Ein Strudel aus Macht, Begehren und bürgerlicher Moralität zieht den Leser in Lessings "Emilia Galotti", ein erschütterndes Drama um Ehre und Freiheit. Am Hofe des Prinzen Gonzaga, wo Willkür und Intrigen blühen, entfacht eine obsessive Leidenschaft eine tragische Kette von Ereignissen. Emilia Galotti, Inbegriff der bürgerlichen Tugend, steht im Zentrum dieses Konflikts. Ihre bevorstehende Heirat mit Graf Appiani wird zur unerträglichen Provokation für den Prinzen, der besessen davon ist, sie zu besitzen. Marinelli, der skrupellose Kammerherr, spinnt ein Netz aus Lügen und Gewalt, um die Hochzeit zu verhindern und Emilia in die Fänge des Prinzen zu treiben. Doch Emilia, gefangen zwischen den Ränkespielen des Hofes und dem unerbittlichen Druck ihrer Familie, erkennt den drohenden Verlust ihrer Unschuld. Als Zuflucht vor der Schande wählt sie einen letzten, verzweifelten Ausweg, der die Frage nach individueller Freiheit und gesellschaftlicher Konvention aufwirft. Lessing entwirft ein Sittengemälde des 18. Jahrhunderts, in dem die Unvereinbarkeit von Adel und Bürgertum, von Trieb und Moral, unaufhaltsam zur Katastrophe führt. Die Charaktere, allen voran die fromme Emilia, der manipulative Prinz und der zwischen Pflicht und Gefühl zerrissene Vater Odoardo, verkörpern die Zerrissenheit einer Epoche im Umbruch. Tauchen Sie ein in dieses Meisterwerk der Aufklärung, das bis heute nichts von seiner Brisanz verloren hat und die zeitlosen Fragen nach Selbstbestimmung, Ehre und den Preis der Tugend neu verhandelt. Erleben Sie ein Drama, das die Abgründe menschlicher Leidenschaften und die Fragilität bürgerlicher Ideale aufzeigt, und seien Sie Zeuge einer Tragödie, in der die Ehre einer jungen Frau zum Schlachtfeld gesellschaftlicher Machtstrukturen wird. "Emilia Galotti" ist mehr als nur ein Theaterstück; es ist ein Spiegelbild der conditio humana, ein Aufruf zur Vernunft und ein Mahnmal gegen die Willkür der Mächtigen. Begleiten Sie Emilia auf ihrem Leidensweg und stellen Sie sich der Frage: Welchen Preis sind wir bereit, für unsere Ideale zu zahlen?
Emilia Galotti von Lessing
Wichtige Personen:
Emilia Galotti: Bürgermädchen, Jungfrau, fromm, tugendhaft, hübsch, gut erzogen. Will aus Liebe heiraten ohne Vermögen, ohne Titel, revolutionärer Charakter
Odorado und Claudia Galotti: Eltern von Emilia, Oberst in Sabonietta
Hettore Gonzaga: Prinz von Guastalla, begehrt Emilia, repräsentiert das absolutistische System, Fürst, spielt seine Macht willkürlich aus
Marinelli: Kammerherr des Prinzen
Graf Appiani: Verlobter von Emilia, muss Freunde und Ansehen für Emilia aufgeben, da diese keinen Titel trägt
Gräfin Orsina: verstossene Geliebte vom Prinzen
Handlung:
Das Drama ist in 5 Akten unterteilt. Es beginnt bei Sonnenaufgang und endet am Abend des selben Tages.
Folglich : 12 Stunden
Hettore Gonzaga, der Prinz, begeistert sich sehr für ein Bild, dass sein Maler von Emilia Galotti gemalt hat. Er beschliesst auch das lebende Original dieser Schönheit in seinen Besitz zu nehmen.
Sein Kammerdiener Marinelli erzählt ihm, dass Emilia kurz davor ist sich mit dem Grafen Appiani zu verheiraten. Sowas spricht sich schnell rum ,da sie in einer kleinen Stadt leben, in der man sich kennt. Es herrscht ein starkes Standesbewusstsein, es ist wichtig einen Titel und Geld zu haben.
Marinelli soll jetzt einen Plan ersinnen, der die Hochzeit verunmöglicht. Der Prinz will ihm nicht ganz vertrauen und versucht Emilia in der Kirche zu sprechen. Emilia ist sehr fromm und geht täglich in die Frühmesse.
Der Prinz besucht sie also in der Messe und redet auf sie ein, sie kommt ganz verstört und geängstigt nach hause. Er verhält sich draufgängerisch und stürmisch, er will seinen Willen durchsetzen.
