Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begrifflich-systematische Grundlagen
2.1 CBT - Computer Based Training
2.2 Multimedia
2.3 Autorensysteme
3 Computerlernprogramme
3.1 Typen von Computerlernprogrammen
3.1.1 Tutorielle Formen
3.1.2 Nichttutorielle Formen
3.2 Kriterien für den Einsatz von Computerlernprogramme
3.2.1 Adressaten
3.2.3 Lerninhalte / Lernziele / Lerntechniken
3.2.4 Wirtschaftlichkeit
3.2.5 Lernort und Sozialform
5 Lernen im Internet
6. Schlußwort
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Wissen und Informationen sind in der heutigen Gesellschaft entscheidende Erfolgs- faktoren, um auf nationalen und internationalen Märkten bestehen zu können. Einerseits steigt die Verfügbarkeit von Informationen rapide an, andererseits werden deren Gültigkeitszeiträume immer knapper /SCHO 97, S. 545/. Demzufolge sind Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen darauf angewiesen, sich diesen Gegebenhei- ten anzupassen. Um dieser Forderung nachzukommen, muß über den Einsatz neuer Lehrmethoden in Kombination mit alten Lehrmethoden nachgedacht werden.
Die Methode des programmierten Unterrichts ist eine Lernform, die individuelles, von Ort und Zeit unabhängiges Lernen ermöglichen soll. Um diese Methode umzu- setzen, wurde anfänglich schriftliches Unterlagenmaterial als Medium eingesetzt /WEG 89, S. 11/. In den 60-er Jahren wurden in Deutschland zur Präsentation von Lehrprogrammen erste Lehrautomaten entwickelt, die aus einem Tonbandgerät, ei- nem Dia-Projektor, etc. bestanden. Dem Lerner standen zur Beantwortung der Fra- gen nur zwei Tasten (Ja/Nein) zur Verfügung /Sei 89, S. 67/. Sehr bald ersetzte der Computer die Lernautomaten, mit dem es heute möglich ist, multimediale computer- unterstützte Lernprogramme in der betrieblichen sowie schulisch-universitären Aus- bildung einzusetzen. In vielen größeren Unternehmen wurde bereits das Lernen mit dem Computer in ganzheitliche Weiterbildungskonzepte integriert. Dagegen sind Lernlösungen im deutschen Internet noch immer Mangelware. Jedoch wird dieses als Medium für die Aus- und Weiterbildung in naher Zukunft eine immer größere Rolle spielen.
In dieser Arbeit sollen zunächst die begrifflichen Grundlagen geklärt werden (Kap. 2). Nach der Behandlung der unterschiedlichen Typen von Lernprogrammen und deren Einsatzkriterien (Kap. 3) folgt eine Betrachtung des Einsatzes und der Möglichkeiten multimedialer Lernsysteme im Internet (Kap. 4).
2 Begrifflich-systematische Grundlagen
2.1 CBT - Computer Based Training
Für das Lernen mit dem Computer werden häufig mehrere Begriffe genannt, z.B. Computer Based Teaching (CBT), Computer Assisted Instruction (CAI), Computer Aided Learning (CAL) oder auch Computerunterstützter Unterricht (CUU). In dieser Arbeit wird der Begriff des Computer Based Training als Synonym für computerunterstütztes Lernen angewandt.
CBT ist eine Methode des Lernens, mit der sowohl vom Computer abhängige als auch von diesem unabhängige Lerninhalte vermittelt werden sollen. Der Computer wird bei dieser Methode als Werkzeug und als Medium eingesetzt. Er ist also nicht der Selbstzweck, sondern er unterstützt (Based) das Lernen. Das Ziel des Einsatzes dieser Methode ist der Erwerb neuer Erfahrungen (Training). Jedoch sollte der Computer nur dort eingesetzt werden, wo er seine Stärken hat /JAN 90, S. 4/.
An dieser Stelle muß eine weitere Abgrenzung vorgenommen werden: Wenn in dieser Arbeit der Begriff "Computerlernprogramm" angewandt wird, so soll damit nicht die Integration des Computers in einem Weiter-/Ausbildungsprogramm gemeint sein, sondern die konkrete Soft-/Teachware. Unter einem Computerlernprogramm versteht man einen tutoriellen/nichttutoriellen Dialog zwischen einem Computer- system und einem Lerner, in dem mit Multimedia-Objekten und Interaktionsbezie- hungen Fakten und intellektuelle Fähigkeiten vermittelt werden /SCHE 93, S.125/. Neben Interaktivität sind Individualität und Adaptivität wichtige Merkmale von Computerlernprogrammen. Ausführlicher werden im Kapitel 3 Computerlernpro- gramme beschrieben.
2.2 Multimedia
Das Wort Multimedia ist heute in aller Munde. Es wirkt als Verkaufsargument ebenso wie als Einkaufsargument. Dabei ist das Entwicklungspotential dieses Bereiches noch nicht ausgeschöpft, z.B. versuchen Forschungsprojekte, Techniken zu entwik- keln, die neben dem Seh- und Hörsinn auch andere Sinne des Menschen (Ge- ruchs-, Geschmacks-, Berührungssinn) ansprechen. Auch im CBT-Bereich hat der Einsatz von multimedialen Computerlernprogrammen neue Möglichkeiten der Wissensvermittlung ermöglicht.
Nach BOLES /BOL 95/ lassen sich "multimediale Anwendungen ... als ein Netzwerk aus Knoten und Kanten" charakterisieren. Während die Knoten die Medienobjekte, also alle audiovisuellen Medien darstellen, "legen die Kanten ... die Beziehungen zwischen den Medien fest".
