Was, wenn die Liebe selbst zur tödlichsten Waffe wird? Friedrich Schillers bürgerliches Trauerspiel "Kabale und Liebe", ein Meisterwerk des Sturm und Drang, entfaltet eine Geschichte von Leidenschaft und Intrige, die bis heute nichts von ihrer Brisanz verloren hat. Im Zentrum steht die unglückliche Liebe zwischen Ferdinand von Walter, einem jungen Adeligen, und Luise Millerin, einer Bürgerstochter. Ihre Verbindung wird von den starren Standesgrenzen und den machthungrigen Intrigen ihrer Väter bedroht. Präsident von Walter, Ferdinands Vater, plant eine politische Heirat seines Sohnes mit Lady Milford, während Luises Vater, Miller, um das Wohl seiner Tochter fürchtet. Sekretär Wurm spinnt ein Netz aus Lügen und Manipulation, um die Liebenden auseinanderzutreiben. Ferdinand, hin- und hergerissen zwischen seinen Gefühlen und den Erwartungen der Gesellschaft, kämpft verzweifelt um seine Liebe zu Luise. Doch die Kabale, die gegen sie gesponnen wird, ist stärker als ihre Leidenschaft. Ein gefälschter Brief, inszenierte Untreue und die zerstörerische Macht der Eifersucht führen zu einem tragischen Finale, in dem Liebe und Tod untrennbar miteinander verbunden sind. "Kabale und Liebe" ist mehr als nur eine Liebesgeschichte; es ist eineAnklage gegen die Willkür der Mächtigen, die Korruption des Adels und die Unterdrückung des Bürgertums. Schillers Werk ist ein flammendes Plädoyer für Freiheit, Ehrlichkeit und die unbedingte Kraft der Liebe, selbst wenn diese zum Untergang führt. Entdecken Sie die sprachgewaltige Welt des Sturm und Drang, die tiefenpsychologischen Abgründe der Charaktere und die zeitlose Relevanz dieser tragischen Geschichte, die Fragen nach sozialer Gerechtigkeit, individueller Freiheit und der zerstörerischen Macht von Intrigen aufwirft. Tauchen Sie ein in ein Drama voller Leidenschaft, politischer Machenschaften und dem Kampf zweier Liebender gegen eine Welt, die ihre Liebe nicht dulden will. Lassen Sie sich von Schillers Sprache fesseln und erleben Sie, wie "Kabale und Liebe" zu einem Spiegelbild unserer eigenen Gesellschaft wird, in der Standesunterschiede und Machtmissbrauch immer noch eine Rolle spielen. Erleben Sie die Wucht eines Dramas, das nicht nur die Liebe feiert, sondern auch die dunklen Seiten der menschlichen Natur offenbart und die Frage aufwirft, wie weit wir für unsere Ideale zu gehen bereit sind, selbst wenn der Preis der Tod ist.
Gliederung
A. Inhaltsangabe von „Kabale und Liebe“
B. „Kabale und Liebe“ - ein Drama des Sturm und Drang?
I. Merkmale für die Zugehörigkeit des Dramas zu dieser Epoche
1. Kennzeichen eines Dramas des Sturm und Drang
1.1 Kampf zwischen Vater und Sohn
1.2 Übereinstimmungen mit dem Vorbild Shakespeares durch
1.2.1 starke Bildhaftigkeit und Vielfalt des sprachlichen Ausdrucks
1.2.2 Tiefe der seelischen Erfahrung
2. Ferdinand, ein Genie im Sinne des Sturm und Drang
2.1 Leidenschaftliche und gefühlsbetonte Sprache und Handlungsweise
2.2 Subjektivität und Realitätsferne in der Religion und der Liebe
2.3 Rücksichtslosigkeit gegenüber Luise und dem Präsidenten
2.4 Kritik an der Gesellschafts- und Ständeordnung
II. Widersprüche zu den Idealen
1. Ferdinand - nur in Ansätzen ein Stürmer und Dränger
1.1 Scheitern der versuchten Selbstverwirklichung und vollen Entwicklung des eigenen Ichs
1.1.1 in der Liebe zu Luise
1.1.2 in der Loslösung vom Vater
1.2 Ferdinand - oft nur ein Theoretiker
1.3 Mittel des Adels zur unbedingten Durchsetzung des Freiheitsideals
III. „Kabale und Liebe“ als vollwertiger Vertreter des Sturm und Drang
