Die umsatzsteuerliche Organschaft ist bis heute für die Praxis von großer Bedeutung. Allerdings ist dieses Rechtsinstrument mit unzähligen Zweifelsfragen versehen. Auch aus diesem Grund befasst sich die Rechtsprechung in regelmäßigen Abständen mit der umsatzsteuerlichen Organschaft i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Die Organschaft dient in der Praxis dazu eine Definitivbelastung mit Umsatzsteuer zu vermeiden. Diese entsteht z.B., wenn ein Unternehmen, welches steuerfreie Umsätze ausführt, auf Grund des § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG nicht berechtigt ist Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern geltend zu machen.
In der vorliegenden Arbeit soll es daher im Wesentlichen darum gehen, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft zu erläutern. In diesem Zusammenhang wird im Grundlagenteil der Arbeit zunächst auf die Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft eingegangen. Dazu werden einleitend die Begriffe des Organträgers und der Organgesellschaft definiert. Darauf folgend werden die finanzielle, die organisatorische sowie die wirtschaftliche Eingliederung erläutert.
Im weiteren Verlauf der Arbeit soll zu den Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft Stellung genommen werden. Es soll beschrieben werden wie sich die umsatzsteuerliche Organschaft im Innenverhältnis, d.h. zwischen den Organgesellschaften und dem Organträger, sowie im Außenverhältnis, d.h. im Verhältnis zu Dritten auswirkt.
Abschließend wird kurz auf die grenzüberschreitenden Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft eingegangen. Hier soll der Unterschied zwischen der Ansässigkeit des Organträgers im In- und Ausland analysiert werden.
Im Fazit soll vor allem auf den aktuellen Stand der Rechtsprechung eingegangen werden und es soll kurz dargestellt werden, wie sich die umsatzsteuerliche Organschaft im Falle einer Insolvenz auswirkt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeiclinis
1. Problemstellung
2. Die umsatzsteuerliche Organschaft
2.1. Organträger
2.2. Organgesellschaft
2.3. Finanzielle Eingliederung
2.4. Organisatorische Eingliederung
2.5. Wirtschaftliche Eingliederung
3. Rechtsfolgen
3.1. Organschaft im Innenverhältnis
3.2. Organschaft im Außenverhältnis
4. Grenzüberschreitende Sachverhalte
4.1. Auswirkungen für im Inland ansässige Organträger
4.2. Auswirkungen für im Ausland ansässige Organträger
5. Aktuelle Rechtsprechung und Entwicklung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Problemstellung
Das Konstrukt der umsatzsteuerlichen Organschaft ist bis heute für die Praxis von großer Bedeutung. Allerdings ist dieses Rechtsinstrument mit unzähligen Zweifelsfragen versehen. Auch aus diesem Grund befasst sich die Rechtsprechung in regelmäßigen Abständen mit der umsatzsteuerlichen Organschaft im Sinne von (i.S.v.) § 2 Absatz (Abs.) 2 Nummer (Nr.) 2 Umsatzsteuergesetz (UStG). Die Organschaft dient in der Praxis dazu eine Definitivbelastung mit einer Umsatzsteuer zu vermeiden. Diese entsteht zum Beispiel (z.B.), wenn ein Unternehmen, welches steuerfreie Umsätze ausführt, auf Grund des § 15 Abs. 2 Satz (S.) 1 Nr. 1 UStG nicht berechtigt ist Vorsteuerbeträge aus Rechnungen von anderen Unternehmern geltend zu machen.
In der vorliegenden Arbeit sollen daher, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft erläutert werden. Im Grundlagenteil der Arbeit wird zunächst auf die Voraussetzungen der umsatzsteuerlichen Organschaft eingegangen. Dazu werden einleitend die Begriffe des Organträgers und der Organgesellschaft definiert. Darauf folgend werden die finanzielle, die organisatorische sowie die wirtschaftliche Eingliederung erläutert.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird zu den Rechtsfolgen der umsatzsteuerlichen Organschaft Stellung genommen. Dabei steht die Frage im Vordergrund wie sich die umsatzsteuerliche Organschaft im Innenverhältnis, das heißt (d.h.) zwischen den Organgesellschaften und dem Organträger, sowie im Außenverhältnis, d.h. im Verhältnis zu Dritten auswirkt.
