1. Einleitung
- Frühsommer 1981 erstes mal Bericht über Infektionskrankheiten und Tumorerkrankungen bei jüngeren Männern von Arbeitsgruppen aus New York u. Kalifornien - Bei betroffenen Patienten ausgedehnte Lungenentzündungen (durch Pneumocystis-carinnii- Pneumonie), Schleimhautbefall (durch Candida-Pilze)
- Diese auffällige Konstellation von Infektionskrankheiten fast nie bei Personen mit normaler immunologischer Abwehrfähigkeit
- Ähnliches gilt für Auftreten des Kaposi-Sarkoms (Hauttumor) bis 1980/81 äußerst selten, fast nur bei alten Männern
- Deutlicher Hinweis auf schwerwiegende Beeinträchtigung der Immunfunktion
- Diese Häufungen von Tumorerkrankungen bei jüngeren Männern, Verlauf wesentlich aggressiver als die klassische Form, zeigt Parallelen zu Beobachtungen bei immunsupprimierten (Immunreaktion künstlich unterdrücken) Patienten - Daher nicht überraschend das an opportunistischen Infektionen (bei Schwächung der Immunität; manche Krankheitserreger nutzen Gelegenheit) u. Kaposi-Sarkom erkrankte Patienten ein Defekt zellvermittelter Immunreaktionen nachgewiesen (erworbenes Immunmangelsyndrom, Acquired Immune Deficieny Syndrom, AIDS) - Nach Erstbeschreibung von AIDS, Gründung einer Arbeitsgruppe bei Centers for Disease Control (CDC), in USA, systematische Untersuchung
- Erster Überblick über epidemiologische Situation 1982, interessante Schlüsse: vor 1978 keine Beobachtung von AIDS in USA d.h. nicht nur neu entdeckt sondern, komplett neu; Erkrankungsfälle fast alle Männer, 90% homosexuell, hohes Erkrankungsrisiko bei homosexueller Promiskuität (häufiger Partnerwechsel)
- Diese Beobachtungen legten die Vermutung nahe, Immundefektzustand (AIDS) übertagen durch Körperflüssigkeiten von Person zu Person
- Gestützt wird Vermutung durch Auftreten von AIDS bei Personen mit intravenösem Drogenmissbrauch (Fixer) und Hämophilie (Bluterkranke)
- Hinweis das AIDS durch Blut oder Blutprodukte übertragen werden kann
- Wahrscheinliche Infektionsquellen kontaminierte Injektionsnadeln, Gerinnungspräparate, Blutspenden u. Zellkonzentrate
- Bei ursprünglichen Schilderungen der epidemiologischen Situation in USA weniger als 1% Frauen infiziert, Anteil nahm ständig zu (1987: 7%)
- Hinweis auf Übertragbarkeit des AIDS-Erregers durch heterosexuellen Geschlechtsverkehr - Weitere Beobachtungen zeigten das der AIDS-Erreger vor u. bei Geburt auf Kinder übertragen werden kann
- Kinder zeigten Entwicklungsstörungen u. Häufung von Infektionskrankheiten - Fallzahlen in den USA stieg schnell
- Anfangs Verdoppelung alle sechs Monate, jetzt alle 13 Monate (1986: 22000 Erkrankte) - Schon frühzeitig wurde bemerkt das AIDS in vielen Weltregionen vorkommt - Vielzahl von Meldungen aus der Karibik
- Auch in Europa z.B. Frankreich, BRD, GB
- In Belgien festgestellt viele Zentralafrikaner Infiziert
- Schon damals deutlich das AIDS eine große Herausforderung für Gesundheitswesen ist
2. Ätiologie: Die Ursache der AIDS-Erkrankung
- Eigentliche Ursachen für mehrere Jahre unbekannt - Frühere Hinweise auf infektiösen Erreger
- Dieser Hinweis auf ein Übertragbares Agen (Ein wirkender Stoff, aber auch ein Krankheitserreger) ergab sich aus folgenden Beobachtungen
- AIDS neue Erkrankung die ursprünglich nur in geographisch umgrenzten Gebieten auftrat - Kontaktpersonen verantwortlich gemacht für Erkrankungs-``Cluster``
- Blutprodukte, heterosexueller Intimpartner u. Kinder von betroffenen AIDS-Patienten wurden untersucht
- Beobachtungen sprachen für eine spezifische Übertragung u. für Virus
