Entscheidungstheorien in der int. Politik


Seminar Paper, 2000

15 Pages


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Entscheidungsbegriff
2.1 Situationsklassifizierung

3 Aufgaben der außenpolitischen Entscheidungsforschung
3.1 Der außenpolitische Entscheidungsprozeß als Untersuchungsgegenstand
3.2 Die Ebenen der Analyse
3.3 Theoretische Annahmen

4. Die Spieltheorie
4.1 Grundbegriffe und Annahmen
4.2 Modelle
4.3 Das Prisoner Dilemma (PDG)

5. Schlußwort

1. Einleitung

Bereits im antiken Griechenland beschäftigte man sich mit dem Zustandekommen außenpolitischer Entscheidungsprozesse.

Einer der wohl bedeutendsten Geschichtsschreiber, Thukydides (460-396), bemerkte in seiner Geschichte über den Peleponnesischen Krieg, daß der geschichtliche Verlauf nicht durch die Götter, sondern durch kausale Zusammenhänge bestimmt werden.

Er wurde damit zum „Schöpfer der objektiven Geschichtswissenschaften“.1

Die Klärung der Gründe außenpolitischer Handlungen war auch ein Thema der Sozialphilosophie.

Die im Mittelalter entstandene Literaturform des Fürstenspiegels wandte sich an Fürsten und Adel, um ihnen Regeln für ihr Handeln zu geben, wobei ethische Normen und herrscherliche Idealbilder im Vordergrund standen.2

Von dieser eher normativ geprägten Literaturform abweichend, versuchte Macchiavelli , im 16. Jh., „aus der Beobachtung historischer Einzelfälle Regelmäßigkeiten abzuleiten“3 und rationale Handlungsanweisungen zu erstellen.

In den Politikwissenschaften spielen entscheidungstheoretische Ansätze erst seit den 50‘er Jahren eine zunehmende Rolle.4

Im ersten Teil dieser Hausarbeit beschäftige ich mich mit den Grundlagen der Entscheidungstheorie und stelle dann im zweiten Teil den spieltheoretischen Ansatz vor.

2. Der Entscheidungsbegriff

Es gibt drei Komponenten, die im wesentlichen den Terminus der Entscheidung bestimmen:

1. Der Wille (eines Individuums oder Akteurs) zur Gestaltung, Organisation und Lösung eines bestehenden Problems.
2. Die Selektion von Zielen und Informationen zur Ermittlung aller möglichen Handlungsalternativen, sowie die Bewertung und Ordnung der (aus den Handlungsalternativen ableitbaren) Konsequenzen.
3. Der Prozeß, d.h. die Zeit die zur Lösung des Problems zur Verfügung steht.

Willens- und Wahlakt sind demzufolge das Fundament der Entscheidung.

Erst durch den Willensakt, läßt sich eine Lösung, die das Ergebnis des Wählens ist,

realisieren. Also müssen sich Willens- und Wahlakt ergänzen, damit es zu einer Entscheidung kommen kann.5

Ist eine Vorentscheidung getroffen und der Akteur will einen Ist- in einen Sollzustand umwandeln, liegt die größte Schwierigkeit darin, eine Bewertung der möglichen Konsequenzen durchzuführen.

„Der Schwierigkeitsgrad ergibt sich einerseits aus der subjektive Bewertung des Gesamtproblems und andererseits aus der ebenfalls subjektiven (auf mehr oder weniger Informationen beruhenden) Einschätzung, der sich aus dem Zusammenspiel von möglichen Strategien und Zustandsveränderungen ergebenen Folgewirkungen“.6

Die im Mittelpunkt der Betrachtung stehenden Handlungsalternativen und Strategien werden also von den unterschiedlichsten Einflüssen geprägt und führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Diese Erkenntnis führt zu einer grundlegenden Typisierung von Entscheidungssituationen.

2.1 Situationsklassifizierung

Wir halten fest, daß Entscheidungsprozesse von exogenen Faktoren beeinflußt werden.

Selbstverständlich gibt es auch Entscheidungsprozesse, bei denen das Resultat schon sicher feststeht. Diese Entscheidungen unter Sicherheit sind für den Entscheidungsanalytiker allerdings nicht von allzu großer Bedeutung.

Für ihn stehen vielmehr die Entscheidungen, die ein gewisses Risiko (d.h. mit unzureichenden Informationen) beherbergen, im Zentrum des Interesses.

