In dieser Arbeit wird das Thema Gesundheitsförderung im Kindesalter behandelt. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf dem Setting Schule, da dieses besonders relevant für Kinder im Schulalter ist. Der Stellenwert dieses Settings für die allgemeine Gesundheit und das Ernährungsverhalten lässt sich auf dem Fakt begründen, dass Kinder in der gesamten Entwicklungsphase die Schule besuchen. Sie ist somit optimal geeignet, um dauerhaften und langfristigen Einfluss auf das Gesundheitsverhalten der Kinder auszuüben. So können gesundheitliche Maßnahmen im Sinne der Prävention die Gesamtheit der Kinder erreichen sowie gesundheitliche Chancengleichheit unterstützen, ohne bestimmte Zielgruppen auszuschließen.
Das Thema Ernährung ist ein wesentlicher Grundbaustein im Leben eines jeden Menschen. So bestimmt diese sowohl den gesundheitlichen Status als auch das Wohlbefinden und hat unmittelbaren Einfluss auf die psychische und physische Entwicklung eines Menschen. Aus diesem Grund benötigen besonders Kinder im frühen Kindesalter wichtige Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe, sowie ein passendes Verhältnis der Hauptnährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate, um Risiken und Folgeerkrankungen einer unzureichend gesundheitsförderlichen Ernährungsweise zu vermeiden.
So hat sich im Rahmen der Gesundheitsförderung und Prävention der "Best-Practice-Ansatz" zur Bewertung der Modellprojekte als zuverlässig erwiesen. Die Grundlage des Ansatzes bilden die drei Dimensionen Werte, Wissen und Kontext des Public-Health-Action-Cycles, welche in Kombination mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen das Erfolgspotential der praktischen Umsetzung von Interventionen erhöht. Die Verbreitung und Veröffentlichung erfolgreicher Projekte der guten Praxis auf Praxisdatenbanken kann zum einen Motivation bei neuen Projektanbietern schaffen und zum anderen dazu genutzt werden, das eigene Projekt bekannter zu machen.
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG
1.1 Einleitung
1.2 Problemstellung
2 ZIELSETZUNG
3 GEGENWÄRTIGER KENNTNISSTAND
3.1 Gesundheit und Gesundheitsförderung
3.2 Setting Ansatz
3.3 Aktuelle Handlungsansätze und Empfehlungen für gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen im Setting Schule
3.4 Aktueller Kenntnisstand von Kindern im Schulalter
3.4.1 Prävalenz und Inzidenz
3.4.2 Bewegungsverhalten
3.4.3 Emährungsverhalten
3.4.4 SozialeLage
3.4.5 Medienkonsum
3.5 Definition und Darstellung von Themen
3.5.1 Public-Health-Action-Cycle
3.5.2 Best-/Good-Practice Ansatz
3.5.3 Projektarbeit
3.5.4 Qualitätsmanagement und Kriterien
4 METHODIK
5 ERGEBNISSE
5.1 Beschreibung der Modellprojekte in tabellarischer Form
5.1.1 Modellprojekt 1,, ALSTERKIDS“
5.1.2 Modellprojekt 2 „Gesund essen mit Freude“
5.1.3 Modellprojekt 3 „Kinder gestalten ihren Naschgarten“
5.1.4 Modellprojekt 4 „Lebenslust-Leibeslust“
5.1.5 Modellprojekt 5 „Kinderhaus Malstatt“
5.1.6 Modellprojekt 6 „Gesundheit und Aktivität in Schulen“
5.1.7 Modellprojekt 7 „Optimierung der Verpflegung inKitaund Schule“
5.1.8 Modellprojekt 8 „Wo Gemüsesticks Schule machen“
5.1.9 Modellprojekt 9 „Aus dem „Kinder-Garten“ auf den Tisch“
5.1.10 Modellprojekt 10 „Gemeinsamkochen, gemeinsamfit werden“
5.2 Bewertung der Qualität der Modellprojekte auf Grundlage der „Kriterien für gute Praxis der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung“ des Kooperationsverbundes Gesundheitliche Chancengleichheit (2017) in tabellarischer Form (gesundheitliche-chancengleichheit, 2020)
5.2.1 Bewertung Modellprojekt 1 „ALSTERKIDS“
5.2.2 Bewertung Modellprojekt 2 „Gesund essen mit Freude“
5.2.3 Bewertung Modellprojekt 3 „Kinder gestalten ihren Naschgarten“
5.2.4 Bewertung Modellprojekt 4 „Lebenslust-Leibeslust“
5.2.5 Bewertung Modellprojekt 5 „Kinderhaus Malstatt“
5.2.6 Bewertung Modellprojekt 6 „Gesundheit und Aktivität in Schulen“
5.2.7 Bewertung Modellprojekt 7 „Optimierung der Verpflegung in Kita und Schule“
5.2.8 Bewertung Modellprojekt 8 „Wo Gemüsesticks Schule machen“
5.2.9 Bewertung Modellprojekt 9 „Aus dem „Kinder-Garten“ auf den Tisch“
5.2.10 Bewertung Modellprojekt 10 „Gemeinsam kochen, gemeinsam fit werden“
6 DISKUSSION
7 ZUSAMMENFASSUNG
8 LITERATURVERZEICHNIS
9 ABBILDUNGS-, TABELLEN-, ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
9.1 Abbildungsverzeichnis
9.2 Tabellenverzeichnis
9.3 Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung und Problemstellung
1.1 Einleitung
Das Thema Ernährung ist ein wesentlicher Grundbaustein im Leben eines jeden Menschen. So bestimmt diese sowohl den gesundheitlichen Status als auch das Wohlbefinden und hat unmittelbaren Einfluss auf die psychische und physische Entwicklung eines Menschen (Kurth, B. & Pott, E., 2008, S. 41). Aus diesem Grund benötigen besonders Kinder im frühen Kindesalter wichtige Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe, sowie ein passendes Verhältnis der Hauptnährstoffe Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate (Mensink, Kleiser & Richter, 2007, S. 609) um Risiken und Folgeerkrankungen einer unzureichend gesundheitsförderlichen Ernährungsweise (z.B. Adipositas,Typ 2- Diabetes) zu vermeiden (Kersting, Kalhoff & Lücke, 2017, S. 305).
