Das Wissen, welches im formalen Bildungssystem erlangt wird, ist in der Regel nicht ausreichend, um auf alle Herausforderungen der modernen Gesellschaft zu antworten. Deshalb wird die Erwachsenenbildung als ein wichtiges Segment zur Förderung der persönlichen Entwicklung und des Fortschritts angesehen. Durch Literatur- und Dokumentenanalyse, Analyse von internationalen Best-Practice-Beispielen wurde das Innovationspotenzial von Erwachsenenbildung in der B&H Gesellschaft untersucht und dargestellt. Die Erfahrungen der Nachbarländer von Bosnien und Herzegowina und die strategische Orientierung der EU im diesem Bereich zeigen die Möglichkeiten auf, wie sich der EB-Bereich entfalten kann und welche Vorteile das mit sich bringt. Die Erwachsenenbildung soll so konzipiert werden, dass das Einbeziehen der Erwachsenen in den Lernprozess und die Bildung aufgrund der individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen möglich ist. Die Innovationen in der Erwachsenenbildung müssen auf wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften und Erkenntnissen beruhen, aus neuen Ideen werden neue Formen geschaffen, was zu neuer Wertschöpfung führt. Auf diese Weise werden neue Möglichkeiten für den Prozess der Europäisierung und Modernisierung der Bildungspolitik in Bosnien und Herzegowina geschaffen, was zu positiver Entwicklung, sozialer Kohäsion wie auch Förderung einer gerechten Gesellschaft führen kann.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Relevanz des Themas
1.2. Stand der Forschung
1.3. Zielsetzung der Arbeit
1.4. Methodisches Vorgehen
1.5. Aufbau der Arbeit
2. Hauptteil - Erwachsenenbildung in B&H
2.1. EB in B&H - eine unterbrochene Entwicklung
2.2. Gesetzliche Situation in EB
2.3. Heutige Situation im EB Bereich
2.3.1. Bildungsträger in B&H
2.3.2. Formale EB in B&H
2.3.3. Non-formale und informelle EB in B&H
2.4. Begriffsklärung
2.4.1. Die Kategorien des lebenslangen Lernens
2.4.2. Bildung, die in einem formalen Lernumfeld stattfindet
2.4.3. Bildungsaktivitäten die im non-formalen Lernumfeld stattfinden
2.4.4. Das informelle Lernen
2.4.5. Unbeabsichtigtes Lernen
3. Erfahrungen aus dem internationalen EB Bereich
3.1. Internationale Bedeutung von EB
3.2. Die Entwicklung in Kroatien
3.2.1. Formale EB
3.2.2. Non-formales Lernen
3.2.3. Schlussbemerkung
3.3. Erwachsenenbildung in Serbien
3.3.1. Erwachsenenbildungsstrategie in Serbien
3.3.2. Schlussbemerkung
3.4. Erwachsenenbildung in Montenegro
3.4.1. Der rechtliche Rahmen in Montenegro
3.4.2. Strategischer Rahmen für die Erwachsenenbildung in Montenegro
3.4.3. Formen der EB in Montenegro
3.4.3.1. Formale Erwachsenenbildung
3.4.3.2. Non-formales, informelles Lernen und Selbstlernen
3.4.4. Schlussbemerkung
3.5. Europäische Union
3.5.1. Kopenhagen- und Lissabon-Prozess
3.5.2. Europäischer Rahmen für die Reform der Erwachsenenbildung
3.5.3. Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen
3.5.4. Strategie Europa 2020 für eine intelligente, nachhaltige und integrative Entwicklung
3.5.5. Der strategische Rahmen für die europäische Zusammenarbeit im Bereich der Weiterbildung - Allgemeine und berufliche Bildung 2020
4. Erwachsenenbildung als soziale Innovation
4.1. Begriff der Innovation
4.1.1. Innovationstypen
4.1.2. Innovationsformen nach ihrer Entstehung
4.1.3. Innovationsformen nach ihrer Wirkung
4.1.4. Bedingungen für Innovationen
4.2. Begriff der sozialen Innovation (SI)
4.2.1. Wie wirken soziale Innovationen?
4.2.2. Wertbezogenheit der SI
4.2.3. Soziale Innovation In Europa
4.2.4. SI aus Sicht der Wohlfahrtsverbände
4.3. Bildung als Feld für Innovationen
5. Schlussfolgerungen und die Gestaltungsempfehlungen für B&H Erwachsenenbildung
5.1. Interpretation der Ergebnisse
5.2. „8 I“ für die Innovationspolitik
5.2.1. Inspiration
5.2.2. Intention
5.2.3. Insight - der Einblick
5.2.4. Incentives - die Anreize
5.2.5. Investitionen
5.2.6. Institutionen
5.2.7. IT - die Informationstechnologien
5.2.8. International
5.3. Beantwortung der Forschungsfrage
6. Fazit
6.1. Ausblick
Literaturverzeichnis
Internetquellen
KURZFASSUNG
Das Wissen, welches im formalen Bildungssystem erlangt wird, ist in der Regel nicht ausreichend, um auf alle Herausforderungen der modernen Gesellschaft zu antworten. Deshalb wird die Erwachsenenbildung als ein wichtiges Segment zur Förderung der persönlichen Entwicklung und des Fortschritts angesehen. Durch Literatur- und Dokumentenanalyse, Analyse von internationalen Best-Practice-Beispielen wurde das Innovationspotenzial von Erwachsenenbildung in der B&H Gesellschaft untersucht und dargestellt. Die Erfahrungen der Nachbarländer von Bosnien und Herzegowina und die strategische Orientierung der EU im diesem Bereich zeigen die Möglichkeiten auf, wie sich der EB-Bereich entfalten kann und welche Vorteile das mit sich bringt. Die Erwachsenenbildung soll so konzipiert werden, dass das Einbeziehen der Erwachsenen in den Lernprozess und die Bildung aufgrund der individuellen Bedürfnisse jedes Einzelnen möglich ist. Die Innovationen in der Erwachsenenbildung müssen auf wissenschaftlichen und technischen Errungenschaften und Erkenntnissen beruhen, aus neuen Ideen werden neue Formen geschaffen, was zu neuer Wertschöpfung führt. Auf diese Weise werden neue Möglichkeiten für den Prozess der Europäisierung und Modernisierung der Bildungspolitik in Bosnien und Herzegowina geschaffen, was zu positiver Entwicklung, sozialer Kohäsion wie auch Förderung einer gerechten Gesellschaft führen kann.
ABSTRACT
Knowledge acquired in formal education systems, as a rule, does not suffice to meet all the challenges of a modern society. Therefore, adult education is an important segment to advance personal development and progress. Analysing literature, documents and examples of best practices, this master thesis explores and presents adult education’s innovative potential in the society of Bosnia & Herzegovina. The experience of Bosnia & Herzegovina’s neighbouring countries as well as the strategic orientation of the EU in this area clearly show the opportunities how adult education can develop and what advantages this could bring. Adult education shall be designed in a way which allows for including adults in the learning and education process based on each individual’s needs. Innovations in adult education must build on scientific and technical achievements and findings. New ideas are developed into new forms of adult education creating new added value. Thus, new opportunities are created for the process of Europeanising and modernizing Bosnia & Herzegovina’s education policy which may lead positive development, social cohesion and a just society.
Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. Du deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du salbst mein Haupt mit Öl, du füllst mir reichlich den Becher. Lauter Güte und Huld werden mir folgen mein Leben lang und im Haus des Herrn darf ich wohnen für lange Zeit. Psalm 23
Abkürzungsverzeichnis
B&H - Bosnien und Herzegowina
FB&H - Landesteil Föderation Bosnien und Herzegowina
RS - Landesteil Republik Srpska
EB - die Erwachsenenbildung
EAEA - Europäischer Verband für Erwachsenenbildung/ European Association for the Education of Adults
ASOO - Kroatische Agentur für Berufsbildung und Erwachsenenbildung
CSR - Corporate Social Responsibility
HR - Human Resources
PR - Public Relations
SEC - Ausbildungszentrum für Sozialberufe in Banja Luka
AMS - Arbeitsmarktservice
EU - Europäische Union
RH - Republik Kroatien
DVV International - Deutscher Volkshochschulverband International
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
SI - die soziale Innovation
ESF - der Europäische Sozialfonds
Abbildungsverzeichnis
Tabelle 1: Gesetzliche Dokumente auf verschiedenen Verantwortungsebenen in B&H
Tabelle 2: Eine Gegenüberstellung der drei Kategorien des lebenslangen Lernens
Tabelle 3: Ein Überblick über die grundlegenden Ausgangspunkte in den Erwachsenenbildungsstrategien in Serbien
Tabelle 4:Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen
Geh nicht nur die glatten Straßen.
