Stell dir vor, du könntest die Welt mit den Augen einer Fliege sehen – ein Kaleidoskop aus unzähligen Einzelbildern, die sich zu einem faszinierenden Panorama zusammenfügen. "Das Komplexauge" öffnet die Tür zu einer verborgenen Welt der Wahrnehmung, in der Insekten und Krebstiere die Realität in einer Weise erleben, die unsere Vorstellungskraft sprengt. Dieses Buch enthüllt die Geheimnisse der Facettenaugen, von den raffinierten Appositionsaugen tagaktiver Bienen bis zu den lichtverstärkenden Superpositionsaugen nachtaktiver Falter. Entdecke, wie Bienen Blüten aus nächster Nähe erkennen und ultraviolettes Licht wahrnehmen, während Ameisen sich erst kurz vor dem Zusammenstoß identifizieren und Wasserläufer ausschließlich horizontale Linien erkennen. Erfahre, wie die Anzahl der Ommatidien, der Sehwinkel und die Fähigkeit zur Lichtverstärkung die visuelle Welt dieser faszinierenden Kreaturen prägen. Ob es sich um die blitzschnelle Reaktionszeit der Stubenfliege handelt, die jede noch so kleine Bewegung wahrnimmt, oder um die Sternennavigation der Nachtfalter mithilfe eines eingebauten Spiegels – dieses Buch ist eine fesselnde Reise in die Optik der Natur. Tauche ein in die evolutionären Anpassungen, die es diesen Lebewesen ermöglichen, in ihren jeweiligen Umgebungen zu überleben und zu gedeihen, und gewinne ein tieferes Verständnis für die Vielfalt und Genialität des Lebens auf unserem Planeten. "Das Komplexauge" ist ein Muss für alle, die sich für Zoologie, Entomologie, Neurobiologie und die Wunder der natürlichen Welt interessieren. Erweitere deinen Horizont und entdecke die verborgenen visuellen Welten, die uns umgeben. Einblicke in die Insektenwelt, Tierwelt, Biologie, Optik, Evolution und Wahrnehmung erwarten dich.
Das Komplexauge
Komplexaugen werden auch Netz- oder Facettenaugen genannt. Sie bestehen aus zahlreichen keilförmigen Einzelaugen, den Ommatidien, die mit der Linse ein bienenwabenähnliches Muster bildet. Die überwiegende Mehrheit der Tiere verfügt über Komplexaugen. Diese besitzen zwar eine Linse wie unsere Augen, jedoch ist sie fest. Damit ist es ihr unmöglich ein Bild ,, scharf zu stellen ". Die Ommatidien bestehen aus der Cornealinse. Bei jeder Häutung wird die Cornealinse erneuert. Besonders bei Insekten besitzt die Linsenfläche viele kleine Protuberanzen (Nippel), die der Vermeidung von Reflexionen dienen. Unter der Cornealinse befindet sich ein Kristallkegel, der das, durch die Conealinse kommende, fokussierte Licht, auf die Spitze der Lichtsinneszellen (Rhabdom) bündelt. Einige Insekten haben zur Erhöhung der Lichtausbeute ein Tapetum. Es besteht aus mit Luft gefüllten Tracheenästchen, die unter den Augenhintergrund verteilt sind. An diesen Luftschichten wird das einfallende Licht reflektiert und ruft ähnliche wie bei Katzen grünlich leuchtende Augen hervor. Das Auflösungsvermögen des Komplexauges hängt von der Anzahl der Ommatidien ab, die in einem bestimmten Winkel vorhanden sind. Je kleiner der Ommatidienwinkel ist, desto größer ist die Fähigkeit, zwei benachbarte Punkte oder Linien noch als voneinander getrennt wahrzunehmen.
Die Stubenfliegen zum Beispiel, nehmen jede noch so vorsichtige Bewegung sofort wahr. Würde die Fliege ein Planetarium besuchen, könnte sie mit Hilfe ihrer Komplexaugen das gesamte Panorama optisch erfassen, ohne dabei ihren Kopf drehen zu müssen. Selbst die moderne Technik unsere Zeit ist nicht in der Lage solche winzige optische Gefüge zu konstruieren, wie es die Einheit eines Insektenkomplexauges darstellt. Je nach Insektenordnung sind sie unterschiedlich gut ausgebildet. Grundsätzlich kann man zwei Typen unterscheiden:
- Appositionsauge (auf eine Technik spezialisiert)
- Superpositionsauge (ein Kompromiß aus Vor- und Nachteilen des Appositionsauges)
Bei tagaktiven Arten sind die Einzelaugen durch Pigmente voneinander getrennt. Hierdurch wird ein besseres Bild erzeugt, diese Sehtechnik geht aber zu Lasten der Lichtempfindlichkeit. Dem Gegenüber besitzen nachtaktive Arten Einzelaugen, die kaum durch Pigmente voneinander getrennt sind. Die Bildschärfe wird zwar stark gemindert, die Lichtempfindlichkeit jedoch deutlich erhöht. Es gibt Arten, die einen Kompromiß eingehen und die Pigmente bis zu einem gewissen Grad verlagern können.
