Inhaltsangabe:
1. Worterläuterung und Bedeutung der Reformation
A) im Allgemeinen
B) bezogen auf die Reformation im 16. Jahrhundert
2. Wozu Reformen in der Kirche?
3. Die Reformation im 16. Jahrhundert
A) Die Ursachen für die Reformation
B) Die Ziele der Reformation
C) Die Reformation am Beispiel ,,Deutschland und die lutherische Reformation"
a) Auswirkungen der lutherischen Reformation auf andere Staaten Europas
_) Dänemark, Norwegen, Island, Schweden _) Schweiz (Reformator Zwingli) _) Republik Genf (Reformator Calvin)
_) Frankreich (unter Heinrich IV. unter Ludwig XIV.) _) Niederlande
_) Schottland
_) England (unter Heinrich VIII., Eduard VI., Maria I. Tudor und Elisabeth I.)
D) Ergebnisse der Reformation dieser Zeit
E) Zwischenfazit
4. Die Reformation in Mecklenburg - Vorpommern (bzw. in Mecklenburg und in Vorpommern)
A) allgemein
B) in Rostock (unter der Mitwirkung von Magister und Reformator Joachim Slüter)
a) Angaben zu Joachim Slüter
C) Zwischenfazit
5. Andere Reformationen im Laufe der Geschichte
A) Die Gregorianische Reformation
B) Die Franziskanerreformation
C) Zwischenfazit
6. Gesamtfazit
7. Worterläuterungen
8. Quellen
1. Worterläuterung und Bedeutung der Reformation im Allgemeinen:
Reformation: lateinisch ,,reformatio": Umgestaltung, Erneuerung
Das Wort "reformare" zeigt Mehrdeutigkeit: es kann "eine andere Form geben", "eine frühere bessere Form zurückgeben", "etwas Verformtes umgestaltend neu formen" oder "dem eigentlichen Wesen entsprechend gestalten" bedeuten.
A) Die Reformation als kirchliche und historische Erscheinung hat ihre Wurzeln in vielen Reformbewegungen. Die Initiatoren wollten die Kirche zurückführen auf das biblische und frühchristliche Ideal, das sie in der katholischen Kirche verlorengegangen wähnten.
Es gehört zu den beinahe ironischen Zügen jeglicher Reform, dass sie mit widersprüchlichen Motiven arbeitet. Um Neues zu bewirken, wird das überlegene Vergangene beschworen. Das Paradox liegt darin, dass Reformen versprechen, auf einen früheren besseren Zustand zurückzuführen, in Tat und Wahrheit aber eine Antwort auf die neuen Herausforderungen der Zeit sind und zu neuen, andersartigen Formen führen. Die Spannung beruht auf unterschiedlichen Konzeptionen der historischen Zeitläufe in den verschiedenen Epochen. Die Historiker des Altertums und des Mittelalters zum Beispiel gingen davon aus, dass eine historische Arbeit, je älter, desto besser und wahrheitsgetreuer sei. Jedes Zurückbesinnen auf die alten Meister wurde als besser erachtet als eine eigenständige Arbeit. Ganz anders dagegen in der modernen Geschichtswissenschaft: der neueste Forschungsstand gilt als dem älteren überlegen, weil er auf neueren und zahlreicheren Materialien beruht.
(H. Küng)
B) Die Bezeichnung des Zeitabschnitts und der Bewegung innerhalb der christlichen Kirche, die am Anfang des 16. Jahrhunderts ausgehend von Martin Luther die Vorherrschaft des Papstes in der westlichen Kirche beendete und zur Gründung protestantischer Kirchen führte.
2. Wozu Reformen in der Kirche?
Die grundsätzliche Frage lautet: wie versteht sich die Kirche selber und wie soll sie ausgestaltet sein? Am Beispiel eines Idealbildes kirchlicher Gemeinschaften und seiner Umsetzung soll das dargestellt werden. Das Ideal begegnet uns im Neuen Testament in der Apostelgeschichte: ,,Und alle, die gläubig geworden waren, bildeten eine Gemeinschaft und hatten alles gemeinsam. Sie verkauften Hab und Gut und gaben davon allen, jedem so viel, wie er nötig hatte. Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Einfalt des Herzen. Sie lobten Gott und waren beim ganzen Volk beliebt. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten." (Apg. 2, 44 - 47)
Dieses und ähnliche Motive bestimmten das Denken über die richtige Form im christlichen Glauben zuleben. Wenn immer der Anspruch besonders unerfüllt erscheint, kann der Ruf nach Orientierung am Urbild und dem korrekten Leben erklingen. Dazu kommt das Wissen um die Mangelhaftigkeit und Sündhaftigkeit menschlichen Lebens. In jedem Zeitalter gibt es überall die Missstände, die es zu beseitigen gilt. Die Kirche ist nicht nur menschliche Gemeinschaft, sondern auch Leib Christi. Dieser wird durch diese Mängel verletzt und um Verletzungen vorzubeugen versteht sich die Kirche auch immer als reformbedürftig.
3. Die Reformation im 16. Jahrhundert
A) Die Ursachen für die Reformation in Deutschland im 16. Jahrhundert waren, dass das
Reich als die politische Organisationsform Deutschlands um 1500 war von einem Dualismus, der zwischen dem Kaiser und den Ständen herrschte, bestimmt. Das heißt also, dass sich politisch die Zentralgewalt und die erstarkende Territorialgewalt gegenüber standen.
Außerdem waren die Bauern abhängig von der Grundherrschaft, woraus sich der Boden für soziale Spannungen ergab.
Eine andere Ursache war das abendländische Schisma, das im 14. Jahrhundert durch das Avignonische Exil hervorgerufen wurde, hatte dem Ansehen der Kirche geschadet und forderte eine Auseinandersetzung um die Gültigkeit päpstlicher Macht heraus. Doch trotz ihrer Zielsetzung, welche die Umstrukturierung der kirchlichen Hierarchie war, verliefen die daraufhin einberufenen Reformkonzilien (das Konstanzer Konzil von 1414 bis 1418 und das Basler Konzil von 1431 bis 1449) ergebnislos.
