Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Gesundheitskompetenz in der betrieblichen Weiterbildung. Die Arbeit ist im Rahmen des Forschungsprojekts "Gesundheitskompetenz am Arbeitsplatz stärken" unter der Leitung von Prof. Dr. Marie-Luise Dierks im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) entstanden. Ziel ist es, Lernstationen zur Stärkung der Gesundheitskompetenz (GK) am Arbeitsplatz zu entwickeln.
Dabei hat das Projekt GeKo-A folgende Forschungsfragen formuliert: Welche didaktischen Methoden sind geeignet, um das Interesse einer breiten und heterogenen Zielgruppe zu wecken und sie zu motivieren, sich mit den Themen an den Lernstationen zu beschäftigen? Kann durch die Nutzung der Lernstationen gesundheitsbezogenes Wissen und damit die GK von Menschen im Arbeitsleben erhöht werden? Wie können die entwickelten Lernstationen für den Methodenkoffer bestmöglich aufbereitet und manualisiert werden? Wie lässt sich der Methodenkoffer so gestalten, dass er durch interessierte Betriebe und andere Multiplikatoren selbstständig angewandt werden kann?
Die Beziehung zur eigenen Gesundheit und die Verantwortung für diese hat sich im Laufe der Geschichte fortlaufend weiterentwickelt. Menschen hoffen nicht mehr bei ihrer Gesundheit auf Gottes Gnade oder ein günstiges Schicksal, auch der Rat einer Ärztin oder eines Arztes ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Dadurch kristallisiert sich ein verändertes Rollenverständnis von Ärztinnen und Ärzten und Patientinnen und Patienten heraus, welches sich in einem größeren Wunsch nach Partnerschaftlichkeit und Kommunikation auf Augenhöhe darstellt.
Daraus resultierend werden mehr Menschen aufgefordert, für ihre Gesundheitsvorsorge selbst aktiv Verantwortung zu übernehmen. Hierfür benötigen sie gesundheitsbezogenes Wissen und entsprechende Kompetenzen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. In den 1970er Jahren entwickelte sich in den USA dazu der Begriff Health Literacy, der das Verstehen, Beurteilen und Umsetzen relevanter Gesundheitsinformationen für die eigene Krankheitsprävention und der Gesundheitsförderung beschreibt.
Hierdurch sollen Menschen befähigt sein, ihre Lebensqualität während des gesamten Lebensverlaufs zu erhalten oder zu verbessern. Die wörtliche Übersetzung von Health Literacy ist gesundheitliche Literalität, was im Deutschen wenig gebräuchlich ist. Daher wird meist von Gesundheitskompetenz gesprochen.
Inhalt
Einleitung
1. Gesundheitskompetenz
1.1 Gesundheitskompetenz: Herkunft, Bedeutung, Definition und Zielsetzung des Begriffes
1.1.1 Modelle von Gesundheitskompetenz
1.1.2 Kritik am Konzept Gesundheitskompetenz
1.2. Forschungsstand zu Gesundheitskompetenz
1.2.1 Gesundheitskompetenz in Deutschland
1.2.2 Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheitskompetenz und das gesundheitliche Wohlbefinden
1.2.3 Diskussion der Befunde und Ausblick
2. Relevanz von Gesundheitskompetenz für die Arbeitswelt
2.1 Gesundheitskompetenz in der Arbeitswelt – eine Bestandsaufnahme des Forschungsstandes
2.2 Vermittlung von Gesundheitskompetenz in der betrieblichen Weiterbildung
3. Projekte zur Förderung von Gesundheitskompetenz in der Praxis
3.1 Die Patientenuniversität an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH)
3.2 Gesundheitskompetenz am Arbeitsplatz stärken: das Projekt GeKo-A
4.Resümee zum Themenbereich Gesundheitskompetenz
5. Theoretische Überlegungen zur Konzeption der Lernstationen: didaktische Prinzipien und Handlungsfelder nach Siebert (2009)
5.1 Die Lernstation als Methode des arbeitsplatznahen Lernens
5.1.1 Das Lernformat Lernstationen aus lerntheoretischer und bildungswissenschaftlicher Perspektive
5.1.2 „Bildungsmarketing": Wie lässt sich Aufmerksamkeit für die Lernstation generieren?
5.2 Die Zielgruppe
5.3 Lernzielorientierung
6. Mikrodidaktischer Rahmen für die Konzeption der Lernstationen
6.1 Lernstation I: Organspende
6.2 Lernstation II: Patientenverfügung
6.3 Lernstation III: Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL)
7. Die Lernstationen in der Praxis - Evaluation einer ersten Durchführung
8. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Über die Schriftenreihe
Die Schriftenreihe der Patientenuniversität an der Medizinischen Hochschule Hannover wird herausgegeben von Prof. Dr. rer. biol. hum. Marie-Luise Dierks und Dr. rer. biol. hum. Gabriele Seidel vom Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Ziel der Schriftenreihe ist es, Forschungsergebnisse zur Patientenorientierung und Gesundheitskompetenz einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. In der Schriftenreihe werden Doktorarbeiten, Master- und Bachelorarbeiten sowie Forschungsberichte veröffentlicht.
Über den Autor
Dorian Schneider, M.A., geb. 1991 in Ulm, studierte Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt interkulturelle Beziehungen an der Hochschule Fulda und Bildungswissenschaften mit den Schwerpunkten Erwachsenenbildung/ Weiterbildung an der Leibniz Universität Hannover. Er ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der MHH tätig.
Über das Buch
Die vorliegende Arbeit ist eine überarbeitete Version der Masterarbeit in Bildungswissenschaften von Dorian Schneider, verfasst im Studienschwerpunkt Erwachsenenbildung/ Weiterbildung, eingereicht bei Dr. des. Lena Heidemann (1. Gutachterin) und Prof. Dr. rer. biol. hum. Marie-Luise Dierks (2. Gutachterin) am 12.06.2020 an der Leibniz Universität Hannover, angenommen am 17.07.2020. Die Arbeit entstand im Rahmen des Forschungsprojekts „Gesundheitskompetenz am Arbeitsplatz stärken“ unter der Leitung von Prof. Dr. Marie-Luise Dierks im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG).
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Kompetenzmodell nach (Nutbeam 2000). Eigene Darstellung
Abbildung 2: HLS-GER-Modell umfassender GK in Anlehnung an Sørensen et al. 2012 und Squiers et al. (2012) nach Schaeffer, Vogt et al. (2016), S. 25. Eigene Darstellung
Abbildung 3: Verteilung umfassender GK in der HSL-GER nach (Schaeffer, Vogt et al. 2017, S. 134) Eigene Darstellung. Angaben in Prozent
Abbildung 4: Verteilung von GK in Deutschland. Zusammenfassung der drei größten Studien (HLS-EU 2012, GKV-Versicherte (Zok 2014) und HLS-GER (Schaeffer et al. 2016)). Eigene Darstellung. Angaben in Prozent
Abbildung 5: Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheitskompetenz. Vergleich zwischen Versicherten der GKV (Zok 2014) und der HLS-GER (Schaeffer et al. 2016). Eigene Darstellung. Angaben in Prozent.
Abbildung 6: Entwicklungen der Gesellschaft, die zu einem erhöhten Bedarf an Gesundheitskompetenz führen. Eigene Darstellung nach Schaeffer, Hurrelmann et al. 2018, S.17
Abbildung 7: Formen der Personalentwicklung und betrieblichen Weiterbildung. Eigene Darstellung nach (Eick-holt/Hamacher/ Lenartz 2015, S. 979)
Abbildung 8: Didaktische Prinzipien und Handlungsfelder nach Siebert 2019. Eigene Darstellung
Abbildung 9: Verortung der Lernstationen auf Kontinuum zwischen Fremd- und Selbststeuerung (Konrad 2014, S. 39). Eigene Darstellung
Abbildung 10: Interessenfelder am Messestand mit der größten Aufmerksamkeitswirkung (Ermer 2017, S. 1113)
Abbildung 11: Der Weg zur Lernzielformulierung. Eigene Darstellung
Abbildung 12: Lernzieltaxonomie nach Bloom (1972). Eigene Darstellung
Abbildung 13: Modell der Angebotsentwicklung nach Schlutz (2006) mit Ergänzung eines siebten Schrittes durch Reich-Claasen/ von Hippel (2018). Eigene Darstellung
Abbildung 14: Didaktischer Aufbau der Lernstation Organspende. Eigene Darstellung
Abbildung 15: Didaktischer Aufbau der Lernstation Patientenverfügung. Eigene Darstellung
Abbildung 16: Startseite der ‚interaktiven‘ PowerPoint-Präsentation zur Lernstation Patientenverfügung. Eigene Darstellung
Abbildung 17: Aufbau der Lernstation. Eigene Darstellung.
Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Kompetenzmodell nach (Nutbeam 2000). Eigene Darstellung
Abbildung 2: HLS-GER-Modell umfassender GK in Anlehnung an Sørensen et al. 2012 und Squiers et al. (2012) nach Schaeffer, Vogt et al. (2016), S. 25. Eigene Darstellung
Abbildung 3: Verteilung umfassender GK in der HSL-GER nach (Schaeffer, Vogt et al. 2017, S. 134) Eigene Darstellung. Angaben in Prozent
Abbildung 4: Verteilung von GK in Deutschland. Zusammenfassung der drei größten Studien (HLS-EU 2012, GKV-Versicherte (Zok 2014) und HLS-GER (Schaeffer et al. 2016)). Eigene Darstellung. Angaben in Prozent
Abbildung 5: Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheitskompetenz. Vergleich zwischen Versicherten der GKV (Zok 2014) und der HLS-GER (Schaeffer et al. 2016). Eigene Darstellung. Angaben in Prozent
Abbildung 6: Entwicklungen der Gesellschaft, die zu einem erhöhten Bedarf an Gesundheitskompetenz führen. Eigene Darstellung nach Schaeffer, Hurrelmann et al. 2018, S.17
Abbildung 7: Formen der Personalentwicklung und betrieblichen Weiterbildung. Eigene Darstellung nach (Eick-holt/Hamacher/ Lenartz 2015, S. 979)
Abbildung 8: Didaktische Prinzipien und Handlungsfelder nach Siebert 2019. Eigene Darstellung
Abbildung 9: Verortung der Lernstationen auf Kontinuum zwischen Fremd- und Selbststeuerung (Konrad 2014, S. 39). Eigene Darstellung
Abbildung 10: Interessenfelder am Messestand mit der größten Aufmerksamkeitswirkung (Ermer 2017, S. 1113)
Abbildung 11: Der Weg zur Lernzielformulierung. Eigene Darstellung
Abbildung 12: Lernzieltaxonomie nach Bloom (1972). Eigene Darstellung
Abbildung 13: Modell der Angebotsentwicklung nach Schlutz (2006) mit Ergänzung eines siebten Schrittes durch Reich-Claasen/ von Hippel (2018). Eigene Darstellung
Abbildung 14: Didaktischer Aufbau der Lernstation Organspende. Eigene Darstellung
Abbildung 15: Didaktischer Aufbau der Lernstation Patientenverfügung. Eigene Darstellung
Abbildung 16: Startseite der ‚interaktiven‘ PowerPoint-Präsentation zur Lernstation Patientenverfügung. Eigene Darstellung
Abbildung 17: Aufbau der Lernstation. Eigene Darstellung
Einleitung
Die Beziehung zur eigenen Gesundheit und die Verantwortung für diese hat sich im Laufe der Geschichte fortlaufend weiterentwickelt. Menschen hoffen nicht mehr bei ihrer Gesundheit auf Gottes Gnade oder ein günstiges Schicksal, auch der Rat einer Ärztin oder eines Arztes ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr (vgl. Schmidt 2019, S.12). Dadurch kristallisiert sich ein verändertes Rollenverständnis von Ärztinnen und Ärzten und Patientinnen und Patienten heraus, welches sich in einem größeren Wunsch nach Partnerschaftlichkeit und Kommunikation auf Augenhöhe darstellt (vgl. Landgrebe 2019, S.68). Daraus resultierend werden mehr Menschen aufgefordert, für ihre Gesundheitsvorsorge selbst aktiv Verantwortung zu übernehmen. Hierfür benötigen sie gesundheitsbezogenes Wissen und entsprechende Kompetenzen, um dieser Verantwortung gerecht zu werden. In den 1970er Jahren entwickelte sich in den USA dazu der Begriff Health Literacy, der das Verstehen, Beurteilen und Umsetzen relevanter Gesundheitsinformationen für die eigene Krankheitsprävention und der Gesundheitsförderung beschreibt. Hierdurch sollen Menschen befähigt sein, ihre Lebensqualität während des gesamten Lebensverlauf zu erhalten oder zu verbessern (vgl. Schaeffer/Pelikan 2017, S.12). Die wörtliche Übersetzung von Health Literacy ist gesundheitliche Literalität, was im Deutschen wenig gebräuchlich ist. Daher wird meist von Gesundheitskompetenz (im Folgenden auch GK) gesprochen.
Bereits in den 1990er Jahren gab es in den USA erste Forschungsansätze zur Ausprägung von GK in der Allgemeinbevölkerung. Dabei wurde deutlich, dass ein hoher Anteil der Bevölkerung Schwierigkeiten mit dem Umgang schriftlicher Informationen hat. Besonders stark zeigte sich dies bei Informationen, die im Kontext mit Gesundheit und Medizin stehen. Auch in anderen englischsprachigen Ländern wie Kanada, Großbritannien oder Australien konnten ähnliche Ergebnisse gefunden werden (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.129 ff.). In Europa wurde erstmals 2011 mit der European Health Literacy Survey (HLS-EU) systematisch die Gesundheitskompetenz in acht Ländern untersucht. In den folgenden Jahren entstanden, vor allem auch i Deutschland, darauf aufbauend mehrere Studien (vgl. Zok 2014, Jordan/Hoebel 2015, Schaeffer et al. 2016 und Quenzel et al. 2017). Diese Analysen zeigen, dass die Mehrheit der deutschen Gesamtbevölkerung ein unzureichendes Niveau an Gesundheitskompetenz aufweist. Verstärkt wird dies durch ungünstige sozioökonomische Faktoren, die sich vor allem in niedriger Bildung, einem höheren Alter, geringem finanziellen Einkommen, einem Migrationshintergrund und überraschenderweise auch chronischen Erkrankungen manifestieren
Damit ergibt sich eine gewisse Paradoxie: In Deutschland existiert ein international anerkanntes und beachtetes Gesundheitssystem, doch die Bürgerinnen und Bürger des Landes bewegen sich unsicher darin und können dessen Leistungen und Möglichkeiten nicht umfänglich nutzen. Zahlreichen Deutschen ist nicht bekannt, welche Hilfsangebote es gibt und wo sie sich hierzu informieren können (vgl. Zaunbrecher 2019, S.58). Dies führt wiederum dazu, dass die Kosten für das Gesundheitssystem steigen, da Menschen mit geringer GK häufiger auf Notfallbehandlungen angewiesen sind und mehr Krankenhausaufenthalte und Wiedereinweisungen haben als Menschen mit höherer GK (vgl. Berens et al. 2016 und Kickbusch/Hartung 2014). Somit besteht ein wechselseitiger Zusammenhang von Gesundheitskompetenz und dem Gesundheits- und Krankheitsverhalten sowie dem Gesundheitsstatus, so dass GK eine Determinante ist, die sich auf die Gesundheit einer Person auswirken kann. Im Gegensatz zu anderen Faktoren, wie finanzielle Mittel oder Migrationshintergrund, ist GK beeinflussbar und bietet damit einen Ansatzpunkt, um gesundheitliche Ungleichheiten zu reduzieren (vgl. Pelikan/Ganahl 2017, S.120 f.).
Auch wenn GK erst in den letzten zehn Jahren in Deutschland an Aufmerksamkeit gewonnen hat, sind die Herausforderungen in der gesundheitlichen Aufklärung und der Partizipation von Patientinnen und Patienten dagegen schon länger bekannt. Seit der Jahrtausendwende versucht die Politik Patientinnen und Patienten zu stärken. Beispiele hierfür sind die Gesundheitsreform im Jahr 2000, mit dem Ausbau unabhängiger Informations- und Beratungsstellen oder die 2008 eingerichteten Pflegestützpunkte zur Beratung und Information rund um das Thema Pflege. Allerdings erfolgten diese Veränderungen ohne das Lernverhalten und die Lernvoraussetzungen der Bevölkerung zu kennen. Dabei ist die Vermittlung der Informationen im Zusammenhang auf die Zielgruppe, die erreicht werden soll, von größter Bedeutung, da anderenfalls das Wissen nicht aufgenommen werden kann und somit seine Wirkung verliert.
Im schlimmsten Fall stoßen die Angebote bei der Zielgruppe auf Ablehnung und die Zielsetzungen werden nicht erreicht (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.129 ff.). Der im Jahr 2018 unter der Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministeriums erschienene nationale Aktionsplan versucht hier andere Akzente zu setzen. Darin wird empfohlen, die Förderung von Gesundheitskompetenz „so früh wie möglich im Lebenslauf zu beginnen“ (Schaeffer et al. 2018, S.31) und dabei alle „Lebenswelten“ (ebd.) zu berücksichtigen. Explizit genannt wird dabei der Arbeitsplatz und die Integration der Förderung in das betriebliche Gesundheitsmanagement. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist in Deutschland erwerbstätig, sie verbringen nicht nur einen Großteil des Tages am Arbeitsplatz, sondern verbleiben zunehmend länger im Berufsleben (vgl. ebd.). Zudem ist in Betrieben ein Querschnitt der Gesellschaft anzutreffen, womit auch Zielgruppen für Bildungsangebote erreicht werden, die sonst eher schwierig für klassische Formate zu gewinnen sind.
