Inhaltsverzeichnis
1. Einführung
2. Die Stadt Jena
3. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Region Jena
4. Sozialbericht der Stadt Jena
5. Weiterreichenden Probleme im sozialen Gefüge
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
7 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung verkündete der Leiter der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, im September 1997, daß der Höchststand der Arbeitslosigkeit vom Januar 19971 nicht wesentlich und wenn nur saisonal bedingt, unterschritten sei. Die Bundesregierung derweil verkündet: Die Arbeitslosenzahl bis zum Jahr 2000 halbieren zu wollen. Gleichzeitig werden im Osten Deutschlands ABM2 und AfG § 249h3 radikal beschnitten. Von 65.305 ABM Stellen allein in Thüringen sollen 50.000 gestrichen werden.
In allen Bereichen des 2. Arbeitsmarktes wird gespart. Dies schlägt sich, logischerweise auch in der Sozialstatistik wieder, wenn auch in 1 - 3 Jahren, so wird sich doch, laut Aussage des Sozialamtsleiters in Jena, die Zahl derer die Sozialhilfe4 In Anspruch nehmen müssen sehr erhöhen.
In der hier vorgelegten Arbeit soll eine Aufarbeitung der Arbeitsmarkt-, Sozialhilfeund Obdachlosenstatistik einer ostdeutschen Stadt, Jena, erstellt werden.
Besonders berücksichtigt werden soll dabei ostdeutsche Spezifika. Als ein Indikator soll hierbei der Sozialhaushalt der Kommune Jena herangezogen werden.
Auch das bis 1990 in Ostdeutschland nahezu unbekannte Phänomen der Obdachlosigkeit soll einer Betrachtung unterzogen werden, da es den sozialen Wandel im Osten der BRD am extremsten darstellt.
Viele der hier darzustellenden Sachverhalte wurden in einem Gespräch mit dem Sozialamtsleiter Jenas, Herr Kühmstedt, erörtert und erläutert. Ihm gilt besonderer Dank, da viele dieser Informationen nicht veröffentlicht werden.
2. Die Stadt Jena
Jena ist eine Stadt im östlichen Teil Thüringens.
Die Einwohnerzahl ist seit 1988, trotz Eingemeindung 19941, rapide gefallen (siehe Tab. 1).
Tabelle 12
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Tendenz steigend, Geburtenrate hoch. Der ehemals volkseigene Betrieb VEB3 Carl Zeiss Jena, sowie die VEB´s Jenaer Glaswerk und Jenapharm hatten einen sehr großen Arbeitskräftebedarf. Das gesamte Wohngebiete Lobeda Ost und Lobeda West und auch Winzerla, alles Plattenbauten, waren konzipiert die ArbieterInnen und Angestellten der Betriebe und der Friedrich Schiller Universität mit, für damalige Verhältnisse, modernem und daher begehrtem Wohnraum, zu versorgen.
2. Nachdem 1989 eine Auswanderungswelle los getreten wurde, Ungarn öffnete den „Eisernen Vorhang“, DDR - Flüchtlinge können aus den Botschaften der BRD in Prag und Warschau in die BRD ausreisen, machte sich dies auch in einer Bevölke- rungsabnahme bemerkbar. Besonders nach der Öffnung der Mauer am 9. November 1989 nahm die Bevölkerung in Jena (wie überall in der ehemaligen DDR) extrem ab.
3.Die in 2. Beschriebene Tendenz hielt vorerst an. Nach 1992 machte sich aber ein neuer Umstand bemerkbar, der auf die Einwohnerentwiklung Jenas bis heute großen Einfluß hat: Der Rückgang der Geburtenrate um bis zu 60 %. Das heißt, daß trotz Eingemeindung mehrerer Dörfer (Isserstedt, Cospeda, Closewitz, Lützeroda, Vierzehnheiligen und anderen) die Einwohnerzahl zurück ging.
