Die Arbeit stellt sich die Frage, wie sich das Verfassungsrecht in der immissionsschutzrechlichten Beurteilung auf das Glockenläuten und den islamischen Gebetsruf auswirkt. Der Glockenschlag von Kirchtürmen sowie der islamische Gebetsruf (Muezzinruf/Adhan) sind im Zuge der Ausbreitung des Coronavirus bundesweit wieder Gegenstand lebhafter Diskussionen geworden. Auslöser dieser Diskussionen war der Entschluss der Kirchen, im Zeitalter der Pandemie, durch das Läuten der Glocken zumindest ein akustisch wahrnehmbares Zeichen der Hoffnung und Solidarität auszusenden. Dieser Idee wollten mit Blick auf den Fastenmonat Ramadan viele Moscheegemeinden mittels des lautsprecherverstärkten Adhans nachkommen.
Auf diesen verzichtete ein Großteil der Muslime in Deutschland bislang aus Rücksicht auf das Wohlbefinden der christlichen Bevölkerung. Ein weiterer Grund liegt aber darin, dass in der Vergangenheit zahlreiche Kommunen einen Antrag auf die Verkündigung per Lautsprecher ablehnten. Zwar bestätigte beispielsweise das hessische VGH (Verfassungsgerichtshof) die Entscheidung des VG Gießen, wonach eine straßenverkehrsrechtliche Genehmigung für den lautsprecherverstärkten Gebetsruf nicht erforderlich sei, wenn dieser die Lautstärke von 60 dB(A), was einer normalen Unterhaltung entspricht, nicht überschreite. Bedenkt man jedoch, dass der Umgebungslärm mit 50 dB(A) nur wenig leiser als der Gebetsruf war und dieser somit seinem Zweck, in der städtischen Geräuschkulisse nicht unterzugehen, gemeinhin nicht nachkommen kann, während das Läuten der Kirchenglocke nach Auffassung des OVG Lüneburg auch dann noch hinzunehmen sei, wenn kurzzeitig Gespräche unterbrochen oder mit verstärkter Stimme weitergeführt werden müssen und Freizeitbeschäftigungen wie der Empfang von Radio- oder Fernsehprogrammen vorübergehend gestört werden, ist die Annahme einer Ungleichbehandlung zwischen dem Muezzinruf und dem kirchlichen Glockengeläut naheliegend.
Ob diese Ungleichbehandlung mit der Verfassung in Einklang gebracht werden kann, wird unter anderem Gegenstand dieser Arbeit sein. Jedenfalls spielt das Immissionsschutzrecht im Zusammenhang mit dem kirchlichen Glockenläuten und dem islamischen Gebetsruf eine zentrale Rolle und weist zwangsläufig auch eine "verfassungsrechtliche Dimension" auf, da sich die Immissionsbetroffenen und grundrechtsberechtigten Emittenten stets auf ihre jeweiligen Grundrechte berufen.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Immissionsschutz
a. Allgemeines
b. Begriff der Immissionen
c. Geräusche
2. Glaubensfreiheit, Art. 4 I, II GG
a. Schutzbereich
aa. Glockenläuten
(1) Liturgisches Glockengeläut
(2) Zeitschlagen
bb. Islamischer Gebetsruf
b. Schranken
c. Schonender Ausgleich
3. Immissionsschutzrechtliche Beurteilung
a. Liturgisches Läuten
aa. Nicht genehmigungsbedürftige Anlage
bb. Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeine Akzeptanz
cc. TA Lärm
dd. Überschreitung des Spitzenpegelwertes
b. Zeitschlagen
aa. Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeine Akzeptanz
bb. TA Lärm
c. Muslimischer Gebetsruf
aa. Bedeutung und Vergleichbarkeit
(1) Bedeutung
(2) Vergleichbarkeit
(a) Gemeinsamkeiten
(b) Unterschiede
(c) Entscheid
(3) Zwischenergebnis
bb. Nicht genehmigungsbedürftige Anlage
cc. Herkömmlichkeit, Sozialadäquanz und allgemeine Akzeptanz
(1) Strikte Anwendung der Kriterien
(2) Kritik
(a) Herkömmlichkeit
(b) Sozialadäquanz
(c) Allgemeine Akzeptanz
(3) Zwischenergebnis
dd. TA Lärm
ee. Überschreitung des Spitzenpegelwertes
d. Zwischenergebnis
4. Ergebnis
III. Schluss
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