Was hält eine Gesellschaft zusammen? Diese Frage, so alt wie die Soziologie selbst, findet in Talcott Parsons' strukturfunktionaler Theorie eine ebenso umfassende wie bis heute diskutierte Antwort. Diese Schrift entführt den Leser in die komplexen Gedankengebäude eines der einflussreichsten Soziologen des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von der Systemanalyse, die Parsons aus der Biologie entlehnte, wird das theoretische Konzept des allgemeinen Handlungssystems entwickelt. Dabei werden die zentralen Begriffe wie Struktur, Funktion und die Subsysteme des Handelns – Persönlichkeit, Organismus, soziales System und Kultur – detailliert beleuchtet. Ein besonderes Augenmerk gilt dem berühmten AGIL-Schema, das die Funktionen Adaptation, Goal Attainment, Integration und Latent Pattern Maintenance in den Mittelpunkt stellt. Die Arbeit geht jedoch über eine reine Darstellung der Theorie hinaus und wendet Parsons' Modell auf die Analyse der Gesellschaft selbst an. Die Gesellschaft wird als ein Sozialsystem betrachtet, das in Subsysteme wie Wirtschaft, Politik, gesellschaftliche Gemeinschaft und Treuhändersystem differenziert ist. Die Funktionen dieser Subsysteme sowie die Medien, die den Austausch zwischen ihnen ermöglichen – Geld, Macht, Einfluss und Wertverpflichtungen – werden eingehend untersucht. Diese Analyse bietet nicht nur ein tiefes Verständnis für Parsons' Theorie, sondern ermöglicht es auch, die Mechanismen und Strukturen moderner Gesellschaften kritisch zu reflektieren. Für Studierende der Soziologie, Politikwissenschaft und verwandter Disziplinen bietet diese Arbeit eine fundierte Einführung in das Werk Parsons und regt zur Auseinandersetzung mit den Grundlagen sozialer Ordnung an. Entdecken Sie die faszinierende Welt der Systemtheorie und gewinnen Sie neue Perspektiven auf die Herausforderungen und Chancen unserer Zeit. Dieses Werk ist ein Schlüssel zum Verständnis der soziologischen Theoriebildung und ein unverzichtbarer Begleiter für alle, die sich mit den großen Fragen der Gesellschaft auseinandersetzen wollen. Lassen Sie sich von der Stringenz und der analytischen Kraft von Parsons' Denken inspirieren und tauchen Sie ein in eine Welt komplexer Zusammenhänge und überraschender Einsichten.
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung
1. Die Methodologie Parsons
1.1. Die Systemanalyse
1.2. Struktur und Funktion
2. Das theoretische Konzept Parsons
2.1. Die Welt als System
2.2. Das allgemeine Handlungssystem
2.2.1. Die Konstruktion des allgemeinen Handlungssystems
2.2.2. Die Struktur des allgemeinen Handlungssystems
2.2.3. Die Funktionen des allgemeinen Handlungssystems
2.2.4. Das AGIL-Schema
3. Die Gesellschaft
3.1. Das Sozialsystem
3.2. Die Struktur des Sozialsystems
3.3. Die Funktionen der Subsysteme
3.4. Medien
0. Einleitung
Ich möchte in der folgenden schriftlichen Ausarbeitung meines im Sommersemester 1998 während des Seminars "Einführung in die soziologische Theorie: T. Parsons, N. Luhmann, J. Habermas" bei Jörn Lamla gehaltenen Referates die Grundzüge der strukturell-funktionalen Theorie darstellen, als ein "von Talcott Parsons entwickeltes Schema sozialwissenschaftlicher Kategorien zur Analyse sozialer Phänomene" (Hillmann 1994: 847).
Ich werde mich dabei an die Gliederung meines mündlichen Vortrages halten. Alexandra Wenig
1. Die Methodologie Parsons
1.1. Die Systemanalyse
Parsons bedient sich bei seinem theoretischen Konstrukt der in der modernen Biologie entwickelten Systemanalyse als Raster, um die wesentlichen Elemente der Gesellschaft und deren Beziehungen zueinander zu untersuchen.