4. Hier zeigt sich der in 3. Beschriebene Effekt ganz deutlich. Des weiteren verlor Jena bis 1997 den Status der Stadt, mit den wenigsten Arbeitslosen, was wiederum zu verstärkter Abwanderung in andere Bundesländer zur Folge hatte.
5.Hierbei handelt es sich um vorläufige Daten, folglich ist eine Aufschlüsselung in Geschlechter noch nicht möglich. Als aktuellster Wert verdeutlicht er aber trotzdem die Tendenz: Jena könnte, wenn sich die Bevölkerungsentwicklung nicht positiv darstellt, seinen Großstadtstatus verlieren, was verheerende Folgen hätte, zum Beispiel die Kürzung von Landes- und Bundeszuweisungen.
Rechnet man also die Eingemeindungen nach der Gebietsreform mit so kann davon ausgegangen werden, daß Jena seit 1988 ª 13000 Einwohner verlor. Das heißt, ª 12% der Bevölkerung des Stadtgebietes Jenas leben nicht mehr in ihrer Stadt.
3. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Region Jena
Wesentliche Indikatoren des sozialen Wandels sind die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitslosigkeit ist heutzutage ein Massenphänomen nahezu aller Ge- sellschaften. Durch den Verlust des Arbeitsplatzes wird oftmals eine verhängnisvolle Ereigniskette begonnen an deren Ende immer öfter der soziale Exodus steht. Vor 1989 war Arbeitslosigkeit kein Thema, über das gesprochen werden mußte, oh- ne leugnen zu wollen, daß sie existierte. Es gab vereinzelt sogenannte Asoziale, die allerdings mit einem Tagessatz Geld und Erlassung der ohnehin geringen Mietschul- den1 ein gutes Dasein führen konnten. Da die Lebenshaltungskosten enorm gering waren (ein Brot kostete zum Beispiel nur 0,63 Pfennige oder ein Brötchen 05 Pfennige) viele solche Menschen auch wenig auf. Die für solche Fälle zuständige Behörde war das Amt für Fürsorge.
Auch in Jena gab es einen solchen Personenkreis, der aber, laut Aussage des Sozialamtsleiters eher gering war2.
Nach der Wende allerdings setzte ein explodierender Anstieg der Arbeitslosenzahlen ein. Dieser Trend hielt bis 1992 an. Da, wie schon erwähnt, in Jena drei große volks- eigene Betriebe ansässig waren, in denen insgesamt ª 40.000 Menschen arbeiteten, stellte sich nun das Problem, wie der, ohne Zweifel sehr hohe Arbeitskräfteüber- schuß abgebaut werden sollte. Neben einigen größeren Übernahmen (Teile (die Fi- letstücken zum Beispiel der Planetarienbau) von VEB Carl Zeiss Jena wurden von Zeiss Oberkochen übernommen, der Rest ging entweder in die neu gegründete Jen- optik ein oder in die zahlreichen Ausgründungen mittelständiger Art. Jenapharm wur- de, nach anfänglichen Querelen von Schering übernommen. Das Jenaer Glaswerk ging bis vor den Konkursrichter, aber auch hier wurden Teile von Schott Mainz über- nommen.) entstanden zahlreiche mittelständige Unternehmen auf dem handwerkli- chen Gebiet und vor allem im Dienstleistungssektor war ein extremer Nachholbedarf zu decken. Doch weder die Übernahmen, noch die vielen Neugründungen, die übri- gens auch mit einer sehr hohen Anzahl an Gewerbeabmeldungen einher gingen, konnten den massiven Entlassungsschub auffangen, der nach der Übernahme ein- zelner Betrieb, erst durch die Treuhandgesellschaft und später durch Investoren , entstand. Theoretisch hieß dies 1991, daß von fast null an ª 5000 Menschen Arbeits- los waren.