C. Bedeutung des Werkes in der heutigen Zeit
„Kabale und Liebe“, ein bürgerliches Trauerspiel in 5 Akten aus dem Jahr 1783, erzählt die Geschichte einer unerfüllten Liebe zwischen Ferdinand von Walter, einem Major adeliger Abstammung, und Luise Millerin, einer Tochter aus kleinbürgerlichem Hause. Obwohl die vorherrschende Ständeordnung dieser Zeit eine Verbindung zweier Menschen aus verschiedenen Ständen streng untersagt, verlieben sich beide ineinander. Als die Väter der beiden von der Beziehung erfahren, unternehmen sie alles, um selbige zu unterbinden. Herr Miller versucht, seiner Tochter die Liebe zu Ferdinand und die zum Scheitern Verurteilte Beziehung auszureden. Der Präsident, Ferdinands Vater, schmiedet mit Hilfe seines Sekretärs Wurm eine Intrige gegen Ferdinand und Luise. Hinter dem Rücken seines Sohnes bereitet er dessen Hochzeit mit Lady Milford vor, einer adeligen Frau, die in Ferdinand verliebt ist. Dieser Plan scheitert jedoch, die Liebe Ferdinands zu Luise ist stärker als die ständische Verpflichtung. Auch die vom Präsidenten angeordnete Festnahme Luises schlägt fehl. Um seine Liebe zu Luise verwirklichen zu können, bereitet Ferdinand die Flucht zusammen mit seiner Geliebten vor, doch Luise kann es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren, ihren Vater im Stich zu lassen und ihm so seinen wertvollsten Besitz zu rauben. Als letztes Mittel hecken der Präsident und Wurm eine Kabale aus, die ihr Ziel nicht verfehlen wird. Sie bringen Luise dazu, einen fingierten, zweideutigen Brief zu verfassen, der später Ferdinand zugespielt wird. Der Hofmarschall von Kalb wird überredet, sich als Luises Liebhaber auszugeben, um Ferdinand zur Abkehr von Luise zu bringen. Dies gelingt mit Hilfe des Briefes, der für Ferdinand nach einem Liebesbrief Luises an Kalb aussieht. Aus Eifersucht und Enttäuschung über Luises angebliche Untreue schwört er „Tod und Rache!“ (IV,3). Fest entschlossen, sich und Luise zu vergiften, besucht er die Millers. Nachdem Luise und Ferdinand bereits von der vergifteten Limonade getrunken hatten, fliegt die Intrige des Präsidenten auf, jedoch zu spät. Luise stirbt in seinen Armen, er selbst wenig später.
Der Kampf zwischen Vater und Sohn, der für Ferdinand tödlich endet, ist ein Merkmal eines Dramas des Sturm und Drang. In den Dramen dieser Epoche spielt der Konflikt zwischen Vater und Sohn eine bedeutende Rolle, so auch in „Kabale und Liebe“. „Feierlich entsag ich hier einem Erbe, das mich nur an einen abscheulichen Vater erinnert!“ (I,7), entgegnet er seinem Vater, der ihn als Nachfolger seiner Schreckensherrschaft auserwählt hat. Dieser Kampf wird durch gegenseitige Intrigen noch verstärkt, doch dazu später mehr.
Weitere Hinweise auf ein Drama des Sturm und Drang nach Shakespeares Vorbild ergeben sich aus dessen Definition. Ein Drama im Sinne Shakespeares muss eine starke Bildhaftigkeit und Vielfalt des sprachlichen Ausdrucks beinhalten. Dieses Kriterium wird von „Kabale und Liebe“ eindeutig umgesetzt. Die Hauptcharaktere verwenden viele Metaphern zum Ausdruck ihrer Gedanken und Gefühle, v.a. Ferdinands Ausdrucksweise ist reichlich mit Verbildlichungen und Vergleichen unterlegt, wenn er sich im Dialog mit Luise befindet. „Mein bist du, und wärfen Höll` und Himmel sich zwischen uns“ (II,5), betet er sie an. Wenn sie erst geflohen sind, „werden [sie] Gott in keinem Tempel mehr dienen, so zieht die Nacht mit begeisternden Schauern auf, der wechselnde Mond predigt [ihnen] Buße, und eine andächtige Kirche von Sternen betet mit [ihnen].“ (III,4).