Dabei wird alles, was zum Gegenstand der wissenschaftlichen Analyse gemacht werden soll unter dem Gesichtspunkt seiner Systemeigenschaften aus der Realität herausgelöst. Bei der Analyse ist es zunächst gleichgültig, ob es sich hierbei um eine komplexe Gesellschaft, deren Teilbereiche oder die Handlungen eines Individuums handelt.
Als System betrachtet weist jedes Phänomen bestimmte Merkmale auf:
1. Es verfügt über Grenzen, die es von seiner Umwelt trennen. Eine Unterscheidung zwischen "innen" und "außen" ist somit möglich. Es besitzt eine Binnenstruktur, die es zu einer Einheit werden läßt, die sich von der Umwelt unterscheidet.
2. Es besteht in einer Umwelt und zeigt sich dieser gegenüber offen. Es finden ständig Austauschbeziehungen zwischen dem System und seiner Umwelt statt; diese neuen Impulse müssen ständig verarbeitet und so in die systemeigenen Prozesse integriert werden, daß die Identität des Systems bestehen bleibt. Dieser Vorgang wird als "ein Prozeß der Ausdifferenzierung systeminterner Strukturmuster" (Eberle / Maindok 1984: 18) bezeichnet.
3. Desweiteren ergibt sich aus dem Aspekt der Umweltoffenheit des Systems die Tatsache, daß ein beständiger Austausch von Produkten zwischen dem System und seiner Umwelt stattfindet. Kein System ist autark und so ist es auf die Leistungen aus seiner Umwelt angewiesen; diese wiederum erwartet Gegenleistungen. Über einen längeren Zeitraum ändern sich die Ansprüche, die an die gegenseitigen Leistungen gestellt werden. Um zu überleben müssen sich die Systeme diesen veränderten Anforderungen anpassen.
1.2. Struktur und Funktion
Mit der Systemanalyse sind nun bestimmte Grundregeln für die Analyse gesellschaftlicher Vorgänge vorgegeben. Für eine weitere Spezifizierung führt Parsons sodann die Begriffe "Struktur" und "Funktion" ein.
Eines der Merkmale, die ein System aufweist, ist die Abgrenzung von seiner Umwelt. Damit einher geht die Annahme, daß es innerhalb seiner Grenzen eine Identität entwickelt hat, die es von seiner Umwelt unterscheidbar macht (Vgl. Eberle / Maindok 1984: 18).
Mit Hilfe der strukturellen Analyse soll nun ermittelt werden, wie das Innere eines Systems beschaffen ist - welche innere Struktur es aufweist. Es sollen die Elemente gefunden werden, die als konstant im System angenommen werden können, die Elemente, die stabil sind und die Grundlagen der im System ablaufenden Prozesse darstellen.
Bereits auch im Systembegriff angelegt ist die Annahme, daß Systeme in Austauschbeziehungen mit ihrer Umwelt stehen. Um diesen Aspekt fassen zu können, bedient Parsons sich der funktionalen Analyse. Diese hat dann die Aufgabe, die Handlungen und Prozesse in einem System daraufhin zu überprüfen, ob sie für das System eine nützliche (d.h. funktionale), eine eher neutrale (d.h. funktional neutrale) oder gar eine schädliche (d.h. dysfunktionale) Wirkung haben. (Vgl. Schäfers 1995: 319)
Parsons Methodologie, nach der er dann seine Gesellschaftstheorie entwickelt, besteht somit aus zwei Teilen. Zum einen hat er ein Raster entwickelt, nach dem die zu untersuchenden Phänomene aus der Realität herausgelöst und somit für die theoretische Analyse abstrahiert werden können; und zum anderen hat er mit der Einführung des Begriffspaares "Funktion" und "Struktur" Aspekte angegeben, nach denen eine genauere Analyse des zuvor abstrahierten Phänomens möglich ist.
