Geldpolitik der Europäischen Zentralbank


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

13 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Darstellung der Europäischen Währungsordnung - Unterschiede zur Währungsordnung der Bundesrepublik Deutschland

2. Einsicht in die Geldschöpfung unter Berücksichtigung der europäischen Währungsordnung
2.1 Geldmengenbegriffe
2.2 Geldmengenziele
2.3 Änderung des europäischen Zentralbankgeldes
2.4 Zentralbankgeldstillegung und Vernichtung
2.5 Änderung der Geldmenge durch die Geschäftsbanken

3. Bestimmungsfaktoren für den Binnenwert des Geldes
3.1 Quantitätstheorie
3.2 Geldwert und Kaufkraft
3.3 Preisindex der Lebenserhaltung
3.4 Verfügbares Einkommen und Realeinkommen

4. Überblick über die Ursachen und Folgen von Geldwertschwankungen

1. Darstellung der Europäischen Währungsordnung - Unterschiede zur Währungsordnung der Bundesrepublik Deutschland

Eine Währungsordnung ist die Wirtschaftsordnung, die alle Institutionen und Regeln des Geldwesens einer Volkswirtschaft umfaßt. Die rechtliche Fixierung der Währungsordnung, auch Geldordnung, ist die Geld- oder Währungsverfassung. Grundlegende Aufgabe der Geldordnung in einer marktwirtschaftlichen Ordnung ist die Sicherstellung der Leistungsfähigkeit der Geldfunktionen als Voraussetzung für auf Wettbewerb beruhende Wirtschaftsaktivitäten. (Überblick über Währungsordnungen, siehe Anhang)

Feste Wechselkurse können leicht im Konflikt mit dem Ziel der Geldwertstabilität geraten. Ein flexibler Wechselkurs des Euro verschafft dagegen Spielraum für eine eigenständige, an der Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik und zur Abfederung divergierender Entwicklungen zwischen EWU und den anderen großen Wirtschafts- und Währungsräumen. In der Praxis dürfte das Eurosystem großen Einfluß auf die Wechselkurspolitik der EWU haben. Damit dürfte auch sichergestellt sein, daß die binnenwirtschaftliche Preisstabilität Vorrang vor der außenwirtschaftlichen Wechselkursstabilität hat.

Über die Stabilität des Euros wacht seit dem 1.1.1999 die EZB mit Sitz in Frankfurt am Main und damit nicht mehr die nationalen Zentralbanken. Sie bleiben, wie etwa die Bundesbank, bestehen. Ihre Aufgabe ist es künftig, die zins- und währungspolitischen Beschlüsse der EZB vorzubereiten und auszuführen. Das Europäische Zentralbankssystem (EZBS) ist damit dem Zentralbankensystem der Bundesrepublik nachgebildet, in dem auch weiterhin die Landeszentralbanken Teil der Bundesbank sind.

Die geldpolitischen Instrumente der EZB werden aller Voraussicht nach der Bundesbank gleichen. Schon vor dem Start des Euro wurde allerdings deutlich, daß weniger der Diskontsatz und der Lombardsatz eine Rolle bei der Geldpolitik der EZB spielen werden, sondern vielmehr Wertpapierpensionsgeschäfte (Offenmarktpolitik).

Die Europäische Zentralbank (EZB) bzw. die nationalen Zentralbanken, die die Geldpolitik weitestgehend dezentral ausführen, verfügen über eine Reihe zins- und liquiditätsbeein- flussender geldpolitischer Instrumente, um das Ziel der Preisstabilität erreichen zu können. Im Zentrum dieser geldpolitischen Instrumente stehen die sogenannten Offenmarktgeschäfte. Dabei wird zwischen Hauptrefinanzierungsgeschäften, längerfristigen Refinanzierungs- geschäften (Basistendern), Feinsteuerungsoperationen und strukturellen Operationen unterschieden.

Nach Artikel 107 des Maastrichter Vertrags ist die EZB vollkommen weisungsunabhängig. Sie darf weder von den Regierungen, der Gemeinschaft noch von den nationalen Notenbanken Anweisungen entgegennehmen.

Die Satzung des ESZB wird im Grundgesetz verankert, so daß diese nur durch einstimmigen Beschluß der beteiligten Regierungen geändert werden kann.

