Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
TEIL I: WIRTSCHAFTLICHE UND GESELLSCHAFTLICHE VERÄNDERUNGEN
1. Die „Informationsgesellschaft“
1.1 IKT und ihre Auswirkungen auf Markt und Gesellschaft
1.2 Das Internet als globales Kommunikationsnetz
1.3 Änderungen in der Beschäftigungsstruktur
1.4 Veränderungen in der Politik
2. Die Globalisierung der Wirtschaft
2.1 Veränderte Arbeitsmarktstrukturen - Die Dienstleistungsgesellschaft
2.2 Wanderung von Arbeitsplätzen
2.3 Neue Beschäftigungsperspektiven durch Multimedia
2.4 Der Trend zur höheren Qualifikation
2.5 Der Faktor „Bildung“ in der Wissens- und Informationsgesellschaft
TEIL II: WANDEL IN DER BILDUNGSARBEIT
1. Veränderungen in der schulischen Bildungsarbeit
1.1 Der veränderte Stellenwert von Schule
1.2 Abkehr vom lebensfernen Lernen
1.3 Ende der traditionellen Schule
2. Schlüsselqualifikationen als Managementaufgabe
2.1 Historischer Hintergrund des Schlüsselqualifikationenkonzepts
2.2 Zum Begriff der „Schlüsselqualifikationen“ - Definitionen
2.3 Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen nach D. Mertens
2.4 Erweiterung des Begriffs der Schlüsselqualifikationen
2.5 Kritische Betrachtung des Begriffs der Schlüsselqualifikationen
2.6 Transfer des Begriffs der Schlüsselqualifikationen auf den schulischen Bereich
3. Medienkompetenz als exemplarisches Feld für Schlüsselqualifikationen
3.1 Medienkompetenz als Erziehungs- und Bildungsziel
3.2 Zum Begriff der Medienkompetenz
3.3 Schulisches Konzept der Medienpädagogik
3.4 Koordinierungsrahmen für medienpädagogische Unterrichtseinheiten und Projekte in der Schule
3.5 Anforderungen an Lehrkräfte
4. Lernen und Weiterbildung als lebenslange Aufgabe
4.1 „Das Europäische für lebensbegleitendes Lernen, 1996“
4.2 Effiziente und innovative Bildungsarbeit
4.3 Die „Weiterbildungsgesellschaft“
4.4 Bildung als Managementaufgabe
4.5 Lernen und Wissen als Erfolgsfaktor
4.6 Gestaltung, Steuerung und Ebenen von Bildungsarbeit
5. Der Weiterbildungsmarkt
5.1 Ursachen des Booms in der Weiterbildung
5.2 Betriebliche Weiterbildung
5.3 Kosten und Teilnahmequote der Weiterbildung
5.4 Weiterbildungsmaßnahmen in der Praxis
5.5 Weiterbildung am PC
5.6 Übersichtstabellen zur Weiterbildung
TEIL III: VERÄNDERTES LEHREN UND LERNEN DURCH EINE
NEUE ROLLE VON SCHULE
1. Neue Rolle von Schule
1.1 Schulische Entwicklungsphasen der letzten vier Jahrzehnte
1.2 Elemente eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs
1.3 Zum Bildungsbegriff der Bildungskommission in NRW
1.4 Merkmale und Kennzeichen einer „guten“ Schule
1.5 Gestaltungsmöglichkeiten von Schule - Schulautonomie
2. Lehren und Lernen in der Informationsgesellschaft
2.1 Lehren und Lernen im Strukturwandel
2.2 Neue Lernziele im Unterricht
2.3 Veränderte Unterrichtsmethoden
2.4 Lernen durch Lehren
2.5 Anforderungen an Lehrpersonen
2.6 Die neuen Bildungspläne
2.7 Innere Schulreform: „Schulen brechen auf“
2.8 Die Bildungsinitiative „Schulen ans Netz“
TEIL IV: BEISPIELE NEUER SCHULISCHER BILDUNGSARBEIT ...
1. Das Projekt „Kreuzzüge und Stauferzeit“
1.1 Intentionen und Vorbereitung
1.2 Themenstellung und Zeitraum für die Durchführung
1.3 Der technische Kenntnisstand der Schüler
1.4 Der Verwaltungsaufwand
1.5 Material für das Internet
1.6 Die europäische Dimension
1.7 Unterrichtsziele des Projekts
1.8 Durchführung des Projekts am Graf-Zeppelin-Gymnasium, Friedrichshafen
1.9 Bewertung des Projekts
2. „Weihnachten in Texten und Bildern“: eine fächerübergreifende Unterrichtseinheit
2.1 Zielsetzung
2.2 Planung und Organisation
2.3 Erste Unterrichtssequenz: „Nikolaus“
2.4 Zweite Unterrichtssequenz: „Advents- und Vorweihnachtszeit“
2.5 Dritte Unterrichtssequenz: „Weihnachten“
2.6 Vierte Unterrichtssequenz: „Dreikönig“
2.7 Fünfte Unterrichtssequenz: „Weihnachten im Rückblick“
2.8 Bewertung der Unterrichtseinheit
2.9 Stoffverteilungsplan
SCHLUSS
ERKLÄRUNG
LITERATURVERZEICHNIS
EINLEITUNG
Gegenwärtig vollzieht sich ein Paradigmenwechsel, der alle Bereiche der Gesellschaft erfasst. Einer der Hauptfaktoren für diese Entwicklung kann in dem rasanten Fortschritt der Datenverarbeitung, -speicherung und -vermittlung gesehen werden. So führt die Entwicklung einer neuen globalen Infrastruktur zu einer sich immer mehr beschleunigenden Wissensvermehrung, was eine Umgestaltung von Produktionsprozessen in Industrie und Wirtschaft nach sich zieht. Dadurch verändern sich grundlegend auch die Arbeitsplätze und die durch sie gestellten Anforderungen. Angesichts dieser veränderten Anforderungen, die Beruf, Arbeit und Wirtschaft an uns stellen, gilt es Konsequenzen abzuleiten, die sich daraus für die Schule, die berufliche Bildung und die Weiterbildung ergeben. Dies ist auch die zentrale Frage der vorliegenden Arbeit:
Was muss eine zeitgemäße Bildungsarbeit leisten, damit Schüler und Erwachsene - Lernende schlechthin - die Aufgaben meistern können, vor die das nächste Jahrhundert sie stellen wird?
Die vorliegende Arbeit, die sich in vier Teile gliedert, versucht auf diese Frage Antworten zu geben.
InTeil Iwird exemplarisch für die derzeit stattfindenden tiefgreifenden Veränderungen, auf diverse Faktoren der Informationsgesellschaft, also auf eine Gesellschaft, die sich durch Bildung und Wissen auszeichnet, und auf die Globalisierung der Wirtschaft, also auf eine weltweit verflochtene Wirtschaft, die durch multinationale Gesellschaften und neue Waren und Dienstleistungen gekennzeichnet ist, eingegangen.
Aus diesen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umbrüchen resultiert ein Wandel in der Bildungsarbeit, welcher Gegenstand von Teil II der Arbeit ist. Aspekte dieses Wandels sind z.B. Veränderungen in der schulischen Bildungsarbeit, die sich bemüht, jene Fertigkeiten und Kenntnisse, kurz „Schlüsselqualifikationen“ zu vermitteln, die berufliches und privates Weiterkommen ermöglichen. Das Konzept der Schlüsselqualifikationen -und die Medienkompetenz als exemplarisches Feld dafür - werden in diesem Teil näher beschrieben. Weitere Kennzeichen für den Wandel in der
Bildungsarbeit ist die Tendenz, Lernen und Weiterbildung als lebenslange Aufgabe zu begreifen, was natürlich auch Auswirkungen auf die Rolle der Schule hat.
Teil IIIbefasst sich mit der neuen Rolle von Schule in dieser von Komplexität und Dynamik geprägten Zeit. Es werden Elemente eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs, Kennzeichen und Merkmale einer „guten“ Schule aufgezeigt. Ausgehend von der neuen Rolle von Schule werden daraufhin neue Lernziele, veränderte Unterrichtsmethoden und die sich daraus ergebenden Anforderungen an Lehrpersonen erörtert.
Wie diese veränderte Bildungsarbeit ihre Umsetzung in der Schulpraxis findet, wird inTeil IVmit den Beschreibungen eines Projektes und einer fächerübergreifenden Unterrichtseinheit verdeutlicht.
Die vorliegende Arbeit will vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen Kennzeichen, Wege und Methoden einer zeitgemäßen Bildungsarbeit aufzeigen. Bildungsarbeit ist heute nämlich zum großen Teil noch immer auf die Vermittlung von Faktenwissen ausgelegt, Schlüsselqualifikationen werden dabei nur selten vermittelt. Diese Feststellung musste ich, als angehender Grund- und Hauptschullehrer, in zahlreichen Unterrichtsbeobachtungen leider immer wieder machen. So stellte ich fest, dass viele Lehrer noch immer auf frontale Weise unterrichten und somit die sozialen und kommunikativen Kompetenzen bei den Schülern nicht gerade fördern oder verbessern. Aus dieser (bitteren) Erkenntnis entstand meine Motivation für die tiefere Auseinandersetzung mit dem Thema „Veränderungen in der Bildungsarbeit“. Durch die Lektüre einschlägiger Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, durch die Mitgestaltung einiger interessanter Seminare zu diesem Thema an der PH Weingarten, besonders aber durch Kontakte zu Lehrern und anderen Pädagogen wurde ich auf Möglichkeiten einer neuen, veränderten Bildungsarbeit aufmerksam. Eine solche Bildungsarbeit nimmt den Schüler in den Mittelpunkt des Unterrichtsgeschehens. In offenen, problem- und handlungsorientierten Lernprozessen werden durch den Lehrer, der lediglich als Organisator, Berater und Helfer fungiert, die Voraussetzungen geschaffen, diejenigen Qualifikationen zu erwerben, die im späteren beruflichen und privaten Leben erfolgsentscheidend sind.
Die Anregungen beim Verfassen dieser Arbeit haben sich sowohl aus der gedanklichen Auseinandersetzung mit diesen Ansätzen zeitgemäßer Bildungsarbeit als auch aus ihrer Vermittlung und Anwendung in eigenen Unterrichtsversuchen im Rahmen meiner Lehrerausbildung ergeben. Besondere Anregungen verdanke ich Herrn OStR Rainer M. Hepp und Herrn OStD Wofgang Currlin, die mir bereitwillig Auskunft über fächerübergreifende und fächerverbindende Unterrichtsprojekte an ihren Schulen Auskunft gaben. Ferner bedanke ich mich bei Frau Dr. Margarete Ruep, Rektorin der Realschule Sinsheim, mit der ich über einige Monate per E-Mail in Kontakt stand und die mir über ihre Vorstellungen neuer Lernziele - ausgehend von den Erfahrungen an ihrer Schule - berichtete. Mein Dank geht auch an meine Familie und an meine Freundin, die mich bei der Entwicklung dieser Arbeit durch viele anregende Gespräche unterstützten.
Hinweise zur Schreibweise:
* Die Lesbarkeit eines Textes wird durch Wortgebilde wie „SchülerInnen“, „TeilnehmerInnen“ usw. sicher nicht erhöht. Von „Schülerinnen und Schülern“ jeweils zu reden wäre zwar möglich, würde aber die Klarheit und Übersichtlichkeit vermindern, den Lesefluss hemmen und obendrein viel Platz kosten. Im Text wird daher ausschließlich die männliche Schreibweise (z.B. Schüler, Lehrer) verwendet; selbstverständlich sind allle Aussagen ebenso in weiblicher Form zu verstehen.
* Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit wurde nach den Regeln der neuen Rechtschreibung verfasst.
Teil I: Wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen
Heute ist die Welt in einer Phase des Übergangs, die moderne, industriell geprägte Ära geht zu Ende, eine neue, die postmoderne zieht herauf. Diese neue Ära zeichnet sich durch tiefgreifende Veränderungen aus, die alle Teil eines umfassenden Wandlungsprozesses sind, der für unser Leben im allgemeinen und insbesondere für die Zukunft von Erziehung und Bildung fundamental ist. Diese Veränderungen finden auf unterschiedlichen Ebenen statt und kommen z.B. in der „Informationsgesell-schaft“ und der Globalisierung der Wirtschaft zum Ausdruck.
1. Die Informationsgesellschaft
”Die Währung der Zukunft heißt nicht DM,[1] Pfund, Franc, Dollar oder Yen. Sie heißt Information”[2]. So titelte Ende März 1997 die Nippon Telegraph and Telephone Cooperation eine dreiseitige Anzeige in der Süddeutschen Zeitung. Überschrift und Werbetext machen prägnant deutlich, dass es bei dem Thema ”Informationsge- sellschaft” nicht primär um durch Medien vermittelte Informationen, sondern um wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen und damit auch um die Zukunft des Standorts Deutschland und seiner Bürger geht.
In diesem Jahrhundert prägten Arbeit und Kapital die Industriegesellschaft. Diese beiden Faktoren haben den technischen Fortschritt gefördert, den Lebensstandard der Bevölkerung angehoben, zur Schaffung des Wohlfahrtsstaates maßgeblich beigetragen und den demokratischen Rechtsstaat materiell abgesichert. Diese Ära der Industriegesellschaft geht ihrem Ende entgegen. Im nächsten Jahrhundert werden andere Leitideen gelten - allein schon deshalb, weil wirtschaftliches Wachstum heute immer mehr vonBildungundWissenabhängig ist.
Deutschland befindet sich also, wie alle hochentwickelten Industriegesellschaften, im Übergang von der Industrie- zur Informationsgesellschaft. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, der in seinen Auswirkungen mit der industriellen Revolution vergleichbar ist, die seinerzeit binnen weniger Jahrzehnte das gesellschaftliche Leben grundlegend veränderte. Zur Zeit vollzieht sich wiederum ein solch tiefgreifender Einschnitt. Seine Auswirkungen werden schneller durchschlagen als im Falle der Industrialisierung und werden tiefer in unseren Alltag eingreifen. Eigeninitiative und Kooperationsfähigkeit, Flexibilität und Dezentralisierung, Elektronische Post und Multimediawelt, Internet und Telearbeit sind nur einige Schlagworte, die den sich wandelnden beruflichen und persönlichen Alltag mehr und mehr bestimmen.
Ein ausschlaggebender Faktor und Wegbereiter für die Entwicklung hin zur Informationsgesellschaft ist die Einführung neuer, hochmoderner Informations- und Kommunikationstechnologien[3].
1.1 Informations- und Kommunikationstechnologien und ihre Auswirkungen auf Markt und Gesellschaft
Durch die Digitalisierung, d.h. die Zerlegung aller Informationen in zwei (gegensätzliche) Grundwerte (Null und Eins, An und Aus usw.), die inzwischen in fast alle unsere elektronischen Kommunikationsmittel Einzug gehalten hat, und durch die Entwicklung geeigneter und immer kostengünstigerer Technik ist eine „gemeinsame Sprache“ für unterschiedliche, bisher von einander getrennte Bereiche möglich geworden. Telekommunikation, Datenverarbeitung und klassische Medien haben sich zu einem multimedialen Markt vereint.
Der Einzug dieser neuen Informations- und Kommunikationstechnologien hat natürlich Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die Beschäftigung: Einerseits werden durch die neue Technologien bestimmte Arbeitsplätze vernichtet. Andererseits werden durch neue Tätigkeitsfelder, die sich dank der neuen Informationstechniken ergeben, viele neue Arbeitsplätze geschaffen. Allerdings, so möchte man kritisch anmerken, geschieht dies nur in solchen Ländern, die bereits einen großen technologischen Vorsprung haben. Die neuen Informationstechnologien verändern auch das Wesen der Arbeit und die Produktionsorganisation, was einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel mit sich führt (auf den an anderer Stelle näher eingegangen wird).
Massenproduktion macht einer differenzierteren Produktion Platz. Die Produktionsverhältnisse und die Beschäftigungsbedingungen verändern sich. Dabei setzen die Unternehmen in ihrer Arbeitsweise auf Flexibilität und Dezentralisierung. Bereits jetzt bewirkt die Informationstechnologie einen Wegfall jener Routinearbeiten, die sich über Automaten kodieren, programmieren und auch verrichten lassen. Der Arbeitsinhalt wird in immer stärkerem Maße von Aufgaben geprägt, die Initiative und Flexibilität erfordern.
Durch Informationstechnologien können Aufgaben besser dezentralisiert und koordiniert werden, die in der Zusammenarbeit sowohl zwischen verschiedenen Büros ein und derselben Etage eines Unternehmens als auch in diversen Lokationen verschiedener Länder, ja Kontinente anfallen. Dadurch gewinnt einerseits der menschliche Faktor im Produktionsprozess immer mehr an Bedeutung, andererseits wird der Arbeitnehmer aber auch gegenüber Veränderungen der Arbeitsorganisation immer anfälliger, da er als einzelner einem sehr komplexen Netzwerk gegenübersteht, das er nicht zu beeinflussen vermag.
Die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien verändern aber nicht nur die mit der Produktion zusammenhängenden Tätigkeiten, sondern auch Aktivitäten im Dienstleistungssektor und in einer Vielzahl anderer Gebiete, nicht zuletzt auf dem Sektor der Bildung, speziell der beruflichen Bildung. Hier wird eine „Annäherung von Lern- und Produktionsmethoden“[4] deutlich. So werden sich auch die Unterrichtsmethoden in der Schule verändern (und verändern müssen). Das eher passive Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler, das die schulische Welt in der Vergangenheit mehr oder weniger geprägt hat, wird durch ein fruchtbares interaktives Verhältnis ersetzt werden. Fächerübergreifende, offene Lernprozesse werden die Bildungsarbeit maßgeblich bestimmen, wovon im zweiten und dritten Teil dieser Arbeit noch ausführlich die Rede sein wird.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien einen zentralen Bestandteil der Infrastruktur des 21. Jahrhunderts darstellen. Sie bilden eine entscheidende Grundlage für national und global ablaufende Prozesse in allen Lebensbereichen, insbesondere in Wirtschaft, Bildung, Verkehr, Medizin und Unterhaltung. In ihrer weiteren Entwicklung und gezielten Anwendung liegen große Chancen für wirtschaftliches Wachstum, neue Arbeitsplätze, gesellschaftlichen Fortschritt und verbesserte Lebensqualität.[5]
1.2 Das Internet als globales Kommunikationsnetz
Gleichzeitig entwickelt sich mit demInternetseit Anfang der 90er Jahre durch eine leicht bedienbare und benutzerfreundliche graphische Oberfläche (genannt World Wide Web - WWW) ein Kommunikationsmittel, das - ähnlich wie seinerzeit Briefpost, Telefon oder Fax - in kürzester Zeit ein neues globales Kommunikationsnetz ermöglichte. Texte, Töne und Bilder lassen sich mit diesem Medium schnell und in bester Qualität anderen Teilnehmern am weltweiten Kommunikationsprozess zugänglich machen.
Erfunden wurde das WWW 1989 am Schweizer Kernforschungszentrum CERN. Das Forschungsanliegen war damals, Kommunikation, Kooperation und Informationsaustausch zwischen den einzelnen Wissenschaftlern der Forschungsgruppe im Hause zu verbessern. Es sollten die Diskussionspapiere und Ergebnisse im Laufe der Zeit miteinander verbunden werden. Zuvor waren die Informationen auf verschiedene Rechner, Betriebssysteme und Abfrageprogramme verteilt gewesen. Statt also auf Quellen durch Literaturangaben zu verweisen, führen jetzt die im Netz angegebenen Verweise in Sekundenschnelle auf die vollständigen Quelltexte.
Während vor einigen Jahren das Internet lediglich ein neu geschaffenes Kommunikationsforum für Wissenschaftler darstellte, wird es heute ebenso für private und kommerzielle Zwecke genutzt. Inzwischen ermöglicht das Internet mit seinen derzeit fast 200 Millionen Nutzern den weltweiten und sehr schnellen Austausch und Vertrieb von Informationen, Waren, Dienstleistungen und Bildungsinhalten.
1.3 Änderung der Beschäftigungsstruktur
Durch diese neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und den damit verbundenen sehr komplexen Verwendungsmöglichkeiten verändert sich der Arbeitsmarkt und dadurch auch die Beschäftigungsstruktur ganz erheblich:[6] Betrachtet man z.B. die Haupterwerbszweige Landwirtschaft, Produktion, Dienstleistung und Information, so stellt man fest, dass mehr als die Hälfte der Beschäftigten aus diesen Sektoren sich bereits heute überwiegend mit Informationsverarbeitung befasst, und diese Tendenz ist steigend. Angesichts der hohen Beschäftigungsquote im IKT- Bereich erübrigt sich wohl die vielgestellte Frage, ob nun die Informationsgesellschaft mit all ihren Erscheinungen für den einzelnen eine kulturelle Bereicherung oder im Gegenteil eher eine Verarmung darstellt. Wir befinden uns also nicht mehr auf dem Weg in die Informationsgesellschaft, wir sind bereits mittendrin. Und diese Tatsache bleibt nicht ohne Auswirkungen auf politische Entscheidungsprozesse.
1.4 Veränderungen in der Politik
Welche Auswirkungen die mit dem Stichwort Informationsgesellschaft zusammenhängenden Entwicklungen auch auf politische Institutionen und Entscheidungsprozesse haben, ist noch schwer absehbar. Der amerikanische Zukunftsforscher Alwin Toffler meint: ”Die neuen Medien werden die Politik grundlegend verändern.”[7] In der Geschichte läßt sich jedenfalls ablesen, daß die Verbreitung von Medien immer zur Demokratisierung beigetragen hat. So läutete die Erfindung des Buchdrucks eine Neuorientierung des Bürgertums auf geistigen, politischen und vielen anderen Gebieten ein. So war die Nutzbarmachung dieses neuen Mediums eine der Voraussetzungen für die erfolgreiche Durchführung der Reformation, nachdem das Interpretationsmonopol der Klöster entfallen war. Für das Bürgertum entstand die Möglichkeit, sich weiterzubilden und den Adel im Laufe der Zeit an Wissen und letztendlich auch an Macht zu überflügeln.
Heute besteht über virtuelle Bibliotheken („virtual electronic libraries“) im Internet die Möglichkeit, aus bereits über 800 000 Büchern auszuwählen, diese in Auszügen einzusehen und sie ggf. „online“ zu kaufen. Rund 100 deutsche Tageszeitungen bieten Informationen und Service im Internet an, der Deutsche Bundestag, politische Parteien und Verbände kommunizieren auf dem gleichen Weg. Hunderte deutscher Städte und Gemeinden informieren im World Wide Web nicht nur über örtliche Sehenswürdigkeiten, Kultur und Öffnungszeiten öffentlicher Einrichtungen, sondern auch über kommunale Entscheidungen, Dienstleistungen, Gewerbeansiedlungen und die Tagesordnung der lokalen Parlamente. Bürgerinformationssysteme oder die computerunterstützte Parlamentsarbeit erleichtern Abgeordneten wie Bürgern die Kommunikation.
Das Buch und das Internet haben vieles gemeinsam. Zum einen sind die Nutzer des Internets in einem viel größeren Maße auch Nutzer von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften. Zum anderen war das Buch aus historischer Sicht an seinem Beginn - wie das Internet - ein äußerst elitäres Medium, zu dem die breite Bevölkerung kaum Zugang hatte. Als um 1800
Goethe seine Verse schrieb, konnten gerade 20 Prozent der Menschen in Deutschland lesen und schreiben. Allerdings bedarf es - und das liegt mitunter auch an politischen Entscheidungsprozessen - keiner 20 Jahre, um das Internet (als weltweites Kommunikationsnetz) zum Massenmedium und damit zum Allgemeingut zu machen.
2. Die Globalisierung der Wirtschaft
Mit diesen gesellschaftlichen Veränderungen sind auch Neuorientierungen und Umstellungen auf ökonomischer Ebene verbunden, wie sie sich z.B. in der Globalisierung der Wirtschaft zeigen. Diese findet ihre Umsetzung in einem nie zuvor dagewesenen freien Kapital-, Güter- und Dienstleistungsverkehr. Globalisierung ist also als ein Prozess zu verstehen, durch den Märkte und Produktion in verschiedenen Ländern immer mehr voneinander abhängig werden - dank der Dynamik des Handels und durch die größere Mobilität von Kapital und Technologie.
So ist die Erde zu einem riesigen Marktplatz geworden: Seit 1945 hat sich das Volumen des Welthandels um das Fünfzigfache vergrößert. Jedes siebte Produkt geht heute in den Export[8]. Von der Globalisierung der Märkte reden Wirtschaftsexperten, wenn sie den sprunghaft gewachsenen internationalen Wettbewerb meinen. Zwar ist die neue Weltwirtschaft noch nicht „perfekt“, denn 87 Prozent des internationalen Handels konzentrieren sich zur Zeit noch auf Nordamerika, Westeuropa und die Industrieländer Asiens[9]. Zunehmend stoßen jedoch bisherige Entwicklungsländer in diese Riege der konventionellen Industrieländer. Infolgedessen hat die Qualitätsbezeichnung „Made in Germany“ in den letzten Jahren mächtig Konkurrenz bekommen. In Osteuropa wachsen nach dem Zerfall des Sozialismus starke Mitbewerber vor unserer Haustür heran. Die internationale Konkurrenz schläft nicht. Schon holen „Billiglohnländer“ auch beim Know- how mit Riesenschritten auf.
Um im harten Wettbewerb auf dem Weltmarkt mithalten zu können, erschließen deutsche Firmen neue dynamische Märkte zunehmend im Ausland. Durch Produktion und Seviceleistung vor Ort sollen neue Kunden gewonnen, Währungsverluste ausgeglichen und Einfuhrschranken für Exporte umgangen werden. Der Mercedes- Manager Klaus-Dieter Vöhringer kommentiert diese Entwicklung wie folgt: „Wir arbeiten dort, wo weltweit herausragende Leistungen im Bereich Software entstehen, z.B. im indischen Bangalore“[10].