Geh Wege, die noch niemand ging, damit du Spuren hinterlässt und nicht nur Staub.
Antoine de Saint-Exupéry
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Relevanz des Themas
Die Erwachsenenbildung ist ein Bereich, der sich seit den 1990er Jahren in Bosnien und Herzegowina nicht wesentlich verändert hat.1 Es ist sogar festzustellen, dass die Lage in diesem Bildungsbereich derzeit schlechter ist als zur Zeit Jugoslawiens.2
In B&H besteht ein gesellschaftliches und politisches Einverständnis, dass die Erwachsenenbildung wichtig ist, aber niemand will sich tatsächlich mit diesem Bereich beschäftigen. Die Verantwortung für Bildung im Allgemeinen, somit auch die Erwachsenenbildung, wurde durch die politische Landesaufteilung den verschiedenen politischen Ebenen zugesprochen (Kantonen und Entitäten). Somit sind für die Konzipierung, Änderung, Reformen und sonstige Bildungsfragen viele Stellen verantwortlich und gerade für die Fragen und Angelegenheiten, die den Erwachsenenbildungssektor betreffen, bleibt sehr wenig Kraft und Zeit übrig. Auch die Finanzierung, d.h. die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, die der Fort- und Weiterbildung dienen sollen, ist oft ein Tabuthema, weil es auch in anderen Bildungsbereichen (Grundschul-, Mittelschul- und Hochschulbereich) kaum ausreichend Mittel gibt. Die Erwachsenenbildung ist nicht nur eine Herausforderung, die das Bildungssystem B&H (d.h. die politischen Ebenen und Landesteile, die für Bildung verantwortlich sind) betrifft, sondern, auf Grund der enormen Arbeitslosigkeit3 stellt sich immer öfter die Frage, wie man durch die Bildungsmaßnahmen den Arbeitsmarkt und die Sozialpolitik beflügeln könnte.
Die aktuelle Situation in B&H ist, dass es fünf Rahmengesetze im Bereich der Bildung gibt: das Rahmengesetz über die vorschulische Bildung in B&H, das Rahmengesetz über Grund- und weiterführenden Schulen in B&H, das Rahmengesetz über berufliche Aus- und Weiterbildung in B&H, das Rahmengesetz über Hochschulbildung und das Gesetz über die Agentur für Vorschulkinder, Primar- und Sekundarschulen. Alle weiteren Gesetze auf anderen politischen Ebenen der Republik Srpska (RS), Brcko District von B&H, der Föderation Bosnien und Herzegowina (FB&H) und Kantonen, sowie andere Vorschriften auf dem Gebiet der Bildung müssen den Bestimmungen der Rahmengesetze in Bosnien und Herzegowina entsprechen. Die Erwachsenenbildung ist in einigen Teilen des oben genannten Gesetzes in zusätzlichen Dokumenten oder strategischen Ausrichtungen erwähnt, aber es gibt kein spezifisches und einheitliches Gesetz über Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina. Die Verantwortung für die Bildung, und somit auch für EB ist keine staatliche Verantwortung, sondern die geltenden Gesetze und Bestimmungen werden auf Entitätsebene (RS und FB&H) und kantonalen Ebenen verabschiedet und umgesetzt. Diese Aufteilung der Verantwortung folgt aus der Verfassung, d.h. Daytons Friedensvertrag, Annex 4 vom 14. Dezember 1995.4
Obwohl die staatliche Ebene in Bildungssachen nicht die gesetzmäßige und verpflichtende Verantwortung übernehmen darf, hat sie in den letzten Jahren zwei Dokumente verabschiedet die wegweisend für die EB-Entwicklung landesweit sein sollten.5 Mit dem Dokument "Grundsätze und Standards im Bereich der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina", das im Jahr 2014 durch den Ministerrat verabschiedet wurde, werden die Prinzipien und Standards in Bezug auf Erwachsenenbildung in B&H festgelegt. Das zweite Dokument ist "Strategische Plattform-Entwicklung der Erwachsenenbildung im Kontext des lebenslangen Lernens in Bosnien und Herzegowina für den Zeitraum 2014-2020“. Dieses Dokument soll als Rechtsrahmen und -grundlage für die Tätigkeit und die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden, Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen auf allen politischen Ebenen im Zusammenhang mit Erwachsenenbildung dienen.
Unter der Berücksichtigung, dass die Langzeitarbeitslosigkeit eines der Merkmale unserer Gesellschaft ist, da die Kompetenzen, die Personen sich während ihrer Bildungszeit erworben haben, oft veraltet und somit fast „unbrauchbar“ geworden sind, steigt der Bedarf der Entwicklung von Bildungsmaßnahmen, die die Lücke zwischen Bildung und Arbeitsmarkt schließen sollen. Die Diskrepanz zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt, zwischen Bildung und Beschäftigung, führt zu einem System-Defizit, d.h. auf der einen Seite gibt es eine Vielzahl an Menschen, die eine Arbeit brauchen und auf der anderen Seite gibt es unter ihnen kaum Fähigkeiten und Kenntnisse, die dem Bedarf des Arbeitsmarktes entsprechen.
Die Erwachsenenbildung in B&H wird sich in den kommenden Jahren bestimmt weiterentwickeln. In welche Richtung diese Entwicklung gehen wird, ist im Voraus sehr schwer einzuschätzen. Die Tatsache, dass es einer Neuorientierung und einer Neufindung von Erwachsenenbildung in der B&H Gesellschaft bedarf, wurde der wichtigste Auslöser für den Autor, sich mit dieser Thematik ausführlich zu beschäftigen.
1.2. Stand der Forschung
Nach wie vor ist die Innovationsforschung hauptsächlich auf technologische Innovationen ausgerichtet. Wenn es darum geht, gesellschaftlichen Herausforderungen wie zunehmenden Zivilisationskrankheiten, steigendem Ressourcenverbrauch oder den Fragen um zukunftsorientiertes Lehren und Lernen zu begegnen, denken wir meist ebenfalls an technologische Innovationen. Potenziale für soziale Innovationen bleiben daher häufig ungenutzt. Ein effektives Zusammenspiel von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik besitzt eine große Hebelwirkung zur Stärkung der Innovationsfähigkeit. Um die Gesellschaft flexibel und dynamisch für die kommenden Herausforderungen gestalten zu können, bedarf es eines ständigen Ausbaus der Innovationsfähigkeit. In dieser Masterarbeit geht es daher darum, die Potenziale von sozialen Innovationen im Bereich der Erwachsenenbildung auszuloten, um relevante gesellschaftliche Problemstellungen gezielt zu adressieren. Hierfür hat der Autor existierende Best Practice-Beispiele und die Situationen aus einigen Ländern untersucht, um so herauszufinden, wie erfolgreiche soziale Innovationen funktionieren, wie sie initiiert, wie sie implementiert und wie sie verbreitet werden.
1.3. Zielsetzung der Arbeit
Durch den Vergleich von regionalen und internationalen Situationen und Trends in der Erwachsenenbildung (EB) wird das Innovationspotenzial von Erwachsenenbildung in der B&H Gesellschaft untersucht und dargestellt.
Durch Literatur- und Dokumentenanalyse, Analyse von internationalen Best-Practice-Beispielen soll ein Leitfaden mit Gestaltungsempfehlungen für die erfolgreiche Zulassung und Implementierung von Innovationen in EB ausgearbeitet und somit eine handlungsorientierte Basis festgelegt werden, die konkrete, anwendbare Möglichkeiten beinhaltet.