Das Ziel GK im Arbeitsleben zu fördern, ist die Intention des Projektes „Gesundheitskompetenz am Arbeitsplatz stärken “ (GeKo-A), welches mit Geldern des Bundesministeriums für Gesundheit finanziert und vom Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) durchgeführt wird. Im Rahmen dieses Projektes werden 16 Lernstationen zu verschiedenen medizinisch-relevanten Themengebieten entwickelt. Diese Lernstationen sollen am Ende des Projekts in einen Methodenkoffer münden, den Unternehmen selbständig und kostenfrei im Rahmen ihres betrieblichen Gesundheitsmanagements nutzen können. Um ein möglichst validen und effektiven Methodenkoffer zu erhalten, werden die Lernstationen in einem Mixed-Methods-Design umfangreich in einem Zeitraum von drei Jahren in verschiedenen Betrieben getestet und evaluiert. Als Teilbeitrag für dieses Projekt werden in Rahmen dieser Arbeit drei Stationen konzipiert und in einem ersten Praxisdurchlauf getestet. Die Themen der Stationen lauten Organ- und Gewebespende, Patientenverfügung und Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL).
Da die Arbeit in das Forschungsprojekt integriert ist, werden dessen Forschungsfragen mit bearbeitet. Dabei hat das Projekt GeKo-A folgende Forschungsfragen formuliert:
- Welche didaktischen Methoden sind geeignet, um das Interesse einer breiten und heterogenen Zielgruppe zu wecken und sie zu motivieren, sich mit den Themen an den Lernstationen zu beschäftigen?
- Kann durch die Nutzung der Lernstationen gesundheitsbezogenes Wissen und damit die GK von Menschen im Arbeitsleben erhöht werden?
- Wie können die entwickelten Lernstationen für den Methodenkoffer bestmöglich aufbereitet und manualisiert werden?
- Wie lässt sich der Methodenkoffer so gestalten, dass er durch interessierte Betriebe und ggf. andere Multiplikatoren selbstständig angewandt werden kann?
Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt, so dass die Fragen mit und in dieser Arbeit nicht abschließend beantwortet werden können. Gleichwohl leistet die Konzeption der drei Stationen durch verschiedene didaktisch-methodische Vorgehensweisen und deren Manualisierung einen Beitrag zur Beantwortung. Zusätzlich versucht die Arbeit eigene Fragestellungen aus einer Lehr-Lernperspektive und methodisch-didaktischen Gesichtspunkten zu beantworten.
- Lässt sich die Evaluation der Lernstationen durch eine aus der Theorie abgeleitete Systematisierung der Lernzielformulierungen verbessern?
- Wie unterstützt die Einbeziehung von Theorie aus der Lehr-Lernforschung, Methodik und Didaktik die Konzipierung von Lernstationen?
- Welche Besonderheiten bringt das Konzept der Lernstationen Im Kontext der Zielgruppe und der Bildungsziele mit sich?
Die Arbeit ordnet sich zum einen den Intensionen des Forschungsprojektes unter, verfolgt aber zusätzlich eigene Zielsetzungen. Vorrangiges Ziel von GeKo-A ist die Erhöhung von gesundheitsbezogenem Wissen und Gesundheitskompetenz von Beschäftigten unterschiedlichster Betriebe und Behörden. Als Teilziele nennt das Projekt u.a.
- die Identifikation didaktischer Methoden mit der Entwicklung von Schulungsmaterialien zur Vermittlung von aktuellem Gesundheitswissen,
- die Adressierung verschiedener Bevölkerungsgruppen; insbesondere Menschen, die nur selten an Gesundheitsbildungsmaßnahmen teilnehmen (Erwerbstätige, Männer, jüngere Personen, Menschen mit Migrationshintergrund) sowie
- die Testung und Anpassung der Schulungsmaterialien in mehreren Durchgängen.
Die Arbeit wird einen Teil dazu beitragen, die Zielsetzungen des Projektes zu erfüllen. Wie schon bei den Forschungsfragen erwähnt, kann die finale Bewertung dieser Ziele nicht dargestellt werden. Aus diesem Grund werden spezifische und allein mit dieser Arbeit verbundene Ziele verfolgt, die im lerntheoretischen bzw. methodisch-didaktischen Bereich angesiedelt sind.
Die Anwendung der Lernstationen ist Teil der Patientenuniversität, die seit 2006 erfolgreich an der MHH durchgeführt wird. Dabei handelt es sich um ein Konzept der öffentlichen Gesundheitsbildung, das für alle Interessierten kostenfrei angeboten wird. Die Veranstaltungen behandeln ein spezielles Thema (z.B. Rückenschmerzen oder Herzprobleme) und setzen sich dabei aus zwei Komponenten zusammen. Im Anschluss an einen Expertinnen- oder Expertenvortrag, können die Teilnehmenden an den aufgebauten Lernstationen ihr Wissen zum Thema eigenständig vertiefen. Die Patientenuniversität gibt es als feste Bildungsreihe in der MHH und als ‚mobile‘, kleinere Variante in Betrieben. In der ‚mobilen‘ Patientenuniversität kommen auch die Lernstationen des Projektes GeKo-A zum Einsatz.
Das didaktische Grundverständnis folgt dabei einem handlungsorientierten Ansatz (u.a. Kaiser 1992 und Riedl 2011), der Lernen als Wissenserwerb, Korrektur von Deutungsmustern (u.a. Arnold 1999), Selbstwahrnehmung und Ausbau der Handlungskompetenz begreift. Zudem nimmt Teilnehmendenorientierung (u.a. Siebert 2009) einen wichtigen Aspekt ein (vgl. Dierks/Seidel 2017, S.292 ff.). Trotz diesen theoretisch-didaktischen Fundaments erfolgt die Konzipierung der Lernstation weitgehend ohne Einbeziehung von Theorie der Lehr-Lernforschung, Erwachsenenbildung, Methodik und Didaktik. Genau hier wird die Arbeit Impulse zu setzen. Es werden verschiedene theoretische Ansätze betrachtet, auf denen die Konzeption der Lernstationen fundiert rückgekoppelt werden kann.
Für die Umsetzung des Vorhabens beschreibt die Arbeit zu Beginn ausführlich und kritisch die Begrifflichkeit Gesundheitskompetenz in ihren Ursprüngen, ihrer Bedeutung, Zielsetzung und vorhandenen Modellen (Kapitel 1 – 1.1.2). Der anschließende Forschungsstand zu GK konzentriert sich auf die Befunde im europäischen Raum mit dem Schwerpunkt Deutschland. Hierbei wird nicht nur auf die Verteilung von GK in der deutschen Bevölkerung geschaut, sondern auch auf sozioökonomischen Faktoren und ihre Auswirkungen auf die individuellen Dimensionen Gesundheitskompetenz und Gesundheitszustand (Kapitel 1.2 – 1.2.3). Mit der ausführlichen Betrachtung des Forschungsstandes verdeutlicht sich auch die Relevanz von Gesundheitskompetenz für die Arbeitswelt. Hierbei werden insbesondere Faktoren beschrieben, die gegenwärtig und zukünftig die Förderung von Gesundheitskompetenz am Arbeitsplatz begründen. Die Förderung der Angestellten direkt oder nahe am Arbeitsplatz ist ein Konzept, das in den vergangenen Jahren stark an Zustimmung erfahren hat. Das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) nimmt eine Schlüsselrolle in der Förderung von GK am Arbeitsplatz ein. Hierfür muss geschaut werden, welche Voraussetzungen im Betrieb wichtig sind und mit welchen Instrumenten und Ansätzen dies umgesetzt werden kann (Kapitel 2 – 2.2). Der letzte Teil des Bereiches Gesundheitskompetenz richtet sich auf die Praxis, betrachtet Best Practice Beispiele zu Förderung von GK in der betrieblichen Weiterbildung und geht auf das Projekt der GeKo-A ein (Kapitel 3 – 3.2). Nach einem ersten kurzen Resümee zur Auseinandersetzung mit GK (Kapitel 4), wird anschließend ein theoretisches Gerüst für die didaktische Konzeption der Lernstationen aufgebaut.
Das didaktische Handeln im Rahmen dieser Arbeit bewegt sich auf der Meso- und teilweise Mikro-Ebene. Um dies für alle Lernstationen gleichermaßen zu systematisieren, wird auf die didaktischen Prinzipien und Handlungsfelder nach Siebert (2009) zurückgegriffen. Siebert benennt 15 Prinzipien und 24 Handlungsfelder. Mit den Prinzipien werden Prämissen didaktischen Denkens beschrieben, die eine Vielfalt komplexer Zusammenhänge aufzeigen, die sich auf Lehr-Lernsituationen auswirken. Für die Lernstationen wurden die Prinzipien Zielgruppenorientierung, Teilnehmendenorientierung, Selbstgesteuertes Lernen, Deutungsmusteransatz, Lernzielorientierung, Inhaltlichkeit, Emotionalität, Handlungsrelevanz, Zeitlichkeit sowie das Handlungsfeld Lernorte und Lernräume als besonders wichtig erachtet. Sie werden in verschieden stark gewichtet näher beschrieben und auf die Belange des Projekts GeKo-A bezogen (Kapitel 5, 5.2 und 5.3). Zuvor widmen sich die Kapitel 5.1 und 5.1.1 der Lernstation als Methode des arbeitsplatznahen Lernens und betrachten dies aus lerntheoretischer und bildungswissenschaftlicher Perspektive. In einem kurzen Exkurs beschäftigt sich Kapitel 5.1.2 mit Theorien aus der Messebranche und geht dabei der Frage nach, wie die Aufmerksamkeit von Teilnehmenden für die Lernstationen von GeKo-A gesteigert werden kann.
