Entdecken Sie die verborgenen Regeln der Poesie! Dieses Buch enthüllt die Prinzipien, die seit Jahrhunderten die deutsche Lyrik prägen, beginnend mit Martin Opitz' revolutionärer "Buch von der deutschen Poeterey". Tauchen Sie ein in die Welt von Jambus und Trochäus, von männlichen und weiblichen Reimen, und verstehen Sie, wie die Alternation von betonten und unbetonten Silben den Rhythmus unserer Gedichte bestimmt. Erforschen Sie die taxonomische Skansionsmetrik und lernen Sie, Versmaße zu analysieren und zu unterscheiden. Doch das ist erst der Anfang: Entdecken Sie die "metrischen Lizenzen", die Dichtern erlauben, die Regeln zu brechen – Enjambement, Zäsur, Katalexe und Tonbeugung –, um ihren Werken eine einzigartige Ausdruckskraft zu verleihen. Von Alexandrinern und Blankversen bis hin zu Madrigalversen und Sonetten, dieses Buch bietet einen umfassenden Überblick über die vielfältigen Verstypen und Strophenformen der deutschen Lyrik. Analysieren Sie Reimschemata, von Kreuzreim und Paarreim bis hin zu Binnenreim und umarmendem Reim, und verstehen Sie, wie sie die Bedeutung und Wirkung eines Gedichts beeinflussen. Ob Sie ein angehender Dichter, ein Literaturstudent oder einfach nur ein Liebhaber schöner Verse sind, dieses Buch wird Ihnen die Werkzeuge und das Wissen vermitteln, um die Schönheit und Komplexität der deutschen Lyrik in all ihren Facetten zu schätzen. Lassen Sie sich von den Geheimnissen des Sonetts verzaubern, von den antiken Strophenformen inspirieren und von der Freiheit des Madrigalvers überraschen. Dieses Buch ist Ihr Schlüssel zum Verständnis und zur Wertschätzung der deutschen Dichtkunst, ein unverzichtbarer Begleiter für alle, die sich von der Magie der Sprache berühren lassen wollen. Erlangen Sie ein tiefes Verständnis für die formalen Aspekte der Lyrik und entdecken Sie, wie diese Formen die kreative Freiheit der Dichter beflügeln. Dieses Werk bietet eine detaillierte Analyse der Verslehre und Metrik, die Ihnen hilft, die subtilen Nuancen und die verborgene Struktur hinter den Gedichten zu erkennen.
Bertold Metz
Gattungen: Lyrik
1. Lyrik
Opitz
In Italien wurde schon im 14. Jh. in der Volkssprache gedichtet, in Frankreich ca. 100 Jahre später. In Deutschland hingegen bediente man sich noch um 1600 lateinischer Verse. Dann erschien Martin Opitz: Buch von der deutschen Poetery (1624) - ein geradezu epochemachendes Werk, denn auf diesem Buch beruht noch heute unsere Verslehre. Damals war es normativ gemeint, sollte eine verbindliche Richtlinie darstellen. Es blieb nicht bloßes Programm, sondern wurden tatsächlich in die Praxis umgesetzt.
Wesentlicher Inhalt:
- Dort, wo die antike Prosodie eine Länge vorweist, soll im Deutschen eine betonte Silbe sein: Änderung des quantitierenden 1 Verfahrens der Antike in ein akzentuierendes Verfahren - Opitzsche Versreform.
- Es soll unterschieden werden männliche und weibliche Reime.2
- Es soll in der deutschen Sprache gedichtet werden.
Desweiteren schreibt er die Alternation vor: betonte und unbetonte Silben müssen sich regelmäßig abwechseln. Daktylus und Anapäst sind verboten. 90% aller deutschen Gedichte sind dieser Art.
Taxonomische Skansionsmetrik Versmaße
Jambus v-
2silbig Trochäus -v
Spondeus - -
3silbilg Daktylus -vv3
Anapäst vv-
Die taxonomische Skansionsmetrik ist ein Verfahren zur Unterscheidung von betonten und unbetonten Silben.4 Durch Skansion (d.h. "Verschlucken" der unbetonten Silben) beim lauten und übertrieben akzentuierenden Lesen werden Akzente und Senkungen eruiert.
Mit der Skansionsmetrik wird der metrische Rahmen bestimmt. Doch der Dichter darf verschiedene Unregelmäßigkeiten begehen. Sie heißen Metrische Lizenzen:5
- Enjambement Überspielung der Versgrenze, der Inhalt ignoriert das Zeilenende
- Zäsur"Pause" im Vers
- Katalexe Weglassen oder Hinzufügen von Silbe(n) am Ende der Zeile
- Tonbeugung Im metrischen Schema ist eine Senkung oder Hebung vorgesehen, die jedoch umgekehrt wird (z.B. "betonte Senkung")
Verstypen/ -formen6
1. Alexandriner7
= jambischer 6-Heber mit Zäsur nach 3. Hebung (12- oder 13-Silbler)
"Was dieser heute baut reißt jener morgen ein." (Gryphius)
Wichtigster Vers der deutschen Versgeschichte (Versdramen des Barock, junger Goethe ...)