Eigentlich besteht der Trend zur Internationalisierung der deutschen Wirtschaft bereits seit den fünfziger Jahren, eben seit ihrer Integration in die Europäische Union. Dies brachte dem Verbraucher viele Vorteile: Wohlstand und ein größeres und differenzierteres Güterangebot. Allerdings stehen diesem Trend auch erhöhte Anpassungszwänge auf den Arbeitsmärkten entgegen. Der weltweite Arbeitsmarkt wird immer differenzierter. Die Internationalisierung führt dazu, dass sich deutsche Unternehmen auf die Entwicklung von hochwertigen und forschungsintensiven Produkten spezialisieren, die nur mit modernster Technologie und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) hergestellt werden können.[11]
Es ist zu beobachten, dass Großfirmen, aber auch Kleinunternehmer und Vertreter freier Berufe sogenannte Teleports nutzen, um in Niedriglohnländern Arbeiten im onlineBetrieb ausführen zu lassen. Angesichts der Globalisierung und des immer größer werdenden Wettbewerbs haben viele Unternehmen ihre Strukturen bereits umgestellt: Man kommt weg von stark arbeitsteiligen Arbeitsstrukturen und „stellt um auf funktionsintegrative, auf ganzheitliche Arbeitsformen“[12].
2.1 Veränderte Arbeitsmarktstrukturen - Die Dienstleistungsgesellschaft
In Deutschland ist der Strukturwandel am augenfälligsten auf der Ebene der großen Wirtschaftssektoren. Die Zahl der Menschen, die in Handel, Verkehr und anderen Diensleistungsbetrieben arbeiten, ist stark gestiegen:
Während 1970 nur jeder dritte (34%) im Dienstleistungssektor tätig war, sind es heute mehr als die Hälfte (57%) der Beschäftigten.[13] Allerdings wurde die Expansion des Dienstleistungsbereichs auch dadurch begünstigt, dass die Industrieunternehmen viele Dienstleistungen, die sie früher selbst erbracht haben, zugunsten spezialisierter Firmen ausgegliedert haben. Der Bestand dieser Arbeitsplätze ist streng mit der Industrieproduktion verknüpft. „Deshalb hängt das Wohl einer Dienstleistungsgesellschaft auch von der Leistungsfähigkeit und Wettbewerbskraft der Industrie und ihren qualifizierten Facharbeitern ab.“[14] Sicherlich verstärkt sich durch die Globalisierung der Wirtschaft der Druck auf weniger qualifizierte Arbeitskräfte und besonders auf jene Arbeitnehmer, die nicht gewillt sind, sich weiterzubilden. Andererseits entstehen durch diese Globalisierung und den internationalen Wettbewerb auch Chancen, besonders für die Dienstleister, die nun ihre „Produkte“ auch auf fremden Märkten verkaufen können. Es werden dadurch aber auch immer mehr ausländische Unternehmen in Deutschland tätig.
Auch durch die Öffnung Osteuropas entstehen vielversprechende Chancen für den beruflichen Aufstieg vieler deutscher Fachkräfte. So können zum Beispiel im Vertrieb oder im Aufbau neuer Fertigungsstätten neue Beschäftigungen entstehen. Früher war es lediglich die Exportabteilung eines Unternehmens, die Kontakt zum Ausland hatte. Heute werden immer mehr Arbeitskräfte in den internationalen Informationsfluss eingebunden. Während zum Beispiel Bankkaufleute früher überwiegend im Inland, eben für deutsche Banken, tätig waren, erhalten sie heute das Angebot, für die Niederlassungen ausländischer Banken zu arbeiten. Allerdings sind diese neuen Tätigkeitsbereiche ganz enorm mit Anpassungsleistungen verbunden. Und eben diese erforderlichen Anpassungen können nur über eine gezielte Weiterbildung erfolgen. So werden Wissen und Lernen zu immer wichtigeren Faktoren in einer Zeit, die von Komplexität und Dynamik geprägt ist.[15]
2.2 Wanderung von Arbeitsplätzen
Eine mit diesem Strukturwandel einhergehende Entwicklung stellt die Wanderung der Arbeitsplätze aus der industriellen Erzeugung in die Dienstleistungswirtschaft dar. So sind z.B. in Baden-Württemberg über 90 Prozent aller seit 1980 neu geschaffenen Arbeitsplätze im tertiären Dienstleistungssektor entstanden.[16] Dass diese Entwicklung inzwischen die Industrie in ihrer gesamten Breite, aber auch mechanische Arbeitsprozesse in traditionellen Dienstleistungsbereichen wie Banken und Versicherungen erfasst hat, gehört zu den wirtschaftsstrukturellen Gründen der hohen Arbeitslosigkeit in den Industrieländern.
Dies ist aber vor dem Hintergrund der aufgezeigten Strukturwandlungen kein unabwendbares Schicksal, sondern eine vorübergehende Erscheinung. „Denn die Wir- kungen des Chips auf die Arbeitsprozesse sind seiner Natur gemäß gegenläufig, so dass er eine sowohlarbeitsersetzendeals aucharbeitsschaffendeFunktion hat“[17], je nachdem, ob er mechanische und monotone Arbeit als künstlicher Prozessor und Roboter ersetzt oder kommunikative Tätigkeiten qualitativ aufwertet und neue Beschäftigungsmöglichkeiten schafft.
Auch wenn es verständlich ist, dass in der öffentlichen Diskussion die JobkillerEigenschaft des Chips im Vordergrund steht, sollte die andere Seite der Medaille, die ich an folgendem Beispiel aus der Praxis zu verdeutlichen versuche, nicht rigoros ausgeblendet bleiben:
In Berlin ist vor kurzem eine Wirtschaftsinitiative gegründet worden, die alle jene Unternehmen zusammenzufassen beabsichtigt, die der IKT-Nutzung und -Anwendung am nächsten stehen. Bei dieser Wirtschaftsinitiative unter dem Namen ProTIME handelt es sich um den Zusammenschluß von Unternehmen der Telekommunikation (T), der Informationstechnologie einschließlich Software (I), von Multimedia (M) sowie der Unterhaltungselektronik (E = Entertainment). Nach einer ersten Bestandsaufnahme sind im Berliner IKT-Sektor bereits rund 6000 Unternehmen tätig, davon 4400 Medienunternehmen, 1100 Software- und 350 Telekommunikationsanbieter. Sie haben insgesamt 70 000 Beschäftigte und erzielen einen Umsatz von 20 Mrd. DM.[18]
2.3 Neue Beschäftigungsperspektiven durch Multimedia
Die konsequente Anwendung von Multimedia ermöglicht neue[19] Beschäftigungsperspektiven. In den nächsten 15 Jahren können schätzungsweise über 200 000 Arbeitsplätze neu geschaffen sowie rund 1,2 Mio. Arbeitsplätze gesichert werden.[20] Neue Berufsbilder wie z.B. Netzagent, Netzmanager, Netz-und Screendesi- gner, Mediadesigner etc. entstehen mit den entsprechenden Ausbildungsprofilen. So setzt sich auch die Bundesregierung dafür ein, dass mit diesen neuen Berufsbildern zusätzliche Lehrstellen geschaffen werden. Im Jahr 1996 sind z.B. drei neue Ausbildungsberufe im Medienbereich geschaffen worden (Film- und Videoeditor/in, Mediengestalter/in Bild und Ton, Werbe- und Medienvorlagenhersteller/in). 1997 kamen weitere sieben neue Ausbildungsberufe allein im Bereich der neuen Medien und der Informations- und Kommunikationstechnik hinzu.
Der Nutzer moderner Informations- und Kommunikationstechnik kann sich im Rahmen des globalen Kommunikationsnetzes an jedem Ort der Erde aufhalten und mit dem gewünschten Partner kommunizieren. Modernste Mikroelektronik, Glasfaserkabel und Satellitentechnik machen dies möglich. Büroarbeit ist nicht mehr unbedingt standortgebunden. So stellt z.B. die Telearbeit eine wichtige wirtschaftliche Möglichkeit dar, Multimedia zu nutzen. Sie bietet Chancen zur Flexibilisierung der Arbeitswelt, zur Erhöhung der Zeitsouveränität der Arbeitnehmer, zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf (mehr „quality time“) und zur Entlastung der Umwelt durch weniger Verkehr. Weitere Anwendungsbereiche wie Telemedizin, Telekooperation, Teleservice, Teleshopping, Telemeeting, Telereisen tun sich auf und die Technologietrends gehen dahin, den „Supercomputer“ für jedermann verfügbar zu machen, die Speicherleistung gigantisch zu steigern, neue Software zu entwickeln, die Miniaturisierung in Richtung Tragbarkeit/ Mobilität voranzutreiben sowie die Übertragungsbandbreite noch erheblich zu vergrößern.
Die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zeichnen sich neben den bereits beschriebenen Entwicklungen hin zur Dienstleistungsgesellschaft und der Einbindung in die internationale Arbeitsteilung durch einen weiteren, damit eng verbundenen Trend ab, dem Trend zur höheren Qualifikation.
2.4 Der Trend zur höheren Qualifikation
Entgegen allen Bedenken fördert der technisch-organisatorische Fortschritt auch heute den Trend zur höheren beruflichen Qualifikation. Auch die Behauptung, die Mikroelektronik und andere moderne Technologien spalteten die Gesellschaft in einige wenige Hochqualifizierte und ein Heer von Unqualifizierten, die nur noch intelligent programmierte Maschinen zu bedienen hätten, wurde von der Realität widerlegt: In allen Wirtschaftsbereichen erhöhte sich der Anteil der höherqualifizierten Arbeitskräfte; ebenso sank in allen Tätigkeitsbereichen der Anteil von Mitarbeitern ohne Berufsausbildung[21]. Es wird daher eher verständlich, dass Arbeitslosigkeit ganz besonders die Unqualifizierten trifft.
Der Trend zur höheren formalen Qualifikation wird sich auch in Zukunft fortsetzen, schon allein deshalb weil Bildung ein immer wichtigerer Faktor in unserem beruflichen und privaten Leben darstellt.
2.5 Der Faktor „Bildung“ in der Informationsgesellschaft
Jede Epoche in unserer Gesellschaft hat ihre spezifische Bezeichnung. Die Bezeichnungen „Atomzeitalter“ und „Industriegesellschaft“, wie sie noch bis in die achtziger Jahre hinein geläufig waren, sind heute, beim Übergang ins nächste Jahrtausend, endgültig veraltet[22]. Bei der Beschreibung unserer Epoche fällt immer häufiger der Name „Informations-gesellschaft“. Was sich hinter diesem Ausdruck verbirgt, wurde oben bereits geklärt. Wenn also Bildung der entscheidende Faktor im beruflichen und privaten Bereich unserer Informationsgesellschaft darstellt, stellt sich die Frage, welche Qualifikationen Schüler und Berufstätige - Lernende schlechthin - erwerben müssen, um (beruflich und privat) Erfolg zu haben.
In diesem Zusammenhang ist immer wieder von sogenannten „Schlüsselqualifikationen“ als Erfolgsrezept zu hören. Was es damit auf sich hat, soll u.a. im folgenden Kapitel geklärt werden. Am Anfang des zweiten Teils dieser Arbeit steht jedoch die Beschreibung der derzeitigen Veränderungen in der schulischen Bildungsarbeit, um vor diesem Hintergrund, Wege und Methoden einer neuen Bildungsarbeit vorzustellen, die dazu befähigen soll, den neuen Anforderungen einer Informationsgesellschaft gerecht zu werden.
Teil II: Wandel in der Bildungsarbeit
Vor dem Hintergrund wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Veränderungen vollzieht sich derzeit ein Wandel in der Bildungsarbeit, der z.B. auch in einer veränderten schulischen Bildungsarbeit zum Ausdruck kommt. Die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie Medienkompetenz und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen löst dabei ein berufsund lebensfernes Lernen in der Schule ab. Ein Wandel in der Bildungsarbeit zeigt sich aber auch im außerschulischen Bereich, nämlich auf verschiedenen Ebenen des Weiterbildungsmarkts. Diese angesprochenen Aspekte einer veränderten Bldungsarbeit werden im folgenden näher betrachtet.
1. Veränderungen in der schulischen Bildungsarbeit
Die in Teil I beschriebenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen sind Indikatoren für die Dynamik und Komplexität unserer Zeit. Diesen Veränderungen kann sich das Bildungswesen nicht entziehen. Die Bildungsarbeit, schulische und betriebliche, muss sich daher wandeln und sich den Gegebenheiten der Zeit anpassen. Sie muss den Lernenden jene Fähigkeiten und Fertigkeiten vermitteln, die in unserer heutigen Zeit beruflichen und persönlichen Erfolg ermöglichen.
Nachstehend werden Kennzeichen, Faktoren und Ebenen einer veränderten Bildungsarbeit, die diesen neuen Anforderungen gerecht wird, aufgezeigt. Dabei möchte ich an dieser Stelle zunächst auf drei Aspekte einer veränderten schulischen Bildungsarbeit eingehen, verweise aber auf weitere Ausführungen im dritten Teil dieser Arbeit.
1.1 Der veränderte Stellenwert von Schule
Die Pluralisierung der gesellschaftlichen Lebensformen, die Internationalisierung der Lebensverhältnisse oder auch der Wandel der Werte weisen auf eine immer größer werdende Bedeutung von Schule, bzw. von Bildung allgemein, in der Gesellschaft der Zukunft hin. Alle Bedenken, dass die Bedeutung und der Stellenwert von Schule für die Bildung der Zukunft durch die neuen Technologien und Medien in Frage gestellt werden könnte, sind eher unbegründet. Es haben sich durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen lediglich die Anforderungen an schulisches Lernen geändert.
Schulisches Lehren und Lernen in der Gesellschaft der Zukunft muss Kompetenzen vermitteln, „die den Anforderungen an einen vernünftigen Umgang mit den Entwicklungschancen und den Problemen der modernen Welt genügen.“[23] Die schulische Bildungsarbeit muss also dahin gehen, dass sie in verstärktem Maße die Bereitschaft zu einem lebenslangen Lernen sowie die Kompetenzen hierfür vermittelt. Dabei darf man die Schule aber nicht als eine statische, von Bürokratie geprägte Institution ansehen, sondern muss ihr gewisse Freiräume gewähren. „Die Schule der Zukunft muss lernfähig sein und den Willen zur Veränderung, zur raschen Anpassung mitbringen, um sich als lernende Organisation dynamisch zu entwickeln.“[24]
Vor diesem Hintergrund müssen die Schulen ihre Teilaufgaben neu gewichten. Die Persönlichkeitsbildung des einzelnen muss wieder stärker mit der Wissensvermittlung in Einklang gebracht werden. Nur wenn Identitätsfindung in enger Beziehung mit der Stoffvermittlung steht, ist die Achtung und der Respekt vor Andersartigem gewährleistet. In einer solchen Schule, die als Lebensraum begriffen wird, muss einerseits zwischen Jahrgangsstufen und andererseits zwischen fachlichem und überfachlichem Lernen nicht mehr so strikt unterschieden werden. So wie sich der traditionelle Lernbegriff, der von einem festgesetzten Wissenskanon ausgeht und auf Lernergebnisse im Sinne von Reproduktion überprüfbaren Wissens abzielt, allmählich ändert, ist auch die soziale Stellung der Schule einem Wandel unterworfen. Die soziale Stellung und die Rolle der Schule wird sich auch in folgenden Punkten ändern müssen: Von der Schule wird in Zukunft immer mehr verlangt werden, dass sie für ihre Leistung und ihre Resultate Rechenschaft ablegen kann. Sie muss den Puls der Zeit (und der Gesellschaft) erfühlen und dementsprechend handeln, das heißt, sie muss die Werte und Ziele der Gesellschaft aufnehmen, um dann nicht mehr nur für die jungen Schüler, sondern gleichwohl für erwachsene Schüler da zu sein. Bereits in der Schule müssen Schüler dazu motiviert und befähigt werden, sich auch im weiteren (Berufs-) Leben mit der nötigen Disziplin und Motivation weiterzubilden.
Auch sollte sich die Schule nicht nur auf die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten an Schulpflichtige beschränken. Vielmehr sollte sie für alle Leute offenstehen, die aus irgendwelchen Gründen keinen Zugang zu einer gehobenen Bildung hatten. Ganz generell sollte die Schule nicht so sehr zwischen Wissen und Können differenzieren, sondern „das Wissen sowohl als Substanz als auch als Verfahren“[25] vermitteln. Die Bedeutung dieser Aussage hat Goethe vor bereits 200 Jahren erkannt und bringt sie in Wilhelm Meisters Wanderjahren wie folgt zum Ausdruck. „Es ist nicht genug zu wissen, man muss Wissen auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“
Um diese (recht hoch gesteckten) Ziele für die Schule von morgen zu erreichen, ist es sicherlich notwendig, auf lange Sicht schlicht unabwendbar, dass sie ihre Monopolstellung für das Lernen aufgibt.[26] Wenn dies verwirklicht werden sollte, bedeutet das auch die Loslösung der Schule von staatlicher Bürokratie. Schule braucht daher auch eine neue ökonomische Basis, um flexibler und damit effektiver zu werden. Doch werfen wir zunächst einen Blick auf die derzeitige Situation schulischen Lernens.
1.2 Abkehr vom lebensfernen Lernen
Obwohl die Philosophie der Schule “nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen“[27] lautet, beweist die derzeitige Schulpraxis aber eher das Gegenteil. So lernen Schüler ausschließlich für die Schule und zu einem verschwindend geringen Anteil indirekt auch für die Zukunft, also für ihr Leben.
Das Lernen in der Schule ist sehr lebensfremd, theoretisch und abstrakt. Schulische Bildungsarbeit befasst sich hauptsächlich mit der Vermittlung von Fakten-Wissen. Praktische Fertigkeiten werden fast gar nicht vermittelt. Über Dinge wie Erfahrung, Bewusstsein, körperliches und geistiges Wohlbefinden wird bestenfalls (kurz) mit dem Klassenlehrer geredet, sie sind aber nicht feste Bestandteile des Unterrichts und schon gar nicht erklärte Ziele des Bildungsplans. Persönlichkeit und Subjekthaftigkeit werden beim Vorgang des Lernens leider zu oft außer acht gelassen. Eine Verknüpfung von „Kopf, Herz und Hand“, Leben und Handeln im Sinne Montessoris findet an deutschen (öffentlichen) Schulen derzeit nicht statt.[28]
1.3 Ende der traditionellen Schule?
Noch immer sind staatliche Bürokratie und gesellschaftliche Ferne kennzeichnende Merkmale der Schule. Schule steht zwischen Staat und Gesellschaft, ist aber extrem von staatlichen Budgets und damit verbundenen Entscheidungen abhängig.[29] Es ist gesetzlich verankert, dass jeder Jugendliche bis zu seinem 18. Lebensjahr schulpflichtig ist. Trotzdem genießen Schüler bis dahin meist einen „Schonraum ohne Ernstcharakter für das Leben.“[30] Und genau hieran muss sich etwas ändern: Schule muss Einsichten in das Berufsleben mit allen seinen Möglichkeiten vermitteln und dementsprechend auf die berufliche Zukunft vorbereiten.
Wenn es oberstes Ziel eines Bildungssystems ist, beim Staatsbürger die Voraussetzungen zu schaffen, „...Leistungen zu erbringen, ein nützliches Mitglied der Gemeinschaft zu werden und auf dem Arbeitsmarkt vermittelbar zu sein“[31], dann wird die Schule in Zukunft verstärkt gesellschaftliche Lernfelder wie Gesundheit, Veränderungs- und Lernbereitschaft und -fähigkeit angehen müssen. Sie muss sich auch in zunehmendem Maße von staatlicher Bevormundung, die letztlich ja nur Enge und Eingeschränktheit darstellt, loslösen. Eine solche Marktorientierung bedeutet außerdem die Einführung eines professionellen Managements, eine inhaltliche, organisatorische und nicht zuletzt finanzielle Neuorientierung von Schule. Wenn dies geschieht, ist die Schule durch die neuerworbenen Freiräume in der Lage, auf die gesellschaftlichen Veränderungen und damit auf den Lernbedarf des Lebens schnell und flexibel einzugehen. So werden Lehrkräfte zu Prozessbegleitern, oder zu „Bildungsmanagern“[32], deren Aufgabe es ist, persönliche, soziale, kulturelle und organisatorische Entwicklungsund Lernprozesse zu gestalten und zu steuern.
In diesem Zeitalter des Bildungsmanagements wird neben der pädagogischen zugleich eine markt- und zukunftsorientierte Führung für Lehrer und Schulleiter zur zentralen Aufgabe werden. Es bedarf also bestimmter Qualifikationen, um den jetzigen aber auch den in naher Zukunft absehbaren Erfordernissen gerecht zu werden. Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang immer wieder zu hören ist, ist der der Schlüsselqualifikationen. Diesem Begriff, oder vielmehr diesem Konzept wird nachgesagt, sozusagen „alle bisher für unlösbar gehaltenen Probleme in Theorie und Praxis mit einem Schlage und ein für allemal aus der Welt schaffen“[33] zu können. Wenden wir uns nun dem Begriff, dem Konzept der Schlüsselqualifikationen näher zu.
2. Vermittlung von Schlüsselqualifikationen als Managementaufgabe
Angesichts des stetigen und rasanten Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft kann niemand darauf hoffen, die einmal erworbenen Qualifikationen ein Leben lang beibehalten und nutzen zu können. Der Besitz von „Schlüsselqualifikationen“, ein Begriff, der mittlerweile zu einem Schlagwort in der bildungspolitischen Diskussion geworden ist, soll hier weiterhelfen. Wenn also der Besitz von Schlüsselqualifikationen sowohl beruflichen als auch persönlichen Erfolg garantieren können, ist es zentrale Aufgabe von Lehrkräften diese zu vermitteln.
Wie wichtig zum Verständnis von „Schlüsselqualifikationen“ die Begriffe Bildung, berufliche Bildung, Kompetenz und Qualifikation sind, werden die folgenden Ausführungen zeigen. Schlüsselqualifikationen sind wichtige Teilelemente von Bildung und Qualifikation und bedürfen für die Frage nach Möglichkeiten der Förderung und Entwicklung der weiteren Begriffsklärung und Systematisierung.
2.1 Historischer Hintergrund des Schlüsselqualifikationenkonzepts
Lange bevor der Begriff wesentliche Beachtung bei Pädagogen der allgemeinbildenden Schulen fand, wurde er aus dem Bereich der Wirtschaft heraus und eben für diesen entwickelt.
Anstoß hierfür war eine Änderung der „geistigen Großwetterlage“ Ende der sechziger Jahre[34]. Diese befasste sich unter anderem natürlich auch mit dem Bereich der Bildung und Ausbildung der jungen und nachfolgenden Generationen. Dabei wurde die bisher praktizierte Form der „Persönlichkeitsbildung“ auf ihre Tauglichkeit für kommende Aufgaben überprüft, aber auch vor allem auf ihren Nutzen, der sich aus dem kostenintensiven Bildungskonzept ergab und ergeben sollte.
Der Begriff der „Schlüsselqualifikationen“ wurde dann 1974 von Dieter Mertens, dem ehemaligen Direktor des Forschungsinstituts der Bundesanstalt für Arbeit, entworfen. Seine Wurzeln hat das Konzept in der Erkenntnis, dass die Bildung und Ausbildung wohl nicht mehr den sich wandelnden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konstellationen entspreche und somit untauglich sei. Durch die kaum überschaubare Bandbreite von notwendigem Fachwissen und einer geradezu rasant abnehmenden Halbwertszeit dieser speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten ergab sich die Schlussfolgerung, dass nicht Bildung alleine die oberste Priorität einnehmen dürfe, sondern das Vermitteln und Erlernen von Qualifikationen.
Laut Mertens sind Schlüsselqualifikationen dabei im wesentlichen „solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr
- die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt und
- die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens[35]..“ beinhalten.
2.2 Zum Begriff „Schlüsselqualifikationen“ - Definitionen
Der Begriff „Schlüsselqualifikation“ wird in der Literatur recht unterschiedlich gebraucht. Häufig werden gleiche oder ähnliche Bildungserscheinungen mit verschiedenen Begriffen belegt, und umgekehrt rangieren unter demselben Begriff verschiedenartige Bildungserscheinungen.[36] Eine Auswahl von Oberbegriffen, auf die ich bei der Lektüre der zahlreichen Veröffentlichungen gestoßen bin, soll die Schwierigkeit einer genauen Begriffsdeutung zeigen:
Schlüsselqualifikationen
Extrafunktionale Qualifikationen
Fundamentalqualifikationen
Fachübergreifende Qualifikationen Berufsübergreifende Qualifikationen Querschnittsqualifikationen
Basisqualifikationen
Kommunikativ-soziale Qualifikationen Fachlich-innovatorische Qualifikation.
Angesichts der inhaltlichen Fülle der Begriffe wird erkennbar, dass einige Begriffe synonym verwendet werden, andere sich überschneiden oder auch völlig Verschiedenes beinhalten.
