Afghanistan galt und gilt bis heute als ein "Hexenkessel", welcher schon einige Großmächte vor einer harten Herausforderung stellte. So scheiterte auch das Engagement der Sowjetunion in diesem Land. In diesem Zusammenhang befasst sich die Masterarbeit mit der Thematik der politischen Entscheidungsfindung der sowjetischen Führung in Bezug auf die Intervention in Afghanistan. Dazu sollen folgende Fragen zu jenem Thema beantwortet werden:
Was bewog die sowjetische Führung zur einer Intervention? Was waren die maßgebenden Punkte der Entscheidung, gab es Alternativen zur Intervention? Wer war am Prozess der Entscheidungsfindung involviert? Wie war die Einstellung der Experten zu diesem Entschluss?
Hierbei soll auch geklärt werden, ob sich bei der Entscheidungsfindung zur Intervention das Politbüro im engeren Kreis um den Parteisekretär eine Informationsblase aufgebaut hat, welche ihr Urteil zur Entscheidung maßgeblich beeinträchtigt hatte. Weiter soll die Beziehung der sowjetischen Führung zum afghanischen Staat unter Daoud und später unter dem Taraki- beziehungsweise Amin-Regime näher betrachtet werden, da sich hier zahlreiche Anhaltspunkte zur späteren Entscheidungsfindung der Intervention finden. Hier zu stellen sich die Fragen:
Wie war das entwicklungspolitische Engagement der Sowjetunion in Afghanistan? Was war der politische Hintergrund jenes Engagements? Wie war die Beziehung Moskaus zur DVPA vor ihrer Machtergreifung?
Inhalt
Einleitung
2. Die sowjetischen Interessen in Afghanistan
2.1 Grundzüge der sowjetischen Außenpolitik
2.2 Beziehung zur Afghanistan bis zum Vorabend der Intervention
2.3 Die innere Entwicklung bis zum Aprilputsch (von Chruschtschow bis Breschnew)
3. Der Aprilputsch aus der Sicht der sowjetischen Führung
3.1 Der Putsch der Kommunisten
3.2 Die sowjetische Sicht auf dem Aprilputsch 1978
3.3 Die Reformbewegung der DVPA und die Unterstützung der Sowjetunion
4. Die sowjetische Intervention in Afghanistan
4.1 Die Haltung der sowjetischen Führung in der innerafghanischen Krise
4.2 Aufstände in Afghanistan und die Machtübernahme Amins
4.3 Die sowjetische Analyse der Situation
4.4 Die Entscheidungsfindung
4.5 Die Intervention beginnt
Fazit
Literatur
Primärquellen:
Sekundärquellen:
Einleitung
Afghanistan galt und gilt bis heute als ein "Hexenkessel", welcher schon einige Großmächte vor einer harten Herausforderung stellte. So scheiterte das einstige Weltreich Großbritannien allein im 19. Jahrhundert dreimal.
In diesem Zusammenhang galten die ersten beiden Kriege als Versuch, das Einflussgebiet des russischen Zarenreiches zu minimieren und sich langfristig in der afghanischen Region zu etablieren. Jedoch endeten beide Feldzüge der britischen Krone von 1838 und 1878 in eine demütigende Niederlage für das damalige britische Weltreich. So mussten sich die Briten 1838 aus Afghanistan unter schweren Verlusten zurückziehen und 1878 konnten sie nur einen verlustreichen Teilerfolg erzielen, indem Afghanistan zu einem halbautonomen Protektorat der britischen Krone wurde, ohne das Recht eine eigene Außenpolitik betreiben zu dürfen. Jedoch währte der Teilerfolg nicht allzu lange, da mit dem 3. anglo-afghanischen Krieg Afghanistan unter großen Gebietsabtretungen seine Unabhängigkeit erreichte, welche im Vertrag von Rawalpindi festgehalten wurde.
Für Großbritannien war es im Grunde ein machtpolitisches und militärisches Drama in drei Akten. Die britische Niederlage begründete sich schon allein durch die Tatsache, dass die einheimische Bevölkerung die Einmischung fremder Mächte in ihrem Land nicht dulden würde, sie, obwohl meist untereinander zerstritten, eine Einheit anstrebten und die fremden Besatzer aus dem Land mit Guerillastrategien zu vertreiben suchten. Des Weiteren ist die geographische Lage in Afghanistan für nahezu jede Besatzungsmacht ein Todesurteil, da man die meist schwerzugänglichen Gebiete mit schweren Kriegsgerät nicht erreichen konnte, während die einheimische Bevölkerung sich in jenen Gebieten sehr gut auskannte und ihren einheimischen Vorteil sehr gut ausspielen konnte.
Mit dem Rückzug Großbritanniens aus jener Region kam nun die noch junge sowjetische Macht aus Russland zum Zuge. 1919 entsandte die Russische sozialistische Föderative Sowjetrepublik die erste Mission nach Kabul. Schon am 27. März 1919, bevor der Vertrag von Rawalpindi unterzeichnet wurde, annullierte die Lenin-Administration sämtliche Verträge, welche zwischen dem alten Zarenreich und Afghanistan unterzeichnet worden waren. Im Gegenzug versprach Lenin König Amanullah sowjetische Hilfe im Falle eines Angriffs auf Afghanistan. In diesem Zusammenhang befasste sich die sowjetische Außenpolitik in den folgenden Jahren mit dem Aufbau von Wirtschaftsund Kulturbeziehungen, welchen zum Beispiel in den Militär- und Wirtschaftsabkommen 1921 und den Nichtangriffspakt von 1931 mündeten.
Jedoch kam es während des Aufbaus der Beziehung auch zu aggressiveren Einflussnahmen der sowjetischen Führung in die innerafghanischen Angelegenheiten, welche besonders im afghanischen Bürgerkrieg von 1929 sichtbar wurden. So erfuhr die wechselseitige Beziehung zwischen den beiden Staaten schon früh Spannungen, welche allzu oft am Rande eines offenen militärischen Konfliktes waren. Dies führte auch dazu, dass die afghanische Führung sich politisch zunächst an die Vereinigten Staaten orientierte.
Erst in der Mitte der 1950er Jahre näherte sich Afghanistan wieder der Sowjetunion an. Dies lag vor allem daran, dass die USA das Nachbarland Pakistan militärisch aufrüstete. So wurde auf einer Stammesversammlung, die Loya Dschirga, verkündet, dass die afghanische Regierung die Hilfe der Sowjetunion für die Modernisierung des Landes in Anspruch nehmen würde. Mit diesem Beschluss kam es zu einem weitreichenden Einfluss der Sowjetunion auf verschiedene Bereiche der innerafghanischen Angelegenheiten. So half die Moskauer Führung bei dem Aufbau der afghanischen Wirtschaft und Infrastruktur und unterstützte Kabul bei der Modernisierung des Militärs und der Aufstellung moderner Streitkräfte. Nicht nur finanziell, sondern auch in der Realisierung bedeutender Projekte half die Sowjetunion, so zum Beispiel bei der Fertigstellung des Salang-Passes.
Das wirtschaftliche und militärische Engagement der Sowjetunion ging so weit, dass im verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens und in den verschiedenen Bereichen des bürokratischen sowie militärischen Apparats Afghanistans sowjetische Berater positioniert wurden. Die sowjetische Unterstützung ging so weit, dass auch militärische Führungskräfte sowie Fachkräfte in der Sowjetunion ausgebildet wurden, welche wichtige Stellen in der staatlichen Verwaltung oder im Militär bekamen, was für die spätere Saur-Revolution, auch April-Putsch genannt, von wichtiger Bedeutung war. Darüber hinaus führte die Beteiligung seitens Moskau zum Vertrag der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten, welcher am 14. April 1977 unterzeichnet wurde, mit einer Laufzeit von zwölf Jahren.
Hier zeigt sich, dass die Sowjetunion auf eine langfristige Außen- beziehungsweise Entwicklungspolitik in Afghanistan gesetzt hat, um so das Land in seine Einflusssphäre einzubinden. Im Großen und Ganzen änderte sich die Politik Moskaus gegenüber Afghanistan nicht sehr beträchtlich, obwohl es seit der Annäherung zwei große politische Umbrüche gab. im Gegenteil wurde sie immer stärker. So änderte sich die Einstellung nicht, als Mohammed Daoud Kahn am 17 Juli 1973 ohne größeres Blutvergießen den amtierenden König Mohammed Sahir Schah stürzte, welche zu diesem Zeitpunkt im Ausland weilte.
Erst mit der Machtergreifung der DVPA in der Saur-Revolution schien oberflächlich der sowjetische Einfluss stärker zu werden. Jedoch hatte die Machtergreifung der kommunistisch orientierten Partei schwerwiegende Folgen für den Staat, da die Partei innerlich zwischen den Khalq (Volk) und Parcham (Banner) gespalten war. In diesem Zusammenhang konnte diese Partei keine einheitliche Ausrichtung ihrer Politik gewährleisten, zudem war die DVPA von Machtkämpfen und Intrigen im Inneren geprägt. Diese gipfelten kurz nach ihrer Machtergreifung in eine Säuberung der Partei von den Parcham-Anhängern.
So wurden binnen sechs Wochen Verhaftungen in der Armee und der Polizei durchgeführt und namhafte Anhänger der Parcham wurden mundtot gemacht, indem sie von der Regierung entfernt oder als Botschafter in die ganze Welt entsandt wurden, wie es beispielsweise bei Babrak Karmal der Fall war, welcher nach Prag entsandt wurde. Im Gegensatz dazu wurden alle wichtige Positionen der neugebildeten Regierung von Khalq-Anhängern besetzt, welche von dem neuen Präsidenten Nur Muhammad Taraki und seinen Mitstreiter Hafizullah Amin geführt wurden.
Unter jener Führung wurde Afghanistan nach stalinistischen Muster terrorisiert. Es kam zu Massenverhaftungen in allem Bereichen der Politik, Gesellschaft und dem Militär. So wurden zum Beispiel Mullahs und andere Geistliche, Stammesführer oder Studenten, die einer regierungsfeindlichen Einstellung verdächtigt wurden, lebendig vergraben. Jene Säuberungsmaßnahmen in der Partei und in der Bevölkerung trugen schon früh bürgerkriegsähnliche Züge und hier zeigte sich zunächst, dass die UdSSR sich gegenüber diesem Staatsstreich eher zurückhaltend verhielt.