So hat sich im Rahmen der Gesundheitsförderung und Prävention der „ Best-Practice-Ansatz“ zur Bewertung der Modellprojekte als zuverlässig erwiesen. Die Grundlage des Ansatzes bilden die drei Dimensionen Werte, Wissen und Kontext des Public-Health-Action-Cycles, welche in Kombination mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen das Erfolgspotential der praktischen Umsetzung von Interventionen erhöht. Die Verbreitung und Veröffentlichung erfolgreicher Projekte der guten Praxis auf Praxisdatenbanken kann zum einen Motivation bei neuen Projektanbietem schaffen und zum anderen dazu genutzt werden, das eigene Projekt bekannter zu machen (Brösskamp-Stone, U. & Ackermann, G.,2010).
1.2 Problemstellung
In der Bachelorarbeit soll der Schwerpunkt auf dem Setting Schule liegen, da dieses besonders relevant für Kinder im Schulalter ist. Der Stellenwert des Settings Schule für die allgemeine Gesundheit und das Ernährungsverhalten lässt sich auf dem Fakt begründen, dass Kinder in der gesamten Entwicklungsphase die Schule besuchen und diese somit optimal geeignet ist, um dauerhaften und langfristigen Einfluss auf das Gesundheitsverhalten der Kinder auszuüben. So können gesundheitliche Maßnahmen im Sinne der Prävention die Gesamtheit der Kinder erreichen sowie gesundheitliche Chancengleichheit unterstützen, ohne bestimmte Zielgruppen auszuschließen.
2 Zielsetzung
Ziel der Arbeit ist es, auf Basis einer systematischen Literaturrecherche und -auswertung die Potentiale der Modellprojekte im Setting Schule bezogen auf Interventionen zur Gesundheitsförderung im Setting Schule mit Schwerpunkt auf Ernährung aufzuzeigen und wirkungsvolle Maßnahmen herauszuarbeiten. Hierfür wird im Folgenden zunächst auf den aktuellen Forschungsstand eingegangen. Im Anschluss daran werden verschiedene Modellprojekte erarbeitet und bewertet.
3 Gegenwärtiger Kenntnisstand
3.1 Gesundheit und Gesundheitsförderung
Die World Health Organisation (World Health Organization [WHO], 1998) bezeichnet „Gesundheit“ als Zustand von vollkommenem physischem und psychischem Wohlbefindens und setzt damit eine Idealnorm, die sich häufiger Kritik unterziehen muss, da dieser absolute Zustand unmöglich zu erreichen ist.
Neben körperlichem Wohlbefinden (z.B. positives Körpergefühl, Fehlen von Beschwerden und Krankheitsanzeichen) und psychischem Wohlbefinden (z.B. Freude, Glück, Lebenszufriedenheit) gehören laut moderner Auffassung von Gesundheit auch Leistungsfähigkeit, Sinnfmdung und Selbstverwirklichung dazu. Gesundheit hängt vom Vorhandensein ab, von der Wahrnehmung und dem Umgang mit Belastungen sowie von den Risiken und Gefährdungen durch die soziale Umwelt. Grundsätzlich lässt sich der Begriff „Gesundheit“ jedoch nicht eindeutig definieren, da er schwer fassbar ist und von vielen Wissenschaftsbereichen anders gedeutet wird (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung [BZgA], 2001). 1986 wurde die Ottawa-Charta als ein Programm zur Gesundheitsförderung durch die WHO ins Leben gerufen. Ein Präventionsmodell, das Gesundheit nicht als Ziel, sondern als Mittel sieht, umjedem Individuum die Fähigkeit zu verleihen sein gesellschaftliches Leben positiv zu gestalten und damit seine individuellen gesundheitsfördernden Bedingungen selbstbestimmt zu erschaffen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung [BZgA], 2001).
