Ich wurde gebeten im Rahmen dieser Fortbildung etwas zum Thema Wunde und Wundheilung allgemein zu sagen.
Ich habe deshalb versucht, die Frage nach der geeigneten Verbandsform aus dem Blick der Wundheilung zu beantworten.
Welche Anforderungen sind an einen optimalen Verband zu stellen ?
Um diese Frage zu beantworten, muß man sich zunächst die Vorgänge der Wundheilung vergegenwärtigen und die besonderen Eigenschaften einer Wunde kennen.
In früherer Zeit waren die genauen Vorgänge bei der Wundheilung noch unbekannt, durch Erfahrung entwickelten die Menschen aber Wundversorgungs- und Wundheilungsstrategien, die wir heute noch kennen und z.T. anwenden.
Die Wundheilung jeder Wunde läuft nach einem komplexen Systhem ab.
Dabei ist das universelle Prinzip der Wundheilung stets das gleiche.
In seiner gewissermaßen „reinen Form“ kennen wir es als primäre Wundheilung :
Nach Setzten einer Wunde wird der Spalt in der ersten Phase zunächst sofort provisorisch mit Fibrin verklebt.
Bei aneinander liegenden Wundrändern kommt es nach Auffüllen des Spaltes mit gerinnendem Blut und Fibrin zur provisorischen Verklebung., danach zur hyperämisierenden Kapillarerweiterung und zum vermehrten Flüssigkeitsaustritt und damit zur Wassereinlagerung in die Grundsubstanz - dem Ödem.
Es treten die Zeichen der Entzündung auf : Schwellung, Rötung, Überwärmung, auch Schmerz und Funktionseinschränkung fehlen nicht.
Krankenhaus St.Elsiasbeth und St.Barbara Halle (Saale)
Akad. Lehrkrankenhaus der Martin-Luther-Universität Halle
Fortbildung für Pflegepersonal
Wundheilung und Wundverbände
Ich wurde gebeten im Rahmen dieser Fortbildung etwas zum Thema Wunde und Wundheilung allgemein zu sagen.
Ich habe deshalb versucht, die Frage nach der geeigneten Verbandsform aus dem Blick der Wundheilung zu beantworten.
Welche Anforderungen sind an einen optimalen Verband zu stellen ?
Um diese Frage zu beantworten, muß man sich zunächst die Vorgänge der Wundheilung vergegenwärtigen und die besonderen Eigenschaften einer Wunde kennen.
In früherer Zeit waren die genauen Vorgänge bei der Wundheilung noch unbekannt, durch Erfahrung entwickelten die Menschen aber Wundversorgungs- und Wundheilungsstrategien, die wir heute noch kennen und z.T. anwenden.
Die Wundheilung jeder Wunde läuft nach einem komplexen Systhem ab.
Dabei ist das universelle Prinzip der Wundheilung stets das gleiche.
In seiner gewissermaßen „reinen Form“ kennen wir es als primäre Wundheilung :
Nach Setzten einer Wunde wird der Spalt in der ersten Phase zunächst sofort provisorisch mit Fibrin verklebt.
Bei aneinander liegenden Wundrändern kommt es nach Auffüllen des Spaltes mit gerinnendem Blut und Fibrin zur provisorischen Verklebung., danach zur hyperämisierenden Kapillarerweiterung und zum vermehrten Flüssigkeitsaustritt und damit zur Wassereinlagerung in die Grundsubstanz - dem Ödem.
Es treten die Zeichen der Entzündung auf : Schwellung, Rötung, Überwärmung, auch Schmerz und Funktionseinschränkung fehlen nicht.
In der zweiten Phase treten zellige Elemente durch die Kapillarwände und nach 24 h ist das ganze Gebiet von ihnen durchsetzt.
Die Zellen beseitigen durch Phagozytose Gewebetrümmer und Zerfallsprodukte, durchdringen Fibrin und geronnenes Blut und reinigen die Wunde von totem Gewebe in 2-4 Tagen.
Zu dieser Zeit ist die Infektionsgefahr am größten.
In der dritten Phase mit Rückgang der Hyperämie beginnen die Kapillaren, begleitet von Fibroblasten u.a. , einzusprossen, ca. 1-2 mm pro Tag.
Ab dem 5. Tag wird Kollagen produziert und in die Umgebung eingelagert.
Die vierte Phase stellt die reparative Phase mit Formierung der Narbe dar.
Die primäre Wundheilung, heute eigentlich die „normale“ Wundheilung, ist allerdings bis vor ca 100 Jahren mit Entdeckung der Bedeutung der Asepsis noch die Ausnahme gewesn. Die Regel stellte die „Problemwunde“ mit sekundärer Heilung dar.
