Geschichte der Leipziger Messe
Leipzig ist Messe, Messe ist Leipzig, diesen Leitgedanken lebte die Stadt schon über viele Jahrhunderte. Den Grundstein für das internationale Messewesen legten dabei der Ideenreichtum und die sehr gut geographische Lage im Herzen von Europa.
Lange bevor es die Messe in Leipzig gab, liefen landschaftlich günstige Handelswege durch die Region und Leipzig hatte Straßenverbindungen zu vielen wichtigen europäischen Handelsmetropolen, wie zum Beispiel Breslau, Riga, Prag, Wien, Konstantinopel oder Paris. Im Schnittpunkt dieser ganzen Routen lag die Burg Libzi, die zum Schutz des Marktes errichtet wurde und erstmals 1015 erwähnt wird. Wegen dieser Bedeutung bekam Libzi als erstes in der Mark Meißen das Stadtrecht, welches eine wichtige Grundlage für die Entwicklung der Messe darstellte.
In der zweiten Hälfte des 13.Jahrhunderts ließen sich besonders Nürnberger Kaufleute nieder und errichteten Zwischenlager. Durch den Zwischenhandel und den Schutzbrief des Markgrafs Dietrich von Landsberg 1268 bestand weniger Risiko und das Marktleben wurde entscheidend belebt. Endgültige etablierte sich Leipzig als Messeplatz in Oberitalien und Süddeutschland, als Leipzig das Privileg für die Neujahrsmesse 1466 vom Kaiser Friedrich III. verliehen bekam.
Im 15.Jahrhundert, dem Jahrhundert der Entdeckungen, kam es zur Veränderung der europäischen Handelsströme und durch den Verlust der dominierenden Stellung von Vendig und der Hanse, stieg Leipzigs Bedeutung als Umschlagplatz für Rauchwaren, d.h. Pelze, Metalle und vor allem sächsisches Silber und Zinn. Auch Spezereien der Neuen Welt, zum Beispiel Seide und Edelsteine, faden ihren Weg über Leipzig in die Ferne.
Durch das Privileg von Kaiser Maximalian I. 1497 wurde die Bedeutung der Handelsstadt als Reichsmesse manifestiert. Das Privileg berücksichtigte dabei alle 3 Messen, die Jubilate-, Michaelis- und Neujahrsmesse, und gewährte Messegästen mit Waren freies Geleit. Das 2.Privileg von 1507 sicherte Vormachtstellung von Leipzig, da die Stadt als einzigste im Umkreis von 115km ein Zwischenlager betreiben durfte und alle Waren innerhalb dieses Gebietes in Leipzig feil geboten werden mußten. Diese sogenannte Stapelrecht kam einen Vorkaufsrecht für Leipziger Händler gleich und Erfurt sowie Magdeburg waren nicht mehr konkurrenzfähig. Das Stapelrecht diente nicht nur zur Geldeinnahme, sondern zog zwischen 1470 - 1650 auch 689 neue Kaufleute an.
Im 17.Jahrhundert hatte die Messe eine große Krise, die durch gescheiterte Spekulationsgeschäfte dreier Bürgermeister und den Dreizigjährigen Krieg (1618 - 1648) verursacht wurde. Zuerst profitierte Leipzig zwar durch den Handel mit der Armee, zum Beispiel mit Pferden, als aber der Krieg auch in Leipzig ausbrach konnte man die Messe in nur kleinen Rahmen durchführen. Zudem wurde das Messetreiben durch die schwedische Besetzung, die bis 1650 dauerte, und die Pestepidemie von 1680 - 1683 beeinträchtigt. Um denn Handel wieder zu beleben, bildeten die Leipziger Kaufleute eine Handelsdelegation und sicherten durch verschiedene Ordnungen und Gesetze das Messerecht. Die politische Situation war zu dieser Zeit aber heikel, da August der Starke (1670 - 1733) sowie der preußische König Friedrich der Große, der Leipzig im Siebenjährigen Krieg (1756 - 1763) besetzte, nur finanziell an Leipzig interessiert waren. Dadurch mußte sich Leipzig unter ihren Schutz stellen und entwickelte sich zum Umschlagsplatz für englische Waren auf dem Kontinent.