Die Medienobjekte lassen sich unterteilen in Ausgabemedienobjekte (Text, Anima- tion, Audio, Video, Graphik) und Interaktionsmedienobjekte (auf einer Benutzerober- fläche projizierte Buttons, Menüs, Texteingabefelder etc.). Treten nun unterschied- liche Medienobjekttypen als Netzwerk auf, so spricht man von Multimedia-Objekten.
Je nach Typ des Auslösers und Typ der Auswirkung lassen sich verschiedene Beziehungstypen unterscheiden.
Zeitliche Beziehungen entstehen durch einen zeitlichen Auslöser - Start eines Medienobjektes - mit einer zeitlichen Auswirkung - Ende eines Medienobjektes -. Gestalterischen Beziehungen entstehen durch einen gestalterischen Auslöser - gestalterische Veränderung eines Medienobjektes (Farbgebung, Größe, Position auf dem Bildschirm etc.) - mit einer gestalterischen Auswirkung (vgl. Auslöser).
In gemischten Beziehungen unterscheidet sich der Typ des Auslösers vom Typ der Auswirkung, z.B. Abbruch eines Videos aufgrund der Änderung der Position eines Graphik-Objektes.
Interaktionsbeziehungen sind dadurch gekennzeichnet, daß der Auslöser ein Interaktionsmedienobjekt ist. Bei zeitlichen Auswirkungen spricht man von Navigati- onsinteraktionen, bei gestalterischen Auswirkungen von Gestaltungsinteraktionen.
2.3 Autorensysteme
Es gibt 3 unterschiedliche Gruppen von Werkzeugen für die Entwicklung von Lern- programmen, nämlich Programmiersprachen, Autorensprachen und Autorensysteme. Herkömmliche Programmiersprachen weisen eine hohe Flexibilität auf, verlangen aber umfangreiche Programmierkenntnisse. Autorensprachen sind Programmier- sprachen mit zusätzlichen Befehlen für Funktionen, die bei der Entwicklung von Lernprogrammen als besonders hilfreich angesehen werden. Die Funktionen, z.B. bewegte Grafiken, Animationseffekte, "lassen sich mittels Unterroutinen durch ein Codewort abrufen" /KÜF 89, S.51/, so daß die Programmierung im Vergleich zu Pro- grammiersprachen einfacher ist. Autorensysteme erfordern im strengen Sinne keine Programmierkenntnisse. Sie ermöglichen dem Autor die Erstellung von Lernpro- grammen ausschließlich durch Menüführung. Während Autorensprachen aufgrund der vorauszusetzenden Programmierkenntnisse eine längere Einarbeitungszeit er- fordern, jedoch ein relativ hohes Funktionspotential aufweisen, sind Autorensysteme relativ einfach zu bedienen bei niedrigem Funktionspotential /FAN 89, S.64/. Trotz- dem sollte nicht vergessen werden, daß zur Produktion eines hochwertigen Computerlernprogramms das Spezialistenwissen eines Didatktikers nicht ersetzt werden kann.
In der Literatur finden sich verschiedene Möglichkeiten, Autorenwerkzeuge zu unterscheiden. Zwei sollen nun vorgestellt werden.
KÜFFNER /KÜF 89/ klassifiziert Autorensysteme nach Anwendungsbreite und inhaltlichem Anwendungsfeld. Aufgrund dieser Klassifizierung gibt es Autorensys- teme zur allgemeinen Verwendung und zur speziellen Verwendung (vgl. Abb. 1).
Die Funktionsweise der "klassischen" menügesteuerten Autorensysteme und der kommandogesteuerten Autorensprachen wurde schon im Verlauf dieses Kapitels beschrieben (s.o.) Integrierte Autorensprachen - auch kombinierte Autorensprachen genannt - nutzen zum einen den Vorteil der menügesteuerten Autorensysteme (Menüführung) und zum anderen den der Autorensprache (Funktionspotential). Der Autor kann zuerst mit den ihn führenden Elementen arbeiten, bis ihm die dadurch zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht mehr ausreichen. Nun kann er auf die Autorensprache zurückgreifen und deren Vorteile nutzen /FAN 89, S.64/.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Einteilung von Autorensystemen nach KÜFFNER /KÜF 89/
Autorenwerkzeuge zur speziellen Verwendung "sind meist für bestimmte Fachgebiete wie Fremdsprachen o.ä. bestimmt" /KÜF 89, S.57/. Diese Programme enthalten meistens nur die Tools, mit denen die speziellen Übungen modelliert werden können, z.B. Texteditor für Texterschließungsprogramme.
In dem von BOLES /BOL 95/ im Internet veröffentlichten Aufsatz wird zunächst zwischen elektronischen Online- bzw. Offline- Publikationen unterschieden. Die Off- line-Publikationen werden weiter nach "der Art und Weise, wie zeitliche Bezie- hungen zwischen Medienobjekten spezifizierbar sind", in bildschirm-basierte, time- line-basierte und flowchart-basierte Autorensysteme eingeteilt (vgl. Abb. 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Einteilung von Autorensystemen nach BOLES /BOL 95/
In Frame-basierten Autorensystemen werden die zu präsentierenden Medienobjekte auf Flächen (frames) gelegt, die den Bildschirm repräsentieren, den der spätere Be- nutzer sehen kann. Eine komplette multimediale Anwendung setzt sich aus einer Menge solcher Flächen zusammen. Die Menge der Medienobjekte einer Fläche bil- den ein komplexes Medienobjekt. Navigationsinteraktionen bewirken den Wechsel der Medienobjekte. Bei derartigen Autorensystemen ist häufig nur ein Flächenwechsel modellierbar. Durch die Integration einer Programmiersprache, wie z.B. in ToolBook, sollen auch Gestaltungsinteraktionen ermöglicht werden.
Timeline-basierte Autorensysteme ermöglichen die Anordnung der Medienobjekte auf einer Zeitachse, die den zeitlichen Verlauf der Präsentation festlegt. Navigationsinteraktionen bewirken einen Zeitsprung.