Um den Begriff „Schlüsselqualifikationen“ besser verstehen zu können, bietet es sich an, ihn in seine semantischen Teile zu zerlegen. Die eine Komponente des Wortes ist also „Qualifikation“, welcher durch die zweite Komponente des Ausdrucks „Schlüssel“- Bedeutung zugemessen wird. Die Deutungsmöglichkeiten des Wortes lassen also eine Vielzahl von Interpretationen zu, von denen an dieser Stelle lediglich eine kleine Auswahl wiedergeben werden soll:
- Schlüsselqualifikationen können als „Schlüssel“ für eine erfolgreiche Erfüllung der Berufsanforderungen in der derzeitigen Gesellschaft mit ihrem rapiden Wandel bezeichnet werden.[37]
- Der Terminus „Schlüsselqualifikationen“ scheint für die Beschreibung seiner Schlüsselrolle zur Erschließung von Verstehens-, Verarbeitens- und Verhaltensmustern gut geeignet zu sein.[38]
- Der „Schlüssel“ kann der raschen und reibungslosen Erschließung von wechselndem Spezialwissen dienen.[39]
- - „Schlüsselqualifikationen“ sind solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für eine große Anzahl von Positionen und Funktionen gelten und für die Lebensbewältigung meist unvorhersehbarer Änderungen und Anforderungen im Laufe eines Lebens gelten.[40]
- „Schlüsselqualifikationen“ als Berufsqualifikationen sind den spezifischen Fertigkeiten und Kenntnissen übergeordnet. Sie sind Bestandteil der Qualifikation und somit Teil der Gesamtheit der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, über die ein Facharbeiter zur Ausübung seines Berufs verfügen muss.[41] „Schlüsselqualifikationen“ sollen subjektive Voraussetzungen sein, die in einer begrenzten Zahl von differenten Situationen angemessenes Problemlösungsverhalten ermöglichen.[42]
Bei dieser Vielzahl der möglichen einzelnen Begriffselemente, die für die unterschiedlichsten Tätigkeiten und Berufe relevant sind, ist es kaum möglich, eine auch im Wortlaut übereinstimmende Begriffsdefinition zu finden. Dies liegt mitunter auch daran, dass „je nach Verständnis und Erfordernissen unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden müssen“.[43]
Es geht nun also darum, den Begriff der Schlüsselqualifikationen zu systematisieren. Dies ist schon deshalb erforderlich, um Schwerpunkte der jeweils angestrebten Schlüsselqualifikationen zu benennen und didaktische Konzepte für die Förderung und Entwicklung von Schlüsselqualifikationen entwickeln zu können.
2.3 Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen nach D. Mertens
Besonderes Merkmal der Schlüsselqualifikationen ist es, dass diese jeweils nicht als einzelne Qualifikationen, sondern als Qualifikationskataloge oder Lernzielsysteme diskutiert werden. Dieter Mertens veröffentlichte hierzu 1974 eine Systematik zur Differenzierung von Schlüssselqualifikationen, die eine den Wandlungsprozessen angemessene Orientierung geben sollte. Er unterteilt den sehr umfassenden Begriff der Schlüsselqualifikationen in vier Elemente: Basisqualifikationen, Breitenelemente,HorizontalqualifikationenundVintage-Faktoren.[44]
Basisqualifikationen:
Eine Basisqualifikation ist der gemeinsame Nenner einer Vielzahl von Einzeltätigkeiten. Sie ermöglicht vom Allgemeinen auf das Spezielle zu schließen, um bestimmte Berufsund Gesellschaftsprobleme lösen zu können. Zu diesen Basisqualifikationen, die Mertens als „Qualifikation höherer Ordnung“ bezeichnet, gehören: Logisches Denken, assoziierendes, konstruktives und kreatives Vorgehen, sich in andere Menschen einfühlen können (Empathie), Planungs- und Lernfähigkeit, kontextuelles Denken, also das Verstehen von Zusammenhängen und Interdependenzen.
Breitenelemente:
Breitenelemente sind demgegenüber konkrete Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, die in vielen Anwendungsbereichen des Erwerbslebens als Allgemeinbildungserfordernisse gelten. Mertens wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Kenntnisse z.B. auf den Gebieten des Arbeitsschutzes, der Maschinenwartung und der Messtechnik in ca. 400 Berufen eine Bedeutung hatten. Für die Schule käme es nach Mertens darauf an, sich auf diejenigen Kenntnisse und Kulturtechniken zu konzentrieren, die für die Bewältigung von vielen Lebenssituationen unverzichtbar sind. Für den Lehrer bedeutet dies die Fähigkeit, zuhören und entsprechend, in einer schülergerechten Sprache, beraten zu können.
Horizontalqualifikationen:
Sie definieren - quer zu den beiden ersten Qualifikationstypen - die Fähigkeit, Informationen problem- und aufgabenbezogen zu gewinnen, zu verstehen und zu verarbeiten. Es geht nach Mertens dabei um „eine möglichst effiziente Nutzung der Informationshorizonte der Gesellschaft für den einzelnen“. Zu diesen Horizontalqualifikationen zählen: Effektive Nutzung der Informationshorizonte; Informiertsein über Informationen, d.h. auch Wissen über das Wesen von Informationen; Gewinnung, Verstehen und Verarbeitung von Informationen. In der Schule hat der Lehrer also auch die Aufgabe, seinen Schülern den Umgang mit Nachschlagewerken und anderen Informationsquellen beizubringen.
Vintagefaktoren[45](Verzahnungsfaktoren):
Sie dienen z.B. in der Erwachsenenbildung der Aufhebung von Bildungsdifferenzen zwischen verschiedenen Generationen. Damit ist gemeint, dass Angehörige einer älteren Generation ein Recht auf den Nacherwerb von Qualifikationen haben, die nicht zum vormaligen Inhalt schulischer und beruflicher Bildung gehörten, jetzt aber unverzichtbar sind, wie z.B. das Beherrschen mindestens einer Fremdsprache, Computerwissen und -handling. Altes Wissen wirs also mit neuem Wissen „verzahnt“. Nach meinem Verständnis, und gerade im Hinblick auf aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen, bedeutet der Begriff der „Vintagefaktoren“ ganz wesentlich auch die Bereitschaft und die Fähigkeit zum kontinuierlichen, lebenslangen Lernen.
2.4 Erweiterung des Begriffs der „Schlüsselqualifikationen“
Im Zuge der Rezeption des Ansatzes und der Systematisierung von Mertens, die, man beachte, bereits 1972 in Bukarest unter dem Titel „..zur Systematik von übergeordneten Bildungszielen und -elementen zur Schulung für eine Existenz in der modernen Gesellschaft..“ veröffentlicht wurde, ist der Begriff seitdem, besonders durch die berufliche Bildung, immer wieder neu und weiter gefasst worden.
So dominierte seit 1987 als Oberkategorie für die Bündelung von Schlüsselqualifikationen der Begriff der beruflichen Handlungskompetenz. Diese bedeutet die Fähigkeit und die Bereitschaft, in Situationen des beruflichen, öffentlichen und privaten Lebensbereichs sachgerecht, reflektiert und verantwortlich zu handeln. Bader unterteilt die berufliche Handlungskompetenz in drei Schwerpunkte[46], wobei diese nicht isoliert zu verstehen sind, sondern einander bedingen und sich nicht scharf voneinander trennen lassen:
Fachkompetenzeinschließlich Methodenkompetenz:
z.B. das Erfassen von übergreifenden Zusammenhängen der Produktion.Humankompetenzeinschließlich Sprachkompetenz:
Hierzu gehören neben Aufgeschlossenheit, Gewissenhaftigkeit und Selbständigkeit auch kommunikative Fähigkeiten.
Sozialkompetenzeinschließlich Mitwirkungskompetenz:
Fähigkeit und Bereitschaft, sich mit Anderen rational und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen (Kooperationbereitschaft, Teamfähigkeit).
2.5 Kritische Betrachtung des Begriffs der Schlüsselqualifikationen
Schlüsselqualifikationen werden häufig sehr allgemein und grundsätzlich diskutiert, so dass auf diesem großen Feld nahezu alles Platz haben kann. Daraus entsteht ein großer Spielraum für Definitionen und Interpretationen. Festzustellen ist hierzu, dass die unterschiedlichen Begriffe immer je nach Anwendungsfall zu betrachten sind. Zu bemängeln ist in diesem Zusammenhang auch, dass bisher keine von der Forschung akzeptierte Terminologie über die Dimensionen von Schlüsselqualifikationen entwickelt wurde.[47] Diese Tatsache ist vielleicht damit zu erklären, dass keine wissenschaftliche Disziplin in der Lage ist, den künftigen Qualifikationsbedarf hinreichend differenziert zu bestimmen. Dennoch besteht weitgehend Konsens darüber, dass erst durch die Verbindung von fachspezifischen Fertigkeiten und Kenntnissen mit fächerübergreifenden Schlüsselqualifikationen berufliche Handlungskompetenz entwickelt werden kann.[48]
Wie diese Schlüsselqualifikationen nun in der Schule, sowohl für Lehrende als auch für Lernende, gefördert werden können, soll an späterer Stelle anhand praktikabler Konzepte verdeutlicht werden.
2.6 Transfer des Begriffs der Schlüsselqualifikationen auf den schulischen Bereich
Bislang bezog sich das Konzept der Schlüsselqualifikationen vordergründig auf die berufliche Ausbildung und die Arbeitsmarktforschung, also auf Bereiche, für die es ja auch seinerzeit von Dieter Mertens entwickelt worden war. Seit einigen Jahren wird nun aber konsequent versucht, einen begrifflichen Zusammenhang zwischen der beruflichen und der berufspädagogischen Handlungskompetenz, also den Erziehungswissenschaften, herzustellen. Dies geschieht zunächst über eine Weiterfassung einzelner Begrifflichkeiten. [49]
So wird der Begriff der Handlungskompetenz erweitert zur berufsdidaktischen Kompetenz. Hierunter versteht man, „eigene, den sachlichen Anforderungen entsprechende berufsfachliche Kenntnisse und Fähigkeiten für Ausbildungsprozesse ziel- und adressatengerecht aufzubereiten und präsentieren zu können“.
- Sozialkompetenzwird erweitert zurberufspädagogischen Kommunikationskompetenz. Diese Kompetenz soll den Lehrenden befähigen, mit Jugendlichen ausbildungsorientiert zu kommunizieren und zu kooperieren, um ihre Sozialkompetenz zu fördern.
- Methodenkompetenzwird erweitert zurberufspädagogischen Methodenkompetenz. Hiermit sollen Auszubildende zu produktivem selbständigem Lernen motiviert und angeleitet werden.
- Mitwirkungskompetenz wird erweitert zur ausbildungsstrategischen Kompetenz. Diese Kompetenz soll u.a. die Bereitschaft stärken, Einfluss auf die Ausbildungsprogramme und -bedingungen zu nehmen und gleichzeitig eigene Rollenvorstellungen zu begründen und zu vertreten.
Nachdem nun einige Beispiele für Schlüsselqualifikationen im Hinblick auf den pädagogisch-didaktischen Bereich erweitert bzw. ergänzt wurden, möchte ich kurz einige schulische Unterrichtsmethoden aufzeigen, die sich besonders dazu eignen, den Schülern die im späteren Leben geforderten Kompetenzen zu vermitteln. Ausführliche und konkretisierte Beschreibungen dieser Methode finden sich dagegen im vierten Teil dieser Arbeit.
So ist z.B. derfächerverbindende Unterrichtdadurch gekennzeichnet, dass man versucht, sachstrukturelle (intentional-inhaltliche und methodisch-mediale) Verbindungen und Beziehungen zwischen Lerninhalten verschiedener Unterrichtsfächer herzustellen. Die Schüler sollen dadurch erzogen werden, ganzheitlich und in Zusammenhängen zu denken. Durch analytisches und systematisches Denken im Unterricht wird ein Lebensund Wirklichkeitsbezug hergestellt. Durch diese thematische Verknüpfung wird die Ausbildung von Schlüsselqualifikationen sehr gut gefördert.
Die Fähigkeit und die Bereitschaft zu selbständigem Lernen als weiteres Beispiel einer zu erwerbenden Schlüssequalifikation wird durch den Aufbau von Lernstrategien im Unterricht gefördert: An berufsbezogenen Themen können im Unterricht ganz gezielt Strategien der Informationsaufnahme und deren Verarbeitung, der Bewältigung von Lernsituationen und der Schaffung eines geeigneten Lernklimas gelehrt werden. Der Schüler lernt dabei an fachbezogenen Themen, sich seines Lernprozesses bessser bewusst zu werden und diesen somit besser zu steuern.
Beim vernetzten Denken im Unterricht geht es darum, Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen einzelnen Teilen einer komplexen Thematik in einem Netzwerk zu erfassen. Vernetztes Denken erzieht zum ganzheitlichen Problemlösen. Dabei liegt das Augenmerk also nicht primär auf der Vermittlung von Wissen, sondern auf dem Prozess des Lernvorgangs selbst.
Ergänzend sei noch aufhandlungs- und produktionsorientierte Unterrichtsmethodenhingewiesen, bei denen zu einem Wahrnehmen und Denken ein Tun, ein Handeln hinzukommt. Dieses Tun wirkt auf das Denken und Wahrnehmen zurück und verändert dies. Die Wichtigkeit dieses Handelns als Glied einer Kette kommt in einem Zitat von Bunk sehr schön zum Ausdruck: „Wahrnehmen - Denken - Tun. Wenn ein Teil dieser Kette fehlt, können wir nicht mehr von Handlungen sprechen. Denn ein Tun ohne Denken bleibt bloßes Reagieren, ein Tun ohne Wahrnehmung blinder Aktionismus, ein Wahrnehmen ohne Tun bloße Betrachtung, reine Überlegung.“[50]
Bei handlungsorientierten Unterrichtsmethoden, wie z.B. Rollenspiel, Fallstudie, Planspiel und Projektunterricht steht also in der Regel die Simulation von Entscheidungssituationen sowie die Suche und Bewertung von Problemlösungsalternativen aufgrund von Schlüsselsituationen im Vordergrund. Im einschlägigen Unterricht wird der Aufbau der bereits angesprochenen Schlüsselqualifikationen optimal gefördert, nicht zuletzt deshalb, weil, wie im Berufsleben, nicht nur Kennen, sondern auch Können verlangt wird.
Im folgenden Teil soll nun erklärt werden, inwiefern sich schulische Bildungsarbeit in bezug auf die angesprochenen, zu vermittelnden Schlüsselqualifikationen bereits verändert hat bzw. sich in Zukunft noch verändern sollte. Dies möchte ich am Beispiel der Medienkompetenz als zu vermittelnde Schlüsselqualifikation verdeutlichen.
3. Medienkompetenz als exemplarisches Feld für Schlüsselqualifikationen
Schulisches Lernen in der Informationsgesellschaft wird immer mehr zum Lernen in einer Welt, die von Medien bestimmt ist. Zwar ist das Lernen zu allen Zeiten von Medien unterstützt worden, jedoch wird die aktuelle Lern- und Bildungssituation durch neue elektronische Medien und die Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechniken (IKT) grundlegend beeinflusst. Bei der gegenwärtigen „Medienflut“ gilt es nun, mit all diesen Medien sinnvoll umzugehen. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder der Begriff der „Medienkompetenz“ (auch als Erziehungs- und Bildungsziel) auf, ein Terminus, der im folgenden geklärt werden soll.
3.1 Medienkompetenz als Erziehungs- und Bildungsziel
Medien sind inzwischen längst zum selbstverständlichen Bestandteil unserer Lebenswelt geworden. Die Palette der Medien umfasst Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen, Film sowie Computer und Telekommunikation. Das Programmangebot dieser Medien ist weitgefächert. Von Nachrichten und politischen Magazinen geht die Palette über Dokumentar- und Spielfilme sowie Bildungs-, Kinderund Jugendprogramme bis hin zu fiktiven, simulierten Zukunfts-, Horror- und Gewaltfilmen. Dabei werden die Präsentationstechniken immer mehr verbessert. Außerdem bedient man sich immer häufiger der Bildschirmmedien und Computertechnologien einschließlich der Datenfernübertragung.
Diese veränderte Medienlandschaft mitsamt ihrer absehbaren Entwicklungstendenzen stellt eine große Herausforderung für Schule und Unterricht, für Erziehung und Bildung, dar.[51] Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass insbesondere Kinder und Jugendliche von sich selbst aus in der Lage sind, mit Medien in einer persönlichkeits- und gesellschaftsförderlichen Weise umzugehen. Es bedarf also der Unterstützung durch Eltern und Schule. So wird Medienkompetenz zu einem immer wichtigeren Ziel von Erziehung und Bildung.
3.2 Zum Begriff der Medienkompetenz
Aus pädagogischer Sicht soll Medienkompetenz zunächst als Element allgemeiner und beruflicher Bildung verstanden werden. Das wesentliche Ziel schulischer Medienarbeit soll der Aufbau von Medienkompetenz sein, sowohl bei Schülern als auch bei Lehrern. Der Begriff Medienkompetenz sei dabei so verstanden, dass er Handlungskompetenzen in zwei Zusammenhängen umfasst:[52]
- im Zusammenhang der Nutzung vorhandener Medienangebote, z.B. der Nutzung von Fernsehen und Netzangeboten für Information und Lernen, für Unterhaltung und Spiel, für Problemlösung und Entscheidungsfindung, für Kunstrezeption und Kommmunikation,
- im Zusammenhang der eigenen Gestaltung medialer Aussagen, z.B. der eigenen Erstellung einer Zeitung, eines Hörmagazins, eines Videofilms, einer Computersimulation oder einer Homepage.
Solche Handlungskompetenzen erfordern im Sinne eines sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozialverantwortlichen Handelns Kenntnisse und Verstehen sowie Analyse- und Urteilsfähigkeit in drei inhaltlichen Bereichen:
- im Bereich der Gestaltungsmöglichkeiten, die in Medien Verwendung finden, also vom realitätsnahen Foto des Kölner Doms bis zur graphischen Darstellung der Bevölkerungsentwicklung auf unserem Planeten, von filmischen Gestaltungstechniken wie Einstellungsperspektiven und Montage bis zu den computerbasierten Techniken der Bildbearbeitung und Bilderzeugung, von der sprachlichen Darstellung von Problemen der Steuerreform bis zum Smili, der bei der schriftlichen Kommunikation im Netz verwendet wird, um Freude auszudrücken,
- im Bereich der Nutzungsvoraussetzungen und -wirkungen von Medien, also von individuellen Einflüssen auf Gefühle, Vorstellungen und Verhaltensorientierungen bis zur Bedeutung der Massen- und Individualkommunikation für die öffentliche Meinungs- und die politische Willensbildung und
- im Bereich der Bedingungen von Medienproduktion und -verbreitung, also von technischen Voraussetzungen für die eigene Nutzung von E-Mail bis zu personalen Bedingungen in einer Rundfunkanstalt, von rechtlichen Bestimmungen zum Datenschutz bis zu wirtschaftlichen Interessen der Computerindustrie und der Netzprovider bzw. der dahinterstehenden Konzerne wie Microsoft oder Bertelsmann.
Vor dem Hintergrund dieser Handlungs- und Inhaltsbereiche läßt sich Medienkompetenz beschreiben als die Fähigkeit,
- Medienangebote sinnvoll auszuwählen und zu nutzen,
- eigene Medien zu gestalten und zu verbreiten,
- Mediengestaltungen zu verstehen und zu bewerten,
- Medieneinflüsse zu erkennen und aufzuarbeiten,
- Bedingungen der Medienproduktion und -verbreitung analysierend zu erfassen und Einfluß auf die Entwicklung der Medienlandschaft zu nehmen.
Es stellt sich hier die Frage nach Möglichkeiten der Umsetzung des MedienkompetenzBegriffs im Rahmen der schulischen Medienpädagogik.
3.3 Schulisches Konzept der Medienpädagogik
Die Einbeziehung von Medien in den Lernprozess ist heute weitgeübte Praktik. Trotzdem verschließen sich aber noch immer viele Schulen dieser Tatsache in dem Sinne, dass sie die Medienwelt als Bildungswelt und Miterzieher zwar in Kauf nehmen, sie jedoch nicht auf produktive Weise bei der Gestaltung von Unterricht und Erziehung, also als Partner und Werkzeug mit einbeziehen. Dies liegt mitunter daran, dass die Schule als Institution an gewisse Rahmenbedingungen gebunden ist:
- Medienpädagogische Projekte und Unterrichtseinheiten werden nur im Rahmen von Projektwochen oder ähnlichen Sondersituationen durchgeführt. Es gibt noch immer kein eigenständiges Fach Medienpädagogik.
- Die Schule ist im wesentlichen geprägt durch eine straffe Fächerstruktur und durch ihre Jahrgangsorientierung.
Medienkompetenz, also die Befähigung zum sinnvollen Umgang mit allen Medien einschließlich der Produkte der IKT und der Befähigung zur produktiven und kritischen Nutzung der Medien zum Lernen und Gestalten, kann nur im Rahmen einer integrierten Medienpädagogik erzeugt werden. Eine solche integrierte Medienpädagogik ist dann erfolgreich, „wenn sie getragen wird von einer allgemeinen Unterrichtsgestaltung, die offene Arbeitsformen bevorzugt, und von einem Arbeitsklima, das durch individuelle Verantwortung für die eigenen Lernprozesse geprägt ist.“[53] Nur ein medienpädagogisches Gesamtkonzept ermöglicht also die Vermittlung von Medienkompetenz als zu erwerbende Schlüsselqualifikation. Ein derartiges medienpädagogisches Gesamtkonzept sollte in viel stärkerem Maße als bisher situations- und erfahrungsbezogene und handlungsorientierte Arbeitsansätze berücksichtigen.
Die Möglichkeit der Umsetzung eines integrierten medienpädagogischen Gesamtkonzepts wird erleichtert durch die Aufstellung eines entsprechenden Koordinierungsrahmens.
3.4 Koordinierungsrahmen für medienpädagogische Unterrichtseinheiten und Projekte in einer Schule
Dieser Koordinierungsrahmen, der eine Variante eines medienpädagogischen Gesamtkonzepts für Schulen darstellt, richtet sich nach folgenden Überlegungen und Grundsätzen[54]:
- Die Zuordnung von Projekten und Unterrichtseinheiten zu Jahrgangsstufen ermöglicht einen sinnvollen Aufbau von Medienkompetenz über die verschiedenen Altersstufen hinweg. Alle wichtigen Teilaufgaben der Medienerziehung sollen mindestens einmal im Gesamtablauf vertreten sein.
- Bei der Verteilung der Projekte auf die Jahrgangsstufen können verschiedene Medienarten, von den Printmedien bis zum Computer, in angemessener Weise repräsentiert sein.
- Die Zuordnung soll entwicklungstheoretischen Überlegungen gerecht werden und altersspezifische Aspekte der außerschulischen Mediennutzung berücksichtigen.
- Die Zuordnung einzelner medienpädagogischer Projekte oder Unterrichtsreihen soll sich jeweils auf zwei Jahrgangsstufen beziehen. Damit wird die Möglichkeit gegeben, dass die Schulen entsprechende Unterrichtsreihen oder Projekte - je nach Bildungsgang - flexibel in Unterricht und Schulleben integrieren.
- Für zwei Jahrgangsstufen sind in der Regel vier medienpädagogische Projekte oder Unterrichtsreihen vorgesehen. Dabei soll es möglich sein, diese schwerpunktmäßig in unterschiedlichen Formen bzw. Fächern oder Fächerkombinationen zu realisieren, so dass keine zeitliche Überforderung für ein einzelnes Fach oder eine einzelne Lehrperson auftritt, gleichzeitig jedoch die Medienpädagogik als gemeinsame Aufgabe mehrerer Lehrpersonen im Bewusstsein bleibt.
Da die verschiedenen medienpädagogischen Teilaufgaben als grundlegend für jeden Bildungsgang und jede Schulform angesehen werden müssen, wird im Koordinierungsrahmen auf eine Zuordnung nach bestimmten Schulformen und Bildungsgängen verzichtet. Sebstverständlich gestaltet sich die Realisierung der jeweiligen Teilaufgaben - je nach den individuellen Voraussetzungen der Schüler und den verschiedenen Bildungsgängen - sehr unterschiedlich.
Der unten abgebildete Koordinierungsrahmen für die schulische Medienarbeit folgt obigen Überlegungen und Grundsätzen. Den Aufgabenbereichen, die in der Kopfzeile benannt sind, werden dabei - jeweils auf zwei Jahrgangsstufen bezogen - Projekt- bzw. Unterrichtsvorschläge in den verschiedenen Teilaufgaben zugeordnet. Die einzelnen Vorschläge sind in der angegebenen Publikation ausführlich beschrieben und brauchen deshalb hier nicht weiter erläutert zu werden. Hauptzweck des Koordinierungsrahmens ist es, für Unterrichtseinheiten und Projekte einen Rahmen zu schaffen, der eine Koordination medienerzieherischer Aktivitäten in allen Jahrgangsstufen zulässt. Dabei werden unterschiedliche Medienarten berücksichtigt. Außerdem werden fachbezogene und fächerübergreifende Perspektiven aufgezeigt.
Koordinierungsrahmen für medienpädagogische Unterrichtseinheiten und Projekte in einer Schule - Beispiel einer möglichen Ausgestaltung; (Nach: Tulodziecki, G. u.a.: Handlungsorientierte Medienpädagogik in Beispielen. BadHeilbrunn: Klinkhardt 1995, S. 38.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für die im Koordinierungsrahmen angegebenen handlungsorientierten medienpädagogische Beispiele möchte ich exemplarisch die Jahrgangsstufen 3 und 4 herausgreifen, in denen zwei Projekte und zwei projektorientierte Unterrichtseinheiten vorgestellt werden:
a) ein Projekt, in dem die Schüler zu ihrem eigenen Wohnort Videos mit unterschiedlichen Absichten anfertigen. Lernzweck ist dabei die Nutzung verschiedener Darstellungsformen (z.B. bewegtes Bild), die unterschiedlichen Absichten dienen kann.
b) ein Projekt, in dem die Schüler ihre medienbeeinflussten Vorstellungen zum Thema
„Polizei“ ausdrücken und durch eine Erkundung bei der Polizei auf ihren Realitätsgehalt hin prüfen sowie korrigieren können. Dabei erfahren sie Unterschiede zwischen Fiktion und Realität.
c) eine projektorientierte Unterrichtseinheit, in der die Schüler zu einem von ihnen gewählten Bereich (hier: „Singvögel“) verschiedene Informationsquellen nutzen und diese auf ihre Vorzüge, Nachteile und Grenzen hin überprüfen können, z.B. Tonträger, Sachbuch, Zeitschrift, Multimedia-Anwendungen.
d) eine projektorientierte Unterrichtseinheit, in der die verschiedenen Gestaltungsmitteln von Comics erarbeitet werden. Dabei werden die inhaltliche und formale Gestaltung, aber auch deren beabsichtigte Wirkungen analysiert. Ferner können in dieser Einheit erste Erfahrungen mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Comicproduktion gemacht werden.