Auch das Empfinden und die Beschreibung tiefer seelischer Erfahrungen deuten auf Einflüsse Shakespeares hin. Ausführlich werden Gefühle des Leidens, der Liebe und des Hasses beschrieben, die bildlich unterlegt werden. Besonders bei den Unterhaltungen zwischen Luise und Ferdinand können deren Wechselbad der Gefühle und die Tiefe der seelischen Erfahrung gut nachvollzogen werden. „Halt! Halt! Entspringe mir nicht, Engel des Himmels! Kalt, kalt und feucht! Ihre Seele ist dahin! Gott meiner Luise! Gnade! Gnade dem verruchtesten Mörder! Es war ihr letztes Gebet!“ (V,7). Mit diesen letzten Worten vor Luises Tod lässt Ferdinand seinen Gefühlen freien Lauf, er zeigt seine tiefe Trauer und den Hass auf sich selbst.
Ferdinand, der Hauptperson des Stücks, besitzt charakteristische Eigenschaften eines Stürmers und Drängers. Seine Sprache ist sehr gefühlsbetont, worauf schon genauer eingegangen worden ist, doch auch seine Handlungen und Taten werden von seinen Gefühlen und seiner Leidenschaft gesteuert, nicht von der Vernunft. Dies zeigt sich darin, dass er sich in ein bürgerliches Mädchen verliebt und auch zu seiner Liebe steht. Wäre sein Verhalten vernunftgesteuert, so würde er entweder seine Liebe verheimlichen oder unterdrücken, um nicht in Gefahr zu geraten, sein Erbe, sein Ansehen und seine Ehre zu verlieren. Von seinen Gefühlen gelenkt will er sogar mit Luise fliehen. „Schlag ein Uhr Mitternacht wird ein Wagen hier anfahren. Ihr werft euch hinein. Wir fliehen.“ (III,4), schlägt er Luise vor. Er wäre somit bereit, seine gesamte Existenz für die Liebe zu Luise aufzugeben.
Typisch für Ferdinand als Vertreter dieser Epoche ist außerdem die Subjektivität gegenüber der Religion und der Liebe. „Du brauchst keinen Engel mehr - Ich will mich zwischen dich und das Schicksal werfen - empfangen für dich jede Wunde - auffassen für dich jeden Tropfen aus dem Becher der Freude - dir ihn bringen in der Schale der Liebe“ (I,4). Ferdinand ist stets von der Richtigkeit seines Handelns überzeugt, seine subjektive Sichtweise macht nicht einmal vor dem religiösen Dogmatismus halt. Durch diesen Ausspruch stellt er sogar die Allmächtigkeit Gottes in Frage, er sieht sich und die Liebe als Ersatz für die Religion. Er beurteilt seine Liebe zu Luise ebenfalls nach seinem eigenen Empfinden, so dass er nicht erkennt, dass Luises Vorstellungen von der Verwirklichung ihrer Liebe mit den seinigen nicht identisch sind. In seinen Überlegungen über die gemeinsame Zukunft mit Luise legt er zudem eine ausgeprägte Realitätsferne an den Tag. „Wo wir sein mögen, Luise, geht eine Sonne auf, eine unter - Schauspiele, neben welchen der üppigste Schwung der Künste verblasst (...) Ein Lächeln meiner Luise ist Stoff für Jahrhunderte, und der Traum des Lebens ist aus, bis ich diese Träne ergründe.“ (III,4). Seine Zukunftspläne schweifen ab in das Reich seiner Träume.
Da die Liebe zu Luise ihm alles bedeutet, nimmt er keine Rücksicht auf alles , was ihm bei der Durchsetzung seiner Ziele im Wege steht. Somit erfüllt er nach der Definition Shakespeares ein weiteres Kriterium eines Genies im Sinne des Sturm und Drang. Seine Rücksichtslosigkeit zeigt er aber nicht nur gegenüber seinem Vater. „Nein! So wahr Gott lebt!“ (I,7) weigert er sich, dessen Willen zu befolgen, Lady Milford zu heiraten. Auch und v.a. gegenüber Luise. Wenn auch unbewusst zerstört er ihre bürgerliche und sittliche Existenz durch seinen Willen, seine Liebe zu realisieren. Durch seinen bis ins Egozentrische reichenden Individualismus verletzt er Luise sehr. Für ihn ist nur die Liebe wichtig. „Du, Luise, und ich und die Liebe! - Liegt nicht in diesem Zirkel der ganze Himmel? Oder brauchst du noch etwas Viertes dazu?“ (III,4) fragt er sie, doch die Antwort Luises „Und du hättest keine Pflicht mehr als deine Liebe?“ (III,4), hätte ihm deutlich aufzeigen müssen, dass es für Luise eben doch noch etwas Viertes gibt, nämlich die Pflicht. Doch durch seine Rücksichtslosigkeit verbunden mit seiner Egozentrik übersieht er die wahren Gefühle Luises. Er ist so verblendet vom unbedingten Willen der Durchsetzung seines Freiheitsideals, dass er Luises Andeutungen übersieht.