Die Deutsche Bundesbank ist eine bundesunmittelbare juristische Person des öffentlichen Rechts mit Sitz in Frankfurt am Main, und seit dem 1.1.1999 Teil der europäischen Zentralbank. Die Aufgaben der Bundesbank sind, die Regelung des Geldumlaufes und die Kreditversorgung der Wirtschaft mit dem Ziel der Währungssicherung. Sie sorgt für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Inland und Ausland, dient den Geschäftsbanken wie dem Bund als Bank, hat unter Wahrung ihrer gesetzlichen Aufgabe die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zu unterstützen, unterliegt keinerlei Weisungen und ist frei von jeder Aufsicht und Kontrolle außer einer Rechtsaufsicht.

Als Verwalterin der Währungsreserven hält die Bundesbank die offiziellen Währungsreserven der Bundesrepublik Deutschland und legt sie gewinnbringend an. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Guthaben, die in US-Dollar bei Banken oder Notenbanken im Ausland gehalten werden. Hinzu kommen Goldbestände sowie Reservepositionen und Forderungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EZB. Die nationalen Notenbanken haben zu Beginn der 3. Stufe der EWWU Währungsreserven von knapp 40 Milliarden Euro auf die EZB übertragen. Die Bundesbank ist hieran mit 12,2 Milliarden Euro, die sich zu 15 % aus Gold und zu 85 % aus Devisen zusammensetzen, beteiligt (siehe Anhang). Die Verwaltung dieser Währungsreserven verbleibt weiterhin bei den nationalen Notenbanken. Geschäfte der nationalen Notenbanken mit den ihnen verbleibenden Währungsreserven bedürfen ab einer bestimmten Größenordnung der Zustimmung der EZB, damit die Einheitlichkeit der gemeinsamen Geld- und Wechselkurspolitik gewahrt bleibt.

2. Einsicht in die Geldschöpfung unter Berücksichtigung der europäischen Währungsordnung

„Geldschöpfung“bedeutet Schaffung neuen Geldes (Bargeld oder Sichteinlagen) durch Banken.

Geldschöpfen (produzieren) können in der Bundesrepublik Deutschland der Staat (vertreten durch die Bundesregierung), die Deutsche Bundesbank und die Geschäftsbanken.

Der Staat ist Geldproduzent, weil die Regierung Münzen prägen lassen darf, die von der Deutschen Bundesbank in Umlauf gebracht werden. Der Münzgewinn fließt dem Staat zu.

Die Geschäftsbanken schöpfen Geld, weil sie in der Lage sind, mehr Kredite zu gewähren, als sie an Einlagen besitzen.

Die Deutsche Bundesbank schafft schließlich Notengeld, indem sie Aktiva (vor allem in Form von Forderungsrechten) erwirbt.

Die Größe der Geldmenge wird von der Nachfrage der Wirtschaftssubjekte (Haushalte, Unternehmen, Staat) nach Geld bestimmt. Fragen sie kein zusätzliches Geld nach, bleibt die Geldmenge konstant. Dies gilt allerdings nicht für Währungssysteme, in denen die Regierungen unabhängig von der Zentralbank Geld in den Kreislauf einleiten können. Das Geldsystem der BRD und einiger anderer westlicher Staaten ist durch eine große Autonomie der Zentralbank gegenüber der Regierung gekennzeichnet. Die Zentralbank ist der alleinige Anbieter von Zentralbankgeld. Die Geschäftsbanken können Buchgeld anbieten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um die Geldschöpfung in der Bundesrepublik zu verstehen, muß das Modell um zwei wichtige Punkte ergänzt werden.

1. Die Bundesrepublik verfügt über ein gemischtes Währungssystem (Bargeld und Buchgeld).
2. Die Geldschöpfung findet auf zwei Ebenen statt:

a) bei der Bundesbank (Zentralbank)
b) bei den Geschäftsbanken.

Die Geldschöpfung der Bundesbank läßt sich aus einem Vergleich der (vereinfachten) Bilanz der Bank ableiten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Die Bundesbank kauft Wertpapiere gegen Bargeld.)

Die Bundesbank schöpft Zentralbankgeld, indem sie Aktiva (Devisen, Wechsel, Anleihen) erwirbt und mit „Forderungen gegen sich selbst“, d.h. Guthaben bei der Bank, oder mit eigenen Banknoten bezahlt. Eine Kreditvergabe führt ebenfalls zu einer Erhöhung der Geldmenge - die Rückzahlung zu einer Verminderung.