In Flowchart-basierten Autorensystemen werden die Medienobjekte (durch Symbole dargestellt) durch Kanten in Diagrammen verbunden. Navigationsinterak- tionen des späteren Benutzers bestimmen dann die Kanten, die "durchflossen" wer- den sollen.
Autorensysteme für die elektronische Online-Publikation werden als HTMLEditoren bezeichnet. HTML bezeichnet die sog. Hypertext Markup Language, ein bestimmtes Dateiformat, in der WWW-Dokumente vorliegen müssen. Lernergesteuerte Lernumgebungen (vgl. Kap. 3.2) werden zur Zeit im deutschen Internet noch überwiegend mit Hilfe von Hypertextsystemen umgesetzt.
3 Computerlernprogramme
3.1 Typen von Computerlernprogrammen
Im Bereich des CBT macht SAGEDER /SAG 93/ die Existenz einer tutoriellen Komponente zum Abgrenzungskriterium von Computerlernprogrammen. Je nach "methoden-konzeptioneller Variante" /EUL 92, S.17/ kristallisieren sich daraus wieder unter-schiedliche Ansätze von Lernsystemen heraus (vgl. Abb. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Formen computerunterstützter Lernprogramme
3.1.1 Tutorielle Formen
Bei tutorieller Teachware steuert oder regelt ein Computer die Aktivitäten der Lernenden wie ein Tutor oder Lehrer. Die tutorielle Komponente kommt durch einen vorprogrammierten und linearen oder verzweigten Lernalgorithmus zum Ausdruck /SAG 93, S. 70/.
Mit dem Ziel, vorhandenes Wissen und bestehende Fähigkeiten zu festigen bzw. mit dem Ziel der Vermittlung kognitiven Wissens, werden die Systeme der Program- mierten Unterweisung bzw. Drill & Practice-Programme eingesetzt /GIE 97, S.8/. Diese Lernprogramme eignen sich hauptsächlich für Wissensfragen mit dem Lern- ziel des Auswendiglernens, z.B. Vokabeltrainer /JAC 96, S 2/. PU- Systeme "beste- hen aus Text und Graphikseiten sowie Aufgabenseiten, die in einer starren Reihen- folge präsentiert" /ZEK 95, S. 17/ und bearbeitet werden. Derartige Programme re- duzieren die Lernvorgänge überwiegend auf ein einfaches Reiz-Reaktions-Schema. Oft stützt sich der Lernprozeß auf einfaches Ausprobieren. Es werden Aufgaben (Reize) gestellt, die der Lerner beantworten muß (Reaktion) /ZEK 95, S. 18/. Die Antworten werden von dem Programm analysiert und es folgt ein entsprechendes Feedback (z.B. 'richtig/falsch', evtl. Erklärungen) /JAC 96, S. 2/.
Eine weitere Form von Teachware sind die sog. Tutoriellen Systeme, die den Zweck der Vermittlung neuen Wissens haben. Diese Lernprogramme versuchen, "in der Interaktion zwischen Lerner und Computer ein Lehrgespräch mit Informati- onsweitergabe, Rückmeldungen, Lernkontrollen und vertiefenden Übungen nachzu- ahmen"/SCHE 93, S.122/. Nach der Präsentation von Informationen in Form von Text, graphischen Darstellungen oder Videosequenzen und der folgenden Beant- wortung von Verständnisfragen findet eine Antwortanalyse statt. Abhängig vom Er- gebnis verzweigt das Lernprogramm zu neuen Lernwegen /KRE 94, S. 32/. Qualita- tiv hochwertige Programme tolerieren Schreib- oder Tippfehler, so daß diese, wenn es sich nicht gerade um ein Rechtschreibprogramm handelt, nicht zu falschen Ant- worten führen /TOB 93, S. 33/. "Intelligente" Tutorielle Programme ermöglichen die unterschiedliche Aufbereitung des Lernstoffs in Abhängigkeit von den Ergebnissen des Lerners. Derartige Lernprogramme versuchen, den Lerner individuell zu betreu- en, indem sie aufgrund einer "großen Wissensbasis über [dessen] potentielle Pro- bleme...geeignete Lehrtechniken" /JAC 96, S. 3/ zu Verfügung stellen. Es findet ein Vergleich von Lerninhalt und diagnostiziertem Wissensstand statt. Durch diesen Vergleich ist eine "lerner- und situationsadäquate" /TOB 93, S. 34/ Steuerung des Lerners möglich. Praktisch umgesetzt wird dies z.B. durch einen Einstufungstest, aufgrund dessen dem Lerner mit hohem Wissensstand empfohlen wird, bestimmte Module des Lernprogramms zu überspringen /GIE 97, S.8/. Auch nur ansatzweise richtige Antworten interpretiert so ein adaptives Programm fast so wie ein menschlicher Lehrer /LEU 92, S. 58/.
3.1.2 Nichttutorielle Formen
Bei nichttutoriellen Formen tritt die tutorielle Komponente in den Hintergrund oder fehlt ganz /SAG 93, S. 74/. Zu ihnen kann man Simulationen/Planspiele und Lernergesteuerte Systeme zählen.