2. Vers commun (frz. "gemeiner Vers")
= jambischer 5-Heber (10- oder 11-Silbler)
"Was ist die Welt und ihr berühmtes Glänzen." (Hoffmannswaldau)
3. Blankvers
= jambischer 5-Heber, ohne dogmatischen Einschnitt; reimlos
"To be or not to be that is the question"
Zuerst bei Shakespeare, dann im 18. Jh. "in Mode"; bis zum Aufkommen der Prosadramen im Naturalismus (Goethe, Lessing)
4. Madrigalvers
= freie Hebungszahl; beliebiges Reimschema -> Nähe zum "vers libre" (=freie Verse). Beim Skandieren ist wahrscheinlich kein metrisches Schema erkennbar.
z,B, Goethe: Wanderers Nachtlied
Er kennzeichnet die Entwicklung zu den freien Rhythmen (Mitte 18. Jh.), als kurz vor Sturm & Drang das Versschema als Korsett empfunden wurde (früher Goethe, früher Klopstock)
Strophenformen
Reimunterscheidungen
- rein / unrein phonetisches Material ist identisch/nicht identisch (z.B.ö& i)
- reimlose Verse z.B. ababxcdcd - bedeutungsimplizierend ?
- Kreuzreim abab
- Paarreim aabb
- Binnenreim "Und keine Hand die andre fand."
- Haufenreim aaaa...
- umarmender oder Blockreim abba
Strophe (griech. "wenden") = Versgruppen, die in gleicher Anordnung vorkommen. Man unterscheidet romanische, orientalische, antike und germanische/deutsche Liedformen.
1. Sonett
Von Italien aus (Petrarca) seit 16. Jh. Nach einer Blütezeit im Barock im 18.Jh. zur Zeit der Aufklärung verpönt, in der Romantik wieder beliebt. Gerne verwendet im Expressionismus, auch heute noch (Ulla Hahn, Robert Gern).
Das So nett ist zweiteilig festgelegt
A gegliedert in 2 Quartette (z.B. abba | abba)
B gegliedert in 2 Terzette (z.B. cde | cde)
------------------------> 14-versig
Das S. ist die regulierteste/festgelegteste Gattung der Lyrik. Die Spannung von Zweiheit und Einheit erlaubt dialektische Herangehensweisen.
- entsteht 13. Jh. in Sizilien unter Friedrich II; "sonus" = Klang
- wird in ganz Europa berühmt durch Francesco Petrarca
- verfaßt ein Liederbuch mit 366 Gedichten, davon über 300 Sonette.8 Und alles wegen einer unerfüllten Liebe.
- S. ist Idealform, um Liebesleid zu beschreiben (Spannung; Paradoxon)
-> Petrarkismus
- Frankreich: mit Alexandriner
- Shakespeare - Typ: Am Schluß steht nach 12 den Grundgedanken präsentierenden Zeilen ein epigrammatisch pointierender Paarreim, es entsteht der Eindruck von abab cdcd efef gg.
- Opitz schreibt auch das Sonett vor
Antike Strophenformen9
- elegisches Versmaß - Trauerklage
- Alkäische Ode
z.B. Klopstock: "enthusiastische Ausdrucksform" (z.B. An Fanny)
2 11-Silbler jambisch
1 9-Silbler jambisch
1 10-Silbler (2 Daktylen, 2 Trochäen)
----------> Mischung v. 2- und 3-silbigen Versmaßen
Reim fehlt -> rhythmisches Sprechen -> höhere Stilwirkung
Höhepunkt in Goethezeit/Weimarer Klassik (Klopstock, Hölderlin) Chevy-Chase-Strophe10
4 - Heber
3 - Heber
4 - Heber
3 - Heber
meist reimen nur 4-Heber; Füllung des Maßes frei, Kadenzen männlich z.B. Klopstock
----------------------------------------------------
[...]
1 Man unterscheidet 3 prosodische Verfahren. Die Versstruktur kann definiert werden nach dem
- silbenzählenden (Silbenanzahll),
- akzentuierendem (betonte Silben) und
- quantitierendem (Länge der Silben - lat. Dichtung, Antike)
Versprinzip.
Gemäß der Optizschen Reform ist also ein Jambus nicht als kurz-lang (v-), sondern als unbetont-betont zu betrachten.
2 männlicher (=einsilbiger) (End-) Reim: Betonung auf letzter Silbe weiblicher (=zweisilbiger) R.: Betonung auf der vorletzten Silbe ? Dieses Unterscheidungsprinzip übernimmt er aus der Romania (=frz. u. ital. Lyrik). ? Die in Barockgedichten vorkommenden Striche ("/") sind "Virgeln"; ungeklärt, ob Pausen,Betonungs oder was-auch-immer-Zeichen.