Aufgrund ihrer Fähigkeit, Zahlungsmittel (Banknoten und Zentralbankguthaben) beliebig zu vermehren, müssen für die Geldvermehrung bestimmte Grenzen eingehalten werden. Die Bundesbank ist verpflichtet, den Geldwert stabil zu halten. Von daher kann sie einer unkontrollierten Geldmengenerweiterung nicht tatenlos zusehen.

Seit dem 1.1.1999 hat ausschließlich die EZB das Recht auf Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft, wie Artikel 105a des ESZB besagt

Artikel 105a (1) [Ausgabe von Banknoten und Münzen]

(01) Die EZB hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft zu genehmigen. Die EZB und die nationalen Zentralbanken sind zur Ausgabe von Banknoten berechtigt. Die von der EZB und den nationalen Zentralbanken ausgegebenen Banknoten sind die einzigen Banknoten, die in der Gemeinschaft als gesetzliches Zahlungsmittel gelten.

Obwohl das alleinige Münzrecht weiterhin bei dem Staaten bleibt, bedarf es einer Genehmigung der EZB über den Umfang der Ausgabe.

Artikel 105a (2)

(2) Die Mitgliedstaaten haben das Recht zur Ausgabe von Münzen, wobei der Umfang dieser Ausgabe der Genehmigung durch die EZB bedarf. Der Rat kann nach dem Verfahren des Artikels 189 c und nach Anhörung der EZB Maßnahmen erlassen, um die Stückelung und die technischen Merkmale aller für den Umlauf bestimmten Münzen so weit zu harmonisieren, wie dies für deren reibungslosen Umlauf innerhalb der Gemeinschaft erforderlich ist.

2.1 Geldmengenbegriffe

Wegen der Unschärfe des Geldbegriffs gibt es verschiedene statistische Abgrenzungen der Geldmenge. Die Deutsche Bundesbank unterschied früher die folgenden Geldmengenbegriffe:

- Unter M1 (die Abkürzung M bedeutet „money“) versteht man das Bargeld, das in Form von Münzen oder Banknoten im Umlauf ist, und die Sichteinlagen bei Banken, über die jederzeit mit Scheck, Überweisung oder Kreditkarte verfügt werden kann. Diese Geldmenge erfaßt demnach die Kassenbestände der Nichtbanken, also die völlig liquiden Mittel.
- M2 = M1 + Quasigeld; hierunter versteht man Mittel, die zwar nicht unmittelbar für Zahlungszwecke zur Verfügung stehen, sich aber rasch mobilisieren lassen und dann nachfragewirksam werden. Es handelt sich hierbei um verzinsliche Bankeinlagen mit kurzen Laufzeiten, und zwar um Termingelder mit einer Laufzeit bis unter vier Jahren.
- M3 = M2 + Spareinlagen, allerdings nur solche mit gesetzlicher Kündigungsfrist.

Bis 1987 spielte darüber hinaus die Zentralbankgeldmenge eine wichtige Rolle für die Geldpolitik der Bundesbank. In der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) wurde der Geldmengenbegriff in zweifacher Hinsicht erweitert. Zum einen zählen zu den Geldbeständen der inländischen Nichtbanken nicht nur ihre liquiden Mittel bei Banken, sondern auch die bei Bausparkassen, Investmentfonds etc., die zusammen mit den Banken als Monetäre Finanzinstitute (MFI) bezeichnet werden. Zum anderen rechnen zu den Geldbeständen nicht mehr nur die Anlagen bei inländischen MFI's, sondern bei MFI's in der gesamten WWU. Die Geldmenge M3, die bei der Geldpolitik des ESZB im Vordergrund steht, umfaßt Bargeld, Sichteinlagen, Termineinlagen mit einer Befristung bis zu zwei Jahren, Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist, Anteile an Geldmarktfonds, Repoverbindlichkeiten, Geldmarktpapiere und Bankschuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren.