Daraus ergibt sich die Klassifikation in:

- Entscheidungen unter Sicherheit und
- Entscheidungen unter Unsicherheit.

Eine weitere Unterscheidung wird zwischen:

- Entscheidungen unter Ungewißheit und
- Entscheidungen unter Risiko vorgenommen.

Eine Entscheidung unter Ungewißheit kommt durch absolute Informationslosigkeit zustande. Hier hängt das Eintreten von bestimmten Einflußfaktoren vom reinen Zufall ab. Wenn den Randbedingungen anhand geschätzter oder empirischer erfaßter Daten Eintrittswahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können, spricht man von Entscheidungen unter Risiko.7

3 Aufgaben der außenpolitischen Entscheidungsforschung

Der außenpolitischen Entscheidungsforschung geht es weniger um die Frage „Was?“ passiert ist, sie versucht vielmehr die Frage nach dem „Wie?“ zu klären:

„Wie kam es zu dieser Entscheidung? Warum wurde diese (und keine andere) Entscheidung getroffen? Wie wird in Zukunft entschieden werden? Und schließlich: Wie sollte und wie müßte entschieden werden?“8

Diese vier Fragen stellen gleichzeitig die möglichen Untersuchungsschwerpunkte (Dimensionen) außenpolitischer Entscheidungsprozesse dar:

1. die deskriptive Dimension, d.h. die Beschreibung des Entscheidungsprozesses;
2. die analytische Dimension, bei der die Erklärung des Entscheidungsprozesses im Vordergrund steht. Dazu untersucht man das Verhalten des Entscheidungsträgers im Hinblick auf frühere Entscheidungen, früher schon einmal gewählte Strategien, etc.;
3. die nomothetische Dimension, die durch den Vergleich verschiedener Prozesse hofft, gewisse Gesetzmäßigkeiten herauslesen zu können, die der Theoriebildung dienen sollen;
4. die normative Dimension, bei der es gilt nach der „richtigen“ Entscheidung zu suchen, i. S. einer Orientierung an höhere Werte, wie ethische Moral, „nationales Interesse“, „Frieden“, etc.9

Im folgenden werde ich mich auf die drei erstgenannten Dimensionen beschränken, da die normative Dimension u. a. philosophische Zugänge verlangen würde, die den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen würden.

3.1 Der außenpolitische Entscheidungsprozeß als Untersuchungsgegenstand

Außenpolitik ist „aktives Handeln“. Autorisierte (individuelle oder kollektive) Akteure treffen aufgrund vorhandener Informationen und ihrer eigenen Interessen eine Entscheidung („decision“), die ein bestehendes Problem lösen soll.

Die letztendliche Umsetzung („implementation“) in konkrete Politik ist dagegen meist nur durch ein Zusammenwirken verschiedener Akteure möglich.

Selten bestimmt ein einzelner Politiker durch seine alleinige Entscheidung die Außenpolitik seines Landes. Außenpolitik muß man also eher als „ein Bündel von zielgerichteten Handlungen („output“) kooperierender oder konfligierender politischer Akteure“10 sehen. Der Bedeutung des anstehenden Problems und der zur Verfügung stehenden Zeit entsprechend, lassen sich verschiedene Typen außenpolitischer Entscheidungen aufstellen:

1. Planungsentscheidungen, die von langer Hand vorbereitet werden können.

Ausschüsse können Strategien und Konzepte zur Lösung zukünftiger Probleme ausarbeiten.

2. Bei Routineentscheidungen werden Probleme von geringer politischer Bedeutung behandelt und mit Hilfe von Routineverfahren („standard operating procedures“) gelöst. Die hier getroffenen Entscheidungen finden unter geringem Zeitdruck statt, bringen allerdings selten Lösungen von großer Bedeutung hervor. Spitzenpolitiker oder hochrangige Ausschüsse beschäftigen sich so gut wie nie mit solchen Problemen, sie werden auf der „Arbeitsebene“ durch dafür autorisierte Beamte gelöst.

3. Wenn ein schnelles Handeln gefordert ist werden Krisenentscheidungen getroffen.

Da diese, unter hohem Zeitdruck gefällten, Entscheidungen meist von großer Tragweite sind, werden sie von hochrangigen Politikern getroffen.11

Da das Ergebnis („outcome“) einer außenpolitischen Entscheidung nicht nur für eine Nation von Bedeutung ist, muß man berücksichtigen, daß das Handeln hier auch von den Reaktionen anderer Akteure abhängig ist.