Beispiel Biene:
Anzahl der Ommatidien: ca. 5000
Mögliche Bildzeilen pro Sekunde: ca. 70 Möglicher Sehwinkel: 1°
Die Biene besitzt lichtundurchlässige Pigmentzellen, die jedes Ommatidium umhüllt
(Tagaktivität )
Bienen erkennen Blüten erst aus ca. 0,5m Entfernung. Dabei sieht sie jedoch andere Farben als die Menschen. Da sich ihr Farbenspektrum unterscheidet, erkennt die Biene keine Lichtwellen. Dafür kann sie ultraviolettes Licht absorbieren. Daher erkennt sie auf Blüten mehr als wir Menschen. So werden z.B. die Nektarmerkmale sichtbar. Damit Bienen schnell reagieren können, sehen sie bis zu 200 Einzelbilder pro Sekunde. Das ist etwa vier mal mehr als das menschliche Auge wahrnehmen kann. Schnelle Bewegungen erscheinen ihr wie in Zeitlupe.
Anzahl der Ommatidien: Ameise: 6
Ohrwurm: 500
Käfer: 3000
Stubenfliege: 4000
Biene: 5000
Libelle: 30000
Anzahl der Bildzeilen: Biene: 70 Stubenfliege: 200
Mensch: 60
Wichtiger als die Anzahl der Ommatidien, ist der aufnehmbare Winkel der Außenwelt:
Ohrwurm: 8°; Biene: 1°
Ameisen erkennen sich erst kurz vor dem Zusammenstoß, allerdings können sie dunkle Punkte (Nesteingang)
besonders gut wahrnehmen.
Die Raupen der Nonne können nur senkrechte Linien (Baumstämme) optisch erfassen. Wasserläufer dagegen, erkennen nur waagerechte Linien (Uferlinien).
Da sich Nachtfalter an den Sternen orientieren, verfügen sie über eine Art Spiegel im Komplexauge. Dieser reflektiert das Sternenlicht.
Krebsen besitzen die gleiche Technik, um das Dämmerungslicht auf dem Meeresgrund zu verstärken.
Stubenfliege nutzen eine 7-fache Lichtverstärkung, bei hervorragender Bildauflösung.
Häufig gestellte Fragen zu "Das Komplexauge"
Was ist ein Komplexauge?
Komplexaugen, auch Netz- oder Facettenaugen genannt, bestehen aus zahlreichen keilförmigen Einzelaugen, den Ommatidien, die mit der Linse ein bienenwabenähnliches Muster bilden. Die überwiegende Mehrheit der Tiere verfügt über Komplexaugen.
Wie funktioniert die Bildgebung in einem Komplexauge?
Jedes Ommatidium besitzt eine Cornealinse und einen Kristallkegel, der das fokussierte Licht auf die Lichtsinneszellen (Rhabdom) bündelt. Das Auflösungsvermögen des Komplexauges hängt von der Anzahl der Ommatidien und dem Ommatidienwinkel ab.
Was ist ein Tapetum und welche Funktion hat es?
Einige Insekten haben ein Tapetum zur Erhöhung der Lichtausbeute. Es besteht aus mit Luft gefüllten Tracheenästchen, die unter dem Augenhintergrund verteilt sind und das einfallende Licht reflektieren.
Welche Typen von Komplexaugen werden unterschieden?
Grundsätzlich werden zwei Typen unterschieden: Appositionsauge (spezialisiert auf eine Technik) und Superpositionsauge (ein Kompromiss aus Vor- und Nachteilen des Appositionsauges).
Wie unterscheiden sich die Augen tagaktiver und nachtaktiver Insekten?
Bei tagaktiven Arten sind die Einzelaugen durch Pigmente voneinander getrennt, was zu einem besseren Bild, aber geringerer Lichtempfindlichkeit führt. Nachtaktive Arten haben Einzelaugen, die kaum durch Pigmente getrennt sind, was die Lichtempfindlichkeit erhöht, aber die Bildschärfe mindert.
Welche Eigenschaften hat das Komplexauge der Biene?
Die Biene hat ca. 5000 Ommatidien, kann ca. 70 Bildzeilen pro Sekunde verarbeiten und hat einen Sehwinkel von 1°. Sie kann ultraviolettes Licht absorbieren und erkennt Blüten erst aus ca. 0,5 m Entfernung. Sie sieht bis zu 200 Einzelbilder pro Sekunde.
Wie viele Ommatidien haben andere Insektenarten?
Einige Beispiele: Ameise: 6, Ohrwurm: 500, Käfer: 3000, Stubenfliege: 4000, Libelle: 30000.
Was ist wichtiger, die Anzahl der Ommatidien oder der aufnehmbare Winkel?
Der aufnehmbare Winkel der Außenwelt ist wichtiger als die Anzahl der Ommatidien. Zum Beispiel hat der Ohrwurm einen Winkel von 8° und die Biene 1°.
Wie orientieren sich Nachtfalter?
Nachtfalter verfügen über eine Art Spiegel im Komplexauge, der das Sternenlicht reflektiert.
Welche besonderen Fähigkeiten haben Stubenfliegen?
Stubenfliegen nutzen eine 7-fache Lichtverstärkung bei hervorragender Bildauflösung.
- Quote paper
- Moritz Hanebeck (Author), 2000, Das Komplexauge, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97356