Diese Zahl mag gering erscheinen, betrachtet man sich allerdings die Zahl der Kurz- arbeiter3 (die meisten von ihnen auf Kurzarbeit „Null“) dann wird klar wieso es nicht mehr waren. Bis 1997 stieg die Arbeitslosenquote beständig von 5,6 auf 19,2 % .
Tabelle 21
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Vor 1993 waren dem Arbeitsamtsbezirk Jena mehr Gebiete zugehörig als nach 1993. Daraus ergeben sich die abweichenden Zahlen. Vergleichbar ist die Zahl in Klammern. Die weiteren Angaben beziehen sich auf den neuen Arbeitsamtsbezirk, bei dem es sich im wesentlichen um das Stadtgebiet Jenas handelt.
2 1995 war das einzige Jahr in dem sich der Arbeitsmarkt zu entspannen schien. Wie die folgenden Jahre aber leider zeigen, war dies nur ein kurzer Aufwärtstrend.
3 Da zum Zeitpunkt der Recherche nur vorläufige Zahlen zur Verfügung standen sind an dieser Stelle nur Prozentwerte angegeben.
4 Die ABM und AFG § 249h - Stellen fielen erst 1994/95 in der Statistik auf. Sind aber, was an den Zahlen leicht zu erkennen ist ein sehr wichtiges Instrument auf dem 2. Arbeitsmarkt.
5 Die Kurzarbeiter blieben bis 1994 mit fallender Tendenz auf einem sehr hohen Standard . Ab 1994/95 sind viele dieser Menschen in ABM oder AFG § 249h Maßnahmen untergebracht worden.
Diese Tabelle zeigt eindrucksvoll den massiven Wandel auf dem Arbeitsmarkt in Jena. Hierbei ist allerdings noch hervorzuheben, daß Jena bis 1996 eine sehr gute Lage des Arbeitsmarktes zu verzeichnen hatte (für ostdeutsche Verhältnisse).
Zurückzuführen ist jener Fakt auf die relativ beschäftigungsintensiven Betrieben und die Universität mit ihrem Klinikum.
Abschließend ist aber festzustellen und nach der Auswertung von Daten des Sozial- amtes, kann dies als gegeben hingenommen werden, daß der Anstieg des Arbeitslo- senzahlen einen nahezu proportionalen Anstieg der SozialhilfeempfängerInnen nach sich zieht.
4. Ein Sozialbericht der Stadt Jena
Sozialer Abstieg war ab 1990 in Jena leider auch ein Thema über das gesprochen werden mußte. Waren 1990 nur 70 Menschen von der Sozialhilfe abhängig, konnte man 1991 schon einen explosionsartigen Anstieg verzeichnen.
Natürlich ist die Statistik der SozialhilfeempfängerInnen nur ein Teil der vielschichti- gen Armut in der wiedervereinigten BRD aber wohl einer der deutlichsten Faktoren. In der folgenden Tabelle wird erschreckend deutlich, wie viele Menschen in Jena an einer neuen Armut leiden, die bis 1990 nur aus dem Fernsehen bekannt war. Prozentual erscheint es nicht viel, jedoch muß man bedenken, daß in vielen Fällen ganze Familien und da im Besonderen die Kinder, betroffen sind. Des weiteren kann mit einer sehr hohen Dunkelziffer gerechnet werden, da viele Betroffene den Weg in das Sozialamt aus Unkenntnis ihrer Rechte oder aus Scham heraus nicht finden.