Simulationen machen komplexe und zeitlich nicht wirklich nachvollziehbare Vor- gänge (z.B. die Funktionsweise eines Motors, Abläufe in Unternehmen etc.) erfahr- bar /SCHE 93, S.123/. Simulationsprogramme sind Modelle der Realität, die be- stimmten Regeln gehorchen. Durch Manipulation bzw. durch die Anwendung der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten werden unterschiedliche realitätsnahe Reaktionen ausgelöst bzw. Konsequenzen des Modells simuliert. Simulationen gehen häufig in Plan- bzw. Rollenspiele über, die bei sehr komplexer Struktur auch Mikrowelten genannt werden /SAG 93, S. 75/. Durch das Spielerische im Planspiel wird die Eigenmotivation der Anwender erhöht. Mit diesen Lernprogrammen ist es möglich, sog. "stilles Wissen" zu vermitteln, sozusagen Kenntnisse und Fertigkeiten, die nicht oder nur teilweise mündlich bzw. schriftlich überliefert werden können (Ge- schicklichkeit, Konzentration, Ausdauer, Denken in größeren Zusammenhängen) /WAG 97, S.547/. Diese Lernspiele sind vergleichbar mit kommerziellen "adventure games", die dem Anwender einen komplexen Geschehensablauf als Abbild einer Teilrealität darbieten. Durch Aktionen des Anwenders und der im Spiel dargestellten "virtuellen" Akteure wird der Verlauf und Ausgang der Geschichte beeinflußt /WAG 97, S.548/. Die zu bewältigenden Problemsituationen konfrontieren den Lerner mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen. Das risikofreie Experimentieren mit be- liebig vielen Strategien bewirkt ein "learning by doing", also die selbständige Ent- wicklung von Problemlösemethoden, bis das optimale Ergebnis erreicht wird. "Die Ähnlichkeit des Planspielmodells mit seiner Arbeitssituation erleichtert zudem den Transfer des Gelernten in die Praxis" /ROH 93, S.5/.
Lernergesteuerte Systeme "ermöglichen ein völlig freies Navigieren durch [ein] ... Informationsgebiet" /GIE 97, S.9/. In ihnen kann sich der Lernende nach seinem in- haltlichen Lernbedarf und nach seinem prozedualen Steuerungsvermögen "in ei- nem dafür gestalteten Medienpotential selbständig bewegen" /IHB 97, S. 569/. Diese Systeme versuchen, sich dem natürlichen menschlichen Handeln bei der selbständi- gen Bewältigung von Aufgaben anzupassen. Dabei befindet sich der Lerner zu- nächst in einer Anforderungssituation, weil er einen Wissensbedarf hat. Vergleich- bar mit einem Handwerker, der sich zur Bewältigung einer Arbeitsaufgabe mit Werk- zeugen, die allgemein üblich sind, eine Arbeitsumgebung schafft, wird der Lerner sich zunächst eine Lernumgebung schaffen, indem er sich ein System aussucht, das alle für ihn relevanten Themen enthält. Wie auch ein Handwerker im Verlauf der Ar- beit merkt, daß er nicht alle Werkzeuge braucht, sondern nur die jeweils tauglichen, wird auch der Lerner sich nur die Informationen beschaffen, die für eine Anwortfin- dung bedeutsam sind. Er richtet sich also eine individuelle Lernumgebung ein /IHB 97,S. 571/. Diese Idee wird mit Hilfe von Hypertextsystemen umgesetzt, in denen Querverweise zu weiteren Informationen durch, z.B. Unterstreichung oder Fettdruck von Textstellen, explizit dargestellt werden. Durch "Anklicken" dieser Textstellen mit der Maus wird die mit dem Begriff verbundene Information aufgerufen. Werden ne- ben Textformen andere Medien in Form von Sprache, Video, Musik, Animation oder Simulation einbezogen, spricht man auch von Hypermedia. Hier kann der Anwender sich die Darstellungsform eines Lerngegenstandes aussuchen, die ihm am lösungs- trächtigsten erscheint /TOB 93, S. 36/. Desweiteren kann er sich aus einem großen Informationsbestand seine persönliche Wissensbasis (individuelle Lernumgebung) zusammenstellen und diese durch Hinzufügen, Entfernen, Umgestalten u.ä. modifi- zieren. Außerdem kann er diese "Niederschrift ... [vom] Verlauf ... der Wissensorga- nisation" /IHB 97, S. 573/ mit eigenen Randnotizen, Bemerkungen etc. versehen.
Das Modell der Lernumgebungen, dessen typbildendes Merkmal also "die Selbst- steuerung des Lernhandelns in einem ... Medienpotential" ist, könnte nach IHBE /IHB 97/ in der Zukunft ein Nachfolgermodell vom Typ "Arrangement" haben, in dem eine "Selbstorganisation von Lernbedingungen aus [mehreren] bereitstehenden Medienpotentialen" /IHB 97, S. 573/ stattfindet. Dafür muß der Lerner auf einen "gro- ßen Fundus ... [mit] einer Vielzahl von Themenfeldern" /IHB 97, S. 576/ zugreifen können. Dieser Fundus wird auf sog. Medienbanken gespeichert, die "auf Daten- oder Medienservern eines Unternehmens, einer Bildungsstätte oder auf zentralen Medienservern eingerichtet werden sollten" /IHB 97, S. 577/. Nun könnte von den unterschiedlichsten Lernorten aus über das Internet auf die Medienbanken zugegrif- fen werden. Die Kombination von Internet und CBT wird im Kapitel 4 ausführlicher behandelt.
Der im Kapitel 3.1 vorgenommenen Abgrenzung von Computerlernprogrammen muß abschließend hinzugefügt werden, daß die verschiedenen Typen, die ja mehr oder weniger den historischen Ablauf der Entwicklungen im CBT-Bereich wieder- spiegeln, sich nicht gegenseitig abgelöst haben, denn sie existieren heute nebenein- ander oder gehen als Komponenten in andere ein /IHB 97, S. 570/. So kann ein in- telligentes Tutorprogramm auch Drillprogramme und Simulationen enthalten. Hyper- text- bzw. Hypermediasysteme enthalten oft eine tutorielle Komponente in Form eines Navigationssystem, das dem Lerner einen Pfad vorschlägt /TOB 93, S. 37/. Daß Lernergesteuerte Systeme schließlich den vollen Zugriff auf das ganze Spek- trum medialer Darstellungsweisen und der CBT-Programme ermöglichen, liegt in der Natur der Sache. Diese Zusammenhänge sollen die Pfeile in der Abbildung 1 verdeutlichen.