In den Jahren nach den Konzilien erlebte das Papsttum einen Niedergang. Doch war das geistige Klima Deutschlands zwar rom- aber nicht kirchenfeindlich. Wallfahrt, Wunderglauben, Reliquienkult, Heiligenverehrung und Marienfrömmigkeit sowie das kirchliche Stiftungswesen nahmen einen festen Platz im religiösen Leben der Menschen ein.
Weitere Ursachen waren, die Etablierung des erstarkenden Bürgertums, in den durch die wirtschaftliche Neuorientierung, erblühenden Städten und dass die großen Entdeckungen dieser Zeit das geographische Vorstellungsvermögen erweiterte. Auch, dass während der italienischen Renaissance eine Neubesinnung begann, die zur Richtung der forschenden Blicke auf die vom Menschen als gestaltbar und wandelbar empfundenen Welt beitrug, wodurch die Gelehrten der Renaissance Auskunft über den Mensch, der Objekt und Ziel der Studien war, in antiker Kunst und Sprache suchten. Diese geistigen Impulse und besonders die Leitgedanken, welche die Wichtigkeit der Sprachkenntnis betonen, waren es, die den Humanismus bestimmten. Er löste die mittelalterliche Scholastik als herrschende philosophische und theologische Richtung Westeuropas ab. Dadurch verloren die Geistlichen ihr Monopol auf Studium und Lehre, das sie bis dahin innegehabt hatten, und Nichtkleriker begannen, sich mit der antiken Literatur zu beschäftigen. Gelehrte wie der lateinische Humanist Lorenzo Valla kritisierten Bibelübersetzungen und andere Schriften, welche die Grundlage der kirchlichen Lehre und Überlieferung bildeten. Es gab einige, die außerhalb Italiens unter Nutzung des neuen Wissens die Kirchenpraxis der Untersuchung unterzogen. Ihr Anliegen, eine genaure Kenntnis der Heiligen Schrift zu erlangen, wurde zur Grundlage der Kritik, die Reformatoren an der Kirche übten. Sie betrachteten allein die Bibel als Quelle religiöser Autorität.
B) Ziel der Reformation war es, die Erneuerung der Kirche von innen heraus zu erreichen und den gottgewollten ursprünglichen und vollkommenen Zustand wiederherzustellen. Man wollte die Wahrheit über Gott und das Christentum finden, sowie die Art und Weise, wie Gottes Wille den Menschen bekannt wird und im täglichen Leben umgesetzt wird. Wiederherstellung des gottgewollten, ursprünglichen und vollkommenen Zustandes.
Mönch Savonarola stellte sich 1495 in Florenz vor das Volk und predigte an die Adresse der Geistlichen folgendes:
,,Tut Buße, ihr Priester, ihr Geistlichen, ihr Prälaten, lasst ab von den
Pfründen, lasst euren Prunk, eure Gastmähler und Gelage. Lasst eure
Geliebten. Ihr Mönche, lasst eure fetten Abteien und euren Ü berfluss an
Kleidung und Silber. Ihr Nonnen, wenn ihr Novizinnen aufnehmt, lasst euch nicht mit Geld bezahlen, lasst ab von Tand und Prunk und mehrstimmigen Gesängen. Meine Brüder, lasst alles Ü berflüssige, eure Bilder und Possen. Macht eure Kutten enger und aus grobem Stoff."
Daran sieht man, dass es ein anderes Ziel war, die kirchlichen Missstände, wozu die Ausnutzung des Amtes von adligen Bischöfen und Äbten um Macht und Reichtum zu erlangen gehörte, zu beseitigen.
C) Als im Herbst 1517 Martin Luther seine 95 Thesen, in denen er Theorie und Praxis des Ablasshandels kritisierte, veröffentlichte, hatte er den ersten Schritt über die theologischen Fundamentalfragen hinaus in den Bereich der kirchlichen Praxis unternommen. Damit war der Weg zu einer weiterführenden Kirchenkritik geebnet. Die päpstlichen Behörden befahlen Luther, sich der kirchlichen Gewalt zu unterwerfen. Er fuhr jedoch fort, sich für Reformationen einzusetzen. Luther übte Kritik an der Papstkirche, dem System der Sakramente und hielt daran fest, dass der Glaube des Einzelnen auf der Bibel basieren müsse. 1518 wurde der Prozess wegen Verbreitung neuer Lehren und Verdachts auf Ketzerei eröffnet. Nach einem ersten Verhör in Augsburg folgte Juni 1520 die Bannanordnungsbulle. Luther verbrannte sie nach ihrem Eintreffen vor seinen Studenten in Wittenberg. Dieser Akt war ein Symbol des entgültigen Bruches mit der Papstkirche. Die Bannbulle von 1521 bewirkte die endgültige Exkommunikation.
Im April 1521 musste sich Luther vor Kaiser Karl V., Fürsten und Vertretern der Kirche auf dem Wormser Reichstag verantworten. Da er sich weigerte seine Thesen öffentlich zu widerrufen, wurde über ihn die Reichsacht (Wormser Edikt) verhängt. Doch der sächsische Kurfürst stand weiterhin hinter seinem Professor und nahm ihn in Schutz. In seiner Zeit auf der Wartburg übersetzte der Reformator das Neue Testament ins Deutsche und verfasste Schriften, in denen er seine Grundsätze darlegte. Längst hatten Luthers Ideen ihre Anhänger gefunden. Mönche verließen ihre Klöster, Priester lösten sich vom Zölibatsgelübde. In Wittenberg lösten die kompromisslosen Forderungen von Andreas Bodenstein (genannt Karlstadt), der sich an die Spitze der Wittenberger Reformation gestellt hatte, Unruhen aus. Luther stellte sich einem radikalen Vorgehen entgegen. Er beurteilte die Spiritualisten, die jegliche Bindung des göttlichen Geistes an Bibelwort und Sakramente leugneten als ,,Schwärmer". Diejenigen, die an der althergebrachten Ordnung festhielten, d. h. der Kaiser, die meisten Fürsten und der höherrangige Klerus, unterstützten die Papstkirche. Die lutherische Lehre dagegen wurde von den norddeutschen Fürsten, dem niederen Klerus, Kaufleuten und großen Teilen der Bauernschaft befürwortet. Sie sahen in den Veränderungen ihre Chance zur größeren religiösen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Zwischen 1521 und 1525 trug die steigende Zahl von Flugschriften zur Verbreitung der reformatorischen Ideen bei.