Des Weiteren führte die neue afghanisch-kommunistische Führung Reformen nach sowjetischen Vorbild durch, welche Ende 1978 begannen. Jedoch war der Widerstand gegenüber jene Neuerungen eminent, was daran lag, dass die afghanische Gesellschaft außerhalb Kabuls durch traditionell organisierte Stammesgesellschaften geprägt war. Wie schwer es war, sah man besonders an der mühevoll durchgeführten Landreform, an der die Khalq im eigenen Land scheiterten. Des Weiteren missachtete man beim Versuch, die Bevölkerung durch Bildung und Ideologie zu modernisieren, die traditionellen Gepflogenheiten der verschiedenen Stammesgesellschaften in Afghanistan. Trotz der Warnung aus Moskau, es behutsamer mit den Reformen anzugehen, führte die Führung um Taraki und Amin die Reformen konsequent und in stalinistische Manier fort.
Neben den Reformbemühungen führten auch Korruption und Missbrauch der Machtpositionen und nicht zuletzt die Säkularisierung des Landes dazu, dass sich im Land Widerstand regte, welcher im Aufstand von Herat am 15. März offen entbrannte, dem vermutlich auch bis zu 200 Sowjetbürger, die als Berater fungierten, zum Opfer fielen. Es war der Anfang vom Ende der DVPA in Afghanistan. Nach Herat brachen in weiteren Regionen und Städten Aufstände aus, welche die kommunistische Führung in arge Bedrängnis brachten.
Aus Moskauer Sicht war an der Misere in Afghanistan Amin, der Stellvertreter Tarakis, der Hauptschuldige, ohne den sich die Regierung wieder stabilisieren könnte. Jedoch kam Amin allen Widersachern zuvor, schaltete seinen einstigen Weggefährten aus und übernahm selber die Macht im Land. Nicht nur, dass Amin die Macht übernahm, auch die Schuldzuweisungen der afghanischen Bevölkerung gegenüber der UdSSR, sorgten in Moskau für große Beunruhigung. Schließlich sah sie auch ihr internationales Ansehen gefährdet.
Den letzten Anlass für die sowjetische Intervention gab Amin selber, als er versuchte mit den USA in Verhandlung zu treten. Nach der Verschärfung der Lage und mehreren misslungenen Attentaten auf Amin entschied sich die sowjetische Führung, trotz aller Bedenken von Experten und Militärs, zu intervenieren, um so den unliebsamen Stadthalter zu beseitigen und einen für Moskau genehmen Vertreter zu küren, welchen sie vorerst in Babrak Karmal sahen.
Fragestellung:
In diesem Zusammenhang befasst sich die Masterarbeit mit der Thematik der politischen Entscheidungsfindung der sowjetischen Führung in Bezug auf die Intervention in Afghanistan. Dazu sollen folgende Fragen zu jenem Thema beantwortet werden:
- Was bewog die sowjetische Führung zur einer Intervention?
- Was waren die maßgebenden Punkte der Entscheidung, gab es Alternativen zur Intervention?
- Wer war am Prozess der Entscheidungsfindung involviert?
- Wie war die Einstellung der Experten zu diesem Entschluss?
Hierbei soll auch geklärt werden, ob sich bei der Entscheidungsfindung zur Intervention das Politbüro im engeren Kreis um den Parteisekretär eine Informationsblase aufgebaut hat, welche ihr Urteil zur Entscheidung maßgeblich beeinträchtigt hatte.
Weiter soll die Beziehung der sowjetischen Führung zum afghanischen Staat unter Daoud und später unter dem Taraki- beziehungsweise Amin-Regime näher betrachtet werden, da sich hier zahlreiche Anhaltspunkte zur späteren Entscheidungsfindung der Intervention finden. Hier zu stellen sich die Fragen:
- Wie war das entwicklungspolitische Engagement der Sowjetunion in Afghanistan?
- Was war der politische Hintergrund jenes Engagements?
- Wie war die Beziehung Moskaus zur DVPA vor ihrer Machtergreifung?
Forschungsstand; Quellen- und Literaturlage:
Aufgrund der damaligen Brisanz und der historischen Bedeutung der sowjetischen Intervention in Afghanistan begann man schon sehr früh in der Publizistik und in den Wissenschaften die Hintergründe und die Reaktionen zum sowjetischen Einmarsch zu analysieren beziehungsweise darzustellen. Jedoch war eine Vielzahl von den frühen Analysen in der Literatur zu diesem Thema von einer falschen oder überspitzten Annahmen ausgegangen, wie zum Beispiel Robert Dirnecker in „Sowjetischer Weltpolitik“, was sich jedoch mit der Zeit änderte. Dies lag daran, dass sich die politischen Verhältnisse in Moskau seit dem Zeitpunkt der Intervention änderten, was dazu führte, dass sich einige sowjetischen Archive nach einer relativ langen Zeit für die Weltöffentlichkeit öffneten. In diesem Zusammenhang haben auch namhafte Institute, wie das US-amerikanische Wilson-Center, welches mit einem Beitrag des ehemaligen KGB-Agenten Vasiliy Mitrokhin "The KGB in Afghanistan" einen Einblick des sowjetischen Geheimdienstes in Afghanistan darstellt, zur allgemeinen Forschung im Bereich der sowjetischen Intervention beigetragen. Aber auch deutsche Einrichtungen wie die Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) befassen sich mit der Geschichte Afghanistans und der Intervention der UdSSR.
In diesem Zusammenhang entstanden auch im deutschsprachigen Raum sehr hilfreiche Publikationen wie das Buch „Sowjetische Geheimdokumente zum Afghanistankrieg (1978-1991)“ und „Zwischen Bürokratie und Ideologie - Entscheidungsprozesse in Moskaus Afghanistankonflikt“, beide von (unter anderem) Pierre Allan verfass.
Sowohl in der Wissenschaft als auch in den zeitgenössischen Medien fand die Intervention breite Resonanz. So finden sich zahlreiche Quellen aus jener Zeit aber auch viele aktuelle, welche sich mit der Thematik des sowjetisch-afghanischen Kriegs befassen. Hier sind besonders die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sendekanäle zu nennen beziehungsweise die Online-Archive gängiger Zeitschriften und Zeitungen, wie zum Beispiel die des Spiegels, des Focus sowie der Zeitung "Die Zeit".
Methodisches Vorgehen Um einen genaueren Überblick über die Hintergründe der sowjetischen Intervention zu bekommen, befasst sich diese Arbeit am Anfang mit den sowjetischen Interessen in Afghanistan. Dabei ist es wichtig, die Grundzüge der sowjetischen Außenpolitik unter Breschnew zu verstehen sowie die bilateralen Beziehungen zwischen Afghanistan und der Sowjetunion im engeren Sinn.
Im weiteren Verlauf sollen die Stationen und die Entscheidungsfindung zur Intervention genauer beleuchtet werden. Hierzu sollte besonders die Haltung der sowjetischen Führung zur innerafghanischen Krise genauer beleuchtet werden sowie die Unruhen in Afghanistan und der eigentliche Einmarsch der sowjetischen Truppen.
2. Die sowjetischen Interessen in Afghanistan
Wie in der Einleitung schon erwähnt beruht das diplomatische Verhältnis zwischen der Sowjetunion und Afghanistan schon seit der Gründung Sowjetrusslands und der Gründung des Königreichs Afghanistan. Jedoch war die Beziehung über die Zeit zwischen den beiden neugegründeten Nationen wie die bergige Landschaft in Afghanistan, eine Berg- und Talfahrt. So teilt Dieter Braun und Karlernst Ziem in „Afghanistan: Sowjetische Machtpolitik - Islamische Selbstbestimmung“ die bilateralen Beziehungen in folgenden Phasen ein:
„- eine aktive Phase paralleler Interessen, bilateraler Vertragspolitik, aber auch bilateraler Spannung (1919 bis Anfang der 30er Jahre);
- eine passive Phase weitgehend distanzierter Nachbarschaft (ca. 1933-1953);
- eine Phase der Äquidistanz zu Ost und West mit wachsendem sowjetischem Einfluß (1953-1977);
- enge Anlehnung an die Sowjetunion nach der <<Revolution>> vom April 1978 bis zur militärischen Intervention Moskaus (Dezember 1979)“1
Wie schon die Darstellung der politischen Phasen zeigt, wuchs der Einfluss Moskaus erst in der dritten dargestellten Phase in Afghanistan, was vor allem an dem neuen Führungsstil der Chruschtschows- Administration lag, welche versuchte, aufgrund der ideologischen Grundlage der sowjetischen Außenpolitik ihre Fühler vor allem in der Dritten Welt, auszustrecken. Dies sah man besonders am Beispiel der Politik gegenüber Afghanistan:
„Unter Stalin zeigte die Sowjetunion weitgehendes Desinteresse gegenüber asiatische Belangen außerhalb der eigenen Grenzen. Der Neubeginn wurde durch Chruschtschow eingeleitet und traf in Afghanistan auf Kooperationsbereitschaft. In den 60er und 70er Jahren nahm die sowjetische Hilfe, einschließlich der militärischen, stetig zu, während auf westlicher Seite die Bereitschaft zu ähnlichen Leistungen abnahm.“2
Nicht nur unter Chruschtschow, sondern auch unter seinem Nachfolger nahm das Interesse an Afghanistan nicht ab, jedoch stellt sich hier die Frage, wieso sich die Sowjetunion in Afghanistan engagierte, obwohl das Land am Hindukusch industriell eher rückständig war und die Tagespolitik in Kabul von der Clan-basierenden Gesellschaft geprägt war. Hierzu ist es wichtig, die Grundzüge der sowjetischen Außenpolitik, vor allem unter Breschnew, zu analysieren. Dabei ist es auch wichtig, nicht nur den ideologischen, sondern auch den wirtschaftlichen Kontext der sowjetischen Außenpolitik zu betrachten, da es insbesondere in Afghanistan um weitaus mehr ging, als um gutnachbarlichen Beziehungen.
2.1 Grundzüge der sowjetischen Außenpolitik
Wie bei seinem politischen Vorgänger, war auch die Außenpolitik Breschnews von der marxistischleninistische Ideologie geprägt, welche jedoch im Gegensatz zur Chruschtschow-Administration pragmatischer ausgelegt wurde. Dies sah man auch an der sowjetischen Entwicklungspolitik.