2. Das theoretische Konzept Parsons
2.1. Die Welt als System
Parsons definiert verschiedene Ebenen von Systembildungen, die in der menschlichen Lebenswelt vorkommen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Physikalisch-chemische Systeme bezeichnen nach Talcott Parsons anorganische Systeme (z.B. Moleküle, Kristalle), biologische Systeme lebende Organismen, soziale Handlungen von Menschen bilden Handlungssysteme und telische Systeme beschreiben nicht-empirische, übernatürliche Realitäten. (Vgl. Morel 1993: 151f.)
Ich werde mich im folgenden ausschließlich mit den Handlungssystemen beschäftigen.
2.2. Das allgemeine Handlungssystem
2.2.1. Die Konstruktion des allgemeinen Handlungssystems
Das Handlungssystem konstruiert Talcott Parsons auf der Grundlage der Theorien seiner früheren Arbeiten. In "The structure of social action" (1937) legt er dar, was er als elementare Einheit soziologischer Analyse begreift: der einzelne Handlungsakt, in welchem "ein Akteur unter Aufwendung von Energie, im Rahmen einer Situation und sich an gesellschaftlichen Normen orientierend, auf ein Ziel hin handelt" (Eberle / Maindok 1984: 20).
Da Parsons mit der von ihm entwickelten Systemtheorie mit Hilfe der Systemanalyse generalisierte Aussagen treffen will, muß der einzelne Handlungsakt abstrahiert, d.h. unabhängig gemacht werden von konkreten Akteuren, Situationen, Zielen und Normen. Dies geschieht, indem Talcott Parsons den einzelnen Handlungsakt als allgemeines Handlungssystem konstruiert.
2.2.2. Die Struktur des allgemeinen Handlungssystems
Die weitere Analyse des Handlungsaktes in Form des abstrahierten Handlungssystems führt Parsons dann in einem weiteren Schritt mit Hilfe der strukturellen Analyse durch. Er untersucht das Strukturmuster des Handlungssystems und nimmt folgende Elemente als Konstante an:
1. Es gibt einen Akteur, der eine Absicht verfolgt, sich deshalb mit einer Situation auseinandersetzt und sodann eine Handlungsstrategie entwickelt. Dies setzt nun die Annahme voraus, daß es sich um eine Person handelt, die eine sie von anderen unterscheidbar machende Identität entwickelt hat. "Identität" meint in diesem Zusammenhang, daß " das Individuum über eine Bedürfnisstruktur verfügt, die sein Handeln veranlaßt und auch strukturiert" (Eberle /Maindok 1984: 20). Für seine Systemtheorie definiert Parsons dieses Element als Persönlichkeitssystem.
2. Während des Handlungsaktes trifft der Akteur auf nicht-soziale Objekte. Dies sind Gegebenheiten der Umwelt, die berücksichtigt werden müssen, vom Akteur jedoch nicht verändert werden können und mit denen er nicht in Interaktion oder Kommunikation treten kann. Diese naturgegebene Basis menschlichen Handelns nennt Parsons das Organismussystem.
3. Weiter trifft der Akteur während des Handlungsaktes auf soziale Objekte, mit denen er, um sein Handlungsziel zu erreichen, in Kommunikation und Interaktion treten muß. Diesen Aspekt definiert Parsons als das Soziale System.
4. Das letzte von Parsons als konstant angenommenen Element des Handlungssystems ergibt sich aus der These, daß der Akteur sein Handeln an Normen orientiert. Dabei handelt es sich nicht um subjektive und zufällige Vorstellungen des einzelnen, sondern um von einer Vielzahl von Akteuren anerkannte Wertvorstellungen. Diese nennt Parsons das Kultursystem.
2.2.3. Die Funktionen des allgemeinen Handlungssystems
Mit den vier Subsystemen Persönliches System, Organismussystem, Soziales System und Kultursystem hat Talcott Parsons die Struktur des Handlungssystems festgelegt. Nun untersucht Parsons das Handlungssystem mit Hilfe der funktionalen Analyse nach den Hauptfunktionen, die erfüllt werden müssen, damit das Handlungssystem als System überleben kann.
