Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Personalgewinnung in den Aufbaujahren der Bundeswehr von 1955 bis 1966. Schwerpunkt ist die Frage, inwieweit die ehemaligen Soldaten der Wehrmacht in die neue NATO-orientierte Struktur integriert wurden. Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Überlegungen zur Aufstellung einer „neuen Wehrmacht“. Behandelt werden diesbezüglich die, eng mit der Rehabilitierung des deutschen Soldaten verbundene, Wiederbewaffnungsdebatte in der Bundesrepublik Deutschland sowie die Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Traditionalisten um das Bild des zukünftigen deutschen Soldaten. Es folgt die Untersuchung der Offizier- und Unteroffizierkorps sowie der Teilstreitkräfte im Hinblick auf die Herkunft der Bewerber. Welcher Personenkreis aus der Wehrmacht stellte sich wieder für den militärischen Dienst in der Bundeswehr zur Verfügung? Im Hinblick auf die Wiederverwendung der ehemaligen Wehrmachtsoldaten seit 1955/56 ergibt sich insgesamt ein wenig behandeltes Gebiet. Grundlegend ist festzustellen, dass sich bisherige Analysen in erster Linie auf das Modell des „Staatsbürgers in Uniform“ und die „Innere Führung“ konzentrieren. Eine Ausnahme stellen sicherlich die Beiträge zum militärischen Personalwesen der Streitkräfte von Georg Meyer dar, dessen Beiträge zur personellen Entwicklung in der Bundeswehr als Grundlage für die These von der Kontinuität der Wehrmacht bei der Etablierung der Bundeswehr gelten.
Mit der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht am 8./9. Mai 1945 und der Entmilitarisierung auf der Basis des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945, gab es de facto keine regulären deutschen Streitkräfte mehr. Zunächst setzten die Alliierten die Entmilitarisierungspolitik konsequent durch. Doch der Wandel trat nur fünf Jahre nach Kriegsende ein: Wachsende Spannungen zwischen den rivalisierenden politischen Blöcken führten zu Überlegungen der US-Regierung, wieder deutsche Streitkräfte in Westdeutschland zu errichten. Der ausbrechende Koreakrieg am 25. Juni 1950 beschleunigte die Entscheidung zugunsten einer deutschen Wiederbewaffnung. Eine Grundvoraussetzung galt sowohl für die Bundesrepublik Deutschland als auch für die DDR: Beide deutsche Staaten konnten ihre Streitkräfte nicht ohne Personal aus der ehemaligen Wehrmacht aufbauen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Wiederbewaffnungsfrage im Sommer 1950.
- Personalerfassung in den Dienststellen Schwerin / Blank.
- Die Himmeroder Konferenz im Oktober 1950.
- Baudissin und das Konzept der „Inneren Führung“.
- Annahmeorganisationen und Personalgutachterausschuss für die Streitkräfte
- Die Struktur des Offizierskorps in der Aufbauphase 1955–1966.
- Die personelle Struktur der Teilstreitkräfte 1955–1966.
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Reintegration ehemaliger Wehrmachtangehöriger in die Bundeswehr von 1955 bis 1966. Sie analysiert, wie die Personalgewinnung in den Aufbaujahren der Bundeswehr erfolgte und inwieweit ehemalige Soldaten der Wehrmacht in die neue NATO-orientierte Struktur integriert wurden. Die Arbeit beleuchtet dabei den Einfluss der Wiederbewaffnungsdebatte auf die Reintegration und die Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Traditionalisten um das Bild des zukünftigen deutschen Soldaten.
- Die Wiederbewaffnungsdebatte in der Bundesrepublik Deutschland.
- Die Reintegration ehemaliger Wehrmachtangehöriger in die Bundeswehr.
- Die Auseinandersetzungen zwischen Reformern und Traditionalisten um das Bild des zukünftigen deutschen Soldaten.
- Die Struktur des Offizierskorps und der Teilstreitkräfte in der Aufbauphase der Bundeswehr.
- Die Kontinuität der Wehrmacht bei der Etablierung der Bundeswehr.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt den historischen Kontext der Reintegration ehemaliger Wehrmachtangehöriger dar. Sie beleuchtet die Entmilitarisierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und die Entstehung der Wiederbewaffnungsdebatte, die durch den Koreakrieg intensiviert wurde. Die Arbeit fokussiert sich auf die Personalgewinnung in der Bundeswehr und die Frage der Integration ehemaliger Wehrmachtsoldaten in die neue Struktur.
- Die Wiederbewaffnungsfrage im Sommer 1950: Dieses Kapitel beleuchtet die politische und militärische Situation in der Bundesrepublik Deutschland im Sommer 1950. Es zeigt die Rolle von Konrad Adenauer und der ehemaligen Wehrmachtelite in der Wiederbewaffnungsdebatte. Es wird hervorgehoben, dass die Rehabilitierung des deutschen Soldaten und die Nutzung seiner Erfahrungen eine wichtige Rolle bei der Planung der neuen Streitkräfte spielte.
- Personalerfassung in den Dienststellen Schwerin / Blank: Dieses Kapitel beleuchtet die Prozesse der Personalerfassung in den Dienststellen Schwerin und Blank. Es geht auf die Himmeroder Konferenz im Oktober 1950 ein, die ein entscheidender Schritt in der Personalgewinnung für die Bundeswehr war. Das Kapitel untersucht die Rolle des Konzepts der „Inneren Führung“ von Baudissin und die Bedeutung von Annahmeorganisationen und dem Personalgutachterausschuss für die Streitkräfte.
- Die Struktur des Offizierskorps in der Aufbauphase 1955–1966: Dieses Kapitel analysiert die Struktur des Offizierskorps in der Bundeswehr während der Aufbauphase. Es untersucht die Herkunft der Bewerber und den Einfluss der Wehrmacht auf die neue Struktur.
- Die personelle Struktur der Teilstreitkräfte 1955–1966: Dieses Kapitel befasst sich mit der Zusammensetzung der Teilstreitkräfte und der Integration ehemaliger Wehrmachtangehöriger in die verschiedenen Waffengattungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen der Wiederbewaffnung, Reintegration, Bundeswehr, Wehrmacht, Personalgewinnung, Offizierskorps, „Innere Führung“, Kontinuität, Traditionalisten, Reformisten, Aufbauphase, NATO, und die Rolle des deutschen Soldaten in der Nachkriegszeit.
- Quote paper
- Jens Mühle (Author), 2014, Personalgewinnung in den Aufbaujahren der Bundeswehr. Die Reintegration der ehemaligen Wehrmachtangehörigen in das neue System, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/957906