Neben dem ideologischen Aspekt spielten auch einige realpolitische Aspekte in der Breschnew- Administration eine Rolle, was zur einer Wechselwirkung zwischen der kommunistischen Ideologie und der realpolitischen Agenda führte. Dies zeigte sich besonders in der Entspannungspolitik zwischen dem Ost- und dem Westblock und vor allem in den bilateralen Beziehungen zwischen den USA und der UdSSR. Des Weiteren galt es auch, den Einflussraum des sowjetischen Imperiums zu sichern beziehungsweise den Einfluss der Sowjetunion, als eine der beiden Supermächte zu erweitern, was man besonders an den ökonomischen Vereinbarungen mit nicht-kommunistischen Ländern sah, wie zum Beispiel Afghanistan.
Der ideologische Aspekt Es lässt sich sagen, dass die marxistisch-leninistische Grundidee, von Lenin aus beginnend bis zu Breschnew, die sowjetischen Außenpolitik wie ein roter Faden begleitet hat. Jedoch hat sich dieser Grundsatz im Laufe der Zeit und unter den verschiedenen Oberhäuptern der Sowjetunion geändert, so schreibt Robert Dirnecker in "Sowjetische Weltpolitik unter Breschnew" mit einer leicht subjektiven Analyse zu diesem Thema: „60 Jahre Sowjetunion und sowjetischer Außenpolitik haben bewiesen, daß sich an dem universalen Endziel nichts geändert hat, das Lenin der bolschewistischen Partei von Anfang an gesteckt hatte: nämlich eine weltweite kommunistische Gesellschaftsordnung durch die Weltrevolution herbeizuführen, die von Sowjetrußland als dem <<Vaterland des internationalen Proletariats>> ideologisch gelenkt und machtpolitisch gestützt wird. Was so im Programm der Kommunistischen Internationale von 1919 offen erklärt und mit der Stalin'schen Formel von der <<Verschmelzung der Werktätigen der ganzen Welt in einer einzigen sozialistischen sowjetischen Weltrepublik>> bekräftigt worden war, ist von den Nachfolgern Chruschtschow und Breschnew fortgeführt und nie zurückgenommen worden.“3
Auch wenn die Aussage vom Autor überspitz dargestellt wurde, beinhaltet diese Passage eine gewisse Grundaussage, die sich in Bezug auf jene Ideologie am Beispiel Afghanistan bewahrheitet und zwar, dass Moskau sich als Garant und Exporteur der kommunistischen Grundidee ansieht. Dies kann durch die sowjetische Verfassung vom 7. Oktober 1977 bekräftigt werden. So steht im Artikel 28 folgendes:
„Die UdSSR verfolgt konsequent die Leninsche Friedenspolitik und tritt für die Festigung der Sicherheit der Völker und für eine breite internationale Zusammenarbeit ein.
Die Außenpolitik der UdSSR ist darauf gerichtet, günstige internationale Bedingungen für den Aufbau des Kommunismus in der UdSSR zu sichern, die staatlichen Interessen der Sowjetunion zu schützen, die Positionen des Weltsozialismus zu stärken, den Kampf der Völker um nationale Befreiung und sozialen Fortschritt zu unterstützen, Aggressionskriege zu verhindern, die allgemeine und vollständige Abrüstung durchzusetzen und das Prinzip der friedlichen Koexistenz von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung konsequent zu verwirklichen.“4
Artikel 30 zeigt auch, dass man mit Bezug auf die Ideologie eine sozialistische Wirtschaftsgemeinschaft und Gesellschaft aufbauen will, welche schon im Form des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe existiert. Es impliziert aber auch, dass man nach der sowjetischen Verfassung gewillt ist, andere Staaten zu unterstützen und das vornehmlich mit Staaten, die einen sozialistischen oder "revolutionären" Hintergrund haben, wie es zum Beispiel mit Kuba oder Vietnam der Fall war.5
Jedoch hatte diese politische Ausrichtung, als Exporteur der kommunistischen Grundsatzidee zu fungieren, auch seine Nachteile mit sich gezogen, welche sich besonderes in der Ära Chruschtschow an der sowjetischen Außenpolitik zeigten. So liest man bei Dirnecker, dass Chruschtschow „sich von der Zielorientierung eines wachsenden «sozialistischen Lagers» und im Überlegenheitsrausch aufgrund der <<Sputnik>>-Erfolge zur Berlinkrise (1958-61) und zum Kuba-Abenteuer (1962) hinreißen“6 ließ. In diesem Zusammenhang entstand die Annahme unter seinen Nachfolgern, dass sich die außenpolitische Linie der Sowjetunion ändern sollte, was sich in der militärischen Ausrichtung zeigte:
„For Khrushchev's successors, the key lesson of the Berlin and Cuba crises was that the USSR must not allow itself to be drawn into a direct confrontation with the United States in which it would have to operate from a position of strategic inferiority. They therefore undertook a major military build-up, aiming for more than the minimum deterrence sought by Khrushchev. [.] The changed military balance established the basis for the two most important developments of the 1970s: superpower détente and the extension of Soviet influence in the developing world.”7
Obwohl es widersprüchlich scheint, schaffte die sowjetische Aufrüstung die Grundvoraussetzung der sowjetisch propagierten friedliche Koexistenz, welche eine Weiterentwicklung des leninistischen Grundprinzips der sowjetischen Außenpolitik war. Obwohl dieser Begriff noch von Chruschtschow als ein „rein[es] Lippenbekenntnis“8 entstand, wurde es jedoch erst unter Breschnew mit Inhalt in Form der Entspannungspolitik zwischen Osten und Westen gefüllt. Inhaltlich ging es in der Prämisse der friedlichen Koexistenz darum, den Konkurrenzkampf zwischen dem kommunistischen und dem kapitalistischen System fernab einer militärischen Auseinandersetzung zu führen. Vielmehr sollte man den Konflikt mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mitteln lösen, was auch in dem Wunsch nach einer Entlastung des sowjetischen Militäretats entsprach. In diesem Zusammenhang erläutert Dirnecker folgendes:
„Die sogenannte <<friedliche Koexistenz>> zwischen Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung bedeutet in der sowjetischen außenpolitischen Doktrin daher lediglich zeitweilige Beschränkung der Kampfmittel in der weltgeschichtlichen Auseinandersetzung, aber nicht Stillstand des Kampfes; sie soll für den fortdauernden und sich noch verschärfenden «ideologischen Kampf>>, d.h. den «internationalen Klassenkampf» noch bessere Bedingungen schaffen.“9
Des Weiteren wird die Prämisse der friedlichen Koexistenz in der 1977er Verfassung im Artikel 29 festgehalten, welche die grundlegende Ausrichtung der Zusammenarbeit mit anderen Staaten, insbesondere außerhalb des sowjetischen Einflussbereiches, regelt.10
Mit der Haltung als Garant und Exporteur der kommunistischen Ideologie und der Prämisse der friedlichen Koexistenz wurde aus sowjetischer Sicht die politische Grundlage für die Entspannungspolitik zwischen dem Ost- und dem Westblock geschaffen. Im engeren Zusammenhang ging Moskau von der Annahme aus, dass sich die Entspannungspolitik zwischen den Blöcken, mit der Erweiterung, im Sine von Entwicklungshilfe und Unterstützung zahlreicher Regime in der dritten Welt, der sowjetischen Einflusssphäre vereinbaren lies. Hier lag der Unterschied in der Interpretation der Entspannungspolitik zwischen den UdSSR und dem Westen.11
Die Entspannungspolitik Breschnews Aus den Lehren welche aus der Berlin-Krise (1958-1961) und der Kuba-Krise (1962) gezogen wurden und der neuen Ausrichtung der sowjetischen Außenpolitik, von der passiv-aggressiven Rolle als Exporteur des Kommunismus zum gemäßigten Gegenspieler der kapitalistischen Welt im Sinne der friedlichen Koexistenz, entstand von Moskauer Seite die Grundlage der Entspannungspolitik welche fast ein ganzes Jahrzehnt anhielt.
Des Weiteren ging es darum mit den USA militärstrategisch auf die gleiche Ebene zu gelangen, was durch eine massive Aufrüstung in den unterschiedlichen Waffengattungen angestrebt wurde. Damit wollte man durch verschiedene Maßnahmen eine solide Grundbasis schaffen, um mit den westlichen Staaten zu verhandeln. Auch wenn zum Beispiel die Intervention des Prager Frühlings (1968) eine widersprüchliche Reaktion auf den Entspannungsprozess war, zeigte es auch umso mehr, worum es der sowjetischen Führung im Großen und Ganzen in jenem Prozess ging, um die Sicherung der sowjetischen Einflusssphäre, was besonders in späteren Verhandlungen wie zum Beispiel mit der Bundesrepublik Deutschlands bestätigt und mit den KSZE-Verhandlungen bewiesen wurde.12
In diesem Zusammenhang bringt es Erik P. Hoffmann in seinen Beitrag für „Soviet Foreign Policy“ auf den Punkt, um was es der Breschnew-Administration in der Entspannungspolitik ging:
„Crucial to Brezhnev's concept of détente were improved relations with the United States and Western Europe. In the middle and late 1960s, the intensification of United States military activities in Vietnam, a client state of mounting importance because of its traditional enmity toward China, precluded any Soviet and American attitudes evolved, arms-control agreements, greatly expanded trade, and scientific-technological, cultural, and even citizen exchanges became possible and mutually beneficial. The Soviet military buildup was in part intended to spur strategic-arms limitation, primarily to further the USSR's interests but also those of a weakened United States, now a ready Partner for détente. Nuclear parity and the antiballistic missile treaty (SALT I) were viewed as great accomplishments in Moscow and stil are.”13
Auch William Thompson erklärt in „The Soviet Union under Brezhnev“, um was es dem Kreml in Bezug auf die Entspannung mit dem Westen ging:
„The period from 1970 to 1975 marked the high point of superpower détente. This was arguably the most successful period for Soviet diplomacy since the end of the Second World War. [...] Moscow's aim was nothing less than the final settlement of the second World War in Europe, on terms that would secure the post-war position of the Soviet Union in perpetuity. [.]”14
Nicht nur, dass man sich Vorteile bei der Annäherung an den West-Block erhoffte, es ging aus Moskauer Sicht auch vielmehr darum, einen potentiellen Konfliktherd auszuschalten beziehungsweise seine Ressourcen an einer der wichtigsten Schnittstellen der beiden Blöcke zu schonen, so dass man sich auf anderen Interessenfelder der internationalen Politik konzentrieren konnte.15 Sah man im Westen in der Entspannungsphase eine globale Bewegung beider Blöcke für den Abbau des Konfliktpotentials und eine friedliche Annäherung, sah man in der Sowjetunion die Entspannungsphase als ein regionale beziehungsweise teilglobale Politik, welche sich von der restlichen sowjetischen Außenpolitik strikt trennte. Dies sah man besonders an den diplomatischen Beziehungen zu den Staaten der Dritten Welt sowie in der sowjetischen Entwicklungspolitik, zum Beispiel die jahrelange Unterstützung Afghanistans, wobei hier auch die geographische Nähe zur Sowjetunion und ihren politischen Anteil im sowjetischem Kalkül des Kalten Krieges eine Rolle spielte.16
Die sowjetische Beteiligung in der Dritten Welt zeiht ferner, auf welche Art die Breschnew- Administration dort auftrat So erfährt man von Tompson:
„India remained, as it had been under Khrushchev, one of the USSR's closest friends in the developing world. Though democratic and nonaligned, India was in many respects closer to the Soviet Union than some of the Kremlin's more revolutionary clients [...] Latin America remained largely a 'no-go' area for the USSR [...]. Soviet activities in Africa were promote an 'African strategy' for the USSR, seeing it as an arena offering opportunities to score relatively inexpensive victories in the global contest with the United States. [...] Nevertheless, until the middle of the decade, direct Soviet involvement in the continent's affairs south of the Sahara was limited.”17
Tompson erläutert weiter:
„There were several reasons for this early caution on the part of the Kremlin. First, the Soviets found most of the liberation movements to be difficult allies: with the exception of the African National Congress, they tended to be disorganized and internally divided. Secondly, ideological concerns were especially sensitive in this area, in large part because the competition with the PRC for influence in post-colonial Africa made Moscow sensitive to any signs that its local allies were leaning towards Beijing. [...] From roughly 1975, however, Moscow increasingly shed its inhibitions about involvement in Africa south of the Sahara, a shift that was to contribute to the souring of East-West relations that characterized the late 1970s."18
Inwiefern sich das Engagement gegenüber den Staaten der Dritten Welt geändert hat, sieht man besonders am sowjetischen Bestreben, gleichsam dem US-amerikanischen Militär, militärisch in allen Weltmeeren präsent zu sein.19 Um dies zu erreichen, versuchten man, zum Beispiel im Mittelmeerraum und im indischen Ozean, militärische Stützpunkte zu errichten oder mindestens exklusive Anlegerechte für die sowjetische Marine sowie der Handelsmarine in verschiedenen Häfen zu erlangen. Hierbei nutzte man auch die eigene Entwicklungspolitik um jene Vorzüge zu erreichen.
