Diese Arbeit ist ein Auszug eines familienpsychologischen Gutachtens. Ziel des Gutachtens war die Beurteilung der Beziehung von dem fiktiven Kind Lukas zu seiner Mutter und seinem Vater und die jeweiligen Auswirkungen auf das Kind.
Folgende Fragen sollten bei der Erstellung des Gutachtens bearbeitet werden: Wie fürsorglich gehen Vater/ Mutter, im Kontakt mit Lukas, mit ihm um? Wie stabil ist das Verhalten des Vaters/ der Mutter gegenüber Lukas - das heißt wie konsequent oder vorhersagbar sind die Reaktionen der Eltern auf das Verhalten von Lukas? Wie feinfühlig ist der Vater/ die Mutter im Kontakt - das heißt wie gut verstehen die Eltern die emotionalen Bedürfnisse von Lukas und gehen darauf angemessen ein? Wie gestaltet sich die Interaktion des Vaters/ der Mutter mit Lukas bei stressauslösenden Situationen? Inwiefern hat der Vater/ die Mutter die Fähigkeit Lukas bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben angemessen zu unterstützen (zum Beispiel das Erlernen von Sprache)? Inwiefern gestaltet sich die Kooperation der Eltern bei der Umsetzung von Erziehungszielen als derer dienlich oder nicht förderlich? Ist das körperliche, geistige oder seelische Wohl Lukas' momentan gefährdet? Welche Ressourcen zur Hilfe sind aktuell verfügbar und werden sie von den Eltern angenommen?
Inhalt
I. Fragestellung des Gerichts
II. Psychologische Fragen
III. Ergebnisse aus psychologischen Untersuchungen
1. Anknüpfungstatsachen
2. Hausbesuch vom 02.06.2014
3. Verhaltens- und Interaktionsbeobachtung im IGF
4. Verhaltensbeobachtung des Kindes in der Kita
5. Hausbesuch, Interaktionsbeobachtung von Vater und Kind vom 30.09.2014
IV. Psychologischer Befund
1. Einschätzung deremotionalen Beziehung und Bindung der zwischen Lukas und der Mutter
2. Einschätzung der emotionalen Beziehung und Bindung der zwischen Lukas und dem Vater
3. Die Fähigkeit der Eltern Lukas zu betreuen, zu erziehen und zu fördern
V. Beantwortungdergerichtlichen Fragestellung und Maßnahmenvorschläge
VI. Im Gutachten Verwendete Literatur
I. Fragestellung des Gerichts (Teil des vollständigen Gutachtens [TdvG])
II. Psychologische Fragestellung
Auf Grundlage der Fragestellung sind folgende psychologischen Hypothesen abgeleitet:
1. Die Beziehung und die Bindung des Vaters/ der Mutter zu Lukas betreffend:
a. Wie fürsorglich gehen Vater/ Mutter, im Kontakt mit Lukas, mit ihm um?
b. Wie stabil ist das Verhalten des Vaters/ der Mutter gegenüber Lukas - d.h. wie konsequent oder vorhersagbar sind die Reaktionen der Eltern auf das Verhalten von Lukas?
c. Wie feinfühlig ist der Vater/ die Mutter im Kontakt -d.h. wie gut verstehen die Eltern die emotionalen Bedürfnisse von Lukas und gehen daraufangemessen ein?
d. Wie gestaltet sich die Interaktion des Vaters/ der Mutter mit Lukas bei stressauslösenden Situationen?
2. Die Fähigkeit Lukas zu fördern und zu erziehen betreffend:
a. Inwiefern hat der Vater/ die Mutter die Fähigkeit Lukas bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben angemessen zu unterstützen (z.B. das Erlernen von Sprache)?
b. Inwiefern gestaltet sich die Kooperation der Eltern bei der Umsetzung von Erziehungszielen als derer dienlich oder nicht förderlich?