Forschungsfrage: Welche Erfahrungen im EB-Bereich der Nachbarländer und andere gelungene Beispiele können für die B&H Gesellschaft wegweisend sein? In welchen Bereichen der EB und auf welche Art und Weise sind Innovationen möglich?
Dabei wird besonders auf die Innovationspotenziale, die in verschieden Bereichen der EB zu finden sind, aufmerksam gemacht.
- Gesellschaftliche Herausforderungen und EB
- Inhaltliche Gestaltung von EB
- Methodische Zugänge in EB
- Personenzentrierte EB - Mensch im Mittelpunkt
- Förderung der EB als politische Entscheidung
- EB als gesamtgesellschaftlicher Prozess
1.4. Methodisches Vorgehen
Zur Erreichung der in dieser Arbeit angestrebten Zielsetzungen erfolgt eine theoretische Aufarbeitung der Thematik. Anhand systematischer Literaturrecherche und ihrer Analyse wird gewährleistet, dass theoretisch einschlägige Literatur und andere Untersuchungen zu diesem oder einem verwandten Thema berücksichtigt werden. Dadurch können neben der Feststellung des aktuellen Standes in der Theorie und (internationalen) Forschung auch die wesentlichen Begriffe definiert und abgegrenzt werden.
1.5. Aufbau der Arbeit
Diese Arbeit gliedert sich insgesamt in 6 Kapitel. Nach dem Einleitungskapitel, das die Problemstellung formuliert, den Stand der Forschung aufzeigt sowie die Zielsetzung der Arbeit, das methodische Vorgehen und den Aufbau der Arbeit darlegt, wird in Kapitel 2 die Begriffsklärung und die Situation in B&H dargestellt. In Kapitel 3 wird die internationale Erfahrung dargestellt, um deutlich auf die möglichen Innovationspotenziale aufmerksam zu machen. Es wird die Situation im EB-Bereich in den Nachbarstaaten Kroatien, Serbien und Montenegro dargestellt und durch einige der wichtigsten Impulse, die im Rahmen der EU Politik gemacht worden sind, ergänzt. In Kapitel 4 wird der theoretische Bezugsrahmen zwischen EB und Innovationen dargestellt. In Kapitel 5 werden die Innovationspotenziale der EB in B&H, die sich in verschieden Bereichen der EB verbergen, hervorgehoben. Nach einer kurzen Zusammenfassung und einem persönlichen Resümee endet das letzte Kapitel 6 mit einem Ausblick des Autors.
Es gibt Dinge, die wir lernen müssen, bevor wir sie tun können.
Und wir lernen sie, indem wir sie tun.
Aristoteles
2. Hauptteil - Erwachsenenbildung in B&H
In politischen und wissenschaftlichen Debatten in B&H wird seit einigen Jahren immer wieder die zunehmende gesellschaftliche Bedeutung von Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen als mögliche Antwort auf enorme Arbeitslosigkeit und systemische Reformunfähigkeit betont. Man erhofft sich damit, eine schnelle und effektive Antwort auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu finden, um die Rezession in der B&H Gesellschaft zu verringern bzw. zu stoppen. Die strukturellen Veränderungen durch Globalisierung, der immer schneller werdende technologische Wandel sowie die Entwicklung neuer Berufsbranchen, von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft, untermauern die Tatsache, dass sich Erwachsene kontinuierlich weiterqualifizieren müssen, um mit den flexiblen Anforderungen am Arbeitsplatz Schritt zu halten. Obwohl die OSZE schon im Jahr 2003 in ihrem Jahresbericht über Bildungssysteme in Süd-Ost Europa6 Empfehlungen für Entwicklung von EB gab, wurde in B&H seit damals nicht wirklich sehr viel unternommen. Es wurden in einigen Landesteilen Gesetze und Gesetzentwürfe gemacht, die diesen Bereich regulieren sollen und damit eine Grundlage geschaffen, dass EB immer mehr Verbindung zu realen Bedürfnissen schafft.
Der Bedarf an verschiedenen Formen von Befähigung, Umschulung, Fort- und Weiterbildung von Erwachsenen in B&H ist enorm. Und es ist fast ein Paradoxon, dass diesem Bildungsbereich so wenig öffentliche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Infolge dieser Situation und der gesellschaftlichen Einstellung können die Bildungsbedürfnisse von Erwachsenen nicht erfüllt werden, sondern sie werden nach Willkür des Marktes und den vorhandenen Möglichkeiten und Angeboten gesättigt. Ohne dass man im Hintergrund eine Strategie herauslesen kann, sondern nur nach dem Prinzip „diejenigen, die sich Bildung und Weiterbildung leisten können, werden die Angebote annehmen und nutzen“. Das lebenslange Lernen ist heute ein Imperativ, eine Grundbedingung für Entwicklung und Fortschritt. Kein Land kann sich diesen Luxus leisten, nicht mit diesem Entwicklungstrend stand zu halten. Wenn die politischen Entscheidungsträger in B&H tatsächlich wollen, dass dieses Land sich endlich auf dem Weg der europäischen Integration festigt, ist es notwendig, mehr für die Lebensqualität der Bürger und Bürgerinnen zu tun. Zugleich heißt das für Erwachsenenbildung in diesem Land, strukturierte und weitreichende Schritte zu setzen, die das Bildungswesen zukunftsträchtig machen, wie auch klug in Bereiche zu investieren, die für das Land von Vorteil sind.
2.1. EB in B&H - eine unterbrochene Entwicklung
Aufgrund neuer technologischer Entwicklungen, modernerer Produktionsprozesse wie auch Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt besteht in Bosnien und Herzegowina die Notwendigkeit, arbeitslose Personen auszubilden. Es handelt sich hier um Erwachsene, die ihren ersten Beruf erlernen, sowie Personen, die sich umschulen oder qualifizieren wollen. In Bosnien und Herzegowina fehlt es an systematischen Daten im Bereich der Erwachsenenbildung. Somit wissen wir sehr wenig über die Erwachsenenbildung als Spezialgebiet der wissenschaftlichen Forschung und des Studiums. Darüber hinaus fehlt es an einem Bewusstsein die Bildungsangebote aktiv zu nutzen, was in anderen Ländern z.B. durch die Politik der Europäischen Union durch das Konzept des "Lebenslangen Lernens" gefördert wird. Um einen detaillierten Einblick in die Situation des Sektors in Bosnien und Herzegowina zu erhalten, wird die vorhandene Fachliteratur sowie die Berichte von BH-Ministerien und relevanten staatlichen Institutionen, in- und ausländischen Organisationen, die an der Erwachsenenbildung beteiligt sind, herangezogen.
Die Andragogik7 begann sich als wissenschaftlicher Bereich in Bosnien und Herzegowina in den 1970er Jahren zu entwickeln, als sie als Lehrthema an der Fakultät für Pädagogik und Psychologie der Philosophischen Fakultät in Sarajevo eingeführt wurde.8 Die Erwachsenenbildung beginnt im ehemaligen Jugoslawien, durch die Entwicklung und das Angebot an Schulungen an sogenannten Arbeits-Universitäten9 und in Form einer kontinuierlichen Aus- und Weiterbildung in Großunternehmen. Doch durch den Bosnienkrieg und die Nachkriegszeit ist die Institution der Arbeits-Universität fast vollständig verschwunden. Die bestehenden Ausbildungen am Arbeitsplatz wurden allein durch das jeweilige Management einer Firma oder Organisation initiiert und durchgeführt und sind nicht gesetzlich reguliert.