3.2 Setting Ansatz
Der Setting-Ansatz ist ein Konzept zur Gesundheitsförderung, der 1986 erstmals durch die Ottawa-Charta vorgestellt wurde. Dieser dient als Grundlage des WHO Projekts für gesunde Städte. Es ist ein langfristiges Entwicklungsprojekt, das darauf abzielt, das Thema Gesundheit in allen Städten der Welt stärker zu behandeln und umzusetzen. Beispiele für Interventionen der WHO sind Settings wie soziale Netzwerke, gesundheitsfördernde Schulen, gesundheitsfördernde Arbeitsplätze, gesundheitsfördernde Krankenhäuser, gesunde Städte und Dörfer (WHO, 1998). Das Setting ist als eine Lebenswelt definiert, in der Individuen sich aufhalten, leben, arbeiten, spielen und lernen. Dazu gehören z.B. Betriebe, Wohnviertel, Freizeiteinrichtungen, Schulen oder Kindertagesstätten. Es kann als Soziales System verstanden werden, in dem verschiedene Umwelteinflüsse auf bestimmte Personengruppen einwirken. Der Setting-Ansatz zielt mit gesundheitsfördernden Maßnahmen auf Lebensbereiche ab, in denen Menschen die meiste Zeit verbringen und durch ihre Struktur den größtmöglichen Einfluss auf die Gesundheit der Menschen haben. Sie richten sich also nicht allein an homogene Zielgruppen (Kinder, Jugendliche, alte Menschen) und deren spezifische Gesundheitsprobleme, sondern vielmehr auf die Lebensräume (Settings) und deren verschiedene Soziale Gruppen (WHO, 1998). Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass der Schwerpunkt des Setting-Ansatzes auf der Integration gesundheitlicher Aspekte in allen Lebensbereichen liegt (Settings). Er verfolgt das Ziel, gesunde Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen, sodass die Individuen eines Settings die Möglichkeit haben, selbstbestimmt ihre Umwelt und somit ihre Gesundheitsrisiken, Gesundheitsressourcen und Gesundheitsbelastungen zu bestimmen (WHO, 1998).
3.3 Aktuelle Handlungsansätze und Empfehlungen für gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen im Setting Schule
Im folgenden werden aktuelle Handlungsansätze und Empfehlungen für gesundheitsförderliche und präventive Maßnahmen im Setting Schule hinsichtlich des Handlungsfeldes Ernährung dargestellt.
Seit dem Jahr 2008 ist Ernährungsbildung an Schulen ein Bestandteil von Maßnahmen und Interventionen des nationalen Aktionsplans, der von dem Bundesministerium für 6/61 Gesundheit (BMG) initiiert wurde, um langfristige Veränderungen zu schaffen. Im Vordergrund steht dabei die Verbesserung der Schulverpflegung, die mit Hilfe der Gründung von bundesweiten Vernetzungsstandorten die Basis einer gesunden Nahrungsversorgung herbeiführen soll (Bartsch et al., 2013, S. 88).
Da die Schule ausschließlich über die Schulverpflegung Einfluss auf die Ernährungssituation der Kinder hat, steht diese im Mittelpunkt. Eine gesundheitsförderliche Schulverpflegung ist elementar für die Ausbildung von Kompetenzen im Handlungsfeld Ernährung sowie für die Entwicklung eines positiven Lebensstils. So prägt die Lebensmittelauswahl die Geschmacksentwicklung als auch das allgemeine Ernährungsverhalten, welche im fortschreitenden Alter essenzielle Bedingungen für ein gesundes und langanhaltendes Leben sind (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V, 2018). Des Weiteren sorgt eine angemessene Energie- und Nährstoffversorgung für effizientere Stoffwechselprozesse, welche zu einer besseren Konzentrationsleistung führen, sodass die allgemeine Schulleistung dadurch profitieren kann (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., 2018). So können die folgenden Empfehlungen und Maßnahmen zur besseren Gestaltung der Schulverpflegung umgesetzt werden:
1. Das tägliche Speiseangebot setzt sich aus einer Stärkebeilage, Salat oder gegartem Gemüse, Rohkost sowie einem im Preis enthaltenen 0,2 Liter Getränk zusammen.
2. Hinsichtlich der Speiseplanung wird ein Menüzyklus für vier Wochen festgelegt, um genügend Variation an Lebensrnitteln zu schaffen.
3. Religiöse Aspekte, kulturelle und regionale Essgewohnheiten, Allergien und Wünsche der Schüler und Schülerinnen werden in der Speiseplanung berücksichtigt.
4. Einplanung von 60 Minuten Pause, sodass Mahlzeiten in Ruhe zu sich genommen werden können.
5. Für den Speiseraum sollte eine helle Räumlichkeit mit angemessener Beleuchtung ausgewählt werden, welche durch ein gemütliches und angenehmes Ambiente eine positive Atmosphäre schafft. Die Einrichtung sollte leicht zu reinigen sein.
6. Hochkalorische Getränke wie Eistee, Energy-Drinks, Limonaden, Fruchtsäfte, künstliche Near-Water-Getränke oder isotonische Sportgetränke werden in der Schule nicht angeboten. Das Angebot an Getränken beschränkt sich auf Mineralwasser und ungesüßte Teesorten (Kamille, Früchte, Pfefferminze)(Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V.,2018).
Die folgenden Maßnahmen und Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung können dazu beitragen, dass die Rahmenbedingungen für ein gesundheitsförderliches Emährungsverhalten im Setting Schule optimiert werden :
1. Um die Menge und die Qualität des Trinkverhaltens positiv zu steigern, können Wasserspender, Trinkecken und Trinkbrunnen im Schulgebäude sowie in Klassenräumen angebracht werden.
2. Das Angebot des Schulkiosk beschränkt sich auf pikante, ungesüßte und ungesalzene Snacks (z.B. Nüsse, Sonnenblumenkeme) und schließen hochkalorische Süßigkeiten aus. Des Weiteren stehen die Angebote des Kiosk in keiner Konkurrenz zu dem Speiseangebot.
3. Für Schülerinnen und Lehrkräfte sollten regelmäßige Emährungsbildende Fortbildungen initiiert und umgesetzt werden um Grundkenntnisse einer gesunden Ernährung zu vermitteln (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., 2018).