Eine weitere wichtige Eigenschaft für ein Drama des Sturm und Drang ist die Kritik an der vorherrschenden Gesellschafts- und Ständeordnung. Beide Hauptcharaktere des Stücks verdammen die Ständeordnung, Luise in ihrem Herzen, Ferdinand versucht sie durch den Plan einer Flucht zu umgehen. „Wenn die Schranken des Unterschieds einstürzen - wenn von [ihnen] abspringen all die verhassten Hülsen des Standes - Menschen nur Menschen sind“ (I,3), dann ist Luise am Ziel ihrer Träume. Sie traut sich diese Schranken des Standes jedoch niemals öffentlich zu kritisieren. Ganz im Gegensatz dazu steht Ferdinand, er legt keinen Wert auf seine adelige Abstammung und die damit verbundenen Privilegien und Aufgaben. Er zieht es sogar vor, ein Leben lang in Armut zu leben, anstatt der Nachfolger seines Vaters zu werden: „Oh, immer noch besser, als ich kröch` um den Thron herum.“ (I,7).
Doch ein Kraftgenie, ein „ganzer Kerl“ wie er im Buche steht ist Ferdinand nicht. Einige seiner Verhaltensweisen sind nicht deckungsgleich mit den Idealen eines Stürmers und Drängers. Ein weiterer Widerspruch ist der misslungene Versuch der Selbstverwirklichung Ferdinands und die volle Entwicklung seines eigenen Ichs, was ein Genie des Sturm und Drang auszeichnet. Zwar spricht der Versuch der Selbstverwirklichung für ihn, doch in der Umsetzung ist er gescheitert. Für ihn bedeutet die Selbstverwirklichung in der Liebe, dass in seinem Leben nur noch er, Luise und die Liebe existiert (vgl. III/4), ohne weitere Verpflichtungen. Dies versucht er durch eine Flucht mit Luise zu realisieren. Doch sein Versuch scheitert daran, dass er sich nicht über die Bedürfnisse von Luise im Klaren ist und nur versucht, seinen eigenen Willen durchzusetzen. Stattdessen wird durch seinen und dem Tod Luises deren Vorstellung von Selbstverwirklichung erfüllt, denn schon zu Beginn sehnt sie sich nach dem Tod. „Wenn Gott kommt, und die Herzen im Preise steigen. Ich werde dann reich sein.“ (I,3).
Aber auch die Loslösung Ferdinands von seinem Vater bleibt ohne Erfolg. Er schafft es nicht, seinen eigenen Willen gegen den seines Vaters durchzusetzen. Letztendlich wird der Wunsch des Vaters, dass die Liebe zwischen Ferdinand und Luise zerstört wird, erfüllt, wenn auch durch den Tod der beiden. Während der Intrige gegen ihn nähert Ferdinand sich seinem Vater sogar wieder, er ist sogar soweit, dass er bereit ist, ihm zu verzeihen. „Verzeihung für meinen Undank, mein Vater! Ich bin ein verworfener Mensch. Ich habe ihre Güte misskannt. (...) Verzeihung! Verzeihung! Ihren Segen, mein Vater!“ (IV,5), fleht er ihn um Vergebung an.
Diese misslungene Abgrenzung vom Vater ist vielleicht auch auf die theoretische Veranlagung Ferdinands zurückzuführen, da er kein vom Leben geprägter Mensch ist. Stattdessen schweift er oft in Fantasiewelten ab, die er niemals erreichen wird. Er besitzt auch nicht die Fähigkeit, sich gegen andere durchzusetzen. Er hat seine Flucht mit Luise in seinen Gedanken bereits bis aufs letzte Detail geplant: „Wird dieses Aug` nicht ebenso schmelzend funkeln, ob es im Rhein oder in der Elbe sich spiegelt, oder im Baltischen Meer?“ (III,4). Obwohl er bereits über das Ziel seiner Flucht nachdenkt, wird es jedoch nie dazu kommen.