Diese Art von Rückkoppelungsprozessen darf man bei der Untersuchung außenpolitischer Entscheidungsprozesse nicht vernachlässigen.

Dominierend bei den Untersuchungen sind jedoch die akteursbezogenen Ansätze.

Diese muß man noch von den strukturbezogenen Ansätzen, die die Strukturen des internationalen Staatensystems (z.B. anarchisches Staatensystem, Bipolarität, etc.) für die Entwicklung außenpolitischer Entscheidungen verantwortlich machen, unterscheiden. Die verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten sind hier bereits vorgegeben (Außenpolitik wäre ein „passives Verhalten“).

Bei dem Versuch das Zustandekommen außenpolitischer Entscheidungen nationaler Akteure zu erklären, darf die Systemebene natürlich nicht ausgeblendet werden, das Hauptaugenmerk wird im folgenden aber auf der Akteursebene liegen.12

3.2 Die Ebenen der Analyse

Wir halten fest, daß Entscheidungsprozesse auf der Akteurs- und Systemebene untersucht werden. Um auf der Akteursebene sinnvoll arbeiten zu können, ist es notwendig, sie weiter zu differenzieren und von insgesamt drei verschiedenen Ebenen auszugehen:

1. die Ebene individueller (innerstaatlicher) Akteure: Regierungschef, Politiker, Beamte, usw.
2. die Ebene kollektiver innerstaatlicher Akteure: z.B. Kabinett, Regierungsausschüsse, Parteiführungen
3. die Ebene internationaler Akteure: Staaten, internationale Organisationen, multinationale Konzerne o.ä.13

„Jede Untersuchungsebene verfügt über spezifische Theoreme und eine eigene Begrifflichkeit, sie erschließt dem Wissenschaftler spezifische Einsichten und verweigert ihm andere.“14

Bei einer Untersuchung auf individueller Ebene wird die Ebene der kollektiven innerstaatlichen Akteure und die der internationalen Akteure nur als Umfeld gesehen.

Sie selbst werden nicht näher durchleuchtet und beziehen sich nur (ihrer Wirkung nach) aud das Individuum.

Auf der Ebene innerstaatlicher Akteure ist das Individuum ein Bestandteil des Kollektivs und das internationale System wird wiederum nur als Umfeld gesehen; beide bilden die Rahmenbedingungen der Untersuchung.

Wenn der Staat im Zentrum des Interesses steht, gehen individuelle und kollektive Akteure meist unter, sie verschwinden in der sogenannten „black box“, die nicht näher untersucht wird.

Da jede Ebene bei Untersuchungen Defizite aufweist, sollten sie durch die Ergebnisse der anderen Ebenen ergänzt werden.

Ein wirklichkeitsnahes Abbild eines Entscheidungsprozesses kann also nur durch die Vermischung verschiedener Betrachtungsweisen gewonnen werden.15

3.3 Theoretische Annahmen

Es gibt die verschiedensten Ansätze zur Klärung außenpolitischen Handelns.

Sie lassen sich anhand der ihnen zugrundeliegenden Annahmen in drei Kategorien unterteilen:

1. Ansätze, die von einem rationalen, ziel- und zweckgerichteten Handeln individueller oder kollektiver Akteure ausgehen.
2. Ansätze, die zur Klärung das operative Umfeld (d.h. die soziale und organisatorische Struktur oder das internationale System) heranziehen.
3. Ansätze, die Entscheidungen mit dem psychologischen Umfeld (d.h mit individuellen oder kollektiven Wahrnehmungs-, Einstellungs- oder Verhaltensvariablen) erklären.

Die Mehrzahl der traditionellen Ansätze unterstellen den Akteuren rationales Handeln.

Die Spieltheorie, die im zweiten Teil noch näher beschrieben wird, geht z. B. davon aus, daß ein Akteur seine Strategien so wählt, daß sie ihm am meisten nutzen.

Historisch gesehen ging der Versuch außenpolitische Entscheidungsprozesse zu klären erst von rationalen Verhaltensmodellen aus, bevor man sich mit den organisatorischen Umfeldinterpretationen beschäftigte.

Beispiele für die Spannweite der Umfeldansätze gehen von verschiedenen Ausprägungen der Systemtheorie über Informations- und kybernetische Modelle bis hin zu Organisations- und Bürokratietheorien.

