Inwiefern bezieht sich Friedrich Dürrenmatt in seiner Komödie „Romulus der Große“ auf die tatsächlichen Ereignisse des Weströmischen Reiches im Jahr 476 und wie interpretiert er mit seinem Drama den Untergang des Weströmischen Reiches?
Die Literatur des 19. und 20. Jahrhundert hat sich mit vielen Ereignissen aus der antiken Geschichtsschreibung beschäftigt. Friedrich Dürrenmatt hat mit der Komödie "Romulus der Große" versucht, mithilfe eines Ereignisses aus der Antike das gesellschaftliche Umfeld nach dem 2. Weltkrieg zu charakterisieren. Sein Drama stellt jedoch auch aus althistorischer Sicht eine bemerkenswerte Wahrnehmung über den Untergang des Weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert n. Chr. dar.
Als These lässt sich formulieren, dass das Drama und die Geschichtsschreibung das Ende des Weströmischen Reiches durch die Vertreibung des letztes weströmischen Kaisers Romulus und durch die Ernennung des Skiren Odoaker zum König Italiens aufgreifen. Allerdings sind die Darstellung von Romulus und die Rahmenbedingungen, die zum Ende des Weströmischen Reiches führen, in beiden Varianten jeweils unterschiedlich dargestellt. Dürrenmatt bezieht ebenso anachronistische Aspekte in das Drama ein, wie z. B. Romulus‘ Passion für die Hühnerzüchtung. Außerdem versucht Dürrenmatt darzustellen, dass der Untergang des Weströmischen Reiches keinen Wandel hervorruft und Romulus‘ Hoffnungen, mehr Pazifismus und das Ende einer alten Weltordnung zu ermöglichen, sich durch die Fortsetzung eines neuen Gewaltregimes unter Theoderich nicht erfüllt. Auch in der Altertumsforschung kann festgestellt werden, dass das Ende des Weströmischen Reiches durch die Aufrechterhaltung von römischen Institutionen und des römischen Einflusses aus Konstantinopel keinen Wandel hervorbringt, sondern die bestehenden römischen Herrschaftsverhältnisse fortsetzt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Verhältnis zwischen dem Weströmischen Reich und den germanischen Stämmen
- Die Expansion der germanischen Stämme im 5. Jahrhundert v. Chr.
- Die Politik des Weströmischen Reiches gegenüber den germanischen Stämmen
- Die zentralen Akteure während des Überfalls im Jahr 476
- Die unterschiedliche Bewertung von Romulus als Herrscher
- Die Rolle des Oströmischen Reiches unter Kaiser Zeno
- Odoakers Rolle als Marionette
- Das kontroverse Ende des Weströmischen Reiches
- Romulus Entmachtung und die Ereignisse nach 476
- Deutungen des Endes des Weströmischen Reiches
- Fazit- Romulus der Große als historisches Drama?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Friedrich Dürrenmatts Komödie „Romulus der Große“ im Kontext der historischen Ereignisse des Jahres 476, das gemeinhin als das Ende des Weströmischen Reiches gilt. Ziel ist es, den Zusammenhang zwischen Dürrenmatts literarischer Interpretation und den tatsächlichen Ereignissen des Jahres 476 zu beleuchten. Dabei sollen sowohl Dürrenmatts Deutungen des Untergangs des Weströmischen Reiches als auch die Rolle der politischen Akteure in der Komödie mit dem Forschungsstand der Altertumswissenschaft verglichen werden.
- Die Rolle Romulus' und die Ereignisse des Jahres 476 in der Komödie und in der historischen Forschung
- Die Deutung des Untergangs des Weströmischen Reiches in Dürrenmatts Drama und in der historischen Forschung
- Die Darstellung der Germanen in Dürrenmatts Komödie und in der historischen Forschung
- Der Einfluss des Oströmischen Reiches auf das Ende des Weströmischen Reiches
- Die Frage der Fortführung oder Abkehr vom Status quo nach dem Ende des Weströmischen Reiches
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Forschungsstand zum Ende des Weströmischen Reiches und die Relevanz des Jahres 476 in der Altertumswissenschaft dar. Dabei werden unterschiedliche Perspektiven auf den Untergang des Weströmischen Reiches und die Bedeutung von Dürrenmatts Drama in diesem Kontext herausgestellt.
Kapitel 1 beleuchtet die Geschichte des Weströmischen Reiches und die Expansion der germanischen Stämme. Es soll dargestellt werden, wie sich das Verhältnis zwischen dem Reich und den germanischen Stämmen entwickelte, insbesondere im 5. Jahrhundert v. Chr.
Kapitel 2 untersucht die zentralen Figuren des Jahres 476, darunter Romulus Augustulus, Kaiser Zeno des Oströmischen Reiches und Odoaker. Die Rolle dieser Akteure und ihre Bedeutung für das Ende des Weströmischen Reiches werden aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Kapitel 3 analysiert die Ereignisse des Jahres 476 und die unterschiedlichen Deutungen des Untergangs des Weströmischen Reiches in der Forschung. Die Rolle von Romulus Augustulus als letzter Kaiser des Weströmischen Reiches und die Frage nach dem Wandel oder der Fortführung des Status quo nach 476 stehen im Mittelpunkt dieses Kapitels.
Schlüsselwörter
Das Ende des Weströmischen Reiches, Romulus Augustulus, Odoaker, Kaiser Zeno, Völkerwanderung, Germanen, Spätantike, Frühmittelalter, Friedrich Dürrenmatt, Romulus der Große, historische Komödie, historische Quellen, Byzantinische Geschichte, Forschungsstand, Historiographie.
- Quote paper
- Lauritz Tufan (Author), 2020, Der Untergang des Weströmischen Reiches in "Romulus der Große" von Friedrich Dürrenmatt und der Altertumswissenschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/985812