2.1 Geldmengenziel

„Gestützt auf ihre Schlüsselstellung bei der Zentralbankgeldversorgung gestaltet die Bundesbank mit Hilfe ihrer Instrumente unmittelbar die Zinskonditionen und Knappheitsverhältnisse am Geldmarkt im Sinne ihrer monetären Zielsetzungen.“

Ist ein im voraus angekündigter Zielwert für die jährliche Zunahme der Geldmenge, die die Notenbank im Rahmen ihrer geldpolitischen Strategie als geeignete Zwischenzielgröße ansieht. Die Deutsche Bundesbank verkündete von Ende 1974 bis Ende 1997 jeweils das Geldmengenziel für das folgende Jahr. Es wurde bis 1987 für die Zentralbankgeldmenge formuliert, danach wurde bis 1998 die Geldmenge M3 zugrunde gelegt. Die Bundesbank erhöhte mit ihren öffentlich verkündeten Geldmengenzielen nicht nur die Transparenz des Notenbankhandelns, sondern erleichterte dadurch auch die Erwartungsbildung der übrigen Wirtschaftsteilnehmer über die künftige Geldpolitik. Das ESZB hat im Rahmen seiner geldpolitischen Strategie kein eigentliches Geldmengenziel, sondern einen qualitativen Referenzwert für die mit Preisstabilität vereinbare Ausweitung der Geldmenge im Jahre 1999 festgelegt.

Zentralbankgeldmenge:

Bargeldbestand außerhalb des inländischen Bankensystems plus Mindestreserve-Soll der Banken auf ihre Verbindlichkeiten gegenüber Inländern, wobei das Reserve-Soll mit konstanten Reservesätzen vom Januar 1974 berechnet wird. Die Zentralbankgeldmenge diente der Deutschen Bundesbank bis 1987 als geldpolitische Zwischenzielgröße, für die sie jährliche Geldmengenziele festsetzte

Referenzwert:

Vom EZB-Rat festgelegte Leitlinie für das Wachstum der Geldmenge, das mit Preisstabilität im Einklang steht. Ist ähnlich wie das Geldmengenziel der Bundesbank aus Eckwerten für das Wachstum des Produktionspotentials, einer mittelfristigen Preisannahme und einer Schätzung für den Trend in der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes abgeleitet. Dieser Ansatz ist flexibler und weniger bindend als ein Geldmengenziel. Er trägt den besonderen Unsicherheiten über die Entwicklung der Geldhaltung am Anfang der Europäischen Währungsunion Rechnung.

2.2 Änderung des europäischen Zentralbankgeldes

Unter den EU-Notenbanken besteht in zwischen Konsens über die Grundausstattung des Instrumentenkastens des ESZB. Danach sollen Offenmarktoperationen im Zentrum der laufenden Steuerung der Zinssätze und der Liquidität am Geldmarkt stehen. Ferner sind zwei dauerhafte Fazilitäten vorgesehen. Eine Einlagefazilität soll den Kreditinstituten die Möglichkeit geben, jederzeit überschüssige Liquidität beim ESZB stillzulegen; sie markiert die Zinsuntergrenze am Geldmarkt. Auf der anderen Seite sollen die Banken bei einer Anspannung am Geldmarkt auf eine Spitzenrefinanzierungslinie zurückgreifen können; diese stellt die obere Auffanglinie am Geldmarkt dar. Ein solcher Zinskorridor begrenzt die Fluktuationen der kurzfristigen Zinssätze nach oben und nach unten, so daß das ESZB relativ selten am Geldmarkt intervenieren muß.

Man hat sich gegen eine Zentralisierung der Geldpolitik entschieden. Zunächst sollen die nationalen Zentralbanken nach wie vor eine wichtige Rolle bei der Durchführung der Geldpolitik spielen. Das können sie nur, wenn der Feinsteuerungsbedarf am Geldmarkt relativ gering ist. Denn bei laufenden Feinsteuerungsmaßnahmen wird die EZB die nationalen Zentralbanken nicht in die Abwicklung einschalten können, sondern sich direkt an die wenigen großen, am Geldmarkt aktiven Banken wenden müssen. Außerdem möchte man dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gruppen von Finanzinstituten Rechnung tragen. Es soll nicht nur ein exklusiver Kreis an Geschäftspartnern Zugang zu Zentralbankgeld haben, sondern eine möglichst große Zahl von Banken.

Das ESZB wird auf vier Formen von Offenmarktoperationen zurückgreifen können. Wertpapierpensionsgeschäfte (Geschäfte mit Rückkaufvereinbarung) werden - ähnlich wie heute in Deutschland - den größten Teil der Refinanzierung bestreiten. Sie sollen im wöchentlichen Rhythmus abgeschlossen und dezentral über die nationalen Notenbanken abgewickelt werden. Einschränkungen bei den zugelassenen Geschäftspartnern wird es nur bei Feinsteuerungsmaßnahmen geben. Für die Besicherung der Notenbankkredite können die Kreditinstitute eine breite Palette von Finanztiteln heranziehen. Es wird zwei Gruppen von Sicherheiten geben. In die erste Kategorie fallen marktfähige öffentliche und private Schuldtitel, die von der EZB festgelegte einheitliche, für den gesamten Euro-Raum geltende Zulassungskriterien erfüllen. Die zweite Kategorie umfaßt auch nicht marktfähige Titel, die nur für die nationalen Finanzmärkte und Bankensysteme von Bedeutung sind.