4. Es sollte die Möglichkeit geschaffen werden, Kinder an den Tischdiensten zu beteiligen (Schuch, 2016, S. 5-6).
3.4 Aktueller Kenntnisstand von Kindern im Schulalter
Im Folgenden wird im Bezug auf den aktuellen Kenntnisstand von Kindern im Schulalter die aktuelle Datenlage zu grundlegenden Themengebieten dargestellt. Dazu wird auf die Prävalenz und Inzidenz, das Bewegungs- und Emährungsverhalten sowie auf die Soziale Lage und den Medienkonsum von Kindern im Schulalter eingegangen. Grundlegend beziehe ich mich hier auf das Grundschulalter, das heißt die Altersspanne von sechs bis 13 Jahren.
3.4.1 Prävalenz und Inzidenz
Im Folgenden wird die aktuelle Erkenntnislage zur Prävalenz und Inzidenz für Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren thematisiert. Der Fokus liegt hier auf Übergewicht und Adipositas, da diese Problematik in der Altersspanne von sechs bis dreizehn vorwiegend in der betroffenen Datenlage behandelt wird. Außerdem steht diese Problematik hauptsächlich im Zusammenhang mit einem mangelndem Emährungsverhalten.
Der Begriff Adipositas leitet sich vom lateinischen Wort für Fett (adeps) ab (Schorb, 2014, S. 37). Der Begriff Adipositas wird häufig gleich gesetzt mit „Fettleibigkeit“, „Fettsucht“ oder „Obesitas“ und wird als krankes oder starkes Übergewicht gesehen(Universität(s)medizin Leipzig, 2020).
Um Übergewicht und Adipositas messbar zu machen bezieht man sich bei Epidemiologischen Studien zur Ausweitung von Übergewicht und Adipositas auf die Methode des Body-Mass-Index (BMI), wonach Körpergewicht und Körpergröße gemessen werden und diese aufschlussreiche Ergebnisse zur Definition von Übergewicht und Adipositas im Kinderalter liefern (Robert Koch-Institut [RKI], 2013, S. 32). Da die Größe und das Gewicht bei Kindern im Wachstum zu stark variieren, kann kein einheitlicher Wert festgelegt werden um Kinder als adipös einzustufen. Aufgrund dessen werden in Deutschland Übergewicht und Adipositas mit Hilfe eines BMI Perzentilkurvenwertes nach Kro- meyer-Hauschild gemessen (Kromeyer-Hauschild, 2001). Dieser berücksichtigt Geschlecht und Alter im Hinblick auf eine Referenzpopulation. Überschreitet der BMI der Kinder demnach das 90. Perzentil werden diese als übergewichtig eingestuft. Liegt der BMI jedoch oberhalb des 97. Perzentils werden Kinder als adipös eingestuft (RKI, 2018c).
Aktuelle Daten und Häufigkeitszahlen zur Prävalenz und Inzidenz lassen sich der KIGGS Studie entnehmen. Betrachtet man die Ergebnisse der KIGGS Welle 2 aus dem Jahr 2018 nach den Altersgruppen, kann festgestellt werden, dass 7,3% der Jungen und 10,8% der Mädchen im Alter von drei bis sechs sowie 16,1% der Jungen und 14,9% der Mädchen von sieben bis 11 Jahren als übergewichtig gelten. Daraus wird deutlich, dass sich der Referenzwert mit steigendem Alter erhöht und somit eine erhebliche Inzidenz vorliegt (RKI, 2018c). Dies kann darin begründet sein, dass Kinder ab dem Grundschulalter im schulischen Alltag häufiger sitzen und ihre Freizeitaktivitäten wenig bewegungsreich gestalten. Das Zusammenspiel von wenig körperlicher Aktivität und einem schlechtem Ernährungsverhalten erhöht das Risiko von Übergewicht und Adipositas (RKI, 2006). Die Beziehung des Kindes zur Mutter und Familie spielt ebenfalls eine wichtige Rolle und wurde im Rahmen der KIGGS Studie diskutiert. So lässt sich das erhöhte Risiko von Übergewicht und Adipositas von Kindern auf die genetische Veranlagung der ebenfalls übergewichtigen Mutter zurückführen. Weiterhin teilen die Familienmitglieder die selben Lebensbedingungen und geben gesundheitsbezogene Verhaltensweisen an die Kinder weiter (Kurth & Schaffrath Rosario, 2007).
Die Risiken und Folgen von Übergewicht und Adipositas sind vielfältig, so können sich als Folge von Übergewicht und Adipositas ein erhöhtes Risiko für akute und chronische Erkrankungen wie zum Beispiel Hypertonie, Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen oder auch orthopädische Probleme im späteren Verlauf des Lebens entwickeln (RauhPfeiffer & Koletzko, 2007). Hypertonie stellt die häufigste Begleiterkrankung der Adipositas dar (Wirth, 2013), so werden häufig erhöhte Blutdruckwerte bei adipösen Kindern ermittelt, welche ein erhöhtes Morbiditätsrisiko mit sich bringen (Moss, Wabitsch, Kromeyer-Hauschild, Reinehr & Kurth, 2007). Außerdem erhöht Übergewicht im Kindesalter das Risiko für eine Insulinresistenz und Störungen im Glukosestoffwechsel. Weiterhin besteht eine Verbindung zwischen Übergewicht und psychischen Aspekten (S.Brand), denn übergewichtige Kinder werden häufiger gemobbt, diskriminiert und sozial ausgegrenzt. Dies resultiert häufig in Depressionen, einem niedrigeren Selbstbewusstsein und auch einer schlechteren Lebensqualität (RKI, 2018c).