Im Folgenden unterscheidet Parsons auf diese Art vier grundlegende Funktionen.
1. ADAPTATION (Anpassung)
Damit faßt Parsons die Prozesse zusammen, die dem System Ressourcen bereitstellen und es an seine Umwelt anpassen.
2. GOAL ATTAINMENT (Zielerreichung)
Hiermit sind die Prozesse gemeint, die über die Festlegung der systemeigenen Ziele, deren Reihenfolge und die Verteilung der Ressourcen entscheiden.
3. INTEGRATION (Integration)
Mit Hilfe der Funktion "Integration" sollen Teilbereiche des Systems, die über unterschiedliche Eigenschaften verfügen zu einer Einheit zusammengefaßt werden.
4. LATENT PATTERN MAINTENANCE (Strukturerhaltung)
Dies bezeichnet alle Prozesse, die die Identität des Systems wahren sollen, es eigenständig und von seiner Umwelt unterscheidbar machen.
2.2.4. Das AGIL-Schema
In einem nächsten analytischen Schritt nimmt Parsons eine Zuordnung der Funktionen zu den bereits vorher herausgearbeiteten Strukturen vor. Dabei geht er von der Annahme aus, daß die Subsysteme so geschaffen sind, daß sie bestimmte Aufgaben besser erfüllen können als andere.
Dem Organismussystem ordnet er die A-Funktion zu. Das Persönlichkeitssystem wird mit der G- Funktion verbunden. Das soziale System wird mit der I-Funktion in Verbindung gebracht und das Kultursystem schließlich mit der L-Funktion.
Jedes der oben genannten Subsysteme des Handlungssystems läßt sich auf der Grundlage des von Parsons so entwickelten AGIL-Schemas weiter differenzieren. (Vgl. Morel 1993: 157). Am Beispiel der Gesellschaft möchte ich nun im folgenden die vier Grundfunktionen des Subsystems "Soziales System" darstellen.
3. Die Gesellschaftstheorie
3.1. Das Sozialsystem
Ausgehend von der Frage, wie Gesellschaften stabil bleiben, wendet Talcott Parsons nun das AGILSchema auf das Phänomen "Gesellschaft" an. Dabei geht er in folgenden Schritten vor (Vgl. Eberle / Maindok 1984: 30):
1. Er versucht, die interne Differenzierung des Systems "Gesellschaft" schematisch darzustellen, d.h. er differenziert das System Gesellschaft in vier Subsysteme.
2. Er führt eine Zuordnung der funktionalen Komponenten zu den einzelnen Subsystemen durch.
3. Er bestimmt die Medien, mit deren Hilfe die zwischen den Subsystemen stattfindenden Austauschbeziehungen stattfinden.
Zunächst einmal muß festgestellt werden, welchem der vier integrativen Subsysteme des allgemeinen Handlungssystems das Phänomen "Gesellschaft" am ehesten entspricht. Eine Gesellschaft ist mehr als die Summe der in ihr lebenden Individuen, woher sie nicht als Persönlichkeitssystem betrachtet werden kann. Sie ist auch kein Naturzusammenhang, was die Betrachtung als Organismussystem ausschließt. Und sie kann schließlich auch nicht als reiner Kommunikationszusammenhang, als die Summe ihrer Werte und somit als Kultursystem verstanden werden. Für Parsons entspricht das
Phänomen "Gesellschaft" am ehesten dem Sozialsystem, daß er als "gebildet von Zuständen und Prozessen sozialer Interaktion zwischen handelnden Einheiten" (Parsons 1996:15) definiert hatte.
Um die Art des Sozialsystems noch zu präzisieren, definiert Parsons Gesellschaft als "den Typ eines Sozialsystems, dessen Kennzeichen ein Höchstmaß an Selbstgenügsamkeit (self-suffiency) im Verhältnis zu seiner Umwelt einschließlich anderer Systeme ist" (Parsons 1996:16). "Selbstgenügsamkeit" meint in diesem Zusammenhang, daß das System "Gesellschaft" die Fähigkeit besitzt, Austauschbeziehungen zu seiner Umwelt stabil zu halten und die Austauschvorgänge im Interesse eines guten Funktionierens der Gesellschaft zu kontrollieren (Vgl. Parsons 1996:17).
