Max Frisch: Homo Faber, ein Bericht
Roman Huditsch
1. Autor:Geboren am 15. Mai 1911 in Zürich, bedeutender Dramatiker der Gegenwart, studierte Germanistik und später Architektur, war freier Journalist, früheren Werke vielen der Buchverbrennung zum Opfer, war mehrere Jahre lang Schriftsteller und Architekt gleichzeitig, gab das Architekturbüro aber 1955 auf, viele Reisen (Europa, Mittelamerika, USA), lebte bis zu seinem Tod in Zürich und Rom;
2. Werke:
A, dramatische Werke: Die Chinesische Mauer (1947)
Als der Krieg zu Ende war (1949) Graf Öderland (1951) Biedermann und die Brandstifter (1956) Andorra (1962) Biographie (1967/68)
B, epische Werke: Stiller (1954)
Homo Faber (1957) Mein Name sei Gantenbein (1964)
C, weitere Werke: Santa Cruz (1944) Don Juan oder Die Liebe zur Geometrie (1953) Wilhelm Tell für die Schule (1971) Montauk (1976)
3. Inhaltsangabe:Der Ingenieur und Techniker Walter Faber trifft auf dem Fluge nach
Caracas den Bruder seines alten Freundes Joachim. Als plötzlich zwei Motoren ausfallen, ist der Kapitän gezwungen, eine Notlandung in der mexikanischen Wüste vorzunehmen. Faber schreibt einen Brief an seine Freundin Ivy, in dem er sich von ihr trennt, und beschließt, zusammen mit seinem neuen Bekannten Herbert seinen alten Freund Joachim Hencke auf dessen Plantage in Guatemala zu besuchen (Befürchtung Herberts: Revolte). Bei der Erwähnung Joachims kommt ihm wieder der Gedanke an Hanna, seiner ehemaligen Verlobten. Vor etwa 20 Jahren (Hanna: 21 Jahren) war Fabers Heirat mit Hanna, der späteren Frau Joachims und Mr. Pipers, durch die kränkende Bemerkung seinerseits über das erwartete Kind unmöglich geworden (,,Dein Kind statt unser Kind"). Er wußte nur, daß Hanna später Joachims Frau wurde. Als Walter, sein Begleiter und Marcel nach einem langen Aufenthalt in Palenque (kein Jeep) bei Joachim eintreffen, entdecken sie, daß dieser sich an einem Draht erhängt hat.
Für Faber ist es nur sehr natürlich, nach seiner Rückkehr sich in New York von Ivy zu verabschieden, um mit dem Schiff zu seinem nächsten Konferenzort (Paris) zu fahren. Auf diesem Schiff begegnet ihm Elisabeth (Sabeth, ,,weil Elisabeth ein unmöglicher Name ist"), ein junges Mädchen, an dem er bald großen Gefallen findet. Faber begleitet sie auf einer Autoreise durch Südfrankreich und Italien, zu der er sich nach einem Wiedertreffen mit ihr in Paris, wo er seinen ehemaligen Professor O. vor einem Café trifft, entschlossen hatte. Am vorletzten Tag ihres Zusammenseins erfährt er dann, daß Hanna Sabeths Mutter ist (Ödipus- Motiv).
Der Erkenntnis, in Sabeth seine Tochter gefunden zu haben, und den sich daraus ergebenden Konsequenzen versucht er vorerst noch auszuweichen (Tochter Joachims). Sabeth wird aber von einer Schlange gebissen und stürzt so unglücklich von einer Böschung (Faber mit nacktem Oberkörper sorgt für Angst Sabeths und ihr Ausweichen Ausweichen), daß sie sich eine Schädelbasisfraktur zuzieht, an der sie auch einige Tage später stirbt. Im Krankenhaus trifft er auch Hanna als einer, der, ohne es zu ahnen, das Leben ihrer Tochter zerstört hat.(Guatemala: Herbert, Kuba: Freude am Leben, Düsseldorf: zeigt Hencke- Bosch Filme über Guatemala, Zürich: Professor O., Rom: Kündigung, Athen: Krankenhaus) Von einer unheilbaren Krankheit befallen, muß Faber nun sein eigenes Ende ins Auge fassen. (Magenkrebs verursachte ständiges Bauchweh).Letzter Eintrag in sein Tagebuch: 8.05: Sie kommen.