3.5 Anforderungen an Lehrkräfte
Die in den obigen Ausführungen beschriebene veränderte Bildungsarbeit (hier dargestellt am Beispiel medienpädagogischer Unterrichtseinheiten und Projekte) erfordert den Erwerb neuer Kompetenzen seitens der Lehrpersonen. Um eine jahrgangs- und fächerübergreifende Medienpädagogik an Schulen zu realisieren, bedarf es zunächst des Zusammenschlusses vom medienpädagogisch interessierten Lehrkräften. Dabei ist es wichtig, dass eine solche Gruppe in vielfältiger Weise Unterstützung erfährt. So muss z.B. die Schulleitung und das gesamte Kollegium hinter dieser Gruppe stehen, um eine sinnvolle und erfolgreiche medienpädagogische Arbeit zu ermöglichen. Aber auch die schulinterne Arbeit bedarf der Unterstützung. Es müssen Möglichkeiten zur schulinternen und -externen Fortbildung gegeben sein, ebenso wie bessere personelle und ausstattungsbezogene Bedingungen.
Die größte Bedeutung bei der Durchführung fächerübergreifender medienpädagogischer Projekte kommt aber der Qualifizierung der Lehrkräfte zu, die neben der Stärkung der eigenen Medienkompetenz zusätzliche medienpädagogische Kompetenzen erweben müssen. Medienpädagogisch arbeitende Lehrpersonen müssen also in der Lage sein[55],
- die Bedeutung von Medien für Schüler in sensibler Weise zu erfassen. Aus dieser Erkenntnis heraus erfolgt dann das Lernen mit oder über Medien.
- Situationen zu arrangieren, in denen entsprechende Lern- und Entwicklungsprozesse stattfinden können.
- Medienangebote in ihrem Unterricht in reflektierter Weise zu verwenden, d.h. Medienangebote für Ihre Fächer nach lernrelevanten Kriterien zu analysieren und auszuwählen sowie Konzepte für die Verwendung von Medien im Rahmen weiterentwickelter Lehr- und Lernformen zu erarbeiten und umzusetzen,
- Medienthemen in angemessener Weise zu behandeln, d.h. die Bedeutung von Medien für inhaltliche und methodische Fragen ihres Faches zu bedenken sowie Lernprozesse im Sinne von Erziehungs- und Bildungsaufgaben im Medienbereich bei den Schülern zu initiieren und zu begleiten,
- personale und institutionelle Bedingungen für medienpädagogische Umsetzungen zu durchschauen, d.h. die Bedeutung der Medien für Fragen der Professionalität des Lehrberufs zu reflektieren, schulische Bedingungen von Medienverwendung und Medienbildung zu bedenken sowie Ideen für die schulische Umsetzung zu entwickeln und zu realisieren.
Es ist offensichtlich, dass medienbezogene Erziehungs- und Bildungsaufgaben nur dann ihre Wirksamkeit entfalten können, wenn die Lehrpersonen entsprechende Kompetenzen aufweisen oder bereit sind, diese umgehend zu erwerben. Der Erwerb und die Weiterentwicklung dieser Kompetenzen ist also eng mit Aus- und Weiterbildung oder mit der Bereitschaft hierzu verbunden. Es genügt nicht mehr, bereits erwobene Kenntnisse und Fertigkeiten bestmöglich anzuwenden. Vielmehr ist es wichtig, bereits vorhandenes Wissen in Bezug auf seine Aktualität, Attraktivität und (z.B. schulische) Umsetzungsmöglichkeiten zu hinterfragen und dieses Wissen entsprechend zu erweitern. Eine innovative und effiziente Bildungsarbeit, und zwar nicht nur auf dem Gebiet der Medienpädagogik, setzt also Lernen und Weiterbildung als lebenslange Aufgabe voraus.
4. Lernen und Weiterbildung als lebenslange Aufgabe
„Entscheidend für die Bewältigung der künftigen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Herausforderungen, für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft sind die vielfältigen Qualifikationen der Bürger unseres Landes.“[56] Der rasche Wandel unserer modernen Industriegesellschaft verlangt von uns ständig neue Fertigkeiten und Fähigkeiten. Immer seltener bedeutet der Abschluss einer Ausbildung Berufsfertigkeit; niemand kann sich mehr auf seiner Erstausbildung ausruhen. Wir alle müssen uns darauf einstellen, unser Leben lang zu lernen.
Auf diese neuen Herausforderungen muss sich unser gesamtes Bildungssystem noch besser einstellen: Von der Schule über die berufliche Bildung und das Hochschulwesen bis hin zur Weiterbildung. Die unterschiedlichen Bereiche müssen künftig stärker miteinander vernetzt werden. Zu dieser zwangsläufigen Entwicklung haben bereits alle bedeutenden politischen Organe und gesellschaftlichen Interessenverbände Stellung genommen. Im Regierungsprogramm der SPD heißt es z.B.: „Allgemeine und berufliche Bildung, Erstausbildung und Weiterbildung, Schule, berufliche Bildung und Hochschule müssen in ihren wechselseitigen Bezügen noch stärker als Ganzes gesehen werden und dabei durchschaubar und durchlässig bleiben.“[57] Auch auf europäischer Ebene wurde die wachsende Bedeutung von Bildung in unserer Gesellschaft bereits vor Jahren klar erkannt.
4.1 „Das Europäische Jahr für lebensbegleitendes Lernen, 1996“
Im Oktober 1995 beschloss das Europäische Parlament, das Jahr 1996 zum „Europäischen Jahr für lebensbegleitendes Lernen“ zu erklären.
Was mit dieser Initiative erreicht werden soll, drückt der Koordinator der Aktion in der Europäischen Kommission, Jimmy Jamar, wie folgt aus: „ Es mag erstaunlich erscheinen, dass die Notwendigkeit des fortwährenden Lernens nicht als Selbstverständlichkeit angesehen wird. Insbesondere, da wir seit einigen Jahren eine wahrhafte Explosion des Wissens beobachten. Andererseits aber machen sich immer mehr Europäer Sorgen um ihre Zukunft. Mit unserer Initiative wollen wir ein weites Feld für Diskussionen eröffnen. Unsere Kommunikationsstrategie, einschließlich der Mobilisierung von Instrumenten wie dem Internet, telefonischen Hotlines oder Massenmedien, zielt auf die Förderung eines Gedanken- und Erfahrungsaustausches ab, an dem der Bürger direkt beteiligt ist. Dies ist im Grunde genommen die Zielsetzung dieses Jahres.“[58]
Mit der Initiative „Jahr des lebensbegleitenden Lernens“ versucht die Europäische Kommission also deutlich zu machen, dass die wissenschaftlich- technische Revolution, die Informationsgesellschaft und die Globalisierungstendenzen eine völlige Neuorientierung, insbesondere im Bildungsbereich, erfordern. Die für Forschung, allgemeine und berufliche Bildung zuständige EU- Kommissarin Edith Cresson drückt die Bedeutung des lebenslangen Lernens folgendermaßen aus: „In einer Gesellschaft im Wandel ist die Bildung eine der wichtigsten ‘Versorgungs- und Dienstleistungen’, zu denen der Bürger uneingeschränkt Zugang haben muss.“[59]
Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass jeder selbst erkennen muss, dass einmal Erlerntes nicht ausreicht, um ein ganzes Arbeitsleben damit bestreiten zu können. Wir alle sind den Veränderungen, welche die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen mit sich bringen, also nur gewachsen, wenn wir die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen mit uns bringen. Lebenslanges Lernen bedeutet aber nicht, ausschließlich auf funktionale Anpassung hin zu lernen, es soll vielmehr und vor allem „Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung und zu selbstverantworteter Lebensgestaltung eröffnen“.[60]
Eine neue, veränderte Bildungsarbeit, die sich durch Effizienz und Innovation auszeichnet, liefert hierzu einen Rahmen, in dem die Entfaltung der Lernkompetenz als zentrale Aufgabe ermöglicht wird.
4.2 Effiziente und innovative Bildungsarbeit
Angesichts der gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen wird eine Differenzierung und Weiterentwicklung der Erstausbildung immer wichtiger. Der Erwerb neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten wird somit zu einem lebenslangen Prozess. Bildungsarbeit ist aber nur dann effektiv , wenn sie sich zielgerichtet auf die Veränderungen unserer Zeit einstellt.
Bedauerlicherweise besteht aber noch immer eine zeitliche Verzögerung von mehreren Jahren zwischen den beschleunigten Innovationprozessen in Gesellschaft und Wirtschaft und dem Transfer von Innovation und Wissen in die Schule. Dies liegt vor allem daran, dass das Bildungswesen längerfristiger Orientierungen bedarf. Daraus entsteht die Forderung, dass Schulen und Weiterbildungseinrichtungen zu offenen, flexiblen und rasch anpassungsfähigen Systemen werden müssen. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil sich die Bildungs- und Qualifikationsanforderungen durch die Dynamik und Komplexität unserer Zeit immer schneller verändern.
Vor diesem Hintergrund halten es viele Experten für sinnvoll, eine veränderte Aus- und Weiterbildung an marktwirtschaftlichen Prinzipien zu orientieren. Lehr- und Lernprozesse sollen immer mehr Managementgrundsätzen folgen. „Den unterschiedlichen Bildungsbedürfnissen wie auch der Dynamik der Qualifikationsveränderungen kann in einer hochentwickelten Industriegesellschaft nur in einem nach marktwissenschaftlichen Prinzipien ausgerichteten pluralen Weiterbildungssystem befriedigend entsprochen werden.“[61]
Schulische Bildungsarbeit als Phase des lebensbegleitenden Lernens muss sich auf die neuen Formen der Arbeitsorganisation einstellen. Sie darf sich den neuen Formen der Bildung und Weiterbildung in der Wirtschaft nicht verschließen. Vielmehr sollte die Schule die Übertragbarkeit außerschulischer Lernformen auf schulisches Lernen überprüfen und diese entsprechend umsetzen.
4.3 Die Weiterbildungsgesellschaft
Wie bereits angesprochen, können Berufe in Zukunft nicht unbedingt sofort nach Beendigung der Schulzeit oder der Erstausbildung ergriffen werden. Um die Lücke zwischen Erstausbildung und dem geforderten Qualifikationsprofil zu schließen, bedarf es entsprechender Weiterbildungsangebote. Die gesellschaftliche, wirtschaftliche aber auch die persönliche, individuelle Entwicklung wird in Zukunft wesentlich von der (Weiter-)Bildungsarbeit, deren Qualität, Attraktivität und Effektivität abhängen. Die hohe Bedeutung von Bildung prägt die Gesellschaft entscheidend.[62] Die Dimensionen der Weiterbildung erstrecken sich auf viele Lebensbereiche, einerseits auf Betrieb und Beruf, andererseits aber auch auf Gesellschaft und auf die persönliche Entwicklung des einzelnen. Weiterbildung soll Strategien aufweisen und vermitteln zur Lösung gegenwärtiger Probleme und Beantwortung von Zukunftsfragen. Dies geschieht in kommunikativen Prozessen, welche durch den Bildungsmanager[63] individuell auf die jeweilige Lerngruppe abgestimmt werden und die darüber hinaus ständig weiterentwickelt und neu koordiniert werden müssen.
Da dieses permanente, lebenslange Lernen Kennzeichen unserer heutigen Zeit ist, hat sich die Weiterbildung bereits als Markt etabliert. Weiterbildung ist also zum Träger des Fortschritts in allen Bereichen geworden. Sie wird in Zukunft fester Bestandteil unseres Daseins werden. Es ist daher durchaus angebracht, neben der Informations- und Wissensgesellschaft auch von einer „Weiterbildungsgesellschaft“ zu sprechen.
4.4 Bildung als Managementaufgabe
Aufgabe des Bildungsmanagers ist es auch, die Weiterzubildenden mit Schlüsselqualifikationen[64] vertraut zu machen und diese einzuüben. Zu diesen Qualifikationen gehören Dinge wie Lernen lernen, Teamarbeit, vorausschauend und zusammenhängend denken, planen und handeln und Einübung von Selbstverantwortung. Dabei wird aus aktuellen Situationen heraus gelernt und dementsprechend situativ vom Bildungsmanager moderiert und geführt. Leider werden diese Qualifikationen derzeit nur rückwirkend vermittelt. Besser wäre es, wenn Weiterbildung vorausschauend auf die Schlüsselqualifikationen von morgen vorbereiten würde.
Angesichts der Tatsache, dass Weiterbildung zu einer Lebensfrage geworden ist, die sowohl den beruflichen als auch den persönlichen Erfolg maßgeblich mitbestimmt, bedarf es einer systematischen Planung und Durchführung von (Weiter-) Bildung. Dies verlangt dem Bildungsmanager betriebswirtschaftliche, organisatorische und pädagogische Fähigkeiten ab (s. Kap. 4.6). In einer sinnvoll organisierten und effektiv realisierten Bildungsarbeit wird Wissen und Lernen zum Erfolgsfaktor.
4.5 Lernen und Wissen als Erfolgsfaktor
Weiterbildung erhält einen immer wichtigeren Stellenwert: Weiterbildung wird zunehmend als „Investition in die Köpfe“, als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“[65] verstanden. So stellt die Weiterbildung das wichtigste Instrument dar, um Qualifikationen dem technologischen und arbeitsorganisatorischen Wandel anzupassen. In der heutigen Zeit kommt der Bildung also eine Bedeutung zu, die nicht nur für die persönliche, individuelle Entwicklung, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und der sozialen Institutionen eine Schrittmacherrolle einnimmt. Ferner ist der Grad der Bildung immer stärker ausschlaggebend für das Gelingen sozialer Kommunikation sowohl im privaten als auch im betrieblichen Bereich.
Es hat sich in unserer heutigen Gesellschaft aber nicht nur der Stellenwert von Bildung, sondern parallel dazu auch die Gestaltung und Steuerung auf allen Ebenen der Bildungsarbeit drastisch verändert.
4.6 Gestaltung, Steuerung und Ebenen von Bildungsarbeit
Angesichts der Tatsache, dass Weiterbildung zu einer (Über-)Lebensfrage geworden ist, bedarf es einer systematischen Planung, Organisation und Steuerung von (Weiter-) Bildungsprozessen. Dies verlangt dem hierfür zuständigen Bildungsmanager[66] neben pädagogischen und organisatorischen auch betriebswirtschaftliche Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. So muss er in der Lage sein:
- den Bildungsbedarf zunächst zu ermitteln, Bildungsarbeit in ein den veränderlichen Anforderungen entsprechendes Konzept zu bringen und dabei seine ganze pädagogisch-didaktische Kompetenz einzusetzen.
- das vorhandene betriebswirtschaftliche Wissen und die damit verbundenen Führungskompetenzen in die Planung, Organisation, Verwaltung und Finanzierung von Bildungsmaßnahmen einzusetzen.
Hauptaufgabe des Bildungsmanagers ist es, den Lernenden im Bildungsprozess zu motivieren, anzuleiten und zu begleiten. Sein Aufgabenfeld bezieht sich auf die folgenden drei Dimensionen[67], die in gleichwertiger Interdependenz stehen: Objekt- bzw. Sachgestaltung und Steuerung:
Diese Dimension umfasst die didaktisch-methodische Gestaltung des Lernstoffs. Vergleichen könnte man dies z.B. mit der Markteinführung eines neuen Produktes oder einer Dienstleistung: Hier müssen neues Wissen, neue Ideen und neue Aktivitäten erarbeitet und umgesetzt werden.
Personenbezogene Entwicklung und Qualifizierung:
Dies bedeutet, dass der einzelne Mitarbeiter (oder Lehrer) mit technischen oder organisatorischen Neuerungen in einer Firma (oder Schule) vertraut gemacht und entsprechend darauf vorbereitet werden muss, was auch die Vermittlung der dafür erforderlichen Qualifikationen und Fähigkeiten mit einbezieht.
Prozessgestaltung und -Steuerung:
Diese Dimension umfasst die Aufgabenbereiche:
- Pädagogisch-didaktisches Organisieren, Gestalten und Steuern
- Pädagogisches, informatives und kommunikatives Führen
- Gestalten und Steuern, aber auch die Vernetzung von unternehmerischer und pädagogischer Führung.
Neben den angesprochenen Dimensionen vollzieht sich Bildungsarbeit auf den verschiedensten Ebenen: in Seminaren in- und außerhalb des Betriebes, direkt am Arbeitsplatz, in öffentlich getragenen Einrichtungen wie z.B. der Volkshochschule oder aber in privaten Bildungsstätten. Gerade die privaten Bildungsanbieter erfuhren in den letzten Jahren einen stetig wachsenden Zulauf, besonders im Bereich des schulbegleitenden Unterrichts an Nachmittagen und Wochenenden (Einrichtungen wie „Schülerhilfe“, „Studienkreis“, usw.).
Auf diese Vielschichtigkeit und Komplexität der Ebenen, auf denen Bildungsarbeit erfolgen kann, hat die Wirtschaft längst reagiert. Weiterbildung hat sich inzwischen als Markt, ja als Dienstleistungsbranche etabliert. Die Ebenen und Kennzeichen dieses Weiterbildungsmarktes werden im folgenden näher betrachtet.
5. Der Weiterbildungsmarkt
Weiterbildung wird von nahezu allen Arbeitgebern aber auch von der Schule vorausgesetzt und als Phase des lebenslangen Lernens - und damit gleichzeitig als entscheidender Faktor für beruflichen und persönlichen Erfolg - verstanden. Permanente Weiterbildung ist allein schon deshalb erforderlich, weil sich viele Ausbildungssziele und damit auch die Qualifikationsprofile gewandelt haben und sich ständig wandeln. Fach- und Spezialwissen bleibt zwar unverändert wichtig, gefordert werden aber zusätzliche Schlüsselqualifikationen wie mehr Selbständigkeit und Verantwortlichkeit, mehr Teamgeist, Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft, mehr Breitenqualität und Übersichtswissen sowie die Fähigkeit, komplexe Vorgänge und Zusammenhänge zu durchschauen. Diesen Forderungen versucht der Weiterbildungsmarkt mit seinem differenzierten und komplexen Angebot an Antworten und Lösungswegen gerecht zu werden.
5.1 Ursachen des Booms in der Weiterbildung
Die spektakuläre Intensivierung betrieblicher und privater Weiterbildung seit Mitte der achtziger Jahre erklärt sich vor allem als Reaktion auf die gewaltigen wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen, die in dieser Zeit stattgefunden haben. Kennzeichen dieser Veränderungen waren ( und sind es noch) die Beschleunigung der technischen Innovation in Betrieben, anhaltende Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen, der ungeahnte Ausbau weltweiter Kommunikation sowie die Internationalisierung des Wettbewerbs.
Alle diese Faktoren führen zu fortdauernden Anpassungszwängen bei Unternehmen und Mitarbeitern. Aber auch „Eitelkeiten“ so mancher Führungskräfte, Statusfragen oder Modetrends speisen die Nachfrage nach Fortbildung in allen ihren Spielarten. Da der technische Fortschritt andauert und menschliche Eitelkeit ein dauerhaftes Phänomen ist, dürfen Weiterbildner auch in Zukunft auf gute Geschäfte hoffen. Vor allem aber auch, weil sie von der Überzeugung der Unternehmen profitieren, „dass diese nur durch Investitionen in das Humankapital im harten internationalen Wettbewerb bestehen können“.[68] Anders ausgedrückt heißt das, dass die Qualifikation der Mitarbeiter über die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet. Diese geforderten Qualifikationen können auf verschiedenen Ebenen der Weiterbildung erworben werden. Ein Element des Weiterbildungsangebots stellt die betriebliche Weiterbildung dar.
5.2 Betriebliche Weiterbildung
Die betriebliche Weiterbildung ist unabdingbar in einer Gesellschaft, die durch rasanten technologischen Wandel gekennzeichnet ist. Nur wer sich weiterbildet, hat auf dem Arbeitsmarkt Chancen. Und nur Unternehmen, die Aus- und Weiterbildung als sinnvolle Investition erkennen, können dank geschulter Mitarbeiter im Wettbewerb bestehen. Die betriebliche Weiterbildung, sei sie in Form von externen Abendkursen, internen Seminaren oder sonstigen Programmen, muss als fester Bestandteil der Arbeit ins Arbeitsleben (und darüber hinaus auch ins Privatleben) integriert werden.
Obwohl diese Integration mit erheblichen Kosten verbunden ist, sparen die Unternehmen im allgemeinen nicht, wenn es um die berufliche Qualifizierung ihrer Mitarbeiter geht. Rund 40 Milliarden Mark[69] hinterlassen sie jährlich in den Kassen der Weiterbildner. In deren reichhaltigem Angebot findet sich alles, was gewünscht wird: von EDV- oder Produktschulungen über Fremdsprachen- und Rhetoriktrainings bis hin zu Seminaren zur richtigen Personalführung und Persönlichkeitsentwicklung.
5.3 Kosten und Teilnahmequoten der Weiterbildung
Die Deutschen lassen sich ihre Bildung auch nach Abschluss von Schule, Lehre oder Universität etwas kosten: 20 Milliarden Mark steckt die Nation pro Jahr in die Weiterbildung, wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ermittelt hat. Im Durchschnitt kostet in den Betrieben die Schulung pro Beschäftigten 553 Mark im Jahr. Dabei nimmt freilich nicht jeder jedes Jahr an einer organisierten Weiterbildung teil, so dass die Summe für die wirklich Geschulten noch weit über dem statistischen Mittel liegt: Der Bergbau gibt jährlich pro Person 1247 Mark aus, der Maschinenbau an der Spitze sogar 5283 Mark. Führungskräfte kommen besonders häufig in den Genuss von Schulungen: Sie nehmen sechsmal häufiger an betrieblichen Lehrveranstaltungen teil als angelernte Kollegen. Dieses Aufwandsgefälle im betriebliche Ausbildungswesen wird aus den Übersichts-Tabellen unter 5.4 dieser Arbeit ersichtlich.
So setzen große Firmen im Rahmen neuer Qualitätskonzepte weniger auf scharfe Produktkontrollen als auf Fortbildung der Arbeiter. Ziel dieser Strategie ist, bereits im Vorfeld die Fehlerquote zu verringern. In Weiterbildungsprogrammen wird versucht, an die Problemzonen der Unternehmen heranzukommen. Aus der darauf folgenden Analyse (im Team oder in Kleingruppen) der jeweiligen Problemsituation ergibt sich der individuelle Schulungsbedarf für den einzelnen Mitarbeiter. Das bedeutet konstruktive Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum hinweg. Wie solche Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen aussehen, wird im folgenden dargestellt.[70]
5.4 Weiterbildungsmaßnahmen in der Praxis
Die amerikanische Autofirma Ford begann schon vor Jahren damit, neben den eigenen Mitarbeitern sogar die Mitarbeiter der Zulieferfirmen zu schulen, um so die Qualität ihrer Fahrzeuge zu verbessern. Anliegen des Unternehmens war es ferner, den Professionalisierungsgrad durch Weiterbildungsmaßnahmen zu erhöhen und den Zulieferern ihre Bedeutung und Wichtigkeit für den gesamten Produktionsprozess zu demonstrieren.
In Deutschland jedoch ist laut BIBB[71] [72]„der Professionalisierungsgrad in der betrieblichen Weiterbildung noch nicht sehr hoch. Bei 67% der deutschen Unternehmen gab es 1996 noch keine Personal- oder Qualifikationsanalysen[73]“, aus denen man Weiterbildungsmaßnahmen ab- und einleiten könnte.
Weiterbildungsmaßnahmen werden aber oft nur gefühlsmäßig konzipiert und werden auf ihren Erfolg hin nur wenig kontrolliert. So werden bei Seminaren am Ende zwar oft Fragebögen ausgeteilt, auf denen die Teilnehmer ankreuzen sollen, wie ihnen die Veranstaltung gefallen hat. Doch ob sie mit dem Gelernten hinterher etwas anfangen können, wird selten überprüft. Andere Beispiele zeigen jedoch, dass sich der Erfolg von Bildungsmaßnahmen durchaus kontrollieren lässt:
So begannen die ISPAT Hamburger Stahlwerke vor drei Jahren mit Hilfe von Seminaren damit, die Kommunikation im Unternehmen zu verbessern. Der oft autoritäre Führungsstil nach dem Motto „Ich bin schlau, ihr seid doof“ sollte sich ändern. Die Mitarbeiter und Abteilungen sollten ihr Verhältnis untereinander kooperativer gestalten: Zunächst erlernte die Firmenspitze anhand von Rollenspielen und Videoanimationen einen neuen Führungsstil und nach und nach kamen Veranstaltungen für die unteren Ränge der Betriebshierarchie dazu. Inzwischen hat diese Fortbildungswelle absolut alle Beschäftigten dieses Betriebes erreicht. Schichtgruppen treffen sich zu eintägigen Arbeitsgruppen und diskutieren Verbesserungen. Nach einem halben Jahr prüfen sie, ob die beschlossenen Pläne auch wirklich umgesetzt wurden. Über hundert Maßnahmen wurden bisher erarbeitet. So hatten die Schmelzer z.B. sehr oft Schwierigkeiten mit dem Gießbetrieb. Nach Prüfung dieses Problems stellte sich heraus, dass es lediglich an der mangelnden Verständigung mit einer anderen Abteilung lag. Die früheren „Streithähne“ haben sich daraufhin zusammengesetzt und das Problem gelöst.
Solche Verbesserungen der innerbetrieblichen Kommunikation wirken sich nicht nur in Form eines besseren Betriebsklimas, sondern auch in einer Produktivitätssteigerung und vor allem einer Qualitätsverbesserung der Produkte aus, also in Werten, die sich absolut messen lassen. Im zitierten Fall, der repräsentativ für veranrwortungsbewusstes Firmenmanagement vieler moderner Unternehmen steht, konnte klar nachgewiesen werden, in welch güstigem Verhältnis die finanziellen Investitionen in Schulung, Aus- und Weiterbildung zu der dadurch erzielten Gewinnoptimierung stehen.
Die Mercedes Benz AG praktiziert ein sogenanntes „strategisches Bildungscontrolling“: Dabei wird systematisch geprüft, wo sich aus festgelegten Zielen des Unternehmens Bildungsbedarf ergibt. Dieser wird dann gezielt angegangen.