3.2. Die Struktur des Sozialsystems
Talcott Parsons differenziert nun in einem ersten analytischen Schritt die vier integrativen Subsysteme des Phänomens Gesellschaft in Form des Sozialsystems:
1. Wirtschaft (economy)
2. Politik (polity)
3. Gesellschaftliche Gemeinschaft (societal community)
4. Treuhändersystem (fiduciary)
(Vgl. Parsons 1996:20)
3.3. Die Funktionen der Subsysteme
Im zweiten analytischen Schritt werden von Parsons die als bestandsnotwendig definierten funktionalen Komponenten den ausdifferenzierten Subsystemen zugeordnet.
Danach erfüllt die Wirtschaft in einer Gesellschaft die A-Funktion. Sie "stattet die Gesellschaft mit der Erfüllung von Bedürfnissen aus [...]" (Kneer / Kraemer / Nassehi 1994: 155). Die Politik sorgt für die Entwicklung gemeinsamer Ziele und erfüllt somit die G-Funktion. Die gesellschaftliche Gemeinschaft (darunter sind z.B. soziale Schichten, Familien, Verbände u.ä. zu verstehen) eines Sozialsystems integriert die verschiedenen Mitglieder und erfüllt somit die I-Funktion. Das Treuhändersystem schließlich versorgt das Sozialsystem mit allgemeingültigen Werten und sorgt für dessen Erhaltung, indem es die L-Funktion erfüllt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.4. Medien
Parsons geht von der Annahme aus, daß die integrativen Subsysteme des Sozialsystems miteinander in Austauschbeziehungen stehen. Dabei wird von einem Subsystem jedes andere, sich im Gesamtsystem befindliche Subsystem als Umwelt angesehen.
Da aber jedes der Teilsysteme intern anders organisiert ist, muß ein Verfahren hergestellt werden, das zwischen den Systemen einen Austausch ermöglicht. Parsons entwickelte dazu das Konzept der generalisierten Medien.
Die Wirtschaft wickelt danach seine Austauschbeziehungen mit Hilfe des Mediums Geld (money) ab.
Das politische Gemeinwesen vermittelt seine Austauschprozesse durch das Medium Macht (power). "Macht im hier verwendeten Sinne ist nicht als Ausübung willkürlichen Zwangs gemeint. Da Macht dem Medium Geld entsprechend konstruiert ist, hat sie eher den Charakter einer kündbaren Obligation". (Eberle / Maindok 1984: 31). Macht bedeutet laut Parsons, daß es möglich ist, Entscheidungen zu treffen, die für die betroffene Gesamtheit Gültigkeit haben, ohne dabei jedoch auf Zwangsmaßnahmen zurückzugreifen.
Das Medium, über welches das Subsystem gesellschaftliche Gemeinschaft Austauschbeziehungen strukturiert, ist Einflu ß (influence). Damit gemeint ist die Möglichkeit, Loyalität zu erzeugen.
Das Treuhändersystem schließlich vermittelt seine Austauschprozesse mit Hilfe des Mediums Wertverpflichtungen (value-commitments). Es meint die Fähigkeit, mit Hilfe von gemeinsam anerkannten Werten, die von den Individuen als moralisch bindend angesehen werden, diese zu mobilisieren.
Literatur
Eberle, Dr. Friedrich / Maindok, Dr. Herlinde (1984): Einführung in die soziologische Theorie. Dortmund.
Hillmann, Karl-Heinz (1994) Wörterbuch der Soziologie. 4. Auflage. Stuttgart.
Kneer, Georg / Kraemer, Klaus / Nassehi, Armin (Hrsg.) (1994): Soziologie. Zugänge zur Gesellschaft. Bd. I. Münster und Hamburg.
Morel, Julius u.a. (1993): Soziologische Theorie. Abriß der Ansätze ihrer Hauptvertreter. München.