Erst recht spät haben Ansätze, die das psychologische Umfeld von Entscheidungen thematisieren, an Bedeutung gewonnen. Hierbei zu nennen ist die Persönlichkeits- und Verhaltensforschung, verschiedene Ansätze der Perzeptionsforschung, sowie Untersuchungen über Einstellungsmuster und Rollenverhalten.16

Die Vielzahl der Ansätze läßt sich in einem Würfel- oder Gittermodell (in Anlehnung an Sylvan/Chan 1984) anordnen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4. Die Spieltheorie

Die Spieltheorie ist ihrer Entstehung nach eine mathematische Theorie.17

Die ihr zugrundeliegende Wahrscheinlichkeitstheorie und -rechnung entstand durch die Frage der Glücksspieler nach ihren möglichen Gewinnchancen an den Spielautomaten und -tischen. Spieltheoretische Überlegungen setzen ihren Schwerpunkt auf die Ermittlung bester Strategien zur Erreichung bestimmter interessensgeleiteter Ziele, einschließlich dem Interesse das Spiel zu gewinnen.18

4.1 Grundbegriffe und Annahmen

Die Spieltheorie geht - wie bereits erwähnt - von einer Rationalität politischen Handelns aus. Weiter geht sie davon aus, daß sich ein Akteur bzw. ein Spieler (ein Individuum, eine Gruppe oder ein Staat) in einer Konfliktsituation so verhält, daß er durch seine Entscheidung den größten Nutzen, bzw. den geringsten Schaden (Minimax-Prinzip) erwarten kann. Mit Hilfe der Spieltheorie lassen sich Matrizen aufstellen, in denen Handlungsalternativen und optimale Strategien übersichtlich veranschaulicht werden können. Sie läßt sich auf zwei verschiedene Analyseebenen anwenden, zum einen zur Interpretation außenpolitischer Entscheidungsprozesse und zum anderen zur Erklärung und Vorhersage von Interaktionsprozessen.19

Situationen, die von der Spieltheorie untersucht werden, sind durch folgende Elemente zu charakterisieren:

1. durch die Spieler, d.h. durch die Personen, deren Handlungen für den jeweiligen Prozeß von Bedeutung sind;
2. durch die Spielregeln, d.h. durch die Gesamtheit der Bedingungen, welche die Handlungsmöglichkeiten (und die damit verbundenen Konsequenzen) der Spieler festlegen.

Dabei sind vor allem folgende drei Teilelemente zu unterscheiden:

2.1 Die Strategie der Spieler, d.h. die ihnen zur Auswahl stehenden Handlungsmöglichkeiten.

2.2 Die Kooperationsform der Spieler (dürfen Absprachen getroffen oder Allianzen geschlossen werden).

2.3 Die Spielergebnisse, d.h. die Konsequenzen, die sie für die einzelnen Spieler aus der Wahl ihrer Strategien ergeben.20

Diese Grundelemente liefern zugleich eine erste Möglichkeit zur Klassifikation verschiedener Spieltypen.

So unterscheidet man unter anderem:

1. nach der Zahl der Spieler Zwei-Personen-Spiele und n-Personen-Spiele (wobei n > 2 und eine ganze Zahl sein muß).

2.1 Nach der Zahl der Strategien unterscheidet man endliche- und unendliche Spiele.

2.2 Je nach Art der Kooperationsmöglichkeit unterscheidet man zwischen kooperativen- und nicht-kooperativen Spielen.

2.4 „Nach den bei verschiedenen Strategiekombinationen auftretenden Ergebnissummen (...) unterscheidet man zwischen Spielen mit variabler Summe und Konstant-Summen-Spielen“21

In einem Spiel können analog zum o.g. Punkt 1 (Spieltypen) die Interessen zweier oder mehrerer Spieler aufeinander treffen.

Der erste Fall wird im allgemeinen als Zweipersonenspiel, der zweite als Mehrpersonenspiel bezeichnet.

Mehrpersonenspiele degenerieren (z.B. durch Koalitionsbildung) meist zu Zweipersonenspielen, so daß die Zweipersonenspiele von größerer praktischer Bedeutung sind.

Im Normalfall werden Zweipersonenspiele bei denen sich zwei Spieler A und B mit entgegengesetzten Interessen gegenüberstehen betrachtet.