Schon früh hatte es Bauernunruhen gegeben, doch sollte erst der Bauernkrieg (1524 - 1526) zu einer weitgreifenden Bewegung werden, die im Wirken von Thomas Müntzer ihren Höhepunkt und 1925 bei Frankenhausen ein jähes Ende fand. Der Krieg war für die Bauern ein Versuch, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Dabei erhofften sie die Befreiung von bestimmten Diensten, zu denen sie ihren geistlichen und weltlichen Herren gegenüber verpflichtet waren. Die Aufständigen übernahmen verstärkt reformattisches Gedankengut und die religiöse Sprache zur Formulierung ihrer Wünsche.
Die Bauern waren nicht die Ersten, die sich gegen die bestehende Ordnung zur Wehr setzten, denn schon unter den Reichsrittern hatte sich Widerstand gegen kaiserliche und kirchliche Bevormundung geregt. Franz von Sickingen kämpfte bis zu seinem Tod 1923 für die Durchsetzung einer Reichsreform und für die Konsolidierung des Rittertums.
Nach Ende der Bauernunruhen spitzte sich der Konflikt zwischen Lutheranern und Katholiken zu. Die Reichstage (Nürnberg 1522 und 1526, sowie Speyer 1524) endeten ohne Entscheidungen über die Durchsetzung des Wormser Edikts. Letztlich erbrachte der Reichstag in Speyer 1526 ein Kompromiss. Die deutschen Fürsten sollten sich frei für die Lehre Luthers entscheiden können. Drei Jahre darauf wurde der Reichstag erneut einberufen, und die päpstliche Kirche erklärte diese Übereinkunft für ungültig. Die Minderheit der evangelischen Stände verfasste dagegen eine Protestation. Damit wurde das öffentliche Zeugnis für die in Worms verurteilte Sache zum Charakteristikum der reformatorischen Bewegung, und diejenigen, die aus dieser Erneuerungsbewegung der christlichen Kirche hervorgingen, wurden als Protestanten bezeichnet.
Philipp Melanchthon verfasste 1530 das Augsburger Bekenntnis, eine zusammenfassende Darstellung der Lehre Luthers. Es wurde auf dem Augsburger Reichstag vorgetragen und danach zur theologischen Grundlage der neuen lutherischen Kirche. Da eine Anerkennung des Kaisers nicht möglich war, schlossen sich die protestantischen Fürsten 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammen. Da er durch Kriege mit Frankreich und den Türken in Anspruch genommen wurde, war der Kaiser zunächst auf friedliche Ausgleichsversuche bedacht. Nach dem Ende dieser Auseinandersetzungen verbündete er sich jedoch mit dem Papst sowie mit Herzog Moritz von Sachsen im Kampf gegen den Schmalkaldischen Bund. Damit begann ein innerdeutscher Religionskrieg. Die Protestanten mussten sich, da sie militärisch unterlegen waren, den kaiserlichen Forderungen unterwerfen. Es ergab sich erst eine Wendung, als sich Moritz von Sachsen mit anderen Fürsten gegen den Kaiser stellte und für die Protestanten eintrat. Aus dieser politischen und religiösen Pattsituation zog der Kaiser zog Konsequenzen und so wurde 1555 auf dem Augsburger Reichstag ein Religionsfrieden geschlossen. Er garantierte die Religionsfreiheit aller Herrscher der deutschen Staaten, wobei die Untertanen den Glauben des Herrschers annehmen mussten. Deshalb galt von nun an: ,,Cuius regio, eius religio" (,,Wessen das Land, dessen die Religion"). Damit war der Protestantismus im Deutschen Reich offiziell anerkannt.
a) _) Die Könige in Nordeuropa unterstützten die Entstehung der lutherischen Kirche. In Dänemark wurde eine Kirchenordnung, die auf der Grundlage des Augsburger Bekenntnisses basierte, entworfen, die 1536 auch von der dänischen Nationalversammlung eingeführt wurde. Außerdem wurde der Kirchenbesitz säkularisiert.
In dem zu Dänemark gehörenden Norwegen wurde die Reformation zeitgleich und in Island 1539 eingeleitet.
In Schweden leiteten die in Wittenberg ausgebildeten Brüder Olaus und Laurentius Petri die Reformbewegung. Vom schwedischen König Gustav I. Eriksson Wasa befürwortet und vom schwedischen Reichstag beschlossen, wurde der Protestantismus zur Staatsreligion und kirchliches Gut zum Eigentum des Königs.
_) Zur gleichen Zeit wie in Deutschland, jedoch als unabhängige Bewegung, entwickelte sich in der Schweiz ebenfalls eine Reformation. Ab 1518/19 fand Ulrich Zwingli als führender Prediger am Münster in Zürich Anerkennung. Er kritisierte in seinen Predigten den Ablasshandel sowie den Missbrauch kirchlicher Macht und erkannte nur die Bibel als einzige Quelle moralischer Autorität an. Diese Reform bedeutete einen Radikalen Bruch mit dem katholischen Kultus. Nichts wurde beibehalten, was sich nicht aus der Bibel erklären ließ. Prozessionen und Heiligenverehrung wurde abgeschafft, Priester und Mönche vom Zölibatsgelübde entbunden und die Messe durch einen schlichteren Kommunionsgottesdienst ersetzt.
Die Kaufleute und Händler, die zu den Hauptstützen der schweizerischen Reformation gehörten, bekundeten ihre Unabhängigkeit von der römischkatholischen Kirche und vom Reich. Auch Bern und Basel nahmen reformatorische Kirchenordnungen an, jedoch blieb die konservative Bauernschaft der Waldkantone katholisch. Zwischen 1529 und 1531 kam es zwischen protestantischen und katholischen Kantonen zu
Auseinandersetzungen, bei denen Zwingli ums Leben kam. Nach dem Friedensschluss konnte sich jeder Kanton für eine Konfession entscheiden.
