Ein Schuster, eine Uniform, und ein unglaublicher Coup, der das wilhelminische Deutschland in Atem hielt: Carl Zuckmayers "Der Hauptmann von Köpenick" ist weit mehr als eine bloße Gaunerkomödie. Basierend auf der wahren Geschichte des Wilhelm Voigt entlarvt das Stück mit bissigem Humor und Berliner Schnauze die blinde Autoritätsgläubigkeit und den bürokratischen Irrsinn einer militarisierten Gesellschaft. Voigt, ein ehemaliger Sträfling, der vergeblich um eine Aufenthaltsgenehmigung kämpft, sieht in der Verkleidung als Hauptmann einen Ausweg aus seiner Misere. Er kommandiert kurzerhand eine Schar Soldaten, besetzt das Rathaus von Köpenick und konfisziert die Stadtkasse. Doch hinter der amüsanten Fassade verbirgt sich eine tiefere Kritik an der Untertanenmentalität und der allgegenwärtigen Uniformierung, die Zuckmayer in den 1930er-Jahren als gefährliche Entwicklung erkannte. Das Theaterstück ist eine zeitlose Satire über Macht, Identität und die Absurdität des Obrigkeitsstaates. Zuckmayer, der selbst vor den Nationalsozialisten fliehen musste, schuf mit dem "Hauptmann von Köpenick" ein Meisterwerk der deutschen Dramatik, das bis heute nichts von seiner Brisanz und Aktualität verloren hat. Entdecken Sie eine Geschichte voller Witz, Ironie und sozialkritischer Schärfe, die zum Lachen und Nachdenken anregt. "Der Hauptmann von Köpenick" ist ein Muss für alle Liebhaber des politischen Theaters und ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, das uns auch heute noch vor Augen führt, wie schnell Fassade und Realität verschwimmen können. Lassen Sie sich von Zuckmayers Sprachwitz und der zeitlosen Relevanz dieser Geschichte fesseln und erleben Sie, wie ein Schusterjunge zum Hauptmann wird und ein ganzes System bloßstellt. Eine packende Mischung aus Komödie und Tragödie, die unterhält und zum kritischen Hinterfragen anregt – ein Stück deutscher Geschichte, das man gelesen haben muss. Tauchen Sie ein in das Berlin um die Jahrhundertwende und erleben Sie den Aufstieg und Fall eines ungewöhnlichen Helden, der die Welt mit seinen ungewöhnlichen Mitteln narrt.
Carl Zuckmaier - Der Hauptmann von Köpenick
Erst einmal ein paar Worte zum Autor:
Carl Zuckmaier wurde am 27. Dezember 1896 in Nackenheim (Rheinhessen) als Sohn eines Weinflaschenkapselfabrikantes geboren. Um 1900 zog die Familie nach Mainz. Dort besuchte er das ,,Humanistische Gymnasium".
Im Alter von 18 Jahren meldete er sich 1914 als Kriegsfreiwilliger und diente 4 Jahre in der deutschen Armee. Er machte das Notarbitur und setzte neben seiner Kriegstätigkeit als Leutnant seine umfassende literarische Fortbildung fort und veröffentlichte Beiträge in Zeitschriften.
Nach Ende des II. Weltkrieges studierte er Jura, Philosophie, Nationalökonomie, Naturwissenschaften, sowie Literatur- und Kunstgeschichte an den Universi-täten Frankfurt am Main und Heidelberg. 1920 wurde sein erstes Drama in Berlin uraufgeführt. Vorübergehend war er in Kiel als Dramaturg angestellt, wurde aber bald wieder gekündigt. Es folgten Uraufführungen von weiteren Werken, die aber alle Misserfolge waren. 1925 heiratete Zuckmaier die Schauspielerin Alice Frank. Kurze Zeit später wurde seine Komödie ,,Der fröhliche Weinberg" uraufgeführt. Von nun an begann Zuckmaier mit der für ihn typischen Treffsicherheit in Milieu- und Figuren- zeichnung zu schreiben. Er bekam eine Tochter, Winnetou, und 1931 wurde sein Drama ,,Der Hauptmann von Köpenick" mit großem Erfolg uraufgeführt.
Ab 1933 wurde er von den Nazis verfolgt (Werke + jüd. Mutter) und er floh zuerst nach Salzburg und später in die USA, wo er begann, erfolgreich, Drehbücher zu schreiben-> ,,The Blue Angel". Später kam er dann nach Deutschland zurück und starb schließlich, 81-jährig,in Visp in der Schweiz.