So kann an dieser Stelle der Bachelorarbeit im Bezug auf den Schwerpunkt „Ernährung“ vermerkt werden, dass vor allem unter der Berücksichtigung, dass das Übergewicht der Elternteile eine entscheidende Rolle für die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas spielt, es sinnvoll erscheint Maßnahmen zu initiieren und zu realisieren, die die Partizipation und Selbstwirksamkeit aller Familienmitglieder stärken. Dies erhöht die Chance, eine Reduktion des Körpergewichts der Eltern zu erreichen, welche positive Effekte auf die Lebens- und Gesundheitsqualität der Kinder herbei zu führen verspricht.
3.4.2 Bewegungsverhalten
Der Begriff „körperliche Aktivität“ ist definiert als alle Formen von Bewegung, die aus dem Gebrauch von Skelettmuskulatur resultiert und im Vergleich zum Ruhezustand zu einem hohem Energieverbrauch führt (Caspersen, Christenson & Pollard, 1986). Darunter fallen sowohl Alltagsaktivitäten wie Gehen, Laufen, Radfahren, Treppensteigen als auch sportliche Aktivitäten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt täglich 60 Minuten körperliche Aktivität für Kinder und Jugendliche, welche aus einer Kombination von mäßiger Anstrengung wie Gehen und intensiver Anstrengung wie das Betreiben einer Sportart bestehen sollte (WHO, 2010).
Im Bezug auf das Gesundheitsverhalten der Grundschulkinder liefert eine bundesweite Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (KiGGS) aufschlussreiche Ergeb- nisse. Die KIGGS Welle 1 (2009-2012) wurde als Befragungssurvey durchgeführt. Gerade einmal 31,4% der Jungen und 30,5% der Mädchen im Alter von sieben bis zehn Jahren erreichen die Bewegungsempfehlung der WHO von 60 Minuten körperlicher Aktivität am Tag. Im Alter von sieben bis zehn Jahren treiben 82,7% der Jungen und 80,8% der Mädchen Sport. Hier wird jedoch nur 31% der WHO Empfehlung erfüllt (Manz et al., 2014). Die KIGGS Welle 2 (2014-2017) wurde als kombinierter Befragungs- und Untersuchungssurvey durchgeführt. Laut diese Studie erfüllen 30% der Jungen und 22,8% der Mädchen im Alter von sieben bis zehn Jahren die Bewegungsempfehlungen der WHO (RKI, 2018a). Vergleicht man nun die Ergebnisse der KIGGS Welle 1 mit denen der KIGGS Welle 2 im Bezug auf die Erreichung der WHO Bewegungsempfehlung wird deutlich, dass die körperliche Aktivität der Jungen als auch die der Mädchen in der Altersspanne von sieben bis zehn Jahren abnimmt.
Um die körperliche Aktivität von Kindern zu steigern sollte der Sportunterricht mehr in den Fokus genommen werden, da die Kinder nach Brandt (Brandt, Moss, Berg & Wa- bitsch, 2010) den Großteil des Tages in der Schule verbringen und somit in dem Setting motiviert und animiert werden sollten, die körperliche Aktivität in ihrer Freizeit ebenfalls zu steigern. Denn die Förderung des Bewegungsverhaltens hat nicht nur positive Auswirkungen auf den Kalorienverbrauch, sondern zeigt seine Wirkung in vielen anderen Bereichen, wie z.B. die psychische Gesundheit (Schulz, Meyer & Langguth, 2012, S. 57). Ebenfalls weisen Kinder die regelmäßig körperlich aktiv sind häufiger eine höhere Knochendichte sowie ein besseres Kardiovaskuläres Risikoprofil auf (Manz et al., 2014).
3.4.3 Ernährungsverhalten
Im Folgenden wird die aktuelle Erkenntnislage zum Ernährungsverhalten für Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren dargestellt. Dabei werden sowohl Allgemeines zum Thema gesunde Ernährung, als auch aktuelle Ergebnisse aus Studien, Maßnahmen bzw. Empfehlungen zur Verbesserung des Gesundheitsverhaltens und Ursachen bzw. Risiken die sich aus einem schlechten Ernährungsverhalten ergeben thematisiert.
Laut Pudel und Eilrot (Pudel & Ellrott, 2004) versteht man unter dem Begriff „Essen“ das gesamte Erlebnisspektrum der Nahrungsaufnahme, sowie soziale Aspekte, das Ambiente, die Wahrnehmungen vor, während und nach der Mahlzeit. Während sich der Begriff „Essen“ somit auf die psychische Betrachtungsweise bezieht, assoziiert man den Begriff „Ernährung“ auf den physiologischen und gesundheitsbezogenen Effekt. Das Essverhalten lässt sich allgemein in Primärbedürfnisse wie Hunger, Durst, Sättigung und in Sekundärbedürfnisse, die maßgeblich durch einen lebenslangen soziokulturellen Lernprozess geprägt werden, einteilen (Ellrott, 2009).
Im Rahmen der KIGGS Studie wurde in Ergänzung zur Basiserhebung im Rahmen der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (2003-2006) die Ernährungsstudie EsKiMo zum Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 17 Jahren erhoben. Hierbei wurden 2506 Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis 17 Jahren zu ihrem Emährungsverhalten bzw. Emährungsumständen befragt. Für die Gruppe der sechs bis elf Jährigen wurden die Eltern zur Datenermittlung herangezogen (Kurth, B. & Pott, E., 2008, S. 9). Die gesammelten Ergebnisse der EsKiMo Studie wurden mit den Empfehlungen des Forschungsinstitutes für Kinder Ernährung (FKE) verglichen (Katholisches Klinikum Bochum, 2020).