Unter einem Spiel werden dann Handlungen zu verstehen sein, die aus einer Reihe von Operationen der Seiten A und B bestehen.

Um eine mathematische Analyse des Spiels gewährleisten zu können, müssen die Regeln klar definiert sein.

Unter den Spielregeln sind festgelegte Bedingungen, wie z.B. alle möglichen Varianten der Operationen beider Seiten, der Umfang an Informationen beider Seiten, die Spielzugreihenfolge , etc. zu verstehen.

Die Resultate eines Spiels kann man meist nicht quantitativ ausdrücken, so daß eine Bewertungsskala eingeführt werden muß.

So kann man beispielsweise vereinbaren, das dem Sieg der Wert +1, einer Niederlage der Wert -1 und einem Remis der Wert 0 zugeteilt wird.

Hier lassen sich wieder zwei Typen von Spielen unterscheiden, die sich aus den möglichen Ergebnissen ergeben:

1. Nullsummenspiele, bei denen die eine Seite das gewinnt, das die andere verliert. Die Bezeichnung kommt daher, daß die Summe der Verluste und Gewinne gleich 0 ist. Beim Nullsummenspiel befinden sich die Akteure in einem Dilemma - Entweder ich oder du, entweder Gewinn oder Verlust, entweder Sieger oder Besiegter.
2. Dagegen gibt es bei Nichtnullsummenspiele mindestens eine Lösung, die nicht als eine Lösung der Nullsummen-Art bezeichnet werden kann. Die Summe der Verluste und Gewinne ist hier immer < > 0.22

4.2 Modelle

Wenn es zwei Akteure gibt und jedem eine endliche Zahl von Strategien zur Verfügung steht, kann eine Situation in einer Matrix repräsentiert werden (Abb.2)23.

Abb.2 B

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Spalten repräsentieren die Strategien des einen Spielers, die Zeilen die des anderen; e bezeichnet die Ergebnisse (outcomes) die aus den Wahlmöglichkeiten von Spalte a1,2,3 und Zeile y1,2,3 resultieren.

Eine Spielsituation wird allgemein als Normalform bezeichnet ,wenn sie durch eine (Spiel)Matrix definiert ist. Die Struktur, die einem Spiel in Normalform unterliegt ist eine Baumstruktur.

Zur Illustration eines Szenarios der Spieltheorie wird im folgenden das „Knopfspiel“ („Button-Button“) beschrieben.

Button-Button wird folgendermaßen gespielt:

Guesser (einer der Teilnehmer) versucht zu erraten in welcher Hand Hider (der andere Teilnehmer) einen Knopf versteckt hat.

Das Spiel hat vier mögliche Ergebnisse: (1) Guesser sagt „links“ und der Knopf befindet sich in der linken Hand; (2) Guesser sagt „rechts“ und der Knopf ist links; (3) Guesser sagt „links“ und der Knopf ist rechts; (4) Guesser sagt „rechts“ und der Knopf ist rechts.

Wenn Guesser Hiders Wahl bekannt ist und die Auszahlungen unterschiedlich sind kann das Spiel als Baumdiagramm dargestellt werden (Abb.3)24.

Abb.3 (-2,2)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Übertragung des Spiels in Normalform muß man Hider zwei und Guesser vier Strategien zuordnen25:

Abb.4 B

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.3 Das Prisoner Dilemma (PDG)

Die Spielteilnehmer (Parteien, Personen, Gruppen), die sich in einer Situation, die mit dem PDG beschrieben wird, befinden, werden im Falle stillschweigenden Einvernehmens belohnt. Ein Bruch dieser Vereinbarung würde jedem der Beteiligten einen großen Vorteil den anderen gegenüber verschaffen.

Abb.5 B

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn man sich die Matrix26 ansieht, wird einem schnell klar, daß A kaum a1 wählen wird, um B zu seinem besten Gewinn zu verhelfen (im Umkehrschluß gilt das gleiche für B). Nun könnte man intuitiv annehmen, daß sich beide Parteien stillschweigend auf a1/b1 verständigen. Bei dieser Wahl ist allerdings entscheidend wieviel Einsatz das Ergebnis fordert. „Es ist bekannt, daß im Falle der PDG-Situation jeder der Partner dem anderen volles Vertrauen entgegenbringen bzw. sich voll auf den anderen verlassen müsste.“27

Aber „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ - diese „Volksweisheit“ bestätigt sich auch beim PDG. Unter diesem Gesichtspunkt ist für beide Spieler (im Sinne der Sicherheit) die zweite Strategie die bessere.