3.2 Kriterien für den Einsatz von Computerlernprogramme
CBT darf nicht isoliert von anderen Bildungskonzepten betrachtet werden. Nicht alle Lernziele, -inhalte und -techniken lassen sich gleichermaßen gut durch CBT vermitteln. Darum sollte CBT nicht als billiger Trainerersatz, sondern als Bestandteil eines sorgfältig geplanten Bildungsgesamtkonzeptes betrachtet werden /BEI 93, S. 30/. Außerdem sollte bei der Planung von CBT ein Kostenvergleich mit alternativen Lehrmethoden durchgeführt werden, die genauso effizient sind. Anhand der folgenden Kriterien sollen die verschiedenen Faktoren, die die Entwicklung und den Einsatz von Computerlernprogrammen beeinflussen, verdeutlicht werden.
3.2.1 Adressaten
Die einzusetzende Lernmethode muß zu den Personenmerkmalen der Zielgruppe passen. Um die didaktisch-methodischen Maßnahmen personengerecht einzusetzen, muß die Zielgruppe in Anlehnung an SAGEDER /SAG 93/ anhand der folgenden Merkmale analysiert werden:
- Spezielle Vorkenntnisse und Fertigkeiten
- Grundlegende intellektuelle Fähigkeiten
- Lernmotivation
Bei der Analyse der speziellen Vorkenntnisse und Fertigkeiten stellt sich zuerst die Frage, inwieweit die Zielgruppe Erfahrung im Umgang mit Computerlernprogram- men oder allgemein mit PC's hat. Dieser Aspekt ist wichtig, weil von ihm z.B. die Ausführlichkeit der Einweisung in ein Computerlernprogramm (z.B. Einführung in speziellen Seminaren) abhängig ist /SCHA 93, S. 105/. Weiter spielen in diesem Zu- sammenhang die Fertigkeiten im Umgang mit der Bedienung der Geräte eine wichti- ge Rolle. So kann z.B. bei Personen, die noch nie eine Tastatur bedient haben, die Eingabe mittels eines berührungsempfindlichen Bildschirms (Touch-Screen) reali- siert werden.
Die grundlegenden intellektuellen Fähigkeiten einer Zielgruppe wie logisches Den- ken, begriffliche Abstraktion, räumliche Vorstellung, Lerngewohnheiten und Lern- techniken sind wichtig, weil sie die Frage beantworten, inwieweit die einzusetzende Teachware dem zukünftigen Benutzer gerecht wird. In diesem Sinne spielen natürlich die unterschiedlichen Typen von Lernprogrammen (tutoriell o. nichttutori- ell, siehe Kapitel 3.1), die Darstellungsformen der Lerngegenstände (Text, Grafik, Simulation u.a.) und die Aufbereitung der Interaktionen eine wichtige Rolle. Außer- dem muß eine ausreichende Selbstlernkultur vorhanden sein, d.h., daß die Lerner sich selbständig und evtl. selbstorganisiert Wissen aneignen können und wollen.
Anhand der Lernmotivation der Zielgruppe muß geprüft werden, ob und in welcher Ausprägung motivationssteigernde Maßnahmen in einem CBT-Programm zu inte- grieren sind. Da die Akzeptanz des Mediums einen großen Einfluß auf den Lerner- folg hat, ist es wichtig, daß überhaupt eine Bereitschaft zum Lernen mit dem Compu- ter besteht. Diese kann z.B. aus Angst vor dem Computer fehlen. Um dem entgegen zu wirken, könnten z.B. Motivationsbroschüren an die Benutzer verteilt werden, die über den Nutzen, die Grenzen und die Leistungsfähigkeit von CBT informieren /JAN 90, S. 150/. Um das Interesse am eigentlichen Lerngegenstand zu wecken bzw. zu erhöhen, könnte ein ermunterndes Feedback in die Teachware eingebaut werden /MEU 93, S. 163/. Besonders bei dem Einsatz von Planspielen hat die Motivationssteigerung einen vordergründigen Zweck (siehe Kapitel 3.1.2).
3.2.3 Lerninhalte / Lernziele / Lerntechniken
Diese Kriterien sollen darüber Auskunft geben, bei welchen Lernstrategien Computerlernprogramme erfolgversprechend eingesetzt werden können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Bereiche der Wissenstiefe
Bezüglich der Lerninhalte geht es nach SCHANDA /SCHA 93/ nicht um die Frage, welche Themen für die Vermittlung mit Teachware besonders geeignet sind. Dieser Aspekt kommt besser vor dem Hintergrund der Lernziele / Lerntechniken zur Geltung. Es geht vielmehr um die anzustrebende Tiefe des Lernstoffes /SCHA 93, S.106/. Die Lernstofftiefe ist ab- hängig von der angestrebten Wissenstiefe, die eine bestimmte Fähigkeit ausdrückt. Die unter- schiedlichen Bereiche der Wis- senstiefe sind in der Abbildung 4 dargestellt. Eine hundertprozenti- ge Wissenstiefe bedeutet dem- nach, daß bezüglich eines Lern- gegenstandes kein Bildungs- bedarf mehr besteht. Weiter wird in der Abbildung durch den Verlauf des Graphen beispiels- weise dargestellt, daß 80 % der Zielgruppe die Fähigkeit des Kön- nens eines Lerngegenstandes be- sitzen. Daraus kann man schließen, daß nicht mehr die Lerninhalte durch ein Computerlernprogramm vermittelt zu werden brauchen, die aufgrund des Fähigkeitszustandes des größten Teils der Zielgruppe schon vorausgesetzt werden können. Der restliche Teil (20 %) könnte durch einen Trainer auf den gleichen Stand gebracht werden. Heute ist man in der Lage, mit Computerlernprogrammen die Wissenstiefenbereiche von 0% bis 80% ab-zudecken /JAN 90, S. 190/.