3 daktylos (gr.) = "Finger" (vgl. Hand: vom Mittelfinger aus gesehen sind sie langkurzkurz)
4 alternative Verfahren wären z.B. musikalische bzw. taktmäßige Unterscheidung (zu kompliziert) oder graduelle Unterteilung der Betonungsarten (Wagenknecht: Deutsche Metrik)
5 Man ist "lizensiert", den metrischen Rahmen zu verletzen.
6 nach Wichtigkeit geordnet
7 frz. "Alexanderepik"
8 Merkmale der S. v. Petrarca: immer weibliche Reime, 11-silbig
9 Frank, Horst J.: Handbuch der Strophenformen.
Häufig gestellte Fragen zu "Gattungen: Lyrik" von Bertold Metz
Was ist die Opitzsche Versreform?
Die Opitzsche Versreform, basierend auf Martin Opitz' "Buch von der deutschen Poetery" (1624), legte die Grundlage für die deutsche Verslehre. Sie beinhaltet:
- Die Umwandlung des quantitierenden Verfahrens der Antike in ein akzentuierendes Verfahren.
- Die Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Reimen.
- Die Festlegung, dass in deutscher Sprache gedichtet werden soll.
Was bedeutet Alternation im Kontext der Verslehre?
Alternation bedeutet die regelmäßige Abwechslung von betonten und unbetonten Silben in einem Vers. Daktylus und Anapäst sind dabei in der Regel nicht erlaubt.
Was sind Jambus, Trochäus, Spondeus, Daktylus und Anapäst?
Dies sind Versfüße, die in der Metrik verwendet werden, um die Abfolge von betonten und unbetonten Silben zu beschreiben:
- Jambus: v- (unbetont, betont)
- Trochäus: -v (betont, unbetont)
- Spondeus: - - (betont, betont)
- Daktylus: -vv (betont, unbetont, unbetont)
- Anapäst: vv- (unbetont, unbetont, betont)
Was ist taxonomische Skansionsmetrik?
Taxonomische Skansionsmetrik ist ein Verfahren zur Unterscheidung von betonten und unbetonten Silben in einem Vers. Durch Skansion (betontes Lesen) werden Akzente und Senkungen ermittelt.
Was sind Metrische Lizenzen?
Metrische Lizenzen sind erlaubte Abweichungen vom metrischen Schema. Dazu gehören:
- Enjambement: Überspielung der Versgrenze.
- Zäsur: Eine Pause im Vers.
- Katalexe: Weglassen oder Hinzufügen von Silben am Ende der Zeile.
- Tonbeugung: Umkehrung der vorgesehenen Betonung im metrischen Schema.
Was sind Alexandriner, Vers commun und Blankvers?
Dies sind verschiedene Verstypen/-formen:
- Alexandriner: Jambischer 6-Heber mit Zäsur nach der 3. Hebung (12- oder 13-Silbler).
- Vers commun: Jambischer 5-Heber (10- oder 11-Silbler).
- Blankvers: Jambischer 5-Heber ohne Reim.
Was ist der Madrigalvers?
Der Madrigalvers hat eine freie Hebungszahl und ein beliebiges Reimschema, was ihn dem "vers libre" (freie Verse) nahebringt. Ein metrisches Schema ist beim Skandieren oft nicht erkennbar.
Welche Reimunterscheidungen gibt es?
Es gibt verschiedene Arten von Reimen:
- Rein/unrein: Phonetisches Material identisch/nicht identisch.
- Reimlose Verse.
- Kreuzreim: abab.
- Paarreim: aabb.
- Binnenreim: Reim innerhalb eines Verses.
- Haufenreim: aaaa...
- Umarmender oder Blockreim: abba.
Was ist ein Sonett?
Ein Sonett ist eine 14-versige Gedichtform, die in zwei Quartette (z.B. abba | abba) und zwei Terzette (z.B. cde | cde) gegliedert ist. Es ist eine der reguliertesten Gattungen der Lyrik.
Was sind antike Strophenformen wie elegisches Versmaß und Alkäische Ode?
Dies sind antike Strophenformen, die in der deutschen Literatur wieder aufgegriffen wurden. Die Alkäische Ode besteht aus einer Mischung von 2- und 3-silbigen Versmaßen und verzichtet auf Reim.
Was ist die Chevy-Chase-Strophe?
Die Chevy-Chase-Strophe besteht aus vier Zeilen mit abwechselnd 4 und 3 Hebungen, wobei meist nur die Zeilen mit 4 Hebungen reimen.
- Quote paper
- Berthold Metz (Author), 2000, Die literarische Gattung Lyrik. Geschichte, Formen und Vertreter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97470