Bertold Metz
Gattungen: Lyrik
1. Lyrik
Opitz
In Italien wurde schon im 14. Jh. in der Volkssprache gedichtet, in Frankreich ca. 100 Jahre später. In Deutschland hingegen bediente man sich noch um 1600 lateinischer Verse. Dann erschien Martin Opitz: Buch von der deutschen Poetery (1624) - ein geradezu epochemachendes Werk, denn auf diesem Buch beruht noch heute unsere Verslehre. Damals war es normativ gemeint, sollte eine verbindliche Richtlinie darstellen. Es blieb nicht bloßes Programm, sondern wurden tatsächlich in die Praxis umgesetzt.
Wesentlicher Inhalt:
- Dort, wo die antike Prosodie eine Länge vorweist, soll im Deutschen eine betonte Silbe sein: Änderung des quantitierenden 1 Verfahrens der Antike in ein akzentuierendes Verfahren - Opitzsche Versreform.
- Es soll unterschieden werden männliche und weibliche Reime.2
- Es soll in der deutschen Sprache gedichtet werden.
Desweiteren schreibt er die Alternation vor: betonte und unbetonte Silben müssen sich regelmäßig abwechseln. Daktylus und Anapäst sind verboten. 90% aller deutschen Gedichte sind dieser Art.
Taxonomische Skansionsmetrik Versmaße
Jambus v-
2silbig Trochäus -v
Spondeus - -
3silbilg Daktylus -vv3
Anapäst vv-
Die taxonomische Skansionsmetrik ist ein Verfahren zur Unterscheidung von betonten und unbetonten Silben.4 Durch Skansion (d.h. "Verschlucken" der unbetonten Silben) beim lauten und übertrieben akzentuierenden Lesen werden Akzente und Senkungen eruiert.
Mit der Skansionsmetrik wird der metrische Rahmen bestimmt. Doch der Dichter darf verschiedene Unregelmäßigkeiten begehen. Sie heißen Metrische Lizenzen:5
- Enjambement Überspielung der Versgrenze, der Inhalt ignoriert das Zeilenende
- Zäsur"Pause" im Vers
- Katalexe Weglassen oder Hinzufügen von Silbe(n) am Ende der Zeile
- Tonbeugung Im metrischen Schema ist eine Senkung oder Hebung vorgesehen, die jedoch umgekehrt wird (z.B. "betonte Senkung")
Verstypen/ -formen6
1. Alexandriner7
= jambischer 6-Heber mit Zäsur nach 3. Hebung (12- oder 13-Silbler)
"Was dieser heute baut reißt jener morgen ein." (Gryphius)
Wichtigster Vers der deutschen Versgeschichte (Versdramen des Barock, junger Goethe ...)
2. Vers commun (frz. "gemeiner Vers")
= jambischer 5-Heber (10- oder 11-Silbler)
"Was ist die Welt und ihr berühmtes Glänzen." (Hoffmannswaldau)
3. Blankvers
= jambischer 5-Heber, ohne dogmatischen Einschnitt; reimlos
"To be or not to be that is the question"
Zuerst bei Shakespeare, dann im 18. Jh. "in Mode"; bis zum Aufkommen der Prosadramen im Naturalismus (Goethe, Lessing)
4. Madrigalvers
= freie Hebungszahl; beliebiges Reimschema -> Nähe zum "vers libre" (=freie Verse). Beim Skandieren ist wahrscheinlich kein metrisches Schema erkennbar.
z,B, Goethe: Wanderers Nachtlied
Er kennzeichnet die Entwicklung zu den freien Rhythmen (Mitte 18. Jh.), als kurz vor Sturm & Drang das Versschema als Korsett empfunden wurde (früher Goethe, früher Klopstock)
Strophenformen
Reimunterscheidungen
- rein / unrein phonetisches Material ist identisch/nicht identisch (z.B.ö& i)
- reimlose Verse z.B. ababxcdcd - bedeutungsimplizierend ?
- Kreuzreim abab
- Paarreim aabb
- Binnenreim "Und keine Hand die andre fand."
- Haufenreim aaaa...