Um eine bestimmte Wissenstiefe zu erreichen, muß ein Lernziel definiert werden. Es gibt drei Lernzielbereiche, nämlich den kognitiven, affektiven, und psychomotori- schen Bereich. Jedem Bereich können bestimmte Lerntechniken zugeordnet wer- den, die besonders gut für die Realisierung von Lernzielen der jeweiligen Bereiche geeignet sind. Im kognitiven Bereich unterscheidet man zwischen der Lerntechnik des Auswendiglernens und der des verstehenden / einsichtigen Lernens. Im psychomotorischen Bereich geht es um das Lernen von Bewegungsabläufen und im affektiven Bereich unterscheidet man zwischen den Lerntechniken des Einstellungs- lernens, des Signallernens und des sozialen Lernens /SCHA 93, S. 109/. Nun stellt sich die Frage, ob und in welchem Ausmaß sich eine bestimmte Lerntechnik mit einem computerunterstützten Lernprogramm umsetzen läßt. In der Fachliteratur wird einstimmig die Möglichkeit der Realisierung kognitiver Lernprozesse auf CBT-Basis anerkannnt /RAA 95, S.22/BEI 93, S. 30/SCHA 93, S. 110/. Es sollte jedoch immer darauf geachtet werden, daß ein dem jeweiligen Lernziel entsprechendes Computer- lernprogramm eingesetzt wird. So reicht zum Auswendiglernen ein Drill & Practice- Programm vollkommen aus. Für das Trainieren psychomotorischer Fähigkeiten ist CBT außerhalb des EDV-Bereiches wenig hilfreich. Die Vermittlung affektiver Lernziele durch Teachware ist sehr umstritten. Soziales Lernen läßt sich vielleicht mit Formen des Gruppenlernens über vernetzte PC's realisieren (siehe Kap. 3.2.5). Im Bereich des Verhaltenstrainings sollten Computerlernprogramme immer durch das personale Training ergänzt werden, da der Computer als Dialogpartner nur eingeschränkt kommunizieren kann. /BEI 93, S.31/. In Rollenspielen vermitteln szenisch aufbereitete Videosequenzen ein situatives Verständnis dafür, welche Aus- wirkungen ein ganz bestimmtes Verhalten beim Dialogpartner, z.B. während eines Verkaufsgesprächs, auslösen kann. Dialogfenster unterbrechen die Videosequen- zen und fordern den Anwender auf, eine Auswahl unter verschiedenen Verhaltens- möglichkeiten zu treffen. Danach läuft der Film mit genau dem Verhalten weiter, für das sich der Anwender entschieden hat /HAR 94, S. 40/.
3.2.4 Wirtschaftlichkeit
Vor der Berechnung der Wirtschaftlichkeit eines CBT-Projekts muß geklärt werden, ob ein fertiges/standardisiertes oder ein firmenspezifisches Computerlernprogramm eingekauft werden soll /JAN 90, S. 118/. Der erste Fall setzt natürlich voraus, daß ein zum jeweiligen Bildungsbedarf und Profil der Zielgruppe passendes Programm gefunden wird. Diese Software ist generell urheberrechtlich geschützt, sie darf nur entsprechend der Lizensierungsform genutzt werden. Die Angebotspalette auf dem Markt der CBT-Anbieter reicht von Einzellizenzen über Mehrfachlizenzen bis zu unli- mitierten Lizenzen /GIE 97, S.37/. Eine Einzellizens, die nur auf einem einzelnen Computer genutzt werden darf, kostet je nach Qualität des Programms i.d.R. zwischen 100 und 10.000 DM. Der Preis eines firmenspezifischen Programms ist abhängig von der multimedialen Ausstattung (z.B. Produktion eines Videos) und der Zahl der erstellten Lernstunden. So kostet z.B. eine multimediale Lernstunde der Fir- ma HQ Lern- und Informationssysteme bis zu 200.000 DM. Eine Entscheidung für ein Computerlernprogramm zieht eine Hardwarebeschaffung, und damit weitere Kos- ten nach sich, wenn die bestehende EDV-Umgebung nicht die für eine multimediale Anwendung erforderlichen Komponenten enthält, oder ein Selbstlernzentrum (siehe Kapitel 3.2.5) eingerichtet werden soll. Darum erscheint der Einsatz firmenspe- zifischer Computerlernprogramme vor allem für größere Unternehmen interessant, "weil hier von einer hohen Nutzungsrate und entsprechenden Degressionseffekten ausgegangen werden kann" /KER 93, S. 99/. Dagegen entstehen bei personalen Vermittlungsformen (Seminare) zur Teilnehmerzahl fast proportionale Kosten, wie etwa Seminargebühren pro Teilnehmer, Reisekosten, Spesen, Referentenhonorar, Material und Opportunitätskosten des Arbeits- / Umsatzausfalls. In diesem Zusam- menhang ist die CBT-Alterung, sehr wichtig. Sind z.B. im Computerlernprogramm Produktionsmaschinen des Unternehmens involviert, die nach 5 Jahren durch neue ersetzt werden, während sich das Programm im Vergleich zu den bisherigen Bil- dungskosten erst nach 6 Jahren armortisiert, so ist es unrentabel. Nach einer Daumenregel lohnt sich eine CBT-Rentabilitätsrechnung, wenn die Summe der Seminar-Reisekosten und der Opportunitätskosten jährlich 100.000 DM über- schreitet /RAA 94, S. 11/.