Anschließend wird kurz auf die grenzüberschreitenden Rechtsfolgen der umsatz- steuerlichen Organschaft eingegangen. Hier soll der Unterschied zwischen der Ansässigkeit des Organträgers im In- und Ausland analysiert werden.
In einem abschließenden Abschnitt soll der aktuelle Stand der Rechtsprechung reflektiert und die Auswirkung der umsatzsteuerlichen Organschaft im Falle einer Insolvenz skizziert werden.
2. Die umsatzsteuerliche Organschaft
Eine Organschaft gemäß (gern.) § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt vor, wenn Unternehmen - die Organgesellschaft - finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in ein anderes Unternehmen ~ der/den Organträger - eingebunden ist. Zur Anerkennung einer umsatzsteuerlichen Organschaft müssen diese genannten Merkmale kumulativ erfüllt sein. Deren Ausprägungen können jedoch unterschiedlich gewichtet sein.
Weiterhin muss zwischen der körperschaftsteuerlichen, der gewerbesteuerlichen und der umsatzsteuerlichen Organschaft unterschieden werden, da deren Voraussetzungen nicht identisch sind.
Der nachfolgende Abschnitt soll einen Überblick über die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft geben.
2.1. Organträger
Gern. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbstständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist.1 Aus dem Gesetz lässt sich erkennen, dass es bei dem Organträger keiner bestimmten Rechtsform bedarf. Es können folglich sowohl juristische Personen des öffentlichen Rechts als auch Holdinggesellschaften, soweit sie eigene Umsätze tätigen, als Organträger in Frage kommen.2
Im Falle der Holdinggesellschaft als Organträger kommt es darauf an, dass die Holdinggesellschaft unternehmerisch tätig ist. Dies ist allerdings laut Bundesfinanzhof (BFH) Urteil vom 27.09.2001 nur der Fall, wenn die die Holdinggesellschaft Verwaltungsakte gegen Entgelt erbringt. Aus der unternehmerischen Tätigkeit als Organträger lässt sich eine Unternehmertätigkeit jedoch nicht abschließend ableiten. Die Erbringung von Umsätzen gegenüber der Organgesellschaft genügt. Ein Fehlen der Unternehmereigenschaft hat zur Folge, dass die Holdinggesellschaft keine Unternehmerin ist und somit kein Organträger sein kann. Stellt die Holdinggesellschaft der Beteiligungsgesellschaft zwar Personal zur kaufmännischen, administrativen und technischen Leitung zur Verfügung, wird hingegen von einem steuerbaren Leistungsaustausch und somit keiner Organschaft ausgegangen. Im Gegensatz zu einer Führungs- und Funktionsholding, kann eine Finanzholding kein Organträger sein.
Die Position des Organträgers können gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG nur jene Un- temehmen einnehmen, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG erfüllen. Auch natürliche Personen kommen somit als Organträger in Betracht, soweit sie die Unternehmereigenschaften erfüllen. So kann ein Gesellschafter- Geschäftsführer ein Grundstück, welches sich in seinem Privatvermögen befindet, an die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) vermieten, wenn dieses Grundstück für die Gesellschaft eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Die natürliche Person erlangt durch die Vermietung eine Unternehmereigenschaft, da sie durch ihre Tätigkeit selbstständig, nachhaltig und gewerblich tätig ist. Außerdem handelt die natürliche Person in diesem Fall mit der Absicht, Einnahmen zu erzielen.