Tabelle 31
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
IV. Quartal jeden Jahres
Noch deutlicher läßt sich dieser rasante Anstieg in einem Haushaltsposten der Stadt Jena nachvollziehen: Soziale Sicherheit. Dieser Haushaltsposten explodierte förmlich nach 1990. Wie Tabelle 4.(Seite 9) zeigt hat sich dieser Posten nahezu verdreifacht. Es ist zu erwähnen, daß es sich bei dieser Ausgabeposition um eine kommunale Pflichtaufgabe handelt und so in den Planungen (1996 und 1997) weniger Bedarf geplant wird, um den Haushalt „zu zukriegen“. Gezahlt werden müssen dies Gelder so oder so. Auf diese Weise lassen sich die niedrigen Planansätze 1997 erklären. Es ist aber mit einem Anstieg zu rechnen, wenn er auch nicht so rabiat wie die vorheri- gen Jahre ausfallen wird, da die Pflegeversicherung den kommunalen Haushalt ent- lastet (Heimbetreuung, stationäre und häusliche Pflege werden von 1995 an aus der Pflegeversicherung beglichen).
Tabelle 4.1
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Klammern: Planungszahlen.
Bemerkenswert ist hierbei die Sparte der einmaligen Leistungen (Weihnachtsgeld, Heizkosten und Ähnliches) sowohl zur Hilfe zum Lebensunterhalt als auch außerhalb dieser Leistung (HLU). Sie besagt nichts anderes als, daß sehr viele Menschen bei der Zuweisung solcher Gelder Hilfe berechtigt sind. Hier weist die Verhundertfachung des Haushaltspostens darauf hin, daß immer mehr Menschen die ein geregeltes Ein- kommen haben, diese aber sehr gering bemessen ist, durch die Verteuerung vor al- lem der Mieten1, in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Es ist also festzuhalten, daß sich das soziale Gefüge in Jena (wie in gesamt Ost- deutschland) epochal geändert hat. Von einer Struktur, die große Unterschiede in der sozialen Schichtung, von Ausnahmen freilich abgesehen, nicht kannte. Hin zu einer „zwei - drittel“ Gesellschaft, die im Osten der BRD teilweise sogar in eine „fünfzig - fünfzig“ Gesellschaft auszuarten droht.
5. Weiterreichende Probleme im sozialen Gefüge
In dem folgenden Abschnitt soll ein besonders prägnantes Merkmal des Sozialen Wandels in Jena behandelt werden: Die Obdachlosigkeit (: „...Als obdachlos gilt, wer ohne Wohnung ist, wessen Wohnung ohne menschenwürdige Ausstattung ist, wer nicht in der Lage ist, sich und seinen Familienangehörigen eine Wohnung zu be- schaffen (oder zu erhalten), wer in einer der öffentlichen Hand gehörenden Unter- kunft untergebracht, oder auf Grund gesetzlicher Vorschriften in eine Normalwoh- nung eingewiesen ist Obdachlose im engeren Sinne sind nicht die „Landfahrer“ und „Nichtseßhaften“.“1 Ein trauriges Kapitel unseres Zusammenlebens, welches uns in der kalten Jahreszeit zwar immer wieder auf´s Neue erschreckt und zu Mitleidsbe- kundungen hinreist, die Bekämpfung dieses unhaltbaren Zustandes aber läßt seit Bestehen diese Übels auf sich warten. Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Eine Gesellschaft ist immer nur so gut, wie sie mit den Schwächsten in der Gesellschaft umgeht.“ Danach sollten wir uns nicht rühmen in einem der reichsten Länder der Welt zu leben, wenn es bei all diesem Reichtum nicht einmal gelingt, allen Menschen ein Dach über dem Kopf zu garantieren. Jenes freudlose Anhängsel der Gemein- schaft kam unaufhaltsam auf die Menschen Jenas und gesamt Ostdeutschlands zu. In Jena gibt es offiziell zwar keine Obdachlosigkeit, die Berichte vieler Straßensozi- alarbeiter weisen auf eine statistisch nicht erfaßte Dunkelziffer hin, die tragischerwei- se auch Kinder und Jugendliche als Opfer der Obdachlosigkeit vermuten läßt. Auch das kommunal betriebene Übergangswohnheim ist zwar selten ausgelastet aber immer mit Wohnungssuchenden belegt. Das Sozialamt führt auch eine Erhe- bung über die jährlich durchgeführten Zwangsräumungen. Nicht zwangsläufig sind demnach alle Betroffenen später obdachlos. Positiv zu bewerten ist, daß durch Anstrengungen des Sozialamtes in Zusammenarbeit mit der „Städtischen Wohnungs und Verwaltungs Gesellschaft“ (SWVG) neuer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden kann. Begünstigt wird dieser Umstand durch den Leerstand vieler Wohnungen in den Neubaugebieten Lobeda -Ost und Lobeda - West.