Diese Entwicklung war aber nur teilweise positiv, da es zur Beschlagnahmung der Waren durch die französischen Truppen während der napolionischen Kriegen 1806 kam. Dies bedeutete einen großen Rückschlag für die Messen, der durch die Völkerschlacht 1813 verstärkte wurde. Jetzt spielten die Privilege für Leipzig keine Rolle mehr und Leipzig mußte sich stärker den je an die Wünsche des Marktes anpassen. Als erstes kam englische Kaufleute nach Leipzig zurück, um ihre Tücher und Garne in Musterbüchern feil zu bieten. Sie errichteten auch zahlreiche Musterlager und legten somit den Grundstein für die Mustermesse im 19.Jarhhundert.
Durch die Eisenbahntrassen, den Prozeß der Reichsfindung von 1871 und dem Wegfall der alten Zollgrenzen in den kleinen deutschen Herrschaftsgebieten, wurde Leipzig in der 2.Hälfte des 19.Jahrhunderts in eine Krise gestürzt. Diese wurde noch durch den Aufbau einer Herbstmesse in der neuen Reichshauptstadt Berlin verstärkt. Als Gegenmaßnahme reformiert die Handelskammer mit dem Rat der Stadt Leipzig 1892 das Messeprogramm. Der Kern des neuen Konzeptes bestand aus einer neuen Terminierung für die Messe und die Einführung von Ausstellung mit Musterkollektionen. Dies war die Geburtsstunde der Leipziger Mustermesse, die 1895 erstmals durchgeführt wurde. Die Konsequenz war aber, daß der Flair der Stände verloren ging und daß die Kleinhändler, die um ihre Warenmesse fürchteten, protestierten. Deshalb verliefen seit der Jahrhundertwende Muster- und Warenmesse, die sogenannte Kleinmesse, parallel zu einander und noch heute wird die Kleinmesse durchgeführt.
Zum 400.Jahrestag der Verleihung des Meßprivilegs durch Kaiser Maximilian I., wurde 1897 das städtische Kaufhaus als neues Messehaus eröffnet und stand damit nur man Beginn der so prägenden Bauphase für die Messe und Leipzig, in der die Mädlerpassage, Specks Hof und die Untergrundmessehallen entstanden.
Die Messe erhielt durch die Mustermesse einen erheblichen Aufschwung und mit der IBA, Internationale Baufach-Austellung 1913, sowie der Bugra, Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik 1914, konnten Themen vor dem 1.Weltkriegplaziert werden, die die Messe noch das gesamte Jahrhundert weiterhin begleiten werden. Währendes Krieges gab es nur noch kleine Messen und es entstand ,,das Meß-Amt für die Mustermessen", in dem Vertreter der Reichsregierung, der Stadt und Industrie- und Handelskammer Leipzig. Die neue Kraft hinter der Messe symbolisierte das neue Signet der Messe, das Doppel-M. So hat die Messe ihre Blütezeit in den zwanziger Jahren, trotz wachsender Konkurrenz in Deutschland und Europa. Das neu gegründete Unternehmen Technische Messe Leipzig GmbH, präsentierte 1918 auf 2000 qm Ausstellungsfläche 350 Aussteller. Die Herbstmesse lastete mit 9500 Ausstellern, 120000 Besuchern, davon 10000 aus dem Ausland, die Kapazitäten der Innenstadt aus und 1920 entstanden 17 Hallen auf dem Messegelände neben dem Völkerschlachtdenkmal mit insgesamt 130000 qm Ausstellungsfläche. Von 1919 - 1923 besaß die Messe in 66 Länder eine eigene Vertretung und wurde damit zur Weltmesse. Die Weltwirtschaftskrise 1929 erfaßte auch die Leipziger Messe und Besucher- sowie Ausstellerzahlen halbierten sich. Rettungsanker dafür waren große Geschäfte mit der Sowjetunion, die in der eigens 1926 gebauten sowjetischen Halle abgeschlossen wurde. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 erhielt die Messe zwar den Titel Reichsmustermesse, aber durch die Nationalisierung und Enteignung der Juden wurden ausländische Gäste abgeschreckt. Nach dem Kriegsausbruch fanden dann keine internationalen Messen mehr statt und durch die starken Zerstörungen der Messehäuser durch den Krieg, gab es ab 1942 gar keine Messen mehr.