Im Bezug auf Nahrungsmittelverzehr ist besonders auffällig, dass Nahrungsmittel aus komplexen Kohlenhydraten wie Vollkornprodukte sowie Milchprodukte und Milch wenig verzehrt werden und somit als unbeliebt gelten (Mensink, 2007, S. 53). Im Vergleich dazu ist der Verzehr von Wurstprodukten und Fleisch deutlich zu hoch. Besonders bedenklich und auffallend ist das Verhältnis zu Knabberartikeln, Süßwaren und Limonade, denn fast 100% der sechs bis elf jährigen Kinder konsumieren diese täglich. Der Verzehr von Obst und Gemüse in der Altersgruppe von sechs bis elf liegt deutlich unter der empfohlenen Menge von 200-350g pro Tag (RKI, 2011, S. 3). So liegt der Anteil des Obstkonsums der Mädchen bei 18,8% und der des Gemüsekonsums bei 7,4%. Bei den Jungen der Altersgruppe liegt der Anteil des Obstkonsums bei 15,1% und der des Gemüsekonsums bei 5,5%. Zusammengefasst betrachtet erreichen 35% der Mädchen und 26,5% der Jungen die Verzehrsempfehlung der „Optimierten Mischkost“ (RKI, 2011, S. 3-6). Anhand der Ergebnisse durch die Befragungen der Kinder bzw. Eltern konnten Gurken und Tomaten als favorisiertes Gemüse und der Apfel als favorisiertes Obst ermittelt werden (Mensink, 2007, S. 57). Hinsichtlich des Ernährungsverhaltens der sechs bis elf Jährigen im Bezug auf gemeinsame Mahlzeiten mit der Familie konnte ermittelt werden, dass 40% der befragten Kinder beinahe täglich zusammen frühstücken sowie 70% zusammen zu Abend essen (Mensink, 2007, S. 53). Bezüglich der Energie- und Nährstoffzufuhr vermittelt die EsKiMo Studie zusammenfassend folgende Aussagen: Es besteht ein Mangel an essenziellen Nährstoffen und Mikronährstoffen wie Vitamin D und E, Ballaststoffe, Calzium und Folat, denn diese sind in den favorisierten Lebensrnitteln der sechs bis elf Jährigen zu wenig bis nicht vorhanden. Die Hauptenergiequellen setzen sich aus Brot, Wurst und Süßigkeiten zusammen, weshalb Obst und Gemüse als Energiequelle vernachlässigt werden. Des Weiteren ist die Zufuhr von Proteinen und ungesunden Fetten durch die favorisierten Lebensrnittel deutlich zu hoch. Im Endresultat lässt sich also sagen, dass der Verzehr von nährstoffarmen und energiedichten Lebensrnitteln, die auf 100g eine hohe Kalorienzahl aufweisen, zu häufig konsumiert werden (Mensink, 2007, S. 83). Zusätzlich zur KIGGS Welle 2 (2014-2017) wurde die EsKiMo 2 Studie erhoben. Diese zeigt im Allgemeinen keine wesentlichen Unterschiede zur EsKiMo Studie 1 (2003-2006). Dennoch ist als positiv zu betrachten, dass der Wasserkonsum zugenommen und der Konsum von zuckergesüßten Getränken (z.B. Limonaden) abgenommen hat (Frotscher, 2020, S. 103).
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) stellt 10 Regeln für eine vollwertige Ernährung auf und schafft somit einen Gesamtüberblick was dabei zu beachten ist. Diese lauten :
1. Vielseitigessen
2. Reichlich Getreideprodukte und Kartoffeln
3. Gemüse und Obst - Nimm „5“ am Tag
4. Täglich Milchprodukte und Milch, Fisch und Fleisch ein- zweimal in der Woche sowie Eier in Maßen
5. WenigfettreicheLebensmittel
6. Zucker und Salz in Maßen
7. Reichlich Flüssigkeit
8. Schmackhaft und schonend zubereiten
9. Zeit nehmen und das Essen genießen
10. Auf das Körpergewicht achten und in Bewegung bleiben (Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., 2020)
Betrachtet man die 10 Regeln der DGE wird deutlich, dass eine gesunde Ernährung nicht leicht ist. Das Forschungsdepartment Kinderernährung (FKE) in Dortmund befasst sich bereits seit fünf Jahrzehnten mit der Ergründung einer gesunden Ernährung für Kinder (Kersting, Μ. & Lentze, Μ. J., 2014, S. 623). Mit der Entwicklung des Konzeptes der optimierten Mischkost „OMK“ eröffneten sich neue Möglichkeiten zur Förde-rung einer Präventiven Kinderernährung (Katholisches Klinikum Bochum, 2020). Das Konzept der OMK wurde so entwickelt, dass es den Bedarf an essentiellen Nährstoffen abdeckt sowie die Lebensmittelwahl und -menge anhand wissenschaftlicher Daten ermittelt. Das Konzept wurde mit Veröffentlichung der neuen D-A-CH Referenzwerte (Referenzwert der Deutschen (D), Österreichischen (A) und Schweizer (CH) Gesellschaft für Ernährung) deutlich verändert. So wurde der ursprüngliche 7-Tage-Speiseplan zu einem 28 Tage Speiseplan erweitert. Des Weiteren richtet sich die Lebensmittelauswahl nach den D-A-CH Referenzwerten, wobei die Lebensmittelauswahl anhand des Richtwertes für die tägliche Energiezufuhr bezogen auf die Referenzgruppe berechnet wird. Die Speisepläne der OMK bestehen aus Frühstück, Mittagessen und Abendessen sowie einer Zwischenmahlzeit am Vor- und Nachmittag. Folgende Abbildung stellt die wesentlichen Grundregeln für die Lebensmittelauswahl dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Übersicht zur optimierten Mischkost für Kinder und Jugendliche (Katholisches Klinikum Bochum, 2020)
So wird die OMK heutzutage z.B. zur Prävention von Übergewicht und Adipositas, als Basis der Emährungsberatung oder als Grundlage der Diätetik für die Ernährung kran- kerKindergenutzt(Kersting etal., 2017, S. 305-311).
