Alfred Andersch
* München 04.02.1914
+ Berzona 21.02.1980
Gymnasium bis 9. Klasse
Buchhändlerlehre
Trat aus Opposition zu seinem Vater der KPD bei.
1933 KZ-Aufenthalt (paar Monate)
1944 Desertation > Italien
amerikanische Kriegsgefangenschaft
Gab Zeitschriften heraus
1958 freier Schriftsteller
Nähe franz. Existentialismus
Zur Handlung
In einem kleinen Ostseehafen treffen an einem Herbsttag im Jahre 1937 zuf ällig fünf Menschen zusammen, die sich alle mit dem Gedanken der Flucht nach Schweden tragen. Einen namenlos bleibenden Jungen treibt die pure Abenteuerlust aus dem beengenden Elternhaus; der kommunistische Jugendfunktion är Gregor will einen illegalen Auftrag nutzen, sich von der Partei und ihrem aus-sichtslosen Untergrundkampf abzusetzen. Sein Genosse, Fischer Kundsen, muß seine geistig verwirrte Frau vor den Nazis sch ützen und kann deshalb nicht fliehen.
Dem Pfarrer Helander versagt eine neu aufgebrochene Kriegsverletzung die Flucht, er will aber den "lesenden Klosterschüler" vor er Zerst örung der Nazis gerettet wissen. Die Jüdin Judith Levin, dem Abtransport ins KZ entronnen, hofft über Schweden ins neutrale Ausland zu kommen. Trotz Angst und Misstrauen und trotz vieler Unwägbarkeiten ergibt sich auf Betreiben Gregors zuletzt eine organisatorische Verkn üpfung der einzelnen Fluchtvorhaben, an deren Ende die akut gefährdete Judith und der "Klosterschüler" gerettet werden. Die übrigen Figuren handeln jeweils entgegen ihrer ursprünglichen Intention: Knudsen riskiert widerwillig die Überfahrt, Gregor ver- zichtet, der Junge kehrt wieder aus Schweden zurück, er Pfarrer tötet eine der Nazi-Chargen, die nach dem Verbleib der Plastik forschen.
Struktur der Geschichte
- kurze Passagen
- der Junge zieht sich wie eine Leitmelodie durch den Text. Er ist kursiv geschrieben. Im weiteren Sinne politisch.
- > Zentraler Konflikt Gregor - Knudsen
- Manche Personen haben nur Vorname, manche nur Nachnamen, der Junge keinen.
- Erzählperspektive in der der Erzähler anonym bleibt/nur der Junge wird aus der Perspektive "der Junge" erzählt/zum Teil aus Betrachterperspektive "kommentierend"
Rerik hieß bis 1938 Alt Gaarz, Stadt und Badeort im Kreis Bad Doberan, Bezirk Rostock, nordöstl. Wismar, am Salzhaff & Ostsee.
Alles spielt sich zeitlich von
Tag 1 14 Uhr
Tag 2 17 Uhr ab. (27 Std.)
Alle Einzelhandlungen werden durch die Person des Jungen zusammengehalten.
Öfters Wechsel zwischen Innerem Monolog und Rede.
Der Roman ist mehrschichtig. Es gibt emotionale Denkebenen und Menschliches.
Bsp.
Ein Kunstschatz wird vor der Vernichtung gerettet. -> Ebene 1 (Fakt)
Judith stellt fest, daß die Figur von einem berühmten Bildhauer stammt. Gregor weiß das Judith reich ist, und da Judith die Kunst erkennt, denkt er das sich nur Reiche für (überflüssige) Kunst interessieren. Kunst wäre etwas für Reiche -> Ebene 2 (Emotionell)
Der Junge
1. In Rerik ist nix los
2. Ich hasse sie alle...
3. Sansibar (Traum / Wunschvorstellung)
Mit ihm beginnt und endet der Roman, er spielt die Hauptrolle. 15 Jahre alt. Er hat keinen Namen, er ist der Sohn von Hinrich Mahlmann. Lehrling von Knudsen. Er ist von Abenteuerbüchern fasziniert. Er fühlt sich in der Welt der Erwachsenen gefangen. Er kann aus Rerik nicht weg, obwohl er den Weg wei ß. Bei Gespräch mit Judith merkt er, daß er in Rerik bleiben kann. Sansibar als Grund allein reicht wohl doch nicht.
Gregor
jung, unauffälig, mager.