Nach § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Nach Satz 3 ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen als gewerblich und beruflich anzusehen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen fehlt oder eine Personengesellschaft nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.3 4 Unternehmer ist weiterhin
Jedes selbstständig tätige Wirtschaftsgebilde, das nachhaltig Leistungen gegen Entgelt ausführt oder die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit gegen Entgelt und selbstständig auszuüben“.5
Des Weiteren können Personengesellschaften Organträger sein. Personengesellschaften sind immer dann Organträger, wenn sie Anteile an der Organgesellschaft halten oder über eine Tochtergesellschaft an der Organgesellschaft beteiligt sind.
Die Organschaft entsteht jedoch nicht, soweit die Personengesellschaft lediglich über gemeinsame Gesellschafter mit der Organgesellschaft verbunden ist.6
Im Gegensatz zu dem Organträger, der, wie im Voraus beschrieben, nicht auf eine bestimmt Rechtsform angewiesen ist, bedarf es bei den Organgesellschaften einer juristischen Person. Dieser Sachverhalt wird im Folgenden beschrieben.7
2.2. Organgesellschaft
Gern. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG liegt eine Organschaft vor, „wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist.“8 Die gesetzliche Definition begrenzt somit die Rechtsform von Organgesellschaften auf den Kreis der juristischen Personen des Zivil- und Handelsrechts. Personengesellschaften scheiden per Gesetz als Organgesellschaften aus. In diesem Zusammenhang ist allerding diskussionswürdig, warum es im Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) 2.8 Abs. 2 S. 1 heißt: „Als Organgesellschaft kommen regelmäßig nur juristische Personen des Zivil- und Handelsrechts in Betracht.“, da das Wort regelmäßig nicht eine abschließende Voraussetzung initiiert.
Es stellt sich dabei folglich generell die Frage, warum Kapitalgesellschaften als Organgesellschaften zugelassen werden, Personengesellschaften jedoch als Organgesellschaften per se ausgeschlossen werden. Bezugnehmend auf das Urteil des Finanzgerichts München 3 K 235/10, DStR 13, 1471, Rev BFH V R 25/13 ist die Differenzierung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwischen Kapital- und Personen- gesellschaften als unionsrechtswidrig anzusehen. Der BFH hat diese Entscheidung daher kürzlich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleitet.9
Neben den Voraussetzungen, die an die Rechtsform der Organgesellschaften und an die Unternehmereigenschaft des Organträgers gestellt werden, fordert der § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG eine finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaften in den Organträger.10 Die Faktoren der Eingliederung können dabei unterschiedlich stark ausgeprägt sein, müssen allerdings im Kollektiv vorliegen.11 Diese Kriterien gilt es nun im Folgenden zu erläutern.
2.3. Finanzielle Eingliederung
Die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaften in den Organträger setzt voraus, dass der Organträger seinen Willen in den Organgesellschaften durchsetzen kann. Entsprechen die Stimmrechtsverhältnisse in diesen Fällen den Beteiligungsverhältnissen, so ist bei einer Beteiligung von 50 % und mehr grundsätzlich von einer finanziellen Eingliederung der Organgesellschaften in den Organträger auszugehen.12
Dabei ist es unbedeutend ob die Beteiligung als mittelbare oder als unmittelbare Beteiligung an der Organgesellschaft besteht. Die finanzielle Eingliederung kann folglich auch bestehen, wenn ein Unternehmen mittelbar über eine oder mehrere andere unternehmerisch oder nichtunternehmerisch tätige Gesellschaften zu mehr als 50 % an der Organgesellschaft beteiligt ist. Entscheidend ist dabei, dass die mittelbare Beteiligung streng nach dem Über- beziehungsweise (bzw.) Unterordnungsprinzip besteht. Schwestergesellschaften kommen daher auf Grund der Anforderungen durch das Über- und Unterordnungsverhältnis nicht zur Begründung einer finanziellen Eingliederung in Betracht.13 So ist die Beteiligung ein oder mehrerer Gesellschafter, auch mit der Mehrheit an Stimmrechten, für die finanzielle Eingliederung unzureichend, wenn die Kapital- oder Personengesellschaft nicht selbst an der Organgesellschaft beteiligt ist.14 In diesem Fall liegt keine finanzielle Eingliederung vor, da keine Eingliederung einer Gesellschaft in eine andere stattfindet. Vielmehr liegen Schwestergesellschaften vor. Ein Beherr- schungs- oder Gewinnabführungsvertrag kann das Fehlen einer Beteiligung an der Gesellschaft nicht ersetzen.15
Bei der umsatzsteuerlichen Organschaft sind die Voraussetzungen zum Vorliegen einer finanziellen Eingliederung vergleichsweise weniger streng als bei der kör- p erschaftsteuerl i chen Organschaft.