Weitere wissenschaftliche Erkenntnisse der Ernährungsforschung bestätigen die bisherigen Aussagen und Resultate. So benötigen Kinder nach Mensink und Kleiser von Anfang an eine optimale Nährstoffversorgung für eine gesunde Entwicklung. Diese könne nur durch eine vielseitige Ernährungsweise erreicht werden, sodass der empfohlene Bedarf an essentiellen Nährstoffen abgedeckt wird. Aufgrund des stetigen Wachstums der Kinder ist der Bedarf an Nährstoffen erheblich höher als die eines Erwachsenen, weshalb nährstoffdichte Lebensrnittel präferiert werden sollten (Mensink et al., 2007, S. 609).
Im Hinblick auf die bisher dargestellten Ergebnisse und Aussagen kann eine ungesunde Ernährungsweise zu vielerlei psychischen sowie physischen Krankheiten führen und sich somit negativ sowohl auf das körperliche als auch auf das geistige Wohlbefinden auswirken. So sind Kinder aufgrund der erhöhten kalorienreichen Nahrung frühzeitig organischen, psychischen und physischen Risiken bzw. Belastungen ausgesetzt (Kurth, B. & Pott, E., 2008, S. 41). Dies hat zur Folge, dass sich Chronische Erkrankungen wie z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Typ-2-Diabetes, welche sonst erst im Erwachsenenalter auftreten, bereits im Kindesalter auftreten und manifestieren (Kersting et al., 2017, S. 305).
Damit die Kinder einen positiven Nutzen aus den Erkenntnissen ziehen können, müssen diese in deren Lebenswelten übertragen werden. So kann mit Hilfe von Emährungsbil- dung und deren praktischer Anwendung das Themenfeld Ernährung zu einem lebenslangen Lernprozess werden. Die Settings „Schule“ und „Familie“ spielen dabei eine zentrale Rolle (Bartsch et al., 2013, S. 83).
Der Einfluss der Familie auf die Ernährung ist gerade im frühen Kindesalter auffallend und prägend. Denn hier untersteht die Ernährung ausschließlich der Kontrolle der El- tern.Dies bedeutet, dass die Entscheidung von Versorgung und Lebensmittelauswahl durch die Eltern bzw. Familie getroffen wird (Nicolaus, 2009). Hier besteht die Gefahr, dass durch die Übertragung elterlicher Kompetenzen Defizite im Ernährungswissen auf das Kind übertragen werden, welche sich im Einkaufsverhalten und Einnahme von gemeinsamen Mahlzeiten wieder finden (Bartsch et al., 2013, S. 85).
Aus diesen Erkenntnissen wird deutlich, dass die Bildung von Ernährungskompetenzen im Setting Familie verstärkt in den Vordergrund rücken muss, um gesundheitliche Folgen und Risiken im späteren Lebensverlauf der Kinder zu vermeiden. Die Schule als Setting kann als Vermittler von theoretischen und praktischen Erkenntnissen der Ernährung agieren, um einen Zugang zum Setting Familie zu schaffen.
Weitere Alternativen um das Thema Ernährung frühzeitig in die Lebenswelten der Kinder zu transportieren, liegen in der Veränderung und Anpassung der Politik. Da z.B. Schulen unter dem Einfluss der Politik stehen, ist die Sicherung von Unterstützung seitens dieser von großem Vorteil um effektive Maßnahmen ins Leben zu rufen (Brandt et al., 2010). Mögliche Maßnahmen dazu könnten sein :
1. Eine vereinfachte Lebensmittelkennzeichnung, um die Lebensmittelauswahl zu erleichtern
2. Lebensmittelwerbung die sich an Kinder richtet und dessen Platzierung um Kinderserien herum zu reduzieren oder ganz zu stoppen (Kurth, B. & Pott, E., 2008, S. 106)
3.4.4 Soziale Lage
Im Folgenden wird die aktuelle Erkenntnislage zur Sozialen Lage für Kinder im Alter von sechs bis 13 Jahren dargestellt. Im Hinblick auf die soziale Lage der Kinder kann ein direkter Bezug zur Prävalenz und Inzidenz sowie zum Bewegungs- und Ernährungsverhalten gezogen werden, da diese in Wechselwirkung miteinander stehen.