4. Interpretation: Sabeth erinnert ihn an Hanna. Er bringt für sie Sympathie auf, aus der sogar später Liebe wächst. An dieser Stelle handelt Faber zum ersten Male unbeabsichtigt nach Gefühlen. Er richtet sich nach Mächten und Kräften, die nicht in seine Konzeption passen. Aber im entscheidenden Augenblick gibt er sich wieder der Selbsttäuschung hin, indem er das Problem mit Hilfe der Mathematik zu lösen sucht.
Das Verhältnis Sabeths zu Faber zeichnet sich durch grenzenloses Vertrauen zu Faber, durch Verehrung aus. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen.
Frisch wirft in diesem Buch die Frage nach Fügung und Schicksal auf. Das Schuldproblem ergibt sich infolge des Ausgeliefertseins an das Schicksal. Faber ist Zusammenhängen gegenüber blind (wichtiges Motiv; vgl. Auch Inzestproblematik bei Ödipus). Obwohl Faber sehen kann, handelt er blind. Bei ihm ist dieses geradezu bis zur Existenzblindheit erweitert.
Die Vielfalt der Erzählebenen spiegelt die Verästelung, Differenziertheit, Vielschichtigkeit des Daseins wider. Dasein ist nicht rationalisierbar, es läßt sich nicht in eine eindimensionale Perspektive zwängen. Dasein ist eben zu komplex, als daß man daraus eine ,,Einbahnstraße" machen könnte, wie Faber er versucht.
Frisch zeichnet das Bild eines Menschen, dessen Leben von Arbeit und Erfolg ausgefüllt ist, den das Schicksal jedoch bedroht. Er schildert die Konfrontation eines reifen Menschen mit einer Realität, die seine festgefügten Anschauungen, sein Weltbild ins Wanken bringt, ja kompromittiert.
Die Frage nach der eigenen Identität löst Faber auf seine Weise: ,,ich bin nun einmal der Typ, der mit beiden Füßen auf der Erde steht." Frisch verdeutlicht in seinem Buch, daß Leben nicht mit Technik zu bewältigen ist. Stimmungen und Gefühle laufen Fabers rationalistischem Weltbild zuwider. Er hält sie für Ermüdungserscheinungen.
Die Grundidee des Romans beruht auf der Konfrontation eines reifen Menschen mit einer für ihn nicht vereinbaren Realität. Es wird ein Techniker vorgestellt, der als Techniker überzeugt ist, daß sich alles im Leben messen, berechnen lasse, der gewohnt ist, mit Formeln der Wahrscheinlichkeit umzugehen.
Frisch übt Kritik am absolut gesetzten praktischen Denken. Daher wird gleich zu Anfang die innere Leere Fabers offenbar, verbunden mit der Primitivität seines Lebensgefühls und der Lächerlichkeit seiner Anschauungen.
Der Techniker Walter Faber ist Rationalist und mit phantasielosen, nüchternen, auch arroganten, egozentrischen Zügen ausgestattet. Für ihn existieren nur Mathematik und Technik, er strebt nach einer geplanten Welt. Für ihn gibt es nichts Unerklärliches, die Existenz von Fügung wird abgelehnt. Der nichttechnischen Welt gegenüber bringt er nur Unverständnis und Geringschätzung auf. Die Welt ist für ihn vom Menschen geschaffen, sie wird steril und sauber gehalten. Naturgewalten werden nicht akzeptiert (Freyer spricht von einer Welt der sekundären Systeme; Natur, im allgemeinen auch Künstler, denen gegenüber Faber keine Achtung aufbringt, sind Ausdruck einer primären Welt).
Für den Einzelgänger Max Frisch haben die Gegenwartsprobleme Gewicht.
Die verhältnismäßig schlichte Fabel des Romans ,,Homo Faber" ist in 42 Einzelteile zerlegt; die Geschichte wird nicht chronologisch, sondern in höchst komplizierter Montage dargeboten.