Zuckmaiers erfolgreichsten Stücke sind: ,,Schinderhannes", ,,Der Hauptmann von Köpenick" und ,,Des Teufels General". Der Autor erhielt viele Literaturpreise, darunter den ,,Kleist-Preis", den ,,Georg Büchner- Preis", den ,,Dramatikerpreis der Heidelberger Festspiele", den ,,Goethe-Preis" der Stadt Frankfurt am Main und den ,,Großen Österreichischen Staatspreis", um nur einige zu nennen.
Nun zum Buch:
Dieses Theaterstück basiert auf der wahren Geschichte des Schusters Wilhelm Voigt, der 1906 durch seine Tat ganz Deutschland und sogar den Kaiser Wilhelm II. zum Schmunzeln und Nachdenken brachte.
Das Buch selbst ist in ,,Berlinerisch" abgefasst, was sich zwar manchmal schwierig, aber trotzdem sympathisch, soweit man das sagen kann, liest. Es ist in drei Akten abgefasst, der erste spielt um die Jahrhundertwende, der zweite und der dritte zehn Jahre später. Handlungsort ist Berlin und Umgebung.
Wilhelm Voigt ist eigentlich ausgebildeter Schuster, der einmal vor vielen Jahren durch Betrug an der Reichspost mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis geht er ins Ausland, wo er als Schuster in einer Fabrik sein Dasein ganz passabel fristet. Aber insgeheim zieht es ihn doch in seine Heimat, das geliebte Deutschland, und so macht er sich eines Tages auf und kommt nach Potsdam. Dort sucht er nach einer Arbeit als Schuster, die er aber ohne Aufenthaltsbewilligung nicht bekommt. So geht er zur Polizeiwachstube Potsdam um eben diese zu beantragen, doch dort wird ihm nur unfreundlich mitgeteilt, dass er ohne Arbeitsbewilligung gar nicht erst an eine Aufenthaltsbewilligung zu denken habe. Als er einen Pass verlangt, um wenigstens wieder Deutschland verlassen zu können, wird ihm dieser auch nicht ausgehändigt.
Verzweifelt wie er ist, trifft er zufällig seinen ehemaligen Gefängnisgenossen Kalle, den er überreden kann, mit ihm in die Polizeiwachstube Potsdam einzubrechen, um einen Pass zu besorgen. Doch der Plan mißlingt und Voigt muss wieder für zehn Jahre in die preußische Strafanstalt Sonnenburg. Deren Direktor ist ein Militärfanatiker und durch ihn lernt Voigt alle wichtigen Dinge übers Militär, wie Rangordnung, Kriegsführung, etc.
Gleich von Anfang an wird simultan mit der Geschichte Voigts auch die Ge-schichte seiner ,,zukünftigen" Uniform erzählt, bei der sich die Wege der Beiden sogar kreuzen. Anfangs wird die Uniform in Potsdam von einem Maßschneider für einen Hauptmann angefertigt, dieser trägt sie jedoch nie und sie kommt in den Besitz des Soldaten Obermüller, der schließlich zum Bürgermeister von Köpenick aufsteigt. Obermüller trägt die Uniform bis er fast aus allen Nähten platzt und sie an einen Trödler verscherbeln läßt. Inzwischen ist Voigt aus dem Gefängnis entlassen worden, und da er nicht weiß, wo er hin soll, fährt er zu seiner Schwester Marie nach Rixdorf, die er seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Sein Schwager, Friedrich Hoprecht, bittet ihn trotz sehr beengter Wohnverhältnisse zu bleiben und so kommen die Beiden eines Tages, nach dem Begräbnis eines jungen Mädchens, auf den Sinn des Lebens zu sprechen. Diese Szene möchte ich kurz vorspielen Wilhelm Voigt beschließt dann insgeheim, sich einen Pass zu besorgen, indem er sich als Hauptmann verkleidet. Er kauft bei eben jenem Trödler, der die Uniform von Bürgermeister Obermüller erstanden hat, dieses ,,Hauptmannsgewand". Eine Mütze und ein Säbel komplettieren seine Erscheinung und er fährt mit dem Zug zur nächsten Bahnstation die zufällig Köpenick ist. Zufällig trifft er am Weg in die Stadt einen Soldatentrupp der vorbeifährt. Diesen stoppt er und die Soldaten gehorchen ihm sofort blind, als er ihnen befiehlt, zum Bürgermeister-amt von Köpenick zu fahren. Der verkleidete Schuster wählt diese Stadt nur, weil er glaubt, dass sich in dieser Stadt auch ein Passamt befindet, auf dem er sich dieses Reisedokument besorgen und damit über die Grenze fliehen kann. Voigt lässt den dortigen Bürgermeister Obermüller, der vor der Obrigkeit seiner ehemals eigenen Uniform kapituliert, verhaften, lediglich Obermüllers Frau möchte die Legimitation des Hauptmanns sehen, doch dieser handelt mit so einer strengen Selbstverständlichkeit, dass schließlich keiner mehr an der Echtheit seines Ranges zu zweifeln wagt. Wilhelm Voigt lässt sich die Stadtkasse aushändigen und zieht schließlich mit deren Inhalt, immerhin über 4000 Mark, aber trotzdem enttäuscht über die Tatsache, dass er schon wieder keinen Pass bekommen hat, ab.