Aber der stärkste Gegensatz zum Stürmer und Dränger sind die Mittel, mit denen er seine Freiheit, seine Liebe und seinen Hass durchsetzen will. Immer wieder bedient er sich für den Adel charakteristische Methoden, im Grunde geht er vor wie sein Vater, nur in etwas abgeschwächter Form. Er besucht Lady Milford in der Absicht, „sie zu beleidigen und ihren Hass zu verdienen.“ (II,3). Doch das ist nicht die einzige Situation, in der er im Verhalten seinem Vater ähnelt. „Tod und Rache!“ (IV,2) schwört er sogar seiner ehemals heißgeliebten Luise, da er einen Nebenbuhler vermutet. Schließlich vergiftet er Luise aus Rache, die er ihr geschworen hat. Er ist somit selbst an dem tragischen Ende der Liebesgeschichte schuld. Auch seine Eitelkeit im Bezug auf seine Ehre und seinen Stolz verbinden ihn mit dem Adel. „Meine Ehre, Vater - wenn sie mir diese nehmen, so war es ein leichtfertiges Schelmenstück, mir das Leben zu geben“ (I,7). Sein Ehrgefühl ist ihm sogar wichtiger als sein Leben.
Aber durch seine letzten Worte distanziert er sich wieder deutlich von der höfischen Welt, indem er seinem Vater verzeiht und für ihn um Vergebung bittet. “Gott dem Erbarmenden gehört dieser letzte.“ (V,8). Damit drückt er seine christliche Grundhaltung aus.
In Anbetracht aller oben aufgeführten Argumente ist Ferdinand kein „ganzer Kerl“, kein Genie im Sinne des Sturm und Drang. Er ist zwar leidenschaftlich, gefühlsbetont und rücksichtslos, dass er jedoch mit „urtümlicher Kraft seinen Weg bahnt und jedes Gesetz mit unbändigem Willen beiseite stößt“, kann man von ihm nicht behaupten. Dennoch ist es falsch zu sagen, er sei kein Stürmer und Dränger. In einigen Punkten zeigt er gute Ansätze, die mit den Idealen dieser Epoche übereinstimmen, und die Grundzüge sind bei ihm durchaus vorhanden. Er scheitert jedoch an der Gesellschaftsordnung. Ihn als Stürmer und Dränger in Ansätzen zu bezeichnen erscheint deshalb als angemessen. Die Antwort auf die Themafrage, ob „Kabale und Liebe“ ein Stück des Sturm und Drang ist, ist jedoch eindeutig mit ja zu beantworten. Das einzige untypische Merkmal ist das manchmal von den Idealen abweichende Verhalten Ferdinands, doch alle anderen für den Sturm und Drang spezifischen Eigenschaften treffen auf das Stück zu. Somit ist „Kabale und Liebe“ ein vollwertiger Vertreter dieser Strömung der deutschen Literatur.
„Kabale und Liebe“, ein Drama des Sturm und Drang, und dessen Inhalt und Probleme sind für unsere Gegenwart nicht völlig bedeutungslos. Dies verdeutlicht schon alleine der Hit „Join me“ von der Gruppe HIM, der derzeit die Charts erobert. Er handelt von zwei Verliebten, die nicht mehr länger die Qualen des Lebens ertragen wollen und einen Ausweg im Selbstmord suchen. Aber auch die Auflehnung einzelner gegen den Staat und die Gesellschaftsordnung sind keinesfalls Vergangenheit, was Beispiele aus China und dem Iran deutlich vor Augen führen. Ganz im Gegenteil: Probleme dieser Art werden auch in Zukunft weiter existieren. Es ist also selbst in unserem Computerzeitalter lehrreich und nicht verkehrt, „Kabale und Liebe“, das auf den ersten Blick etwas angestaubt wirkt, aber dennoch aktuell ist, zu lesen. Danach wird man merken, dass noch viele weitere Parallelen zur Gegenwart existieren.
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Kommentar:
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in der Inhaltsangabe von „Kabale und Liebe“?