Der Übergangsprozess der B&H-Gesellschaft von einer totalitären zur demokratischen Gesellschaft ist durch die Demokratisierung des Bildungsangebots und die Entstehung von vielen neuen Ausbildungen und Studienlehrgängen gekennzeichnet. Die Erweiterung des Universitätsnetzes hat zur Diversifizierung der Wissenschaften geführt - neue Disziplinen wurden eingeführt, interdisziplinäre Studien wurden entwickelt. Allerdings blieb die Andragogik weitgehend im Status eines einsemestrigen oder selten eines zweisemestrigen Kurses im Pädagogik-Studium, ohne viel Unterstützung für ihre Profilierung10. Die einzige wesentliche Veränderung trat in den Namen der Unterrichtsfächer und ihrer Programmorientierung auf. Neben dem traditionellen Namen Andragogik in aktuellen Lehrplänen und Programmen, können wir Namen wie Erwachsenenbildung, Pädagogik des lebenslangen Lernens, Modelle und Theorien des Erwachsenenlernens und lebenslanges Lernen finden. Gleichzeitig hat sich der Zugang zu Bildung für alle Bevölkerungsschichten nicht gravierend verändert d.h. dass gerade die benachteiligten Gruppen weiterhin sehr begrenzte Möglichkeiten zu Fort- und Weiterbildung haben.
Die Tatsache, dass die Andragogik in der B&H-Gesellschaft nicht als eigenständige wissenschaftliche Disziplin anerkannt ist und immer noch als Teil eines allgemeinen pädagogischen Studiums betrachtet wird, spiegelt den Bezug der Bildungsbehörden zur Erwachsenenbildung und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft wider11. In Anbetracht des Mangels an Chancen, einen Bildungsabschluss in einem formalen Bildungssystem zu erwerben, nehmen Formen der informellen Bildung, die durch meist aus Projekten finanzierten Seminaren, Workshops, Studienreisen bestehen, eine wichtige Rolle in der Ausbildung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Erwachsenenbildung ein. Die meisten dieser Projekte sind darauf ausgerichtet, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für die Arbeit mit Erwachsenen in unserem Land zu schulen und ihnen Grundkenntnisse für die Bildungsarbeit mit Erwachsenen zu vermitteln. Die prominentesten Anbieter solcher Projekte, die den Erwachsenenbildungssektor direkt stärken, sind zwei deutsche Organisationen: der Deutsche Volkshochschulverband - DVV International12 und die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit - GIZ13. Einige der bisher umgesetzten Programme sind: Schule der Andragogik, Regionale Akademie der Andragogik, Ausbildung der Ausbildner für die Bildungsarbeit mit Erwachsenen, Ausbildung von Multiplikatoren, Systematische Erwachsenenbildung, „Der Kompetenz Pass14 “, Management in Bildung, Förderung der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina15 und dergleichen. Ziel dieser Programme ist es, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Bildungseinrichtungen, Arbeitsvermittlungsagenturen und anderen Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen zu ermöglichen, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, um mit Erwachsenen in ihrem Fachgebiet zu arbeiten. Die Umsetzung erfolgt mit Experten und Expertinnen in der Erwachsenenbildung, meist Universitätsprofessoren aus Bosnien und Herzegowina, Serbien, Deutschland und anderen Ländern.
In Bezug auf Veranstaltungen/Konferenzen als einer Form der wissenschaftlichen Kommunikation, kann festgestellt werden, dass in den vergangenen 20 Jahren nur wenige periodische Konferenzen und Diskussionsrunden, die der Erwachsenenbildung gewidmet sind, mit professionellem Charakter (basierend auf dem Erfahrungsaustausch von "Guten Praktiken") organisiert wurden. Einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Sozialisation von Andragogik- Experten aus B&H leisten Konferenzen, Sommerschulen, Diskussionsrunden und ähnliche Veranstaltungen wie auch die Internationale Konferenz über Erwachsenenbildung, die in den Nachbarländern, die von der kroatischen Andragogischen Gesellschaft16 oder der Regionalen Andragogischen Akademie organisiert wurden.
In Bosnien und Herzegowina gibt es Voraussetzungen für die Schaffung und Entwicklung des Erwachsenenbildungssektors als eigenständige Disziplin. Die Entwicklung und Stärkung des Sektors ist möglich, wenn die gesamte Gesellschaft, vor allem politische Strukturen, d.h. die Entscheidungsträger in B&H den Sektor der Erwachsenenbildung als Chance erkennen, mit der das Land beginnt, sich in die richtige Richtung zu entwickeln. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die Institutionalisierung der Erwachsenenbildung in unserem Land angesichts der steigenden Arbeitsmarktanforderungen, der Entwicklung nicht traditioneller Berufe, der Reformprozesse in allen Lebensbereichen, des Strebens nach EU-Mitgliedschaft, sozialer und politischer Veränderung ein unvermeidlicher Prozess sein wird.17 18 Angesichts der Bemühungen internationaler Organisationen wie DVV International oder der GIZ wird klar, dass durch die Erwachsenenbildung die Entwicklung der sich in Stagnation befindlichen Wirtschaft befördert werden kann. Es wird auch erwartet, dass in absehbarer Zeit ein Studium der Andragogik/Erwachsenenbildung an einigen der öffentlichen Universitäten in B&H eingeführt wird, wodurch die Erwachsenenbildung einen stabileren und seriöseren Platz in der B&H- akademischen Gemeinschaft erhalten kann.
2.2. Gesetzliche Situation in EB
Die Republik Bosnien-Herzegowina hat ca. 3,5 Millionen Einwohner und eine Fläche von ca. 51.000km218. Das Land wird oft auch namensverkürzend Bosnien genannt. Es ist eine Bundesrepublik, die seit dem Friedensvertrag von Dayton vom 14. Dezember 1995 aus den beiden fast gleich großen Entitäten (Gebietseinheiten) Serbische Republik (Republika Srpska, RS) und der vorwiegend von Bosniaken und Kroaten besiedelten Föderation Bosnien- Herzegowinas (Federacija Bosne i Hercegovine, FB&H) besteht. Letztere setzt sich ihrerseits aus zehn Kantonen zusammen, von denen fünf überwiegend von Bosniaken, drei von Kroaten und zwei von Bosniaken und Kroaten besiedelt sind. In der Bosniakisch-Kroatischen Föderation leben aber auch ca. 100.000 Serben (4,5 % der Föderationsbevölkerung), wie auch in der Serbischen Republik schätzungsweise 140.000 Bosniaken und Kroaten (10 %) leben.
Das politische System in Bosnien und Herzegowina ist kompliziert, die Bestimmungen der Verfassung des Landes spiegeln dies wider. Diese wurde verabschiedet, um den ethnischen Konflikt sowie nachfolgende Änderungen am System zu beenden, das unter der Leitung der internationalen Gemeinschaft durch das Büro des Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina eingeführt wurde.19
Das Fehlen eines Systems in der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina ist nirgendwo so klar wie im Bereich seiner gesetzlichen Regelung. Die Situation wird durch die spezifische Anordnung der allgemeinen Bildungspolitik in Bosnien und Herzegowina noch komplizierter, wo es ratsam ist, eher über die Existenz von lose verbundenen Teilen und fragmentierter Politik als von einem einheitlichen System zu sprechen. In Bosnien und Herzegowina gibt es insgesamt 14 verantwortliche Stufen für Bildungspolitik und Bildungsmanagement: Entitätsebene in RS, 10 Kantone in der Föderation von Bosnien und Herzegowina, Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, Brcko Distrikt für Bildung und Kultur und Ministerium für Zivile Angelegenheiten, welches die staatliche Bildung koordiniert.
Es gibt zahlreiche Indikatoren, die zeigen, dass unzureichende Qualifikationen zu einer Erhöhung der Arbeitslosigkeit und der Armutsquoten führen. Nach Angaben der B&H-Statistik- Agentur für die Gesamtzahl der Arbeitslosen macht die Bevölkerung im Alter von 25 bis 49 mehr als 60 Prozent der Arbeitslosen aus, während 15 Prozent der Arbeitslosen älter als 50 sind20, was darauf hindeutet, dass es ein ernstzunehmendes Ungleichgewicht zwischen den Qualifikationen der Arbeitssuchenden und den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes gibt.
