Die Arbeit setzt sich mit dem Thema auseinander, wie die Bewegung des Poetry Slams sich in Deutschland und den USA entwickelt hat, welche Regeln und Arten es dabei gibt und wie die Einordnung in die Literatur vonstattengehen kann.
Literatur bühnenfähig machen - das ist ein Ziel der deutschen und nationalen Poetry Slam Szene. Eine literarische Gattung mit Wettbewerbscharakter lockt weltweit junge Menschen zu organisierten Vorstellungen und Wettbewerben und entfacht das Feuer einer neuen Generation für Lyrik. So wird das alte, staubige Image der Dichter und Denker durch ein jugendliches, neues Format der lyrischen Darstellung ersetzt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Was ist Poetry Slam? Definitionen und Begriffserklärungen
2.1 Unterschiedliche Arten
2.2 Grundsätzliche Merkmale
3. Entstehung des Poetry Slams
3.1 Entstehung in den USA
3.2 Entstehung in Deutschland
4. Regeln
5. Einordnung in die Literatur
6. Bekannte Slam-Poeten
7. Die Möglichkeiten von Poetry Slam
8. Fazit
9. Quellenangaben
9.1 Internetquellen
9.2 Literaturquellen
9.3 Filmquelle
1. Einleitung
Literatur bühnenfähig machen - das ist ein Ziel der deutschen und nationalen Poetry Slam Szene. Eine literarische Gattung mit Wettbewerbscharakter lockt weltweit junge Menschen zu organisierten Vorstellungen und Wettbewerben und entfacht das Feuer einer neuen Generation für Lyrik. So wird das alte, staubige Image der Dichter und Denker durch ein jugendliches, neues Format der lyrischen Darstellung ersetzt. Wie diese Bewegung sich in Deutschland und den USA entwickelt hat, welche Regeln und Arten es dabei gibt und die Einordnung in die Literatur soll im Folgenden erläutert werden.
2. Was ist Poetry Slam? Definitionen und Begriffserklärungen
Als Poetry Slam wird die Veranstaltung bezeichnet, bei welcher Slam Poetry vorgetragen wird. Dies kann als „literarischer Vortragswettbewerb“1 bezeichnet werden, da am Ende eines Poetry Slam ein Sieger durch das Publikum gekürt wird. Die Slammer, wie die Redner oder Dichter bezeichnet werden, tragen selbstgeschriebene Texte vor und sind außer einem bestimmtem Zeitrahmen, auch anderen Regeln unterworfen. Diese werden später noch einmal aufgegriffen und erläutert.
Beschäftigt man sich mit der Begriffsherkunft, so lässt sich „Slam“ vor allem in Sportarten finden, bei welchen „to slam“ einen kräftigen Schlag beschreibt. Das Verb bedeutet jedoch ebenso derbe Kritik und Schonungslosigkeit.
Die dargebotene Literatur auf Poetry Slam nennt sich Slam Poetry und hat Charakteristika wie einen engen, direkten Bezug zwischen Publikum und Dichter, sowie die Auslegung der Literatur auf den Akt der öffentlichen Darbietung. Dadurch entfalten Texte oftmals eine andere Wirkung, als wenn sie nur gelesen werden und dem Dichter stehen mehrere Möglichkeiten der Bühneninszenierung offen. Jedoch kann Slam Poetry sehr allgemein definiert werden: „Slam Poetry ist alles, was bei einem Poetry Slam vorgetragen wird, da es bei Slam üblicherweise keine Vorauswahl oder gar Zensur gibt“.2 Schon hier werden die Wirkungs- und Darstellungsmöglichkeiten des Slam Poetry verdeutlicht.
Slam Poetry ist also nicht nur durch seine Vortragsweisen und Inszenierungsmöglichkeiten vielfältig, sondern auch besonders durch das breite Spektrum an behandelten Thematiken. Diese gehen von politischen Ansichten, über romantische Bekundungen und nachdenklichen Worten, zu Komik und Satire. Dieser Facettenreichtum ist ein Aspekt des großen Erfolges von Poetry Slam, da jeder seine Art von Lyrik auf der Bühne sehen kann. Diese Art von Lyrik, beziehungsweise der Darbietung davon, lässt sich jedoch schlecht in die klassischen, bekannten Literaturgattungen einordnen, da mehrere Stile und Strömungen miteinander verflochten werden um eine stimmige und ansprechende Darbietung auf der Bühne zu ermöglichen.
Um das Phänomen des Poetry Slams zu erfassen, müssen auch andere Begriffserklärungen vorgenommen werden, wie beispielsweise der „MC“. Diese Abkürzung wurde durch den HipHop Begriff „Master of Ceremony“3 geprägt, welcher für den Moderator eines Poetry Slams steht. Eine weitere, deutsche Bezeichnung für diesen Posten ist auch Slammaster.