Tabelle 5.2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie diese Tabelle beweist vollzog sich auf sozialem Gebiet eine sehr große Verän- derung. Die Zahlen mögen alleine nur eine beschränkte Aussagekraft haben, spricht man aber mit den Straßensozialarbeiter erfährt man das wahre Gesicht dieser Armut: Alkoholismus, vernachlässigte Kinder, orientierungslose Jugendliche. All das und viele andere Probleme verlagern sich leider immer mehr in die schon erwähnten Neubaugebiete Lobeda und teilweise auch Winzerla.
In diesen Stadtgebieten häufen sich Straftaten vor allem von Jugendlichen (natürlich muß man dieses Stadtgebiet differenziert betrachten, das heißt, daß es in den Wohngebieten natürlich auch Unterschiede gibt. So sind sehr viele niedrige ge- schossig gebauten (bis zu 6 Stockwerke) Blöcke von der SWVG schon saniert und teilweise sogar privatisiert1. ). Vorallem in den Gebieten, wo sehr hoch geschossig gebaut wurde, 10 - 11 Stockwerke, zeigen sich deutliche soziale Entmischungser- scheinungen, im Klartext: Wer es sich leisten kann zieht in ein anderes Stadtgebiet. Diese, für diese Wohngebiete fatale Entwicklung, ist eine nur noch schwer zu stop- pende Kausalkette und manche Menschen meinen sogar politisch gewollt. Ein weiteres sehr wichtiges Problem ist die Situation der Kinder und Jugendlichen, welche von dem sozialen Wandel in unserer Stadt natürlich betroffen sind. Beson- ders deutlich zeigt sich dies in der Diskussion um den Jugendförderplan 1998/99, die seit September intensivst geführt wird.
In diesem sind, in einem empirischen Teil, einige Befragungen zum Thema Drogen und Gewalt gemacht worden. Die Ergebnisse zeigen, daß Gewalt und Drogen vermehrt einzug in die Welt der Jugendlichen und Kinder halten, so zum Beispiel kann davon ausgegangen werden, daß ª 15% aller Befragten Jugendlichen (zwischen 13 und 18 Jahren alt) mindestens einmal die Woche Alkohol konsumieren (was noch nichts über die Menge im Einzelfall aussagt)2.
Auch Fragen zur Gewaltproblematik wurden gestellt bei deren Beantwortung ª 19% der Befragten, deutlich geschlechtspezifisch3, antworteten : Sie hätten mindestens schon einmal Gewalt als Konfliktlösung angewand.
Viel eklatanter allerdings verhält es sich mit der Gewaltbereitschaft unter Jugendli- chen. Hier gaben ª 50% der Probanden an sich vorstellen zu können, unter ver- schiedenen Voraussetzungen Gewalt als Mittel der Problemlösung an zuwenden. Besonders tragisch unter diesem Gesichtspunkt erscheint hierbei die Tatsache, daß auf diese Weise ein Teufelskreis entsteht, der aus den westlöichen Bundesländer bekannt, schon frühzeitig hätte erkannt werden können, um gleich geartete Fehler zu vermeiden.