Aufgrund des demographischen Wandels sinkt der Anteil der Erwerbsbevölkerung in B&H. Angesichts der Tatsache, dass mehr als 14 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Bosnien und Herzegowina mehr als 65 Jahre alt sind und dass B&H das Land mit der fünftniedrigsten Geburtenrate in Europa ist, mit stetig weiter sinkenden Geburten, ist mit Sicherheit anzunehmen, dass die Erwerbsbevölkerung in Zukunft länger arbeiten muss. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit, dass die bestehende Erwerbsbevölkerung über ausreichende Qualifikationen verfügt, um den wachsenden Sozial- und Rentensektor in Bosnien und Herzegowina zu unterstützen. Aufgrund der Langzeitarbeitslosigkeit haben die meisten registrierten Arbeitslosen veraltetes Wissen, veraltete Fähigkeiten und Kompetenzen. Es gibt eine große Anzahl von Arbeitslosen mit Berufen/handwerklichen Ausbildungen, die in den letzten 10 Jahren nicht nachgefragt wurden. Fehlanpassung ist also kein Problem im globalen Sinne der Qualifikationen, sondern auch im Sinne der Fähigkeiten und Kompetenzen, deren Heranbildung das Bildungssystem bietet.
Das Erwachsenenbildungssystem wird durch die Existenz eines organisierten Marktes für pädagogische Produkte und Dienstleistungen definiert, bzw. durch die Regulierung des Bildungsinhaltes, der Bildungstechnologien und der Organisation des Systems.
Deshalb, wenn wir über das Erwachsenenbildungssystem in B&H sprechen, dann denken wir an zwei Momente:
- Anerkennung der Erwachsenenbildung als Teil des gesamten Bildungssystems des Landes
- die Existenz eines angemessenen Rechtsrahmens zur Regelung der Aktivitäten der Erwachsenenbildung (Strategien, Gesetze, Verordnungen, Qualifikationsrahmen, Lehrpläne und Programme).
In den bildungspolitischen Dokumenten in Bosnien und Herzegowina wird das Konzept des lebenslangen Lernens als fundamentale Orientierung aller Bildungsniveaus21 und als "integraler Bestandteil des Bildungssystems in Bosnien und Herzegowina"22 anerkannt. Der Eindruck ist, dass die gesetzliche Regelung der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina in Richtung Bottom-up geht, wo niederrangige Gesetze ohne die Existenz von zumindest staatlichen Rahmengesetzen ausgearbeitet werden. Wenn wir also die Chronologie der Schöpfung dieser Handlungen betrachten, werden wir das Fehlen des Bewusstseins für das Ganze und das hierarchische Beziehungsverhältnis zwischen den verschiedenen Regierungsebenen bemerken.
Erst 2014, im Rahmen des Projektes „Stärkung der Funktionsfähigkeit der Personalentwicklung in B&H“, gefördert von der Europäischen Union, wurde ein Dokument „Strategische Plattform der Entwicklung der Erwachsenenbildung im Rahmen des lebenslangen Lernens in Bosnien und Herzegowina für den Zeitraum 2014-2020“ vorbereitet23. Das Dokument sollte in Verbindung mit den Grundsätzen und Standards in der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina24 (auch im Jahr 2014 angenommen) verwendet werden, um konkrete Strategien und Aktionspläne für die Erwachsenenbildung in B&H auf allen Ebenen der Bildung und Leitlinien für die Entwicklung der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina bis 2020 vorzubereiten.25
Unter den ersten Dokumenten, die die Erwachsenenbildung auf staatlicher Ebene erwähnen, sind die Strategischen Entwicklungsziele in Bosnien und Herzegowina mit dem Umsetzungsplan 2008-2015. In den Umrissen von weiteren Entwicklungsrichtungen gibt es eine große Meinungsverschiedenheit in der Struktur der Erwachsenenbildung und es gibt nur wenige Institutionen, die an der Berufsausbildung beteiligt sind. Die Notwendigkeit eines systematischen Ansatzes zur Entwicklung der Erwachsenenbildung wurde auf der Grundlage von Offenheit und Zugänglichkeit für alle hervorgehoben und kurzfristige, mittelfristige und langfristige Ziele angegeben. Von den acht genannten Zielen sind bislang zwei erreicht worden - im Bereich der Erwachsenenbildung wurde ein Bildungsangebot eingerichtet und die Grundlagen des Qualifikationsrahmens26 wurden entwickelt. Dieses Dokument ist eine Voraussetzung für die Vorbereitung des Qualifikationsrahmens in Bosnien und Herzegowina, die die Verknüpfung der Ergebnisse des bisherigen, gegenwärtigen und zukünftigen Lernens und die Angleichung an den Europäischen Qualifikationsrahmen ermöglichen sollte. Es wurde prognostiziert, dass dieses Dokument bis spätestens 2015 vorbereitet werden sollte, obwohl das bis heute noch nicht geschehen ist. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass bald Standards und Verfahren für die Zertifizierung von Erwachsenenbildungsinstitutionen entwickelt werden, eine Alphabetisierungsstrategie, die Reduktion der Analphabetenrate auf 2% und so weiter verabschiedet werden, was auch unter den strategischen Zielen bis 2014 aufgeführt ist.
Die Erwachsenenbildung wird auch in der Strategie für die Förderung der beruflichen Bildung in Bosnien und Herzegowina für den Zeitraum 2007-2013 erwähnt.27 Das Dokument besagt, dass die Erwachsenenbildung nicht den Status einer strategischen Komponente in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung hat und, und dass sie "zur Förderung persönlicher Interessen aufgestellt wurde, ohne ihre Fähigkeit zu erkennen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die Belegschaft neu zu strukturieren und die Bedürfnisse der Bürger wahr zu nehmen “. Daher kann man sagen, dass "Erwachsenenbildung existiert, aber in B&H nicht institutionalisiert ist". Einige der Maßnahmen der Strategie, die die Erwachsenenbildung und - ausbildung im System der beruflichen Bildung verbessern sollten, sind folgende: den Arbeitsmarkt in der Entwicklung von Lehrplänen und Programmen einzubeziehen, die für die lokale Wirtschaft wichtig sind, Modernisierung der Lehrpläne und Programme, Harmonisierung der Berufsstandards mit Normen in den EU-Ländern, Ausarbeitung eines Zertifizierungssystems usw.
In der RS wurde das Gesetz über die Erwachsenenbildung im Jahr 2009 verabschiedet, und im Jahr 2011 das Gesetz über Änderungen und Ergänzungen des Erwachsenenbildungsgesetzes28. Danach wurde damit begonnen, die Erwachsenenbildung in dieser Entität durch die Einrichtung des Erwachsenenbildungsinstituts, die Annahme verschiedener Regelungen, Lehrpläne und Programme zu zentralisieren und ins System einzuführen. Mit diesen Handlungen wurden die Aktivitäten der Erwachsenenbildung geregelt, die nur von verifizierten Institutionen durchgeführt werden können oder diejenigen, die eine entsprechende Lizenz vom Institut für Erwachsenenbildung der RS erhalten.
Die Föderation von Bosnien und Herzegowina hat erst im April 2014 den Gesetzentwurf über die Grundsätze der Erwachsenenbildung in FB&H vorgelegt, der auf der Sitzung des FB&H Repräsentantenhauses am 08.07.2014 verabschiedet wurde. Danach wurde das Gesetz über die Erwachsenenbildung durch Kantone angenommen. Dieser Prozess geht sehr langsam und hängt weitgehend von der aktuellen Stimmung für die Zusammenarbeit auf kantonalen Regierungsebenen ab. Bisher wurde das Erwachsenenbildungsgesetz in acht von zehn Kantonen angenommen. Gemeinsam mit der Verabschiedung des Gesetzes wurden die gebräuchlichsten und notwendigsten Statuten angenommen. Es wurde ein Register der Erwachsenenbildungseinrichtungen eingerichtet, in dem die Organisationen für Erwachsenenbildungs- und Ausbildungsprogramme eingetragen werden können, die die gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung dieser Tätigkeit erfüllen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Gesetzliche Dokumente auf verschiedenen Verantwortungsebenen in B&H29
Wenn die Entscheidungsträger in Bosnien und Herzegowina beschließen, der Erwachsenenbildung eine angemessene Aufmerksamkeit zu widmen, werden die Bürger von Bosnien und Herzegowina nach den EU-Standards und den Erwartungen aus dem Beitrittsprozess mehrere Vorteile haben. Zunächst werden die Bürger neue Möglichkeiten für eine formale und informelle Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina erhalten, was sich deutlich auf den Arbeitsmarkt auswirken könnte, da dadurch neue Angebote der Qualifikationsentwicklung, die notwendig für Beschäftigung sind, geschaffen werden. Damit diese Angebote greifen, ist es erforderlich, dass sich die rechtlichen Grundlagen, die Entwicklung der Arbeitgeberkapazitäten und die Fähigkeit derer, die Schulungsleistungen zur Verfügung stellen, nach den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes ausrichten. Praktisch sollte jeder Erwachsene die Möglichkeit haben, sich zusätzlich, durch neue, speziell gestaltete Bildungsprogramme zu bilden, deren Profile schwerpunktmäßig auf Mangelberufe ausgerichtet sind.