- Weiterer Hinweis auf virale Ätiologie (Ursache) ergaben sich aus immunologischem Befund - Selektiver Verlust einer im Thymus (Sekretdrüse) ausdifferenzierten Untergruppe der weißen Blutkörperchen (T-Lymphozyten) die als Oberflächenmerkmal T4-Molekül (ein Glykoprotein) aufweisen (Subpopulationen T4-Lymphozyten bzw. T4-Helferzellen) Merkmal für AIDS
- Ähnlicher Verlust von T-Lymphozyten bei Virenfamilie der menschlichen T-Zellen- lymphotropen Viren (Human T-Cell Lymphotropic Virus, HTL V)
- Bekannte Vertreter dieser Virusgruppe (HTL V-I u. HTL V-II) traten bei Erwachsenen mit T-Zell-Leukämie auf
- Diese Viren oft gefunden bei Patienten aus Japan, Zentralafrika, Karibik
- Schon früh verdacht geäußert das der AIDS-Erreger ein nicht bekannter Vertreter aus der Familie der T-lymphotropen Retoviren ist
- Da Retrovirus ein sehr wichtiger Begriff ist kurz erläutern
- Retrovirus ein Krankheitserreger der RNS anstatt von DNS benutzt. Mithilfe der reversen Transkriptase (Rückübersetzung) setzt der Virus die, jetzt DNS, in die Wirtszelle ein - Erste Bestätigung des Verdachtes von französischen Wissenschaftlern - Aus Lymphknoten homosexueller Patienten mit ungeklärter Lymphknotenschwellung (Lymphadenopathiesyndrom, LAS = Prä-AIDS-Symptomatik) Virus mit charakteristischen Eigenschaften eines Retrovirus isoliert
- Virus war mit Aktivität einer r.T. verbunden
- Name: Lymphdenopathy Associated Virus, Lymphadenopathie-assoziiertes Virus (LAV) - Franz. Forscher konnten Virus aus Blut u. Nabelschnurblut im Reagenzglas auf T- Lymphozyten übertragen u. kurze Zeit vermehren
- Vergleichuntersuchungen zeigten LAV u. HTL V-I nicht identisch
- Keine detaillierte Analyse möglich da im Reagenzglas Infizierte Zellen durch zytopathische Wirkung (Best. Viren rufen nach einer Infektion eine Zelldegeneration infolge zytopathischer Wirkung hervor) zerstört werden
- Daher nicht genug Virusmengen um Virus zu Charakterisieren
- Weiterer Durchbruch bei Klärung der ätiologischen Rolle von T-lymphotropen Retroviren bei AIDS-Erkrankungen durch Entdeckung eines Zellsystems
- Zellsystem resistent gegen zytopathische Wirkung erlaubt dennoch Virusvermehrung in großen Mengen
- Mit Hilfe des Zellsystems gelang US-Forschern Isolierung eines Retrovirus bei 80 AIDS- Patienten
- Wissenschaftler zeigten Retrovirus zerstört T4-Lymphozyten in wenigen Tagen (in vitro) - Infektion mit Human T-Cell Lymphotropic Virus Type III (HTL V-III) führte zur Bildung von mehrkernigen Riesenzellen
- Durch Co-Kultivation (Nachweistechnik) von Leukozyten von AIDS-Patienten mit T- Zelllinien konnte Virus auf dauernd wachsende Zellen übertragen werden
- Nach Gewinnung großer Virusmengen Charakterisierung Virusspezifischer Proteine
- Vergleich mit HTL V-I u. HTL V-II Ergebnis: AIDS-Virus (HTL V-III) neuer Vertreter der Familie der menschlichen Retroviren
- Bei verschiedenen Molekularen Analysen des Virusgenoms (Genom = gesamte genetische Information) kam heraus in Frankreich isolierte Viren (LAV, HTL V-III) und in Kalifornien isoliertes Virus (ARV, AIDS Related Virus) Varianten eines Virus
- Zur Vereinheitlichung Human Immunodeficiency Virus (HIV)
- Neue Erkenntnisse zeigen das mindestens zwei verschiedne HIV-Typen existieren - HIV-I ursprünglich LAV/HTL V-III
- HIV-II von franz. u. US-Forschern isoliert
- Genomanalyse von HIV-II zeigt: 500 Nukleotide längere Sequenz u. ein Abschnitt unbekannter Funktionen
- Dieser lande Abschnitt veranschaulicht sehr gut die lang andauernde und sehr schwere Identifikationsphase des AIDS-Erregers
3. Labordiagnostik: Nachweis der Infektion
- Durch Identifizierung u. Charakterisierung von HIV Erfindung von verschiedenen Nachweissystemen
