Überblick: Menschenaffen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Sozialstruktur von Gorillas unter Freilandbedingungen
Zusammensetzung der Gruppen
- Gruppengröße schwankt zw. 2 und 20 Tieren, im Durchschnitt sind es 10
- Änderung der Gruppenzusammensetzung durch Geburten, Todesfälle, Weggänge/Zugänge
Typische Gruppe
Silberrücken
( Männchen, geschlechtsreif, über 15 Jahre alt, etwa 180kg, unangefochtener Anführer )
Schwarzrücken
( Männchen, noch nicht geschlechtsreif, zw. 8 und 13 Jahren alt, etwa 115kg )
3 - 4 geschlechtsreife Weibchen
( über 8 Jahre, etwa 90kg, normalerweise lebenslänglich an den Silberrücken gebunden, Rangordnung ergibt sich aus Reihenfolge des Anschlusses an dominanten Silberrücken )
3 - 6 Jungtiere unter 8 Jahren
( Unterteilung in Jungerwachsenen: 6 - 8 Jahre, 75kg / Jugendliche: 3 - 6 Jahre, 55kg / Kinder: bis 3 Jahre, 1 - 14kg )
Verhaltensweisen
Nestbauverhalten:
- Nester aus Stroh, Zweigen oder Bambus
- 50% der Tageskotmengen werden in den Nestern abgesetzt
- Bau täglich an neuen Orten
- 98% der Nester aus ungenießbarer Vegetation
- meistens auf dem Boden, aber auch auf Bäumen
- in der Regenzeit aus Moos und Erde gefertigte Nester in Hohlräumen alter Baumstämme _ Schutz, Essen ( Wurzeln, vermoderte Baumrinde )
- Nester der Erwachsenen: fest; dicht; ähnlich wie ovale Blätterwannen aus Lobelien und Greiskraut; Randverstärkung aus mehrfach gebogenen Stengeln, deren blätterbesetzte Spitzen als eine Art Kissen unter den Körper der Tiere gezogen werden
- Nester der Jungtiere: windige Blätterhaufen, bis sie gelernt haben richtige zu bauen
- Neugeborenen schlafen im Nest der Mutter bis zur nächsten Geburt
- bei Feinden in der Nähe: Vorausplanung der Nesterstandorte auf Hügeln oder offenen Hängen _ bessere Beobachtungsmöglichkeiten
- Aufenthaltsräume abhängig von Jahreszeit und Witterung
Schutzverhalten ( Drohen, Flüchten, Angreifen, Schützen ):
- Abschreckung: schriller Schrei, gefolgt vom rhythmischen Pok - pok - Brustgetrommel eines Silberrücken
- Handlung gegenüber Menschen: Flüchten der weiblichen Tiere mit Kindern zum hinteren Teil der Gruppe, Silberrücken und einige junge Männchen bleiben im Vordergrund mit angespannter Haltung und zusammengepreßten Lippen stehen, Silberrücken richtet sich zum Brusttrommeln auf
- Gorillas schnell zu erschrecken
- sehr gute Kletterer _ Flucht auf Bäume
- meiden offenen Wiesen und große Gewässer _ würden dort leichter auf Menschen treffen
- verstecken sich gerne im Dickicht
- direktes Anstarren bedeutet oft Bedrohung
- aufrechtes Gehen oder Stehen vergrößert Furcht der Tiere
- Brusttrommeln als Signal für Aufregung oder Lärm
- lernen mit Fallen umzugehen _ Bewahrung vor neuer Gefahr
- Flucht: Silberrücken übernimmt die Führung, bestimmt Richtung und Geschwindigkeit, hinterlassen dünnbreiigen Darminhalt und starken Angstgeruch, verlangsamen Flucht nach ¼ Stunde, zwischendurch kurze Rastpausen
- Silberrücken schläft in guter Beobachtungsposition _ Wächter
- bewegen sich schneller in Gebieten mit knappem Futter und bei ,,Aufklärungspatrouillen" in unbekanntem Gebiet _ Verringerung der Gefahr zu verhungern oder angegriffen zu werden
- Erweiterung des Aufenthaltsgebietes in einer Senke _ Verhinderung der zu starken Überlappung mit anderen Gruppen
- Angriffshaltung: laut schreien, Haar auf Scheitelkamm der Männchen steht senkrecht zu Berge ( Piloerektion ), Eckzähne entblößt, gelbglühende Iris, verstärkter Angstgeruch
