Indien: Last und Erbe der Kolonialzeit
In Indien hatten sich im 17. Jahrhundert europäische Handlungsniederlassungen angesiedelt, die nach dem Zusammenfall des Mogulreiches die Machtkämpfe der einzelnen Regionen unterstützten. Hierbei erlangte die britische Ostindiegesellschaft bald die Oberhand. Als sie 1757 schließlich die Bengalen in der Schlacht von Plassey besiegten, begann die indirekte Herrschaft Englands durch die Ostindiengesellschaft über Indien. Später fügten die Briten auch noch die Gangesebene, Zentral-, und Nordindien sowie den Panjab ihrem Einflußgebiet hinzu. Direkt an die Macht kam England 1857 nach der Sepoy Rebellion, die von indischen Söldnern der Ostindiengesellschaft mit Unterstützung der ländlichen Bevölkerung ausging. Die britische Regierung schlug diesen Aufstand in mehreren blutigen Aktionen nieder und übernahm somit offiziell die Führung. 1877 wurde Königin Victoria zur Kaiserin von Indien proklamiert. Ihr zur Seite wurde ein Vizekönig gestellt, der, unterstützt von einem Legislativ-, und einem Exikutivrat die Regierung stellte.
Als Folge der Unterdrückung und Ausbeutung des indischen Volkes wurde 1885 der ,,Indian National Congress" (INC) gegründet, der von indischem Nationalismus geprägt war. Ziel des Kongresses war eine größere Beteiligung der Inder an der Regierung. Als dies aber von den Briten abgelehnt wurde radikalisierte sich die Vereinigung. 1905 ließ der Vizekönig Bengalen aufgrund verschiedener Konflikte in einen hinduistischen und einen muslimischen Bereich teilen. Das rief großen Widerstand der Inder gegen die Briten sowie eine weitere Radikalisierung des Kongresses hervor, was zu einem Boykott britischer Waren führte, die bis dahin die indische Wirtschaft geschwächt hatten. 1909 reagierte die britische Regierung mit einigen Zugeständnissen: es wurde eine Verfassungsreform durchgeführt. Die Moslems erhielten eine separate Wählerschaft, die Mitgliederzahl des Legislativrats wurde erhöht und im Exikutivrat wurden Inder zugelassen. Erneute Widerstände wurden jedoch blutig niedergeschlagen. Nachdem Mahatma Gandhi 1914 aus Südafrika zurückgekehrt war, gelang es ihm, aus der Elitebewegung des INC eine Massenbewegung zu machen, aus der sich später auch die Kongreßpartei gründete. Der verstärkte Druck durch diese Bewegung veranlaßte die Briten 1921 zu den Montfort-Reformen: eine neue Verfassung besagte, daß 10% der männlichen Bevölkerung das Wahlrecht erhielten. Den Provinzen wurden finanzielle und normative Kompetenzen zugebilligt. Außerdem wurde der Legislativrat durch eine zweite, gewählte Kammer unterstützt. Doch damit gab sich der INC nicht zufrieden.
Unter Gandhi wurde zu indienweiten gewaltfreien Widerständen aufgerufen, die sich auch trotz Gandhis Inhaftierung fortsetzten. In dieser Zeit wurden viele wichtige Verbände, wie die Gerechtigkeitspartei, Gewerkschaften und Studentenverbände gegründet. Als die Engländer 1928 eine Kommission mit der Überprüfung der indischen Selbstverwaltung beauftragten, die allerdings nur aus Briten bestand berief der Kongreß eine Allparteienversammlung ein, die sich als Ziel die völlige Unabhängigkeit bis 1930 setzte. Außerdem organisierte Gandhi einen Marsch der Massen ans Meer zur Salzgewinnung und bedrohte so Englands Salzmonopol. In Folge dessen wurden 100.000 Personen sowie die Führung der Kongreßpartei inhaftiert. Als Gandhi wieder frei war, kämpfte er in London um eine neue Verfassung, die den Föderalismus einführte und die Reservierung von Parlamentssitzen für Minderheiten beinhaltet. 1937 erlangte die Kongreßpartei eine deutliche Mehrheit bei Provinzwahlen.