Es ist also von großer Wichtigkeit für den Erfolg eines Unternehmens, dass es den Bildungsbedarf oder die Qualifikationsdefizite seiner Mitarbeiter erkennt und entsprechende Bildungsmaßnahmen genau plant und durchführt. Immer muss dabei die Verbindung zur Praxis gewährleistet sein. Heute geht der Trend dahin, Mitarbeiter nicht mehr kreuz und quer durch die Republik auf Seminare zu schicken, Bildungsarbeit wird nunmehr zunehmend in den Betrieb zurückgeholt. Hierfür sind natürliche Kostengründe
(Reisekosten, Zeitaufwand) ausschlaggebend. Als kostengünstige
Fortbildungsmaßnahme erweist sich auch die Weiterbildung am PC.
5.5 Weiterbildung am PC
In Anbetracht der sinkenden Jahresarbeitszeit beschweren sich immer mehr „Industriebosse“ über die immer schwieriger werdende Finanzierung von
Weiterbildungsmaßnahmen. Eine kostengünstige Alternative zur Weiterbildungsfinanzierung schlägt der DIHT[74]-Präsident Hans Peter Stihl vor, wenn er die Meinung vertritt, dass „..moderne Kommunikations- und Lernmedien den Weg in die Zukunft ebnen sollen..“[75]. Diese Art der Weiterbildung solle in der Freizeit stattfinden. Allerdings haben sich die Mitarbeiter noch nicht daran gewöhnt, selbstgesteuert zu lernen, und schon gar nicht mit digitalen Medien. Ein sehr gutes und motivierendes und zugleich kostengünstiges multimediales Lernmodell bietet z.B. die Robert Bosch AG seinen Mitarbeitern in Stuttgart an:
Zu konkurrenzlos günstigen Preisen können dort Angestellte Hard- und Software für das multimediale Lernen erwerben. Inzwischen büffeln die Mitarbeiter den Stoff aus 14.000 CBT[76]-Programmen, die meisten billiger als 100 Mark. Knapp 250 Angebote - PC- Anwendungen zu technischen und betriebswirtschaftlichen Themen - stehen zur Auswahl. Seitdem Bosch seinen Mitarbeitern auch preiswerte Multimedia-PCs zur Verfügung stellen kann, lassen sich die Kosten innerbetrieblicher Weiterbildung minimieren. Dieses Modell der CBT-Partnerschaft bei Bosch entspricht dem Trend des lebenslangen Lernens und der hohen Mit- und Eigenverantwortung des Lernenden.
Wie sich die Teilnahmequote für berufliche Weiterbildung auf die verschiedenen Branchen und Berufsgruppen verteilt, wird anhand folgender Übersichten deutlich.
5.5 Übersichtstabellen zur Weiterbildung
Übersicht 1:
Teilnehmer an beruflicher Weiterbildung je 100 Beschäftigte nach Branchen
(Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Reinhold Weiß: „Betriebliche Weiterbildung; Ergebnisse der Weiterbildungserhebung der Wirtschaft“, Köln 1994, S. 85
Übersicht 2:
Eintritte in Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung und Umschulung der Bundesanstalt für Arbeit
(Angaben inTausend)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Grund- und Strukturdaten 1995/96; S. 311
Teil III: Verändertes Lehren und Lernen durch eine neue Rolle von Schule
Der tiefgreifende Wandel in fast allen gesellschaftlichen Bereichen wird seit einigen Jahren auch in seiner Bedeutung für das Schulwesen wahrgenommen. Die Rolle von Schule wandelt sich und damit auch das Lehren und Lernen. Mit der Forderung nach mehr Gestaltungsmöglichkeiten aber auch mit der Verfolgung neuer Lernziele und - Methoden versuchen Schulen sich den neuen Anforderungen einer Wissens- und Informationsgesellschaft zu stellen. Ob dabei der derzeitige Bildungsbegriff und das schulische Bildungsverständnis noch zeitgemäß sind und in welchem Rahmen und Umfang die Schule neue Wege gehen kann, soll in diesem Teil geklärt werden.
1. Neue Rolle von Schule
In den folgenden Ausführungen geht es aber nicht primär um die übliche Anpassung des Bildungssystems an eine sich kontinuierlich weiterentwickelnde Gesellschaft, sondern vielmehr um grundlegende Neuorientierungen seitens der Schule in bezug auf die (in Teil I beschriebenen) Veränderungen. Diese Veränderungen müssen auf das allgemeinbildende Schulwesen zurückwirken. Es gilt nun also, Elemente eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs aufzuzeigen und gleichzeitig die Rolle der Schule in einer veränderten Welt zu klären. Dies geschieht in der Absicht, das Schulwesen progressiv weiterzuentwickeln. Hierbei erweist es sich als sinnvoll, Erfahrungen zu berücksichtigen, die durch Bildungsreformen bislang gemacht wurden. Deshalb sollen an dieser Stelle zunächst die Schulentwicklungsphasen der letzten Dekaden in ihren Hauptakzenten kurz dargestellt werden.
1.1 Schulische Entwicklungsphasen der letzten vier Jahrzehnte
Seit etwa Mitte der 60er Jahre wurde die Reform des Bildungswesens hauptsächlich durch bildungspolitische und fachliche Orientierungen bestimmt. Man zielte besonders auf strukturelle Veränderungen ab, welche die Voraussetzungen für eine gründliche innere Reform der Lernprozesse schaffen sollten.[77] Diese strukturellen Veränderungen kamen dann in der Integration von Bildungswegen und den entsprechenden Schulformen, nämlich in einer integrierten Gesamtschule und einer integrierten Oberstufe, zum Ausdruck.
In den70er Jahrentraten dann die strukturellen Schwerpunktsetzungen der Reform eher in den Hintergrund und wurden von Fragen der inneren Gestaltung, der Lehrplanreform und neuen pädagogischen Anforderungen abgelöst.
In den 80er Jahren setzte sich diese strukturelle Weiterentwicklung hauptsächlich in denjenigen Ländern fort, die diesen Prozess politisch möglich machten. In unterschiedlicher Dichte breitete sich dort das Konzept der Gesamtschulen aus. Aber auch die inhaltlich-methodische Gestaltung des Unterrichts und eine umfassende Lehrplanrevision waren zu dieser Zeit Gegenstand schulreformerischer Diskussionen. Gegen Ende dieser Dekade traten dann bildungsökonomische Probleme und Überlegungen zur Steigerung der Effizienz im Schulwesen in den Vordergrund der Diskussion.
Die Fragen nach der Leistungsfähigkeit und nach einer angemessenen Ausstattung des Schulwesens verstärkten sich dann seit Beginn der 90er Jahre. Die bildungspolitische und fachliche Diskussion befasste sich vordergründig mit grundsätzlichen Fragen, wie z.B.: Was kennzeichnet eine gute Schule und was sind Ziele und Zwecke schulischen Lernens und der beruflichen Bildung? Auch wenn eine der entscheidenden Erfahrungen der letzten Jahrzehnte die bittere Erkenntnis ist, dass grundlegende Gesamtveränderungen in bezug auf Organisation und Systemstrukturen von Schule nicht durchführbar waren, bleibt die Frage bzw. die Forderung nach einem zeitgemäßen schulischen Bildungsbegriff bestehen. Die Rolle von Schule und deren Bildungsverständnis neu zu definieren, ist besonders in Anbetracht der Komplexität und Dynamik der heutigen Zeit erforderlich. Daher bedarf das derzeitige Bildungssystem und dessen Bildungsbegriff einiger Umgestaltungen.
1.2 Elemente eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs
Das herkömmliche Modell des „Lehrens und Lernens“ kann in einer Zeit neuer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Herausforderungen kein adäquates Konzept sein. Die schulische, aber auch die berufliche Bildung ist daher durch ein Konzept zu ersetzen, in dessen Mittelpunkt die Lernfähigkeit steht. Erworbene Grundkenntnisse sind durch selbstdefinierte Qualifikationen zu erweitern. Für die allgemeine Bildung und auch Schulbildung heißt das eine Schwerpunktsetzung auf Grundlagenwissen, Schlüsselqualifikationen und soziale Fähigkeiten. Außerdem sollte die Verbindung zur Arbeitswelt bereits in früheren Lernstadien hergestellt werden.[78]
Einen sehr wichtigen Beitrag zur Diskussion der aktuellen Bildungspolitik liefert die im Oktober 1995 von einer hochkarätig besetzten Bildungskommission dem Ministerpräsidenten des Landes NRW, Johannes Rau, vorgelegte Denkschrift mit dem Titel „Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft“. Diese Denkschrift hat u.a. deshalb große Aufmerksamkeit in Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft hervorgerufen, weil sie an den Fundamenten der deutschen Bildungspolitik rüttelt. Sie will eine völlig neue Schule begründen, die auf die Anforderungen der kommenden Jahrzehnte reagieren und sie bewältigen helfen soll, mit neuen Inhalten, neuen Lehrern und insgesamt einer Neubestimmung der gesellschaftlichen und individuell bezogenen Rolle von Schule. Auch wenn einige Forderungen und Vorschläge der Denkschrift nicht gerade neu sind - so möchte ich kritisch anmerken - sind sie durchaus zustimmungsfähig und haben, trotz aller Kritik, einen gewichtigen Anstoß gegeben, über Schule neu nachzudenken.
Bevor nun aber auf einige Elemente eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs, wie sie in der Denkschrift beschrieben und gefordert werden, eingegangen wird, seien hier die eigentlichen Probleme, unter denen Schule leidet, resümiert: es fehlt Geld, die Abstimmung zwischen Bildungssystem und Arbeitsmarkt wird immer schwieriger, und an einigen Orten beschränken sich Schulen und Lehrer noch immer auf eine lebensferne Vermittlung von Wissen und Fakten. Außerdem stimmt vielerorts das „Schulklima“ nicht. Schule wird nicht als Lebensort[79] begriffen, an dem die lebensnotwendigen Erfahrungen gemacht werden können. Lösungsvorschläge für diese „Leiden“ der Schule liefert die Denkschrift der Bildungskommission mit ihrer Beschreibung der Grunddimensionen eines zeitgemäßen Bildungsbegriffs.
1.3 Zum Bildungsbegriff der Bildungskommission in NRW
Die Bildungskommission stellt ihren Begriff von Bildung in einen doppelten Bezug: Erstens knüpft sie an die Tradition der europäischen Aufklärung an, indem sie einen Begriff von Bildung verwendet, der „die Mündigkeit in allen Orientierungszusammenhängen in den Mittelpunkt stellt“ (S. 23)[80]. Zweitens bedarf laut Denkschrift der Bildungsbegriff einer Aktualisierung durch „ein zeitgemäßes Verständnis von Bildung, das es erlaubt, auch in Zukunft am Begriff der Bildung als orientierender pädagogischer Kategorie festzuhalten“ (ebd.). Diesen gewünschten Bezug zur aktuellen Lage will die Kommission dadurch erreichen, dass sie „zentrale Entwicklungen“ skizziert, die in der Denkschrift als „Zeitsignaturen“ bezeichnet werden. Mit diesem Terminus sind langfristig wirksame, die Gesellschaft verändernde Grundströmungen von hoher Durchschlagskraft gemeint, die bei Dalin[81] als „Revolutionen“ bezeichnet werden.[82] Dazu zählen:
- die Pluralisierung der Lebensformen und sozialen Beziehungen,
- die Veränderung der Welt durch neue Technologien und Medien,
- die ökologische Frage,
- die Bevölkerungsentwicklung und die Migration im globalen Maßstab,
- die Internationalisierung der Lebensverhältnisse und
- der Wandel der Werte.
Anhand dieser Teilprozesse und ihrer Interdependenz wird für die Bildung die „schwierige Aufgabe“ abgeleitet, „in der Gegenwart die Vermittlung zwischen Vergangenheit und Zukunft leisten zu müssen“ (S. 24). Außerdem fordert die Kommission, es müsse künftig auf sich verändernde Rahmenbedingungen und auf neue, teils ungewisse Entwicklungen reagiert werden.
Als Kern des Bildungsbegriffs sieht die Kommission - ganz in der Tradition der europäischen Aufklärung - die „Mündigkeit in allen Orientierungsprozessen“. Entsprechend definiert sie Bildung als „individuellen, aber auf die Gesellschaft bezogenen Lern- und Entwicklungsprozess“ (S. 31). Eine solche Definition weist darauf hin, dass der Bildungsbegriff nicht reduziert, sondern ganzheitlich verwendet wird. Über den Lernbegriff wird der Bildungsbegriff vielfältig mit anderen zentralen Teilen der Denkschrift verzahnt. So wird z.B. im Kapitel „Schule als Lern- und Lebensraum“ ein erweiterter Lernbegriff eingeführt. „Das von der Kommission vertretene Verständnis von Lernen und Lernkultur ... zielt darauf, in den Lernzusammenhängen Identitätsfindung und soziale Erfahrung zu ermöglichen“ (S. 82). Deshalb fordert die Kommission: „Lernsituationen und Lernvorgänge sollen so angelegt sein, dass sie Fragen der Grundorientierung, der Identitätsfindung und der Befähigung zur Auseinandersetzung mit Grundwerten und Normen herausfordern, so dass die Urteilsfähigkeit gegenüber persönlichen und gesellschaftlichen Fragestellungen und Problemen entwickelt, gefördert und geschärft wird“ (S. 84). Was hier als Konsequenz von Lernprozessen gefordert wird, kommt einer Zielbeschreibung von Bildung gleich. Dieser als Bildung bezeichnete Lern- und Entwicklungsprozess soll dazu befähigen,
- „den Anspruch auf Selbstbestimmung und die Entwicklung eigener Lebens- und Sinnbestimmungen zu verwirklichen,
- diesen Anspruch auch für alle Mitmenschen anzuerkennen,
- Mitverantwortung für die Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen und der ökonomischen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Verhältnisse zu übernehmen,
- die eigenen Ansprüche, die Ansprüche der Mitmenschen und die Ansprüche der Gesellschaft in eine vetretbare, den eigenen Möglichkeiten entsprechende Relation zu bringen“ (S. 31).
Mit diesen vier Punkten versucht die Denkschrift, den Begriff der Mündigkeit zu konkretisieren. Neben der „Mündigkeit“ als Zielkomponente von Bildung finden sich Aussagen zur Funktion und Bedeutung von Bildung im Hinblick auf die von der Kommission beschriebenen gesellschaftlichen Entwicklungen: „Bildung ist in dieser Gesamtentwicklung tragendes Element der Kultur, die alle Lebens- und Arbeitsformen einer Gesellschaft umfasst. Durch Bildung wird Kultur angeeignet und selbst zu einem dynamischen, orientierenden Element der Gesellschaft“ (S. 30). Der von der Kommission verwendete Kulturbegriff wird dabei aufgefasst als ein „in die Welt des Menschen verwandelter Begriff“ (S. 30). Damit wird primär der entdeckende, deutende und gestaltende Charakter kulturellen Tätigseins in den Vordergrund gestellt und auf Bildung bezogen. „Bildung ist nur die andere Seite der Kultur, ist Kultur zur Lebensform, gerade auch zur individuellen Lebensform gemacht“ (S. 30).
Außerdem wird unterstrichen, dass Bildung nicht nur auf Wissen und Urteilen, sondern auch auf Handeln bezogen ist. Dies geschieht in der Verbindung des Bildungsbegriffs mit dem der Kompetenz, wobei es in Denkschrift heißt: „Bildung ist in erster Linie ein Können, kein bloßes Sich-Auskennen in Bildungsbeständen“ (S.30). Der Begriff der Bildung verbindet sich weiterhin mit dem Begriff der Orientierung. Beides gehört zusammen: „ als Lebensform oder in der Form eines Könnens, das Welt in sich zieht und Welt durch sich selbst ausdrückt“ (S. 31). Aus dieser Erkenntnis stellen sich Herausforderungen an die Bildung, die - so die Denkschrift - im schulischen Bereich noch nicht angenommen wurden.
In der Denkschrift wir das Dilemma schulischer Bildung angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen deutlich herausgestellt: Zum einen verliere die Schule ihr traditionelles Monopol der Wissensvermittlung. Bereits bestehende Informationskanäle werden durch neue Medien ergänzt und vervielfältigt. Dadurch gerate die Schule didaktisch und inhaltlich unter Druck, mit anderen, attraktiveren Informationsvermittlern und Bildungsanbietern konkurrieren zu müssen. Zum anderen wachse der Schule nach Ansicht der Kommission neue Bedeutung zu, z.B. durch die
Pluralisierung der Lebensformen, die Internationalisierung der Lebensverhältnisse und den Wertewandel. Aus diesem Grunde fordert die Bildungskommission einen Unterricht, der „sowohl fundamental als auch exemplarisch sein und neben dem fachlichen Lernen auch überfachliches und soziales Lernen einschließen“ soll (S. 33).
Schulisches Lernen, so fordert die Kommission, muss auf die Vermittlung bestimmter Kompetenzen hin organisiert werden, die zu einem „vernünftigen Umgang“ mit den Entwicklungschancen und den Problemen der modernen Welt befähigen (vgl. S. 32). Dabei soll nach wie vor an einem Konzept von Bildung festgehalten werden, deren „emanzipatorischer Gehalt sich gegen eine Beschränkung von Bildungsprozessen auf den Erwerb von gesellschaftlich nützlichen Qualifikationen sperrt“ (S. 31).
Anhand ihrer Darstellung der Grunddimensionen des Bildungsbegriffs, versucht die Denkschrift der Bildungskommission in NRW auch die Konsequenzen für eine neuartige Gestaltung der Schulen abzuleiten. Bevor nun aber die Gestaltungsmöglichkeiten von Schulen - und dazu gehört nach Auffassung der Bildungskommission auch schulische (Teil-) Autonomie, möchte ich die Kennzeichen einer „gute Schule“ aufzeigen.
1.4 Merkmale und Kennzeichen einer „guten“ Schule
Um die Frage, was denn eine „gute“ oder „effektive“ Schule ausmacht, beantworten zu können, müssten wir ganz konkrete Vorstellungen von der künftigen Gesellschaft haben. Doch darüber haben wir kein klares Bild; es können lediglich Trends und vage Vermutungen aufgestellt werden, die uns für die Zukunft als richtungsweisend erscheinen. Dennoch wissen wir alle, dass es Merkmal einer „guten Schule“ sein muss, die Kinder auf die Gesellschaft und das Berufsleben von morgen vorbereiten zu können. Die bildungspolitische Frage danach, was eine gute Schule ausmache, wird - so auch Kultusministerin Schavan, Baden-Württemberg - in den „kommenden Jahren nicht primär mit Strukturdebatten zu beantworten sein, sondern vielmehr Inhalte, Methoden und Ziele schulischer Bildung und Erziehung betreffen“[83]. Sie muss „den Blick lenken auf Entwicklungsmöglichkeiten für schulindividuelle Profile und neue Formen nachhaltigen Lernens“[84]. Eine Modernisierung der Schule stellt demnach die Antwort auf die Modernisierung der Gesellschaft dar.
Entscheidend sind also jene Lerninhalte und Erfahrungen, die die Schüler optimal auf eine dynamische, veränderliche Welt vorbereiten können. Diese schulischen Lerninhalte müssen in engem Zusammenhang mit dem stehen, was die Schüler nach der Schule einmal tun werden. Eine Schule ist folglich dann „gut“, wenn sie selbst einelernendeSchule ist. Das heißt, sie muss permanent auf sich verändernde Qualifikationsanforderungen reagieren, muss sich kontinuierlich wandeln. Sie muss zu einer lebendigen Institution werden, die zum Lernen anregt und in der jeder Teilhabende seine Rolle mit Verantwortungsbewusstsein wahrnimmt.
Mit diesen Fragen der Schulentwicklung befasst sich auch der Universitätsprofessor für Pädagogik, Dr. Per Dalin[85]. In seiner neuesten Publikation zu diesem Thema fordert er, dass die Diskussion um eine gute Schule in jedem Falle die folgenden vier Momente berücksichtigen sollte. Sinngemäß lauten seine Forderungen:
- Aus der Einsicht in die Kräfte, die unsere Gesellschaft heute und in den kommenden Jahren formen, müssen Visionen der Gesellschaft der Zukunft abgeleitet und entsprechend berücksichtigt werden.
- Es muss mehr Verständnis für die Welt der Kinder und Jugendlichen aufgebracht werden.
- In einer komplizierten Welt, die geprägt ist von Informationen und Konflikten, müssen die Lernbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen geklärt werden.
- Die spezifische Rolle der Schule in der lernenden Gesellschaft der Zukunft muss gründlich analysiert werden, um daraus die Merkmale einer „guten Schule“ abzuleiten.
Im Vergleich dazu, oder besser gesagt ergänzend dazu, sind in anderen einschlägigen
Veröffentlichungen (Fend/Haenisch, 1986) folgende Merkmale einer „guten“ Schule signifikant:[86]
-Lehrerengagement: Lehrer engagieren sich, Zufriedenheit und Lockerheit im persönlichen Umgang herrschen vor (kein „Dienst nach Vorschrift“).
-Lehrerkooperation: Lehrer beachten Gemeinsamkeiten, es besteht ein „didaktisch- methodischer Minimalkonsens“ (auch in Fortbildungsfragen).
-Lehrerakzeptanz: Lehrer kennen sich lange (geringe Fluktuation) und sind „zusammengewachsen“ (kein Einzelkämpfertum).
-Schülerorientierung: Lehrer und Schulleitung haben Zeit für die Schüler, sie lassen sich zwar nicht tyrannisieren, sie wollen aber auch nicht herrschen.
-Leistungsorientierung: Es besteht ein Leistungsanspruch in einem (vor)strukturierten und methodisch ansprechenden Unterricht (kein Laissez-faire- Verhalten).
-Funktionsorientierung: Es besteht ein bürokratischer Minimalismus im Sinne eines arbeitsorganisatorischen Funktionierens.
-Kooperations- und Innovationsbereitschaft: Schule, Elternhaus (und Ausbildungsbetriebe) arbeiten zusammen. Die Schule ist nach außen hin offen - „es passiert etwas“ (Schulfeste, Ausflüge, usw.).
- Folgende Tabelle soll nun die Ansichten verschiedener Autoren zu den Merkmalen einer „guten“ Schule verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine Schule, die diese Merkmale umsetzen und sich dazu entsprechend weiterentwickeln will, kann keine statische, von Bürokratie und Lustlosigkeit geprägte Schule sein. Sie muss dynamisch sein und den Kontakt nach „draußen“ suchen, um ihren Schülern Lebensnähe vermitteln zu können. Sie muss sich Freiräume schaffen, um sich selbst - und ihren Lerninhalten - Gestaltungsmöglichkeiten einräumen zu können. Dies kann dann möglich werden, wenn Schulen eine gewisse Autonomie zuerkannt wird.
1.5 Gestaltungsmöglichkeiten von Schulen - Schulautonomie
Bevor näher auf Organisations- und Gestaltungsmöglichkeiten von Schulen eingegangen wird, sollte man sich noch einmal das oberste Ziel einer „guten Schule“, vor dessen Hintergrund die folgenden Ausführungen zu verstehen sind, vor Augen halten: Da Veränderungen in der Berufsbildung und in der Arbeitswelt auf das allgemeinbildende Schulwesen zurückwirken, muss den Schülern eine Hinführung zur Arbeits-, Wirtschafts- und Berufswelt auf allen Schulstufen ermöglicht werden, um sie damit für die Zukunft vorzubereiten.
Die Organisation des Schulwesens hat erheblichen Einfluss auf die Bildungsschancen und Bildungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen. Deshalb muss sich die Schulorganisation weiterentwickeln und auf Veränderungen entsprechend reagieren.
Hierzu vertritt die Denkschrift der Bildungskommission in NRW folgende Position:
Die Bildungskommission geht von der Annahme aus, dass für die „Schule der Zukunft“ grundlegende Neuorientierungen erforderlich sind, darunter auch solche, die mit den traditionellen Gestaltungsmustern und Verantwortungsstrukturen des derzeitigen Schulsystems radikal brechen. Konkreter gefasst, gehen die Vorstellungen der Denkschrift in diesem Zusammenhang dahin, die bisherige Stringenz staatlicher Bestimmungsmacht im Schulwesen durch eine stärkere Autonomie der einzelnen Schulen („mündige Schule“) zu modifizieren und die staatliche Regulierung auf bloße Rahmenvorgaben zu begrenzen. Wörtlich heißt es dazu in der Denkschrift auf S. XXIV: „Im Mittelpunkt eines an Selbstgestaltung und Selbstverantwortung orientierten Steuerungskonzeptes für den Schulbereich soll die Einzelschule stehen. Sie muss als relativ eigenständige Handlungseinheit gestärkt und rechtlich anerkannt werden. Bei Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen müssen die Rechte der Einzelschule weit, die Rechte der Ebenen oberhalb der Einzelschule jedoch möglichst eng definiert werden.“
Laut Kommission sollen also Bestimmungsrechte im Bereich der inneren wie der äußeren Schulangelegenheiten, die bisher dem Staat vorbehalten waren, durch erweiterte Mitwirkungsrechte von Lehrern, Eltern und Schülern ergänzt werden. Gleichzeitig wird vorgeschlagen, das schulische Angebot auf Bereiche auszudehnen, die bisher als „außerschulisch“ galten, also vornehmlich im Hinblick auf erweiterte Betreuungs- und Aktivitätsmöglichkeiten.
Dennoch soll die staatliche Gesamtverantwortung für das Schulsystem im Ganzen unangetastet bleiben. Nach den Vorstellungen der Denkschrift soll diese Gesamtverantwortung besonders durch die Bestimmung der grundlegenden Ziele und Strukturen des Schulwesens sowie durch Vorgabe der materiellen und rechtlichen Rahmenbedingungen wahrgenommen werden. Leit- und Zielvorstellung ist dabei neben der Qualitätssicherung auch ein orientierendes und unterstützendes staatliches Handeln, das nicht wie bisher durch Sicherstellung und Vereinheitlichung ausgerichtet ist, sondern das sich durch Qualitätsverbesserung und Innovation auszeichnet.