Genauer Name ist nicht bekannt. Kommt aus Berlin und lie ß sich in Lenin-Akademie (Moskau) "Gregorij" nennen. Kommt mit falschem Paß über Wien nach Rerik. Hat Zweifel an seiner Arbeit. Hält sich selbst für einen ‘niemand’ Er opfert sich für Judith. Er erfährt eine emotionale und menschliche Entwicklung. Er sieht in dem Klosterschüler eine Person ohne Auftrag, eine Person die zur Freiheit verdammt ist (Verbindung zu ihm selbst). Er verliebt sich fast in Judith, gibt es aber in Erinnerung an eine alte Liebe wieder auf.
Helander (Pfarrer)
- Helander - Heiland (christilich)
- sehr weltlicher Pfarrer
- Denkmal an Andersch’ Vater !?
groß, schlank, Bart, Beinprothese die weh tut, weiß selber nicht genau ob er helfen soll, er will den Klostersch üler vor den Nazis retten. Seine Frau starb im Kindbett -> psychisch am Ende. Er hat eine Glaubenskrise. Der Klosterschüler ist für ihn ein Symbol des Glaubens. Er bezieht sich auf Karl Barth (berühmter schweizer Theologe der viele Evangelen beeinflusst hat).
Judith Levin
Jüdin, 18 Jahre, hübsch, aus guten Hamburger Hause; ihre gelähmte Mutter bringt sich mit Gift um, damit Judith fliehen kann. Die Mutter will den Tod lieber selbst wählen, als von den Nazis get ötet zu werden. Judith nimmt das Erbe (Geld) vom Vater und geht auf Anraten der Mutter nach Rerik (die Mutter ist auf ihrer Hochzeitsreise in Rerik gewe-sen). Will nicht mit dem Wirt schlafen, hätte aber mit dem schwedischen Seemann geschlafen um nach Schweden kommen zu können.
Knudsen
Hat einen Schoner (Mehrmastiges Segelboot zum Fischen). Wichtige Person. Von ihm hängt es ab, ob alle wegkommen. Hat Haus, Garten und Frau. Kommunist ohne Parteiglauben. Obwohl er von der Kirche nichts h ält, nimmt er den Klosterschüler mit.
Bertha
Frau von Knudsen, der an ihr hängt, sanft, freundlich, ein wenig geistesgestört, erzählt immer den gleichen Witz
Der Klosterschüler
- gestaltet von Ernst Barlach 1930
- Dichter, Schriftsteller, Künstler
- Die äußerliche Realität interessiert nicht.
Dynamik:
- sehr statisch/meditativ
- Ähnelt Buddha-Figuren
- Meditative Haltung
- Keine Drehung, sehr ruhig, über das Buch gebeugt, konzentriert.
- autonom
Er stellt für die Nazis eine Bedrohung dar, weil er zum Nachdenken anregt. Er zeigt, daß die Macht der Nazis nicht allmächtig ist > es kommt auf die Eigenständigkeit/Autonomie an.
Im Nazi-Denken muß Kunst ein gutes Gefühl vermitteln -> nein, er regt zum Nachdenken an. Im Nazi-Denken muß die Skulptur sehr originalgetreu sein -> nein, eher vage.
Für Gregor sieht der Klosterschüler wie jemand aus, der sich einem Auftrag entzogen hat. Er hat für sich selbst entschieden (vgl. Gregor).
- Gregor weiß zuerst nicht von wem das Kunstwerk ist und das es wertvoll ist.
- Judith ist gebildet und erkennt den Klosterschüler.
Der Klosterschüler ist als Gegenstand wertlos, jedoch mental wertvoll.
In der Nazizeit, sowie in der DDR wurden Kunst und Literatur zensiert.
Zentraler Konflikt Gregor <-> Knudsen
Knudsen ist ein Arbeiter und denkt über Gregor "auch kein richtiger Intellektueller". Gregor ist ein Parteiintelektueller, nur geschult > kein studierter.
Gregor ist ein Instruktor, der nicht instruieren will. Knudsen ist ein zu instruierender, der nicht in-struiert werden will. Jeder denkt aber von dem anderen, daß er es trotzdem will > Verwechslungskomödienhaftes.
Gregor ist kein Arbeiter - Knudsen schon.
Häufig gestellte Fragen
Wer war Alfred Andersch?
Alfred Andersch war ein deutscher Schriftsteller, geboren am 4. Februar 1914 in München und gestorben am 21. Februar 1980 in Berzona. Er besuchte das Gymnasium bis zur 9. Klasse, absolvierte eine Buchhändlerlehre und trat aus Opposition zu seinem Vater der KPD bei. Er verbrachte 1933 einige Monate im KZ, desertierte 1944 nach Italien und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Später gab er Zeitschriften heraus und war ab 1958 freier Schriftsteller, beeinflusst vom französischen Existentialismus.