Bereits im TALMUD (ca 1400 v.Chr.) findet sich das Gebot, Wunden nicht mit der Hand zu berühren.
Auch in der alten indischen Heilkunst wird der Arzt zu größter Sauberkeit besonders der Hände, zum Kurzhalten von Fingernägeln und Haaren und zum Tragen von weißer (d.h. waschbarer) Kleidung verpflichtet.
Ganz ähnliche Empfehlungen gibt auch das CORPUS HIPPOCRATICUM (5.Jh.v.Chr.).
Die Griechen lehrten auch schon von der Bedeutung der Ruhe der Wunde in der Heilungsphase. Gleichwohl bereits zu dieser Zeit die Wundnaht z.T. bekannt war, darf man wohl die Sekundärheilung als Regelfall annehmen.
Im Mittelalter war die Möglichkeit der Primärversorgung im übrigen wieder unbekannt geworden und die Kenntnisse über die Bedeutung der Asepsis wieder verloren gegangen.
Erst in der Neuzeit wurde die Wundheilung genauer erforscht und es wurden die Ursachen erkennbar, die bereits die in der Antike vorhandenen Erfahrungen bedingen.
- Bereits hieraus lassen sich wünschenswerte Eigenschaften eines Verbandes benennen: Der Verband soll die Wunde sauber halten vor äußerer Verschmutzung und gleichzeitig soll zu häufiges Wechseln, das die Ruhe stört, vermieden werden.
Bei Wunden, bei denen ein Gewebedefekt vorliegt, bzw. die Wundränder nicht aneinander liegen können, kommt es zu sekundären Wundheilung.
Bei nicht infizierter Oberfläche kommt es zur Abdichtung der Oberfläche durch eine Fibrinschicht . Es tritt Wundflüssigkeit aus.
Der weitere Heilungsverlauf ist gekennzeichnet durch die Einsprossung von Kapillaren in die Wunde, außen begleitet von Makrophagen, Fibroblasten und anderen sog. Wanderzellen.
Diese Gefäßsprossungen geben der Wundoberfläche ein körniges Aussehen (lat. Korn: Granulum) ,es stellt das Granulationsgewebe dar., das nun die Wunde nach und nach auffüllt und schließlich von den Rändern her reepithelialisiert wird.
Grundsätzlich unterscheidet sich dieser Vorgang nicht wesentlich von der primären Wundheilung, aber der zeitliche Verlauf der einzelnen Phasen erfährt eine Verlängerung.. Daneben kommt es zum Verlust von Eiweiß und Flüssigkeit durch Verdunsten.
Außerdem kann es zu Infektionen kommen.
Zwar ist Wundsekret durch milde Bakterizität in der Lage, eine geringe Abwehr zu leisten und es besteht durchaus die Möglichkeit trotz Anwesenheit von Keimen zu einer infektionslosen Heilung, aber diese Schicht ist sehr dünn und - besonders bei allgemein geschwächter Abwehrlage (Alter, Verletzung, Krankheit, OP etc.) - vulnerabel, sodaß das Risiko einer Durchbrechung, z.B. beim Verbandswechsel, hoch ist und dann eine Infektion eintreten kann.
Dies gilt besonders für Keime, die das Millieu gewohnt sind und daher keine Anpassungsphase durchmachen müssen, sondern sogleich zu einer manifesten Infektion führen.
Das sind insbesondere Keime, die aus dem annähernd gleichen Umfeld stammen wie dies für Bisse, Metzgerei-, Op- und Sektionsverletzungen gilt bzw. Verschmutzung mit Darminhalt, Dung o.ä. - oder auch für Übertragung von Keimen von Pat. zu Pat. durch Ärzte und Pflegepersonal.
- Daraus ergibt sich wiederum die Forderung nach schonenden Verbänden ohne häufiges Wechseln und möglichst die Abdichtung und Verminderung von Keimen aus der Wunde, gleichzeitig die Fähigkeit, Flüssigkeit zu „verarbeiten“ und Austrocknen zu verhindern.
Die Gefahr einer solchen Infektion ist bei optimalem Ablauf der Granulation relativ gering, liegt aber zusätzlich eine lokale oder systhemische Schädigung vor, ist das Granulationsgewebe sehr leicht verletzlich und blutet leicht.
Es kommt zur stark verzögerten Wundheilung, mitunter sogar zum weiteren Gewebeverlust und zur chronischen Entzündung.
Die eingetretene Infektion führt zu einer weiteren Verzögerung der Heilung.