Hintergrund dieser geforderten Kompetenz- und Verantwortungsteilung ist ein Verständnis von Schule, das Schulbildung nicht nur als Weg zu vordefinierten Zielen versteht. Vielmehr wird Schule von der Bildungskommission als „Lern- und Lebensraum“ aufgefasst, in dem Bildung sich auch in eigenverantwortlicher Mitgestaltung ereignet.
Durch diese Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie im vierten Teil dieser Arbeit anhand von Beispielen aus der Praxis noch ganz konkret beschrieben werden, definieren sich Schulen zum Teil von Grund auf neu. Mit der veränderten Rolle von Schule in der Informationsgesellschaft ändert sich auch die Art und Weise des Lehrens und Lernens.
2. Lehren und Lernen in der Informationsgesellschaft
Seit nun gut zehn Jahren lassen sich Faktoren feststellen, die unser Leben auf vielen Gebieten verändert haben. Zu diesen Faktoren zählen z.B. Individualisierung, Wertewandel, Veränderungsdynamik und Komplexität, insbesondere aber die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Mit diesen „Umwälzungen“ verändert sich auch ganz wesentlich das Lehren und Lernen in der heutigen Informations- oder Wissensgesellschaft. Es gilt also neue Antworten und Wege im Bereich des Lehrens und Lernens zu suchen, zu finden und vor allem umzusetzen, die den neuen Anforderungen in einer veränderten Gesellschaft entsprechen.
2.1 Lehren und Lernen im Strukturwandel
Ein Lehren und Lernen, das dem dynamischen Wandel der Gesellschaft gerecht wird, lässt sich wie folgt charakterisieren[87]:
Es muss permanent auf kreative, innovative und dynamische Art und Weise nach neuen Antworten, Wegen und Lösungen gesucht werden, die es ermöglichen aus den gewohnten Bahnen des traditionellen statischen Lernens auszubrechen. Lernen erweist sich daher als ein offener und fließender Prozess, der aber ständig korrigiert werden muss. So muss man sich von festgefahrenen Strukturen in der Vermittlung und der Aufnahme von Wissen loslösen, da es nicht immer eindeutig festgelegte Antworten auf alle Fragen und Probleme gibt. Wir alle müssen umlernen, neue Dinge erlernen, evtl.
Altes entlernen, um somit in der Lage zu sein, neue dynamische Lernstrukturen zu entwickeln und höhere Bewusstseinszustände zu erreichen.
Gleichsam verhält es sich mit dem Lehren: Lehrpersonen müssen davon wegkommen, lediglich ein Wissen (oft nach Trichtermethode) mittels solcher Fragen zu lehren, die sich durch eindeutig festgelegte Antworten auszeichnen. Lehren wird heute immer mehr zu einem Begleitvorgang, in dem die Lernenden beraten werden und durch geschickt gewählte Methoden (z.B. Moderation, Projekt,...) angeregt werden, sich selbst - oder aber sich gegenseitig im Team - zu helfen. Lehrkräfte haben in solchen offenen Lernprozessen die Aufgabe, den Schülern die notwendigen Impulse zu geben, selbstkompetent zu lernen. Damit ist gemeint, die Schüler dazu zu befähigen, ihr individuelles Lernen selbständig, verantwortungsbewusst und zielorientiert zu organisieren.
Mit Hilfe dieser vermittelten (Schlüssel-)Qualifikationen soll es den Schülern ermöglicht werden, auch auf komplexe Fragen und Probleme Lösungsstrategien zu entwickeln. Diese Fähigkeit der Lehrpersonen ist einerseits angesichts der vielfachen Vernetzung von innerer und äußerer Vielfalt (Komplexität unserer Zeit) notwendig; sie dient andererseits auch der persönlichen und sozialen Entwicklung des Lernenden.
2.2 Neue Lernziele im Unterricht
Die Forderung nach neuen Lernzielen im Unterricht erklärt sich u.a. aus dem sich derzeit vollziehenden Paradigmenwechsel, dessen Kennzeichen an dieser Stelle kurz resümiert werden sollen:
Gegenwärtig vollzieht sich ein Paradigmenwechsel, der alle Bereiche der Gesellschaft erfasst. Einer der Hauptfaktoren für diese Entwicklung kann in dem rasanten Fortschritt der Datenverarbeitung, -speicherung und -vermittlung gesehen werden. Durch die Digitalisierung werden die Produktions- und Verarbeitungsprozesse in Industrie und Wirtschaft umgestaltet, Arbeitsplätze erhalten neue Bewertungen aufgrund neu definierter Anforderungen. Diese Neuorientierung erfasst darüber hinaus unser ganzes Leben. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass die Menschen künftig wesentlich initiativer und autonomer werden handeln müssen als dies heute der Fall ist. Konnten sie sich früher im Beruf und Privatleben auf vorgefundene feste Regeln und Werte verlassen, waren sie also eingebettet in stabilen „Settings“, so werden sie in Zukunft ihre Welt - die berufliche und die private - selbst aktiv immer wieder neu gestalten müssen. Diese Situation stellt neue, veränderte Anforderungen an die Schule. Bei meinen Recherchen zu diesem Thema bin ich im Internet auf die homepage der Realschule Sinsheim gestoßen, die versucht, auf diesem Gebiet neue Wege zu gehen. Per E-Mail stand ich über einen längeren Zeitraum mit der Rektorin der Realschule, Frau Dr. Margarete Ruep[88] in Kontakt. Ausgehend von den Erfahrungen ihrer Schule sind Frau Rueps Vorstellungen von neuen Lernzielen im Unterricht:
Die Schüler müssen lernen, relevante von irrelevanten Inhalten zu unterscheiden; der Unterricht muss alsoinhaltsorientiertsein.
Sie (die Schüler) müssen lernen, für sie besonders relevante Inhalte zu erkennen und selbständig zu erarbeiten; der Unterricht muss alsoDifferenzierung und autonomes Arbeitenermöglichen.
Sie müssen lernen, dass Wissenserwerb und Kompetenzentwicklung am besten in Zusammenarbeit mit anderen erfolgt; der Unterricht muss alsoKooperationfördern. Sie müssen lernen, dass zu einer fruchtbaren Kooperation die Kommunikationsfähigkeit eine wichtige Rolle spielt; der Unterricht mussintensiveKommunikationeinbeziehen.
Sie müssen lernen, dass eine kontinuierliche Reflexion über individuelle und gemeinsame Lernprozesse zu deren Optimierung führt; der Unterricht muss dieMetareflexionals festen Bestandteil enthalten.
Sie müssen lernen, dass der Erwerb von neuem Wissen und von neuen Kompetenzen voraussetzt, dass man immer wieder neue Felder betritt, sich also immer neuen Situationen stellt; der Unterricht muss exploratives Verhalten ermöglichen.
2.3 Veränderte Unterrichtsmethoden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die neuen Lernziele lassen sich nur mit Hilfe neuer Methoden erreichen. Hatten bisher Lehrmodelle gute Dienste geleistet, die dem Schüler in klar überschaubarer Form klar definierte und zeitüberdauernde Inhalte vermittelten, so muss die Schule heute Lehrverfahren anwenden, die den Schüler zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Stoff anregen. Bildung erfolgt nicht mehr als passive Aufnahme des Vorgefundenen, sondern in aktiver Auseinandersetzung mit den von der Gesellschaft - in Gestalt des Lehrers und der Lehrwerke - angebotenen Bildungsgütern. Dabei soll der Schüler sich seiner eigenen Interessen in der Beschäftigung mit dem Stoff bewusst werden. Die Aufgabe des Lehrers ist es, einen reichhaltigen Stoff bereitzuhalten und die Begegnung des Schülers mit den Inhalten so produktiv wie möglich zu gestalten.
Entscheidend für das „Gelingen“ von Unterricht sind für den Lehrer dabei folgende Fragen:
- Welche Inhalte sind für die Gegenwart und die Zukunft des Schülers relevant?
- Welches Unterrichtsarrangement (auch hinsichtlich der Methodenwahl) kann am besten gewährleisten, dass die Begegnung des Schülers mit dem Stoff produktiv wird und dass er dabei die Schlüsselqualifikationen erwirbt, die als globales Ziel von Unterricht und Schule gelten?
Es soll nun dargelegt werden, wie die aktuellen Lernziele methodisch im Unterricht umgesetzt und dabei selbständige handlungsorientierte Lernprozesse ermöglicht werden können. Als eine sinnvolle Methode erweist sich dabei z.B. das „Lernen durch Lehren“.
2.4 Lernen durch Lehren
Der Grundgedanke dieser Methode ist, dass die Schüler in die Rolle des Lehrers schlüpfen. Wenn die Schüler also die (Lehrer-)Aufgabe bekommen, den im Lehrwerk verdichteten Stoff arbeitsteilig und selbständig zu erschließen, didaktisch aufzubereiten und ihren Mitschülern zu vermitteln, so entspricht dieses Vorgehen den Anforderungen des oben beschriebenen zeitgemäßen Unterrichts, und zwar aus folgenden Gründen:
- Bei ihrer Vorbereitung auf die Präsentation der Lehrwerkinhalte lernen die Schüler, Wichtiges von Unwichtigemzu unterscheiden.
- Da sie arbeitsteilig verfahren, wählen die einzelnen Schüler die Inhalte aus, die sie besonders ansprechen (Differenzierung) und nehmen die Didaktisierung selbst vor(Autonomie).
- Da die Präsentation der verschiedenen Abschnitte stets in Zweierschaft und nach einer gemeinsamen Vorbesprechung erfolgt, lernen die Schüler kooperatives Arbeiten.
- Da sowohl die Vorbereitungsphase als auch die Plenumsphase eine Vielzahl von Interaktionen verlangt, erwerben die Schüler in besonderem Maßekommunikative Kompetenzen.
- Da sie sich bei der Vermittlung des Stoffes an ihre Mitschüler mit dem Erwerb von Wissen befassen, wird ihr Handeln kontinuierlich vonMetareflexionbegleitet.
- Da die Schüler sich immer wieder mit einem unbekannten Stoff mit nur geringer Unterstützung auseinandersetzen müssen, da sie sich ferner immer neuen sozialen Konstellationen im Klassenzimmer aussetzen, wird ein exploratives Verhaltenkontinuierlich gefördert.
Alle wissenschaftlichen Disziplinen, die sich mit Unterricht befassen, sind sich darüber einig, dass ein moderner Unterricht schüleraktivierend und handlungsorientiert sein muss. Ferner wird von den gesellschaftlichen Instanzen gefordert, dass in der Schule Schlüsselqualifikationen vermittelt werden, wie Selbstbewusstsein, Kreativität und die Fähigkeit, sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Dass die Methode „Lernen durch Lehren“ diesen Anforderungen - und damit auch denen eines handlungsorientierten Unterrichts, der selbständiges und sebstverantwortliches Lernen der Schüler ermöglicht - in besonderem Maße entspricht, ist selbst bei oberflächlicher Betrachtung offenkundig.
Doch welche Rolle kommt dabei der Lehrperson zu?
2.5 Anforderungen an Lehrpersonen
Die Veränderung der Lernziele und der Lernmethoden verlangt, dass die Lehrpersonen auf die neuen Aufgaben vorbereitet werden. Wenn eine ihrer vornehmsten Aufgaben darin besteht, bei ihren Schülern Schlüsselqualifikationen aufzubauen, dann müssen sie selbst die Möglichkeit bekommen, in der Lehreraus- und -weiterbildung diese Schlüsselqualifikationen zu erwerben.
Für die Schule der Zukunft, einem „Haus des Lernens“[89], und speziell für die Qualifikaion der Lehrpersonen fordern diese Aussagen die erzieherische Kompetenz der Lehrenden, wie sie in vielfältiger Weise durch die konkrete Umsetzung bestimmter Methoden in handlungsorientierten Unterrichtsprozessen deutlich wird.
Handlungsorientierte Methoden und Rollensegmente, wie z.B. die Rollen des Lehrers als Spielleiter im Rollenspiel, fordern Lehrerpersönlichkeiten, die durch die Art zu denken, durch ihr Engagement, durch ihre Art zu leben und durch ihr an Vernunft, Freiheit und Gerechtigkeit orientiertes Wertesystem beispielgebend und vorbildlich sind.[90] Dabei ist diese Vorbildrolle der Lehrpersonen im wahrsten Sinne des Wortes als erzieherisches Bild zu verstehen, das vor einer Lerngruppe oder einzelnen Personen steht, an dem man sich orientieren, das man aber auch kritisieren kann, das engagiert und kritisch sachverständig und gerecht ist, das Kompromissbereitschaft, aber auch Konflikthärte zeigen kann.
Die neuen, auf selbstgesteuerte Formen des Lernens abzielende Unterrichtsmethoden verändern also die Rolle des Lehrers im „Haus des Lernens“ grundlegend. Die Lehrenden können nicht mehr einzig und allein Wissensvermittler sein. Das professionelle Selbstverständnis muss sich in der Rolle des „Coaching“, also in der Kompetenz von Lernberatern und „Lernhelfern“ (learn-faciliators) ausdrücken, die als Experten gegenüber den Lernenden einen gewissen Vorsprung haben. Somit kann sich Schule für Lehrende und Lernende zum gemeinsamen Lebens- und sozialen Erfahrungsraum entwickeln.[91]
Lehrende und Lernende werden bei der Durchführung handlungsorientierter Unterrichtsprozesse von der Aufgabe des reinen Wissensvermittelns weitgehend entlastet. Der Schwerpunkt der Unterrichtstätigkeit von Lehrenden liegt daher vielmehr in der fachlichen und methodischen Beratung und Unterstützung einzelner Schüler. So besteht die Hauptaufgabe im Unterricht nicht nur in der Vermittlung von Fachwissen, sondern darin, solche Lernprozesse zu organisieren und zu steuern, die selbständiges und selbstverantwortliches Lernen der Schüler ermöglichen. Im Bemühen um ganzheitliche Bildungsansätze hat der Lehrende in handlungsorientierten Lernprozessen also unterschiedliche Rollen zu erfüllen z.B. als Begleiter, Erzieher, Moderator, Methodentrainer, Lernprozesshelfer.
Inwiefern veränderte Lehr- und Lernmethoden und die Formulierung neuer Lernziele in den neuen Bildungsplänen Einzug gefunden haben, wird im folgenden dargestellt.
2.6 Die neuen Bildungspläne
Dass auf den tiefgreifenden Wandel in allen Lebens- und Wissensbereichen mit neuen Formen des Lehrens und Lernens geantwortet werden muss, haben natürlich auch die Kultusministerien erkannt. Eine adäquate Reaktion auf diese Veränderung der Lehrund Lernkultur bilden die zum Schuljahr 1994/95 in Baden-Württemberg eingeführten neuen Bildungspläne[92], die sich an der oben erwähnten „Inneren Schulreform“ ausrichten. Als Beispiel dafür soll der Erziehungs- und Bildungsplan der Hauptschule, mit seinen neuen Aufgaben und Zielen, genauer untersucht werden.
So heißt es auf Seite 10 z.B., dass es erklärtes Ziel der Hauptschule ist, eine solide Allgemeinbildung zu vermitteln, „die sich orientiert an lebensnahen Lernsituationen, an konkreten Aufgabenstellungen und am praktischen Handeln. Dabei sind ganzheitliche, handlungsorientierte Unterrichtsformen von besonderer Bedeutung.“ Um diese umfassenden Erziehungs- und Bildungsziele zu erreichen, wendet sich die Hauptschule den folgenden Aufgaben zu:
- „Förderung der persönlichen Entfaltung,
- Stärkung ganzheitlicher Bildung und Erziehung,
- Sicherung grundlegender Schulleistungen,
- Förderung des sozialen Lernens,
- Profilierung in berufsorientierenden Lernfeldern,
- Gestaltung der Schulzeit, des Schulklimas, des Schullebens und damit der Schulkultur“ (S. 10).
In den Ausführungen zur Unterrichtsgestaltung berücksichtigt der neue Bildungsplan folgende Grundsätze:
Zum fächerverbindenden Lernen heißt es z.B. auf S. 13: „Der fächerverbindende Unterricht ist unverzichtbar. Er wird aber mehrmals im Jahr durch fächerverbindendes Lernen ergänzt. Für den Wechsel von gefächertem und fächerverbindendem Unterricht ist die gemeinsame Stoffplanung von entscheidender Bedeutung.“ Zum Grundsatz des praktischen Lernens und der Lebensnähe heißt es, ebenfalls auf S. 13: „Die Hauptschule greift lebensgerechte Situationen auf, bereitet diese altersgemäß auf und führt die Schüler zu deren praktischen Bewältigung.“
Das selbständige Lernen als zu vermittelnde Schlüsselqualifikation wird im Bildungsplan mit den folgenden Ausführungen näher beschrieben: „Hauptschulunterricht ist immer auch „Arbeitsschulunterricht“, der das Selbsttun und die Selbstkontrolle der Schüler fördert und fordert, das eigene Beobachten anregt und über die Selbsttätigkeit die Selbständigkeit anstrebt“ (S. 13).
Die neuen Bildungspläne greifen also sehr umfassend die pädagogischen Herausforderungen auf, die allerorten formuliert werden. Diesen Herausforderungen wird man am besten gerecht durch eine Auflockerung des rein fachbezogenen Lernens in Form eines fächerverbindenden Lernens. Dazu zählen mehr Methodenwissen und die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen wie Selbständigkeit, Kritikfähigkeit, Konfliktbereitschaft, Teamgeist, Selbstdisziplin. Dazu zählt aber auch die Zusammenarbeit der Schule mit Eltern und außerschulischen Einrichtungen, wie Vereinen und Verbänden.
Ferner wurden in den neuen Bildungsplänen keine neuen Fächer und kein zusätzlicher Stoff in den einzelnen Fächern festgeschrieben. Das wesentliche Merkmal ist, dass die Belange des Schülers mehr berücksichtigt werden. Diesen Sachstrukturen werden außerdem in den Jahrgangsplänen entwicklungspsychologische und pädagogische Überlegungen vorangestellt.
Insgesamt wird der Doppelauftrag der Schule betont: Wissensvermittlung und Erziehung. Mit der verbindlichen Vorgabe fächerverbindenden Unterrichts wird die Forderung nach der Vermittlung von Sozial- und Methodenkompetenz konkretisiert. Bei der Einführung der neuen Lehrpläne gab es allerdings keine neuen Strukturen als Umsetzungshilfen. Erst die im Frühjahr 1995 ausgerufene „Innere Schulreform“ sollte dieses Manko beheben.
2.7 Innere Schulreform: „Schulen brechen auf“
Innere Schulreform, das bedeutet „Bereitschaft zur selbständigen Suche nach Problemlösungen, Entfaltung des eigenen kreativen Potentials sowie Mut zur Inanspruchnahme von erzieherischen und organisatorischen Freiräumen“[93]. Zwar verfügen die Schulen bereits über Freiräume, die vielfach auch genutzt werden. Zur konsequenten Nutzung kann und muss aber noch mehr ermuntert werden.[94] Phantasie, Kreativität und Mut sind gefragt. Neue Ideen und neue Wege müssen gefunden, teilweise auch neue Strukturen geschaffen werden. Eine aktivierende Wirkung könnte dabei sein, wenn das Prinzip der Entwicklung als kategorisches Muss in den Schulplan aufgenommen würde.
Die „Innere Schulreform“ will einen Veränderungsprozess vorantreiben; sie stellt einen Weg in eine zeitgemäße Bildungslandschaft dar, die jeder Schule bewusst viel Spielraum überträgt, um selbständig nach Problemlösungen zu suchen und eigene pädagogische Profile entfalten zu können. Folgende vier Handlungsfelder[95] spielen für das Gelingen der Inneren Schulreform eine wesentliche Rolle:
1. Neue Erziehungs- und Unterrichtsformen:
themenorientiertes Arbeiten über Fächergrenzen hinweg, neue, an Sachnotwendigkeiten orientierte Unterrichtseinheiten (vgl. Teil IV, 2. dieser Arbeit), eine Ausdehnung des Fächerkanons auf neue Unterrichtsbereiche sowie die Zunahme von Gruppenarbeit und Individualarbeit über einen längeren Zeitraum hinweg.
2. Mehr Mitverantwortung für Eltern und Schüler:
Voraussetzung für den Aufbruch an den Schulen ist die engagierte Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus. Eltern und Schüler sollen mehr Mitverantwortung erhalten. Dies kann durch intensivere Formen der Mitwirkung erreicht werden, z.B. bei Elternabenden oder dadurch, dass Schule auch außerhalb von Unterricht und Arbeitsgemeinschaften für Schüler, Lehrer und Eltern zum Treffpunkt wird. Weitere Beispiele sind:
- Elternmitwirkung an Projekten (z.B. Theateraufführungen);
- Eltern als Fachleute im Unterricht;
- Aktionstage zu Themen wie Ausländerintegration, Zusammenarbeit mit Behinderten, gesunde Ernährung, Suchtprävention, Gewalt, Medienkonsum, Sekten.
3.Öffnung von Schule in Umfeld und Beruf:
Schule und Lebenswelt müssen in ein neues Verhältnis zueinander gebracht werden. So empfiehlt es sich, im Hinblick auf die Berufs- und Arbeitswelt wichtige Institutionen einzubeziehen und alle Möglichkeiten, die vor Ort bestehen, auszuschöpfen. So gibt es bereits z.B. schulische Kooperationsprogramme mit Sportvereinen, Musik- und Gesangvereinen.
4. Bessere Kommunikation innerhalb der Schule:
Durch eine Stärkung der Eigenverantwortung und durch verbesserte Kommunikationsstrukturen können beisielsweise die persönliche Einstellung, Toleranz und Rücksicht im Umgamg miteinander eingeübt werden.
Im Rahmen der inneren Schulreform werden unter dem Thema „Schulen brechen auf“ an vielen Schulen tatsächlich eine Anzahl neuer Ideen verfolgt. Wie diese Ideen ihre Umsetzung in der schulischen Praxis finden können, wird im vierten und letzten Teil dieser Arbeit näher beschrieben.
Doch zunächst zu einer innovativen, die schulische Bildungsarbeit verändernde Aktion, die nicht seitens der Schule, sondern von übergeordneter Stelle, nämlich von 77 Bundesbildungsminister Rüttgers zusammen mit privaten Unternehmen ins Leben gerufen wurde: die Aktion „Schulen ans Netz“.
2.8 Die Bildungsinitiative „Schulen ans Netz“
Am 18. April 1996 wurde die Initiative „Schulen ans Netz“ vom Bildungsministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) und der Deutschen Telekom AG gestartet. Erklärtes Ziel dieser „public-private parnership[96]“ ist es, innerhalb von drei Jahren 10 000 Schulen „ans Netz“ zu bringen. Allen allgemein- und berufsbildenden Schulen soll also mit der Anbindung an das Internet die Möglichkeit gegeben werden, auf einer für alle Beteiligten gleichermaßen zugänglichen Plattform schul- und länderübergreifend miteinander zu kommunizieren und kooperieren. Doch worum geht es dabei aus pädagogischer Sicht?
Die Initiative versteht sich als Impulsgeber für die Fortentwicklung des Schulwesens vor dem Hintergrund der Informationsgesellschaft. Technik steht dabei nicht im Vordergrund, sondern ist Voraussetzung, um neue, zeitgemäße Formen von Unterricht und Schule realisieren zu können.
Das pädagogische Konzept ist dabei einfach zu beschreiben: Es geht darum, gemeinsam mit zahlreichen Schulen die Chancen für ein Lernen mit Multimedia und Netzen zu entdecken und weiterzuentwickeln. Die Schulen, und hier neben den Lehrkräften auch die Schüler, sind dabei nicht die Objekte eines entsprechenden Konzeptes, sondern Partner seiner Entwicklung. Die Debatte im Netz ist dabei ein wesentlicher Bestandteil der Strategie. Hier können, für alle sichtbar, pädagogische Konzepte diskutiert, aber auch anderen zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Aufbau, der Nutzung derartiger Schulnetzwerke lösen sich die Grenzen zwischen den einzelnen Schulen auf. Klassen verschiedener Schulen nehmen die Kommunikation miteinander auf. Aus dieser Kommunikation kann dann Kooperation entstehen, schulübergreifende Projekte können realisiert werden.
Durch das Lernen mit und in Computernetzen verändert sich auch die Rolle des einzelnen. Eigentätigkeit und Gruppenarbeit nehmen zu. Lehrer werden künftig nicht mehr alle Informationen selbst referieren, sondern können auf multimedial aufbereitetes Material aus dem World Wide Web (WWW) zurückgreifen und sich stärker auf Beratung und Betreuung konzentrieren.
Am Ende der dreijährigen Projektphase „Schulen ans Netz“ wird die Beantwortung der Frage, inwiefern Multimedia und neue Kommunikationsformen in den Schulunterricht integriert werden können (oder müssen) sicherlich von den Erfahrungen der Schüler und Lehrer abhängen. Die bislang gemachten Erfahrungen sind durchaus positiv. Zum einen deshalb, weil durch das Lernen mit Multimedia neue Chancen für den Unterricht geschaffen werden und zum anderen, weil diese Art des Lernens sehr motivierend ist und den Schülern Spaß macht.
Teil IV: Beispiele neuer schulischer Bildungsarbeit Schulische Bildungsarbeit muss diejenigen Qualifikationen vermitteln, die die Schüler im späteren Leben einmal brauchen. Dazu zählen neben einer ausgeprägten Methodenkompetenz sowohl die Befähigung zum Arbeiten im Team als auch die Bereitschaft zum selbständigen und eigenverantwortlichen Lernen. Diese Qualifikationen können mit Hilfe einer Bildungsarbeit, wie sie im folgenden anhand eines Projektes und einer fächerübergreifenden Unterrichtseinheit beschrieben wird, erworben werden.