Neben der finanziellen Eingliederung sind die organisatorische und die wirtschaftliche Eingliederung für das Zustandekommen einer Organschaft von großer Bedeutung. Im folgenden Abschnitt wird daher die organisatorische Eingliederung näher erläutert.
2.4. Organisatorische Eingliederung
Die organisatorische Eingliederung ergänzt die Regelungen der finanziellen Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers und steht mit dieser somit in einem engen Zusammenhang, Während die finanzielle Eingliederung, wie bereits beschrieben, die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft erfordert, bedingt die organisatorische Eingliederung die Beherrschung der Organgesellschaften durch die Ausübung der Geschäftsführung. Entscheidend für die organisatorische Eingliederung ist dabei, dass die Ausübung der Geschäftsführung nicht nur in der Theorie möglich wäre, sondern tatsächlich wahrgenommen wird. Maßgebend ist in diesem Zusammenhang das Innenverhältnis zwischen Organträger und Organgesellschaften,16 Eine organisatorische Eingliederung liegt somit vor, wenn die Muttergesellschaft die Tochtergesellschaft in ihrer laufenden Geschäftsführung beherrscht.17 Diese Beherrschung ist nur durch das Halten von Stimmrechtsmehrheiten möglich. Somit ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen finanzieller und organisatorischer Eingliederung zu sehen. Die Organgesellschaft hat sich dem Willen des Organträgers unterzuordnen. Die Unterordnung basiert in diesem Zusammenhang auf der Geschäftsführung durch den Organträger,18
[...]
1 Vgl. §2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
2 Vgl. Korn, in: Bunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz. 110, S. 142.
3 Vgl. Korn, in: Nunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz, 110, S. 142.
4 Vgl. § 2 Abs. 1 UStG.
5 UStAE 2.1 Abs. 1 S.2.
6 BFH vom 22.04.2010, BStB II 2011, S. 597; Änderungen der Rspr.; zu einer Übertragungsregelung für Umsätze vor dem 01.01.2012 s. BMF vom 05.07.2011, BStB 12011, S. 703.
7 Vgl. §2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
8 § 2 Abs, 2 Nr. 2 UStG.
9 Vgl. Korn, in: Bunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz. 112, S., 143.
10 Vgl. §2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.
11 Vgl. Korn, in: Bunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz. 114, S. 143.
12 Vgl, UStAE 2,8 Abs. 5 S. 2; Koni, in: Bunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz. 117, S. 144.
13 Vgl. UStAE 2.8 Abs, 5 S. 4 ff.; Korn, in: Bunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz. 118, 119, S. 144 f.
14 Vgl. UStAE 2.8 Abs. 5 S. 6.
15 Vgl. UStAE 2.8 Abs. 5 S. 7 ff.
16 Vgl. UStAE 2.8 Abs. 7 S. 1 ff; Korn, in: Bunjes, UStG, 2014, § 2 UStG, Rz. 131, S. 147 f.
17 Vgl, UStAE 2,8 Abs. 7 S. 1.
18 Vgl. UStAE 2.8 Abs. 7 S. 2.
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