- umarmender oder Blockreim abba
Strophe (griech. "wenden") = Versgruppen, die in gleicher Anordnung vorkommen. Man unterscheidet romanische, orientalische, antike und germanische/deutsche Liedformen.
1. Sonett
Von Italien aus (Petrarca) seit 16. Jh. Nach einer Blütezeit im Barock im 18.Jh. zur Zeit der Aufklärung verpönt, in der Romantik wieder beliebt. Gerne verwendet im Expressionismus, auch heute noch (Ulla Hahn, Robert Gern).
Das So nett ist zweiteilig festgelegt
A gegliedert in 2 Quartette (z.B. abba | abba)
B gegliedert in 2 Terzette (z.B. cde | cde)
------------------------> 14-versig
Das S. ist die regulierteste/festgelegteste Gattung der Lyrik. Die Spannung von Zweiheit und Einheit erlaubt dialektische Herangehensweisen.
- entsteht 13. Jh. in Sizilien unter Friedrich II; "sonus" = Klang
- wird in ganz Europa berühmt durch Francesco Petrarca
- verfaßt ein Liederbuch mit 366 Gedichten, davon über 300 Sonette.8 Und alles wegen einer unerfüllten Liebe.
- S. ist Idealform, um Liebesleid zu beschreiben (Spannung; Paradoxon)
-> Petrarkismus
- Frankreich: mit Alexandriner
- Shakespeare - Typ: Am Schluß steht nach 12 den Grundgedanken präsentierenden Zeilen ein epigrammatisch pointierender Paarreim, es entsteht der Eindruck von abab cdcd efef gg.
- Opitz schreibt auch das Sonett vor
Antike Strophenformen9
- elegisches Versmaß - Trauerklage
- Alkäische Ode
z.B. Klopstock: "enthusiastische Ausdrucksform" (z.B. An Fanny)
2 11-Silbler jambisch
1 9-Silbler jambisch
1 10-Silbler (2 Daktylen, 2 Trochäen)
----------> Mischung v. 2- und 3-silbigen Versmaßen
Reim fehlt -> rhythmisches Sprechen -> höhere Stilwirkung
Höhepunkt in Goethezeit/Weimarer Klassik (Klopstock, Hölderlin) Chevy-Chase-Strophe10
4 - Heber
3 - Heber
4 - Heber
3 - Heber
meist reimen nur 4-Heber; Füllung des Maßes frei, Kadenzen männlich z.B. Klopstock
----------------------------------------------------
[...]
1 Man unterscheidet 3 prosodische Verfahren. Die Versstruktur kann definiert werden nach dem
- silbenzählenden (Silbenanzahll),
- akzentuierendem (betonte Silben) und
- quantitierendem (Länge der Silben - lat. Dichtung, Antike)
Versprinzip.
Gemäß der Optizschen Reform ist also ein Jambus nicht als kurz-lang (v-), sondern als unbetont-betont zu betrachten.
2 männlicher (=einsilbiger) (End-) Reim: Betonung auf letzter Silbe weiblicher (=zweisilbiger) R.: Betonung auf der vorletzten Silbe ? Dieses Unterscheidungsprinzip übernimmt er aus der Romania (=frz. u. ital. Lyrik). ? Die in Barockgedichten vorkommenden Striche ("/") sind "Virgeln"; ungeklärt, ob Pausen,Betonungs oder was-auch-immer-Zeichen.
3 daktylos (gr.) = "Finger" (vgl. Hand: vom Mittelfinger aus gesehen sind sie langkurzkurz)
4 alternative Verfahren wären z.B. musikalische bzw. taktmäßige Unterscheidung (zu kompliziert) oder graduelle Unterteilung der Betonungsarten (Wagenknecht: Deutsche Metrik)
5 Man ist "lizensiert", den metrischen Rahmen zu verletzen.
6 nach Wichtigkeit geordnet
7 frz. "Alexanderepik"
8 Merkmale der S. v. Petrarca: immer weibliche Reime, 11-silbig
9 Frank, Horst J.: Handbuch der Strophenformen.
10 nach Metzler Lit.Lex.
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