Worum geht es in der Handlung?
Die Handlung spielt in einem kleinen Ostseehafen im Herbst 1937. Fünf Menschen treffen zufällig aufeinander, die alle nach Schweden fliehen wollen: ein abenteuerlustiger Junge, der kommunistische Jugendfunktionär Gregor, der Fischer Knudsen, der seine geistesgestörte Frau schützen muss, der Pfarrer Helander, der einen "lesenden Klosterschüler" retten will, und die Jüdin Judith Levin, die ins neutrale Ausland gelangen möchte. Trotz Misstrauens und Unsicherheiten entsteht eine Verknüpfung der Fluchtvorhaben, wodurch Judith und der "Klosterschüler" gerettet werden. Die übrigen Figuren handeln entgegen ihrer ursprünglichen Intention.
Wie ist die Geschichte strukturiert?
Die Geschichte besteht aus kurzen Passagen. Der Junge zieht sich wie eine Leitmelodie durch den Text und ist kursiv geschrieben. Der zentrale Konflikt besteht zwischen Gregor und Knudsen. Manche Personen haben nur Vornamen, andere nur Nachnamen, der Junge gar keinen. Die Erzählperspektive ist anonym, nur der Junge wird aus seiner Perspektive erzählt, teilweise auch aus einer kommentierenden Betrachterperspektive.
Wo spielt die Geschichte?
Die Geschichte spielt in Rerik, das bis 1938 Alt Gaarz hieß, einer Stadt und einem Badeort im Kreis Bad Doberan, Bezirk Rostock, nordöstlich von Wismar am Salzhaff und der Ostsee.
Wie lange dauert die Handlung?
Die Handlung erstreckt sich über 27 Stunden, von Tag 1 um 14 Uhr bis Tag 2 um 17 Uhr.
Welche Rolle spielt der Junge?
Der Junge, 15 Jahre alt und Lehrling von Knudsen, beginnt und endet den Roman. Er ist fasziniert von Abenteuerbüchern und fühlt sich in der Welt der Erwachsenen gefangen. Er träumt von Sansibar, merkt aber im Gespräch mit Judith, dass er in Rerik bleiben kann.
Wer ist Gregor?
Gregor ist ein junger, unauffälliger und magerer Mann aus Berlin, der sich in der Lenin-Akademie in Moskau "Gregorij" nannte. Er kommt mit einem falschen Pass über Wien nach Rerik und zweifelt an seiner Arbeit. Er opfert sich für Judith und erlebt eine emotionale und menschliche Entwicklung.
Wer ist Helander?
Helander ist ein Pfarrer mit Beinprothese, der den Klosterschüler vor den Nazis retten will. Er hat eine Glaubenskrise und sieht im Klosterschüler ein Symbol des Glaubens. Er bezieht sich auf Karl Barth.
Wer ist Judith Levin?
Judith Levin ist eine 18-jährige Jüdin aus Hamburg. Ihre Mutter bringt sich um, damit Judith fliehen kann. Judith nimmt das Erbe des Vaters und geht auf Anraten der Mutter nach Rerik.
Wer ist Knudsen?
Knudsen ist ein Fischer mit einem Schoner. Von ihm hängt es ab, ob alle fliehen können. Er hat Haus, Garten und Frau und ist Kommunist ohne Parteiglauben. Obwohl er von der Kirche nichts hält, nimmt er den Klosterschüler mit.
Wer ist Bertha?
Bertha ist Knudsens Frau, an der er hängt. Sie ist sanft, freundlich und ein wenig geistesgestört.
Was ist der Klosterschüler?
Der Klosterschüler ist eine Skulptur von Ernst Barlach aus dem Jahr 1930. Er stellt einen lesenden Mönch dar. Er regt zum Nachdenken an und zeigt, dass die Macht der Nazis nicht allmächtig ist.
Was ist der zentrale Konflikt zwischen Gregor und Knudsen?
Knudsen, ein Arbeiter, denkt, Gregor sei kein richtiger Intellektueller. Gregor ist ein Parteiintellektueller, aber nur geschult. Gregor ist ein Instruktor, der nicht instruieren will, Knudsen ein zu Instruierender, der nicht instruiert werden will.
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- Mike Fröhlich (Author), 1998, Andersch, Alfred - Sansibar oder der letzte Grund, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95671