Die Inhaltsangabe von „Kabale und Liebe“ fasst die Geschichte einer unerfüllten Liebe zwischen Ferdinand von Walter, einem adeligen Major, und Luise Millerin, einer Bürgerstochter, zusammen. Die Ständeordnung verbietet die Beziehung, doch die beiden verlieben sich. Ihre Väter versuchen, die Beziehung zu unterbinden, woraufhin der Präsident (Ferdinands Vater) mit seinem Sekretär Wurm eine Intrige spinnt. Ferdinand soll mit Lady Milford verheiratet werden. Dieser Plan scheitert jedoch, ebenso wie die Festnahme Luises. Der Präsident und Wurm bringen Luise durch eine Kabale dazu, einen fingierten Liebesbrief an Kalb zu schreiben, den Ferdinand liest. Aus Eifersucht vergiftet Ferdinand Luise und sich selbst. Die Intrige wird zwar aufgedeckt, aber zu spät, Luise und Ferdinand sterben.
Ist „Kabale und Liebe“ ein Drama des Sturm und Drang?
Die Analyse untersucht, ob „Kabale und Liebe“ ein Drama des Sturm und Drang ist, indem sie Merkmale dieser Epoche (Kampf zwischen Vater und Sohn, Shakespearesche Einflüsse, Geniebegriff) untersucht. Es wird untersucht, ob Ferdinand ein typischer Vertreter des Sturm und Drang ist, und die Kritik an der Gesellschaftsordnung wird analysiert. Die Analyse betrachtet auch die Widersprüche zu den Idealen des Sturm und Drang, wie Ferdinands gescheiterte Selbstverwirklichung und seine Verwendung adeliger Mittel. Schließlich wird die Frage beantwortet, ob "Kabale und Liebe" als vollwertiger Vertreter des Sturm und Drang gelten kann.
Welche Merkmale sprechen dafür, dass „Kabale und Liebe“ ein Drama des Sturm und Drang ist?
Merkmale sind der Kampf zwischen Vater und Sohn (Ferdinand und der Präsident), der an Dramen des Sturm und Drang erinnert. Es finden sich auch Shakespearesche Einflüsse in der Bildhaftigkeit und Vielfalt des sprachlichen Ausdrucks sowie in der Tiefe der seelischen Erfahrungen. Ferdinand wird als Genie im Sinne des Sturm und Drang charakterisiert, mit leidenschaftlicher Sprache, Subjektivität, Rücksichtslosigkeit und Kritik an der Gesellschaftsordnung.
Welche Widersprüche zu den Idealen des Sturm und Drang werden in Ferdinand festgestellt?
Ferdinand wird nur in Ansätzen als Stürmer und Dränger gesehen, da seine versuchte Selbstverwirklichung scheitert und er oft nur ein Theoretiker ist. Er bedient sich adeliger Mittel zur Durchsetzung seiner Ziele, was den Idealen widerspricht.
Welche Bedeutung hat „Kabale und Liebe“ in der heutigen Zeit?
Das Werk wird als auch heute noch relevant betrachtet, da es Themen wie unerfüllte Liebe, Auflehnung gegen Staat und Gesellschaftsordnung behandelt, die auch in der Gegenwart noch aktuell sind.
Welche Kritik wird an der Gliederung und Argumentation der Arbeit geübt?
Die Gliederung wird als aspektreich und sprachlich fast perfekt bezeichnet, aber die korrekte Durchnummerierung wird bemängelt. Die Einleitung wird als gelungene Inhaltszusammenfassung gelobt, aber das Fehlen einer Themafrage und einer Überleitung wird kritisiert. Die Argumentationsstruktur wird als gelungen bewertet, aber bei einigen Erkenntnissen wird eine Vertiefung vermisst. Die Zitate werden als zu oft in Form der wörtlichen Rede verwendet kritisiert. Der Übergang zwischen persönlicher Stellungnahme und Schluss wird bemängelt.
Welche positiven Aspekte werden an der Arbeit hervorgehoben?
Die Arbeit wird als stilistisch gelungen und angenehm zu lesen bewertet. Die äußere Form wird als tadellos bezeichnet, und das Literaturverzeichnis zeigt eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema.
- Citation du texte
- Matthias Dötterl (Auteur), 2000, Kabale und Liebe: Ferdinand, ein "Genie" im Sinne des Sturm und Drang, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96849