht, als flögen sie geradeaus. Die Photonen bewegen sich sehr knapp an der Grenze des Schwarzen Lochs und könnten theoretisch unendlich lange in dem stabilen Orbit um das Schwarze Loch kreisen.
Der Astronaut könnte vermutlich seinen eigenen Hinterkopf sehen, weil von diesem ausgesendetes Licht sich einmal um das Schwarze Loch bewegen und dann von vorne in seine Augen fallen würde.
4.3 Ereignishorizont
Kurz vor dem Ereignishorizont müsste sich der Astronaut sehr sicher sein, dass er die Reise wirklich fortführen möchte, denn wenn man den Ereignishorizont einmal überschritten hat, gibt es kein Zurück mehr.
Der Ereignishorizont ist „[d]ie Grenze um ein Schwarzes Loch, an der die Entweichungsgeschwindigkeit28 genau der Lichtgeschwindigkeit entspricht.“29 Den Ereignishorizont bilden dabei Photonen, die knapp daran scheitern, dem Schwarzen Loch zu entfliehen, weil die Gravitation sie gerade noch einfangen kann (Abb. 6/7).30 Der Ereignishorizont kann größer werden, wenn ein Schwarzes Loch zusätzliche Masse aufnimmt. Die Gravitation nimmt zu und somit dehnt sich die Grenze des Schwarzen Lochs aus – es wird größer.
Hinter dem Ereignishorizont ist die Geschwindigkeit, die man bräuchte, um dem Schwarzen Loch zu entfliehen, größer als die Lichtgeschwindigkeit. Da sich nach Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie nichts schneller als Licht bewegen kann, hätte der Astronaut keine Chance mehr auf eine Rückkehr zum Raumschiff. Der Astronaut wäre nun in den nicht beobachtbaren Bereich des Schwarzen Lochs vorgedrungen und seine ausgesendeten Signale könnten das Raumschiff nicht mehr erreichen. Aus der Sicht der äußeren Beobachter würde der Astronaut den Ereignishorizont nie überschreiten, weil die Zeit für den Astronauten nun fast unendlich langsamer vergeht.31
Diese Umstände wären jedoch nicht so schlimm, denn der Astronaut wäre nach Überschreiten des Ereignishorizonts vermutlich sowieso nicht mehr am Leben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 8 Spaghettisierung
Quelle: Wikipedia
Die Stärke der Gravitation zwischen zwei Massen ist nur abhängig von deren Radius. Das bedeutet, dass unsere Füße auf der Erde eine geringfügig größere Gravitation erfahren als unser Kopf, weil sie sich näher am Erdmittelpunkt befinden. Auf der Erde spürt man diesen minimalen Unterschied jedoch nicht, weil die Entfernung zwischen Körper und Erdmittelpunkt im Verhältnis zu unserer Körpergröße viel größer ist.
Die Masse eines Schwarzen Lochs ist jedoch sehr stark komprimiert, sodass der Durchmesser im Verhältnis zur Masse sehr klein ist. Wenn sich der mutige Astronaut nun dem Schwarzen Loch nähern würde, erführen seine Beine eine weitaus höhere Gravitation als sein Kopf, weil sie deutlich näher am gravitativen Zentrum wären.32 Die Folge wäre, dass der Astronaut in die Länge gezogen und zerrissen würde.33 Diesen Effekt nennt man in der Fachsprache Spaghettisierung (Abb. 8).
Im Folgenden gehen wir jedoch davon aus, dass unser Astronaut weiter lebt. Ab dem Ereignishorizont gibt es nur noch eine physikalisch existente Richtung, und zwar hin zur Singularität.
4.4 Singularität
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 9 Arten der Singularität
Quelle: Eigene Darstellung
Der Astronaut erreicht die Singularität – das Innere eines Schwarzen Lochs (Abb. 6). „An dieser Singularität enden die Naturgesetze und unsere Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen.“34 Man geht jedoch davon aus, dass die Gravitation, Dichte und Raumzeitkrümmung im Inneren eines Schwarzen Lochs unendlich groß sind.35 Alle Masse konzentriert sich aus mathematischer Sicht in einem unendlich kleinen Punkt.