Um die Soziale Lage der Kinder zu erfassen wird häufig der sozioökonomische Status (SES) herangezogen. Dieser berücksichtigt das Haushaltsnettoeinkommen, die Wohngegend und die schulische Bildung der Eltern und spielt eine wichtige Rolle für den allgemeinen Gesundheitszustand derKinder (Lampert, Müters, Stolzenberg & Kroll, 2014). Die Ergebnisse der KIGGS Studie liefern hier aussagekräftige Fakten, Daten und Zahlen. So konnte mit den Ergebnissen und Daten der KIGGS Basiserhebung in den Jahren 2003-2006 dargelegt werden, dass Kinder und Jugendliche aus sozioökonomisch schlechter gestellten Elternhäusern häufiger psychische und physische Verhaltensauffälligkeiten aufweisen, ein niedriges Bewegungs- und Ernährungsverhalten an den Tag legen und auch häufiger an Übergewicht und Adipositas leiden und somit im Allgemeinen einen schlechteren Lebenszustand aufweisen (Lampert et al., 2014). Auch die Ergebnisse der Kieler Adipositas Präventionsstudie (KOPS) weisen darauf hin, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien einen sich negativ auf die Gesundheit auswirkenden Lebensstil führen und die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas folgend ansteigt (Müller, 2006). Auffällig wirken die Ergebnisse der KIGGS Studie im Hinblick auf den Migrationshintergrund, denn Kinder und Jugendliche, die einen Migrationshintergrund aufweisen, sind häufiger von Übergewicht und Adipositas betroffen als Kinder und Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Besonders in der Altersspanne der Sieben- bis Zehnjährigen lassen sich deutliche Unterschiede erkennen. So weisen 11 % der adipö- sen Jungen einen Migrationshintergrund auf, wohingegen nur 6 % der Jungen ohne Migrationshintergrund als adipös gelten. Die Ergebnisse für die Mädchen der Altersgruppe zeigen ähnliche Resultate. Demnach weisen 10% der adipösen Mädchen einen Migrationshintergrund auf, wohingegen nur 5% der Mädchen ohne Migrationshintergrund als adipös gelten. Somit kann sowohl für die Jungen als auch für die Mädchen mit Migrationshintergrund ein fast doppelt so hoher Prozentwert im Vergleich zu Jungen und Mädchen ohne Migrationshintergrund festgestellt werden. Betrachtet man nun die Altersspanne der Drei- bis sechsjährigen, gelten 3% der Jungen mit Migrationshintergrund als adipös, wodurch sich eine vierfache Erhöhung der Adipositasprävalenz innerhalb der Altersstufen feststellen lässt. Bei den drei-bis Sechsjährigen Mädchen aus Familien mit Migrationshintergrund hingegen liegt der Anteil bei 7% und ist somit nur leicht gestiegen (RKI, 2006, RKI, 2008).
Ein erhöhter Anteil übergewichtiger Kinder mit Migrationshintergrund konnte auch bei Berliner Schuleingangsuntersuchungen festgestellt werden, bei dem türkische Kinder den größten Anteil dieser ausmachten (SenGesSozV & Berlin, 2003). Bezüglich des Migrationshintergrundes zeigt sich in der KOPS eine Verbindung zum sozioökonomischen Status. So wachsen Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger in sozial benachteiligten Familien auf und sind häufiger von Adipositas betroffen als deutsche Kinder (Lange, Plachta-Danielzik, Landsberg & Müller, 2010).
Mögliche Gründe für die sozialen Ungleichheiten könnten darin ihren Ursprung finden, dass Familien mit niedrigem sozialen Status aufgrund geringer finanzieller Mittel kaum gesunde Nahrungsmittel kaufen und im Vergleich zu sozial besser aufgestellten Familien weniger Sport treiben da es als irrelevant angesehen wird (Benecke & Vogel, 2003; Manz et al., 2014). Im Hinblick auf das Bewegungsverhalten und Ausüben von Sport in Vereinen verdeutlichen die Ergebnisse der KIGGS Welle 1, dass nur 42,8% der Kinder und Jugendlichen die aus einer Familie mit niedrigem SES stammen Sport im Verein betreiben, wohingegen 74,1% der Kinder und Jugendliche aus Familien mit hohem SES Sport im Verein treiben. Als Ursache für die unterschiedlichen Bewegungsverhalten zwischen Familien mit hohem und niedrigem sozioökonomischen Status sind einerseits finanzielle und strukturelle Aspekte, wie Wohngegenden mit ungünstiger Lage zu Grünflächen zu nennen, andererseits der Mangel von finanziellen Ressourcen sowie fehlende Kenntnisse im Hinblick auf körperliche Aktivität (Manz et al., 2014).
Die Ergebnisse der KIGGS Welle 2 (2014-2017) untermauern die bisherigen Resultate und liefern neue Ergebnisse. So wurde in der KIGGS Welle 2 der subjektive soziale Status (SSS) zu dem sozioökonomischen Status (SES) hinzugefügt. Dieser erfasst die subjektive Wahrnehmung und Bewertung des eigenen sozioökonomischen Status von Eltern und Kindern und wirkt der Annahme entgegen, dass die individuelle relative Wahrnehmung sozialer Benachteiligung gesundheitsschädliche Gefühle wie Neid, Scham als auch Ungerechtigkeit hervorruft und dadurch bedingt ein höheres Stresslevel entsteht, das physische und psychische Gesundheitsrisiken steigert. Im Bezug auf den SSS weisen nach Einschätzung der Eltern 4,2% der Jungen und 2,7% der drei- bis Zehnjährigen Mädchen einen durchschnittlichen bis schlechten Gesundheitszustand auf (RKI, 2018b).
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- Justin Pankuweit (Author), 2020, Prävention und Gesundheitsförderung im Setting Schule. Modellprojekte im Handlungsfeld Ernährung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/973870
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