_) Der Rat der Stadt Genf konnte 1542 von dem Theologen Johannes Calvin dazu bewegt werden, dass er eine reformatorische Kirchenordnung annimmt. Auch die Kirche wurde von ihm demokratisch organisiert werden, d. h. dass Pastoren, Älteste und Diakone von Laienmitgliedern der Gemeinde in ihre Ämter gewählt wurden.
Um für moralische Disziplin zu sorgen, führte Calvin strenge
Ausgabenkontrollen durch. Kleidung und Lebenswandel der Bürger waren
genauestens vorgeschrieben. Nonkonformisten drohten Verfolgung und sogar der Tod. Alle Bürger erhielten zumindest eine Grundausbildung, damit sie in der Lage waren um die Bibel zu lesen und zu verstehen.
_) Am Beginn der reformatorischen Bewegung in Frankreich stand eine Gruppe von Humanisten, die sich unter der Leitung von Lefèvre d´Étaples in Meaux bei Paris versammelten. Wie Luther beschäftigte sich Levère d´Étaples mit den Paulusbriefen und leitete aus ihnen die Überzeugung von der Rechtfertigung allein durch den persönlichen Glauben ab. Er übersetzte das Alte und das Neue Testament ins Französische.
Als Vertreter der Kirche und des Staates die Ähnlichkeit zwischen seinen Thesen und der Lehre Luthers erkannten, wurden zahlreiche Protestanten verfolgt. Diese verließen daraufhin Frankreich und ließen sich in der Schweiz nieder, wo ihre Zahl zunahm und sich der Calvinismus festigte. Zahlreiche in Genf durch Calvin ausgebildete Pastoren kehrten 1567 nach Frankreich zurück, um den Protestantismus zu verbreiten. Auf einer nationalen Synode in Paris kamen 1559 die Abgesandten der protestantischen Kirchen zusammen, um ein Glaubensbekenntnis und disziplinarische Regeln zu entwerfen, wobei sie auch gleich die erste protestantische Kirche Frankreichs nach Genfer Vorbild gründeten. Ihre Mitglieder wurden als Hugenotten bezeichnet und ihre Zahl stieg, trotz aller Versuche dies zu unterbinden, an. Die Spaltung Frankreichs in eine katholische und eine protestantische Partei führte zu acht Konfessionskriegen, den Hugenottenkriegen (1562-1598). Als der Hugenotte König Heinrich IV. den Thron bestieg, räumte er seinen Glaubensgenossen mehr Rechte ein. Da allerdings mehr als 90 Prozent der Franzosen Katholiken blieben, trat der König selbst zum Katholizismus über, gewährte aber den Hugenotten 1598 durch das Edikt von Nantes Religionsfreiheit. 1685 wurde das Edikt jedoch durch die gewaltsame Rekatholisierungspolitik Ludwigs XIV. stark eingeschränkt, und viele Hugenotten mussten Frankreich verlassen.
_) Kaiser Karl V., der in den Niederlanden über größere militärische Macht als in den deutschen Staaten verfügte, wollte die Verbreitung reformatorischer Ideen verhindern. Er ließ deshalb Luthers Bücher verbrennen. Schon 1520 verdammte die Universität Leuven lutherische Anschauungen. 1522 wurde die Inquisition eingesetzt und scharfe Edikte gegen Ketzer erlassen. Dies führte zum Untergang des Täufertums, das sich zunächst besonders schnell ausgebreitet hatte. Von Nordfrankreich kommend, verdrängte der Calvinismus lutherische Einflüsse und festigte die innere Verbundenheit der Niederländer gegen die katholischen Spanier. 1568 begannen die militärischen Auseinandersetzungen mit Spanien und endete erst mit dem Westfälischen Frieden. Damit verlor Spanien alle Ansprüche, und die Niederlande konnten zu einem unabhängigen protestantischen Staat werden.
_) John Knox führte die Reformation von Patrick Hamilton, welcher als Student in Wittenberg und Marburg Luthers Lehre kennen lernte, der erste Märtyrer der schottischen Reformbewegung war und aus diesem Grund 1528 auf dem Scheiterhaufen starb, weiter. Unter ihm wurde der Calvinismus zur Schottischen Staatsreligion. 1560 brachte er das schottische Parlament dazu, ein Glaubensbekenntnis und ein Moralbuch, die auf Genfer Vorbilder zurückgingen, anzuerkennen. Im weiteren Verlauf gründete das Parlament die schottische Presbyterianerkirche und organisierte eine Kirche, die im Wesentlichen durch die lokalen Kirchenversammlungen und durch eine Generalversammlung verwaltet wurde.
Die katholische Königin Maria Stuart versuchte, die protestantische Kirche zurückzudrängen. Nach siebenjährigem Kampf musste sie das Land verlassen, und der Calvinismus setzte sich in Schottland weitestgehend durch.
_) Im Gegensatz zu den anderen Ländern gab es in England keine Zersplitterung in regionale Glaubensgemeinschaften.
Hier vollzog sich der politische Bruch mit dem Papst, nachdem dieser sich geweigert hatte, die Ehe Heinrichs VIII. mit dessen Frau Katharina von Aragón, die keinen männlichen Erben zur Welt gebracht hatte, zu annullieren. Als sich Heinrich VIII. 1533 scheiden ließ und erneut heiratete, exkommunizierte ihn der Papst. Daraufhin ließ sich Heinrich VIII. 1534 durch das Parlament mit der Suprematsakte zum Oberhaupt der Kirche von England erklären, was auch fortan seine Nachfolger übernahmen. Damit schuf er eine unabhängige anglikanische Staatskirche. Zwischen 1536 und 1539 wurden Klöster aufgehoben und ihr Eigentum durch den König beschlagnahmt. Da dabei die Motive eher politischer als religiöser Natur waren, versuchte der König, die Lehre Luthers zu unterdrücken. Mit sechs Artikeln (Blutiges Statut), die das Parlament 1539 verabschiedete, wurde die Leugnung der theologischen Grundsätze des mittelalterlichen Katholizismus für Häresie erklärt und Gehorsam gegenüber dem Papst als kriminelles Vergehen verurteilt. Diese Edikte trafen sowohl die Protestanten, als auch die Katholiken.