- Nachweis der Infektion auf verschiedenen Wegen: auf direktem Weg durch Isolierung des Virus o. durch Nachweis von Virusantigenen u. viraler Nukleinsäure; auf indirektem Weg durch Nachweis von virusspezifischen Antikörpern
- Bei Nachweis durch Isolierung des Virus durch Co-Kultivation von Patienten-Lymphozyten mit Indikatorzellen
- Falls Virus sich in Indikatorzellen vermehrt = Positiv - Dauert sehr lange, meist mehrere Wochen
- Nachweis von Virusantigenen mit Hilfe von spezifischen Antikörpern gegen HIV
- Virus-Antigene können durch Immunfluoreszenz (Nachweis von Antigen-spezifischer Antikörper) nachgewiesen werden
- Sehr schnell durchführbar
- Da die oben genanten Methoden sehr schwer sind hoher stellenwert des Nachweis auf indirektem Weg durch Nachweis von HIV-Antikörpern (einfacher)
4. Pathogenese: Entstehung und Entwicklung der Krankheit
- Mehrere Untersuchungen zeigten das der Antigenrezeptor (Rezeptor = Zelle die reize wahrnehmen kann) der T-Lymphozyten Bindungspartner für HIV-Antigene ist - Infektion mit HIV und die intrazelluläre Virusreplikation haben die Zerstörung der T4- Lymphozyten zur Folge
- Tab.1 Angegeben ist die Zahl der T4- und T8-Lymphozyten (T4, T8) in einem Mikroliter Blut und deren Verhältnis (T4/T8) bei Gesunden, bei Kranken mit Symptomen von Prä-AIDS (ARC, AIDS Related Complex) und bei Kranken mit AIDS
Stadium T4 T8 T4/T8
Gesund Über 600 Unter 400 Größer 1,5
ARC 200 - 600 400 - 600 0,5 - 1,5
AIDS Unter 200 300 - 500 Kleiner 0,5
- Durch Unausgeglichenheit des Verhältnisses von T4/T8 kommt es zur Veränderung der ganzen T-Zellen-Untergruppen
- Da diese eine zentrale Rolle in der Immunreaktion haben, ist es sehr gefährlich
5. Klinik: Der Krankheitsverlauf
- Stadium 1: Symptome einer akuten Infektion mit HIV: Unwohlsein, Müdigkeit, Fieber, Muskelschmerzen, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Reizung der Rachenschleimhäute, Durchfall, Hautausschlag, Lymphknotenschwellung, Verhaltenänderung, Krampfanfälle
- Symptome werden etwa zwei Wochen beobachtet, danach vollständige Erholung
- Stadium 2: AIDS Related Complex (ARC) Klinische Symptome: Fieber über 38°C über drei Monate, Starker Gewichtsverlust (über 10%), Lymphknotenschwellung, Starker Durchfall, Leistungsabfall, Nachtschweiß, Hautausschlag Immunologischer Laborbefund: T4-Zellen unter 400 je Mikroliter Blut, T4/T8-Lymphozyten-Verhältnis um 1,0 - Stadium 3: Vollständiger Verlust der immunologischen Abwehrfähigkeit - Definition von AIDS von Centers for Disease Control: "Aids liegt bei nachgewiesener HIV- Infektion bei Patienten vor, bei denen Krankheiten auftreten, die aus Defekte der zellulären Immunabwehr hinweisen und bei denen für diese Immundefekte keine bereits bekannten Ursachen verantwortlich sind".
6. Epidemiologie: Die Ausbreitung der Krankheit
- Infizierungsgefahr bei: homo, bi- oder heterosexuellem Geschlechtsverkehr durch Schleimhautverletzungen, bei gemeinsamer Benutzung von mit Blut verunreinigten Injektionsbestecken durch Drogenabhängige, bei therapeutischer Verabreichung von mit HIV verunreinigtem Blut oder Blutprodukten, bei Übertragung des Virus von infizierten Müttern auf Neugeborene, durch Transplantation von Organen HIV-infizierter Spender, durch infizierte Samenflüssigkeit bei künstlicher Befruchtung
7. Prophylaxe: Maßnahmen zur AIDS-Vorsorge
- Da bis heute noch kein Impfstoff gefunden an folgende Regeln halten: keine Zahnbürsten, Rasierapparate, Nagelscheren oder andere Gegenstände, die mit Blut verunreinigt erden können, Safer Sex (vermeiden: Anal-, Oralverkehr) Kondome
Häufig gestellte Fragen
Was ist der erste Hinweis auf das Auftreten von AIDS?