2.3. Heutige Situation im EB Bereich
Dieser kurze Überblick über die gesetzliche Regulierung der Erwachsenenbildung in Bosnien und Herzegowina lässt den Schluss zu, dass dies eine Sphäre der öffentlichen Politik mit wenig Systematik ist. Ein System ist keine Reihe von Elementen, die nur für sich selbst funktionieren, im Gegenteil, es konzentriert sich auf eine wechselseitige Beziehung, in der jeder Teil zum Ganzen und seinem Funktionieren beiträgt. Jede der gesetzlichen Maßnahmen wird zu einer stärkeren Organisation der Erwachsenenbildung in einem bestimmten Teil des Landes führen, aber die Frage des Beitrags zur Entwicklung des Gesamtsystems bleibt ungelöst.
Das jahrzehntelange Symbol der Erwachsenenbildungseinrichtung in diesen Gebieten - die sogenannte Arbeits-Universität - ist jetzt nur mehr ein Relikt, heute ist die Erwachsenenbildung über verschiedene Institutionen und Organisationen verteilt. Hier ist der sichtbarste Mangel des Gesetzgeberinteresses, das Fehlen eines Systems in diesem Bereich. Die Verantwortung für diese Tätigkeit in der RS hat das Erwachsenenbildungsinstitut28, während in den kantonalen Gesetzen die Einrichtung ähnlicher Institutionen und Zentren auf dem Territorium jedes Kantons vorgesehen wurde. Obwohl die Existenz einer solchen Institution dazu beitragen sollte, den Bereich der Erwachsenenbildung in Einklang zu bringen und zu verbessern, besteht die Gefahr einer übergeordneten Zentralisierung, die im Widerspruch zur Natur des Lebenslangen Lernens steht. Derzeit wird die Verantwortung für die formale Erwachsenenbildung in der FB&H von kantonalen pädagogischen Instituten wahrgenommen, die im Rahmen breitgefächerter Bildungsfragen, die Erwachsenenbildung und Ausbildungsprogramme vorbereiten. Diese Rolle haben auch Institute und öffentliche Arbeitsvermittlungsdienste im Gebiet der Föderation, RS und Brcko Distrikt. Diese Dienste haben die Aufgabe, die von ihnen vermittelten Qualifikationen und Fähigkeiten an die Anforderungen des Arbeitsmarktes durch verschiedene Bildungs- und Ausbildungsprogramme anzupassen. Abteilungen und Arbeitsvermittlungen organisieren gelegentlich IT-Schulungen und Fremdsprachenlernen sowie Schulungen von Arbeitslosen aus verschiedenen Berufen.
2.3.1. Bildungsträger in B&H
Die Einrichtungen, welche sich mit der Erwachsenenbildung beschäftigen, befinden sich nicht gerade in einer beneidenswerten finanziellen Situation, denn es bestehen noch immer keine systematischen Lösungen, die bei ihrer Arbeit und Entwicklung helfen würden. Sie befinden sich mit ihren Programmen am häufigsten auf dem freien Markt und sind gezwungen, kommerzielle Weiterbildungen anzubieten, die in der heutigen Situation überhaupt nicht kostengünstig sind. Es besteht außerdem auch eine große Anzahl von Organisationen der Zivilgesellschaft, die ihre Aktivitäten über Projektfinanzierung subventionieren und auf diese Weise zur Vielfalt und Dynamik im Bereich der Erwachsenenbildung beitragen. Außerdem besteht im materielltechnischen Bereich ein großer Bedarf nach der Modernisierung des Arbeitsbereiches, es müssen geeignete Räumlichkeiten gefunden und adäquate Ausstattung angeschafft werden, um die Erwachsenenbildung so erfolgreich wie möglich zu gestalten.29
Die Erwachsenenbildungsträger sind in zwei große Sektoren zu finden:
Im formalen Bildungssystem für Erwachsene befinden sich:
- Grundschulen für Erwachsene
- Mittelschulen für Erwachsene
- Hochschulen und Universitäten
- Bildungseinrichtungen für Erwachsene und Zentren für lebenslanges Lernen
Im non-formalen Bildungssystem für Erwachsene befinden sich:
- Einrichtungen zur Bildung der Erwachsenen
- Berufsfachschulen
- Kulturzentren
- Arbeitsämter
- Zentren für lebenslanges Lernen
- Organisationen der Zivilgesellschaft
- Humanitäre Organisationen
- Unternehmen, Industrie und große Firmen
- Wissenschaftliche und professionelle Einrichtungen
- Fachgesellschaften
- Sozial- und Bildungseinrichtungen
- Religiöse Gemeinden
- Zentren für Sport und Rekreation
- Consultingfirmen
- Massenmedien
Bosnien und Herzegowina unterscheidet sich in den Formen des Lernens nicht von anderen Ländern. Das sind:
- Formales lernen
- Non-formales bzw. Informelles lernen
2.3.2. Formale EB in B&H
Formale Bildung wurde durch Gesetze und Verordnungen reguliert, oder zumindest wird durch die Klärung der Gesetzeslage versucht, Einfluss auf die Transparenz der Bildungsprozesse zu nehmen. Die anderen Bildungsformen, in denen eine großes Potenzial für Kreativität und Innovation liegt, treten auf verschiedenene Art und Weise zum Vorschein und sind ohne eine grundlegende Untersuchung sehr schwer zu fassen. Seit einigen Jahren wurden auch neue Bildungswege und -angebote im formalen EB-Bereich entwickelt. Das führte dazu, dass ganz neue Berufsbranchen entstanden sind, wie die sogenannten Sozial- und Betreuungsberufe30, die vorher in B&H nicht existiert haben. Ein ausführlicher Überblick über die formale EB wurde in Kapitel 2.2. schon geschildert.
2.3.3. Non-formale und informelle EB in B&H
Die formale Bildung ist mit einem gesetzlichen Rahmen und Vorschriften geregelt, zumindest dort wo diese Gesetze und Vorschriften bestehen, während für die non-formale Bildung keine gesetzlichen Regelungen bestehen, sie jedoch reich an einem vielfältigen Angebot an Programmen, Seminaren, Trainings, Workshops usw. ist. Das non-formale Angebot umfasst Themen und Bereiche außerhalb des Rahmens der formalen Bildung und ermöglicht somit das Erwerben des Wissens, der Fertigkeiten und Kompetenzen, die in einem höheren Niveau zur Berufsfindung, Selbstständigkeit und aktiver Anteilnahme in gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Aspekten einer Gesellschaft oder auch Gemeinschaft beitragen können.
In der Domäne der non-formalen Erwachsenenbildung stellt das Portal http://obuke.ba einen wichtigen Beitrag zum Zugang zu Informationen dar, die Nutzer und Nutzerinnen können sich einen Einblick in die Angebote der Weiterbildungsprogramme in ganz B&H verschaffen. Wenn wir uns das derzeitige Bildungsangebot in unserem Land ansehen, können wir feststellen, dass die Erwachsenenbildung auch weiterhin die Funktion der Elimination von Bildungsmängeln hat oder die Berufsfindung fördert. Es bestehen sehr wenige Programme aus dem Bereich der Bildung für das Leben in einer Familie, der kulturell-ästhetischen und ökologischen Bildung, politischen Bildung und ähnlichem. In einer solchen Atmosphäre nimmt die lebenslange Bildung, die zur Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit beiträgt, einen geringen Platz ein.