König Eduard VI. führte die protestantischen Lehren in der anglikanischen
Kirche wieder ein. Das Blutige Statut wurde 1547 aufgehoben und Martin Bucer nach England eingeladen, um zu predigen. 1549 wurde ein Gebetbuch in englischer Sprache veröffentlicht, um die Gottesdienste in der anglikanischen Kirche zu vereinheitlichen. 1552 wurde es revidiert und ein neues Glaubensbekenntnis mit 42 Artikeln eingeführt. Nachdem der Versuch von Maria I. Tudor, den Katholizismus wieder zur Staatsreligion zu machen, scheiterte, setzte Königen Elisabeth I. 1563 den Protestantismus ein. Die Artikel des anglikanischen Glaubensbekenntnisses, auf 39 reduziert, waren nun protestantisch geprägt und standen dem lutherischen Bekenntnis näher als dem calvinistischen, wobei jedoch die episkopale Organisation und die katholischen Riten beibehalten wurden.
D) Ein Ergebnis der Reformation ist, dass sich drei eigenständige Kirchenrichtungen (protestantische, anglikanische und lutherische Kirche) formatierten.
Ein weiteres Ergebnis der Reformation ist, dass der Adel und die katholische Kirche an Macht verloren haben. Diese veränderten mittelalterlichen Machtstrukturen beseitigten religiös begründete Beschränkungen des Handels und des Bankwesens und Machten den Weg frei für die Entwicklung des modernen Kapitalismus. Durch die Verbreitung der reformatorischen Schriften in der jeweiligen Landessprache (nicht mehr ausschließlich Latein) entwickelten sich die Nationalsprachen und die Nationalkulturen. Außerdem entstanden neue Schulsysteme, die zur Volksbildung beitrugen.
Das heute immer noch das Reformationsfest gefeiert wird ist auch ein Ergebnis der Reformation des 16. Jahrhunderts.
E) Die Reformation aus dieser Zeit ist ganz eindeutig nicht nur eine Angelegenheit der Kirche. Das sieht man ganz eindeutig an dem Beispiel der Bauernunruhen, die ihren Höhepunkt 1524 hatten, die zwar nicht ausschließlich ihre Ursachen direkt in der lutherischen Reformation haben, aber durchaus den Auslöser. Außerdem haben die Bauern viele reformatorische Gedanken in ihre Forderungen und Wünsche mit eingebracht.
Das die Auseinandersetzungen zwischen den Geistlichen, dem Kaiser und den Reformatoren auch viele Menschenleben gekostet hat, ist ebenfalls ein Zeichen dafür, dass die Reformation auch eine weltliche Angelegenheit ist.
Da das Bürgertum den Glauben ihrer Herren annehmen mussten, wird sich dieses
sicherlich auch seine Gedanken über die Reformation gemacht haben, außerdem war ja ein Grund der Reformation, dass auch die normalen Bürger, die nicht lateinisch sprechen und auch keine Möglichkeit haben sich zu bilden, verstehen, was von den Pastoren in den Gottesdiensten gepredigt wird.
4. Die Reformation in Mecklenburg - Vorpommern (bzw. in Mecklenburg und Vorpommern)
A) In den größeren Städten des Landes wuchs im 16. Jahrhundert die soziale
Spannung. Die Unzufriedenheit in breiten Bevölkerungsschichten verhalf der Reformation sehr schnell zum Erfolg. 1540 hielt die Reformation im Bistum Schwerin Einzug, ausgenommen blieb nur der Schweriner Dom. Herzog Heinrich von Mecklenburg - Schwerin verordnete in seinem Landesteil einen plattdeutschen Katechismus und eine reformierte Kirchenordnung. Auf dem Landtag der Stände in Sternberg 1549 schließlich wurde das evangelische Glaubensbekenntnis für das ganze Land Mecklenburg beschlossen. Die Kirchengüter wurden weitgehend zwischen den beiden mecklenburgischen Herzögen aufgeteilt. Dieses vergrößerte den fürstlichen Besitz beträchtlich, denn der kirchliche Grundbesitz hatte vor der Reformation etwa ein Viertel des ganzen Landes umfasst. Auf dem Landtag in Sternberg erhielten die Stände zugleich das Recht der Steuerbewilligung. Die reichen Klöster Ribnitz, Dobbertin und Malchow gingen in das Eigentum des Adels über.
Die neue mecklenburgische Landeskirche baute maßgeblich der Rostocker Theologieprofessor David Chyträus (1531 - 1600) auf. Mit der Errichtung des landesherrlichen Kirchenregiments im reformierten Mecklenburg wandten sich die Fürsten auch der Umgestaltung des Bildungswesens zu. Herzog Johann Albrecht T. berief den Humanisten Andreas Mylius an den Hof, der nach dem Vorbild der fürstlichen Landesschule Meißen 1553 eine Schule in Schwerin einrichtete, an welcher adlige und bürgerliche Kinder freien Unterricht erhielten. Diese Fürstenschule wurde später aus Kostengründen mit der alten Domschule zusammengelegt. Die Domschule in Güstrow wurde als reformierte Lateinschule wiederbelebt. Nach Wittenberger Vorbild erfolgte die Neuordnung der Universität Rostock. In der Philosophischen Fakultät wurde nach Melanchthons Lehrbüchern das Studium der alten Sprache gelehrt. Ihren Ruf als eine der bedeutendsten protestantischen Hochschulen verdankte die Universität Rostock der Theologie. Besonders Johann Tarnow, der 1614 als Professor berufen wurde, war als Bibelexeget der lutherischen Kirche sehr geachtet. Es fehlten jedoch ein einheitliches landesherrliches Schulgesetz und eine einheitliche Schulverwaltung. Die städtischen Schulen, die den Magistraten unterstanden, waren zumeist kümmerlich ausgestattet. Die Schullehrer erhielten nur einen kärglichen Lohn.