Solange die Abwehr von Entzündungserregern bestimmend ist, kann die Wundheilung nicht fortschreiten.
Dasselbe gilt beim Auftreten von Nekrosen, die zusätzlich ein idealer Nährboden für Bakterien sind. Es kommt zu einer vermehrten Sekretion. Dadurch soll die Wunde gereinigt werden. Sind die Nekrosen zu umfangreich, bedarf es zusätzlich der chirurgischen Entfernung, um eine Heilung zu ermöglichen.
Die gesteigerte Sekretion läßt sich auch bei chronischen Wunden, die mit dauerndem Gewebeuntergang einhergehen, beobachten, z.B. bei Ulcus cruris oder Decubitus .
Beiden liegt eine nicht ausreichende Mikrozirkulation und Sauerstoffversorgung zugrunde. Die lokalen Verhältnisse lassen eine ausreichende Aufbauphase nicht zu.
Insbesondere beim Decubitus ist bekanntlich eine entsprechende Lagerungstherapie erforderlich - natürlich auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen und Verletzungen-
- woraus sich die Forderung nach entsprechend „lagerungsstabiler“ Fixierbarkeit des Verbandes ergibt.
Das Prinzip der feuchten Wundbehandlung mit entsprechenden Methoden wie z.B. Berieselung größerer Wunden oder Bädern bei Ulcus cruris stellt eine Weiterführung der starken Sekretion der Wunde selbst dar. - und insofern ist die feuchte Wundbehandlung in diesen schwierigen Fällen wünschenswert.
So werden auch feuchte Verbände mit Zusatz von äthanolischen oder wäßrigen Lösungen zur Verbesserung der Wundsekretion empfohlen.
Das Bestreuen mit Saccharose soll durch osmotische Sekretion denselben Effekt auslösen.
Eine feuchte Umgebung entspricht dem Millieu der Zell- und Grundsubstanz des Gewebes, sie ist nötig, um die Lebensvorgänge ablaufen zu lassen (Enzyme usw.)
Das ist auch entwicklungsgeschichtlich plausibel :
Das Leben begann im Meer, Wasser war die Grundsubstanz, Umgebung und Rohstoff für jedes entstehende Leben, sämtliche Lebensvorgänge basieren auf diesem Umstand und die wesentlichen Lebensvorgänge sind auf diese Umgebung abgestimmt : die Zellen selbst, aber auch die Enzyme und Mittlerstoffe, die auch bei der Wundheilung, Infektionsverhinderung und -bekämpfung von entscheidender Bedeutung sind.
Noch beim Menschen ist die Zell- und Zwischenzellflüssigkeit in der Zusammensetzung dem Meerwasser erstaunlich ähnlich.
- Bei sekundärer Wundheilung, insbes. bei Infektionen, ist die feuchte Wundumgebung wünschenswert.
Auch andere Faktoren spielen natürlich in dem komplexen Systhem der Wundheilung eine Rolle, so etwa pH-Wert, die Temperatur, lokale Gegebenheiten, Sauerstoffangebot, Vitamine (bes. C), Nebenerkrankungen, Blutdruck, seelische Verfassung usw.
Hinsichtlich der Wundabdeckung können wir einen Forderungskatalog aufstellen, den ein optimaler Verband erfüllen soll :
- Wundabdeckung gegen äußere Schädigung (mechanisch)
- Wundabschirmung gegen Infektionsgefahren, möglichst Minderung derselben in der Wunde
- möglichst seltenes, schonendes Wechseln
- „Verarbeitung“ von Flüssigkeit, d.h. Aufnahme von Überschuß bei starker Sekretion
- Aufrechterhaltung des feuchten Millieus
- Verdunstung von Flüssigkeit
- Sauerstoffdurchlässigkeit
- sichere Fixierung, um Lagerungssicherheit zu gewährleisten, natürlich ohne Schädigung gesunder Partien
außerdem sollte er
- leicht handhabbar
- sauber
- kostengünstig sein
und eine Beurteilung der Wundverhältnisse ermöglichen.
Mario Vogel
Literatur:
Chirurgie der Infektionen
Walter Schmitt/Siegfried Kiene (Hrsg)
Verl.: Johann Ambrosius Barth 1981
Wundheilung
Karel M. Sedlarik (Hrsg)
Gustav Fischer Verlag 1984
Chirurgie - Lehrbuch
Häring/Zilch (Hrsg)
Walter de Gruyter - Verlag 1988
- Arbeit zitieren
- Mario Vogel (Autor:in), 2000, Wundheilung und Wundverband, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96330
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