3.2.5 Lernort und Sozialform
Lernen ist gekennzeichnet durch einen Lernort und eine Sozialform /HOP 97, S. 584/. Der Ort, der am häufigsten für das Lernen mit dem Computer genutzt wird, ist der Arbeitsplatz während der Arbeitszeit. Dieser hat den Vorteil, daß unproduktive, arbeitstechnisch bedingte Pausen mit Lernen überbrückt werden. Der Nachteil die- ses Lernortes ist, daß häufig das Lernumfeld durch Lärm und sonstige Ablenkungen ein konzentriertes Lernen behindert /SCHA 93, S. 114/. Aus diesem Grund stellen immer mehr Unternehmen Studios und Bibliotheken zu Selbstlernzwecken zur Ver- fügung. Diese sog. Selbstlernzentren sind speziell eingerichtete Räume, die mit der zum Lernen notwendigen Hardware ausgestattet sind. Darüber hinaus bieten sie ei- ne lernförderliche Atmosphäre und Raumausstattung, wie z.B. freundliche Farben, Pflanzen etc. Das Selbstlernzentrum bedarf jedoch der organisatorischen Planung der Nutzungszeiten (wann, wer, wie lange). Darum sollten ständig Betreuer zur Ver- fügung stehen, die nicht nur Hilfen zur Bedienung der Geräte geben, sondern auch bei inhaltlichen Problemen Kontakte zu Ansprechpartnern vermitteln können /JAN 90, S. 55/. Neben der Sozialform des Selbstlernens lassen sich hier auch die For- men des Gruppenlernens und des trainergesteuerten Lernens mit interaktiven Medi- en realisieren. Zu diesem Zweck bedarf der Raum der Ausstattung eines elektroni- schen Seminarraums, die eine Steuerung von jedem Platz aus ermöglicht. Dazu ge- hören die über Intranet vernetzten PC's, eine interaktive Tafel und ein Objekt-Digita- lisierer, mit dem es möglich ist, Gegenstände und Dokumente zu präsentieren und zu digitalisieren. Ein neben dem Intranet bestehendes pädagogisches Netzwerk rea- lisiert die Bedienung eines beliebigen Rechners von jedem Platz aus. Nun ist es möglich, zwischen Einzelarbeit und Gruppenarbeit direkt zu wechseln /BRE 97, S. 565/.
5 Lernen im Internet
Lehr- und Lernangebote sind im Internet zur Zeit im Vergleich zu anderen Ange- boten eher selten anzutreffen. Dabei bietet das Internet als Lernmedium Vorteile gegenüber Computerlernprogrammen, deren Träger eine CD-ROM ist: direkter Dialog mit einem Dozenten bei Problemen; soziale Kontakte über Chatforen; aktuelles Wissen trotz kurzer Innovationszyklen, Bezahlung der Module, die in An- spruch genommen wurden.
Der Frage, wie "Koordinations- und Kooperationsaktivitäten" auf einem "virtuelle[n] Marktplatz für mediengestützte Aus- und Weiterbildung" in der Zukunft gestaltet werden können, gehen BODENDORF und LANGENBACH /BOD 97/ nach. Auf diesem Markt soll das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage koordiniert werden. Neben den Anbietern von Aus- und Weiterbildungsleistungen (Content Provider) und den Lernern werden auch Marktteilnehmer auftreten (s.o.), die "spezifische Dienste zur Koordination der Interaktionsprozesse zwischen Anbietern und Kunden sowie zur Unterstützung der Transaktionen in diesem Markt an[bieten]" /BOD 97, S. 589/. Zu diesen Dienstleistern gehören:
Eine Akkreditierungsinstanz, die Content-Provider und Kunden akkreditiert und registriert. Weiter übernimmt sie für Kunden die Buchung für Lernangebote und stellt Marktinformationen zur Verfügung.
Ein Education Broker, der Kundenanfragen zum jeweils zuständigen Dienstleister weiterleitet und angebotsbezogene Suchhilfen zur Verfügung stellt.
Eine Zertifizierungs- und Qualitätssicherungsinstanz, die nach qualitätssichernden Gesichtspunkten neue Lehr-/Lernangebote zertifiziert.
Eine Marketingeinheit, die Marketingkonzepte mit den Content-Providern erarbeitet. Eine Finanz-Clearingstelle übernimmt das Finanz-Clearing zwischen Anbieter und Kunden, erarbeitet Abrechnungsmodelle und unterstützt bei der Preisfindung.
Ein Technik-Provider, der den Content-Providern und Kunden technische Unterstützung und Beratung für die Erstellung, Bereitstellung und Inanspruchnahme der Lernangebote anbietet /BOD 97, S. 590/.
Die Dienstleister unterstützen also kundeninitiierte wie auch anbieterinitiierte Transaktionen, wobei über kundenspezifische und anbieterspezifische Schnittstellen die Electronic Education Mall (EEM) zugänglich wird. Außerdem sind zwischen den Dienstleistern für Abstimmungsaktivitäten entsprechende Schnittstellen einzurichten. Die Dienstleistungen werden je nach Initiator in unterschiedlicher Reihenfolge in An- spruch genommen. Geht z.B. die Initiative vom Kunden aus, werden zunächst die Advisory Board und der Education Broker diesen pädagogisch beraten und entspre- chende Suchhilfen zur Verfügung stellen. Stellt ein Content-Provider einen Antrag auf Zulassung seines Angebots, so wird er zuerst die Akkreditierungsinstanz rufen, die ihrerseits die Marketingabteilung kontaktieren wird, um festzustellen, ob das Angebot unter Absatzgesichtspunkten in das Programm aufgenommen werden sollte.