Am Beispiel Ägypten sah man am bereits deutlich, wie eng verzahnt die sowjetische Entwicklungspolitik mit der Militärpolitik in Dritte Welt-Staaten war. Obwohl die Beziehung zwischen Kairo und Moskau in der Breschnew-Ära ambivalent war, sieht man jedoch hier die besonderen Versuche der Sowjetunion, ihre militärische Präsenz an einen strategisch wichtigen Punkt außerhalb Europas auszubauen. In diesen Zusammenhang bat auch der Kreml großzügige Konditionen im Bereich der Entwicklungshilfe und in der militärischen Aufrüstung Kairos an.20
Eine ähnliche Unterstützung wie Ägypten bekam auch Afghanistan, jedoch spielte der militärstrategisch Aspekt vorerst nur eine sekundäre Rolle. Die vordergründigen Motive Moskaus waren eher zum einem, ein Gegenpol zu dem US-amerikanisch unterstützten Nachbar Pakistan zu schaffen, und zum anderen, durch Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Beziehungen den Nachbarstaat zu stabilisieren beziehungsweise die sowjetische Südgrenze zu sichern, welches den Nebeneffekt hatte, dass Afghanistan partiell in die Einflusssphäre der Sowjetunion gelangte.21
2.2 Beziehung zur Afghanistan bis zum Vorabend der Intervention
Schon unter Breschnews Vorgänger begann man sich mehr oder weniger intensiv für Afghanistan zu interessieren. Dies lag besonders an der gewöllten Bündnisbildung der USA in jener Region, welche sich mit einem Militärbündnis an der Südflanke der Sowjetunion im Nahen und Mittleren Osten gegen Moskau zu etablieren suchte. Jedoch gelang es den USA beziehungsweise dem Westen nicht, in Afghanistan mit ihrer Sicherheitspolitik Fuß zu fassen was daran lag, dass Daud für Kabul politische Neutralität anstrebte und sich somit zum Beispiel gegen den Beitritt in den SEATO22 entschied. Dies führte für Afghanistan zu Behinderungen westlicher Entwicklungshilfe, was wiederum Moskau für sich auszunutzen vermochte, indem es „als <<Retter der Not>> auftrat und beispielsweise Entwicklungshilfe ohne Vorbedingungen anbot.“23
Das wirtschaftliche Engagement Moskaus Dabei ging es für Moskau nicht darum, in Afghanistan einen Regimewechsel zu erzwingen, sondern seine Interessen in dieser Region zu wahren. So schreibt Johannes Wachter in „Die Krise Afghanistan 1978-1980“ folgendes:
„Afghanistan bildete auch in diesem Zusammenhang die einzige und daher bemerkenswerte Ausnahme. Hier versuchten die Sowjets weder die Regierung zu stürzen, noch insistierten sie die schon früher verlangten Grenzkorrekturen. Im Gegenteil, die Moskauer Regierung fand sich bereit, nach der kriegsbedingten faktischen Unterbrechung der Beziehung hinter die alten Konflikte einen Schlußpunkt zu setzen.“24
Vielmehr als bloße Hilfe, war die diplomatischen und wirtschaftlichen Bemühung der UdSSR in Afghanistan auf langfristige Ziele ausgelegt, was dem Kreml in den Staaten der Dritten Welt neue Einflussmöglichkeiten gab. Dies zeigte sich besonders mit den ersten Kreditvergaben an Kabul:
„Den Auftakt der sowjetischen Aktivitäten in Afghanistan bildeten der Abschluß eines Rahmenabkommens und Vereinbarungen über eine Kreditgewährung zur Errichtung eines Getreidesilos mit Mühle und Brotfabrik in Kabul sowie für den Straßenbau in Kabul und Umgebung (1954). Anfang 1956 schloß sich dann die Gewährung eines 100 Mio.-Dollar-Kredites an, der mit einer Laufzeit von dreißig Jahren und einem Jahreszinssatz von 2 v.H. die langfristige Grundlage für eine Reihe von Projekten bildete, die mit sowjetischer Hilfe durchgeführt werden sollten. Der Kredit sollte durch afghanische Lieferungen in die UdSSR zurückgezahlt werden. Dies bedeutete für Afghanistan eine vorteilhafte Regelung, da es auf diese Weise keine konvertiblen Devisen aufwenden mußte.“25
Dabei ließ sich die Sowjetunion in einem positiven Licht gegenüber Kabul als zuverlässiger Partner erscheinen. So liest man in „Die Sowjetunion in Afghanistan“ von Pierre Metge:
„Im Vergleich dazu stellt sich der sowjetische Beitrag als sehr einfach und sehr effektiv heraus: Beschluß über Höhe und Verwendung der Hilfe im Rahmen von Regierungstreffen, Wahl relativ begrenzter Projekte, auf jeden Fall klar definierter, rasche Zahlung der Kredite und prompte Ausführung von Arbeiten und Lieferungen. Überdies unterbricht die internationale Lage nie die Abwicklung der Programme, jede Krise mit Pakistan hat im Gegenteil die Tendenz, die sowjetisch-afghanische Zusammenarbeit zu verstärken. Verbunden mit der Bewilligung von Militärhilfe [...], die die Afghanen nur verpflichtete, ihre Neutralitätspolitik beizubehalten, hat diese Tatsache Afghanistan überzeugt, daß die sowjetische Kooperation mit keiner politischen Bedingung verknüpft ist.“26
Dass die politischen Bemühungen Moskaus von langfristiger Natur waren, zeigte sich auch am Verhalten der Sowjetunion, als die Beziehungen zwischen Moskau und Kabul wieder abzukühlen schienen, wie es sich im Zuge der demokratischen Phase in Afghanistan abspielte. In diesem Zusammenhang liest man in „Das wirtschaftliche Engagement der Sowjetunion in Asien“:
„In der zweiten Hälfte der 60er Jahre schränkte die Sowjetunion ihre Entwicklungshilfe ein. In jener Zeit entstand in Afghanistan eine parlamentarische Demokratie (1964-1973), und die Beziehungen Afghanistan zum Westen verbesserten sich, die westliche Hilfe nahm daraufhin zu. Privaten Investoren wurden erhebliche Vergünstigungen angeboten, wodurch man sich langsam vom Prinzip einer Industrialisierung, vorrangig durch den Staat,entfernte. Trotz der Abkühlung der Beziehung zur Sowjetunion bewegte sich der Anteil der sowjetischen Mittel an der gesamten Entwicklungshilfe bis 1970 immer noch um 50 v.H.“27
Auch wenn es zwischenzeitlich politisch kühler zwischen Moskau und Kabul wurde, war die Sowjetunion immer stets bemüht, ihren Einfluss in Afghanistan zu wahren, wenn nicht sogar bei Gelegenheit zu vergrößern. „Allgemein blieb der Norden des Landes Schwerpunkt sowjetischer Planung und Projektarbeit. Von besonderer Bedeutung war dort der Bau einer Erdgaslieferung in die UdSSR [,..]“28
Vielmehr erwies sich die demokratische Phase in Afghanistan als eine Möglichkeit von sowjetischer Seite diskret im ideologisch-politischen Bereich langsam Einfluss zu nehmen:
„Entwicklungen der afghanischen Innenpolitik boten der Sowjetunion Chancen zur ideologischen Einwirkung. 1964 wurde die konstitutionelle Monarchie eingeführt. Die Zulassung von Parteien wurde vorhergesehen, jedoch nicht realisiert. Parteien formierten sich daher in einer halblegalen Grauzone. Dies betraf auch die kommunistische Demokratische Volkspartei (DVPA), die sich bald darauf in zwei Flügel spaltete (Khalq und Parcham). Sie wurde von Moskau zunächst diskret gefördert und suchte im Gegenzug, den <<demokratischen Zentralismus>> und die Organisationsstruktur der KPdSU zu kopieren.“29
In Bezug der wirtschaftlichen Kooperation mit Kabul intensivierten sich die Bemühung Moskaus, mit der Machtübernahm Dauds Anfang der 1970er Jahre:
„Anfang der 70er Jahre, nach der Auflösung der [afghanischen] Monarchie und der Ausrufung der Republik, erhöhte die Sowjetunion ihre Kreditzusagen wieder, so daß bis Ende 1977 die tatsächlichen Kreditzuweisungen der UdSSR den hohen Stand von ungefähr 740 Mio. $ erreichten, dies sind immerhin 67 v.H. der von ihr zugesagten Kredite. Im Februar 1975 wurde ein neues Abkommen über die wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit mit einer Laufzeit von 10-12 Jahren abgeschlossen. Ebenso wie bei dem vorangegangenen Abkommen verfolgte man die Absicht, möglichst viele Projekte mit den Volkswirtschaftsplänen beider Länder abzustimmen.“30
Jedoch kam es aus Moskauer Sicht mit der neuen afghanischen Regierung und seinen Führer Daud zur einer erneuten Abkühlung, da Kabul politisch nicht das versprach, was der Kreml erhoffte. Dies lag aber vor allem an der strikt neutralen Außenpolitik von Mohammed Daud Khan, welcher versuchte, sich in keine Abhängigkeit zur Sowjetunion zu begeben beziehungsweise die Möglichkeiten für Entwicklungshilfe zu divergieren.31
