Gernot Eller
Näherungsverfahren in der Mathematik
Nullstellenberechnung
Im Alltag spielt für den Mathematiker das Lösen beziehungsweise die Nullstellenberechnung von Gleichungen eine bedeutende Rolle. Dabei lassen sich jedoch mit herkömmlichen Methoden Gleichungen, bei denen für n, dem zahlenmäßig höchsten Exponenten gilt, nur unter bestimmten Voraussetzungen lösen. Dies sind zum Beispiel die Division des Funktionpolynoms durch eine seiner Lösungen , wobei a einer Lösung der Gleichung entspricht. Bei diesem Vorgang wird jedes n um jeweils 1 erniedrigt, was so lange durchgeführt wird, bis nur noch eine quadratische Gleichung übrigbleibt, die mit der Formel leicht gelöst werden kann. Zum Lösen solcher Polynomfunktionen bedarf es aber Lösungen, die durch Probieren herausgefunden werden müssen. Weiters eignet sich diese Methode nicht für Gleichungen, deren Lösungen sind.
Einen weiteren Spezialfall der Nullstellenberechnung stellt die Substitution der Basis n durch N dar, wobeigelten muß. So können durch abschließendes ,,Zurücksubstituieren" alle 4 Lösungen einer Funktion der Form ermittelt werden.
Das NEWTONsche Näherungsverfahren
Grundlegend anders funktioniert das von Sir Isaac Newton1entwickelte Näherungsverfahren zur Nullstellenberechnung. Der Grundgedanke dabei ist, daß der Schnittpunkt einer Tangente mit der x-Achse eines beliebigen (Näherungs-)Punktes der gesuchten Nullstelle einen genaueren Näherungswert liefert. Wiederholt man nun mit diesem neuen Wert diese Prozedur bis zu einem Näherungswert xn so entspricht dieser der Approximation an eine Nullstelle: . Wählt man unterschiedliche Startwerte, so erhält man alle Lösungen einer Gleichung; entspricht der Startwert aber der x-Kordinate eines Extrema, das heißt, daß dessen Tangente parallel zur x-Achse läuft und daher den Anstieg besitzt, so führt das Newtonsche Näherungsverfahren zu keiner Lösung. In diesem Fall muß lediglich mit einem anderen Startwert angefangen werden.
Wie für jede andere Gerade gilt auch für die Tangente t an einen beliebigen Punkt der Funktion:
.
Anstelle von können wir auch schreiben:
daraus folgt durch Einsetzen in obige Gleichung:
beziehungsweise durch einfache Umformung
Das entspricht der 1. Ableitung im Schnittpunkt der Tangente mit der x-Achse, also , und der Anstieg ist an allen Stellen der Gerade gleich:
Setzten wir nun in die Tangentengleichung ein, so folgt:
Schneiden wir diese nun mit der x-Achse, so führt dies zum Newtonschen Näherungsverfahren:
Eine andere Ableitungsmöglichkeit für das Newtonsche Näherungsverfahren basiert auf der Tatsache
.
Und da ja bekanntlich
Taschenrechnerprogramm: [HP 32SII]
LBL A
INPUT A
INPUT B
INPUT C
INPUT D
INPUT E
INPUT X
LBL B
RCL X
4
_
RCL_A
RCL X
3
_
RCL_B
+
RCL X
2
_
RCL_C
+
RCL X
RCL_D
+
RCL E
+
STO G
VIEW G
PSE
RCL X
3
_
RCL_A
4
_
RCL X
2
_
RCL_B
3
_
+
RCL X
RCL_C
+
RCL+D
STO H
VIEW H
PSE
RCL G
RCL÷H
STO I
VIEW I
PSE
RCL X
RCL-I
STO N
VIEW N
PSE
PSE
RCL N
STO X
GTO B
Dieses Programm eignet sich für Funktionen des Ausdruckes
oder solche mit niederen Potenzen. Nach Eingabe des Terms (in unserem folgenden Beispiel: ) werden zuerst die Ergebnisse für, , , anschließend der Näherungswert der Nullstelle angezeigt, was besonders beim ,,händischen" Ermitteln der Nullstelle hilfreich ist, da man dabei mit einer Tabelle am einfachsten arbeiten kann.
Beispiel:
Zuerst bilden wir die erste Ableitung der Funktion:
Jetzt setzten wir einfach in die Tabelle ein mit dem Startwert , da bei diesem Punkt (unter Betrachtung der 1. Ableitung) kein Extremwert zu erwarten ist.