- verletzte Tiere flüchten so weit wie möglich von der Unglücksstelle weg, wiederholtes Gebrüll, Brusttrommeln, um den Gefühlen Luft zu machen
- Streit zw. Silberrücken: Heulgesänge, Hin - und herstolzieren, Brusttrommeln,
Zweigeabbrechen
- deutlich imponierendes Entgegentreten ( eigenen Gruppe bleibt im Hintergrund )
- Näherung auf 1 - 2m
Stehenbleiben parallel zueinander
- Erstarrung der
Bewegungen
- abgewandter Blick
- Stellen auf die Hinterbeine
- Brusttrommeln
- laut auf
Pflanzen klatschen
- Verstärkung des Körpergeruchs
- Aufstellen des Kopfhaares
- Rückzug ohne Kampf
- Verstecken in dichtem Laub
- Umherstreifen
- Bemühung der Silberrücken stets ( meist erfolgreich ) mit friedlichen Mitteln die Disziplin in der Gruppe aufrecht zu erhalten
- Erwachsenen Gorillas berühren aus Vorsicht nicht gerne Gegenstände mit den Händen
- handfeste Streitereien/ Verletzungen auch unter Gruppenmitgliedern möglich ( meist zw. ,, Familien" verschiedener Mütter )
Fortpflanzungs - und Brutverhalten:
- alle 4 Jahre ein Junges
- 9 - monatige Tragezeit
- starke verwandtschaftliche Bindungen
- leben in verhältnismäßig stabilen, fest zusammenhängenden sozialen Einheiten
- lange Phase der starken Bindung zw. Jungem und Eltern sowie Gleichaltrigen und Geschwistern bietet Gorillas eine einzigartige und sicherer Form des Familienzusammenhalts
- Silberrücken hat absolutes Begattungsrecht auf alle Weibchen der Gruppe durch eigenen Erwerb der Weibchen oder Vererbung durch den Tod des Vorgängers
- Paart sich mit allen Weibchen seiner Gruppe, meist mehrmals
- Jungtiere verlassen bei Geschlechtsreife oft die Gruppe
- andere Männchen werden geduldet, verlassen aber bei Geschlechtsreife normalerweise die Gruppe _ keine eigenen Fortpflanzungsmöglichkeiten innerhalb der Gruppe
- werden zu ,,Randzonen - Silberrücken", die noch etwa 9 Monate in der näheren Umgebung der Gruppe umherziehen, um sich dann auf die Suche nach eigenen Weibchen zu machen und einen Gruppe zu gründen
- kinderlose Weibchen schließen sich gewöhnlich einzelnen Silberrücken oder kleinen Gruppen an
- Gorillamutter verzehrt während der ersten Lebensmonate des Jungen die Stoffwechselendprodukte
- meiste Geburten nachts und während des ganzen Jahres
- typisch bei Schwangeren: intensives Putzen, Stillen der anderen Jungen, Verbringen von viel Zeit zur Nahrungssuche am Rande der Gruppe
- Verhalten eines Silberrücken mit Baby: stundenlanges Betrachten, sanftes Hochheben am
Genick, über sich baumeln lassen, Fellpflege
- beim Spielen schlendern Mütter die Kleinen über dem Kopf _ Stimulierung der Kotabgabe
- Junge turnen gern auf Körpern der Erwachsenen herum
- Kleine werden etwa 4 Monate unter Bauch der Mutter getragen - danach ,,Huckepack"
- entfernen sich bis zum Alter von ½ Jahr höchstens eine Armeslänge von ihren Müttern
- müssen später lernen sich auf die Hinterbeinen zum Laufen zu stützen ( durch Herumtragen wurden vorher nur die Arme und Hände trainiert
- vorsichtig mit Jungen
- erstgebärende Mütter, die ihr Kind verloren haben, werden besonders gesellig mit den jüngeren Tieren der Gruppe _ Stärkung der sozialen Bindung zu den Gruppenmitgliedern
- Mitte/ Ende des 2. Lebensjahres: traumatische Entwöhnungsphase der Jungtiere; Mutter wieder im normalen Östruszyklus oder erneut schwanger
- bei heranwachsenden Weibchen variiert das Einsetzen der perinealen Schwellungen um das Alter von 7 ½ Jahren _ Abwendung von Mutter, interessanter für junge Männchen