Nichtsdestotrotz versuchte die Sowjetunion sich in verschiedenen Bereichen in Afghanistan zu etablieren. Dies zeigte sich besonders im Energiesektor, der Infrastruktur, Industrie und Landwirtschaft. Wobei vor allem der Energiesektor eine wichtige Rolle spielte, was man durch die besonderen Interessen Moskaus an afghanischen Bodenschätzen erklären kann. So wurden durch sowjetischen Spezialisten geologische Untersuchungen durchgeführt, die zu dem Ergebnis kamen, dass man keine größeren Erdöl- beziehungswese Uranvorkommen finden könnte, wohl aber Erdgasvorkommen im Norden Afghanistans, welche nahe der sowjetischen Grenze lokalisiert wurden.32
Für die sowjetische Wirtschaft war das ein Glücksfall, da die Förderung und der Export des afghanischen Gases in die Sowjetunion dazu beitrugen, „die sowjetische Energiebilanz zu verbessern.“33 Da man mit dem Gas den Bedarf in den Sowjetrepubliken Usbekistan und Turkmenistan entlasten konnte, konnte man somit die eigenen überschüssigen Kapazitäten für die eigene Industrie im europäischen Teil der Sowjetunion nutzen. Aus sowjetischer Sicht erhoffte man sich auch eine Besserung der Rückzahlungen der geleisteten Kredite, was jedoch aufgrund der afghanischen Wirtschaftslage eher enttäuscht wurde.34
Auch wenn die Erdgasförderungen ein wichtiger Punkt in der sowjetischen-afghanischen Beziehung waren, wurden auch weitere wichtige Projekte in Afghanistan unterstützt, welche der afghanischen Wirtschaft einen Aufschwung geben sollten. Hierzu war besonders der Ausbau des afghanischen Straßennetzwerkes von Bedeutung:
„Aufgrund der geographischen Gegebenheiten sind Straßen in Afghanistan die wichtigsten Verkehrswege. Bis Ende 1965 wurde das Straßennetz mit sowjetischer Hilfe ausgebaut. Durch den Bau zweier großer Straßen von der sowjetischen Grenze bis Kabul und in den Süden Afghanistans sowie durch den Ausbau und die Asphaltierung der Straßen in Nordafghanistan wurde eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes geschaffen.“35
Außerdem half man auch beim Bau von verschiedenen Flugplätzen im Land sowie beim Ausbau des Kabuler Flughafen. Weitere Projekte, die Moskau in Afghanistan unterstützten, waren der Aufbau von industriellen Projekten, wie einer Düngerfabrik oder Wärmekraftwerke, sowie der Ausbau und die Weiterentwicklung der Landwirtschaft. Hierbei halfen sowjetische Berater und Experten bei Bewässerungs- und Landgewinnungsprojekten, welche auch der Sowjetunion Nutzen bringen sollten.36
Militärische Förderung Ein weiterer Punkt der in Zusammenarbeit zwischen Moskau und Kabul war die Reformierung der afghanischen Armee, welche schon unter der Chruschtschow-Administration begonnen hatte. Der auschlaggebende Punkt der afghanischen Militärreform war, dass die USA und weitere westlichen Staaten es vermieden, Afghanistan mit modernen Waffen auszustatten. Insbesondere Washington war hier das Zünglein an der Waage, da man sich entschied, den relativ jungen Nachbarstaat Pakistan zu unterstützen:
„Mit beginnender Öffnung der Sowjetunion zum nicht-sozialistischen Asien nach der Stalin-Ära entwickelten sich alsbald gemeinsame Interessen mit Afghanistan. Beide Staaten konnten an die vertraglich verankerten Beziehungen der 20er und 30er Jahre anknüpfen, als ihr Hauptgegner in der Region Großbritannien war. Inzwischen war das britisch-indische Imperium aufgeteilt; Kabuls Verhältnis zum neuen Nachbarn Pakistan war jedoch von Anfang an stark gestört. Die <<Paschtunistan>>-Forderung, d.h. der Anspruch auf die von Paschtunen bewohnten Gebiete Pakistans, die besonders seit Ministerpräsident Daouds Amtsantritt forciert und von Pakistan stets deutlich zurückgewiesen wurde, brachte auch Großbritannien und die USA in Gegensatz u Afghanistan. Beide Staaten förderten Pakistan Beitritt zum Bagdad-Pakt, der 1954 erfolgte. Fortan galt Pakistan als westlicher Bündnispartner. Damit waren die Voraussetzungen für die Sowjetunion günstig, 1954/55 erste Abkommen über Wirtschafts- und Militärhilfe mit Afghanistan abzuschließen.“37
Weiter erklärt Johannes Wachter in „Die Krise Afghanistan 1978-1980“ folgendes: „Wie im vorangegangenen Abschnitt erläutert, bin ich der Überzeugung, daß Amerikas Weigerung, moderne Waffen an Afghanistan zu liefern, als der letztlich ausschlaggebende Grund für die Hinwendung Daouds zur Sowjetunion angesehen werden muß“38
Neben der immensen sowjetischen Zahlung, die für die Reform bewilligt wurden, wurden nicht nur neue Luftwaffenbasen wie in Bagram errichtet39, vielmehr wurde das gesamte afghanische Militär umstrukturiert: „Im Jahr 1956 setzte die sowjetische Militärhilfe (32 Mio. Dollar) ein und damit eine entsprechende Ausrichtung des Heeres und der Luftwaffe nach sowjetischen Standard. Militärberater folgten, die technische Sprache war Russisch. Bis 1978 wurden annähernd 4000 afghanische Offiziere in der Sowjetunion fortgebildet.“40
Da westliche Länder, vor allem die USA, eine militärische Hilfe für Afghanistan ablehnten, entwickelte sich mit der Zeit eine günstige Monopolstellung der Sowjetunion im Bereich der militärischen Kooperation und technischen Hilfen für das afghanische Militär. So wurde ein 25 Millionen Dollar Kredit gebilligt, welcher für den Kauf von moderner Militärtechnik, wie den MiG-17 Jäger, beziehungsweise für den Ausbau von Militärbasen, wie den Militärflughafen in Begram oder Shindand, verwendet wurde. Durch die sukzessive Unterstützung und Belieferung mit sowjetischer Waffen entsteht eine einseitige Abhängigkeit der afghanischen Armee hinschlich Ersatzteile, Munition und Benzin aus der Sowjetunion. Es ging so weit, dass die Ausrüstung der afghanischen Armee seit dem Ende der 1950er Jahre größtenteils aus sowjetischen Produktion stammte.41
Viel komplizierter sah es dagegen mit der Fort- und Ausbildung afghanischer Offiziere aus beziehungsweise mit der Entsendung sowjetischer Militärexperten, da sich aufgrund der politischen Ausrichtung zur Blockfreiheit in der afghanischen Regierung in Kabul die Sorge bestand, dass man sich in einer zu starken Abhängigkeit zur Sowjetunion manövrierte:
„Zwischen 1955 und 1970 werden 7000 afghanische Offiziere in einem Land des Warschauer Vertrages, hauptsächlich in der UdSSR, ausgebildet, dagegen nur 600 in den USA (Kahar 1978). Unter der Präsidentschaft Dauds ist keine besondere Betonung dieses Aspekts der militärischen Zusammenarbeit zu erkennen. Er versucht, ganz im Gegenteil, sich zunehmend aus der Abhängigkeit von der Sowjetunion zu befreien und schließt zu diesem Zweck Abkommen mit Indien, Ägypten und selbst Pakistan ab (Amin 1982, S.71). Dies hat zur Folge, daß im Verlauf der Periode 1973-78 pro Jahr im Schnitt nur 300 sowjetische Stipendien an afghanische Militärs vergeben wurden.“42
Im Großen und Ganzen schaffte es der Kreml von den 1950er Jahren an bis zum Vorabend des Aprilputsches in Afghanistan, mit einer soliden Lage in der Entwicklungshilfe und auch in der materiellen und personellen Unterstützung im afghanischen Militär, sich als der größte Partner der afghanischen Regierung herauszubilden. Dabei spielten die politischen Umwälzungen keine negative Rolle. Im Gegenteil, sie verhalfen der sowjetischen Führung dazu sich auch ideologisch in kleineren Teilen der afghanischen Bevölkerung zu etablieren, was auch zur Gründung der DVPA führte.
Auch wenn die afghanische Führung versuchte, die Abhängigkeit zur Sowjetunion zu minimieren, schafften sie es nur begrenzt. Dies lag auch besonders an dem vorerst großen Desinteresse vieler westlichen Staaten und den auf den ersten Augenschein günstigen Kreditvergaben und den schnellen Ergebnissen der sowjetischen Seite.
2.3 Die innere Entwicklung bis zum Aprilputsch (von Chruschtschow bis Breschnew)
Um jedoch die wechselseitige Beziehung zwischen Moskau und Kabul vollkommen zu verstehen, ist es wichtig, auch einen Blick auf die innere Entwicklung Afghanistans zu werfen, welche sich seit dem Aufkeimen der Paschtunistan-Frage in den frühen 1950er Jahren bis zum Aprilputsch in Kabul mehrmals geändert hat. Hierbei spielten mehrere Faktoren eine Rolle für den stetigen Wandel an der afghanischen Spitze, sowohl ethnologische, ökonomische als auch auch politische.