Mit den didaktischen Prinzipien von Siebert können allgemeine Kriterien und Überlegungen erarbeitet werden, die als Ausgangspunkt für jede der drei Stationen gleichermaßen genutzt werden. Im nächsten Schritt richtet sich der Blick auf die konkrete Konzeption der Stationen. Um dies in einem qualitativ einheitlichen Rahmen zu machen, wird auf das Modell der Angebotsentwicklung nach Schlutz (2006) zurückgegriffen, da es für verschiedene Zielsetzungen, Inhalte, Ebenen und Angebotsformen der Erwachsenenbildung angewendet werden kann (Kapitel 6). Auf Basis der Stufen Lernziel und Qualifikation (Wozu?), Inhalte (Was?), Organisationsform und Methode (Wie?) und Medien und Lernort (Womit? Wo?) aus dem Modell von Schlutz, werden die drei Lernstationen konzipiert (Kapitel 6.1 – 6.3).
Die gesamte Evaluation der Lernstation wird erst zum Ende des Projektes fertiggestellt sein und daher nicht mehr in die Masterarbeit aufgenommen. Jedoch werden erste Eindrücke einer Praxisprobe der Lernstationen ‚Organspende‘ und ‚Patientenverfügung‘ im Rahmen einer Veranstaltung der ‚klassischen‘ Patientenuniversität wiedergegeben und Verbesserungsvorschläge dargelegt (Kapitel 7). Kapitel 8 fasst zum Ende nochmals die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und gibt einen Ausblick für weitere Anknüpfungspunkte an die Arbeit.
1. Gesundheitskompetenz
Gesundheitskompetenz ist in den vergangenen Jahren sowohl in wissenschaftlichen als auch politischen Diskursen zu einem relevanten Thema geworden. Der erste Abschnitt dieser Arbeit nähert sich zunächst der Begrifflichkeit in ihrer Herkunft, Bedeutung, Definition und Zielsetzung. Anschließend werden Modelle des Konzeptes GK vorgestellt und kritische Sichtweisen betrachtet. Im allgemeinen Forschungsstand folgt ein Blick auf Erhebungs- und Messinstrumente von GK und die Einordung der größten und wichtigsten Studie im europäischen Raum (European Health Literacy Survey, kurz: HLS-EU). Abschließend werden explizit die Befunde zu GK in Deutschland und der Zusammenhang von Gesundheitskompetenz und Gesundheit diskutiert.
1.1 Gesundheitskompetenz: Herkunft, Bedeutung, Definition und Zielsetzung des Begriffes
Der Begriff der Gesundheitskompetenz ist die deutsche Übersetzung des englischen Health Literacy. Er stammt aus den Vereinigten Staaten von Amerika, wo sich die Begrifflichkeit in den 1970er Jahren aus dem Diskurs um die Gesundheitsbildung oder Gesundheitserziehung an allgemeinbildenden Schulen entwickelte (vgl. Bitzer 2019, S.5). Eng verknüpft mit dem Begriff der Health Literacy sind zudem Bemühungen von US-amerikanischen Nichtregierungsorganisationen, Migrantinnen und Migranten über Alphabetisierungsmaßnahmen und Grundbildung beim Zugang zum amerikanischen Gesundheitswesen zu unterstützen (vgl. Rosenbrock 2017, S.15).
Gesundheitskompetenz als Fähigkeit oder Fertigkeit reiht sich in den Kompetenzdiskurses ein, der nicht nur in den Erziehungs- und Bildungswissenschaften geführt wird. Weinert definiert Kompetenzen als „die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Weinert 2001, S.27).
Kompetenzen sind somit breit gefächert und setzten sich aus verschiedenen, stark individuellen Handlungsdimensionen zusammen, die zur Lösung eines Problems herangezogen werden. Der Begriff der Qualifikation, welcher oftmals mit Kompetenzen verbunden oder gleichgesetzt wird, ist dagegen eng an bestimmte Anforderungen gebunden, die durch die Vermittlung von Sachverhalten und Wissen angeeignet werden und zur Erfüllung bestimmter Tätigkeiten notwendig sind (vgl. Steinhaußen 2019, S.18). Die Bedeutung von Kompetenzen wird an der Begrifflichkeit der Literacy , also der Lese- und Schreibfähigkeit, deutlich, welche im angloamerikanischen Raum auch vermehrt als Metapher zur Diskussion für unterschiedlichste Kompetenzen wie Ernährung (food literacy) oder technische Kenntnisse am Computer (computer literacy) verwendet wird (vgl. Schaeffer/Pelikan 2017, S.11).
Aus den Ursprüngen von Health Literacy bezieht sich das erste Verständnis von Gesundheitskompetenz vorrangig auf die Fähigkeit von Patientinnen und Patienten, ärztliche Anweisungen oder Packungsbeilagen von Medikamenten zu verstehen und umzusetzen. Hierbei stehen somit die basalen kognitiven Fähigkeiten des Lesens, Verstehens oder einfachen Rechnens im Vordergrund. In Anlehnung an das „Drei-Ebenen-Modell“ von Nutbeam (2000) (vgl. Kapitel 1.1.1), wird hier von der funktionalen Gesundheitskompetenz gesprochen. Eine Weiterentwicklung des Begriffs vollzieht sich zum Beginn der 2000er-Jahre. Es geht nicht mehr nur um das Lesen und Verstehen von gesundheitlich relevanten Informationen, sondern um eine größere Eigeninitiative von Patientinnen und Patienten. Die damit verbundene interaktive Gesundheitskompetenz (Nutbeam 2000) erfasst die eigene Recherche und Auswertung von Informationen oder Quellen, um darauf hin Entscheidungen zu treffen und diese auch gegenüber einer Ärztin oder einem Arzt oder zu kommunizieren. Vom anfänglichen Verständnis eines kognitiven Verstehens und Umsetzens gesundheitlicher Informationen, ist der Begriff immer vielschichtiger und umfassender geworden. Als dritte Dimension wird die kritische Gesundheitskompetenz (Nutbeam 2000) erachtet, welche eine reflektierte Auseinandersetzung mit gesundheitlichen Fragen und Informationen beschreibt (vgl. Bitzer 2019, S.5 f.).
Lange Zeit prägend für das Verständnis von Gesundheitskompetenz war die Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Ende der 1990er Jahre. Dabei wurde Health Literacy schon mehr als das bloße Beherrschen funktionaler Fähigkeiten definiert. Gefördert wurde die Erweiterung des Begriffes von Nutbeam, der in seinem Modell die drei bereits beschriebenen grundlegenden Ebenen von Gesundheitskompetenz unterscheidet: funktionale, interaktive und kritische Gesundheitskompetenz. Eine vertiefte Betrachtung des Nutbeam-Modells und weiterer modellhafter Bestimmungen von GK erfolgt in Kapitel 1.2.
Die Debatte und Forschung zu Health Literacy ist stark durch die angloamerikanische Historie geprägt. Mit der Europäischen Health Literacy Survey (HLS-EU) hat sich in Europa eine eigene, noch weiter gefasste Definition entwickelt, die auch den deutschsprachigen Raum in der Auseinandersetzung und Forschung beeinflusst hat und heute die gängigste Definition von Gesundheitskompetenz ist (vgl. Schaeffer/Pelikan 2017, S.11 f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im Mittelpunkt der Definition von Sørensen et al (2012) bleibt der Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen, jedoch geht dieser über das bloße Erfassen und Verstehen hinaus. Gesundheitskompetenz wird als Determinante beschrieben, die sich mit den Aspekten der Prävention, Gesundheitsförderung und Partizipation auf alle Lebensbereiche und den gesamten Lebensverlauf auswirkt (vgl. Schaeffer/Pelikan 2017, S.12 f.). Damit dies gelingt, werden in der Definition vier zentrale Schritte beschrieben: (1) gesundheitsbezogene Informationen finden, (2) sie verstehen, (3) beurteilen und (4) für sich oder Angehörige anzuwenden. Neben klassischen Informationsquellen der Printmedien und sozial-interaktiven Möglichkeiten wie Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen oder Gesprächen mit Fachkräften aus Pflege und Gesundheit, nimmt vor allem das Internet durch den niedrigschwelligen Zugang eine tragende Rolle bei der Suche nach relevanten Informationen ein. Im zweiten Schritt müssen die recherchierten Informationen durch Lese-, Text- und Zahlenverständnis begriffen werden, um sie in Schritt drei zu interpretieren, zu filtern und beispielsweise auf Seriosität oder Verlässlichkeit bewerten zu können. Der letzte Punkt des gesundheitskompetenten Handelns beschreibt die praktische Anwendung der gewonnen Informationen auf die eigene Lebenssituation und damit verbundene Entscheidungen (vgl. Bitzer 2019, S.6).