3. Die Gefährdung des Kindeswohls betreffend:
a. Ist das körperliche, geistige oder seelische Wohl Lukas“ momentan gefährdet?
b. Welche Ressourcen zur Hilfe sind aktuell verfügbar und werden sie von den Eltern angenommen?
III. Ergebnisse aus psychologischen Untersuchungen (TdvG)
IV. Psychologischer Befund
1. Einschätzung der emotionalen Beziehung und Bindung der zwischen Lukas und der Mutter
Aus den vorliegenden Informationen lassen sich für die Qualität und Art der Mutter-Kind-Bin- dung verschiedene Rückschlüsse ziehen. Bei der Anwendung des H-MIM2 spielen Lukas und seine Mutter zusammen und er scheint ihr zu vertrauen sich in ihrer Gegenwart wohlzufühlen und ihre Nähe sich zunächst positiv auf sein emotionales Wohlbefinden auswirkt, was sich auch daran bemerkbar macht, dass er das Weinen anfängt, sobald sie den Raum verlässt. Generell scheint Frau P. um das emotionale Wohlbefinden von Lukas besorgt. Fängt Lukas das Weinen an, versucht die Mutter häufig ihn abzulenken und zu beruhigen - zum Beispiel, spielt sie mit Lukas, sobald er anfängt Dinge auf sie zu werfen. Ersichtlich hierbei wird, dass die Reaktionen der Mutter nicht unbedingt angebracht und zielführend sind. Daher kommt es immer wieder zu Situationen in der die Mutter die Kontrolle über Lukas und das Geschehen verliert und Lukas den Ton angibt. Dabei scheint Lukas gut zu wissen, wie er die Aufmerksamkeit der Mutter auf sich zieht und schafft es auch ein Gutachter und Mutter zu unterbrechen, indem er seine Mutter dazu bringt sich auf ihn zu konzentrieren. Es scheint als wüsste Lukas nicht genau, wo seine Grenzen liegen und testet diese immer wieder, auch im Spiel, aus. Anknüpfend entsteht der Eindruck, dass es der Mutter schwerfällt, in stressauslösenden Situationen, wie im H-MIM2 demonstriert (10 Sekunden Gemüsestück hinhalten), sich gegen Lukas durchzusetzen und ihm klare Grenzen aufzuzeigen. In Anlehnung an Bowlby (2008) spricht, auch wenn hierzu kein spezielles Experiment durchgeführt wurde, die Art der ambivalenten Interaktion zwischen Kind und Mutter für eine unsicher-ambivalente Bindung.
Geprägt ist diese Art der Bindung durch unterschiedliche, teils zuwendende, teils ignorierende oder gar ablehnende, Reaktionen der Mutter (zum Teil begründet durch sichtbare Überforderung) aufdas Fehlverhalten oder auch aufdie Bedürfnisse von Lukas - einerseits schickt ihn die Mutter zum „Ausbocken“ in sein Zimmer und andererseits wird liebevoll auf ihn eingegangen, wenn er im Raum herumrennt und quengelt. Die inkonsequenten und unterschiedlichen Reaktionen der Mutter auf das gleiche Fehlverhalten und die Bedürfnisäußerungen von Lukas scheinen zudem das Kind in seinen Tendenzen die Grenzen austesten zu wollen zu bestärken. Eine inkonsequente Erziehung kann zu einer instabilen Bindung zwischen Elternteil und Kind führen, da das Verhalten des Elternteils für das Kind nicht vorhersehbar wird. Der Zusammenhang zwischen eigener Inkonsequenz und Lukas Verhalten scheint der Mutter nicht klar, was sie auch im Gespräch äußert. Eine Art der Mutter auf Lukas einzugehen und mit ihm zu spielen ist das Fechten mit Plastikflaschen. Dabei trifft die Mutter das Kind hart und nennt es „tot“. Zwar mag diese Art des Spielens für den Betrachter seltsam erscheinen, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass Lukas diese Treffer schmerzen, da er weiterhin belustigt mitspielt, noch, dass die Mutter die Intention hat das Kind zu verletzen. Lukas friedliches Verhalten Gleichaltrigen gegenüber, in der Kita, lässt auch nicht auf eine Gewalterfahrung im familiären Bereich schließen.