Einige Tage später stellt er sich selbst der Berliner Polizei, da er eingesehen hat, dass er sonst nie zu seinem Pass kommt. Nachdem er sich das Versprechen hat geben lassen, nach seiner Aussage einen Pass ausgestellt zu bekommen, er-öffnet er den staunenden Beamten, dass er der gesuchte Mann sei. Die Leute auf der Wache glauben ihm zwar, halten ihn aber für verrückt.
Das Stück hat kein wirkliches Ende, es endet damit, dass Voigt auf der Polizei-wache vor dem Spiegel steht und sich, unter dem schallenden Gelächter seiner selbst und des der anderen, das erste Mal selbst in Uniform als Hauptmann sieht.
Zum Abschluss steht noch ein Zitat aus dem Märchen ,,Die Bremer Stadtmusi-kanten" der Brüder Grimm, das schon vorher im Buch vorgekommen ist: ,,Kommt mit", sagte der Hahn, ,,etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden!"
Häufig gestellte Fragen
Worum geht es in "Der Hauptmann von Köpenick" von Carl Zuckmaier?
Das Theaterstück basiert auf der wahren Geschichte des Schusters Wilhelm Voigt, der sich 1906 als Hauptmann verkleidet und das Rathaus von Köpenick besetzt, um einen Pass zu erlangen. Die Geschichte thematisiert die blinde Autoritätsgläubigkeit, die Absurdität bürokratischer Hürden und die Macht der Uniform.
Wer war Carl Zuckmaier?
Carl Zuckmaier (1896-1977) war ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker. Er war bekannt für seine Milieustudien und Figurendarstellungen. Er floh vor den Nazis und schrieb in den USA Drehbücher, kehrte aber später nach Deutschland zurück. Zu seinen bekanntesten Werken gehören "Schinderhannes", "Der Hauptmann von Köpenick" und "Des Teufels General".
Was sind die wichtigsten Themen in "Der Hauptmann von Köpenick"?
Die Hauptthemen sind:
- Autoritätsgläubigkeit: Die bedingungslose Akzeptanz von Autorität, allein aufgrund von Uniformen und Rangabzeichen.
- Bürokratie: Die Absurdität und Ineffizienz bürokratischer Prozesse, die es Voigt unmöglich machen, legal einen Pass zu erhalten.
- Identität und Verkleidung: Die Macht der Verkleidung und wie sie die Wahrnehmung und das Verhalten anderer beeinflussen kann.
- Gesellschaftskritik: Zuckmaier kritisiert die deutsche Gesellschaft seiner Zeit, insbesondere die blinde Hörigkeit gegenüber Autoritäten und die Starrheit des preußischen Militarismus.
Wo spielt die Handlung von "Der Hauptmann von Köpenick"?
Die Handlung spielt in Berlin, Potsdam und Köpenick um die Jahrhundertwende (erster Akt) und zehn Jahre später (zweiter und dritter Akt).
Wie ist das Stück sprachlich gestaltet?
Das Stück ist in "Berlinerisch" verfasst, einem Dialekt, der die Authentizität der Figuren und des Milieus unterstreicht.
Was passiert mit Wilhelm Voigt am Ende des Stücks?
Voigt stellt sich der Berliner Polizei, nachdem er eingesehen hat, dass er sonst nicht an einen Pass kommt. Das Stück endet damit, dass Voigt sich zum ersten Mal im Spiegel in Uniform sieht und darüber lacht.
Welche Bedeutung hat das Zitat aus "Die Bremer Stadtmusikanten" am Ende des Stücks?
Das Zitat "Kommt mit, etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden!" unterstreicht die Hoffnungslosigkeit und die Sehnsucht nach einer besseren Zukunft, die Voigt und die anderen Figuren im Stück teilen.
Welche Intention hatte Carl Zuckmaier mit diesem Stück?
Zuckmaier wollte auf die Gefahren blinder Autoritätsgläubigkeit hinweisen und die Widersinnigkeit bürokratischer Prozesse aufzeigen. Er sah das Stück auch als Spiegelbild der gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland, insbesondere des aufkommenden Nationalsozialismus und des Uniformtaumels.
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- Nickl Resi (Author), 2000, Zuckmayer, Carl - Der Hauptmann von Köpenick, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95748