Machtergreifung (Zeittafel)
Am 30. Jänner 1933 wurde Hitler Reichskanzler einer Koalitionsregierung aus NSDAP und DNVP. Die Nationalsozialisten feierten dieses Datum als Tag der Machtergreifung. In Wirklichkeit war die Machtergreifung ein langwieriger Prozess, der durch folgende Ereignisse geprägt wurde:
30.1. Hitler wird Reichskanzler einer Koalitionsregierung aus NSDAP und DNVP
30.1./31.1. Überfall auf Julius Leber (MdR) in Lübeck, ein SA-Mann wird in Notwehr getötet. Verhaftung Lebers, Proteststreik der Lübecker Arbeiterschaft
1.2. Verordnung des Reichspräsidenten zur Auflösung des Reichstages
2.2. Beginn der zweiten Genfer Abrüstungskonferenz
3.2. Verbot des sozialdemokratischen „Vorwärts“ für vier Tage
3.2. Hitler trägt der Reichswehrführung sein Programm vor (Diktatur nach innen, Lebensraum nach außen)
4.2. Verordnung des Reichspräsidenten „Zum Schutz des deutschen Volkes“ erlaubt Eingriffe in Presse- und Versammlungsfreiheit; erste Handhabe zur Verfolgung politischer Gegner
6.2. Verordnung des Reichspräsidenten zur Auflösung des preußischen Landtages
7.2. Göring ernennt Kurt Daluege zum Kommissar z.b.V. im Preußischen Innenministerium: ab 12.2. politische "Säuberung" der höheren Beamtenschaft. besonders der Polizei
8.2. Kabinettssitzung: Hitler erklärt für die nächsten vier bis fünf Jahre den Vorrang der Aufrüstung
11.2. „Höherer Polizeiführer-West“ als Sonderkommissar Görings für Rheinland und Westfalen erhält Vollmachten für politische Polizeiaktionen
16.2. Austritt von Heinrich Mann und Käthe Kollwitz aus der Preußischen Akademie der Künste
17.2. „Schießerlass“ des preußischen Innenministers Göring
21.2. Ersuchen Görings an die preußischen Regierungspräsidenten, alle SPD-Mitglieder in den Polizeiverwaltungen durch „national“ eingestellte Beamte zu ersetzen
22.2. Aufstellung von ca. 50.000 Hilfspolizisten aus SA, SS und Stahlhelm in Preußen zur Unterstützung gegen „Ausschreitungen von linksradikaler, besonders kommunistischer Seite“
27.2. Reichstagsbrand
28.2. Verordnung des Reichspräsidenten „Zum Schutz von Volk und Staat“ (Reichstagsbrandverordnung): setzt Grundrechte außer Kraft, ermöglicht willkürliche polizeiliche „Schutzhaft“ ohne richterliche Kontrolle und begründet dauerhaften Ausnahmezustand; faktisches KPD-Verbot und Verbot der SPD- Presse
28.2. Verhaftung Carl von Ossietzskys
3.3. Verhaftung des KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann
4.3. Der ehemalige preußische Ministerpräsident Otto Braun (SPD) flüchtet in die Schweiz.
5.3. Reichstagswahlen: Trotz NS-Terror und verfassungswidriger Behinderung von KPD, SPD und Zentrum nur 43,9 % für NSDAP, aber knappe absolute Mehrheit für Regierungskoalition
6.3. Reichsbanner und Eiserne Front in Thüringen verboten, bis Ende März auch in anderen Ländern
6.3./18.3. Gleichschaltung der Länderregierungen und damit des Reichsrates mit Hilfe der Verordnung vom 28.2.
8.3. Reichsinnenminister Frick kündigt Errichtung von Konzentrationslagern an
9.3. Überfall auf den sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Wilhelm Sollmann durch Nationalsozialisten in Köln; Sollmann wird in „Schutzhaft“ genommen
11.3. Besetzung der Zentrale des republikanischen Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold in Magdeburg
12.3. Der Kieler Rechtsanwalt Wilhelm Spiegel, Sozialdemokrat und Jude, wird von Nationalsozialisten ermordet.
13.3. Goebbels Chef des neuen Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda
15.3. Reichsbanner und Eiserne Front im Reich verboten. Die Reichszentrale für Heimatdienst (= politische Bildung) wird aufgelöst.
17.3. Flaggenerlaß des Reichspräsidenten. Die schwarz-weiß-rote Fahne des Kaiserreichs und die Hakenkreuzfahne sind gemeinsam zu hissen.
20.3. Einrichtung eines „Kommandos z.b.V.“ der Polizei zur Verfolgung der politischen Gegner in Hamburg
20.3. KZ Dachau für „Schutzhäftlinge“ eingerichtet (nach öffentlicher Mitteilung des Münchener Polizeipräsidenten Himmler zunächst für 5000 Häftlinge)
21.3. „Tag von Potsdam“: Eröffnung des neuen Reichstages mit Hindenburg und Hitler
21.3. Drei Notverordnungen des Reichspräsidenten: „Zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung“, Einrichtung von Sondergerichten, Straffreiheit für Straftaten im Kampf für die „nationale Erhebung“
21.3. Einlieferung der ersten Gefangenen in das Konzentrationslager Oranienburg
22.3. Bildung des Referats „Rassenhygiene“ im Reichsinnenministerium
23.3. „Ermächtigungsgesetz“ nur gegen die Stimmen der SPD angenommen (alle 81 KPD- und 26 SPD- Abgeordnete fehlen - in „Schutzhaft“ oder geflohen): Regierung kann jetzt Gesetze auch verfassungsändernden Inhalts ohne Reichstag erlassen
Mit der Verabschiedung des Ermächtigungsgesetztes liquidierte Hitler vollends die Weimarer Verfassung und machte sich vom Reichstag unabhängig. Damit war der Weg zur völligen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland offen. Die Machtergreifung war vollzogen.
Written by Klaus Seyerlehner und Christian Schwarzbauer, digitalised and published by FDISK
- Arbeit zitieren
- Andreas Wachter (Autor:in), 2000, Machtergreifung (Zeittafel), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/96106