2. Einschätzung der emotionalen Beziehung und Bindung der zwischen Lukas und dem Vater
Aus den vorliegenden Informationen lassen sich für die Bindung von Vater und Sohn folgende Einschätzung der Beziehung und Bindung. In Anlehnung an Bowlby (2008) ist, ohne die direkte Anwendung eines spezifischen Experiments, ist eine sichere Bindung zwischen Vater und Sohn wahrscheinlich. Diese zeichnet sich durch Vertrauen des Kindes zur Bezugsperson, eine Vorhersagbarkeit und Verlässlichkeit der Bezugsperson aus und ermöglicht dem Kind seine Bedürfnisse frei zu zeigen und die Umwelt sicher zu erkunden. Ein erstes Anzeichen hierfür ist, dass als Herr S. den Raum verlies und für Lukas nicht sichtbar war, er anfing zu weinen, sich dann aber schnell beruhigte, als der Vater wiederkam. Ein Anzeichen dafür, dass Lukas emotionales Wohlbefinden ins Wanken kommt ohne die Anwesenheit des Vaters und diese für ihn wichtig scheint. Zudem verhalten sich Vater und Lukas in Interaktionen - beim Erkunden von neuem Duplo Spielzeug - unaufgeregt, gelassen und interessiert und Lukas fordert den Vater auf mit ihm zu spielen. Er erkennt dieses Bedürfnis und geht auf Lukas ein. Herr S. gibt sich im weiteren Verlauf der Untersuchung als fürsorglicher Vater - zum Beispiel verhindert er, dass sich Lukas in den Gardinen verfängt und eventuell verletzt. Auch beim Baden seines Sohnes behandelt er das Kind behutsam und sie lachen gemeinsam. Weiter erscheint Herr S. Verhalten in Bezug auf Lukas konsequenter und zielstrebiger als das der Mutter. Das Kind scheint in der direkten Interaktion mit dem Vater ruhiger und weniger aufgeregt und abgelenkt zu sein Lukas schient den Anweisungen des Vaters gewissenhaft zu folgen, beispielsweise beim auf den Tisch stellen von Wasserflaschen. Der Vater gibt Lukas den benötigten Spielraum, um die Aufgabe selbständig auszuführen. Oft genügt ein klares „Nein“ des Vaters bereits aus, um Lukas dazu zu bringen sich zu beruhigen oder eine Tätigkeit zu unterlassen. Dabei entsteht nicht der Eindruck, dass Lukas Herr S. fürchtet, sondern, dass das Kind mit seinen Ansagen besser umgehen kann und sich selbst bewusst ist, welches Verhalten geduldet wird und welches nicht.
3. Die Fähigkeit der Eltern Lukas zu betreuen, zu erziehen und zu fördern
In diesem Abschnitt werden die Eltern zusammen befunden, da Kooperation in der Erziehung eine zentrale Rolle spielt. Der Vater hielt sich während des ersten Hausbesuchs fast ausschließlich im Hintergrund und griff wenig ein, während die Mutter mit dem Gutachter sprach gleichzeitig versuchte Lukas zu beschäftigen. Zudem bemängelt Herr S., dass Frau P. einige Regeln, wie im oberen Abschnitt bereits erwähnt, nicht konsequent durchsetzen würde, schreitet jedoch nicht selbst zur Tat. Zudem scheint Uneinigkeit darüber zu herrschen, wie man mit Lukas in stressigen Situationen umzugehen hat - siehe die Situation in der Lukas wegen eines Luftballons anfängt zu weinen. Während der Vater der Meinung ist, Lukas müsse selbst lernen solche Situationen zu bewältigen, tendiert die Mutter dazu nachzugeben. Ähnlich der Auswirkungen von Inkonsequenz eines Elternteils auf das Kind kann eine solche Erziehung zu Unsicherheiten und Verhaltensambivalenzen bei Lukas führen (Zimmermann & Neumann, 2011). Es bleibt jedoch anzumerken, dass per se das Uneinig sein in Erziehungsfragen sich nicht zwingend negativ auf die Erziehung des Kindes auswirkt. Allerdings birgt diese Uneinigkeit die Gefahr der Konflikte zwischen den Eltern und sollte daher zwischen ihnen besprochen werden, um negative Auswirkungen auf die Familienbeziehungen zu vermeiden (Zimmermann & Neumann, 2011).