Die ethnologische Rolle in der Zusammensetzung der Regierung Im Gegensatz zu vielen westlichen und auch kommunistischen Regierungsformen spielte und spielt der Zusammenhalt der Clans oder der Großfamilien eine wichtige Rolle im politischen Geschäft Afghanistans: „Neben dem religiösen Moment gewinnt die spezifische Struktur der Großfamilie der afghanischen Gesellschaft eine entscheidende Bedeutung. Die Großfamilie als Kern des sozialen Gefüges der afghanischen Gesellschaft ist u.a. als Funktionsträger privater Sozialversicherung zu bezeichnen, die zum Zusammenhalt der Angehörigen von erstrangiger Bedeutung ist.“43
Diesen Zusammenhalt sowie Beziehungen zeigten sich auch an der Spitze der Regierung von Afghanistan. So war der Neffe des afghanischen Königs, Mohammed Daoud Khan, von 1953 bis 1963 Ministerpräsident von Afghanistan, sein Vorgänger war auch ein Verwandter, und zwar Schah Mahmud Kahn.44 Es schien, dass die Aufgabenverteilung der königlichen Familie an der Spitze der afghanischen Regierung, der feudalen Aufteilung der wichtigsten Posten einer dörflichen Gemeinschaft ähnelte.45
Erst mit dem neuen Erlass einer Verfassung von 1963 wurde eine zwischenzeitliche Liberalisierung der afghanischen Politik erreicht, indem der König Mohammed Sahir Kahn Schah anordnete, dass Mitglieder der Königsfamilie keine hohen Ämter in der Regierung bekleiden durften, was auch dazu führte, dass sich allmählich politische Parteien in Afghanistan herausbildeten, worunter auch die später an die Macht kommende DVPA gehörte.46
Mit dem Staatsstreich von Mohammed Daoud vom 17. Juli 1973 änderte sich dies wieder in der vorherigen Praxis der Vetternwirtschaft, welche auch nach dem kommunistischen Umsturz von 1979 weitere Anwendung fand. Jedoch war es in beiden Fällen mit einer kurzweiligen Übergangsphase versehen, welche durch Partition von anderen Mitstreitern aus verschieden Fraktionen geprägt war.
Innen- und Außenpolitische Lage der afghanischen Regierung Weitaus tiefgreifender als die Zusammensetzung der Regierung, waren eher die innen- und außenpolitischen Entscheidungen, welche dazu führten, dass Kabul sich im Laufe der Zeit an die Sowjetunion anlehnte, was im Laufe der Zeit mal stärkere und schwächere Züge trug. Hierbei spielten zum einen die Pashtunenfrage, welche die Beziehung zum pakistanischen Nachbarn im Laufe der Zeit stark strapazierte, und zum anderen der Drang zu Modernisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft im Inneren mit hinein.
Dabei führte die Konfliktfrage um die Pashtunen im besonderen Maße zu einer Annäherung an die Sowjetunion:
„Die damals recht problematischen Beziehung mit Afghanistans zu den Vereinigten Staaten und der Konflikt um <<Pushtunistan>>, d.h. um jene Gebiete der North-West Frontier Province Britisch-Indiens, die von puschtunischen Stämmen bewohnt werden. Wie schon mehrfach angeklungen, konnte keine afghanische Regierung die Durand-Linie anders als ein Provisorium ansehen, das es bei nächster Gelegenheit zu korrigieren galt. Die unausweichlichen Veränderungen im Status Britisch-Indiens, die ja nicht vornherein den Abzug der Briten bedeuten mußten, schienen diese Gelegenheit zu eröffnen. Aber die Briten wollten selbstverständlich keine Präzedenzfälle schaffen, welche geeignet gewesen wären, aus der Dekolonisierung Indiens eine internationale Frage zu machen. So antwortete man den Afghanen, die 1944 in der schon erwähnten Note ein Mitspracherecht über das Schicksal der pushtunischen Stämme des Grenzgebietes für sich reklamiert hatten, seit der <<freiwillig>> Anerkennung der Durand-Linie im Vertrag vom 22. November 1921 habe die alte Demarkationslinie den Charakter einer internationalen Grenze, an der die Interessen Afghanistans enden würden. Pakistan hat sich später diesen Standpunkt zu eigen gemacht, obwohl er nicht unanfechtbar war. Der zitierte Vertrag konnte nämlich gekündigt werden, was die Afghanen am 26. Juli 1949 schließlich auch taten.“47
Dieser Streitpunkt erfüllte die bilateralen Beziehungen zwischen Kabul und Islamabad mit Brisanz. Insbesondere in den ersten Amtsjahren von Mohammed Daoud Khan als Ministerpräsident, von 1953 bis 1963, wurde die Pashtunenfrage, immer wieder aufgegriffen, was dazu führte, dass es zwischen Afghanistan und Pakistan zu mehreren diplomatischen Konflikten kam, welche zum Teil das Potential eines offenen bewaffneten Konflikts hatten. So ereignete sich schon 1955 der erste Zwischenfall unter der Regierung Daouds zwischen Pakistan und Afghanistan, welcher auch die internationale Politik der beiden Großmächte tangierte:
„Die Ereignisse des Jahres 1955 machen die stattgefundene Neuorientierung quasi unwiderruflich. Pakistan wird weiter in das westliche Verteidigungssystem einbezogen [...]. Afghanistan hingegen unterstreicht seine Blockfreiheit: es ist in Bandung vertreten und empfängt kurz darauf Nasser. Die Spannung zwischen beiden Ländern verschlimmert sich bis zu einem offenen Konflikt, nachdem die Vereinigung der westlichen Provinz Pakistans am 28. März in Kraft getreten ist, was die Paschtunisten beider Länder als Vernachlässigung der Besonderheiten von paschtunischer Bevölkerung und Land auslegen. Kleinere und größere Zwischenfälle folgen. Pakistan unterbricht den Warentransit zwischen Karatschi und der afghanischen Grenze. Kabul reagiert darauf, indem es am 21. Juni einen Fünf-JahresVertrag über freien Transit mit Moskau abschließt. Der Besuch von Bulganin und Chruschtschow im Dezember besiegelt die sowjetisch-afghanische Annäherung. Die Russen bieten Afghanistan einen Kredit über 100 Millionen Dollar, ihre Unterstützung der Position in der Paschtunistan-Frage und erhebliche Hilfen für die Ausrüstung der Armee an, wobei sie gleichzeitig ihren Respekt für die Souveränität und Neutralität Afghanistans wiederholen.“48
Es zeigt sich, dass Kabul gerade durch die Politik der Neutralität und dem ständigen Territorialkonflikt mit dem Nachbarstaat Pakistan zum einen die USA als einen potentiellen Bündnispartner verlor, da Washington sich eher auf Islamabad als regionalen Partner konzentrierte, und zum anderen führte es gezwungenermaßen auch zu einer Annäherung an die Sowjetunion. Im Gegensatz zu den USA, welche Bedingungen zu einer weitgehenden Unterstützung Afghanistans stellten49, versprachen die Vertreter Moskaus ohne jegliche Bedingungen Afghanistan sowohl militärisch als auch ökonomisch zu Unterstützen. Auch bei späteren Konflikten zwischen Pakistan und Afghanistan zeigt es sich, dass die Beziehungen zwischen Moskau und Kabul enger wurden, wenn der nachbarliche Konflikt am höchsten war.50 Demgegenüber wurden die Verbindungen zwischen Afghanistan und der Sowjetunion kühler, wenn sich die Beziehungen zum afghanischen Nachbarn Pakistan normalisierten, dennoch konnte die UdSSR, wie zuvor erwähnt, ihren Einfluss am Hindukusch waren.
Wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage Sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich war Afghanistan ein schwieriges Pflaster für Reformen beziehungsweise für Veränderungen. Auf der einen Seite war die afghanische Regierung stets bemüht, das eigene Land zu modernisieren und zum anderen war man auf einen steten Konsens mit den konservativen und religiösen Kräften im Land aus, was jedoch nicht immer von Erfolg gekrönt war.51 Jedoch war es auch jener Konsens beziehungsweise der innere Konflikt zwischen den herrschenden und den religiösen Kreisen welche in Afghanistan einen nennenswerten Fortschritt in Wirtschaft und Gesellschaft hemmten, auch wenn es einen innenpolitische Stabilität im Land gab: „Jedoch änderte sich an der Rückständigkeit des Landes wenig: Afghanistan blieb bitter arm. Die Infrastruktur war unzureichend entwickelt, Industrien fehlten und die Mehrheit der Bevölkerung konnte weder lesen noch schreiben.“52
Wie rückständig die afghanische Ökonomie war, zeigte häufig der Zwist mit Pakistan, welcher meist mit einer Schließung der afghanisch-pakistanischen Grenze einherging, was wiederum den Transit und Exporthandel Kabuls stark beeinflusste und es beinah in den Ruin trieb.53 Jedoch vermochte man die Schwäche der eigenen Ökonomie zu nutzen, indem man mit ausländischen Kapital versuchte die Wirtschaft zu modernisieren. Dabei war es der Politik der Blockfreiheit zu verdanken, dass man nicht nur aus dem östlichen Block, sondern auch aus dem westlichen Entwicklungshilfen erlangte, welche besonders für den Aufbau der Infrastruktur verwendet wurden.54 Jene ausländischen Zuwendungen führten zu einer starken Abhängigkeit gegenüber ausländischen Gläubigern. Dies zeigte besonders die ökonomische Unterstützung der Sowjetunion, welche von den 1950er bis 1970er Jahren mindestens 50 Prozent betrug. Auch wenn es dem ersten Anschein nach günstige war als die westlichen Kredite, musste Afghanistan die Kredite in verschiedenen Formen, wie zuvor erwähnt, zurückzahlen.55
Auch wenn die ausländische Unterstützung die afghanische Wirtschaft augenscheinlich stabilisierte, erfuhr nicht jeder in der Gesellschaft einer Verbesserung seiner Lebenslage. So waren es eher die Landbevölkerung und mittlere und untere Schichten der Stadtbevölkerung die keine nennenswerte Verbesserung ihrer Lebenslage erfuhren. Dies führte auch dazu, dass in der Bevölkerung Afghanistans und vor allem in der intellektuellen Schicht Widerstand gegen die Monarchie aufkeimte, welcher sich meist in Form von politischen Gruppierungen zusammenfassten. Auch nach dem Umsturz durch Mohammed Daoud entwickelte sich in der Gesellschaft Widerstand gegen die herrschende Schicht Afghanistans. Im Falle Daouds waren es wiederum die ländlich-konservativen Kräfte, welche jeden Modernisierungsversuch mit verbalen und festen Widerstand unterminierten.56
Diese Entwicklung, die wirtschaftlichen Abhängigkeit und der steigende Widerstand der Bevölkerung gegen die afghanische Regierung, schien nach dem Aprilputsch 1978 von der DVPA immer größer zu werden. Dies lag besonders an der strikten Reformpolitik des kommunistischen Regimes und dem Ignorieren der gesellschaftlichen Gegebenheiten in Afghanistan, was schlussendlich das Land in einer bürgerkriegsähnlichen Situation führte.