Marinelli lässt das Brautpaar auf ihrem Wege zur Hochzeit überfallen und den Grafen Appiani töten. Wie geplant findet Emilia (zufälligerweise) Zuflucht im Lustschloss des Prinzen, gefolgt von ihrer Mutter und schliesslich auch dem Vater.
Das Lustschloss bildet den grossen Kontrast zur bürgerlichen Privatssphäre. Dort übt der Prinz mit Willkür seine Herrschaft aus. Emilia soll verführt werden, unter dem Vorwand, dass man ihr helfen und trösten wird.
Dazu kommt noch, dass die verstossene Geliebte vom Prinzen, die Gräfin Orsina im Schloss eintrifft. Sie meint die Zusammenhänge über den Mord an Appiani zu kennen und überreicht Odorado den Dolch, mit dem er den Prinz töten soll, um Appiani zu rächen und seine Tochter vor dem Verführer zu schützen. Odorado ist tief betroffen vom Verlust seines Schwiegersohnes, es entspricht aber nicht seinen Moralvorstellungen, dass er den Prinzen töten kann. Auf Emilias Drängen hin ersticht er seine Tochter. Emilia sieht keinen anderen Ausweg, um sich vor der Schande zu retten. Der Prinz gibt die Verantwortung für das Geschehen Marinelli.
Das Thema, der Ehre der Jungfrau, geht zurück auf eine Episode aus der Ständekämpfe in Rom. Lessing hat diese schon vorhandene Virgina-Tragödie an einen italienischen Fürstenhof des 18. Jahrhunderts verlegt. Auch in der Geschichte von Titus Livius wird eine schon verlobte Jungfrau entführt und verführt. Sie wurde von Appius, dem Haupt der Zehnmänner, die damals die Regierungsgewalt besassen, aus ihrer Familie gerissen, indem er sie durch einen Richterspruch für unfrei erklärt. Daraufhin stosst der Vater der Virginia das Messer ins Herz und dies auf dem offenen Markte. Er will, wie auch Emilias Vater, sie vor der Schande bewahren. Dieser Vorfall löste eine Revolte in Rom aus. Die Herrschaft der Zehnmänner wurde gestürzt.
Das Stück bei Lessing spielt immer in privaten Anlagen. Es gibt also keine Öffentlichkeit, die das Verbrechen verfolgt und tätig werden kann. Er will die Geschichte nicht für den ganzen Staat interessant machen und daraus auch keinen Umsturz der Staatsverfassung bewirken. Oft wurde ihm deshalb der Vorwurf gemacht, dass er den historischen Stoff verflacht habe.
In dem Stück ist ein Konflikt zwischen zwei entgegengesetzten Klassen.
Emilia Galotti gehört zum bürgerlichen Stand. "Bürgerlich" bedeuted zur Zeit Lessings soviel wie "allgemeinmenschlich" od. "nicht standesgebunden".
Der Gegenbegriff ist "heroisch". Der Bürger denkt menschlich und mit seiner Vernunft erkennt er, wie er moralisch handeln soll.
Emilia Galotti ist ein Sittenroman. Emilia ist ein Musterbeispiel für Sittenhaftigkeit. Dieses zwar weniger durch den Willen des eigenen Verstands als vielmehr durch die Prägung ihrer Eltern. Sie bleibt ihren Moralvorstellungen bis zu ihrem Ende treu und ist sogar bereit, sich zu opfern. Der Roman ist im Sinne der Aufklärung geschrieben. Die Aufklärung ist gekennzeichnet durch den Aufstieg des Bürgertums. In der Aufklärung wurde alles hinterfragt und angezweifelt. Lessing schrieb das Stück in einer einfachen und- im Stile der Aufklärung- schnörkellosen Form, da es auf diese Weise auch den weniger gebildeten Menschen verständlich war.
Das Stück war auch für die einfachen Leute interessant, da Lessing ja über ihren Stand schrieb, der durch die Galottis- hauptsächlich jedoch durch Emilia verkörpert wird, die lieber stirbt, als zu riskieren, ihre Unschuld zu verlieren.
Aufgrund der Versuche des Prinzen sie zu verführen , baut sich in Emilia ein Gewissenskonflikt zwischen Tugend und Lasterhaftigkeit auf, deshalb bittet sie ihren Vater sie zu erdolchen..