Startwert | Xn | G | H | I | Xn+1 |
5 | 5 | -129 | -83 | 1,554 | 3,446 |
3,446 | -11,058 | -37,403 | 0,296 | 3,150 | |
3,150 | 2,847 | -30,371 | -0,094 | 3,244 | |
3,244 | -1,3 | -32,545 | 0,040 | 3,204 | |
3,204 | -0,497 | -31,612 | -0,016 | 3,220 | |
3,220 | -0,205 | -31,977 | 0,006 | 3,213 |
Dieser Wert entspricht bereits sehr genau dem mittels Solver errechneten Punkt:
Für weitere Nullstellen müssen (in der Regel) nur andere Startwerte eingegeben werden.
Flächenberechnung
Von ähnlich elementarer Bedeutung wie das Berechnen von Nullstellen einer Funktion ist die Integration einer solchen - also die Flächenberechnung zwischen einer Kurve und der x-Achse. Dies spielt auch in der Physik - z.B. bei einem Zeit/Geschwindigkeit - Diagramm - eine wichtige Rolle. In diesem Fall ist der zurückgelegte Weg nach der Formel die in einer bestimmten Zeit von der Geschwindigkeitskurve aufgespannte Fläche.
Bedauerlicher Weise läßt sich durch elementares Integrieren nicht immer beziehungsweise nur äußerst schwer die Stammfunktion von jeder beliebigen Kurve finden. Für diesen Fall gibt es sogenannte numerische Näherungsverfahren, die den Wert des in Rede stehenden Integrals im allgemeinen nicht exakt liefern, dafür aber ,,beliebig genau", wenn man nur genügend oft eine Rechenprozedur wiederholt. Dadurch versucht man, den Flächeninhalt durch möglichst einfache geometrische Figuren zu approximieren.
Die Rechtecksformel
Wie auf nebenstehender Abbildung gezeigt, soll die Fläche A der stetigen Funktion zwischen den Grenzen berechnet werden, unter der Bedingung, daß es keine Nulllstellen innerhalb der Integrationsgrenzen gibt.
Dieser Flächeninhalt könnte nun also in beliebig viele schmale Rechtecke von derselben Breite unterteilt werden. Approximieren wir durch n Rechtecke so ist:
und für die ,,Zwischenpunkte" xi gilt allgemein:
Da jedes Rechteck die Breiteund die Höhehat, so lautet daher der Flächeninhalt A bei Verwendung von n Rechtecken:
Taschenrechnerprogramm: [HP 32SII]
LBL A
0
STO S
INPUT A
INPUT B
INPUT N
RCL B
RCL-A
RCL÷N
STO D
LBL B
T (statt X aber A !)
E
R
M
STO+S
RCL D
STO+A
RCL B
RCL A
x<y?
GTO B
RCL D
STO*S
VIEW S
GTO A
Da diese Methode bei einigen (steilen) Kurven unter Umständen erst für sehr hohe n Werte sich an das tatsächliche A nähert, verwendet man in der Praxis als Höhe eines einzelnen Rechteckes
.
Dadurch hebt sich im Mittel das ,,Zukleinsein" des Rechteckes zirka auf:
Taschenrechnerprogramm: [HP 32SII]
LBL A
0
STO S
INPUT A
INPUT B
INPUT N
RCL B
RCL-A
RCL÷N
STO D
2
÷
STO+A
LBL B
T (statt X aber A !)
E
R
M
STO+S
RCL D
STO+A
RCL B
RCL A
x<y?
GTO B
RCL D
STO*S
VIEW S
GTO A
Beispiel:
;
Die Fläche soll zwischen berechnet werden (es befinden sich keine Nullstellen in diesem Intervall!): Dazu integrieren wir einfach elementar.
Anzahl der Rechtecke | 1. Verfahren (x) | % von A | 2. Verfahren (x÷2) | % von A |
n=1 | 66 | 21,84 | 269,625 | 89,21 |
n=2 | 167,8125 | 55,52 | 294,09375 | 97,30 |
n=5 | 244,56 | 80,91 | 300,945 | 99,57 |
n=10 | 272,7525 | 90,24 | 301,92375 | 99,89 |
n=20 | 287,338 | 95,07 | 302,1684375 | 99,97 |
n=50 | 296,2561 | 98,02 | 302,23695 | ~100 |
n=100 | 299,241525 | 99,00 | 302,2467375 | ~100 |
Die Trapezformel
Ähnlich wie die Zerlegung des Flächenstückes in Rechtecke erfolgt das Verfahren mit der Trapezformel, wobei aber anstelle der Rechtecke Trapeze die Fläche annähern.