Der große Reformator Pommerns war Johannes Bugenhagen (1485 - 1558), der seine humanistische Bildung über Schüler des Paulinum zu Münster vermittelt bekam. Über Melanchthon erhielt nach der Reformation das Bildungswesen in den protestantischen Ländern eine lange nachwirkende Prägung durch die Gründung von Gelehrtenschulen und Landesuniversitäten. Die im Sinne Melanchthons verfasste kursächsische Schulordnung von 1528 wurde auch zum Vorbild für Mecklenburg und Vorpommern. Bugenhagen verfasste die reformierte Kirchenordnung für Pommern 1535 und schlug zugleich die Neugründung Greifswalds vor, wo der Universitätsbetrieb völlig zum Erliegen gekommen war. Jedoch blieb der Aufschwung nur kurzfristig.
B) Bereits 1526 wurden in Rostock erste Predigten im Sinne Luthers gehalten.
Joachim Slüter verbreitete durch seine Predigten und die Niederschrift eines Katechismus, eines Gebetbuches und von Gesangbüchern in niederdeutscher Sprache die reformatorischen Gedanken. Bereits ab dem 1. April 1531 wurden in allen Kirchen Rostocks lutherische Gottesdienste abgehalten.
Nachdem Rostock seit Jahresbeginn 1531 offiziell evangelisch war, kam es noch im selben Jahr zu einem offenen Streit, da es zum Bruch der Eintracht sowohl in der Kirche als auch in der Gemeinde kam, der wegen vielen Meinungsverschiedenheiten, in denen es unter anderem um die Rolle der Muttersprache im Gottesdienst ging, ausgelöst wurde.
a) Joachim Slüter wurde um 1490 in Dömitz an der Elbe geboren. Bis zum Jahr 1517 ist über den Werdegang des Sohnes von Leuten des unteren Standes nichts bekannt. Erst seit er 1517 nachweisbar als Priester die Totenmessen gelesen hat gibt es Aufzeichnungen über den Verlauf seines Lebens. So hat er sich 1518 an der Universität Rostock immatrikulieren lassen und wurde danach Magister genannt.
Laut seines Biographen Gryse war er 1521 Schulmeister an der St.
Petri-Kirchspielschule in Rostock.
Herzog Heinrich von Mecklenburg setzte ihn 1523 als Kaplan von St. Petri ein, wo er von dort an im evangelisch-lutherischem Sinne gepredigt und gewirkt hat. Auf Grundlage der Kinderfragen der Böhmischen Brüder gab er 1525 einen Katechismus heraus und veröffentlichte noch im selben Jahr ein Gesangbuch, das heute als ältestes bekanntes norddeutsches Gesangbuch gilt. Diese Gesangbuch hatte seine Wirkung im Norden bis hin nach Dänemark. Der Rostocker Rat verbot jeweils 1525 und 1528, dass Slüter in offizielle akademische Disputationen verwickelt wurde. 1526 erschien ein norddeutsches Gebetbuch von ihm, das er 1530 in einem zweiten Band erweiterte. 1531 wurde das ,,Doppelte Gesangbuch", das im ersten Teil Luthers ,,Klugsches Gesangbuch" von 1529 in norddeutscher Fassung enthielt und im zweiten Teil von Slüter zusammengetragene Sammlung von insgesamt 144 Liedern beinhaltete, veröffentlicht.
Im März 1531 veröffentlichte der Magister in Anlehnung daran, dass Rostock seit dem Jahresbeginn 1531 offiziell evangelisch war, ein Gutachten zur Frage der gottesdienstlichen Zeremonien. Der Rat ersuchte in einem Anschreiben an Luther/Melanchthon, Bughausen und Rhegius um Gutachten gegen die Meinung eines ungenannte Rostocker Predigers (= Slüter). Im November 1531 gingen die Gutachten ein und empfahlen, dass der Abweichler entweder zu überzeugen oder aber aus der Stadt zu verweisen sei. Da Slüter 1532 immer noch im Amt war, ist anzunehmen, dass er sich hat überzeugen lassen oder dass er, was die Erneuerungen in der Kirche angeht, überstimmt worden ist.
Laut der Gedenktafel, die nach Slüters Tod an der Petrikirche errichtet wurde, ist er wohl vergiftet worden und am 19. Mai 1532 gestorben.
C) An der Dankbarkeit der Bevölkerung für Joachim Slüter, die aus den Aussagen am Denkmal (siehe Seite 17), das für die Erinnerung an ihn errichtet wurde, hervorgeht, sieht man, wie sehr diese Reformation auch eine weltliche und nicht nur kirchliche Angelegenheit war.
Auch die Rostocker haben sich darüber Gedanken gemacht, ob es so richtig ist, wie die Geistlichen lebten und in welcher Sprache im Gottesdienst gepredigt wurde. Auch das einfache Bürgertum war daran interessiert, dass sie die Lehre des Herren richtig befolgten um sich so nicht nur darauf zu verlassen, was ihnen gesagt wird, da sie sonst sehr leicht ausgenutzt werden konnten, was sie natürlich verhindern wollten. Aus diesem Grund war es auch für sie sehr wichtig, dass ihnen die Möglichkeit, zum Beispiel durch Schulen, geboten wurde die Bibel zu lesen und zu verstehen. Die Gemeinde von J. Slüter hatte auch so viele Anhänger, da man verstehen konnte was er predigte, weil er dies, nicht wie meistens üblich, im lateinische sondern im niederdeutschen tat, was wie schon gesagt, im Interesse des Volkes lag.
Weil es aber auch sehr konservative Leute gab, die dagegen waren, dass in der deutschen Sprache gepredigt wurde, unter anderem um so das Bürgertum, das ja meistens kein Latein verstand, an sich zu binden oder es gar von sich abhängig zu machen, war dies gleichzeitig ein Streitpunkt. Das konnte man unter anderem an den offenen Unruhen 1531 sehen.