Die Bundesbank hat bereits erklärt, daß sie in diese Kategorie auch den Handelswechsel einbeziehen wird. Da es den lange umstrittenen Diskontkredit in der Währungsunion nicht mehr geben wird, wird sie ihn jedoch nicht mehr zu einem Vorzugszins, sondern zu Marktkonditionen beleihen. Als Ersatz für den Diskontkredit wird das ESZB im monatlichen Rhythmus Wertpapierpensionsgeschäfte mit längerer Laufzeit anbieten. Damit haben auch kleinere Banken, die nicht täglich am Geldmarkt operieren, weiterhin Zugang zur Notenbankrefinanzierung.

Darüber hinaus kann das ESZB bei unerwarteten Liquiditätsschocks zur kurzfristigen Bereitstellung oder Absorption von Zentralbankgeld auf Devisenswaps, befristete Einlagen und Outrightgeschäfte (definitive Käufe und Verkäufe von Wertpapieren) zurückgreifen.

Das Pokern um die Mindestreserve scheint noch nicht beendet. Wenn die Währungsunion beginnt, wird der EZB-Rat dieses Instrument wohl beibehalten. Umstritten ist jedoch, zu welchem Zweck die Mindestreserve eingesetzt und wie sie ausgestaltet werden soll. Die Bundesbank ist der Auffassung, daß eine unverzierte Mindestreserve die Effizienz der Geldmengensteuerung steigert. Allerdings kommt dieser Effekt nur zum Tragen, wenn die Mindestreservesätze vergleichsweise hoch sind. Dies wäre aber mit hohen Kosten für die im Euro-Raum ansässigen Kreditinstitute verbunden und würde unter den heutigen Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten sofort zu Ausweichreaktionen führen.

2.4 Zentralbankgeldstillegung und Vernichtung

Existiert in einer Volkswirtschaft ausschließlich eine Bank und als Zahlungsmittel ausschließlich Buchgeld, kann man den Vorgang der Geldschöpfung oder Geldvernichtung an folgenden zwei Beispielen erläutern:

1. Die Bank erwirbt vom Kunden A Sachkapital (z.B. ein Gebäude) und zahlt mit

Forderungen „gegen sich selbst“ (für Kunden ist es ein Guthaben bei der Bank). Da es kein Bargeld gibt, sind die Forderungen an die Bank für alle Wirtschaftssubjekte Zahlungsmittel. Beim Kauf von Aktiva durch die Bank kommt es zu einer Geldmengenerhöhung (Bilanzverlängerung bei der Bank - Aktivtausch beim Kunden). Beim Verkauf von Aktiva durch die Bank kommt es zum umgekehrten Vorgang der

Geldvernichtung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Aktive Geldschöpfung und Geldvernichtung

Was uns aber interessiert, ist, wie die Zentralbankgeldstillegung funktioniert. Wie wir wissen, wird die Bundesbank kaum mit Sachkapital handeln, wie z.B. Gebäude, sondern eher mit der Vergabe von Krediten, wie in Punkt zwei jetzt genauer beschrieben wird.

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2. Die Bank gewährt dem Kunden einen Kredit. Es kommt in beiden Bilanzen zu einer Verlängerung, einer Geldmengenerhöhung. Die Kredittilgung führt zur Geldmengenverminderung, wie in der unteren Abbildung dargestellt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In diesem einfachen Modell schöpft die Bank also Geld, wenn sie Aktiva erwirbt und mit Forderungen gegen sich selbst bezahlt oder Kredite gewährt. Eine Geldvernichtung findet beim Verkauf von Aktiva bzw. bei einer Kredittilgung statt.

2.5 Änderung der Geldmenge durch die Geschäftsbanken

Im Gegensatz zur Zentralbank sind Geschäftsbanken erwerbsorientiert, ihr Ziel ist ein optimaler Gewinn. Die Gierageldschöpfung unterliegt bei ihnen demnach einzelwirtschaftlichen Motiven.