Im Oktober 1945 wurde auf sowjetischer Anordnung hin die erste Messe nach dem Krieg durchgeführt, wobei Leipziger Erzeugnisse ausgestellt wurden. In den folgenden Jahren konnte sich die Messe weiter etablieren und war während des Kalten Krieges Ost-West- Treffpunkt. Die Messe war aber durch Rituale des sozialistischen Blocks gekennzeichnet und zur Leistungsschau umfunktioniert. Dabei wurde die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage, Wunsch und Realität in letzten Jahren immer größer.
Nach der Wende 1998 wurden die großen Mängel der Messe sichtbar und im September 1990 fand die letzte Herbstmesse statt. Die 1991 neu gegründete Leipziger Messe GmbH, die aus dem staatlichen Messeamt resultierte, führte im gleichen Jahr Fachausstellungen an Stelle der Universalmessen ein. Am 25.August 1993 wurde der Grundstein für das neue Messegelände, subventioniert durch das Programm ,,Aufschwung Ost", gelegt.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die Bedeutung der Leipziger Messe?
Die Leipziger Messe hat eine lange Tradition und war über Jahrhunderte hinweg ein wichtiger internationaler Handelsplatz. Ihre günstige geographische Lage im Herzen Europas trug maßgeblich zu ihrer Entwicklung bei.
Wie entstand die Leipziger Messe?
Vor der eigentlichen Messe bestanden bereits günstige Handelswege durch die Region Leipzig. Die Burg Libzi wurde zum Schutz des Marktes errichtet und Leipzig erhielt als erste Stadt in der Mark Meißen das Stadtrecht, was eine wichtige Grundlage für die Entwicklung der Messe darstellte.
Welche Privilegien trugen zur Etablierung der Leipziger Messe bei?
Kaiser Friedrich III. verlieh Leipzig 1466 das Privileg für die Neujahrsmesse, was zur Etablierung Leipzigs als Messeplatz beitrug. Das Privileg von Kaiser Maximilian I. 1497 sicherte Messegästen mit Waren freies Geleit. Das Stapelrecht von 1507 sicherte Leipzigs Vormachtstellung, da die Stadt als einzige im Umkreis von 115km ein Zwischenlager betreiben durfte.
Welche Krisen erlebte die Leipziger Messe im Laufe der Geschichte?
Im 17. Jahrhundert gab es eine große Krise durch gescheiterte Spekulationsgeschäfte und den Dreißigjährigen Krieg. Auch die napoleonischen Kriege und die Völkerschlacht von 1813 bedeuteten Rückschläge. Im 19. Jahrhundert führte der Aufbau einer Herbstmesse in Berlin zu einer weiteren Krise.
Wie reagierte Leipzig auf die Krise im 19. Jahrhundert?
Die Handelskammer und der Rat der Stadt Leipzig reformierten 1892 das Messeprogramm und führten die Leipziger Mustermesse ein, bei der Musterkollektionen ausgestellt wurden.
Welche bedeutenden Bauten entstanden im Zuge der Leipziger Messe?
Zum 400. Jahrestag der Verleihung des Messeprivilegs wurde 1897 das städtische Kaufhaus als neues Messehaus eröffnet. Später entstanden die Mädlerpassage, Specks Hof und die Untergrundmessehallen.
Wie entwickelte sich die Leipziger Messe im 20. Jahrhundert?
Die Mustermesse führte zu einem erheblichen Aufschwung. Während des Ersten Weltkriegs gab es nur noch kleine Messen. In den 1920er Jahren erlebte die Messe eine Blütezeit, die jedoch durch die Weltwirtschaftskrise 1929 gebremst wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Leipziger Messe während des Kalten Krieges ein Ost-West-Treffpunkt.
Was geschah nach der Wende 1989 mit der Leipziger Messe?
Nach der Wende wurden die Mängel der Messe sichtbar und die letzte Herbstmesse fand 1990 statt. Die neu gegründete Leipziger Messe GmbH führte Fachausstellungen ein und 1993 wurde der Grundstein für das neue Messegelände gelegt.
Welche Bedeutung hat die Leipziger Messe heute?
Trotz schwieriger Bedingungen belegt die Leipziger Messe einen guten Platz in der Rangfolge der deutschen Messeplätze und sichert Arbeitsplätze in der Region. Der Leitgedanke "Leipzig ist Messe, Messe ist Leipzig" gilt weiterhin.
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- Dirk Plotzki (Author), 2000, Wirtschaftliche Geschichte der Leipziger Messe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98267