Das Angebot im Bereich der informellen Bildung variiert in Bezug auf die Dauer des Programms, das seine Wurzeln in der andragogischen Theorie und der Qualität der Ausführung hat. Die Frage der Verifizierung und der Zertifizierung des informellen Lernens stellt in dieser Domäne eine der größten Herausforderungen dar, während die Abwesenheit des systematischen Verfolgens der Bedürfnisse des Arbeitsmarkts und von Standards die Situation zusätzlich erschwert. Die sogenannte illoyale Konkurrenz stellt auch ein großes Problem dar, d.h. die Tatsache, dass sich jeder, der die Möglichkeit und Chance erkennt, mit der Erwachsenenbildung beschäftigen kann, und so entstehen Ausbildungs- oder Weiterbildungsprogramme, die den gleichen oder identischen Titel haben, aber die sich radikal im Inhalt, der Ausführung, den erwarteten Ergebnissen des Wissens und der Anwendung unterscheiden. All das verwirrt potenzielle Nutzerinnen und Nutzer der Bildungsprogramme, die schwer unterscheiden können, was sie mit den Weiterbildungen bekommen und wo es sich wirklich auszahlt, seine Zeit und sein Geld zu investieren.
2.4. Begriffsklärung
Erwachsene lernen in jeder Lebensphase und sind während des gesamten Lebens lernfähig. Lernen kann in verschiedenen Lebensphasen allerdings unterschiedliche Formen annehmen. Im Unterschied zu Kindern und Jugendlichen verknüpfen Erwachsene Lerninhalte stärker mit ihrem Vorwissen, ihren Erfahrungen und ihrem Lebenszusammenhang31. Erwachsene erwarten diese Anschlussfähigkeit und stellen Zusammenhänge her. Lernen ist aber auch mit Gewohnheiten verbunden: Ist Lernen grundsätzlich positiv besetzt und immer wieder geübt, fällt es leichter.
Erwachsenenbildung und das Lernen von Erwachsenen sind aufgrund der Diversität der Zielgruppe sehr vielfältig in den Inhalten, der Qualität, den Zielen und Ergebnissen. Sie kommen in unterschiedlichen Kontexten vor, von Schulen unterschiedlicher Art und Ebene bis hin zu den Organisationen bzw. Organisationsformen, die nicht Teil des formalen Systems sind: Unternehmen, Familie oder Gemeinde. Bildung und Lernen von Erwachsenen wird vor allem unter dem Einfluss der Entwicklung des Konzepts des lebenslangen Lernens häufig mit formaler Bildung, außerschulischer Bildung und informellem Lernen assoziiert.
In aktuellen Konzepten des lebenslangen, lebensbegleitenden Lernens wird explizit alles Lernen während des ganzen Lebens in den Mittelpunkt gestellt als moderne Wunderwaffe, die sozialkulturellen Verschiebungen entgegenwirken kann.32
Bildung, das ist eine altbekannte Tatsache, umfasst viel mehr als das Lernen von Fakten im Rahmen eines schulischen Lehrplans. Bildung ist der Weg zu Mündigkeit und Selbstbestimmung, bedeutet die lebenslange Entwicklung der gesamten Persönlichkeit - und umfasst auch den Erwerb von Kompetenzen außerhalb der traditionellen Bildungsstätten.
In jeder Lebenssituation gibt es Möglichkeiten, sich zu bilden und etwas zu lernen. Grundsätzlich werden drei Formen von Bildung unterschieden: Formale, non-formale und informelle Bildung. Diese Unterscheidung in formales, non-formales und informelles Lernen ist von der EU-Kommission in der Diskussion um Lernen im Lebenslauf aufgenommen worden33.
Formale Bildung kann definiert werden als: Institutionalisierte, kontinuierliche Aus- und Weiterbildung in den staatlichen Bildungsinstitutionen (wie Schule, Universität, Institutionen der Berufsbildung). Sie ist ein strukturierter, hierarchisch gegliederter Prozess und gekennzeichnet durch klare Lernziele, Lehrpläne, Lernsettings und Zertifizierungen34.
Unter non-formaler Bildung wird beabsichtigtes, gezieltes und selbstgesteuertes Lernen außerhalb klassischer Bildungsinstitutionen verstanden. Non-formale Bildung kann unterschiedliche Grade der Formalisierung haben, ist durch Freiwilligkeit gekennzeichnet und beinhaltet mehr oder weniger stark durchorganisierte Lernangebote. Der Zugang zu Arrangement und Inhalt der Bildung ist offen und vielfältig nutzbar; der Austausch zwischen Lernenden und Lehrenden besitzt freiwilligen Charakter und beinhaltet nicht immer eine verpflichtende Überprüfung von Lernzielen. Die Überprüfung und der Ausweis von Ergebnissen können unterschiedlich ausgeprägt sein, von der reinen Selbsteinschätzung der Lernenden bis hin zu formalisierten Zertifikaten reichend 35.
Informelle Bildung beinhaltet Prozesse der Selbstbildung, die sich in unmittelbaren Lebenszusammenhängen („Learning by doing“) und außerhalb von Bildungsinstitutionen sowie formulierten Absichten abspielen. Besonders der Erwerb von „soft skills“ findet natürlich oft im informellen Bereich statt 36.
Bildung im eigentlichen Sinne passiert durch alle drei Bildungsformen. Die Gesellschaft von Bosnien und Herzegowina legt immer noch den größten Wert auf die formale Bildung.
2.4.1. Die Kategorien des lebenslangen Lernens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Eine Gegenüberstellung der drei Kategorien des lebenslangen Lernens39
Vier wichtige Kriterien für die Unterscheidung von formalem, non-formalem und informellem Lernen sind: Struktur, Lernabsichten, Lernkontrolle und Lernumfang37 38, die Unterschiede zwischen den drei dominanten Lernarten in einer relativ konsistenten und erforschten Weise erklären.
2.4.2. Bildung, die in einem formalen Lernumfeld stattfindet
Formales Lernen kann als Lernen definiert werden „das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) strukturiert ist und zur Zertifizierung führt. Formales Lernen ist aus der Sicht des Lernenden zielgerichtet“39.
Formale Formen der Erwachsenenbildung werden durch zugelassene Primar- und Sekundarschulen sowie in neu gegründeten Erwachsenenbildungseinrichtungen oder Einrichtungen des lebenslangen Lernens realisiert. Formale Programme, die in den vorgenannten Institutionen umgesetzt werden, werden als Umschulungen, Fort- und Weiterbildungen angeboten. Vor allem die bestehenden Berufsschulen in Bosnien und Herzegowina haben in der Erwachsenenbildung das gleiche (jedoch wesentlich reduzierte und kondensierte) Lehrprogramm und verwenden dieselbe Methodik wie für die reguläre Ausbildung in Berufsschulen. In letzter Zeit entstehen Erwachsenenbildungs- und Ausbildungszentren, die die Möglichkeit bieten, Diplome und Zertifikate aus Dutzenden von Berufen zu erwerben - von ökologischen Produzenten und Verarbeitern von Pflanzen und pflanzlichen Produkten bis hin zu sozialen Berufen oder Hilfsberufen im Tourismussektor. Da derartige Institutionen der breiten Öffentlichkeit auch wegen der kommerziellen Dynamik, d.h. der Bezahlung der Teilnahme an öffentlichen Programmen, noch nicht bekannt sind, gibt es ein gewisses Misstrauen gegenüber solchen Institutionen, obwohl sie in der Qualität des Bildungsprozesses sowie organisatorisch und technisch besser ausgerüstet und fortgeschrittener sind als die Einrichtung eines formalen Bildungssystems. So zum Beispiel haben wir in der RS an dem Erwachsenenbildungsinstitut, das die Befugnis hat, die Programme zu überprüfen und Lizenzen für ihre Umsetzung zu erteilen, 26 formale Erwachsenenbildungsprogramme im Angebot und es sind ca. 60 Bildungsanbieter auf dem Gebiet der RS registriert. Wenn man bedenkt, dass die formale Erwachsenenbildung offiziell zu einem formalen Bildungssystem gehört, wird davon ausgegangen, dass sie von der Politik und den zuständigen Behörden unterstützt wird. Leider sind die Mittelzuweisungen für die Erwachsenenbildung als solche fast nicht vorhanden. Es gibt Mittelzuweisungen für Institutionen, die von den Behörden wie die pädagogischen Institute oder das Erwachsenenbildungsinstitut eingerichtet wurden, aber für die Finanzierung oder Co- Finanzierung von Bildungsprogrammen und die Unterstützung der Entwicklung des Sektors selbst, dafür gibt es keine Finanzierung.