2.1 Unterschiedliche Arten
Poetry Slam und sein Wettbewerb lebt von seinen Regeln, jedoch ist es ebenso spannend diese abzuändern oder gar ganz außer Kraft zu setzen. So sind mit der Zeit aus dem ursprünglichen, oben erläuterten, Poetry Slam Format, neue Arten entstanden. Die Regel, dass ohne Requisiten aufgetreten werden muss, wird beispielsweise beim „Prop-Slam“ ausgesetzt. Hierbei sind also Verkleidungen, Musikinstrumente oder jegliche Requisiten erlaubt. Eine weitere interessante Form des Poetry Slam ist der „Dead-or-alive“ Slam. Bei diesem Format treten Schauspieler mit auswendig gelernten Texten von bereits verstorbenen Dichtern, gegen Slam-Poeten mit eigenen Texten an.
Dass Poetry Slam nicht nur Unterhaltung sein muss, sondern auch informieren kann, zeigt der „Science Slam“. Mit Hilfsmitteln wie Beamer oder Folien sollen in kurzen, verständlichen Vorträgen dem Publikum trockene, wissenschaftliche Themen auf clevere Art und Weise vermittelt werden.
Man sollte meinen, ein Poetry Slam lebe vom gesprochenen Wort, aber dem ist nicht so. Beim, aus der Schweiz kommenden, „Gebärdensprachpoesiefestival“ wird nur mit Gestik und Mimik vermittelt, also liegt ein noch größeres Augenmerk auf der Performance des Slam-Poeten. Die Poetry Slam Szene ist auch im ehrenamtlichen Bereich tätig, beispielsweise mit dem „Alzpoetry Projekt“4, welches ursprünglich aus den USA, heute auch bei uns vorangetrieben wird. Dabei lernen Jugendliche klassische Gedichte aus früheren Epochen kennen, welche durch ihren Wiedererkennungswert Demenzkranken eine besondere Freude bereiten.
2.2 Grundsätzliche Merkmale
Da Slam Poetry so vielfältig ist, lässt es sich auch schwer charakterisieren, jedoch haben die meisten Texte trotzdem auffällige Gemeinsamkeiten. Dazu zählt beispielsweise die Aktualität, welche wohl auch den großen Zuschauerstrom anzieht. Das kommt daher, dass ein Text viel leichter von seinen Rezipienten aufgenommen wird, wenn er das Kriterium der gesellschaftlichen, sozialen oder auch politischen Relevanz erfüllt.
Grundsätzlich kann auch die Kürze der Texte, welch durch das Zeitlimit beim Poetry Slam erzeugt wird, als Merkmal bezeichnet werden, was ebenso stilgebend für das Slam Poetry ist. Die Vortragsform ermöglicht viele Arten des Vortrags oder der Betonung. Dabei sind Rhythmik und eine stimmige Wortkomposition ebenso wichtig wie treffende Artikulationen.
Wovon die Veranstaltung an sich lebt, ist sicher die Interaktion zwischen Publikum und Slam-Poet. Um dies zu verstärken, können rhetorische Mittel wie Fragen, Aufforderungen oder Teile zum Mitsprechen in den Vortrag eingebaut werden. Besonders für diese literarische Strömung ist auch der Bezug einzelner Texte auf ein Repertoire von wieder anderen Texten aus der Poetry Slam Szene. So entsteht eine fortlaufende „Kommunikation“ innerhalb der Szene.5
3. Entstehung des Poetry Slams
Um der Entstehung und dem Verlauf dieser Entstehung gerecht zu werden, muss mindestens eine räumliche Abgrenzung vorgenommen werden. Hierzu eignen sich Deutschland und die USA am besten, da sie zu den Vorreitern in der Poetry Slam Szene zählen.
3.1 Entstehung in den USA
Die „Spoken Word“ Bewegung war eine der Vorläufer des heutigen Poetry Slams. Diese „multikulturelle literarische Bewegung mit Mündlichkeit als spezifischem Merkmal“6, diente Menschen aus amerikanischen Ghettos zum Ausdruck über ihre eigene Unzufriedenheit über politische Entscheidungen. Doch diese literarische Strömung wuchs in den 60er Jahren über ihre Gründungsstätte hinaus und wurde zum Grundstein der „Poetry Reading“7 Szene, welche besonders in vielen Cafés in New York fluorierte. Schon zu diesem Zeitpunkt hatte die Musik und ihre Rhythmik einen großen Einfluss auf diese Bewegung, besonders der Jazz. Er wurde Teil der Literaturveranstaltungen und eng mit der Lyrik verknüpft. Die „World Poetry Association“ wurde daraufhin 1980 gegründet, nachdem der Dichter Al Simmons einen Konflikt zweier weitere Dichter über ihre Werke verfolgt hatte. Seinen Grundgedanken drückte er so aus: „I should do poetry bouts. Let’em put up or Hut up. We’ll have judges, a boxing ring, ring girls etc.“8. Diese Idee wurde Mitte der 80er Jahre von Marc Smith weitergeführt, indem er eine Lesereihe in einer Jazzbar einer Vorstadt anbot. Dieses Format war von Erfolg gekrönt, so formulierte Smith auch die Regeln des Poetry Slams, welche bis heute gelten: „My first rule was never allow a post to overstay his or her welcome. I encouraged the audience to ob, hiss, groan and snap them of stage.9 Aus einer kleinen Literaturvorlesung wurde schnell eine trendbehaftete Veranstaltung. So begann der Siegeszug des Poetry Slams aus dem kleinen Chicagoer Café durch die ganzen USA. In anderen Stätten, besonders in New York, erhielt Slam Poetry auch Einflüsse aus anderen Musikrichtungen wie Rap oder HipHop, da auch hier sprachliche Schlagabtausche dazugehören. Der große Erfolg in den USA zehrte auch von der Entprivilegierung der Lyrik oder allgemein der Literatur, also war „Dichtung […] nicht länger ein exklusives Vorrecht der Mittel- und Oberschicht“10, sondern eine Ausdrucksform für alle gesellschaftlichen und sozialen Schichten: Dichtung erreichte plötzlich die breite Masse und traf dort auf Zuspruch.