Die Definition und die vier darin enthaltenen Schritte beschreiben sowohl eine allgemeine, für verschiedene Bereiche und medizinische Situationen relevante GK, als auch deren individuelle, gegenstandspezifische und dynamische Ausprägung. So ist es beispielsweise allgemein wichtig, Symptome dem medizinischen Fachpersonal möglichst präzise schildern zu können. Gleichzeitig ist die Gesundheitskompetenz einer Person oft auf Bereiche spezialisiert, die für sie momentan wichtig sind, wofür unterschiedliche Ausprägungen der Schritte Finden, Verstehen, Bewerten und Anwenden notwendig sind. Ein Mensch mit Herzproblemen oder mit diesbezüglichen Vorfällen in der Familie, wird möglicherweise schnell durch seine individuelle GK die Symptome eines Herzinfarktes erkennen und die notwendigen Reaktionen einleiten, um dieser Gefahr entgegenzutreten. Durch Veränderungen persönlicher oder äußerer Gegebenheiten ist Gesundheitskompetenz ein dynamisches Gebilde. So sind Menschen möglicherweise durch veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen oder neue gesundheitliche Probleme gezwungen, ihr persönliches Level von Gesundheitskompetenz zu verändern oder anzupassen (vgl. Bitzer 2019, S.6 f.).
Gesundheitskompetenz ist daher immer relational zu verstehen. Sie beruht auf den individuellen, persönlichen Fähigkeiten und Kompetenzen eines jeden Individuums, ist aber gleichzeitig auch von den Anforderungen und der Komplexität der Systeme, Organisationen und Lebensumwelten abhängig, in denen sich die Menschen bewegen und ihre Entscheidungen treffen. Dierks/ Seidel unterscheiden hier zwischen der internen und externen Dimension von GK. Die interne, personenbezogene Dimension beinhaltet das individuelle Wissen und die Urteilsfähigkeit, um notwendige gesundheitsbezogene Entscheidungen bestmöglich zu treffen, womit wiederrum die Ebenen eins und drei des Modells von Nutbeam angesprochen werden (siehe Kapitel 1.1.1). Die externe, strukturelle Dimension kennzeichnet die Nutzerfreundlichkeit des Gesundheitssystems, mit der Erreichbarkeit von Hilfen und Angeboten sowie der Kommunikation zwischen Ärztin/ Arzt und Betroffenen (vgl. Dierks/Seidel 2017, S.290 f.). Die persönliche GK eines Menschen wird auch durch dessen individuellen Fähigkeiten wie Motivation, Eigenverantwortung oder Durchsetzungsvermögen beeinflusst. Das intrinsisch proaktive Verhalten einer Person nimmt dabei eine wichtige Rolle ein und ist eine Grundvoraussetzung, um die Grundziele von GK zu erfüllen. Mit dem Diskurs um Gesundheitskompetenz geht es um eine stärkere Patientinnen- und Patientenorientierung, die Befähigung von Bürgerinnen und Bürgern, sich für ihre Gesundheit zu engagieren und bei Problemen selbst aktiv zu werden und an der Genesung mitzuwirken. Hierbei werden auch die drei großen Bereiche von GK deutlich: Gesundheitsförderung, Prävention und Krankheitsbewältigung (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.129).
Mit diesen Zielen ist Gesundheitskompetenz Teil des Empowerment-Gedankens, mit dem Menschen befähigt werden, ihr Leben und ihre Umwelt selbst aktiv zu gestalten. Bezogen auf GK bedeutet dies eine größere Autonomie in Gesundheitsfragen und Partizipation bei der Entscheidungsfindung, z.B. für oder gegen eine Therapie (vgl. Winter/Seitz 2017, S.225). Bitzer greift den Empowerment-Gedanken von GK auf und sieht darin die Möglichkeit, „[…] Macht und Kontrolle an Bürgerinnen und Bürger […] zu delegieren“ (Bitzer 2019, S.10) und damit die „paternalistische“ (ebd.) und „technokratische“ (ebd.) Perspektive auf Gesundheit zu verringern.
1.1.1 Modelle von Gesundheitskompetenz
Mit seinem dreistufigen Kompetenzmodell (Abbildung 1) sorgte Don Nutbeam für eine Weiterentwicklung des Begriffs und des Konzeptes Gesundheitskompetenz. Nutbeam unterteilt GK in drei grundlegende und aufeinander aufbauende Kompetenzebenen. Die funktionale GK ist das Fundament des Modells. Sie beschreibt vorrangig basal kognitive Kompetenzen des Lesens und Schreibens, die es Menschen ermöglichen, einfache Informationen zu verstehen und anzuwenden. Dabei wird den Patientinnen und Patienten eine passive Rolle zugeschrieben. Ein Beispiel für die funktionale GK, ist das Lesen und Verstehen eines Medikamenten-Beipackzettels. Schmidt resümiert, dass sich die meisten Interventionen und Förderprogramme zu Gesundheitskompetenz, auf die funktionale Ebene und damit das Finden, Verstehen und Beurteilen von Informationen beziehen.
Abbildung 1: Kompetenzmodell nach (Nutbeam 2000). Eigene Darstellung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In der zweiten Ebene der interaktiven Gesundheitskompetenz nehmen Patientinnen und Patienten eine aktivere Rolle ein. Hier werden erweiterte soziale, kommunikative und kognitive Kompetenzen benötigt, mit dem Ziel, autonom Informationen zu beschaffen und darüber mit Professionen des Gesundheitswesens, wie Ärztinnen und Ärzten, in Austausch zu gehen. Schmidt sieht hier auch die Professionen selbst als Zielgruppe dieser Kompetenzebene, denn sie wiederum müssen in der Lage sein, Informationen angemessen an ihre Patientinnen und Patienten zu kommunizieren. Die oberste Ebene deklariert das Ziel des persönlichen und gesellschaftlichen Empowerments. Erreicht wird dies über ausgereifte soziale und kognitive Fähigkeiten, die es ermöglichen, Informationen kritisch zu hinterfragen, zu bewerten, persönliche Verhaltensweisen zu verändern und gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Determinanten von Gesundheit zu beeinflussen (vgl. Schmidt 2019, S.13; Steckelberg/Hinnenburg 2019, S.26).
Im Zuge der erstmaligen Untersuchung von GK in der deutschen Gesamtbevölkerung entwickelten Schaeffer/ Vogt et al. (2016) in Anlehnung an Sørensen et al. (2012) und Squiers et al. (2012) ein Modell umfassender GK, das im Vergleich zu Nutbeam explizit sozio-ökonomische Determinanten berücksichtigt. Auf der linken Seite der Grafik (vgl. Abbildung 2, folgende Seite) werden demografische und sozio-ökonomische Faktoren sowie die funktionale Gesundheitskompetenz beschrieben. Während bei den ersten beiden Komponenten u.a. Determinanten wie Alter, selbsteingeschätzter Sozialstatus oder Migrationshintergrund berücksichtigen, bedeutet funktionale GK in Anlehnung an Nutbeam Lese- und Rechenfähigkeiten im gesundheitlichen Kontext.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Alle Einflussfaktoren wirken sich individuell auf das Zentrum des Modells und damit auf die Entwicklung von GK bei einem Menschen aus. Im Zentrum stehen die Elemente Wissen, Motivation und Kompetenzen, die entscheidend für die Bearbeitung der vier Stadien gesundheitsrelevanter Informationen (Finden, Verstehen, Beurteilen und Umsetzen) sind. Diese Stadien sind mit dem Modell der drei Ebenen von Nutbeam (2000) (funktionale, interaktive und kritische Gesundheitskompetenz) kompatibel, versuchen jedoch in ihrer Definition und Analyse eindeutiger zu sein. Zudem sind sie Voraussetzung, um das in der Definition von Sørensen genannte Ziel, die Verbesserung der Lebensqualität während des gesamten Lebensverlaufes, zu erreichen.
Die Zielsetzung wiederum bezieht sich auf die drei gesundheitsrelevanten Bereiche Krankheitsbewältigung, Prävention und Gesundheitsförderung, für die jeweils Gesundheitskompetenz benötigt wird (vgl. Pelikan/Ganahl 2017, S.94 ff.). Auf der rechten Seite werden die gesundheitlichen Outcomes dargestellt, die sich nach der entwickelten Gesundheitskompetenz unterscheiden. Der Gesundheitszustand berücksichtigt chronische Erkrankungen, das Gesundheitsverhalten bezieht sich auf bspw. Ernährung, Bewegung oder Tabakkonsum und zur Inanspruchnahme des Versorgungssystems zählen u.a. Krankenhausaufenthalte. Zusätzlich spiegeln sich Faktoren wie Umwelt- und Lebenseinflüsse, Familie und soziale Kontakte im Modell wieder (vgl. Schaeffer et al. 2016, S.24 f.).