[...]
1 Hoso, Narcis/Avdagic, Emir: Erwachsenenbildung in Bosnien-Herzegowina, in; Institut für internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschulen-Verbandes e.V. IIZ/DVV Projektbüro Sarajevo (Hrsg.): Erwachsenenbildung in Bosnien-Herzegowina, Sarajevo 2004, S. 9
2 Ebd. S. 6-9
3 The number of persons registered as unemployed in Bosnia and Herzegovina as of 31 January 2017 amounted to 511,922 or 41.57%. Quelle: Staatliche Agentur für Arbeit http://www.arz.gov.ba (Stand 31.07.2017)
4 https://de.wikipedia.org/wiki/Abkommen vonDayton (Stand 01.08.2017)
5 Europäischer Verband für Erwachsenenbildung (EAEA): Adult Education in Europe 2016- A Civil Society View, Brüssel 2017, S.15
6 Reviews of National Policies for Education: South Eastern Europe 2003, Volume 1: Albania, Bosnia-Herzegovina, Bulgaria, Croatia, Kosovo (http://www.keepeek.com/Digital-Asset-Management/oecd/education/reviews-of- national-policies-for-education-south-eastern-europe-2003 9789264100725-en#page166 (Stand 07.08.2017)
7 Andragogik ist die Wissenschaft von der Bildung Erwachsener. Sie versteht sich als eine zur Pädagogik komplementäre Wissenschaft, darf aber nicht einfach kontrastierend mit dieser gesehen werden. Vielmehr spricht vieles dafür, dass der Mensch im Laufe seiner Lernbiographie zuerst für pädagogische Maßnahmen empfänglich und dann mit zunehmender Autonomie offen für andragogische Maßnahmen ist. http://arbeitsblaetter-news.stangl-taller.at/was-ist-andragogik/ (Stand 17.10.2017)
8 Mavrak, Mirjana: Erziehung und Bildung von Erwachsenen (Org. Titel: Odgoj i obrazovanje odraslih u Bosni i Hercegovini). Obrazovanje odraslih, Vol. IV, br. 2/2004, Sarajevo, 2004, S. 64
9 Hoso, Narcis/Avdagic, Emir: Erwachsenenbildung in Bosnien-Herzegowina, in; Institut für internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschulen-Verbandes e.V. IIZ/DVV Projektbüro Sarajevo (Hrsg.): Erwachsenenbildung in Bosnien-Herzegowina, Sarajevo 2004, S. 6-9
10 Mavrak, Mirjana: Erziehung und Bildung von Erwachsenen (Org. Titel: Odgoj i obrazovanje odraslih u Bosni i Hercegovini). Obrazovanje odraslih, Vol. IV, br. 2/2004, Sarajevo, 2004, S. 75
11 Ebd. S.76
12 http://www.dvv-international.ba/projects/ (Stand 21.08.2017)
13 https://www.giz.de/projektdaten/index.action?requestlocale=en EN#?region=4&countries=BA (Stand 21.08.2017)
14 https://www.giz.de/de/downloads/giz2014-de-bosnien-herzegowina.pdf (Stand 21.08.2017)
15 https://www.giz.de/de/weltweit/21076.html (Stand 21.08.2017)
16 http://www.andragosko.hr/ (Stand 21.08.2017)
17 Mavrak, Mirjana: Erziehung und Bildung von Erwachsenen (Org. Titel: Odgoj i obrazovanje odraslih u Bosni i Hercegovini). Obrazovanje odraslih, Vol. IV, br. 2/2004, Sarajevo, 2004, S. 76
18 http://www.bhas.ba/index.php?option=comcontent&view=article&id=52&itemid=80&lang=en&Itemid = Agency for Statistics of Bosnia and Herzegovina (Stand 03.08.2017)
19 Jahn, Egbert: Bosnien-Herzegowina - die EU-Politik in der Sackgasse in Goethe-Universität Frankfurt am Main: Frankfurter Montags-Vorlesungen, Frankfurt, 2016
20 http://www.bhas.ba/index.php?option=com publikacija&view=publikacijapregled&ids=1&id=2&n=Tr%C5%BEi%C 5%A1te%20rada Agency for Statistics of Bosnia and Herzegovina (Stand 03.08.2017.)
21 Ministerrat B&H: Amtsblatt 74/08, 2008 (Stand 03.08.2017)
22 http://www.sluzbenilist.ba/page/akt/TgoI9GmxLiY= Ministerrat B&H: Amtsblatt 96/14, 2014 (Stand 31.08.2017)
23 Ebd. (Stand 31.08.2017)
24 Ministerrat B&H: Amtsblatt 39/14, 2014 (Stand 31.08.2017)
25 Europäischer Verband für Erwachsenenbildung (EAEA): Adult Education in Europe 2016- A Civil Society View, Brüssel 2017, S.15
26 http://sllist.ba/glasnik/2011/broj31/Broj031.pdf Ministerrat B&H: Amtsblatt 31/11, 2011 (Stand 31.08.2017)
27 http://fmon.gov.ba/Upload/Dokumenti/9c01ff86-8c29-47c8-8adc- 62a467bc5102 Strategija%20razvoja%20stru%C4%8Dnog%20obrazovanja%20i%20obuke%20u%20BiH%20za%20p eriod%202007.-2013.%20godine.pdf (Stand 31.08.2017)
28 http://www.mpoo.org/ (Stand 31.08.2017)
29 Mavrak, Mirjana: Erwachsenenbildung in Bosnien-Herzegowina in Obrazovanje odraslih, Vol. IV, br. 2/2004, Sarajevo, 2004, S. 71
30 http://sec.ba/formalne-obuke/ - Caritas Ausbildungszentrum für sozial Berufe (Stand: 12.09.2017)
31 Wolf, Gertrud: Zur Konstruktion des Erwachsenen, Grundlagen einer erwachsenen pädagogischen Lerntheorie, Wiesbaden 2011, 2014, S. 185ff
32 Münk, Dieter/Walter, Marcel (Hrsg.): Lebenslanges Lernen im sozialstrukturellen Wandel, Essen 2017, S.3.
33 https://www.bibb.de/dokumente/pdf/foko6 neues-aus-euopa04raum-lll.pdf Mitteilung der EU Kommission 21.11.2001 (Stand 31.08.2017)
34 Mack, Wolfgang: Lernen im Lebenslauf - formale, non-formale und informelle Bildung: die mittlere Jugend (12 bis 16 Jahre), Studie im Auftrag der Enquetekommission „Chancen für Kinder“ des Landtags von NordrheinWestfalen, Düsseldorf 2007. S.9f
35 http://www.sajv.ch/politik/freiwilliges-engagement/non-formale-bildung/ (Stand 31.08.2017)
36 Ebd. (Stand 31.08.2017)
37 Tamilina, Larysa: LLLight Project Definitions of Lifelong Learning Categories, LLLIGHT Project Position Paper No 1., 2012. S.10
38 Ebd. S.10
39 http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2001:0678:FIN:DE:PDF Europäische Kommission: Ein europäischer Raum des lebenslangen Lernens, Amt für Amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Luxemburg 2001, S. 33 (Stand 13.9.2017)
- Quote paper
- Igor Lukenda (Author), 2017, Innovationspotenzial von Erwachsenenbildung in der bosnisch-herzegowinischen Gesellschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/974494
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