Emilia ist ihre Tugend mehr wert als ihr Leben. So war damals die bürgerliche Tugendvorstellung. Man kann von einem Opfer der Tugend sprechen. Sie bittet Odoardo um die Tat und wird somit vom unschuldigen Opfer zur selbstverantwortlich handelnden Person. Man kann ihr also auch eine Art tragische Schuld zuschreiben. Denn wenn ein geschändetes Bürgermädchen sich töten lassen muss, dann liegt die Schuld nicht bei dem der es geschändet hat, sonder bei denen, die es für geschändet halten.
Lessing stellt die Hilflosigkeit der Bürger gegenüber den Mächtigen deutlich dar. Er ruft dazu auf, die Ohnmacht zu überwinden und den Verstand zu gebrauchen. Es ist eine Aufforderung nach einer moralischen und vernunftbestimmten Existenzform des Menschen zu suchen.
Lessing:
Gotthold Ephraim Lessing wurde am 22.01.1729 in Kamenz ( Dresden) als Sohn eines protestantischen Pfarrers geboren.
1737-41 besuchte er die Lateinschule in Kamenz., von 1741-46 dann die Fürstenschule St. Afra in Meißen, wo er Französisch und Englisch lernte. Von 1746-48 studierte Lessing in Leipzig Theologie, Philosophie und Medizin.
In dieser Zeit wurde er erstmals mit Lustspielen im Stile der Aufklärungszeit wie ,,Der junge Gelehrte", ,,Die Juden" und ,,Der Freigeist" bekannt.
Ende des Jahres 1748 ging Lessing nach Berlin. Er gab zusammen mit seinem Vetter Christoph Mylius die Zeitschrift ,,Beiträge zur Historie und Aufnahme des Theaters" heraus und war ab 1751 Mitarbeiter bei der ,,Berlinischen Privilegierten Zeitung". 1750 begegnete Lessing Voltaire.
Mit seinem Trauerspiel ,,Miß Sara Sampson", das Lessing im Frühjahr 1755 schrieb, schaffte er den Durchbruch als Theaterautor; diese Stück gilt als das erste Trauerspiel in Deutschland. Nach einer aufgrund des Siebenjährigen Krieges gescheiterten Europareise kehrte Lessing 1758 wieder nach Berlin zurück.
1759 wurde sein Buch ,,Fabeln" und das Trauerspiel ,,Philotas" veröffentlicht. Zeitgleich gab Lessing mit seinen Freunden Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn erste Nummern der
,,Briefe die neueste Literatur betreffend" heraus. Hier brachte er seine Kritik an der französischen Klassik und deren Dramen zum Ausdruck und wies auf die Bedeutung Shakespeares auf das deutsche Drama hin.
Da er finanzielle Probleme hatte, arbeitete er von 1760-65 als Sekretär des Kommandanten von Breslau. In dieser Zeit begann er das 1766 vollendete Lustspiel ,,Minna von Barnhelm" welches bis heute als klassisches deutsches lustspiel gilt..
Während seiner Zeit in Breslau schrieb Lessing auch ,,Laokoon: oder die Grenzen der Malerei und Poesie" in dem er über den Unterschied zwischen Poesie und den bildenden Künsten schreibt. Diese kritische Untersuchung verwickelte ihn in eine Auseinandersetzung vor allem mit dem Altphilologen Klotz, aus der ,,Die Briefe antiquarischen Inhalts" hervorgingen.
Von 1765 bis 1767 lebte Lessing wieder in Berlin, von wo aus er auf Einladung von Johann Friedrich Löwen als Dramaturg an das neu gegründete ,, Deutsche Nationaltheater" in Hamburg ging . Dort schrieb er 104 Stücke seiner ,,Hamburgischen Dramaturgie", mit denen er das deutsche Theater von der Vorherrschaft des französischen Dramas und seiner starren Regeln befreite.
Nach dem Zusammenbruch des Theaterunternehmens Ende 1768 nahm Lessing im April
1770 eine Stelle als Bibliothekar in Wolfenbüttel an. Es war für ihn eine oft einsame und missgestimmte Zeit, unterbrochen von einer wenig ergiebigen Italien-Reise
1776 hatte Lessing endlich die finanziellen Mittel, um Eva König zu heiraten, mit der er schon seit 5 Jahren verlobt war. 15 Monate später jedoch starb seine Frau nach der Geburt des ersten Sohnes, der ebenfalls bald darauf starb.
1771 wurde nach langer Bearbeitung das Trauerspiel ,,Emilia Galotti" fertig, in dem Lessing versuchte, die wesentlichen Grundzüge seiner Dramentheorie zu verwirklichen.