1.1.2 Kritik am Konzept Gesundheitskompetenz
Das Modell von Schaeffer verdeutlicht die Determinanten, die sich auf die individuelle GK eines Menschen auswirken. Pelikan/ Ganahl sehen trotz diesen umfassenderen Modells Bedarf an weiteren Ausprägungen, die ebenfalls berücksichtigt werden können. Dazu zählen u.a. Sprachkompetenz, Wissenschaftskompetenz, Kulturkompetenz, Medienkompetenz und Digitalkompetenz (vgl. Pelikan/Ganahl 2017, S.94 ff.). Auch wenn im deutschsprachigen Raum über die Relevanz und die Tragweite des Begriffes und Konzeptes von Gesundheitskompetenz Konsens besteht, gibt es einen kontroversen Diskurs über dessen Definition. Zwar ist der Ansatz von Sørensen weit verbreitet und mit dem Modell von Schaeffer et al. nochmals erweitert worden, trotzdem ist das Konstrukt der Gesundheitskompetenz im deutschsprachigen Raum nicht final definiert (vgl. Dierks 2015, S.12; Steckelberg/Hinnenburg 2019, S.25).
Gleichzeitig gibt es auch Kritik am theoretischen Konzept und seiner potenziellen Wirkung für die Menschen. Rosenbrock bemängelt, dass der Begriff in seinem aktuellen Verständnis eher eine ‚Lebenskunst‘ sei und eine echte Veränderung des Lebensstils zu einem gesundheitlich positiven Verhalten nicht das Produkt von Verstehen, Bewerten und Umsetzen ist (vgl. Rosenbrock 2017, S.14). Auch Schmidt sieht Schwierigkeiten bei der Auslegung des Begriffs, da dieser einem engen Kompetenzverständnis folgt und daher besser als Gesundheitsinformationsverarbeitungskompetenz beschrieben wäre (vgl. Schmidt 2019, S.13). In der gesamten Debatte um Gesundheitskompetenz besteht nach Schmid die Gefahr, dass Erkrankungen bei Menschen als Mangel an gesundheitsförderlichen Verhalten in der Vergangenheit angesehen würden und die Personen daher eine Mitschuld an ihrem Schicksal hätten. Folglich erfahren diese Menschen weniger Mitgefühl und Beistand durch ihr näheres Umfeld. Diesem Gedanken liegt eine Überbetonung des Konzeptes Gesundheitskompetenz und seiner Fähigkeiten inne, indem Patientinnen und Patienten mündig und kompetent sein sollen. Im Kontext einer Überbetonung des Konzeptes sieht Schmidt andere Umweltfaktoren, die maßgeblicher den Gesundheitszustand eines Menschen bestimmen und somit GK nur eine untergeordnete Rolle spielt (vgl. ebd. S. 15). Diese Frage, welche Auswirkungen die Gesundheitskompetenz auf das gesundheitliche Verhalten und den Gesundheitszustand hat, ist Teil des folgenden Kapitels.
1.2. Forschungsstand zu Gesundheitskompetenz
Da sich der Begriff und das Konzept der Gesundheitskompetenz erst in den 1990er Jahren aus dem angloamerikanischen Raum ausgehend entwickelte, hat die Forschung vor allem in dieser Region eine längere Tradition. In Europa gibt es erst seit wenigen Jahren ausgiebige und systematische Forschungsarbeiten zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit und gesundheitsförderliches Verhalten. Einen wichtigen Schritt zur Etablierung des Konzeptes und der allgemeinen Forschung leistete die European Health Literacy Survey (HLS-EU), mit dem erstmals die Gesundheitskompetenz der Allgemeinbevölkerung mit spezifischen und validen Instrumenten gemessen wurde. Instrumente zur Messung von Gesundheitskompetenz unterscheiden sich in ihrer inhaltlichen Ausrichtung und können dabei allgemein gesundheitliche Aspekte abdecken oder sich auf spezielle krankheitsspezifische Themen wie Bluthochdruck oder Burnout fokussieren (vgl. Steckelberg/Hinnenburg 2019, S.26). Die konkrete Gestaltung der Messinstrumente ist dabei sehr divers. Für die HLS-EU wurden u.a. Telefoninterviews und Internetfragebögen verwendet. Das Erhebungsinstrument der HLS-EU wurde sowohl in seiner ausführlichen als auch in seiner kurzen Form mehrfach im Anschluss in Deutschland erhoben (u.a. Zok 2014 und Quenzel/ Schaeffer 2017).
Zwischen 2009 und 2012 wurde in acht Mitgliedsstaaten der europäischen Union (Österreich, Bulgarien, Griechenland in Form des Großraums Athen, Spanien, Irland, die Niederlande, und Polen) die Health Literacy Survey erstmalig durchgeführt. Deutschland selbst war nur in Form des Bundeslandes Nordrhein Westfalen (NRW) vertreten, was den zurückhaltenden Umgang mit dem Thema zu jener Zeit belegt (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.130). Zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurden vier Kompetenzlevels mit drei Index-Grenzwerten entwickelt, die das Ausmaß von Gesundheitskompetenz wiedergeben. Dabei bezeichnet das Intervall von 0 bis 25 Punkte eine unzureichende GK. 25 bis 33 Punkte markieren eine problematische GK, 33 bis 42 Punkte beschreiben ein ausreichendes Level und bei 42 bis 50 Punkten wird von einer exzellenten Gesundheitskompetenz gesprochen (vgl. Kolpatzik/Zok 2017, S.152). In den acht untersuchten Ländern hat jede Zweite Person eine unzureichende oder problematische Gesundheitskompetenz, was bedeutet, dass mit Ausnahme der Niederlande in allen untersuchten Ländern fast die Mehrheit der Bevölkerung keine ausreichende GK aufweist. Deutschland liegt dabei mit seinen 46,3% knapp unter dem europäischen Durchschnitt von 47,6%. Die Verteilung zwischen den untersuchten Ländern ist stark unterschiedlich. Während in den Niederlanden nur 1,8% eine unzureichende GK aufweist, sind es in Bulgarien 26,9%. Deutschland hat mit seinen 11,0 % einen niedrigeren Wert als Österreich (18,2%). Auch innerhalb eines Landes gibt es große Ausprägungen in den Zahlen. Während in Spanien 7,5% eine unzureichende GK haben, was nach den Niederlanden der niedrigste Wert ist, sind es bei der problematischen Einstufung in Spanien 50,8% (vgl. Pelikan/Ganahl 2017, 109ff).
Beim Blick auf die einzelnen Items des Erhebungsinstrumentes unterscheidet sich Deutschland von den anderen Ländern. Negativ zeigt sich dies beim Verständnis von medikamentösen Beipackzetteln sowie der Beurteilung von Informationen aus den Medien auf ihre Seriosität. 48,3% der Befragten aus NRW fällt es schwer, die Packungsbeilage ihres Medikamentes zu verstehen. Im europäischen Durchschnitt haben nur 28% der Befragten damit Probleme. Zudem fällt es den deutschen Befragten schwer, Informationen über Gesundheitsrisiken aus den Medien auf Seriosität und Vertrauenswürdigkeit zu beurteilen (Deutschland bzw. NRW 54,6%, europäischer Durchschnitt 42,1%). Positiver fällt die Einschätzung bzgl. der Verfügbarkeit von Sportangeboten und dem Eintritt in Sportvereine aus. Während in Deutschland, dem ‚Land der Vereine‘, nur 12,1% und den Niederlanden 10,4% der Befragten hier Probleme haben, sind es Bulgarien mehr als die Hälfte (58,4%). Auch in Griechenland (30,4%) und Polen (32,8%) sehen die Menschen darin eine große Herausforderung. Das Absetzen eines Notrufes stellt 3,9% der deutschen Befragten vor Schwierigkeiten. In Bulgarien empfinden es 18,3%, Griechenland 15,1% und in Österreich noch 6,2% der Teilnehmenden es als schwierig, im Notfall einen Rettungswagen zu allarmieren (vgl. Pelikan/Ganahl 2017, S.102 ff.).
Nachdem ersten Überblick zur Verteilung, Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Gesundheitskompetenz im europäischen Raum, wird im folgenden Kapitel die Fokussierung auf Deutschland verstärkt.
1.2.1 Gesundheitskompetenz in Deutschland
Die Ergebnisse der HLS-EU sorgten für Erstaunen und eine größere Aufmerksamkeit in Deutschland, nachdem die Bundesrepublik hinter den Niederlanden und Irland und auf einem Niveau mit Polen rangierte (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.130). In den Folgejahren wurden Forschungen in Deutschland intensiviert, die sich im Gegensatz zur HLS-EU nicht nur auf ein Bundesland beschränkten. Im Verlauf dieses Kapitels werden die Ergebnisse vorgestellt und miteinander verglichen.