A2/b2 ist kein optimales Ergebnis, genügt allerdings dem Minimax-Prinzip.

Wenn es sich um eine einmalige Entscheidung handelt wird im Normalfall wohl die „Minimax“-Lösung gewählt. Stehen mehrere Entscheidungen hintereinander möglich, könnte einer der Teilnehmer auch einmal einen „Ausreißversuch“ starten.

5. Schlußwort

Die Entscheidungstheorien (insbesondere die Spieltheorie) können - meiner Meinung nach - nur bedingt bei der Analyse Außenpolitischer Entscheidungsprozesse helfen. In der Internationalen Politik gibt es viel zu viele Variablen, die berücksichtigt werden müssen. Auch wenn die heutigen Computer „große Datenmengen schnell verarbeiten“28 können, müssen letztlich Menschen Daten eingeben. Um einen großen Konflikt (Weltkrieg, große Hungersnöte, etc.) genau zu untersuchen, müßte man erst einmal sämtliche Daten zusammentragen, und diese möglichst auch von den Personen erhalten, die direkt am Konflikt beteiligt sind. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man z.B. von den Führungsstäben des Irak und den USA alle benötigten Informationen bekommt.

In Einzelfällen, d.h. in „kleineren“ Situationen (z.B. Bilaterale Verträge zwischen der Schweiz und der EU) kann man sicherlich sehr nahe an die Realität herankommen.

Aber die Entscheidungstheorien werden sich immer weiterentwickeln und vielleicht findet ja ein „neuer“ Thukydides eine allumfassende Theorie.

Literatur:

Helga Haftendorn, in Volker Rittberger (Hrsg.) „Theorien der Internationalen Beziehungen“, PVS Sonderheft 21, Westdeutscher Verlag, 1990

Dorothea Rumianek, „Sozialwissenschaftliche Aspekte der Entscheidungstheorie“ - Dissertation, Bielefeld, 1985

dtv-Atlas zur Weltgeschichte Bd.1, München, 1995

Diether Krywalski (Hrsg.), Knaurs Lexikon der Weltliteratur, 1986

Dieter Nohlen (Hrsg.), „Lexikon der Politik Bd. 6 - Internationale Beziehungen“, C.H. Beck (München), 1994

Ursula Lehmkul, „Theorien internationaler Politik“, Oldenbourg Verlag München, 1996

[...]


1 vgl. dtv Atlas zu Weltgeschichte Bd.1, 1995, S.58,

2 vgl. Knaurs Lexikon der Weltliteratur, 1986, S.104

3 Reinhard Meyers, in Dieter Nohlen (Hrsg.), Lexikon der Politik Bd.6, S.104

4 vgl. ebd., S.104

5 Rumianek, 1985, S.11

6 Rumianek, 1985, S.11

7 Rumianeck, 1985, S.11f

8 Helga Haftendorn, in Volker Rittberger (Hrsg.), PVS-Sonderheft 21, 1990, S.401

9 vgl. ebd., S.401f

10 ebd., S.403

11 vgl. ebd., S.403f

12 vgl. ebd., S.404

13 vgl. Helga Hafdendorn, S.405

14 ebd., S.405

15 ebd., S.405

16 vgl. Helga Haftendorn, S.406f

17 Vgl. Michael Zürn, in Dieter Nohlen (Hrsg.) Lexikon der Politik Bd.6, S.502

18 Vgl. Dorothea Rumianek, S.106

19 Vgl. Helga Haftendorn, S.408

20 Vgl. Rumianek, S.110f

21 Vgl. Rumianek, S.111

22 Vgl. Rumianek, S.112

23 nach Rumianek, S.113

24 nach Rumianek, S.114

25 nach Rumianek, S.115

26 nach Rumianek, S.128

27 Rumianek, S.128

28 Helga Haftendorn, S.409

Excerpt out of 15 pages

Details

Title
Entscheidungstheorien in der int. Politik
Author
Year
2000
Pages
15
Catalog Number
V98273
ISBN (eBook)
9783638967242
File size
3741 KB
Language
German
Keywords
Entscheidungstheorien, Politik
Quote paper
Kai Brauchle (Author), 2000, Entscheidungstheorien in der int. Politik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98273

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Title: Entscheidungstheorien in der int. Politik



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