- Ein Kunde zahlt Bargeld auf sein Konto ein. Er gibt Bargeld gegen Buchgeld. Das Geldvolumen ändert sich dadurch nicht.
- Geschäftsbanken können Geld durch Erwerb von Aktiva schaffen. Der Kunde erhält ein Guthaben, über das er wie über Zentralbankgeld verfügen kann. Auf diese Weise entsteht zusätzlich Geld (Buchgeld); das Geldvolumen erhöht sich.

Das ursprüngliche Geschäft der Banken besteht aber primär nicht im Aufkauf von Aktiva, sondern in der Vergabe von Krediten. Die Kreditvergabe kann nicht in beliebiger Höhe erfolgen, da die Bank (neben der Kreditwürdigkeit des Kunden) folgendes prüfen muß:

a) Wieviel Bargeld muß in der Kasse vorhanden sein, um zahlungsfähig zu bleiben, oder, wie hoch ist der Anteil an den Sichteinlagen (Guthaben der Kunden) und der Kredite, über den die Kunden bar verfügen wollen (Brageldabfluß).
b) Wie hoch ist der Anteil, den die Bundesbank als Mindestreserve verlangt.

Von den Barreserven in der Kasse müssen also die Mindestreserven und der mögliche Barabfluß (vereinfacht Mindestreserve) abgezogen werden. Die verbliebene Geldsumme kann für die Gewährung neuer Kredite eingesetzt werden:

Barreserve - Mindestreserve =Überschußreserve.

Die Bank kann bis zur Höhe der Überschußreserve Kredite vergeben. Da die Bank Kredite in der Regel als Sichteinlage vergibt und die Kunden über die Sichteinlagen durch Überweisung an andere Banken verfügen können, erweitert sich der Geldschöpfungsrahmen des privaten Bankensektors ganz erheblich.

3. Bestimmungsfaktoren für den Binnenwert des Geldes

Geht man von der Annahme aus, daß man vor längerer Zeit für eine bestimmte Menge be- nötigter Konsumgüter im Monat 500,00 DM, heute dagegen für die gleiche Menge an Gütern 1.000,00 DM zu zahlen hat, so steht fest, daß man jetzt mit dem gleichen Geldbetrag nur die halbe Gütermenge kaufen kann. Anders ausgedrückt heißt das, daß die „Kraft zum Kauf“ von Gütern um die Hälfte gesunken ist, sie also im Vergleich zu früher nur noch den halben Wert besitzt.

Unter dem Binnenwert des Geldes versteht man die Kaufkraft einer Währung in Bezug auf Güter und Dienstleistungen im Inland.

Dieser Geldwert findet seinen Ausdruck im allgemeinen Preisstand (Preisniveau) der Güter, d.h., höher der allgemeine Preisstand, desto niedriger ist der Geldwert und umgekehrt. Man nennt die Kaufkraft auch Realwert des Geldes im Gegensatz zum Nominal- oder Nennwert, der auf die Münzen geprägt oder auf die Banknote gedruckt ist. Der Geldwert steht somit im umgekehrten Verhältnis zum allgemeinen Preisstand und läßt sich daher als das reziproke Preisniveau bezeichnen.

3.1 Quantitätstheorie

Die Zusammenhänge zwischen Geldmenge einerseits und Gütermenge andererseits stellt nichts anderes als Aussagen der Quantitätstheorie des Geldes dar. Sie besagt im Prinzip folgendes:

- Die Entwicklung des Preisniveaus (die Höhe der Güterpreise) hängt weitgehend von der Entwicklung der nachfragewirksamen Geldmenge und dem Gesamtgüterangebot ab.
- Steigt die nachfragewirksame Geldmenge in gleichen Maße wie das Handelsvolumen, wird das Preisniveau gleich bleiben.
- Steigt die nachfragewirksame Geldmenge schneller als das Handelsvolumen (die Menge der zu konstanten Preise bewerteten Güter), steigt in einer freien Marktwirtschaft das Preisniveau.