Die momentane Haushaltsmisere tut hierbei ihr übriges. In allen sozialen Bereichen sollen Stellen eingespart werden, die Kommunen bekommen immer weniger Geld für Projekt auf sozialem Gebiet, Freie Träger der Jugendarbeit und der Sozialarbeit werden immer weniger Personalkosten erstattet bekommen. All diese Faktoren, werden nicht dazu beitragen den Teufelskreis des Sozialen Abstieges zu durchbrechen. Solange nicht viel mehr auf dem Gebiet der Prävention getan wird ist es immer wieder nur ein Flickenteppich von Maßnahmen, der immer wieder aufbricht.
Seit je her gilt das geflügelte Wort: Vorbeugen ist besser als heilen. Würde man sich daran halten, wären viele der oben geschilderten Probleme deutlich weniger intensiv.
6. Zusammenfassung
Es ist ohne Frage, daß wir in der BRD in einem Gesellschaftsgefüge leben, das eine gewisse soziale Grundsicherung beinhaltet. In den letzten Jahren jedoch brach sich eine fatale Entwicklung Bahn, die immer mehr Menschen in soziale Schwierigkeiten treibt. Es ist ein Fakt, die Arbeitslosenzahlen steigen unaufhörlich, fast jeden Monat wird ein neues Nachkriegshoch gemeldet. Da Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt natürlich auch einige Jahre später in Sozialstatistiken ausschlagen ist es nur allzu verständlich, daß die meisten Sozial - und Jugendamtsleiter warnend bei den poli- tisch Verantwortlichen vorsprechen, meist ohne Erfolg, mit Verweis auf die gespann- te Haushaltslage. Besonders rabiat vollzog sich die Entwicklung des sozialen Wan- dels im Osten des wiedervereinigten Deutschlands. Über Nacht wurde hier „aufge- holt“ was sich im westlichen Teil der Bundesrepublik in 25 Jahren langsam vollzogen hatte. Natürlich geht es nicht darum einem totalitären Staat nach zu trauern, aber wenn man all die Risiken kannte wieso wurde von Seiten der politisch verantwortli- chen ersteinmal „das Kind in den Brunnen geworfen“? Es gibt eine sehr einfache Antwort auf diese Frage: Es waren nun einmal nicht politisch Verantwortliche, die dem wiedervereinigtem Deutschland zu ihrem jetzigen Profil verhalfen, sonder die Aufsichtsräte und Vorstände großer Konzerne und Banken, welche die ehemalige DDR als einzigen Absatzmarkt mißbrauchten. Viele wirtschaftserfahrene Menschen haben bestätigt, daß es den Betrieben der BRD ein leichtes ist die ehemalige DDR mit Konsumgütern zu überschwemmen.
In Jena nun machte sich der „Aufschwung - Ost“ als allererstes durch Autohäuser, Discount- Märkte und Möbelhäuser bemerkbar. Durch die wegbrechende Industrie waren extrem viele Menschen betroffen und sahen sich einem sozialen Abstieg gegen über, der natürlich erschreckte. Nach 1993 gelang es allmählich den riesigen Zahlen der Arbeitslosen und Kurzarbeiter Herr zu werden. Trotz alledem veränderte sich das soziale Gefüge der Stadt Jena.
Die Frage nach Lösungsansätze stellt sich, ohne Frage, seit Bestehen all dieser ge- schilderten Problemen, jedoch ist vieles, was noch vor einigen Jahren reparabel schien, ohne Perspektive auf Besserung. Heutzutage wird nicht mehr das Grundübel bekämpft sondern es wird in bester „Notarzt - Manier“ gerettet was noch zu retten erscheint, koste es was es wolle. Dabei könnte man doch mit weniger aber sinnvoll eingesetzten Mitteln Arbeit und nicht die „Grenze zur Armut“ finanzieren. Abschließend sei aber noch bemerkt, daß es sich hierbei um Probleme handelt, die auf Bundesebene und teilweise auf Landesebene entschieden werden müssen. Die Kommunen bleibt nur, auf bestehende Probleme, ohne genügend Geld und Perso- nal, immer hilfloser zu agieren und zu retten was zu retten ist.