Unter an sonst gleichen Voraussetzungen gilt auch
für die Breite eines Trapezes.
Und für die ,,Zwischenpunkte" xi gilt ebenso allgemein:
Für den Flächeninhalt des i-ten Trapezes gilt somit:
Bei der Verwendung von n Trapezen gilt also:
Taschenrechnerprogramm: [HP 32SII]
LBL A
INPUT A
INPUT B
INPUT N
1
x=y?
GTO A
RCL B
RCL-A
RCL÷N
STO D
LBL B
T (statt X aber A !)
E
R
M
STO S
RCL D
STO+A
LBL C
T (statt X aber A !)
E
R
M
2
*
STO+S
RCL D
STO+A
RCL A
RCL B
xy?
GTO C
LBL D
T (statt X aber A !)
E
R
M
STO+S
RCL D
RCL*S
2
÷
STO F
VIEW F
GTO A
Beispiel:
Die Fläche soll wieder zwischen berechnet werden.
Anzahl der Trapeze | 3. Verfahren | % von A | % von 1÷A |
n=1 | 367,5 | 121,59 | 82,24 |
n=2 | 318,5625 | 105,40 | 94,88 |
n=5 | 304,86 | 100,86 | 99,15 |
n=10 | 302,9025 | 100,22 | 99,78 |
n=20 | 302,413125 | 100,05 | 99,95 |
n=50 | 302,2761 | 100,01 | 99,99 |
n=100 | 302,256525 | ~100 | ~100 |
Die SIMPSONsche Formel
Obwohl die Trapezformel meist recht gute Näherungswerte liefert, erhält man noch genauere Werte, wenn die zu gehörige Kurve nicht durch Geradenstücke, sondern durch Parabelbögen approximiert wird. Wie bei den beiden bereits besprochenen Methoden wird auch hier das Grundintervall in n gleich breite Teilintervalle zerlegt. Dabei wird jedes Intervall durch einen Parabelbogen mit der allgemeinen Gleichung ersetzt, der durch die Kurvenpunkte an den Rändern dieses Teilintervalls und durch den Kurvenpunkt in der Mitte des Intervalls hindurchgeht. Die Kurvenpunkt a0, a1 und a2 findet man durch einen sogenannten unbestimmten Ansatz; das heißt, daß für eine Funktion n-ten Grades n+1 Punkte/Informationen der Kurve benötigt werden. Durch Einsetzten aller n+1 Punkte in den allgemeinen Funktionsterm, erhält man n+1 Gleichungen mit ebenso n+1 Unbekannten, was leicht durch Eliminieren gelöst werden kann. Im Fall der Parabel benötigt man also 3 Punkte.
Insgesamt hat man für die n Parabelstücke viele äquidistante, das heißt mit gleichem Abstand zu einander, Zwischenpunkte bis im Intervall zu wählen:
Die Punkte undbestimmen die 1-te Parabel,
die Punkteunddie 2-te Parabel,
die Punkte unddie k-te Parabel,
die Punkteunddie n-te Parabel.
Danach wird der Flächeninhalt unter jedem der n Parabelbögen im zugehörigen Teilintervall durch Integration ermittelt. Die Summe dieser Flächeninhalte ist dann ein (im allgemeinen sehr guter) Näherungswert für das gesuchte Integral.
Eine formelmäßige Darstellung dieser Vorgangsweise wurde 1743 von Thomas Simpson2 veröffentlicht. Zu ihrer Ableitung berechnen wir den Flächeninhalt unter dem k-ten Parabelstück allgemein:
Wir setzten zur Abkürzung:
Dann gilt:
und wir erhalten:
Durch Summation von bis erhält man:
Taschenrechnerprogramm: [HP 32SII]
LBL A
INPUT A
STO G
INPUT B
INPUT N
1
x=y?
GTO A
RCL B
RCL-A
RCL÷N
2
÷
STO D
LBL B
T (statt X aber A !)
E
R
M
STO S
LBL C
RCL D
STO+A
T (statt X aber A !)
E
R
M
4
*
STO+S
RCL D
STO+A
T (statt X aber A !)
E
R
M
2
*
STO+S
RCL A
RCL+D
RCL+D
RCL-B
RND
x<0?
GTO C
LBL D
RCL D
STO+A
T (statt X aber A !)
E
R
M
4
*
STO+S
RCL D
STO+A
T (statt X aber A !)
E
R
M
STO+S
RCL S
RCL*D
3
÷
STO F
VIEW F
GTO A
Beispiel:
Die Fläche soll wieder zwischen berechnet werden.