Im Hinblick auf unser rotierendes Schwarzes Loch mit einer punktförmigen Singularität ergibt sich jedoch eine Unstimmigkeit: Ein Punkt kann nicht rotieren. Um diesen Widerspruch zu beseitigen, haben Wissenschaftler das Konzept der Ringsingularität entwickelt (Abb. 9).36 Ein Ring, der keine Oberfläche und die Stärke Null besitzt kann rotieren, während alle anderen Eigenschaften unberührt bleiben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 10 Raumzeitkrümmung Schwarzes Loch
Quelle: Eigene Darstellung
Die unendliche Gravitation im Inneren eines Schwarzen Lochs könnte für das „Loch“ im Begriff verantwortlich sein, denn stellt man eine unendliche Raumzeitkrümmung zweidimensional dar, erhält man einen bodenlosen Trichter, ein „Loch“ (Abb. 10).37 Würde der Astronaut nun das letzte Mal aus dem Schwarzen Loch blicken, bevor er von der Singularität aufgenommen wird, würde er das Universum als kleinen Ausschnitt über ihm wahrnehmen. Das Licht aus dem Universum würde von oben auf seinen Kopf fallen, während der Rest des Blickfeldes komplett dunkel wäre.
Womöglich sähe der Astronaut nun sogar die gesamte zukünftige Entwicklung des Universums in wenigen Sekunden, weil für ihn die Zeit in der Nähe der Singularität theoretisch unendlich langsamer vergeht als außerhalb des Schwarzen Lochs. Die Beobachter am Raumschiff würden immer noch den Astronauten sehen, der sich knapp am Ereignishorizont befindet, wenn sie nicht schon lange gestorben wären.
5 Nachweis und Ortung Schwarzer Löcher
Schon seit Jahrzenten machen sich Forscher über Schwarze Löcher Gedanken. Zunächst existierten sie nur in der Theorie, doch mithilfe moderner Technik ist es heutzutage möglich, die Existenz Schwarzer Löcher zu beweisen.
Zunächst scheint es paradox: Wie sollen Astronomen ein Objekt nachweisen, orten oder sogar fotografieren, welches per Definition unsichtbar ist?
5.1 Nachweis des Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße
John Michell stellte schon 1783 bei seinen Überlegungen zu Dunklen Sternen fest, dass wir diese zwar nicht sehen können, dafür jedoch ihre gravitativen Auswirkungen.38 Schwarze Löcher beeinflussen ihre Umgebung wie jedes andere massebehaftete Objekt. Genauso wie wir wahrnehmen können, dass Planeten um unsere Sonne kreisen, lassen sich Himmelskörper beobachten, die um ein Schwarzes Loch kreisen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 11 Himmelskörper kreisen
um unsichtbares Objekt
Quelle: ESA
Dieses Phänomen machten sich zwei Forschergruppen aus Deutschland und den USA zunutze und beobachteten mithilfe von Radio- und Infrarotteleskopen jahrelang das Zentrum der Milchstraße, in dem das supermassereiche Schwarze Loch Sagittarius A* erwartet wurde.39 Beim Vermessen der Bahnen der Himmelskörper in der Nähe des galaktischen Zentrums bestätigte sich ihr Verdacht, dass sich im Zentrum unserer Galaxie ein supermassereiches Schwarzes Loch befindet (Abb. 11). Sie konnten sowohl Position als auch Größe und Masse von Sagittarius A* sehr präzise ermitteln.
Vor einem Jahr erhielten Reinhard Genzel und Andrea Ghez aus den USA eine Hälfte des Nobelpreises für Physik 2020 für ihre Leistungen zur praktischen Erforschung Schwarzer Löcher.
[...]
1 Vgl. Hawking, S. : Eine kurze Geschichte der Zeit, Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 2019, S. 109ff.
2 Dies gilt unter der Annahme, dass Licht von Gravitation in der gleichen Weise beeinflusst wird wie massebehaftete Körper
3 Hawking, 2019, S. 249
4 Vgl. Hawking, S. : Kurze Antworten auf große Fragen, Stuttgart: Klett-Cotta Verlag, 2018, S. 134
5 Vgl. Hawking, S. : Das Universum in der Nußschale, Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag, 2001, S. 119
6 Vgl. Linzer Astronomische Gemeinschaft: Sonne, abgerufen am 01. Februar 2021 von http://www.sternwarte.at/planetenweg/sonne.html
7 Vgl. Wikipedia-Autoren: Schwarze Löcher, 25. Januar 2021, abgerufen am 01. Februar 2021 von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Schwarzes_Loch&oldid=208045684
8 Ein schwerer Stern hat mindestens acht Sonnenmassen
9 Vgl. Dr. Salzmann, W.: Entstehung und Lebensweg von Sternen, November 2008, abgerufen am 04. Februar 2021 von https://wissenstexte.de/physik/sterne.htm