7. Literatur / Quellenverzeichnis
Arbeitsamt Jena Pressestelle /Statistik (Hrsg.): Der Arbeitsmarkt - Monatsberichte & Jahresberichte. Jena 1991 -1997
Stadt Jena (Hrsg.) : Haushaltsplan und geprüfte Jahresrechnung der Stadt Jena 1991 -1997. Jena 1990 - 1996
Stadt Jena. Dezernat für Soziales und Kultur. Jugendamt (Hrsg.): Jugendförderplan Stadt Jena 1998/1999. Jena 1997
Stadt Jena. Dezernat für Soziales und Kultur. Jugendamt (Hrsg.): Beantwortung der „Großen Anfrage“ der PDS - Fraktion zur Sozialen Situation von Kindern und Jugendlichen in der Stadt Jena
Stadt Jena Sozialamt (Hrsg.) : Konzeption zur Vermeidung von Obdachlo- sigkeit in der kreisfreien Stadt Jena. Jena. O.J.
Statistikstelle im Einwohnermeldeamt Jena(Hrsg.): Amtsblatt Jena Jenaer Statistik Quartalsberichte. Jena 1990 -1997
Thüringer Landesamt für Statistik (Hrsg.): Statistische Monatshefte Thüringen (Februar 1997). Erfurt 1997
[...]
1 Erstmals seit Bestehen der BRD erreicht die Arbeitslosenzahl ª5.000.000
2 Arbeit Beschaffungs Maßnahme
3 Arbeitsförderungsgesetz § 249hf
4 sowohl laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, als auch einmalige Leistungen des Sozialamtes
1 Thüringer Giebietsreform
2 Quelle: Statistikstelle im Einwohnermeldeamt Jena(Hrsg.): Amtsblatt Jena Jenaer Statistik Quartalsberichte. Jena 1990 -1997
3 Volkseigener Betrieb
1 In der DDR war das Wohnen kein Luxus. Eine 100 qm große Wohnung kostete, warm, selten über 150 Mark der DDR.
2 1990 empfingen 70 Menschen sog. Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese Zahl kann als die genommen werden, derer die zu DDR - Zeiten als Asozial galten.
3 Siehe Tab. 2.
1 Quelle: Arbeitsamt Jena Pressestelle /Statistik (Hrsg.): Der Arbeitsmarkt - Monatsberichte & Jahresberichte. Jena 1991 -1997
1 Quelle: Statistikstelle im Einwohnermeldeamt Jena(Hrsg.): Amtsblatt Jena Jenaer Statistik Quartalsberichte. Jena 1990 -1997
1 Stadt Jena (Hrsg.): Haushalt und geprüfte Jahresrechnung der Stadt Jena. 1991 - 1997. Jena 1990 - 1996
1 In Ostdeutschland wird seit 1990 ein sehr großer Anteil des Wohnungsbestandes renoviert, was eine enorme Mieterhöhung nach sich zieht. Erhöhungen um 600% seit 1990 sind keine Seltenheit.
1 In: Konzeption zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in der kreisfreien Stadt Jena. hrsg. vom Sozial- amt Jena
2 Quelle: Sozialamt Jena
1 Die kommunalen Wohnungsverwaltungsgesellschaften sind durch das sogenannte „Althilfe - Schuldengesetz zur Privatisierung von mindestens 15% ihres Bestandes, sowohl nach Wohnungsanzahl, als auch nach Quadratmeteranzahl, gezwungen.
2 Stadt Jena. Dezernat für Soziales und Kultur. Jugendamt (Hrsg.): Jugendförderplan Stadt Jena 1998/1999. Jena 1997
3 wie zu erwarten, betätigen sich mehr männliche Personen gewalttätig.
- Quote paper
- Roland Werner (Author), 1998, Sozialer Wandel in Ostdeutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98722
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