Im Frühsommer 1981 gab es erste Berichte über Infektionskrankheiten und Tumorerkrankungen bei jüngeren Männern, insbesondere Lungenentzündungen (durch Pneumocystis carinii) und Schleimhautbefall (durch Candida-Pilze) sowie das Auftreten des Kaposi-Sarkoms.
Was ist AIDS und wie wurde es entdeckt?
AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome) ist ein erworbenes Immunmangelsyndrom. Es wurde zuerst in den USA beobachtet, wo eine Häufung von Tumorerkrankungen bei jüngeren Männern auftrat. Die Centers for Disease Control (CDC) gründeten eine Arbeitsgruppe, um die epidemiologische Situation zu untersuchen.
Wie wurde vermutet, dass AIDS übertragen wird?
Beobachtungen deuteten darauf hin, dass AIDS durch Körperflüssigkeiten übertragen wird, da es bei homosexuellen Männern mit häufigem Partnerwechsel, intravenösen Drogenkonsumenten und Hämophilie-Patienten auftrat. Dies deutete auf eine Übertragung durch Blut oder Blutprodukte hin.
Welche Rolle spielt das Human T-Cell Lymphotropic Virus (HTLV) bei AIDS?
Frühe Forschungen vermuteten, dass der AIDS-Erreger ein unbekannter Vertreter der Familie der T-lymphotropen Retroviren ist. HTLV-I und HTLV-II waren bereits bekannt und traten bei Erwachsenen mit T-Zell-Leukämie auf.
Wie wurde der AIDS-Erreger identifiziert?
Französische Wissenschaftler isolierten ein Virus aus Lymphknoten von homosexuellen Patienten, das als Lymphdenopathy Associated Virus (LAV) bekannt wurde. US-Forscher entdeckten ein Zellsystem, das die Vermehrung des Virus in großen Mengen ermöglichte. Später wurde festgestellt, dass LAV, HTLV-III und ARV Varianten desselben Virus sind, das schließlich als Human Immunodeficiency Virus (HIV) bezeichnet wurde.
Welche HIV-Typen gibt es?
Es gibt mindestens zwei verschiedene HIV-Typen: HIV-I (ursprünglich LAV/HTLV-III) und HIV-II, das eine längere Genomsequenz und einen Abschnitt unbekannter Funktionen aufweist.
Wie wird eine HIV-Infektion diagnostiziert?
Der Nachweis der Infektion kann auf direktem Weg durch Isolierung des Virus oder durch Nachweis von Virusantigenen und viraler Nukleinsäure erfolgen. Indirekt erfolgt der Nachweis durch virusspezifische Antikörper. Die Isolierung des Virus durch Ko-Kultivation dauert lange, während der Nachweis von Antikörpern einfacher ist.
Was sind die Stadien des Krankheitsverlaufs von AIDS?
Es gibt drei Stadien: Stadium 1 (akute Infektion mit unspezifischen Symptomen), Stadium 2 (AIDS Related Complex, ARC mit Fieber, Gewichtsverlust, Lymphknotenschwellung) und Stadium 3 (vollständiger Verlust der immunologischen Abwehrfähigkeit, definiert durch das Auftreten von Krankheiten aufgrund von Defekten der zellulären Immunabwehr).
Wie erfolgt die Übertragung von HIV?
Die Infizierungsgefahr besteht bei homo-, bi- oder heterosexuellem Geschlechtsverkehr, gemeinsamer Benutzung von Injektionsbestecken, therapeutischer Verabreichung von verunreinigtem Blut, Übertragung von infizierten Müttern auf Neugeborene, Transplantation von Organen infizierter Spender und infizierter Samenflüssigkeit bei künstlicher Befruchtung.
Welche Maßnahmen zur AIDS-Vorsorge gibt es?
Da es keinen Impfstoff gibt, sollten keine Gegenstände, die mit Blut verunreinigt sein können, geteilt werden. Safer Sex (Vermeidung von Anal- und Oralverkehr) und die Verwendung von Kondomen sind wichtig. HIV-Infizierte sollten kein Blut, Sperma oder Organe spenden.
- Quote paper
- Frederik Steiner (Author), 1999, AIDS. Ursache, Nachweis und Ausbreitung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98466