Während die traditionelle Quantitätstheorie den letzten Satz auch in seiner Umkehrung behauptete, weiß die moderne Quatntiätstheorie - auch als Monetarismus bezeichnet -, daß diese Aussage nicht umkehrbar ist. Eine Verringerung der nachfragewirksamen Geldmenge wird in der heutigen Wirtschaft nur selten und dann nur auf Teilmärkten zu Preissenkungen führen. Hierfür gibt es viele Gründe. Zum einen steigen bei zurückgehender Produktion die Stückkosten der Betriebe, so daß die Betriebe, falls sie marktstark genug sind, sogar die Preise erhöhen können. Zum anderen gibt es viele Kosten, die trotz schwindender Nachfrage nicht sinken. Sinkt also die nachfragewirksame Geldmenge, wird nicht das Preisniveau fallen, sondern das Güterangebot abnehmen. Somit entsteht Arbeitslosigkeit.

3.2 Geldwert und Kaufkraft

Mit steigendem Preisniveau sinkt die Kaufkraft, denn mit einer Geldeinheit kann man jetzt weniger Güter kaufen als zuvor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dies besagt, daß man sich im Jahr 01 mit einer Geldeinheit nur noch 2/3 der Gütermenge des Jahres 00 kaufen konnte. Die Kaufkraft des Geldes ist als um 1/3 gesunken.

- Kaufkraft ist der reziproke Wert des Veränderungsfaktors des Preisniveaus.

Steigen die Preise um 100 %, beträgt die Kaufkraft einer Geldeinheit nur noch 50%.

3.3 Preisindex der Lebenserhaltung

Maß für die durchschnittliche Preisentwicklung der von privaten Haushalten nachgefragten Güter und Dienste. Der Verbraucherpreisindex wird häufig zur Messung der Inflation verwendet. Bei seiner Ermittlung geht man von der Verbraucherpreisstatistik und einem typischen Ausgabeverhalten (Warenkorb) aus. Der Warenkorb beruht auf amtlichen Erhebungen über die Zusammensetzung der Ausgaben privater Haushalte für die Lebenshaltung. Er muß im Laufe der Zeit dem sich ständig ändernden Ausgabeverhalten angepaßt werden. Der deutsche Preisindex für die Lebenshaltung wird vom Statistischen Bundesamt ermittelt. Warenkörbe im Vergleich von 1991 und 1995 finden sie im Anhang.

Das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaft (Eurostat) errechnet für die WWU einen harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), der dem ESZB in erster Linie als Maßstab für die Geldwertentwicklung in der WWU dient.

3.4 Verfügbares Einkommen und Realeinkommen

Unter Verfügbarem Einkommen, auch Nominaleinkommen, versteht man das Einkommen einer bestimmten zahlenmäßigen Höhe (z.B. betrug das Nominaleinkommen eines gehobenen Beamten 1950 monatlich ca. 400,00 DM und 1998 monatlich ca. 4.400,00 DM) Aus dem Nominaleinkommen kann man nicht auf den eigentlichen Wert des Einkommens schließen, da man hierzu einen Vergleichsmaßstab benötigt, nämlich die Kaufkraft. Die Kaufkraft des Einkommens bezeichnet man entsprechend als Realeinkommen, weil durch sie ausgedrückt wird, welche Gütermenge man für den jeweiligen Einkommensbetrag kaufen kann.

Steigt z.B. der Nominallohn schneller als das Preisniveau, nimmt der Lebensstandard trotzdem zu. Mit anderen Worten: der Reallohn ist gestiegen. Steigen Preise und Nettolohn im gleichen Maße, hat sich der Reallohn nicht verändert. Steigen indessen die Nominallöhne schwächer als die Preise, nimmt der Reallohn (Kaufkraft) ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung „genannte“ Lohn ist der Nominallohn. Aus der Sicht des Arbeitnehmers ist dies sein Nettolohn. )

4. Überblick über die Ursachen und Folgen von Geldwertschwankungen

Geldwertstörungen beruhen auf einer Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Geldumlauf und Handelsvolumen, die hauptsächlich aus zwei Gründen hervorgerufen wird.

- Steigt der Geldumlauf im Verhältnis zum Handelsvolumen übermäßig an, so daß die Volkswirtschaft mit viel Geld versorgt wird, bezeichnet man diese Überversorgung mit Inflation. Dabei ist der allgemeine Preisstand, sofern der Staat keine Höchstpreise festge- setzt hat, übermäßig hoch, der Geldwert gering.
- Nimmt der Geldumlauf im Verhältnis zum Handelsvolumen übermäßig ab, so daß die Volkswirtschaft mit zu wenig Geld versorgt wird, bezeichnet man diesen Zustand der Unterversorgung einer Volkswirtschaft mit Geld als Deflation. Dabei ist der allgemeine Preisstand übermäßig niedrig, der Geldwert hoch.