3. Der Aprilputsch aus der Sicht der sowjetischen Führung Vorgeschichte
Der Ursprung des kommunistischen Aprilputschs von 1978 liegt im Grunde im Staatsstreich von Mohammed Daoud. Als Mohammed Sahir Schah, der afghanische König, aufgrund einer Kur außer Landes war, nutzte Daoud die Gelegenheit die afghanische Monarchie zu stürzen und so die Republik Afghanistan auszurufen.
Bei diesem Staatsstreich genoss Daoud als neuer Präsident Afghanistans die Unterstützung durch Teile der DVPA, sowohl bei der Durchführung des Staatsstreiches als auch bei der anfänglichen Organisation der neuen Republik.57 Ferner waren es auch in der Sowjetunion ausgebildete Militärs, welche ihm halfen: „1973 sah Daoud, der als prosowjetisch galt, die Zeit gekommen, die Monarchie zu stürzen. In der Sowjetunion ausgebildete Offiziere boten dazu die Hand. Im Gefolge dieser Veränderung erhielten auch die Kommunisten eine Chance zur politischen Mitwirkung.“58
Jedoch war die Liaison zwischen den kooperierenden Kommunisten, den Parcham, und dem selbstgekrönten Präsidenten Daoud ein schnelles Ende beschieden, da gegen alle Erwartungen Daoud nicht mit dem sowjetischen Nachbarn sympathisierte, sondern eher eine nationalistische Politik verfolgte:
„Aber Daoud ist keineswegs pro-sowjetisch. Er ist sowohl eindeutig Afghane oder genauer Paschtune, als auch gleichzeitig völlig überzeugt von der Macht der regierenden Familie, der er selbst als herausragendes Mitglied angehört. Sein Bündnis mit dem Parcham ist von kurzer Dauer. Von 1974 entläßt er drei von vier Ministern des Parcham und im darauffolgenden Jahr entzieht er den ihm nahestehenden Offizieren die Befehlsgewalt. Die Einführung einer Einheitspartei im Jahr 1975, der National-Revolutionären Partei, beendet eindeutig die Hoffnung des Parcham auch nur die geringste Rolle bei der Ausrichtung der neuen Republik zu spielen.“59
Aus der Sicht der Parcham aber auch der gesamten DVPA fing eine Zeit der Unterdrückung und der Repression an. Neben den linken Gruppierungen rund um die DVPA wurden auch andere Gruppierungen, die Daoud gefährlich werden konnten, Mundtot gemacht oder ihr Widerstand im Keim erstickt:
„Mohammed Daud schwächte die Parchami nicht nur durch Beschränkung ihrer politischen Aktivitäten, sondern auch dadurch, daß sie für die Fehler des neuen Regimes in der Öffentlichkeit verantwortlich gemacht wurden und dadurch an Popularität einbüßten. [...] Unter Billigung der Parcham-Fraktion wurden die Khalq-Anhänger vom Daud-Regime verfolgt und zu Gefängnishaft verurteilt, was ihre Abwanderung in den Untergrund zur Folge hatte.“60
3.1 Der Putsch der Kommunisten
Mit der wachsenden Ablehnung des Daoud-Regimes, welche insbesondere auf die Innenpolitik und die Wirtschaftspolitik in Verbindung mit der afghanischen Gesellschaft zurückzuführen war und der repressiven Politik gegenüber den potentiellen politischen Widersachern wurde der Nährboden für den kommunistischen Putsch gelegt. Dies zeigte sich besonders mit der Wiedervereinigung der Khalq und Parcham zur DVPA, was ein Zeichen dafür war, dass man die Differenz vorübergehend ab acta legte um gegen den gemeinsamen Gegner, das Daoud-Regime, vorzugehen.61 Auch, wenn sie unterdrückt wurden, war der eigentliche Auslöser für den Putsch die Ermordung eines namenhaften Vertreter der Parcham, welche die Kettenreaktion zum Putsch im Gang brachte:
„Den auslösenden Faktor für den Putsch für den Putsch bildete die Massendemonstration anläßlich der Ermordung des Gewerkschaftsführers und Ideologen der Parcham-Fraktion Mir Akhbar Khyber. Dieser war während einer Demonstration am 17. April von unbekannten Tätern umgebracht worden. Diese Massendemonstration beunruhigte die Regierung und veranlaßte sie zur Festnahme der DVPA [.] Führer, darunter Taraki und Karmal. Die Befürchtung, daß die Regierung die Parteiführung liquidieren könnte, ließ Hafizullah Amin, der für die Parteiorganisation in der Armee beauftragt war, den für die Zeit zwischen dem 23. Juli und dem 22. August geplanten Putsch aufgeben und ihm stattdessen zu einem früheren Termin am 27. April ausführen.“62
Wie Mohammed Daoud zuvor, genossen die kommunistischen Putschisten von Sympathisanten innerhalb der afghanischen Armee Rückendeckung bei ihrem Putsch, der Saur-Revolution.63 Im Gegensatz zu Daoud-Putsch endete dieser mit einer blutigen Auseinandersetzung zwischen den beiden konfrontierenden Parteien, was in dem Tod von Mohammed Daud gipfelte. Mit Panzern und Kampfflugzeuge wurde der Präsidentenpalast, die Residenz Daouds, beschossen und bombardiert:
„On 25 April 1978 the authorities arrested Taraki, Babrak, Shah Wali37 and several other leaders of the party. But the PDPA already felt confident. A secret meeting of the underground members of the PDPA Central Committee was immediately called. It decided to carry out a coup d'état on the morning of 27 April and to seize power. Organization of the coup was entrusted to the illegal deputy of H. Amin, Figir. He had also coordinated the preparatory work. The main role in the coup was given to the 4th and 15th tank brigades and to commando forces that were to capture Kabul and take control of all the government buildings in the city. They were supported by the air force and air defense forces. The head of the airforce and air defense forces, [Col. Abdul] Qadir, 38 and his deputy.”64
In dieser Kampfhandlung verlor nicht nur Mohammed Daoud sein Leben, sondern auch ein Großteil seiner Familie und ein Teil seiner Kabinettsmitglieder. Jedoch war das lediglich die Spitze des Eisberges. So wurden zum Beispiel viele Daoud-loyale Offiziere entmachtet. Des Weiteren kamen in den Kämpfen in und um Kabul auch zahlreichen zivile Personen ums Leben.65
Am Ende des schnellen aber blutigen Putsches standen neue Gesichter an der Spitze der Macht in Kabul: „An der Spitze des Landes kommt so eine Koalition aus nationalistischen Offizieren, die in der Sowjetunion ausgebildet wurden und der sowjetisch-afghanischen Zusammenarbeit positiv gegenüberstehen, sowie den beiden pro-sowjetischen Fraktionen Khalq und Parcham, die sich ein Jahr zuvor provisorisch wieder vereinigt hatten.“66
3.2 Die sowjetische Sicht auf dem Aprilputsch 1978
Im Gegensatz zu den Behauptungen vieler Beobachter und Experten der sowjetischen Außenpolitik und Afghanistans zur jener Zeit wurde auch Moskau von den afghanischen Kommunisten mit ihrem Putsch in Kabul überrascht. So sind Aussagen wie von M. Nabi Rafi in „Die historische Entwicklung der Beziehung zwischen Afghanistan und der Sowjetunion“ fehlerhaft beziehungsweise nicht nachweisbar, denen zufolge der Putsch vom KGB und Militärberatern unterstütz wurde67 und „[o]hne die massive Intervention sowjetischen Militärs [...] mit Sicherheit kläglich gescheitert“68 wäre.