Häufig gestellte Fragen
Was ist die strukturell-funktionale Theorie nach Talcott Parsons?
Die strukturell-funktionale Theorie ist ein von Talcott Parsons entwickeltes Schema sozialwissenschaftlicher Kategorien zur Analyse sozialer Phänomene. Sie bedient sich der Systemanalyse, um die wesentlichen Elemente der Gesellschaft und deren Beziehungen zueinander zu untersuchen.
Was versteht Parsons unter Systemanalyse?
Parsons verwendet die Systemanalyse, um Phänomene unter dem Gesichtspunkt ihrer Systemeigenschaften zu untersuchen. Dabei werden die Phänomene aus der Realität herausgelöst, um sie theoretisch zu analysieren. Jedes System weist Grenzen auf, die es von seiner Umwelt trennen, und steht in Austauschbeziehungen mit dieser Umwelt.
Was sind Struktur und Funktion im Kontext der Systemanalyse nach Parsons?
Struktur bezieht sich auf die inneren Elemente eines Systems, die als konstant angenommen werden können. Funktion bezieht sich auf die Handlungen und Prozesse innerhalb eines Systems und deren Auswirkungen auf das System (funktional, funktional neutral oder dysfunktional).
Welche Ebenen von Systembildungen definiert Parsons?
Parsons definiert verschiedene Ebenen von Systembildungen, darunter physikalisch-chemische Systeme, biologische Systeme, Handlungssysteme und telische Systeme. Der Fokus dieser Analyse liegt auf den Handlungssystemen.
Was ist das allgemeine Handlungssystem nach Parsons?
Das allgemeine Handlungssystem ist eine Abstraktion des einzelnen Handlungsaktes, unabhängig von konkreten Akteuren, Situationen, Zielen und Normen. Es besteht aus einem Akteur, nicht-sozialen Objekten, sozialen Objekten und Normen.
Welche Elemente bilden die Struktur des allgemeinen Handlungssystems?
Die Struktur des allgemeinen Handlungssystems besteht aus dem Persönlichkeitssystem (Akteur), dem Organismussystem (nicht-soziale Objekte), dem Sozialen System (soziale Objekte) und dem Kultursystem (Normen).
Welche Funktionen müssen erfüllt werden, damit das Handlungssystem überleben kann?
Die Hauptfunktionen sind Adaptation (Anpassung), Goal Attainment (Zielerreichung), Integration (Integration) und Latent Pattern Maintenance (Strukturerhaltung), oft zusammengefasst als AGIL-Schema.
Was ist das AGIL-Schema?
Das AGIL-Schema ist ein Modell, das die vier grundlegenden Funktionen (Adaptation, Goal Attainment, Integration, Latent Pattern Maintenance) den Subsystemen des Handlungssystems zuordnet. Dem Organismussystem wird die A-Funktion, dem Persönlichkeitssystem die G-Funktion, dem sozialen System die I-Funktion und dem Kultursystem die L-Funktion zugeordnet.
Wie wendet Parsons das AGIL-Schema auf die Gesellschaft an?
Parsons differenziert das System "Gesellschaft" in vier Subsysteme: Wirtschaft, Politik, gesellschaftliche Gemeinschaft und Treuhändersystem. Er ordnet dann die funktionalen Komponenten diesen Subsystemen zu.
Welche Funktionen erfüllen die Subsysteme der Gesellschaft nach Parsons?
Die Wirtschaft erfüllt die A-Funktion (Anpassung), die Politik die G-Funktion (Zielerreichung), die gesellschaftliche Gemeinschaft die I-Funktion (Integration) und das Treuhändersystem die L-Funktion (Strukturerhaltung).
Welche Medien nutzen die Subsysteme der Gesellschaft für den Austausch?
Die Wirtschaft nutzt Geld (money), das politische Gemeinwesen Macht (power), die gesellschaftliche Gemeinschaft Einfluß (influence) und das Treuhändersystem Wertverpflichtungen (value-commitments).
- Quote paper
- Alexandra Wenig (Author), 1998, Talcott Parsons als Systemtheoretiker, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96405