Der Roman besteht aus zwei Stationen, wobei die zweite der ersten ähnelt. Doch entwickelt Faber gerade im letzten Teil ein neues Bewußtsein und gelangt zu einer kritischen Einschätzung der Umwelt (Verachtung des amerikanischen Lebens, Fragen über Wahrscheinlichkeit, Zufall, Schicksal).
Viele Ellipsen, Aneinanderreihung von Daten, Namen (auch von Firmen- und Typenbezeichnungen) und geographischer Ortsangaben.
Zeitproblematik: Hanna zu Faber:,,Du behandelst das Leben nicht als Gestalt, sondern als bloße Addition, daher kein Verhältnis zur Zeit, weil kein Verhältnis zum Tod."
Faber:,, Mein Irrtum mit Sabeth: Repetition; ich habe mich so verhalten, als gebe es kein Alter, daher widernatürlich. Wir können das Alter nicht aufheben, indem wir weiter addieren, indem wir unsere eigenen Kinder heiraten."
Häufig gestellte Fragen zu Max Frisch: Homo Faber, ein Bericht
Wer ist der Autor von Homo Faber?
Der Autor ist Max Frisch, geboren am 15. Mai 1911 in Zürich. Er war ein bedeutender Dramatiker der Gegenwart, studierte Germanistik und später Architektur, und war freier Journalist.
Welche bedeutenden Werke hat Max Frisch geschrieben?
Zu seinen dramatischen Werken gehören unter anderem: Die Chinesische Mauer (1947), Als der Krieg zu Ende war (1949), Graf Öderland (1951), Biedermann und die Brandstifter (1956), Andorra (1962) und Biographie (1967/68). Seine epischen Werke umfassen Stiller (1954), Homo Faber (1957) und Mein Name sei Gantenbein (1964).
Worum geht es in Homo Faber?
Der Roman erzählt die Geschichte des Ingenieurs Walter Faber, der auf einer Reise unerwartet mit seiner Vergangenheit und den Konsequenzen seiner Entscheidungen konfrontiert wird. Er trifft auf Elisabeth (Sabeth), in die er sich verliebt, ohne zu ahnen, dass sie seine Tochter ist. Die Geschichte behandelt Themen wie Technik vs. Natur, Zufall vs. Schicksal, und die Suche nach Identität.
Was passiert mit Joachim Hencke in der Geschichte?
Faber besucht Joachim Hencke, den Ex-Mann von Hanna, auf seiner Plantage in Guatemala. Dort findet er Joachim erhängt vor.
Welche Rolle spielt Hanna in Homo Faber?
Hanna ist Fabers ehemalige Verlobte und die Mutter von Sabeth. Eine frühere Bemerkung Fabers über ihr gemeinsames Kind führte zur Trennung der beiden. Sie taucht später im Krankenhaus auf, nachdem Sabeth einen Unfall hatte.
Was passiert mit Sabeth?
Sabeth wird von einer Schlange gebissen und stürzt von einer Böschung, wobei sie sich eine Schädelbasisfraktur zuzieht, an der sie stirbt.
Wie endet der Roman?
Faber erfährt, dass er an einer unheilbaren Krankheit (Magenkrebs) leidet und sein eigenes Ende ins Auge fassen muss. Der letzte Eintrag in sein Tagebuch lautet: 8.05: Sie kommen.
Welche Themen werden in Homo Faber behandelt?
Der Roman behandelt Themen wie Technikgläubigkeit, die Konfrontation mit dem Schicksal, das Verhältnis zur Zeit, das Schuldproblem, die Blindheit gegenüber Zusammenhängen und die Suche nach der eigenen Identität.
Welche Kritik übt Frisch an der Technik in Homo Faber?
Frisch kritisiert das absolut gesetzte praktische Denken und die Vorstellung, dass sich alles im Leben messen und berechnen lasse. Er zeigt die innere Leere und Primitivität des Lebensgefühls von jemandem, der sich ausschließlich auf Technik verlässt.
- Quote paper
- Roman Huditsch (Author), 1999, Frisch, Max - Homo Faber - ein Bericht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95633