Mit seiner Studie bei gesetzlich Krankenversicherten (GKV) untersuchte (Zok 2014) mit Hilfe einer Kurzform des HLS-Fragebogens erstmals die Gesundheitskompetenz im gesamten Bundesgebiet. Im Vergleich zur HLS-EU, blieben die GKV unter dem europäischen Gesamtdurchschnitt. Zudem schnitten sie auch schlechter ab als die Befragten in NRW. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass sich die Grundgesamtheit von Zok und der HLS-EU unterschieden, da in NRW auch Privatversicherte befragt wurden, die eine tendenziell höhere Bildung und eine geringere Morbidität aufweisen (vgl. Zok 2014, S. 7).
Im Rahmen des bundesweiten Gesundheitsmonitorings „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA) wurde in einer Querschnittsbefragung der deutschsprachigen Wohnbevölkerung im Alter ab 18 Jahren, die Gesundheitskompetenz ermittelt. Die Ergebnisse weisen ähnliche Muster wie die HLS-EU und Zok (2014) auf, jedoch gibt es vor allem bei der problematischen GK Unterschiede. So ist der Wert bei GEDA mit 31,9% wesentlich geringer als bei den Befragten in NRW (35,1%) und vor allem den gesetzlich Versicherten (45%). Das Level ausreichender Kompetenz ist dagegen bei GEDA und HLS-EU ähnlich (55,8% bzw. 54,1%), nur die GKV-Versicherten (40,4%) schneiden schlechter ab (vgl. Jordan/Hoebel 2015, S.947).
Mit dem HLS-GER wurden erstmals repräsentative Daten zur GK der gesamten deutschen Bevölkerung vorgelegt. Die Daten beruhten dabei nicht nur auf einem einzelnen Bundesland (NRW bei der HLS-EU), einer bestimmten Gruppe (gesetzlich Versicherte bei Zok 2014) oder waren nicht nur Teil einer Gesamtuntersuchung (GEDA 2015) (vgl. Schaeffer et al. 2016, S.45). Zudem wurde bei der Querschnittuntersuchung von Teilnehmenden ab 15 Jahren die Langform des HLS-Fragebogens genutzt, was die Vergleichbarkeit der Studie zur HLS-EU unterstützt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Verteilung umfassender GK in der HSL-GER nach (Schaeffer, Vogt et al. 2017, S. 134) Eigene Darstellung. Angaben in Prozent.
Die Ergebnisse (vgl. Abbildung 3) der HLS-GER bestätigen die Trends der vorherigen Untersuchungen. 7,3% der Befragten (hochgerechnet ca. 8 Mio. Bürgerinnen und Bürger) weisen ein exzellentes Level an Gesundheitskompetenz auf.
Sie haben daher wenig Probleme im Umgang mit Gesundheitsinformationen, so dass sie diese leicht beschaffen, verstehen und das gewonnen Wissen auf ihre Situation übertragen können. 38,4% der Befragten haben ein ausreichendes Level von GK, womit sie ebenfalls Gesundheitsinformationen finden und für sich zu nutzen können, allerdings schätzen sie im Vergleich zur Gruppe mit exzellenter GK, gesundheitliche Anforderungen als schwieriger ein. Deutlich mehr Befragte sind im Bereich der problematischen Gesundheitskompetenz einzuordnen. 44,6% haben häufige Schwierigkeiten bei der Suche, dem Verständnis und dem Nutzen von Informationen. Sie sehen die Herausforderungen in den Bereichen Prävention, Gesundheitsförderung und Krankheitsbewältigung als schwierig oder sehr schwierig an. Beispielhaft ist hier das Beurteilen von Vor- und Nachteilen verschiedener Behandlungsmöglichkeiten genannt, was 55% der Befragten in dieser Gruppe vor sehr große Herausforderungen stellt. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei Informationen zu Krankheitsbildern oder psychischen Problemen (42,7%).
Äußerst große Schwierigkeiten und Herausforderungen in den Bereichen Krankheitsbewältigung, Gesundheitsförderung und Prävention sowie bei den vier Stadien der der Informationsbearbeitung haben 9,7% der Befragten, die damit ein unzureichendes Level an Gesundheitskompetenz aufweisen. 30% der Personen aus dieser Gruppe haben im Bereich Krankheitsbewältigung Probleme, den Beipackzettel ihres Medikaments zu verstehen. 70% empfinden es als ziemlich schwierig zu entscheiden, ab wann sie die Zweitmeinung einer anderen Ärztin oder eines anderen Arztes einholen sollten. Das Bild überträgt sich auch auf die anderen Bereiche. Bei der Prävention und Gesundheitsförderung fällt es ihnen schwer, sich über entsprechende Angebote am Arbeitsplatz oder in der Schule zu informieren und anzunehmen (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.136 f.). Die Gesamtverteilung von Gesundheitskompetenz in der HLS-GER spiegelt sich auch in den drei zentralen Bereichen Prävention, Gesundheitsförderung und Krankheitsbewältigung wider. Die größte Herausforderung liegt in der Gesundheitsförderung, da in diesem Bereich die wenigsten Menschen (6%) ein exzellentes GK-Level haben und mit 20,8% der höchste Wert an unzureichender GK besteht (vgl. ebd. S. 136).
Im Vergleich mit der HLS-EU kommt auch die HLS-GER zu einem ähnlichen Gesamtergebnis, wenngleich sich Unterschiede aufzeigen. Der Anteil an Personen mit unzureichender oder problematischer Gesundheitskompetenz ist in der deutschen HLS (54,3%) größer als bei der europäischen Erhebung (47,6%). Besonders deutlich wird dies beim Level problematischer GK, wo ein Unterschied von mehr als zehn Prozent besteht (44,6% HLS-GER vs. 35,2% HLS-EU). Eine noch größere Differenz ergibt sich im Bereich der exzellenten GK (7,3% HLS-GER vs. 16,5% HLS-EU) (vgl. ebd. S. 135).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Verteilung von GK in Deutschland. Zusammenfassung der drei größten Studien (HLS-EU 2012, GKV-Versicherte (Zok 2014) und HLS-GER (Schaeffer et al. 2016)). Eigene Darstellung. Angaben in Prozent
Abbildung 4 zeigt nochmals die Ergebnisse der bisher drei größten Erhebungen zur Messung von Gesundheitskompetenz in Deutschland. Die größten Gemeinsamkeiten der Studien gibt es bei der unzureichenden (9,7 bis 11 %) und ausreichenden (33,4 bis 38,4 %) Gesundheitskompetenz. Ansonsten ergeben sich zwischen den Studien teilweise große Diskrepanzen in den Werten. Auffallend sind dabei die 19,6% mit exzellenter GK bei der HLS-EU, die im Vergleich zu den gesetzlich Versicherten (7%) und der HLS-GER (7,3%) deutlich höher ausfällt. Gemeinsam eint die Studien eine klare Tendenz: Die Level an unzureichender oder problematischer Gesundheitskompetenz sind stark ausgeprägt und bilden mit Ausnahme der HLS-EU die Mehrheit bei den Befragten. Somit weist die Mehrheit der deutschen Gesamtbevölkerung ein unzureichendes Niveau an Gesundheitskompetenz auf.
Im Anschluss an die Erhebung zur Gesundheitskompetenz in der Allgemeinbevölkerung entstanden vermehrt Forschungsfragen zu bestimmten Schichten und Bevölkerungsgruppen. Quenzel et al. (2017) fokussieren sich in ihrer Untersuchung auf Jugendliche und Menschen ab 65 Jahren. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass bildungsferne Jugendliche und ältere Menschen eine deutlich niedrigere GK haben als die Allgemeinbevölkerung. Kommt der Faktor Migrationshintergrund hinzu, erhöht sich das Risiko einer schlechten Gesundheitskompetenz stark. Die Studie zeigt, dass eine niedrigere GK bei Menschen mit Migrationshintergrund vorrangig an geringen ökonomischen Ressourcen und einer niedrigen Bildung liegt und weniger an kulturellen Aspekten. Somit kommt dem Migrationshintergrund eine geringere Bedeutung zu, vielmehr ist der sozio-ökonomische Status der Familie von Relevanz. Quenzel et al. (2017) vermuten, dass vor allem beim Ernährungs- und Bewegungsverhalten durch eine Stärkung der GK Veränderungen erzielt werden könnten. Gesundheitlich schädliches Verhalten wie der übermäßige Konsum von Alkohol und Tabak weist dagegen kaum einen Zusammenhang mit der Ausprägung von GK auf (vgl. Quenzel et al. 2017, S.172 f.).
Mit der Betrachtung der Studie von Quenzel et al. (2017) werden Determinanten in den Vordergrund gerückt, die einen Einfluss auf die Ausbildung des Kompetenzlevels einer Person haben. Das nächste Kapitel nimmt diese Einflussvariablen in den Fokus und schaut auf ihre Auswirkungen auf die Gesundheitskompetenz und den Gesundheitsstatus eines Individuums.