BODENDORF und LANGENBACH /BOD 97/ stellen ein Konzept des verteilten Teleteaching-/learning dar, das sich anhand der Merkmale synchroner versus asynchroner, zusammenwirkender versus darbietender und aufnehmender versus aufgebender Aktions- und Arbeitsformen des Lehrens bzw. Lernens charakterisieren läßt /BOD 97, S. 594/. Da ist zunächst der virtuelle Hörsaal, der sich aus vernetzten Multimedia-Hörsälen, - Seminarräumen und - Einzelarbeitsplätzen zusammensetzt. Im virtuellen Hörsaal wird anhand konventioneller und elektronischer Lehrmedien der Lehrinhalt synchron über Audio- und Videokommunikation dargeboten /BOD 97, S. 594/. Zusätzlich gibt es einen virtuellen Übungsraum, der durch direkte, stark in- teraktive Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Lernenden gekennzeichnet ist. Die Telelearningform Lecture on Demand ermöglicht eine asynchrone Nutzung archivierter Lehrveranstaltungen, die während der synchronen Darbietung in digitali- sierter Form aufgezeichnet wurden und über einen Media-Server zur Verfügung ste- hen /BOD 97, S. 596/. Hier können auch die in den Lehrveranstaltungen eingesetzten Unterrichtsmaterialien (z.B. Tafelanschriften, Animationen) und Teachware (siehe Kap. 3) abgerufen werden. Kommen bei der Lecture on Demand seitens des Lerners Fragen auf, kann er sich aufgrund des Tele-Tutoring entweder asynchron über z.B. E-Mail oder synchron über ein Videokonferenzsystem an einen zuständigen Tutor wenden /BOD 97, S. 596/.
Nach SAUTTER und WEISER /SAU 97/ sind derartige Lern-/Lehrangebote im Internet kaum vorhanden. Computerlernprogramme und Autorensysteme werden im Internet eher selten angeboten. Dagegen sind relativ oft Diskussionsforen anzu- treffen, in denen entweder über E-Mail themenabhängig oder themenunabhängig kommuniziert wird. Außerdem stark vertreten sind Online-Datenbanken, die Ausbildungsmaterialien zur Verfügung stellen und Linklisten mit Verweisen auf Ausbildungsangebote. Wenn Lehrveranstaltungen angeboten werden, dann meis- tens nur für eine geschlossene Benutzergruppe gegen Bezahlung /SAU 97, S. 630/.
Die Funktion der Anbieter unterscheidet sich danach, ob sie Ausbildungsinhalte (Content Provider) oder eine Plattform für Informationsquellen bereitstellen. In der zweiten Gruppe gibt es Anbieter, die den beschriebenen Dienstleistern ähnlich sind. Diese übernehmen Koordinationsaufgaben , indem sie Anmeldungs-, Bezahlungs- und Zertifizierungsformalitäten für Content Provider übernehmen. Zur Zeit sind jedoch häufig Mischformen anzutreffen. Das Projekt "Virtuelle Universität" der FU Hagen enthält auch administrativ-koordinierende Funktionen /SAU 97, S. 630/.
Für BODENDORF und LANGENBACH /BOD 97/ ist das Internet die geeignetste Schnittstelle für den Zugang zu einer EEM, weil zum einen die Internetzugänge im Hochschul-, Unternehmens- und Privatbereich weit verbreitet sind und zum anderen neben vielen Gestaltungs- und Interaktionsmöglichkeiten schon "eine Reihe bereits erprobter Lehr-/Lern-, Kooperations- und Transaktionsunterstützungssysteme" existieren (s.o.) /BOD 97, S. 590/.
Ein großes Problem stellen heute noch die hohen Telekommunikationskosten dar. Jedoch werden diese in absehbarer Zeit durch den Wettbewerb der Telefongesellschaften weiter sinken /CBT 97, S. 6/. Ein weiteres Problem sind außerdem die relativ niedrigen Übertragungsraten (ca 2 Megabit pro Sekunde) via Kabel (Telefon-, Daten-, Fernsehkabelnetz) oder Satellit. Jedoch arbeitet z.B. die Telekom an einem sog. Asymetric Digital System (ADS), das eine Übertragungsrate von 8 Megabit pro Sekunde ermöglichen soll.
6. Schlußwort
In dieser Arbeit wurden Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von CBT darge- stellt. Als Fazit kann man daraus schließen, daß die Vorteile von Computerlernpro- grammen erst dann effektiv zur Geltung kommen, wenn diese in ein ganzheitliches Weiterbildungskonzept integriert werden. Darum führt kein Weg an einer systema- tischen Analyse des jeweiligen Bildungsbedarfs und einer klaren Organisation der Bildungsmaßnahmen vorbei. Dabei sollte nicht Technikwollust im Vordergrund stehen, sondern das didaktische Ziel. Nicht für jedes Bildungsziel müssen alle tech- nischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, sondern für jedes Ziel ist ein bestimm- tes technisches Niveau angemessen. Andererseits sollte, auch wenn wirtschaftliche Aspekte weiterhin im Vordergrund stehen, CBT nicht als billiger Trainerersatz be- trachtet werden.
Für SAUTTER und WEISER /SAU 97/ wird die Konzentration der Anbieter im Internet auf reine Content-Provider und reine Dienstleister zunehmen. Sie gehen da- von aus, "daß die rein virtuelle Universität nicht realisiert wird". Die Ursachen liegen "weniger im technischen als vielmehr im kulturellen Bereich"/SAU 97, S. 631/. In die- sem Zusammenhang gibt es Probleme bezüglich des Urheberrechts, der Rechtsver- bindlichkeit von elektronischen Vereinbarungen oder Bezahlungen und der Anerkennung von Abschlüssen.
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- Quote paper
- Bernard Ratte-Polle (Author), 1998, Aktuelle Entwicklungen des CBT, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96620
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