1. Das Projekt „Kreuzzüge und Stauferzeit“[97]
Currlin, Friedrichshafen
„Kreuzzüge und Stauferzeit“ ist ein fächerübergreifendes Multimedia-Projekt für alle Schularten in Europa und im nahen Osten. Ziel ist es, unterschiedliche Aspekte zum Thema „Kreuzzüge und Stauferzeit“ zu bearbeiten, die Ergebnisse aller Projektteilnehmer zusammen zu tragen und ins Internet einzuspeisen, um somit Material und Anregungen für weitere Projektteilnehmer zu liefern. Organisiert und koordiniert wird das Projekt durch das Graf-Zeppelin-Gymnasium in Friedrichshafen unter der Leitung von Oberstudiendirektor W. Currlin.
1.1 Intentionen und Vorbereitung
Das Projekt „Kreuzzüge und Stauferzeit“ soll die Epoche des Hochmittelalters abdecken. Den Bezug zu diesem Thema liefert der Bildungsplan für Hauptschulen im Fachbereich Geschichte für siebte Klassen an Hauptschulen. So heißt es in den Formulierungen der entsprechenden Lehrplaneinheit („Lebensformen im Mittelalter“) auf S. 157: „In der Auseinandersetzung mit konkreten Lebenssituationen mittelalterlicher Herrschafts- und Gesellschaftsgruppen erfahren die Schüler die Andersartigkeit früherer Lebensweisen im Vergleich zur Gegenwart.“ Aber auch in den Bildungsplänen anderer Schularten und -stufen sind Bezüge zu diesem Thema ersichtlich.
Da das fächerübergreifende Projekt auch länderübergreifend angelegt werden kann und der nationalgeschichtliche Rahmen der Epoche des Hochmittelalters recht eng ist, bietet sich eine Ausdehnung des Projektrahmens auf den gesamteuropäischnahöstlichen Raum an. So ergibt sich für Deutschland, Österreich, die Schweiz und Italien als Themenschwerpunkt die Stauferzeit, gesamteuropäisch und nahöstlich stehen die Kreuzzüge im Mittelpunkt.
1.2 Themenstellung und Zeitraum für die Durchführung
Die Themenstellung sollte möglichst vielen Lehrplänen in zentralen Punkten entsprechen. Beim Mittelalter sind für die Schüler Ritter, Burgen und Kreuzzüge am interessantesten. Aufgrund der Internationalität sollte das Thema möglichst offen sein, d.h., dass ein Oberthema geboten wird und jeder Projektteilnehmer sein Unterthema selbst wählen kann. Das Thema sollte dabei möglichst fächer- und schulartübergreifend sein. Neben den Aspekten aus dem Geschichtsunterricht erlaubt das Projektthema Beiträge aus verschiedenen Fächern, z.B.
- Kunst (Bamberger Reiter), Einfluss der arabischen Kunst und Kultur auf Europa.
- Deutsch (staufische Klassik in der Literatur),
- Heimat- und Sachunterricht („Unser Dorf“, „Der Abc-Turm“, „Die Burg X, das Schloss Y“, „Wie lebten die Bauern“)
- Biologie (Falkenbuch Friedrichs II., Tiere in Friedrichs Menagerie, eigene Beobachtungsaufgaben)
- Gemeinschaftskunde (Staat und Gesellschaft im Hochmittelalter; Thomas von Aquin).
Die Qualität und Quantität der Diskussionen über obige Themen hängt wesentlich von der Rolle des Lehrers ab. Dieser sollte als Moderator auftreten, der den Prozess organisiert, leitet und Hilfestellungen gibt.
Im allgemeinen sollte der Zeitraum eines ganzen Schuljahrs gewählt werden, weil die Unterthemen u.U. sehr umfangreich sind und weil Kollegen ihre Planungsfreiheit benötigen. Ein Konzept mit genauen Zeitvorgaben (erste Woche: Vorstellung, zweite Woche: Präsentation des Materials, dritte Woche: Diskussion darüber, usw.) ist bei einer größeren Zahl von Teilnehmern gar nicht, bei einer kleinen Zahl nur schwer durchführbar. Die Schüler sollten mit der Vorstellung des Projekts vielmehr angeregt werden, sich eigene Vorgaben zu machen und Ziele zu setzen.
1.3 Der technische Kenntnissstand der Schüler
Hier sollten Mindestvoraussetzungen sichergestellt sein:
- Alle teilnehmenden Schüler müssen die Textverarbeitung beherrschen und ihre Texte in Layout-Format abliefern können.
- Eine Teilgruppe muss Texte in HTML[98] umwandeln können, also mit Internet-Browser und Internet-Editor sicher umgehen können.
- Einer oder mehrere Schüler müssen imstande sein, Bilder zu scannen und zu bearbeiten.
Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass es einige Schüler in der Klasse gibt, die diese Aufgaben übernehmen können und dadurch den Lehrer/ Moderator in seinem Arbeitsaufwand entlasten.
1.4 Der Verwaltungsaufwand
Das Projekt „Kreuzzüge und Stauferzeit“ kann entweder schulintern oder aber schulextern, also in Zusammenarbeit mit anderen Schulen, angelegt werden. Der Verwaltungsaufwand sollte dabei generell klein bleiben.
Wenn es sich um ein schulinternes fächerübergreifendes Projekt handelt, dessen Ergebnisse lediglich in der Öffentlichkeit (z.B. in Form einer Ausstellung) präsentiert werden sollen, hat man es mit einem oder zwei Kollegen zu tun, das heißt der Schriftverkehr entfällt. Wenn es aber Ziel einer Schule ist, anhand der Projektarbeit mit anderen Schulen zu kommunizieren und gemeinsame Ergebnisse zu erbringen, so steigt der Verwaltungsaufwand. Je mehr Teilnehmer also, desto mehr Schriftverkehr. Hier bietet sich die kostengünstige Einrichtung eines „Listservers“ an, der automatisch die an alle Teilnehmer gerichtete Post verteilt und der eine Plattform für Diskussionen zwischen den Teilnehmern bietet.
1.5 Material für das Internet
Derzeit ist oft die Klage zu gehören, das Internet stelle für die Schule keine geeigneten Materialien zur Verfügung. Gerade die Bearbeitung eines solchen Projekts zeigt aber, dass es durchaus möglich ist, Material zusammenzutragen, das hinsichtlich Materialfülle, Gesichtspunkten (z.B. div. Epochendarstellungen), Wertungen (unterschiedliche nationale und religiöse Wertung) usw. die Möglichkeiten von Schulbüchern bei weitem übersteigt. Wichtig ist nur, dass eine geeignete Struktur zur Verfügung steht, nach der das angesammelte Material verknüpft werden kann und somit den Projektteilnehmern anderer Schulen und Länder zugänglich gemacht werden kann.
Diese Struktur ist durch die technischen Möglichkeiten des Internets gegeben.
Sogenannte „Links“, die auf einem Zeitstrahl abgebildet sind, bilden die Verknüpfung zu Internetseiten anderer Projektteilnehmer.
1.6 Die europäische Dimension
Über die Verknüpfung lokaler und nationaler Unterrichtsthemen mit internationalen Dimensionen - zum Beispiel durch Auswahl lokaler Bauwerke aus dem Mittelalter und deren Einebnung in einen größeren nationalen oder internationalen historischen Zusammenhang - können in einem solchen Projekt die nationalen Grenzen überschritten und Beiträge zur Stärkung eines europäischem Bewusstseins geschaffen werden. Darüber hinaus bietet es sich an, in direkten Kontakt zu islamisch geprägten Ländern zu treten und sich auszutauschen.
1.7 Unterrichtsziele des Projekts
Aus diesen Feststellungen und Überlegungen heraus werden die allgemeinenUnterrichtszieledes Projekts verständlich:
- Geschichte als europäische und nahöstliche Geschichte und zugleich als Geschichte mit Lokalbezug deutlich machen.
- Zeigen, dass dieselben Ergebnisse ja nach Land, Kultur, Sichtweise oder Interesse usw. unterschiedlich beurteilt werden können.
- Verdeutlichen der Bedeutung des Themas für die Gegenwart.
Übergeordnete Zielesind:
- Fächer-, schulart-, regionen- und länderübergreifende Kommunikation auf der Basis des neuen Mediums Internet.
- Bereitstellen von mehrsprachigem (Unterrichts-) Material von Schulen für Schulen zu einem epochen- und nationenübergreifenden Thema.
1.8 Durchführung des Projekts am GZG, Friedrichshafen
Die Koordinierung dieses Projekts hat das Graf-Zeppelin-Gymnasium (GZG) in Friedrichshafen übernommen. Seit dem Schuljahr 1996/97 besitzt es eigene Web- Seiten[99] auf einem Server in Konstanz. Auf diesen Seiten ist auch das Thema „Kreuzzüge und Stauferzeit - ein gesamteuropäisches und nahöstliches Projekt“ zu finden. Zusätzlich gibt die News-Seite Aufschluss darüber, wie sich die Seiten entwickelt haben. Hierfür ist ein Redaktionsteam eingerichtet worden, dass sich neben Lehrkräften und Eltern vor allem aus Schülern zusammensetzt. Dieses Redaktionsteam hat nicht nur organisatorische Aufgaben übernommen, sondern arbeitet auch inhaltlich, um sich als Team festigen zu können.
Zu den Kreuzzügen liegt auf den Web-Seiten des GZG bereits eine Menge Material vor, insbesondere kurze Biographien der wichtigsten staufischen Herrscher. Das GZG stellt darüber hinaus Orte staufischer und welfischer Geschichte am Bodensee vor. Dieser Lokalbezug kann in einen größeren Zusammenhang staufischer Geschichte gebracht werden, und zwar
- Weingarten und Ravensburg (Stichworte: Altdorf - heute Weingarten - war Stammsitz der Welfen; Umzug der Welfen auf die Ravensburg; Basilika von Weingarten geht auf Welfen zurück; Ravensburg als Ausgangsburg für die Stadt Ravensburg; Staufer kaufen welfischen Besitz in Oberschwaben auf; Ravensburg als staufisches Verwaltungszentrum; frühe Stadtgeschichte Ravensburgs bis in die habsburgische Zeit);
- Waldburg (Stichworte: Reichskleinodien auf der Waldburg; Sitz eines der bedeutendsten Ministerialiengeschlechter; evtl. Interview mit einem Mitglied des Hauses Waldburg);
- Konstanz (Stichworte: Friede von Konstanz zwischen Friedrich Barbarossa und der lombardischen Liga, der Bischof von Konstanz öffnet Friedrich II. die Tore, Otto IV. hat das Nachsehen; Bistum und Stadt Konstanz in staufischer Zeit. Bearbeitung dieses Themas vielleicht in Zusammenarbeit mit dem archäologischen Landesmuseum Konstanz).
Es bietet sich aber auch eine Zusammenarbeit mit anderen Schulen an. Jede der am Projekt beteiligten Schulen kann innerhalb eines allgemeinen Rahmens, der vom GZG Friedrichshafen abgesteckt wird, ihr Thema, Material und Ergebnis selbst einbringen. Ob es sich um Literatur der Stauferzeit, den Bamberger Reiter, die deutsche Ostsiedlung, die Italienpolitik der deutschen Kaiser, den Einfluss der arabischen Kultur auf Europa oder was auch immer handelt, bleibt den einzelnen Projektpartnern überlassen. Das GZG hat in diesem Zusammenhang lediglich einige unverbindliche Themenvorschläge gemacht, die u.a. auf den Web-Seiten nachzulesen sind.
Die Beträge der einzelnen Schulen werden über einen „zentralen Zeitpfeil“ zur staufischen Geschichte und zur Geschichte der Kreuzzüge (als Web-Seite des GZG) und direkt über Links miteinander verknüpft, so dass der Stellenwert des Einzelbeitrags für das Gesamtthema sofort ersichtlich ist. Zusätzlich stellt das GZG auf Web-Seiten eine Liste zur Verfügung, in die sich die teilnehmenden Schulen eintragen, sich kurz vorstellen und ihr Thema unter Angabe ihrer Internetadresse präsentieren können. Jeder Teilnehmer kann sich auf diese Weise beim anderen jederzeit „einloggen“ - sich also im Internet anmelden - und mit anderen Teilnehmern eigenständig kommunizieren.
Bei diesem Unterrichtsprojekt können jederzeit weitere Schulen einsteigen. Als Anregung, aber nicht als Verpflichtung, liegen diverse Themenvorschläge für Schulen aus Deutschland, einer Vielzahl anderer europäischer Länder, sowie aus den Schulen Israels und den arabischen Staaten des nahen Ostens vor. Diese Vorschläge sind über die Internetseiten des GZG oder die Newsgroup www.schule.allgemein/school.proj.esp zu erhalten.
1.9 Bewertung des Projekts
Die Bearbeitung des Projekts „Kreuzzüge und Stauferzeit“ ist für Schüler aller Schularten deshalb empfehlenswert, weil es die in den Bildungsplänen verankerten Unterrichtsziele verschiedener Fächer verfolgt und dabei gleichzeitig Freiräume in der Unterrichtsgestaltung zulässt. Die Voraussetzungen für einen offenen Unterricht, der sowohl problem- als auch handlungsorientiert ist und in dessen Mittelpunkt die Aktivität des Schülers steht, sind somit gegeben.
Über die Intensität und das Ausmaß der Projektbearbeitung können die Schüler selbst, also in Eigenverantwortung entscheiden. Für den Erfolg dieses Projekts ist es nicht entscheidend, ob das Projekt schulintern oder aber schulübergreifend angelegt wird. Generell gilt, dass jeder Teilnehmer diejenigen Themen bearbeitet, die seinen Interessen entsprechen. Jeder Schüler hat also die Möglichkeit, mit seinen individuellen Fähigkeiten zum Projekt beizutragen, wobei der Erfolg eines solchen Projektes auch wesentlich von der Kommunikation unter den Schülern abhängt. Diese Kommunikation zieht eine Kooperation nach sich, die auch über Schul- und Ländergrenzen hinaus gehen kann, was einen weiteren positiven Aspekt dieses Projekts darstellt. Ferner erfahren die Schüler mit der Präsentation ihrer Projektergebnisse im Internet eine positive Verstärkung, ihr „Werk“ ist nun für Internetteilnehmer auf der ganzen Welt einsehbar.
Empfehlenswert ist die Bearbeitung des Projekts auch deshalb, weil wichtige Schlüsselqualifikationen erworben werden:
Durch die Materialsuche im Internet und die Kommunikation per E-Mail erlernen die Schüler einen sinnvollen und anwendungsbezogenen Umgang mit den neuen Informations- und Kommunikationstechniken und tragen somit zum Aufbau oder Festigung ihrer Medienkompetenz bei. Außerdem fördert der permanente Austausch unter den Schülern bzgl. des Themas die Fähigkeit zum Arbeiten im Team, womit auch ein Stärkung der sozialen Kompetenz verbunden ist. Da einzelne Schüler bzw. einzelne Gruppen unterschiedliche Themen bearbeiten, die allesamt zum Erfolg des ganzen Projektes beitragen, wird gelernt, die individuellen Fähigkeiten - und damit auch die Persönlichkeiten - der Mitschüler zu respektieren und zu schätzen.
Zur Durchführung eines solchen Internet-Projektes bedarf es aber einiger Grundvoraussetzungen: Es müssen für die erfolgreiche Bearbeitung des Projektes sowohl der zeitliche Rahmen eines ganzen Schuljahrs als auch technische Gegebenheiten wie z.B. vernetzte Rechner zur Verfügung stehen. Inhaltlich bietet sich das Thema „Kreuzzüge und Stauferzeit“ deshalb an, weil es einerseits verschiedene zentrale Punkte des Lehrplans abdeckt und dabei andererseits zusätzlich den Schülern geschichtliche Ereignisse aus ihrer Region verdeutlicht. Dennoch dient das Thema „Kreuzzüge und Stauferzeit“ lediglich als „Aufhänger“ für eine Projektarbeit, die das Arbeiten im Team und die progressive Beschäftigung mit dem neuen Medium Internet fördert.
2. „Weihnachten in Text und Bildern“ - eine fächerübergreifende Unterrichtseinheit
Die Einbindung von Höhepunkten im Kalenderjahr wie Advent und Weihnachten in den Unterricht ist seit eh und je Usus an jeder Schule. Bei derartigen Anlässen wird häufig durch besonders geschmückte Klassenzimmer eine entsprechende Atmosphäre geschaffen.[100]
Eine achte Klasse des Freien Katholischen Gymnasiums am Bildungszentrum St. Konrad in Ravensburg hat die Vorweihnachtszeit zum Anlass genommen, den einschlägigen äußeren Rahmen auch inhaltlich zu füllen. Im Schuljahr 1995/ 96 entstand unter der Leitung von Studienrat Rainer M. Hepp ein fächerübergreifendes, jahrgangs- und brauchtumsbezogenes Projekt mit dem Thema „Weihnachten in Texten und Bildern“, das über den Zeitraum von vier Unterrichtswochen hinweg bearbeitet wurde. Beteiligte Fächer waren insbesondere Deutsch, Religion, Bildende Kunst und Musik.
2.1 Zielsetzung
Ziel des Unterrichtsversuchs war es, den Schülern in der Zeit vom Nikolaus- bis zum Dreikönigstag die Weihnachtszeit auch in ihrer historischen Dimension näherzubringen. Ausgehend vom zentralen Leitfach Deutsch wurden die Fächer Religion, Bildende Kunst, Musik sowie die Fremdsprachen Englisch und Französisch in das Unterrichtsgeschehen mit eingebunden und um die entsprechenden kulturgeschichtlichen und volkskundlichen Aspekte erweitert.
2.2 Planung und Organisation
Neben dem fächerverbindenden Grundprinzip dieser projektartig angelegten Unterrichtseinheit stand vor allem auch die Förderung von Selbständigkeit und Selbstverantwortung im Zentrum des Unterrichts. Die Materialsichtung und die Auswahl geeigneter Bilder orientierte sich an den vom Lehrplan vorgegebenen entwicklungspsychologischen Grundvoraussetzungen und der besonderen Interessenlage einer achten Klassenstufe. Aus Gründen der Motivation sollten dabei nicht nur „traditionelle“ literarische Texte zum Themengebiet Weihnachten zur Sprache kommen, sondern auch aktuelle Darstellungsformen des Weihnachtsfestes wie etwa Berichte in Zeitungen oder Karikaturen. Es bot sich an sich, die entsprechende Berichterstattung in den Medien - möglichst über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg - zu verfolgen, um auf einen größtmöglichen Fundus an für die jeweilige Klasse geeigneten Materialien zurückgreifen zu können.
Die Abfolge der einzelnen Unterrichtssequenzen über 17 Schulstunden ergab sich sinnvollerweise aus der Chronologie der Advents- und Weihnachtszeit (siehe Stoffverteilungsplan auf Seite 107). Überlegungen zu Medieneinsatz und Methodenwechsel folgten den zuvor ausgewählten Materialien. Bei der Gesamtkonzeption der Unterrichtseinheit wurde besonderer Wert auf den regelmäßigen Wechsel von kreativ-handlungsorientierten und eher rezeptiv-deutenden Unterrichtsabschnitten gelegt.
2.3 Erste Unterrichtssequenz: „Nikolaus“
Ausgehend von unterschiedlichen bildlichen Darstellungen wurden zunächst verschiedene Legenden um den heiligen Nikolaus erklärt, wie die Wiedererweckung von drei gestorbenen Schülern; die Übergabe von drei Beuteln mit Goldstücken, damit drei Töchter eines verarmten Edelmanns heiraten konnten und sich die Aussteuer nicht über Dirnenlohn verdienen mussten; die Rettung der Stadt Myra in Kleinasien von einer Hungersnot; die Rettung in Not geratener Seeleute. Als Vorbereitung auf die spätere
Bildbeschreibung wurden die Schüler auf wichtige Details und deren Deutung hingewiesen. Die Darstellung von Nikolaus mit einem Fass - Nikolaus als Schutzpatron von Schülern, Reisenden und Pilgern; das Beschenken - Nikolaus als Wohltäter und Schutzpatron der Seeleute und Flößer.
Die Nikolaus-Darstellungen in dem nach ihm benannten Münster in Überlingen am Bodensee (Steinplastik um 1300) und im Landesmuseum Stuttgart (Altarbild aus dem Spätmittelalter) erwiesen sich als wichtige Bezugspunkte zur Heimatkunde. Die sich in der Folgestunde anschließende Vorstellung verschiedener Formen des Nikolausbrauchtums gab den Schülern Gelegenheit, Erlebnisse und Eindrücke aus ihrem eigenen Erfahrungsbereich in den Unterricht einzubringen. Die Schüler sollten dabei die unterschiedlichen Ausprägungen des heutigen, oftmals kommerziell ausgerichteten Nikolauskultes kritisch beleuchten.
2.4 Zweite Unterrichtssequenz: „Advents- und Vorweihnachtszeit“
Im Mittelpunkt der zweiten Sequenz „Advents- und Vorweihnachtszeit“ stand die Vorbereitung auf das „Fest der Feste“ und die damit verbundene Betriebsamkeit in einer von Grundgedanken her eigentlich besinnlichen Zeit. Als besonders motivierender Einstieg erwiesen sich hierbei journalistische Formen wie Zeitungsbericht, Glosse, Annonce, Karikatur oder auch die Zusammenstellung mehrerer Schlagzeilen, die den wirtschaftlichen Aspekt des Weihnachtsfestes zum Inhalt hatten.
In den beiden folgenden Unterrichtsstunden wurden dann zentrale Betätigungsfelder der Vorweihnachtszeit - Backen und Basteln - anhand selbst angefertigten Vorgangsbeschreibungen thematisiert. Die Schwierigkeiten bei der Formulierung einer exakten Bastelanleitung konnten den Schülern durch die methodische Vorgehensweise im Unterricht verdeutlicht werden. Der Lehrer bastelte einen Weihnachtsstern aus Goldfolie, wobei sich die umstehenden Schüler Notizen über die einzelnen Arbeitsschritte zu machen hatten. Diese Notizen wurden dann in einer schriftlichen Hausaufgabe zu einer zusammenhängenden Bastelanleitung ausformuliert.
2.5 Dritte Unterrichtssequenz: „Weihnachten“
In der 6. Stunde der Unterrichtseinheit standen mit den Gedichten „Winternacht“ und „Weihnachten“ zwei traditionelle Texte von Joseph von Eichendorff auf dem Programm. In diesen Gedichten sollten die Schüler eigene Erfahrungen wiedererkennen. Einen zusätzlichen Gesprächsimpuls boten motivgleiche Bilder alter Meister, wie z.B. Caspar David Friedrichs „Winter“ und „Das Eismeer“ oder Benozzo Gozzolis „Zug der heiligen drei Könige aus dem Jahr 1459. Daran anknüpfend konnte die Problematik der heutigen Form des Weihnachtsfestes erörtert und mit zahlreichen aktuellen Beispielen belegt werden. In erster Linie wurden dabei Anzeigen aus Zeitungen und Zeitschriften analysiert und die konsumorientierten Strategien der Werbebranche durchleuchtet: In engem Bezug zu Wort und Bild konnten die Schüler auch über die Auswüchse der kommerzialisierten Form des Weihnachtsfestes diskutieren.
Die Ergebnisse der bislang durchgeführten Bildbetrachtungen zu systematisieren und zu erweitern, war das Ziel der 8. und 9. Stunde. Dabei ging es in erster Linie darum, den Schülern Hinweise und Hilfestellungen für eine in Aufsatzform ausformulierte schriftliche Bildbeschreibung zu vermitteln und so das wichtigste Medium „Bild“ für die weitere Unterrichtsarbeit nutzbar zu machen. Die konkreten Hinweise bezogen sich im wesentlichen auf wichtige Aspekte wie z.B. Bildeinteilung, Gesamtkomposition, Farbgestaltung, Gestik und Mimik der dargestellten Personen.
Eine erste konkrete Nutzanwendung ergab sich bereits in der Folgestunde, in der anhand des spätmittelalterlichen Holzschnitts „Das Kind in der Rosenknospe“ des Meisters E.S. die geistesgeschichtlichen Hintergründe des Weihnachtsliedes „Es ist ein Ros entsprungen“ aufgezeigt wurden, das als eines der ältesten Weihnachtslieder überhaupt gilt und in der Vertonung von Michael Praetorius (1571-1621) gemeinsam gesungen wurde.
Gemeinsames Musizieren der im Fremdsprachenunterricht erarbeiteten Lieder umrahmte schließlich auch die als Weihnachtsfeier angelegte Doppelstunde vor den anstehenden Ferien. Dabei trugen verschiedene Schüler Informationen über unterschiedliche Ausprägungen des Weihnachtsbrauchtums in anderen Ländern in Form von Kurzreferaten vor. Andere erläuterten die von ihnen im Laufe der Unterrichtseinheit angefertigten, meist problemorientierten Collagen zum Themenbereich „Weihnachten“. Hierbei ging es vor allem darum, den Kontrast zwischen einem friedlichen Weihnachtsfest im Wohlstand und den kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt mit ihren negativen Folgen aufzuzeigen. Gerade auch im Hinblick auf die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes in einer Wohlstandsgesellschaft kam immer wieder der ursprüngliche Sinn von Weihnachten zur Sprache.
2.6 Vierte Unterrichtssequenz: „Dreikönig“
In der ersten Stunde nach den Weihnachtsferien wurde mit einer Bildbeschreibung der „Anbetung der Könige“ von Rogier van der Weyden (1399 - 1464) inhaltlich an die zurückliegenden Feiertage angeknüpft. Die Schüler hatten die Aufgabe, die ihnen aus ihrem Heimatort bekannten Krippendarstellungen zu erläutern. Den lokalen Bezug betonte ergänzend eine Stunde, in der es vorrangig um das Sternsingerbrauchtum und dessen Bedeutung ging.
2.7 Fünfte Unterrichtssequenz: „Weihnachten im Rückblick“
In der 15. Unterrichtsstunde wurden Auszüge aus den sechs Kantaten des „Weihnachtsoratoriums“ von Johann Sebastian Bach mit entsprechenden Noten- und Musikbeispielen behandelt. Dabei erhielten die Schüler einerseits Einblicke in die textgebundene Vertonung des biblischen Geschehens, andererseits erkannten sie in einer kirchenmusikalischen Komposition die Bedeutung von Arie und Rezitativ, deren weltliches Pendant sie bereits bei der Behandlung der Oper kennengelernt hatten.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Textarbeit wurden im Anschluss Grundprinzipien von Montage und Parodie am Beispiel bekannter Weihnachtslieder vorgestellt. Gerade die humorvolle, oftmals ironische Darstellung weihnachtlicher Gepflogenheiten fand bei den Schülern besonderen Anklang.