Während des zweiten Weltkrieges hatte Indien unter der militärischen Ausbeutung durch die Engländer sowie einer Wirtschaftskrise zu leiden, die zu großen Hungersnöten führte. Als die Briten auf erneuten zivilen Ungehorsam nicht reagierten, organisierte die Kongreßpartei weiter Protestaktionen, die jedoch von den Engländern niedergeschlagen wurden. Außerdem wurde die Kongreßführung inhaftiert. Als 1945 der Kampf um die Unabhängigkeit durch die Regierungsübernahme der Laborparty in England begünstigt wurde, konnten dich allerdings die Kongreßpartei und die Muslimliga nicht über den weiteren Verlauf der Regierungsbildung nicht einigen, was den Rückzug Englands aus Indien verlangsamte. So war 1947 die Teilung in religiös-politische Teile die einzige Lösung, um weitere Konflikte zu verhindern. Es entstanden also die Teile Indien, in denen die Kongreßpartei die Regierung übernahm, sowie Pakistan, die Region, auf deren Abspaltung die Muslimliga bestanden hatte. Aber die Teilung brachte große Probleme für beide Regionen. Auf beiden Seiten bildeten sich gewalttätige Gruppen, die die Minderheiten unterdrückten. Circa eine Million Menschen starben. Außerdem hatte die Teilung nicht wirklich eine religiöse Separation gebracht. Ein Drittel der Moslime lebte immer noch im hinduistischen Indien. Im Zuge dieser Konflikte wurde Gandhi von einem Hindu-Fanatiker ermordet, der ihm vorwarf, daß er der muslimischen Minderheit die gleichen Rechte zugebilligt hatte. Gandhi hatte bis zuletzt dafür gekämpft, allen Gruppen des alten Indiens die gleichen Rechte und materiellen Unterstützungen zukommen zu lassen.
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in dem Text "Indien: Last und Erbe der Kolonialzeit"?
Der Text behandelt die Geschichte Indiens unter britischer Herrschaft, beginnend mit der Ostindien-Kompanie im 17. Jahrhundert bis zur Unabhängigkeit und den Herausforderungen, die Indien danach bewältigen musste. Er beleuchtet die Unterdrückung durch die Briten, die Rolle des "Indian National Congress" (INC), Gandhis gewaltfreien Widerstand, die Teilung Indiens und Pakistans, und die nachfolgenden Konflikte sowie die politischen und wirtschaftlichen Probleme des unabhängigen Indien.
Wie kam es zur britischen Herrschaft über Indien?
Die britische Ostindien-Kompanie etablierte sich im 17. Jahrhundert und nutzte die Machtkämpfe nach dem Zerfall des Mogulreiches aus. Nach dem Sieg in der Schlacht von Plassey 1757 begann die indirekte Herrschaft Englands. Nach der Sepoy-Rebellion 1857 übernahm die britische Regierung die offizielle Führung und 1877 wurde Königin Victoria zur Kaiserin von Indien proklamiert.
Was war der "Indian National Congress" (INC) und welche Ziele verfolgte er?
Der INC wurde 1885 gegründet und war von indischem Nationalismus geprägt. Ursprünglich forderte er eine größere Beteiligung der Inder an der Regierung. Nachdem dies abgelehnt wurde, radikalisierte sich der INC und forderte schließlich die vollständige Unabhängigkeit Indiens.
Welche Rolle spielte Mahatma Gandhi im Kampf um die Unabhängigkeit Indiens?
Gandhi kehrte 1914 aus Südafrika zurück und machte aus der Elitebewegung des INC eine Massenbewegung. Er rief zu indienweiten gewaltfreien Widerständen auf, die auch während seiner Inhaftierung fortgesetzt wurden. Seine Aktionen erhöhten den Druck auf die Briten und führten zu Reformen.
Wie kam es zur Teilung Indiens und welche Folgen hatte sie?
Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Regierungswechsel in England konnten sich der INC und die Muslimliga nicht über die zukünftige Regierungsbildung einigen. Dies führte 1947 zur Teilung in Indien und Pakistan, um weitere Konflikte zu verhindern. Die Teilung führte jedoch zu Gewalt, Vertreibung und dem Tod von etwa einer Million Menschen.
Welche Probleme hatte Indien nach der Unabhängigkeit zu bewältigen?
Indien musste die Integration der Fürstenstaaten bewältigen, insbesondere in Hyderabad und Kaschmir. Innenpolitisch gab es religiöse Auseinandersetzungen und separatistische Bewegungen. Wirtschaftliche Probleme und militärische Konflikte, wie der Krieg mit China, stellten weitere Herausforderungen dar.
Wer waren wichtige politische Figuren im unabhängigen Indien und welche Rolle spielten sie?
Jawaharlal Nehru war der erste Premierminister und etablierte Indien durch eine geschickte Außenpolitik. Seine Tochter Indira Gandhi wurde später ebenfalls Premierministerin und hatte mit wirtschaftlichen und innenpolitischen Problemen zu kämpfen. Ihr Sohn Rajiv Gandhi folgte ihr nach ihrer Ermordung als Premierminister.
Welches Erbe der Kolonialzeit hat Indien bis heute?
Die Kolonialzeit hat Indien sowohl belastet als auch geprägt. Die Ausbeutung und Unterdrückung haben zu wirtschaftlichen und sozialen Problemen geführt. Andererseits hat die Kolonialzeit auch zur Entwicklung einer demokratischen, fortschrittlichen Verfassung, einer unabhängigen Justiz, fähigen Beamten und einer professionellen Armee beigetragen.
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- Lena Stern (Author), 1997, Indien - Last und Erbe der Kolonialzeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/97340