3.2 Entstehung in Deutschland
Die Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung waren von literarischer Einfallslosigkeit geprägt. Die deutsche Literatur hatte weder eine Perspektive noch besonderen Inhalt vorzuweisen und steckte in einer künstlerischen Sackgasse. Doch aus dieser Ausweglosigkeit entwickelte sich eine „interaktive Szene, die aus der Not literarischer Selbsthilfe eine Tugend machte“11. Innerhalb dieser Szene entwickelte sich „Social Beat“, ein rein deutsches Phänomen und ist der später hinzugefügte Begriff eines Netzwerks aus mehreren Künstlergruppen, welche sich dort über ihre literarische Arbeit austauschten oder gemeinsame Projekte planten. Unter dieser Bezeichnung fanden eine Vielzahl an öffentlichen Lesungen an den verschiedensten Orten statt: ob in Kneipen, Diskos oder Unterführungen. Der Gedanke der „Literatur zum Anfassen“ mit der besonderen Interaktion von Publikum und Dichter, legte bereits die Grundzüge des späteren Poetry Slams fest.
Die Verbreitung von HipHop und Rap, Anfang der 90er Jahre, war ein weiterer Grundbaustein für die deutsche Entwicklung des Poetry Slams. Diese Musikrichtungen trafen auf rege Begeisterung hierzulande, bis auch mit der Zeit eine deutsche HipHop und Rapszene entstand. Die Begeisterung am rhythmisch gesprochenem Wort wuchs, somit trafen die ersten Wellen der Poetry Slam Szene auf nahrhaften, deutschen Boden. Maßgeblich beteiligt an der Verbreitung des Formats war beispielsweise die Berliner Literaturwerkstatt, welche bereits 1993 Slam Poeten aus Amerika zu Lesungen in ihren Cafés einlud12. Der Funke der amerikanischen Idee sprang auch auf den deutschsprachigen Raum über, heute die zweitgrößte Poetry Slam Szene13.
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1 http://www.sprechreiz.org/regeln-poetry-slam-definition (letzter Zugriff: 28.12.17)
2 Bylanzky, Ko: Poesie mitten in die Magengrube. In: Poetry Slam. Was die Mikrofone halten. Hrsg. von Ko Bylanzky und Rayl Patzak, Ariel, 2000, S. 76
3 Westermayr, Stefanie: Poetry Slam in Deutschland: Theorie und Praxis einer multimedialen Kunstform, 2. erweiterte Auflage, S. 112
4 vgl. Anders, Petra: Poetry Slam, Deutschdidaktik aktuell Band 34, S. 19, 2015
5 vgl. Anders, Petra: Poetry Slam, Deutschdidaktik aktuell Band 34, S. 23, 2015
6 Westermayr, Stefanie: Poetry Slam in Deutschland: Theorie und Praxis einer multimedialen Kunstform, 2. erweiterte Auflage, S. 174
7 Kane, David: All Poets Welcome: The Lower East Side Poetry Scene in the 1960s, 1. Auflage, Berkley: University of California Press, 2003, S. 34
8 Jacobus, Terry: Poetic Pugilism. In: The Spoken Word Revolution, 1. Auflage, Naperville: Sourcebooks Inc., 2003, S. 84
9 Smith, Marc Kelly: About slam poetry In: The Spoken Word Revolution, 1. Auflage, Naperville: Sourcebooks Inc., 2003, S. 118
10 Kaufman, Alan: Die Poeten des neuen Jahrhunderts, Slam!Poetry, Heftige Dichtung aus Amerika, 2., neu überarbeitete Auflage, Edition Druckhaus Galrev, 1994, S. 95
11 Westermayr, Stefanie: Poetry Slam in Deutschland: Theorie und Praxis einer multimedialen Kunstform, 2. erweiterte Auflage,
12 vgl. Anders, Petra: Poetry Slam, Deutschdidaktik aktuell Band 34, S. 15, 2015
13 www.abendblatt.de/region/norderstedt/article118763363/Hamburg-ist-die-Hochburg-des-Poetry-Slam-in-Deutschland.html (letzter Zugriff: 28.12.17)
- Quote paper
- Anonymous,, 2018, Das Aufkommen des Poetry Slam. Ein neues Genre der Lyrik oder kompetitive Veranstaltung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/959013
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