Die Förderkompetenz, also die Fähigkeit Lukas bei der Bewältigung von Aufgaben der Entwicklung konstruktiv zu unterstützen, der Eltern wurde auch durch den H-MIM2 sichtbar. Einerseits unterstützen die Eltern Lukas beim Lernen, indem sie ihm die Funktionsweise von Dingen (z.B. Spritze) oder verbessern falsch ausgesprochene Wörter. Andererseits sind die Anweisungen der Mutter an Lukas oder die benutzte Sprache für ein 2-jähriges Kind teils nicht angebracht (z.B. transformieren). Der Vater zeigt Schwierigkeiten Lukas nachhaltig für komplexere Dinge (z.B. Funktionsweise eines Druckmechanismus) zu begeistern und sie ihm zu erklären. Die altersunangepasste Erziehungsförderung könnte ein Grund für Lukas Sprachdefizit sein. Es erscheint von Vorteil, die Eltern in diesem Bereich zu unterstützen (s. Abschnitt V). Die Wohnung der Eltern ist keinem besonders hochwertigem Zustand, trotzdem gibt es für Lukas genügend Spielsachen, die Küche und das Bad waren sauber und beim zweiten Hausbesuch wurde sich bemüht Ordnung zu schaffen. Frau P. betont allerdings einige Male, dass Dinge, welche Lukas gefährlich werden könnten (z.B. ein ungesichertes Terrarium) erst seit sehr kurzer Zeit bestehen würden oder normalerweise anders wären. Es entsteht der Eindruck, dass Frau P. ein positives Bild abgeben möchte. Maßnahmen sind in AbschnittV dargelegt.
V. Beantwortung dergerichtlichen Fragstellung und Maßnahmenvorschläge
Diesen Gutachten wurde zur Fragestellung erstellt, ob die Kindeseltern in der Lage sind Lukas weiterzu betreuen und ob eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt. Die Eltern sind in Interaktion mit Lukas empathisch, fürsorglich. Lukas scheint sich wohl zu fühlen. Probleme gibt es in der Führung und Förderung von Lukas, in der Erziehungskonsequenz und der Handhabung stressbeladener Situationen. Der Gutachter empfiehlt den Eltern eine staatliche/ caritative Unterstützung zur Erziehungsförderung in Anspruch zu nehmen. Diese können dazu beitragen die Eltern entlasten und der Mutter helfen eine konsequentere Erziehung von Lukas zu erreichen, ebenso wie den Vater mehr in die Erziehung einzubinden, wenn beide Elternteile vor Ort sind. Zusätzlich sollte durch geförderte Kommunikation zwischen den Eltern eine verstärkt kooperative Erziehung ermöglicht werden. Zudem könnte der hygienische Zustand der Wohnung laufend geprüft werden. Anzeichen für eine Vernachlässigung der Hygiene und Ernährung Lukas wurden nicht gefunden. Geeignete Angebote bietet das Jugendamt oder das DRK. Der Gutachter hat keine Bedenken, dass die Eltern ein solches Angebot nicht annehmen könnten. Nach Meinung des Gutachters liegt eine Kindeswohlgefährdung nach §1666 nicht vor.
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- Arbeit zitieren
- Nicolas Neef (Autor:in), 2021, Familienpsycholgisches Gutachten in Bezug auf die Beziehung zwischen Kind und Eltern. Ein Auszug, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/990124
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