Jenen Aussagen kann man die Angaben des einstigen KGB-Offiziers und Überläufers Vasily Mitrokhin in seinen Bericht „The KGB in Afghanistan“ gegenüber stellen:
„The KGB [center] sent a reply the same day which stated, among other things, that: <<[t]he possibility cannot be excluded that Mossad is willfully provoking the military organization of this party to take action against the government in order to deal it a blow.>> As can be seen, the Residency, the embassy and the Moscow leadership had little knowledge of the situation in the country, misinterpreted the situation and were hedging against the possibility that the attempted coup would not succeed.”69
Inwieweit die Breschnew-Administration von den Ereignissen in Afghanistan überrumpelt wurde zeigt schon die Berichterstattung der eigenen Presseorgane wie die TASS und die Prawda, die erst verzögert auf die neuen Tatsachen in Kabul reagieren konnten, so las man zum Beispiel in der Prawda einen Tag nach dem Aprilputsch lediglich in einen Satz, dass es in Kabul einen militärischen Umsturz gab.70
Wie die Presse sowie die anderen Botschaften in Kabul war auch die sowjetische Botschaft in Kabul von dem Putsch der DVPA überrascht: „The next day Ambassador Puzanov was as other foregin diplomats in Kabul to hear that communist tanks had assaulted Mohammad Daoud's presidential palace. According to a Soviet journalist, Puzanov <<simply slept through the April coup.>> Puzanov frantically cabled Moscow, warning that the West and Daoud may have lured the PDPA leaders into a fatal trap. The PDPA was on the verge of destruction, he warned. When the coup succeeded, Puzanov conducted a joyful meeting with Taraki in the presidential palace. [.. .]“71
Obwohl durch den Putsch überrascht, konnte der Kreml sich inoffiziell mit dem neuen Herrscher in Kabul schnell arrangieren und der neuen afghanischen Herrschern mit Rat und Tat zur Seite stehen. So vermittelte der Kreml indirekt den Vorschlag, dass man schnell eine Regierung bilden und einen neuen Präsidenten, welcher Nur Muhammad Taraki wurde, vorstellen sollte. Jedoch wollte man zunächst verdecken, dass jene Person auch gleichzeitig der Generalsekretär des Zentralkomitees der DVPA war. Solche und andere Fragen wurden meist über verschieden Kanälen zwischen Moskau und Kabul diskutiert und beraten.72
So schnell wie die wichtigen Organe Moskaus im Hintergrund reagierten, reagierten jedoch nicht die offiziellen Sprachorgane Moskaus. Dies ist auch ein Indikator dafür, dass der Kreml erst mal selber Herr über die Lage am Hindukusch werden musste, bevor man vor der Weltöffentlichkeit selbst den Eindruck vermitteln konnte, dass die Ereignisse in Kabul ein natürlicher Verlauf der marxistischleninistische Geschichtsschreibung seien. So berichtete die sowjetische Presse erst ab Mai 1978 über die Ereignisse in einem anderen Licht:
„Ab Mai zeichnete sich ein Wandel, eine positive Bewertung der neuen Machthaber in Kabul ab. Am 5. Mai 1978 war in der Presse erstmals von einer «Revolution», wenn auch hier noch als Zitat Tarakis, die Rede. [...] Während in Dezember 1979 vom Politbüro bestätigte Instruktionen für die Berichterstattung vorlagen [...], reagierte die Presse im April 1978 völlig unvorbereitet. Sie lieferte aus London und Islamabad - erst ab Mai 1978 wurde direkt aus Kabul berichtet - wirre Kurzmeldungen, die sogleich wieder revidiert werden mußten.“73
Anstelle von einem Putsch, sprach man nun offiziell von einer Revolution, die Armee wurde anstelle von Putschisten zum Werkzeug der sozialistischen Revolution und selbst die DVPA wurde in Verbindung der Revolution zum ersten Mal in der sowjetischen Öffentlichkeit erwähnt, welche zuvor eine unbekannte Gruppe in der in den Augen der Bürger in der Sowjetunion war.74
Obwohl es zwischen Moskau und den wichtigsten Köpfen der DVPA seit Mitte der 1950er Jahre diskrete Geheimdienstkontakte gab und ein reger Austausch von Informationen herrschte75, wurde erst nach dem Aprilputsch 1978 ein offizielles Bild der Demokratischen Volkspartei Afghanistans in der sowjetischen Öffentlichkeit gezeichnet. So war zum Beispiel die DVPA vor 1978 nicht auf den Listen der kommunistischen oder sozialistischen Parteien für die alljährlichen Glückwünsche anlässlich der Oktoberrevolution in der Zeitung zu lesen. Zudem wurden seit Mitte April 1978 an einer Darstellung der afghanischen Kommunisten in Bezug auf einen heroischen Kampf an die Macht gearbeitet, wobei Details wie die Kooperation der Parcham mit dem Daoud-Regime verschwiegen wurden.76
Auch wenn es über die Jahre eine inoffizielle Kooperation zwischen Moskau und DVPA gab und man auch offiziell seit Mai 1978 von einer kommunistischen Partei sprach, sah man in der KPdSU intern die afghanischen Kommunisten nicht als solche an. So wurden zum Beispiel Taraki und andere Mitglieder der DVPA zur, in August 1968 abgehaltenen, Konferenz der kommunistischen Parteien in Moskau nicht eingeladen.77
Obwohl man der DVPA von sowjetischer Seite einen kommunistischen Charakter zusprach wurde sie dennoch nicht als eine kommunistische Partei per se empfunden: „Dennoch galt die DVPA als nichtkommunistisch. Die einfache Lösung dieses Widerspruchs liegt darin begründet, daß die oben genannten Merkmale auch für <<national-demokratische>> Parteien Gültigkeit hatten. Ponomarev, ZK-Sekretär der Internationalen Abteilung, betont, daß ein «Staat sozialistischer Orientierung» zur Wahrung und Festigung seiner progressiven Positionen ungeachtet seines Entwicklungsstandes unbedingt einer revolutionären Avantgarde bedürfe, die das Volk führe und auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus, d.h. des Marxismus-Leninismus agiere."78
[...]
1 Dieter Braun, Afghanistan: Sowjetische Machtpolitik - Islamische Selbstbestimmung, Baden-Baden 1988, S. 11
2 Dieter Braun, a.a.O., S. 11
3 Rupert Dirnecker, Sowjetische Weltpolitik unter Breschnew, Berlin 1981, S. 10
4 http://www.verfassungen.net/su/udssr77-index.htm
5 Vgl. http://www.verfassungen.net/su/udssr77-index.htm
6 Rupert Dirnecker, a.a.O., S. 10
7 Wiliam Tompson, The Soviet Union under Brezhnev, Essex 2003, S. 15f.
8 Bernd Stöver, Der Kalte Krieg, München 2003, S. 85
9 Rupert Dirnecker, a.a.O., S. 11
10 Vgl. http://www.verfassungen.net/su/udssr77-index.htm
11 Vgl. Wiliam Tompson, a.a.O., S. 47ff.
12 Vgl. Erik P. Hoffmann, Classic Issues in Soviet Foreign Policy - From Lenin to Brezhnev, New York 1984, S.64ff.
13 Erik P. Hoffmann, a.a.O., S.64
14 Wiliam Tompson, a.a.O., S.47
15 Vgl. Roger E. Kanet, Sicherheitspolitik und internationale Beziehungen der Sowjetunion, Berlin 1982, S.10f.
16 Vgl. Edward Böhm, Das wirtschaftlich Engagement der Sowjetunion - Afghanistan, Indien, Iran, Pakistan und Türkei, Hamburg 1983, S. 53ff
17 Wiliam Tompson, a.a.O. S. 46
18 Wiliam Tompson, a.a.O. S. 46f.
19 Man versuchte den militärischen Nachteil in der Marine gegenüber die USA durch massive Aufrüstung entgegen zu wirken
20 Vgl. Wiliam Tompson, a.a.O. S. 44f.
21 Pierre Metge, Die Sowjetunion in Afghanistan - Von der Zusammenarbeit zur Besetzung: 1947 bis 1986, Frankfurt a.M. 1985, S. 7ff.
22 Es war die South Asia Treaty Organisation, welche vom 8. September 1954 bis 30.Juni 1977 existierte
23 Edward Böhm, a.a.O., S. 33
24 Johannes Wachter, Die Krise Afghanistans 1978-1980 - Ein Beitrag zur Geschichte derregionalen Ursachen der sowjetischen Interventionsentscheidung, Berlin 1983, S. 145
25 Edward Böhm, a.a.O., S. 54
26 Pierre Metge, a.a.O., S. 21
27 Edward Böhm, a.a.O., S. 55
28 Dieter Braun, a.a.O., S. 17
29 Dieter Braun, a.a.O., S. 18
30 Edward Böhm, a.a.O., S. 57
31 Vgl. Dieter Braun, a.a.O., S. 19 ff.
32 Vgl. Edward Böhm, a.a.O., S. 58
33 Edward Böhm, a.a.O. S., S. 59
34 Vgl. Edward Böhm, a.a.O., S. 59ff.
35 Edward Böhm, a.a.O., S. 63
36 Vgl. Edward Böhm, a.a.O., S. 63ff.
37 Dieter Braun, a.a.O., S. 16
38 Johannes Wachter, a.a.O., S. 196
39 Dieter Braun, a.a.O., S. 16
40 Dieter Braun, a.a.O., S. 17
41 Vgl. Dieter Braun, a.a.O., S. 23
42 Pierre Metge, a.a.O., S. 24
43 Said M. Samimy, Hintergründe der sowjetischen Invasion in Afghanistan - Berichte und Anaylse, Bochum 1981, S. 47
44 Vgl. Pierre Metge, a.a.O., S.6; S. 8
45 Vgl. Said M. Samimy, a.a.O., S. 48
46 Vgl. Pierre Metge, a.a.O., S. 11
47 Johannes Wachter, a.a.O., S. 147f.
48 Pierre Metge, a.a.O., S. 10
49 Vgl. Pierre Metge, a.a.O., S. 9f.
50 Vgl. Pierre Metge, a.a.O., S. 10f.
51 Vgl. Bernhard Chiari, Wegweiser zur Geschichte: Afghanistan, Paderborn 2009, S. 37
52 Vgl. Bernhard Chiari, a.a.O., S. 40
53 Vgl. M Nabi Rafi, Die historische Entwicklung der Beziehung zwischen Afghanistan und der Sowjetunion, Bonn 1990, S. 31
54 Vgl. Bernhard Chiari, a.a.O., S. 40ff.
55 Vgl. Edward Böhm, a.a.O., S. 54ff.
56 Vgl. Bernhard Chiari, a.a.O., S. 41ff.
57 Vgl. Pierre Metge, a.a.O., S. 12
58 Dieter Braun, a.a.O. S. 19
59 Pierre Metge, a.a.O., S. 13
60 Ali Hussain Tuwaina, Die Berichterstattung in der „Prawda“ über Afghanistan - Das Verhältnis von Informationspolitik und öffentlicher Meinung in der Sowjetunion, Münster 1988, S. 83 f.
61 Vgl. Henning Behrens, Die Afghanistan-Intervention der UdSSR - Unabhängigkeit und Blockfreiheit oder Mongolisierung Afghanistans: Eine Herausforderung für das internationale Krisenmanagement, München 1982, S. 44
62 Ali Hussain Tuwaina, a.a.O., S. 87
63 Die eigentliche Bezeichnung des Aprilputsches, Seitens der DVPA
64 Vasiliy Mitrokhin, Cold War International History Project - The KGB in Afghanistan, Pennsylvania 2009, S. 25
65 Vgl. Said M. Samimy, a.a.O., S. 1
66 Pierre Metge, a.a.O., S. 14
67 Vgl. M. Nabi Rafi, a.a.O., S. 41
68 M. Nabi Rafi, a.a.O., S. 41
69 Vasiliy Mitrokhin, a.a.O., S. 26
70 Vgl. Esther Meier, Eine Theorie für „Entwicklungsländer“ - Sowjetische Agitation und Afghanistan 1978 - 1982, Hamburg 2001, S. 42
71 Peter Tomson, The Wars of Afghanistan - Messianic Terrorism, Tribal Conflicts, And The Failures of Great Powers, New York 2011, S. 119
72 Vgl. Vasiliy Mitrokhin, a.a.O., S. 27
73 Esther Meier, a.a.O., S. 43
74 Vgl. Esther Meier, a.a.O., S. 43ff.
75 Vgl. Vasiliy Mitrokhin, a.a.O., S. 18ff.
76 Vgl. Esther Meier, a.a.O., S. 51f.
77 Vgl. Vasiliy Mitrokhin, a.a.O., S. 22
78 Esther Meier, a.a.O., S. 56f.
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