Auswirkung der Inflation ist eine übermäßige Preissteigerung. Das bedeutet Geldentwer- tung, Nachteile für Gläubiger und Festbesoldete, Vorteile für Schuldner, wegen der Gewinn- aussichten fieberhafte Produktion, geringe Arbeitslosigkeit, das Geld verliert von Tag zu Tag an Wert, erhöhte Umlaufgeschwindigkeit. Die Warenhamsterei bedingt eine Flucht in die Sachwerte, das Geld ist kein anerkanntes Tauschmittel mehr (Rückkehr zum Naturaltausch). Außerdem führt die Inflation zu einer unkontrollierten Einkommensumverteilung.

Auswirkung der Deflation sind: übermäßige Preissenkungen = Geldwertsteigerung, Vorteile für Gläubiger und Festbesoldete, Nachteile für Schuldner, wegen geringen Gewinnaussichten Produktionseinschränkungen, starke Arbeitslosigkeit, Geld gewinnt von Tag zu Tag an Wert, verminderte Umlaufgeschwindigkeit, Geldhamsterei - Flucht aus den Sachwerten, Warenvernichtung bei größtem „Warenhunger“ der Konsumenten, allgemeiner Tiefstand der Wirtschaft.

Literaturverzeichnis

- Prof. h.c. Dr. Dr. h.c. Woll Arthur; Wirtschaftslexikon von A-Z; 8. Auflage: Verlag: Naumann & Göbel; Verlagsort: Köln

- Presse und Informationsamt der Bundesregierung; Der Vertrag; Die Vertragstexte von Maastricht mit deutschen Begleittexten; 8. Auflage, Europa Union Verlag GmbH; Verlagsort: Bonn; Erscheinungsjahr: 1998

- Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Bildung e.V., Bonn; Geld & Geldpolitik; Verlag Dr. Neufang KG; Verlagsort; Gelsenkirchen - Buer; Redaktionsschluß, August 1999

- Fürht/Balsberg; Volkswirtschaftslehre Haupausgabe; 22. Auflage; Winklers Verlag; Verlagsort; Darmstadt; Erscheinungsjahr; 1998

- Hartmann; Theorie und Praxis; 4. Auflage; Merkur Verlag Rinteln Hutkap GmbH & Co. KG, Verlagsort: Rinteln; Erscheinungsjahr; 1993

- Cezanne · Franke; Volkswirtschaftslehre Einführung; 4. Auflage; R. Oldenbourg Verlag GmbH ; Verlagsort: München: Erscheinungsjahr: 1988

- Dahl; Dieter; Volkswirtschaftslehre; Lehrbuch der Volkswirtschaftstheorie und Volkswirtschaftspolitik; Betirebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler (Lizensausgabe für den Verlag die Wirtschaft, Berlin): Verlagsort Wiesbaden; erscheinungsjahr; 1990

- Reimund Emde; Kurswissen wirtschaft; Volkswirtschaftslehre - Wirtschaftspolitik; 2. Auflage; Klett Verlag für Wissen und Bildung; Verlagsort; Stuttgart, Dresden; Erscheinungsjahr: 1994

- Dresdner Bank, Der Euro - eine runde Sache?(EUROPA CD der Dresdner Bank); 2. Auflage; Dresdner Bank; AG; Frankfurt am Main; Erscheinungsjahr: 1998 Weiterhin wurden Informationen aus dem Internet verwendet, hier die Adressen:

- http://www.bundesbank.de
- http://www.ezb.de
- http://www.ag-wiso.de

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Geldpolitik der Europäischen Zentralbank
Note
1
Autor
Jahr
2000
Seiten
13
Katalognummer
V96698
ISBN (eBook)
9783638093736
Dateigröße
364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
EZB
Arbeit zitieren
Eric Heidel (Autor:in), 2000, Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96698

Kommentare

  • Gast am 26.2.2001

    Echt klasse!!!!!.

    Über fast das selbe Thema muß ich eine Facharbeit schreiben. Ich hoffe die Seite wird mir weiterhelfen. Hab natürlich sofort alles ausgedruckt. Also drückt mir die Daumen, dass das was wird. Noch viel Spaß mit der Seite

Blick ins Buch
Titel: Geldpolitik der Europäischen Zentralbank



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