Mit einer rückblickenden Umfrage, in der in Gruppenarbeit Fragen wie „Was geschieht in der Vorweihnachtszeit?“, „Verliert Weihnachten heutzutage seinen Sinn?“ behandelt wurden, fand die fächerübergreifende Unterrichtseinheit „Weihnachten in Texten und Bildern“ ihren Abschluss.
2.8 Bewertung der Unterrichtseinheit
Der vorgestellte Unterrichtsversuch kann aufgrund der gesammelten Erfahrungen als erfolgreich beurteilt werden. Das „fächerintegrierende“ Verfahren führte durch die Zusammenarbeit und die unterschiedliche Sichtweisen anderer Fächer zu einem fruchtbaren Dialog und neuen Erkenntnissen für alle Beteiligten. Ermüdungserscheinungen seitens der Schüler konnten durch die neuartige Stoffaufbereitung, besonders aber durch den regelmäßigen Wechsel von kreativ- handlungsorientierten und rezeptiv-deutenden Unterrichtsabschnitten vermieden werden. Überhaupt äußerten sich die beteiligten Schüler ausnahmslos positiv zu ihrem Projekt und ließen darüber hinaus Interesse an weiteren Projekten dieser Art wie etwa „Fasnet“ oder „Ostern“ erkennen. Dies sollte Anreiz sein, auch andere Themen projektartig auszuarbeiten.
Die Durchführung einer solchen fächerübergreifenden Unterrichtseinheit bietet sich aber auch aufgrund anderer Aspekte an. Durch die Kooperation verschiedener Fachlehrer verbessert sich die schulinterne Kommunikation. Darüber hinaus kann eine Präsentation der Projektergebnisse in der Öffentlichkeit zu einer Profilbildung, zu einem positiven Image der Schule beitragen.
Ferner bekamen die Schüler durch das fächerverbindende Prinzip dieser Unterrichtseinheit neue Eindrücke schulischen Lernens. Vernetztes Denken wurde dadurch gefördert, dass die Schüler einzelne fachbezogene Aufgaben bearbeiteten, die wiederum alle zu einem Gesamtergebnis beitrugen. Im Verlauf des Projektes war festzustellen, so berichtete Herr Hepp, dass die Schüler, die Bedeutungszusammenhänge verschiedener Aktivitäten erkannten und somit über die Fächergrenzen hinaus dachten. Neben dem vernetzten Denken als Lernziel stand auch die Förderung von Selbständigkeit und Eigenverantwortung im Zentrum des Unterrichts. So wurden die Schüler an der Materialsichtung, aber auch an der Arbeitsorganisation beteiligt. Bereits im Vorfeld dieser projektartig angelegten Unterrichtseinheit wurde mit den Schülern eine optimale Organisation des Vorhabens ausdiskutiert. Dies führte dazu, dass die Schüler sich in jeder Phase des Projektes ernst genommen fühlten und sich deshalb bei der Bearbeitung entsprechend motiviert am Unterrichtsgeschehen beteiligten.
Insgesamt ist das Projekt „Weihnachten in Text und Bildern“ positiv zu bewerten. Das Thema selbst verkörpert das Feiern als eine urmenschliche Erlebensform und vermittelt durch seine fächerübergreifende Aufbereitung wichtige Schlüsselqualifikationen. Im Hinblick auf die Kommerzialisierung des Weihnachtsfestes in einer Wohlstandsgesellschaft kam immer wieder der ursprüngliche Sinn von Weihnachten zur Sprache, was das kritische Denken der Schüler gewiss förderte.
2.9 Stoffverteilungsplan
Der Stoffverteilungsplan für das fächerübergreifende Unterrichtsprojekt soll abschließend einen Überblick über die einzelnen Sequenzen und deren Schwerpunkte geben:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle:„Schul-Intern“8/95, Ministerium für Kultus und Sport Bad.-Württ. (Hrsg.), S. 8
SCHLUSS
Mit dieser Arbeit wurde versucht, den derzeit stattfindenden Wandel in der Bildungsarbeit in seinen verschiedenen Erscheinungsbildern zu durchleuchten. Ausgangspunkt dabei war die Beschreibung der Informationsgesellschaft und einer sich globalisierenden Wirtschaft im ersten Teil als stellvertretende Beispiele einer sich verändernden Gesellschaft. So wurde u.a. deutlich, dass die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) einen zentralen Bestandteil der Infrastruktur des 21. Jahrhunderts und eine entscheidende Grundlage für national und global ablaufende Prozesse in allen Lebensbereichen bilden. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich der Bildung, die sich auf veränderte Anforderungen einstellen muss.
Die Kennzeichen einer „Bildungsarbeit im Wandel“ wurden im zweiten Teil aufgezeigt. Zunächst einmal wurde die Qualität der derzeitigen schulischen Bildungsarbeit in Frage gestellt, um dann zu klären, welche nachhaltigen Qualifikationen es in der Schule zu vermitteln gilt. Als exemplarisches Feld für jene „Schlüsselqualifikationen“ wurde auf die Medienkompetenz genauer eingegangen und festgestellt, dass der sinnvolle und anwendungsbezogene Umgang mit Medien - gerade in der heutigen, von Medien geprägten Gesellschaft - für uns alle essentiell ist. Der Erwerb, bzw. der Ausbau von Medienkompetenz ist als Teil der Bereitschaft zum lebenslangen Lernen (als weitere Schlüsselqualifikation) zu verstehen und kann auf verschiedenen Ebenen der Bildungsarbeit erfolgen.
Der dritte Teil dieser Arbeit widmete sich dann der Ebene schulischer Bildungsarbeit: Ein neues Rollenverständnis von Schule in der Informationsgesellschaft führt zu einem veränderten Lehren und Lernen. Dabei wurde nachgewiesen, dass sich neue, zeitgemäße Lernziele nur mit Hilfe neuer Methoden erreichen lassen. Hatten bisher Lehrmodelle gute Dienste geleistet, die dem Schüler in klar überschaubarer Form klar definierte und zeitüberdauernde Inhalte vermittelten, so muss die Schule heute Lehrverfahren anwenden, die den Schüler zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Stoff anregen. Bildung erfolgt nicht mehr als passive Aufnahme des Vorgefundenen, sondern als produktive Auseinandersetzung mit berufs- und lebensnahen Fragestellungen.
Mit den Beschreibungen eines Internetprojekts und einer fächerübergreifenden Unterrichtseinheit wurden dann im vierten Teil abschließend Beispiele einer veränderten, zeitgemäßen schulischen Bildungsarbeit vorgestellt.
Diese Arbeit will mit ihren vier Teilen lediglich einen Beitrag zu dem außerordentlich umfangreichen Thema „Bildungsarbeit im Umbruch“ liefern. Angesichts der Fülle unterschiedlichster Aspekte dieses Themas konnte lediglich auf wesentliche Punkte eingegangen werden. Die angegebene Literatur ermöglicht aber eine tiefere Auseinandersetzung mit den einzelnen Kennzeichen einer veränderten Bildungsarbeit.
Abschließend sollen an dieser Stelle noch einmal jene Aspekte einer „Bildungsarbeit im Umbruch“ kritisch betrachtet werden, die für mich persönlich von besonderer Bedeutung sind:
Wenn es als angehender Hauptschullehrer meine Aufgabe ist, Schüler sichere und kompetente Erwachsene werden zu lassen, müssen entsprechende Grundlagen zur Erfüllung dieser Aufgabe, also Schlüsselqualifikationen, bereits in der Lehrerausbildung vermittelt werden. An meiner Hochschule, der Pädagogischen Hochschule Weingarten, erfolgt die Wissensvermittlung jedoch teilweise noch immer frontal, also auf eine Art und Weise, die selbständiges und eigenverantwortliches Lernen als Beispiel einer Schlüsselqualifikation nicht gerade fördert.
Generell sollte in der Lehrerausbildung (und in der Schule) die Fülle des Wissens, das nur stur gelernt wird ohne dabei Bezüge zu anderen Sachverhalten oder Disziplinen zu erkennen, begrenzt werden. Hochschulen und Schulen sollten über Möglichkeiten nachdenken, neue innovative Wege auch in der Seminar- bzw. Unterrichtsgestaltung zu gehen.
Um dies umzusetzen, bedarf es meiner Ansicht nach aber grundlegender organisations- und verwaltungstechnischer Veränderungen im Schul- und Hochschulwesen. Von staatlicher Seite aus müssen Voraussetzungen geschaffen werden, die Selbständigkeit und Handlungsspielräume - und damit die Effektivität- von (Hoch-)Schulen steigern. Eine Ablösung statischer Strukturen im Schul- und Hochschulwesen durch dynamische und zukunftsorientierte Gefüge würde nicht zuletzt auch dazu führen, dass sich Lehrpersonen - und deshalb auch Schüler - an ihrer Wirkungsstätte wohler fühlten, als es derzeit der Fall ist.
Ferner sollten in einer staatlichen Lehrerausbildung, die zwar einen akademischen Abschluss, jedoch keine Gewähr auf eine Anstellung gibt, die Studieninhalte so gestaltet sein, dass bis spätestens zum Abschluss der ersten Phase Alternativen für andere Berufsfelder aufgewiesen werden. Dies könnte z.B. dadurch geschehen, dass sich die Hochschule nach „außen“ öffnet, also mit Unternehmen der Wirtschaft und Industrie oder mit anderen Einrichtungen zusammenarbeitet. Doch dafür müssen viele Verantwortliche wohl noch umdenken (lernen) !
LITERATURVERZEICHNIS
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Tulodziecki, G.: Medienerziehung in Schule und Unterricht. 2., neubearb. Aufl., Klinkhardt, Bad Heilbrunn 1992.
Tuludziecki, G., u.a.: Handlungsorientierte Medienpädagogik in Beispielen: Projekte und Unterrichtseinheiten für Grundschulen und weiterführende Schulen. Klinkhardt, Bad Heilbrunn 1995.
Wilsdorf, D.: Schlüsselqualifikationen: Die Entwicklung selbständigen Lernens und Handelns in der industriellen gewerblichen Berufsausbildung. Lexika-Verl., München 1991, S. 57.
Zedler, R.: Technik und Bildung. In: Schlaffke, W. (Hrsg.). Grundwissen Technik und Gesellschaft, Bd. 17. Köln 1985.
Zeitschrift zur politischen Bildung - Eichholzbrief. Internet: http://www.fes.de/pol/eich.html
Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere Sonderbeilagen „Aus- und Weiterbildung“, wöchentlich in Süddeutsche Zeitung und „Beruf und Bildung“, wöchentlich in Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Denkschrift der Kommission „Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft“ beim Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein- Westfalen/ Bildungskommission NRW (Hrsg.). - Neuwied; Kriftel; Berlin: Luchterhand 1995.
ERKLÄRUNG
Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig gefertigt, die Quellen einer Entlehnung kenntlich gemacht habe und außer den genannten keine weiteren Hilfsmittel verwendet habe.
Weingarten, den 27. Januar 1998
(Gerold Endriss)
Non scholae, sed vitae discimus.
Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.
Sprichwort nach Seneca junior, 106. Brief
Alle Erziehung ist nur Handreichung zur Selbsterziehung.
Eduard Spranger
Der Mensch muss sich in der Welt selbst forthelfen. Dies ihn zu lehren, ist unsere Aufgabe.
Pestalozzi
Bildung ist die Fähigkeit, Wesentliches vom Unwesentlichen zu unterscheiden und jenes ernst zu nehmen.
Logarde, Deutsche Schriften 4
Überfüttert die Schüler nicht mit Fischen, sondern lehrt sie das Angeln.
Gregory Bateson
Wer vorsieht, ist Herr des Tages.
Goethe
Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.
Antoine de Saint-Exupéry
Menschen streben von Natur nach Wissen.
Aristoteles
„Jeder 8jährige muss lesen, jeder 12jährige muss sich ins Internet einloggen, jeder 18jährige muss ein College besuchen und jeder erwachsene Amerikaner muss sein Leben lang lernen können.“
Bill Clintonim Bericht zur Lage der Nation, 1996
[...]
[1] Nach: Lübbe, H./ Neumann, B.:Informationsgesellschaft - Quo vadis? Konrad-Adenauer- Stiftung (Hrsg.). Aktuelle Fragen der Politik, Nr. 36, S. 23ff.
[2] Werbeanzeige der Nippon Telegraph and Telephone Cooperation (NTT). In: Süddeutsche Zeitung v. 27.3.1997
[3] Im folgenden IKT genannt
[4] Vgl. Dubs, R.: Entwicklungen von Schlüsselqualifikationen in der Berufsschule. In: Arnold, R./ Lipsmeier, A. (Hrsg.): Handbuch Berufsbildung. Opladen 1995, S. 171
[5] Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Weißbuch: Lehren und Lernen. Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft. Brüssel 1996. S. 18
[6] Vgl. Scharlau, W./ Erl, W./ Ragab, H.: Informationsgesellschaft und Demokratie. KonradAdenauer-Stiftung (Hrsg.). Aktuelle Fragen der Politik, Nr. 47, S. 34ff.
[7] Toffler, A.: Powershift: Knowledge, Wealth and Violence at the Edge of the 21st Century. New York: Bantam Books, 1990, S. 12
[8] Quelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Grund- und Strukturdaten 1995/96, S. 299
[9] ebd.
[10] Chancen der Globalisierung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2.12.97, S. 19
[11] Vgl. Arbeitsmarkt im Wandel. In: Uni-Magazin 7/ 96, S. 34
[12] ebd.
[13] Quelle: Basisdaten: IAB/ Prognos-Projektion, Arbeitslandschaft bis 2010, Beiträge aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Nr. 131, Band 1. Nürnberg 1989, S. 232
[14] Rüttgers, J.: Ideen machen Märkte. In: ZeitschriftPortfolio.Beilage der Süddeutschen Zeitung vom 18.10.97
[15] Schölgens, B.: Deutschlans Weg in der Informationsgesellschaft. In: Zeitschrift zur politischen Bildung - Eichholz Brief. Heft 3/97, S. 24
[16] siehe Fußnote 13
[17] Müller-Michaelis, W.: Neue Medien und Arbeitswelt- Kommunikation als Wirtschafts faktor. In: Zeitschrift zur politischen Bildung - Eichholz Brief. Heft 3/97, S. 110
[18] Nach: Remitz, P.: Unternehmen, Initiativen, Märkte. In: Zeitschrift:media und marketing, 11/ 97, S. 29
[19] Vgl. Schüle, U.: Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. In: Berufswelt der Zukunft. Institut der deutschen Wirtschaft (Hrsg.), Köln 1996
[20] Rüttgers, J.: Ideen machen Märkte. In Zeitschrift:Portfolio: marketing und management;
Beilage der Süddeutschen Zeitung vom 18.10.1997
[21] Weiß, R.: Betriebliche Weiterbildung; Ergebnisse der Weiterbildungserhebung der Wirtschaft. Köln 1994, S. 77
[22] Vgl. Schölgens, B.: Deutschlans Weg in der Informationsgesellschaft. In: Zeitschrift zur politischen Bildung - Eichholz Brief, 3/ 97, S. 22
[23] Denkschrift der Bildungskommission NRW (Hrsg.): Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Neuwied; Kriftel; Berlin: Luchterhand, 1995, S. 144
[24] ebd.
[25] Decker, Franz: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. Lichtenau: AOL-Verl.; München: Lexika Verl. Rumpf, 1995, S. 21
[26] Vgl. Decker, F.: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. S. 21
[27] Sprichwort nach Seneca junior, 106. Brief („non scholae, sed vitae discimus“)
[28] Vgl. Decker, F. Bildungsmanagement für eine neue Praxis. S. 21
[29] ebd.
[30] Decker, Franz: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. S. 6
[31] Drucker, Peter F: Die postkapitalistische Gesellschaft. Düsseldorf 1993; S. 285
[32] hier und im folgenden, nach: Decker, F.: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. AOL- u. Lexika Verl., Lichtenau/ München, 1995
[33] Vgl. Grundmann, H.: Der „schlüsselfertige“ Jugendliche als erkenntnisleitendes Interesse berufsschulischen Unterrichts? In: Die berufsbildende Schule, Heft 2/1991, S. 116
[34] Vgl. Prim, R.: Schlüsselqualifikationen. In: Päd. Hochschule Weingarten, AWT- Info, Heft 1/1993, S.4
[35] Vgl. Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, H.1/ 1974, S. 36-43
[36] Vgl. Kaiser, M.: Schlüsselqualifikationen, a.a.O., S. 767
[37] Vgl. Muders, W., Wiener, D: Methoden der Ausbildung an die Qualifikationsentwicklung anpassen. Schlüsselqualifikationen, eine Herausforderung an die methodische Gestaltung der Ausbildung . In: Technische Innovation und Berufliche Bildung 4/ 88, S. 57
[38] Vgl. Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. a.a.O., S. 40
[39] Vgl. Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. a.a.O., S. 36
[40] Vgl. Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. a.a.O., S. 40
[41] Vgl. Zedler, R.:, Technik und Bildung. a.a.O., S. 88f. und S. 97
[42] Vgl. Geißler, E.: Der mühsame Weg zu den sechs Säulen der täglichen Weisheit. a.a.O.
[43] Wilsdorf, D.: Schlüsselqualifikationen: die Entwicklung selbständigen Lernens und Handelns in der industriellen gewerblichen Berufsausbildung. München: Lexika- Verl., 1991, S. 57
[44] Nach: Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. H.1/ 1974, S. 36-43
[45] Der Begriff wurde von Dieter Mertens etwas unglücklich gewählt, da „Vintage“ übersetzt nicht mit „Verzahnung“ gleichzusetzen ist. Heute wird überwiegend der Begriff „Verzahnungsfaktoren“ verwendet, was aber an der ursprünglichen Bedeutung - im Sinne Mertens - nichts ändert.
[46] Nach: Bader, R.: Neue Technik - Neue Fragen. Didaktische Grundlagen der berufsbildenden Schulen, Dortmund 1987.
[47] Vgl. Spreter- Müller, B.: Außerfachliche Qualifikationen in der Wirtschaft, Anforderungen für den
beruflichen Ein- und Aufstieg, Schriftreihe Studien zu Bildung und Wissenschaft, 62, BMBW (Hrsg.), Bonn 1988, S. 84
[48] Vgl. Mertens, D.: Das Qualifikationsparadox. In: Zeitschrift für Pädagogik, H.4/ 1984, S. 439-455.
[49] Nach: Prim, R.: Schlüsselqualifikationen. Ein Programm der beruflichen Bildung erreicht die Pädagogischen Hochschulen. In: Mitteilungen vom Martinsberg, Heft 47, Oktober 1995
[50] Bunk, G.P.: Berufliche Bildung im Wandel. In: Neue Methoden und Konzepte beruflicher Bildung. Köln 1986, S. 7
[51] Vgl. Tulodziecki, G. u.a.: Handlungsorientierte Medienpädagogik in Beispielen. 1995, S. 8
[52] Nach: Tulodziecki, G.: Medienerziehung in Schule und Unterricht. 2., neubearb. Aufl., Klinkhardt, Bad Heilbrunn 1992 und Tulodziecki, G.: Medienkompetenz als Erziehungs- und Bildungsziel. In: Zeitschrift zur politischen Bildung - Eichholzbrief, Heft 3/1997, S. 37
[53] Denkschrift der NRW- Bildungskommission. Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Luchterhand 1995, S. 137
[54] Nach: Tulodziecki, G., u.a.: Handlungsorientierte Medienpädagogik in Beispielen. Bad Heilbrunn 1995, S 36/ 37, darin auch ausführlichere Beschreibungen der einzelnen medienpädagogischen Projekte
[55] Vgl. Tulodziecki, G.: Medienkompetenz als Erziehungs- und Bildungsziel. In: Zeitschrift zur politischen Bildung - Eichholzbrief, Heft 3/ 97, S. 29
[56] Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.), Weißbuch: Lehren und Lernen. Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft. Brüssel 1996. S. 12
[57] Lernen und Forschen für eine lebenswerte Zukunft. In: Regierungsprogramm 1995- 2000 der SPD in Nordrhein- Westfalen, a.a.O.
[58] Jamar, J.: Ein Leben lang lernen. In: EU- Magazin 4/ 1996, S. 8
[59] Weißbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.) zur allgemeinen und beruflichen Bildung: Lehren und Lernen. Auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft. Brüssel, 1996, S. 32
[60] Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung- Schule der Zukunft. Luchterhand 1995, S. 56
[61] Hardensacke, A.: Aktuelle Entwicklungen der Berufsbildungspolitik. In: Rolf, G.: Weiterbildung und Management. Neuwied 1992, S. 1
[62] Vgl. auch: Grundsatzrede des Bundepräsidenten R. Herzog vom 16.9.1997. U.a. in Internet: http://www.cdu/archiv/97.de
[63] Vgl. Decker, F.: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. 1995
[64] Nach: Decker, F.: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. 1995
[65] Denkschrift der NRW- Bidungskommission (Hrsg.). Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. S. 264
[66] siehe Fußnote 10
[67] Nach: Decker, F.: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. 1995, S 33/ 34
[68] zitiert nach: Horstmann, Dr. U., Leiter des Training Department der dt. Unilever GmbH, über die Bedeutung von betrieblicher Weiterbildung. In:Süddeutsche Zeitungv. 31.5.1997
[69] Die Kosten für Weiterbildung. In: UNI- Magazin, Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.), Nürnberg. Nov./ Dez. 1996, S. 38
[70] Datenquelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie: Grund- und Strukturdaten 1995/96, S. 309ff
[71] in Anlehnung an Zeitungsberichte aus den letzten Monaten, insbesondere Sonderbeilage „Aus- und Weiterbildung“, wöchentlich in: Süddeutsche Zeitung
[72] BIBB = Bundesinstitut für Berufsbildung
[73] Qualitätssicherung in der Weiterbildung. In: Sonderbeilage „Aus- und Weiterbildung“ der Süddeutschen Zeitung vom 16. Januar 1997
[74] DIHT = Deutscher Industrie- und Handelstag
[75] Stiehl, H-P.: Qualitätssicherung durch Weiterbildung. In:Süddeutsche Zeitungvom 18.3.1997
[76] CBT = Computer Based Training, also Lernprogramme, die mithilfe des Computers eingeübt werden
[77] Vgl.hierzu: Stand und Tendenzen der Schulentwicklung. In. Denkschrift der NRW-Bildungskommission (Hrsg.). Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. S. 14
[78] Nach: Denkschrift der Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Luchterhand 1995
[79] Vgl. Hentig, H. von:, Die Schule neu denken. 1993, S. 215
[80] Seitenzahlen im Text verweisen auf die Denkschrift
[81] Vgl. hierzu: Dalin, P., Schule auf dem Weg in des 21. Jahrhundert. Luchterhand 1997
[82] Vgl. hierzu auch meine Ausführungen in Teil I der vorliegenden Arbeit
[83] Schavan, A.: Schulen brechen auf. Eröffnungsrede zum Workshop „Innere Schulreform“ am 11.11.1995 in Stuttgart. Abgedr. in „Lehren und Lernen“, Zeitschrift des Landesin-stituts für Erziehung und Unterricht (Hrsg.), Heft 1/2 1996, S. 4
[84] ebd.
[85] Vgl. Dalin, P.: Schule auf dem Weg in das 21. Jahrhundert. Luchterhand 1997, S. 24/ 25
[86] Vgl. Fend, H.: Was ist eine gute Schule? und Haenisch, H.: Gute und schlechte Schulen im Spiegel empirischer Schulforschung. In: Westermanns Pädagogische Beiträge, Heft 7-8/ 1986, S. 18- 23
[87] Nach: Decker, F.: Bildungsmanagement für eine neue Praxis. 1995
[88] Adresse: Dr. Margarete Ruep, Rektorin der Realschule Sinsheim, E-Mail: mruep@rs-sinsheim.bw.schule.de
[89] Vgl. Bildungskommission NRW: Zukunft der Bildung - Schule der Zukunft. Neuwied, Kriftel, Berlin 1995
[90] Vgl. Bönsch, M.: a.a.O., S. 231
[91] Vgl. Bildungskommission NRW a.a.O., S. 85
[92] Ministerium für Kultus ud Sport Baden Württemberg: Kultus und Unterricht. Bildungsplan für die Hauptschule. Lehrplanheft 4/ 1994
[93] Ministerium für Kultus und Sport Baden Württemberg (Hrsg.): Schulintern, 8/95, S. 1
[94] Vgl. Strasser, Franz: Autonomie - der Rettungsanker für das Bildungswesen? In: Schulverwaltung 6/ 1996, S. 123- 129
[95] Vgl. Ministerium für Kultus und Sport Baden-Württemberg (Hrsg.): Schulintern. Heft 1/ 96, S. 3/ 4
[96] „public-private partnership“ bedeutet die Zusammenarbeit von öffentlichen Einrichtungen mit Privatunternehmen zum beiderseitigen Nutzen
[97] Beschreibung des Projekts nach Besprechungen und Präsentationen im Internet unter den Adressen: http://www..de1.emb.net/schulen/gzg; http://www.san/aktuell/proj.96- 12/de und nach persönlichen Gesprächen mit dem koordinierenden Lehrer OStD W.
[98] HTML = Hyper Text Marking Language, also das Textformat von Internetseiten
[99] Adresse im Internet: http://www.de1.emb.net/schulen/gzg
[100] Diese fächerübergreifende Unterrichtseinheit wird ausführlicher beschrieben in: Schul- intern 8/ 95, S. 7 ff. Meine Ausführungen zu diesem Thema basieren aber vor allem auf Gesprächen mit Herrn R. Hepp, Lehrer an Bildungszentrum St. Konrad, Ravensburg.
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- Gerold Endriss (Author), 1997, Bildungsarbeit im Umbruch - Wirtschafts- und berufspädagogische Veränderungen in Schule und Betrieb, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95848
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