5. Andere Reformationen im Laufe der Geschichte
A) Die ,,Papstrevolution,, oder auch ,,Gregorianische Reformation" im 11. Jahrhundert
Der Ausgangspunkt dieser Reformation war die Zweigewaltenlehre, die im 5. Jahrhundert von Papst Gelasius I. aufgestellt wurde. Diese besagt, dass es zwei unabhängige Bereiche gibt: einen geistlichen, in den der Kaiser nicht einzugreifen hatte und an dessen Spitze der Papst steht. Der andere war der weltliche, dem die Vertreter der Kirche Gehorsam schuldet und vom Kaiser gelenkt wird.
Die Hauptursache der Reformation war, dass der deutsche Kaiser ohne das Einverständnis des Papstes Bischöfe eingesetzt hat, die weltliche Aufgaben übernommen haben.
Der Anlass war der Dictatus Papae, der aus 27 Leitsätzen bestand, in denen ,,die einzigartige Vorrangstellung des apostolischen Stuhles und des Papstes" (J. Fleckenstein) festlegte, die so weit reichte, dass der Papst zwar Kaiser absetzen, allerdings nicht selbst gerichtet werden durfte. In dieser Reformation, die von König Heinrich IV. und Papst Gregor VII ausgetragen wurde, gab es Kämpfe gegen die Laieninvestitur, gegen die Vergabe von geistlichen Ämtern die bezahlt werden und der Kampf um die endgültige Durchsetzung des Zölibats. Vom Hochadel bis zu den Unterschichten in den Ständen wurden alle sozialen Gruppen mobilisiert, auf beiden Seiten wurden Streitschriften eingesetzt. Die Auseinandersetzungen für und gegen die Reform wurde personalisiert und als Anhängerschaft oder Gegnerschaft zu Heinrich bzw. Gregor gedeutet. Der Bruch ging oft mitten durch Diözesen, durch Herrschaftsgebiete, durch Familien. Auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung in den Jahren 1075 -
77 setzte Heinrich IV. auf einer Reichsversammlung in Worms Gregor ab. Daraufhin belegte der Papst den Kaiser mit dem Bann und löste die Untertanen vom Treueid. Der Streit um Prinzipien verband sich mit Opposition und Fürsten im Reich, die sich die Bannung Heinrichs zunutze machten, um dem aus der Gemeinschaft der Gläubigen Ausgeschlossenen einen Gegenkönig gegenüberzustellen. Da es aber Heinrich wider aller Erwarten doch gelang, vom Papst den Freispruch vom Bann zu erreichen (Canossa 1077), konnte sich der König sein Amt erhalten. Aber die große Bedeutung von ,,dem Gang nach Canossa" beruht darauf, dass Heinrich sich durch diese Unterwerfung ,,als sündiger Mensch unter der Kirchenhoheit des Papstes" (Fleckstein) stellte. Damit gab er selbst die Gott-Unmittelbarkeit als Gesalbter des Herren auf und ließ sich aus der geistlichen Sphäre, in die er durch die Salbung aufgestiegen war und wodurch er sich dem Priesterstand angenährt hatte, in die Laienwelt zurückdrängen. Dagegen konnte sich die geistliche Gewalt in zunehmendem Maße verselbständigen.
Diese Kämpfe wurden von dem Wormser Konkordat erst 1122 unter den Nachfolgern Heinrich V. und Papst Caltixt II. beendet. Dieses Wormser Konkordat besagte, dass die Laieninvestitur mit Ring und Stab, welches die Symbole der weltlichen Herrschaft waren, verboten wurde, dass die Bischöfe unter der Anwesenheit des Königs, der nur ein begrenztes Mitspracherecht besaß, frei gewählt wurden und dass geistliche Fürsten nach der Weihe mit einem Zepter ins Vasallenamt eingeführt werden konnten. Das alles bedeutete, dass die Herrschaft der deutschen Könige über das Papsttum beendet und dadurch das Reichssystem hinfällig war. Also war dies im Allgemeinen ein Sieg des Papsttums.
B) Die Reformation im 13. Jahrhundert unter Reformator Franz von Assisi
Im 13. Jahrhundert kam Franz von Assisi und der Bewegung, die er ausgelöst hatte, eine erneute Rückbesinnung auf das biblische Vorbild zustande. Auf der Grundlage von Matthäus, Kapitel 10, entstand die Idee der Bettelorden, welche das Armutsideal und den Missionsauftrag speziell hervorhoben.
,,Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben. Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel. Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab; denn wer arbeitet, hat ein Recht auf sein Unterhalt." (Mt 10, 7-10)
Mit diesem Auftrag begannen die Franziskaner und gleichgesinnte
Ordensbrüder und -schwestern eine rege Tätigkeit in Seelsorge und Mission, wobei sie streng auf das Armutsideal achteten und asketisch lebten. Der andere große Orden, der auf dieser Grundlage tätig war, waren die Dominikaner. Neu daran war, bei aller Rückbesinnung auf das apostolische Urbild, das Hinaustreten aus dem heimischen Bereich ohne materielle Absicherung. Durch diese Orden wurde aus der missionarische Aspekt wieder ein maßgebender Bestandteil des christlichen Denkens.
C) Zwischenfazit
Die Gregorianische Reformation ist erneut ein Beispiel dafür, dass Reformbewegungen nicht ausschließlich kirchliche Angelegenheiten sind, denn bei der Auseinandersetzung zwischen den Oberhäuptern der weltlichen und kirchlichen Macht, also dem König und dem Papst, waren alle Stände dazu angehalten sich einzumischen und ihre Meinung zu äußern.
Bei der Franziskanerreformation ist meiner Meinung nach, ein Beispiel für eine Reformbewegung, die keinen Einfluss auf die weltlichen Menschen hat, da sie nur an die Geistlichen gerichtet ist und eigentlich keinen Einfluss auf das Leben des ,,normalen" Menschen hat.