Die letzten Jahre, die Lessing in Wolfenbüttel verbrachte, waren geprägt durch den theologischen Streit mit Goeze, dem Hamburger Hauptpastor, nachdem Lessing in seinen Schriften ,,Zur Geschichte und Literatur" Teile einer rein auf den Verstand begründeten Bibelkritik veröffentlicht hatte.
Die von der Zensur verbotene Fortführung des Streites veranlasste Lessing 1779 zu dem dramatischen Gedicht ,,Nathan der Weise", in dem Lessing die Grundsätze der Toleranz und Brüderlichkeit vertrat.
Häufig gestellte Fragen
Wer sind die Hauptpersonen in Emilia Galotti?
Die Hauptpersonen sind Emilia Galotti (ein bürgerliches Mädchen), Odorado und Claudia Galotti (Emilias Eltern), Hettore Gonzaga (der Prinz von Guastalla), Marinelli (Kammerherr des Prinzen), Graf Appiani (Emilias Verlobter) und Gräfin Orsina (eine verstossene Geliebte des Prinzen).
Was ist die Handlung von Emilia Galotti?
Die Handlung dreht sich um den Prinzen Hettore Gonzaga, der Emilia Galotti begehrt, obwohl sie mit Graf Appiani verlobt ist. Marinelli, der Kammerherr des Prinzen, plant, die Hochzeit zu verhindern. Graf Appiani wird auf dem Weg zur Hochzeit ermordet, und Emilia findet Zuflucht im Lustschloss des Prinzen. Die Gräfin Orsina enthüllt die Zusammenhänge des Mordes. Schliesslich ersticht Odorado, Emilias Vater, seine Tochter, um ihre Ehre zu retten.
Welche Themen werden in Emilia Galotti behandelt?
Zu den Hauptthemen gehören die Ehre der Jungfrau, der Konflikt zwischen den Ständen (Bürgertum und Adel), der Absolutismus, die Willkür der Macht, die Sittenhaftigkeit und die Hilflosigkeit der Bürger gegenüber den Mächtigen.
Was ist die historische Grundlage für Emilia Galotti?
Das Stück basiert auf einer Episode aus den Ständekämpfen in Rom, der Virginia-Tragödie, in der eine verlobte Jungfrau entführt und verführt wird. Lessing verlegt diese Geschichte an einen italienischen Fürstenhof des 18. Jahrhunderts.
Welche Bedeutung hat das Bürgertum in Emilia Galotti?
Emilia Galotti repräsentiert den bürgerlichen Stand, der zur Zeit Lessings für "allgemeinmenschlich" und "nicht standesgebunden" steht. Sie verkörpert Sittenhaftigkeit und Moralvorstellungen, die sie bis zum Tod verteidigt.
Wie spiegelt Emilia Galotti die Aufklärung wider?
Das Stück ist im Sinne der Aufklärung geschrieben, die durch den Aufstieg des Bürgertums, das Hinterfragen von Autoritäten und die Betonung der Vernunft gekennzeichnet ist. Lessing verwendet eine einfache und schnörkellose Sprache, um das Stück auch für weniger gebildete Menschen verständlich zu machen.
Welchen Gewissenskonflikt erlebt Emilia?
Emilia erlebt einen Gewissenskonflikt zwischen Tugend und Lasterhaftigkeit aufgrund der Versuche des Prinzen, sie zu verführen. Sie bittet ihren Vater, sie zu töten, um ihre Unschuld zu bewahren.
Welche Aufforderung gibt Lessing mit Emilia Galotti?
Lessing ruft dazu auf, die Ohnmacht der Bürger gegenüber den Mächtigen zu überwinden und den Verstand zu gebrauchen. Er fordert eine moralische und vernunftbestimmte Existenzform des Menschen.
Wer war Gotthold Ephraim Lessing?
Gotthold Ephraim Lessing war ein deutscher Dichter, Dramatiker und Kritiker der Aufklärung. Er wurde am 22. Januar 1729 in Kamenz geboren und starb 1781 in Braunschweig. Er war ein bedeutender Vertreter der Aufklärung und trug massgeblich zur Entwicklung des deutschen Dramas bei.
Welche anderen wichtigen Werke hat Lessing verfasst?
Zu Lessings wichtigsten Werken gehören "Miß Sara Sampson", "Minna von Barnhelm", "Laokoon: oder die Grenzen der Malerei und Poesie" und "Nathan der Weise".
- Quote paper
- Kiesbüye, Myrna-Alice (Author), 2000, Lessing, Gotthold E. - Emilia Galotti, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98660