- bei Anwesenheit eines heranwachsenden oder geschlechtsreifem Weibchen im Hitzezustand: Auslösen von Ersatzhandlungen aller Art wie Aufreiten unter Gleichgeschlechtlichen oder Angehörigen verschiedener Altersklassen
- junge Weibchen ohne Kinder bemuttern gern andere Kinder der Gruppe
- Inzucht, da auch häufige Paarungen zw. Silberrücken und seinen Kindern oder den Halbgeschwistern
- stark ausgebildeter Mutterinstinkt
Verständigung und Erkennung:
- Unterscheidung der Gorillas durch Nasenabdruck ( wie menschl. Fingerabdruck )
- Erkennung untereinander durch Geruch
- Geruch meist in Form einer Mischung aus moschusartigem Stall - und Menschenduft
- Erkennung untereinander an der Stimme
- Geräusche:
1. Aggressives Rufen ( Röhren - ,,roar" )
- einsilbig, laut
- tiefer, rauher Klang
- Anfang und Ende abrupt
- nur bei Silberrücken
- in Streßsituationen oder beim Drohen
- gefolgt von Ausdrucksverhalten und Scheinangriffen
2. Warnrufe
( Kreischen )
- lang, schrill
- extrem laut
- andauernd mit häufiger Wiederholung
- von allen Gorillas - meistens jedoch bei Silberrücken
- bei Auseinandersetzungen zw. verschiedenen Gruppen
( ,,Wraagh" )
- explosiv, einsilbig, laut
- tiefer als Röhren, weniger schrill als Kreischen
- Anfang und Ende abrupt
- von allen Erwachsenen - am häufigsten von Silberrücken
- bei plötzlich eintretenden Streßsituationen
- bewirkt Zerstreuung der Gruppe ( Fragendes bellen )
- aus 3 Tönen ( Mittlerer am Höchsten )
- kurz
- von allen - hauptsächlich Silberrücken
- in Situationen schwacher Beunruhigung oder Neugierde ( Schreien )
- dem Weinen von menschlichen Säuglingen ähnlich
- Steigerung bis zum Geheul möglich
- in Serien mit kurzen Abständen
- vier verschiedene Hauptfrequenzanteile
- bei Kindern und Jugendlichen wenn sie von ihren Müttern getrennt wurden
3. Vokalisationen der sozialen Koordination
( Schweinegrunzen )
- kurz, rauh
- in Serien mit kurzen Abständen
- wenn Gorillas wandern _ effektives Widersprechen beim Streit um Weg und Futter
- Disziplination der Kinder ( Rülpsen )
- tiefes, langgezogenes Brummeln
- vielfältige Abstufungen und funktionelle Variationen
- kann in Singen, Schnurren, Brummen, Stöhnen, Jammern oder Heulen übergehen
- am Ende einer langen sonnigen Ruhepause oder an üppiger Futterstelle _ bei Zufriedenheit
- zur Ortsbestimmung der anderen Gruppenmitglieder
- sanftes Zurechtweisen der Kinder
- bei allen Gorillas
( Glucksen )
- heisere Atmungsgeräusche
- unregelmäßig angeordnet, kurz
- beim Spielen der Kinder und Jugendlichen
4. Vokalisation zw. Gruppen
( ,,Hoot" - Serien )
- gehen dem Brusttrommeln voraus
- lange , voneinander abgesetzte Huuh - huuh - huuhs
- seht tief
- zw. Silberrücken zweier verschiedener Gruppen
- Fernkommunikation
Freßverhalten:
- nur Pflanzenfresser
- fressen Farne, Gräser, Riedgräser, Kräuter, Sträucher, Bäume, Schmarotzerpflanzen, Kletterpflanzen
- ernähren sich in Hochsaison Juni und Dezember zu 90% von Bambusverzehrung des eigenen Kots ( manchmal den der Artgenossen )
- hauptsächlich bei naßkaltem Wetter
- Silberrücken haben 1. Wahl - Rangniedere müssen warten
- niedriger gestellte werden trotzdem noch von den Ranghöheren , besonders bei Leckerbissen bestohlen
- besitzen zum Essen eine gute Hand - und Mundfertigkeit
- passen ihre Nahrungsbedürfnisse den Aufenthaltsgebieten an
Zusammensetzung der im Zoologischen Garten gehaltenen Gruppe der untersuchten Art ,,DERRICK" männlich _13.01.80 Zoo Frankfurt
Häufig gestellte Fragen zu Menschenaffen
Wie ist die typische Zusammensetzung einer Gorilla-Gruppe?