Anzahl der Parabeln | 4. Verfahren | % von A |
n=1 | 302,25 | 100 |
n=2 | 302,25 | 100 |
n=5 | 302,25 | 100 |
n=10 | 302,25 | 100 |
n=20 | 302,25 | 100 |
n=50 | 302,25 | 100 |
n=100 | 302,25 | 100 |
Beispiel:
Anzahl der Parabeln | 4. Verfahren | % von A | % von 1÷A |
n=1 | 4,94539082 | 101,82 | 98,21 |
n=2 | 4,87108286 | 100,29 | 99,71 |
n=5 | 4,85774422 | 100,01 | 99,99 |
n=10 | 4,85712249 | ~100 | ~100 |
n=20 | 4,85707612 | ~100 | ~100 |
n=50 | 4,85707293 | ~100 | ~100 |
n=100 | 4,85707285 | ~100 | ~100 |
1 englischer Mathematiker, Physiker und Astronom; * 4.1.1643, _ 13.3.1727
2 englischer Mathematiker; * 1710, _ 1761
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema von "Näherungsverfahren in der Mathematik"?
Das Dokument behandelt Näherungsverfahren in der Mathematik, insbesondere die Nullstellenberechnung von Gleichungen und die numerische Berechnung von Flächen unter Kurven durch Approximation.
Welche Verfahren zur Nullstellenberechnung werden im Dokument beschrieben?
Das Dokument beschreibt das Newtonsche Näherungsverfahren zur Nullstellenberechnung und erwähnt kurz herkömmliche Methoden zur Lösung von Polynomgleichungen.
Wie funktioniert das Newtonsche Näherungsverfahren?
Das Newtonsche Näherungsverfahren approximiert Nullstellen, indem es die Tangente an einem Punkt der Funktion verwendet. Der Schnittpunkt dieser Tangente mit der x-Achse liefert einen genaueren Näherungswert für die Nullstelle. Dieser Prozess wird iterativ wiederholt.
Was sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Newtonschen Näherungsverfahrens?
Das Newtonsche Näherungsverfahren funktioniert nicht, wenn der Startwert der x-Koordinate eines Extremums entspricht, da dort die Tangente parallel zur x-Achse verläuft. In diesem Fall muss ein anderer Startwert gewählt werden.
Welche Verfahren zur Flächenberechnung werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt die Rechtecksformel, die Trapezformel und die Simpson-Formel zur numerischen Berechnung von Flächen unter einer Kurve.
Wie funktioniert die Rechtecksformel zur Flächenberechnung?
Die Rechtecksformel approximiert die Fläche unter einer Kurve, indem sie diese in eine Summe von Rechtecken unterteilt. Die Breite der Rechtecke ist gleich, und die Höhe wird durch den Funktionswert an einem Punkt innerhalb des Rechtecks bestimmt.
Wie wird die Trapezformel zur Flächenberechnung angewendet?
Die Trapezformel approximiert die Fläche unter einer Kurve durch eine Summe von Trapezen. Die Eckpunkte der Trapeze liegen auf der Kurve, und die Grundseiten verlaufen entlang der x-Achse.
Was ist die Simpson-Formel, und wie funktioniert sie?
Die Simpson-Formel approximiert die Fläche unter einer Kurve, indem sie die Kurve durch Parabelbögen annähert. Das Intervall wird in Teilintervalle zerlegt, und jedes Teilintervall wird durch einen Parabelbogen ersetzt, der durch drei Punkte auf der Kurve verläuft: die beiden Randpunkte und der Mittelpunkt.
Welche Taschenrechnerprogramme werden im Dokument vorgestellt?
Das Dokument enthält Programme für den HP 32SII Taschenrechner zur Durchführung des Newtonschen Näherungsverfahrens, der Rechtecksformel, der Trapezformel und der Simpson-Formel.
Welche Beispiele werden zur Illustration der Näherungsverfahren gegeben?
Das Dokument enthält Beispiele zur Anwendung der verschiedenen Verfahren zur Nullstellenberechnung und Flächenberechnung, einschließlich der Funktion f(x) = x^4 - 6x^2 + 3x + 10 und f(x) = x³ + x² + x + 2.
- Quote paper
- Gernot Eller (Author), 1998, Näherungsverfahren in der Mathematik - Nullstellenberechnung nach Newton, Flächenberechnung mit 2 verschidenen Rechtecksformeln, mit der Trapezformel und der Formel nach Simpson, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96323