6. Gesamtfazit
Insgesamt muss man ganz eindeutig sagen, dass die Reformation nicht nur eine kirchliche Angelegenheit ist. Das zeigen die vielen Unruhen im einfachen Volk während den Reformationen, die vielen toten Menschen, die sehr oft nichts mit den Bewegungen zu tun hatten, sowie der Religionszwang, der sehr oft von den Landesherren ausging. Aufgezeigt wird das aber auch durch die Dankbarkeit der Bürger für die Reformatoren, die sie ihnen dafür entgegenbrachten, das sie sich dafür einsetzten, dass die Bibel in die jeweiligen Landessprachen übersetzt wurde und so auch von den normalen Bürgern (mit entsprechender Ausbildung, die zu dieser Zeit allerdings noch sehr selten war) gelesen werden konnte und dass die Bürger ebenso wie der gebildete geistliche und weltliche Adel, über die Worte Gottes nachdenken können.
Auch wenn es einige Reformationen gab, an denen die Weltlichen nicht unmittelbar beteiligt waren, so wie zum Beispiel die Franziskanerreformation, wird sie immer eine nicht ausschließlich kirchliche Angelegenheit sein, da es immer Menschen gibt, die keine Geistlichen sind, sich aber trotzdem mit den Begebenheiten und Gründen der Reformation auseinandersetzen werden.
7. Worterläuterungen
Schisma: (griechisch) (Kirchen)Spaltung
Avignonisches Exil: Bezeichnung für die Zeit zwischen 1309 und 1377, als die Päpste in Avignon residierten.
Konstanzer Konzil: Konzil der katholischen Kirche in der Kaiserstadt Konstanz von 1414 bis 1418, das von dem Gegenpapst Johannes XXIII. auf Initiative des Königs Sigismund einberufen wurde.
Basler Konzil: (1431-1449) das 17. der ökumenischen Konzile, das von vielen Historiker und Theologen als nicht (oder zumindest nicht vollständig) legitimiert angesehen wird.
Reliquie: (lateinisch) Überrest, Gegenstand eines Heiligen
Scholastik: mittelalterliche Philosophie; engstirnige Schulweisheit Kleriker: katholischer Geistlicher
Exkommunikation: Ausschluss aus der katholischen Kirchengemeinschaft
Wormser Edikt: auf dem Reichstag des Heiligen Römischen Reiches in Worms 1521 über Martin Luther verhängtes Edikt. Papst Leo X. hatte Luthers Thesen zu einer Reform von Kirche und Papsttum im Juni 1520 zurückgewiesen und verdammt.
Bauernkrieg: (1524-1526) Aufstand der Bauern und einiger Städte in Deutschland.
Auslösendes Moment war zum einen die Reformation, zum anderen zunehmende rechtliche, politische und soziale Repressionen seitens der Landesherren gegen die Bauern.
Schmalkaldischer Bund: von protestantischen Fürsten und einigen Reichsstädten am 27. Februar 1531 in Schmalkalden (Thüringen) gegründetes Bündnis zur Verteidigung des Protestantismus gegen die drohende Reichsexekution.
Säkularisation: Einziehung geistlicher Besitzungen; Verweltlichung
Gang nach Canossa: Kaiser Heinrich IV. ging im Januar 1077 nach Canossa, um bei Papst Gregor VII. die Lösung vom Bann zu erreichen. Gregor ließ den Kaiser angeblich drei Tage lang barfuß und barhäuptig im Schlosshof ausharren, bevor er ihn vom Bann löste.
Franziskaner: (offiziell lateinisch Ordo Fratrum Minorum: Orden der Minderen Brüder) religiöser Orden, 1208 von Franz von Assisi gegründet und 1209 durch Papst Innozenz III. anerkannt. Die Franziskaner zählen zu den so genannten Bettelorden.
Diözese: Amtsgebiet eines katholischen Bischofs
asketisch: enthaltsam
Zum Joachim Slüter Denkmal:
1. Gedenkstufe: Grabmahl des Magisters Joachim Slüter, Welcher im Jahre des Herren 1523 Das Evangelium rein zu predigen anfing, deshalb vergiftet ward am Pfingsttage 1532 starb.
2. Denkmahl:
1. Seite: Dem Magister Joachim Slüter, dem Vorkämpfer der Reformation in Rostock, gestorben den 19. Mai 1532
2. Seite: So halten wir nun das der Mensch gerecht werde allein durch den Glauben (Römer 3, 28)
3. Seite: Errichtet auf der Grabstätte am 19.05.1862 von den dankbaren Gemeinden Rostocks
4. Seite: So besteht nun in der Freiheit da mit Euch Christus befreit hat und lasset euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen
(Galater 5, 1)
8. Quellenangaben
Der Jugend Brockhaus Band 1-3; E. Anger; Brockhaus; Leibzig, Mannheim; 1993
Geschichte und Geschehen Band 1; u.a. L. Bernlocher, Dr. G. Birk, T. Gollhardt; Ernst Klett Schulbuchverlag GmbH; Stuttgart; 1995
Meyers Kleines Lexikon Band 1-3; H. Göschel; Lexikonredaktion des VEB Bibliographisches Institut Leibzig; Leibzig; 1971
Geschichtliche Weltkunde Band 2 und 3; J. Hoffmann, E. Krautkrämer und W. Hug; Verlag Moritz Diesterweg; Frankfurt/Main; 1977 bzw. 1990
Duden Band 1; Prof. Dr. Dr. h. c. G. Drosdowski, Dr. W. Müller, Dr. W. Scholze- Stubenrecht, Dr. M. Wermke; Dudenverlag; Mannheim, Leibzig, Wien, Zürich; 1996
Die Geschichte Mecklenburgs; W. Karge, E. Münch, H. Schmied; Hinstorff Verlag; Rostock;
Microsoft Encarta Enzyklopädie Plus 2000 CD1 und 2; M. Hiltl; 1993-1999 Microsoft Corporation; München ; 1999
Internet
Slüter Denkmahl an der Petrikirche
Aufzeichnungen aus dem Geschichtsunterricht aus dem Schuljahr 1999/2000
- Arbeit zitieren
- Gernot Knönagel (Autor:in), 2000, Ist die Reformation nur eine kirchliche Angelegenheit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97710
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