Eine typische Gorilla-Gruppe besteht aus einem Silberrücken (dem dominanten Männchen), Schwarzrücken (jüngeren Männchen), 3-4 geschlechtsreifen Weibchen und 3-6 Jungtieren unterschiedlichen Alters.
Was ist ein Silberrücken und welche Rolle spielt er in der Gruppe?
Ein Silberrücken ist ein geschlechtsreifes Gorilla-Männchen über 15 Jahre alt, das etwa 180 kg wiegt und der unangefochtene Anführer der Gruppe ist.
Wie bauen Gorillas ihre Nester?
Gorillas bauen ihre Nester aus Stroh, Zweigen oder Bambus. Sie bauen täglich an neuen Orten und verwenden meist ungenießbare Vegetation. Die Nester werden oft auf dem Boden, aber auch auf Bäumen gebaut. In der Regenzeit werden Nester in Hohlräumen alter Baumstämme aus Moos und Erde gefertigt.
Welche Schutzverhaltensweisen zeigen Gorillas?
Gorillas zeigen verschiedene Schutzverhaltensweisen, darunter Drohen (schriller Schrei, Brustgetrommel), Flüchten und Angreifen. Sie meiden offene Wiesen und große Gewässer und verstecken sich gerne im Dickicht. Direktes Anstarren bedeutet oft Bedrohung.
Wie verhalten sich Gorillas gegenüber Menschen?
Beim Kontakt mit Menschen flüchten die weiblichen Tiere mit Kindern zum hinteren Teil der Gruppe, während der Silberrücken und einige junge Männchen im Vordergrund mit angespannter Haltung stehen. Der Silberrücken richtet sich oft zum Brusttrommeln auf.
Wie sieht das Fortpflanzungs- und Brutverhalten von Gorillas aus?
Gorillas bekommen etwa alle 4 Jahre ein Junges. Die Tragezeit beträgt 9 Monate. Silberrücken haben das alleinige Begattungsrecht auf alle Weibchen der Gruppe. Jungtiere verlassen bei Geschlechtsreife oft die Gruppe.
Wie verständigen sich Gorillas?
Gorillas verständigen sich durch Geräusche, Geruch und visuelle Signale. Sie unterscheiden sich durch ihren Nasenabdruck und erkennen sich untereinander durch Geruch und Stimme. Zu den Geräuschen gehören aggressives Rufen, Warnrufe und Vokalisationen zur sozialen Koordination.
Was fressen Gorillas?
Gorillas sind Pflanzenfresser und fressen Farne, Gräser, Riedgräser, Kräuter, Sträucher, Bäume, Schmarotzerpflanzen und Kletterpflanzen. In der Hochsaison kann Bambus bis zu 90% ihrer Ernährung ausmachen. Sie verzehren auch ihren eigenen Kot, besonders bei nasskaltem Wetter.
Wie ist die Zusammensetzung der im Zoologischen Garten gehaltenen Gruppe der untersuchten Art?
Die im Zoologischen Garten gehaltene Gruppe besteht aus ,,DERRICK" (männlich, Zoo Frankfurt), ,,MPENZI" (weiblich, Zoo Berlin) und ,,EFFI" (weiblich, Zoo Kopenhagen).
- Quote paper
- Dominique Krüger (Author), 2000, Verhaltensweisen von Menschenaffen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98514