10 Hawking, 2019, S. 110f.
11 Hawking, 2019, S. 111
12 Wikipedia-Autoren: Supernova, 08. Januar 2021, abgerufen am 04. Februar 2021 von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Supernova&oldid=207411437
13 Wikimedia Commons: Schematische Übersicht der Lebensphasen eines Sternes, 10. November 2006, abgerufen am 04. Februar von https://de.wikipedia.org/wiki/Stern#/media/Datei:Sternentwicklung.png
14 Vgl. Müller, A.: stellare Schwarze Löcher, abgerufen am 05. Februar 2021 von https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/stellare-schwarze-loecher/457
15 Wikipedia-Autoren, 2021
16 Vgl. Müller, A.: supermassereiche Schwarze Löcher, abgerufen am 05. Februar 2021 von https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/supermassereiche-schwarze-loecher/464
17 Vgl. Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.: Schwergewicht im Herzen von Abell 85, 03. Dezember 2021, abgerufen am 05. Februar 2021 von https://www.mpg.de/14207667/schwarzes-loch-mit-rekordmasse
18 Vgl. Hawking, 2019, S. 144ff.
19 Gemeint ist die enorme Hawking-Strahlung (vgl. Kapitel 6.2) , die Schwarze Löcher dieser Größe emittieren würden. Hawking schätzt die ausgestrahlte Energie auf 10.000 Megawatt.
20 Vgl. Hawking, 2018, S.141
21 Das erdnächste Schwarze Loch ist mindestens 1000 Lichtjahre von der Erde entfernt, sodass es sich bei der Reise um ein Gedankenexperiment handelt.
22 Vgl. Wikipedia-Autoren: Allgemeine Relativitätstheorie, 05. Februar 2021, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Allgemeine_Relativit%C3%A4tstheo-rie&oldid=208465566
23 Vgl. apbiolghs: Gravity Visualized, 11. März 2012, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://www.youtube.com/watch?v=MTY1Kje0yLg&list=LL&index=3&t=517s
24 Vgl. Wikipedia-Autoren: Ergosphäre, 09. Juli 2020, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ergosph%C3%A4re&oldid=201707192
25 Vgl. Wikipedia-Autoren: Akkretionsscheibe, 26. August 2020, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Akkretionsscheibe&oldid=203129216
26 Vgl. Wikipedia-Autoren: Zeitdilatation, 07. Januar 2021, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Zeitdilatation&oldid=207357165
27 Vgl. Paracki, H.: Schwarze Löcher, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://abenteuer-universum.de/stersterne/bl10.html
28 Gemeint ist die Fluchtgeschwindigkeit
29 Contmedia GmbH: Astronomie: Eine Einführung in das Universum der Sterne, Köln: Komet Verlag, 2008, S. 610
30 Vgl. Hawking, 2019, S. 133ff.
31 Vgl. Wikipedia-Autoren, 2021
32 Vgl. Hawking, 2019, S. 117
33 Die gilt unter der Annahme, dass es sich um ein kleines Schwarzes Loch von wenigen Sonnenmassen handelt. Bei großen supermassereichen Schwarzen Löchern würde die Spaghettisierung später eintreten.
34 Hawking, 2019, S. 118
35 Vgl. Hawking, 2018, S. 128
36 Vgl. in a nutshell - kurzgesagt GmbH: So baut man eine Bombe aus einem Schwarzen Loch!, 28. August 2019, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://www.youtube.com/watch?v=RLsMTN9_qM4
37 Persönliche Anmerkung: Hierbei handelt es sich um eine unbelegte Spekulation des Autors der Arbeit
38 Vgl. Wikipedia-Autoren, 2021
39 Vgl. Deutsche Physikalische Gesellschaft e.V.: Nobelpreis für Physik 2020, 06. Oktober 2020, abgerufen am 06. Februar 2021 von https://www.weltderphysik.de/thema/nobelpreis/nobelpreis-fuer-physik-2020/
- Quote paper
- Marlon Hünding (Author), 2020, Schwarze Löcher. Ein Erklärungsansatz auf allgemein verständlichem Niveau, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/994377
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