1.2.2 Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheitskompetenz und das gesundheitliche Wohlbefinden
Soziale Determinanten als Einflussfaktoren auf die individuelle Gesundheitskompetenz wurden in zahlreichen US-amerikanischen Studien untersucht. Dabei zeigt sich, dass GK sozial ungleich verteilt ist. Auch die HLS-EU-Studie kommt für den europäischen Raum zu diesen Ergebnissen. Hierbei wurden fünf soziodemografische bzw. sozio-ökonomische Indikatoren herangezogen, die alle signifikante (**signifikant auf 01.-Niveau (zweiseitig)) Effekte auf die individuelle Gesundheitskompetenz haben. Die gewählten Indikatoren sind: finanzielle Deprivation, sozialer Status (Selbsteinschätzung), Bildung, Alter, Geschlecht.
Als größter Einflussfaktor erwies sich finanzielle Deprivation (β=-.24). Der selbst eingeschätzte sozialen Status (β=.14) und das Bildungsniveau (β=.13) liegen nah beieinander. Das Alter (β=-.09) und Geschlecht (β=.06) wirken sich ebenfalls auf die Ausprägung der GK aus, wobei Frauen eine geringfügig bessere GK haben als Männer. Zwischen den Ländern variieren die Effektstärken. Auch in Deutschland und Österreich wirkt sich die finanzielle Deprivation am stärksten auf die GK aus. In Deutschland folgt im Gegensatz zum europäischen Durchschnitt schon an zweiter Stelle das Bildungsniveau (β=.10) und auch das Geschlecht hat ein größeres Gewicht (β=.09). In Österreich hat dagegen das Alter den zweithöchsten Stellenwert (β=-.15), ehe auch hier das Geschlecht folgt (β=.08). Während in Deutschland der soziale Status und das Alter keine signifikanten Einflüsse auf das Ausmaß von GK haben, sind es in Österreich neben dem sozialen Status der Bildungshintergrund (vgl. Pelikan/Ganahl 2017, S.112 ff.)
Die HLS-GER nahm in ihrer Auswertung die Faktoren Migrationshintergrund, Bildungsniveau, Lebensalter und chronische Erkrankungen auf. Dabei haben 17,5% der Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland eine unzureichende und 53% eine problematische Gesundheitskompetenz, womit sie deutlich stärker vertreten sind als Menschen ohne Migrationshintergrund (43,8%) im selben Kompetenzbereich. Besonders große Schwierigkeiten bestehen bei dieser Gruppe in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung, deutlich besser ist es bei der Krankheitsbewältigung. Die Gründe für die Datenlage sind divers. Neben sprachlichen und kulturspezifischen Hürden können sich auch literale Schwierigkeiten verstärkend auswirken. Gerade für neu Zugewanderte beeinflussen auch unzureichende Kenntnisse über die örtlichen Strukturen des Gesundheitssystems mit seinen Möglichkeiten, Angeboten und Nutzungsmodalitäten die Gesundheitskompetenz. Kulturspezifische Unterschiede im Umgang mit Gesundheit, Krankheit und Behandlungsmethoden können ein zusätzlicher Faktor sein, werden aber bei Quenzel et al. (2017) als geringer erachtet (vgl. Messer et al. 2017, S.189).
Ein niedriges Bildungsniveau korreliert ebenso mit einer niedrigen Gesundheitskompetenz (46% der Befragten mit niedrigem Bildungsniveau haben eine problematische GK), wohingegen nur 7,4% und 5,8% der Befragten mit hohem bzw. mittleren Bildungsniveau eine problematische GK aufweisen. Menschen mit niedrigem Bildungsniveau schätzen vor allem die Anforderungen in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung als problematisch ein. Auch ein höheres Lebensalter, in der Studie ab 65 Jahren, und eine niedrige Gesundheitskompetenz stehen zueinander in Beziehung. Etwa 15,2% der Befragten in dieser Altersgruppe verfügen über eine unzureichende GK. Addiert man die Personen mit problematischer GK hinzu, weisen 66,3% in dieser Altersgruppe eine unzureichende oder problematische GK auf. Dies ist im Kontext des demografischen Wandels eine Herausforderung, da die Menschen in Industrienationen immer älter werden und sich dadurch vermehrt im Alter mit Fragen der Gesundheit auseinandersetzen müssen. Zusammenfassend lässt sich eine Altersschieflage erkennen, bei der jüngere Befragte wesentlich besser abschneiden als ältere. Im Bereich der exzellenten GK finden sich 10,3% aus der Gruppe der 15-29-Jährigen wieder, in der Altersspanne ab 65 Jahren sind es dagegen nur drei Prozent.
Als letzte Determinante wurden in der HLS-GER chronische Erkrankungen betrachtet. 55,9% der Befragten, die an einer chronischen Erkrankung leiden, verfügen über ein problematisches Level an Gesundheitskompetenz. Dagegen lassen sich nur knapp zwei Prozent der Befragten dieser Gruppe dem exzellenten GK-Level zuordnen. Im Bereich der Krankheitsbewältigung, von der Menschen mit diesem Faktor besonders betroffen sind, haben 21% eine unzureichende und 42,1% eine problematische GK. Folgerichtig bewerten zahlreiche Personen dieser Gruppe die Auseinandersetzung mit Therapien oder Krankheitssymptomen als ziemlich schwierig bzw. sehr schwierig. Dies stellt ein erstaunliches Ergebnis dar, da bisher davon ausgegangen wurde, dass chronisch Kranke durch das jahrelange Leben mit ihren Beschwerden zu Experten ihres Krankheitsbildes werden und mit Therapie- und Behandlungsmodalitäten weniger Schwierigkeiten haben (vgl. Schaeffer et al. 2017, S.137 ff.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Auswirkungen sozioökonomischer Faktoren auf die Gesundheitskompetenz. Vergleich zwischen Versicherten der GKV (Zok 2014) und der HLS-GER (Schaeffer et al. 2016). Eigene Darstellung. Angaben in Prozent.
Abbildung 5 stellt alle sozio-ökonomischen Faktoren aus den Studien bei gesetzlich Krankenversicherten von Zok (2014) und der HLS-GER (Schaeffer et al. 2016) anhand der größten Pole ‚exzellente‘ und ‚unzureichende‘ GK dar und setzt diese in einen Vergleich. Im Bereich der exzellenten GK schneiden sowohl bei den gesetzlich Versicherten als auch bei der HLS-EU Frauen besser ab.
Im Falle des unzureichenden Kompetenzlevels sind die Geschlechter dagegen in den beiden Studien unterschiedlich gewichtet. Bezüglich des Lebensalters ist es bei der HLS-GER die jüngste Gruppe im Alter von 15-29 Jahren, die den höchsten Wert exzellenter GK hat, bei den GK-Versicherten ist dies die mittlere Altersgruppe von 40-49 Jahren. Während die HLS-Studie die Befunde von Quenzel et al. (2017) bestätigt und das GK-Niveau mit steigendem Alter abnimmt, sind die Zahlen bei den GKV-Versicherten wesentlich diverser, was sich auch bei der unzureichenden GK zeigt. Konvergenz herrscht zwischen beiden Studien beim Bildungsniveau. Eine exzellente GK korreliert mit einer hohen (Schul-)Bildung und ein niedriges Bildungsniveau fällt mit einer unzureichenden Gesundheitskompetenz zusammen.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Bevölkerungsgruppen, die grundsätzlich schon mit sozioökonomischen oder gesundheitlichen Nachteilen konfrontiert sind, auch eine schlechtere Gesundheitskompetenz haben. Im letzten Teil dieses Kapitels wird untersucht, inwiefern sich diese Faktoren und die Ausprägung von Gesundheitskompetenz auf das Gesundheitsverhalten, den Gesundheitszustand und das Krankheitsverhalten auswirken. Auch die HLS-EU-Studie konnte internationale Befunde bestätigen, nach denen sich die ausgebildete Gesundheitskompetenz auf das Gesundheitsverhalten, den Gesundheitszustand und das Krankheitsverhalten auswirkt. Hierbei sind erneut Unterschiede in den einzelnen Ländern ersichtlich.
Gesundheitsverhalten Als Indikatoren für gesundheitlich positives Verhalten wurden Bewegungsfähigkeit, der Body-Mass-Index (BMI), Alkoholkonsum und Rauchverhalten herangezogen. Der stärkste signifikante Zusammenhang zeigt sich zwischen dem Ausmaß an GK und der Bewegungshäufigkeit (Europa Ø ρ=-.19 / Deutschland Ø ρ=-21). Der zeitliche Aufwand für Bewegungsaktivitäten steigt dabei mit der Höhe der individuellen Gesundheitskompetenz. Geringere Schnittmengen gibt es mit dem BMI und dem Ausmaß an Alkoholkonsum im Zusammenhang mit GK, wobei die Werte für den BMI (ρ=-.07) und Alkohol (ρ=.7) beide signifikant sind. In allen untersuchten Ländern korreliert eine niedrige GK mit einem hohen BMI. Beim Alkoholkonsum trifft dies nur auf Griechenland zu, bei Rauchverhalten noch auf die Hälfte der untersuchten Länder. Somit hängen die Gesundheitskompetenz und der gewählt Lebensstil vor allem mit der Häufigkeit an aktiver Bewegung zusammen. Beim Suchtverhalten bzw. dem Konsum von Alkohol und Tabak ist der Zusammenhang gering und teilweise gar widersprüchlich.
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