Eine ganze Nacht hindurch bis zum Morgengrauen lauschen die Gäste des russischen Emigrantenlokals "Tari- Bari" in Paris der Lebensgeschichte Semjon Golubtschiks, der sich selbst einen Mörder nennt.
Semjon Golubtschik verbrachte seine Kindheit in Wolhynien als illegitimer, nicht anerkannter Sohn des Fürsten Krapotkin. Golubtschiks Versuch, seine Rechte dem Vater gegenüber geltend zu machen, schlägt fehl, und er sieht sich gezwungen, in die zaristische Geheimpolizei Ochrana einzutreten, für die er als Spitzel in St. Petersburg und Paris arbeitet. Als Triebfeder seines Handelns bezeichnet Golubtschik selbst einen unbeschreiblichen Ehrgeiz, der ihn auch nach dem Namen seines Vaters streben ließ - das heißt nach Anerkennung durch die Gesellschaft. Dieses hartnäckige, aber vergebliche und demütigende Bemühen wirkt auf seine Persönlichkeit zurück, beeinflusst seine Liebesfähigkeit und stört die Entwicklung seines Selbstbewusstseins.
Am Tag des Ausbruchs des ersten Weltkriegs schlägt er - in einem Anfall von Eifersucht - seinen Halbbruder, auf den er sein Leid zurückführt, und das Pariser Mannequin Lutetia, dem er seit dem Auftrag, einen Pariser Schneider und dessen Mädchen zu beobachten (Waffe in Lutetias Gepäck), hörig ist, nieder.
Erst nach dem Ende es Weltkrieges stellt er fest, dass die Opfer seiner Tat noch am Leben sind und er sich jahrelang fälschlich für einen Doppelmörder gehalten hat. Er sucht Lutetia erneut auf und heiratet sie.
1. Autor:
Joseph Roth, 1894 in Brody (Galizien) geboren, studierte Philosophie und Literaturwissenschaften in Wien und Lemberg. Teilnahme am 1. Weltkrieg, dann in Berlin, 1923- 1932 Korrespondent der Frankfurter Zeitung. 1933 Emigration nach Frankreich. Starb 1939 in Paris.
2. Werke:
Hotel Savoy
Hiob
Das falsche Gewicht
Die Kapuzinergruft
Radetzkymarsch
Geschichte von der 1002. Nacht
3. Inhalt:
Eine ganze Nacht hindurch bis zum Morgengrauen lauschen die Gäste des russischen Emigrantenlokals ,,Tari- Bari" in Paris der Lebensgeschichte Semjon Golubtschiks, der sich selbst einen Mörder nennt.
Semjon Golubtschik verbrachte seine Kindheit in Wolhynien als illegitimer, nicht anerkannter Sohn des Fürsten Krapotkin. Golubtschiks Versuch, seine Rechte dem Vater gegenüber geltend zu machen, schlägt fehl, und er sieht sich gezwungen, in die zaristische Geheimpolizei Ochrana einzutreten, für die er als Spitzel in St. Petersburg und Paris arbeitet. Als Triebfeder seines Handelns bezeichnet Golubtschik selbst einen unbeschreiblichen Ehrgeiz, der ihn auch nach dem Namen seines Vaters streben ließ - das heißt nach Anerkennung durch die Gesellschaft. Dieses hartnäckige, aber vergebliche und demütigende Bemühen wirkt auf seine Persönlichkeit zurück, beeinflußt seine Liebesfähigkeit und stört die Entwicklung seines Selbstbewußtseins.
Am Tag des Ausbruchs des ersten Weltkriegs schlägt er - in einem Anfall von Eifersucht - seinen Halbbruder, auf den er sein Leid zurückführt, und das Pariser Mannequin Lutetia, dem er seit dem Auftrag, einen Pariser Schneider und dessen Mädchen zu beobachten (Waffe in Lutetias Gepäck), hörig ist, nieder.
Erst nach dem Ende es Weltkrieges stellt er fest, daß die Opfer seiner Tat noch am Leben sind und er sich jahrelang fälschlich für einen Doppelmörder gehalten hat. Er sucht Lutetia erneut auf und heiratet sie.
4. Personen:
Golubtschik: Spitzel, ist Lutetia hörig, will wie sein Vater Krapotkin heißen, Haß auf Halbbruder (wird statt ihm von Fürst angenommen), kommt wegen Lutetia in Geldnot, sieht sich als mehrfacher Gefangener, schwebt zwischen seinen Gefühlen
Lakatos: ständiger Begleiter, hinkt, wird mit Teufel verglichen, versucht Golubtschik zu helfen, Fälscher
Lutetia: eitel, schön, anspruchsvoll, streitlustig, Hure
Channa Lea Rifkin: weckt letzten Rest von Golubtschiks Mitgefühl, soll durch ihn nach Rußland ausgeliefert werden
Solowejczyk: Vorgesetzter in Paris, um Golubtschik bemüht, zahlt viel Geld für gute Leistung Golubtschiks (Verrat an Unschuldigen), versteht Augen zu ,,maskieren", gutmütig
5. Interpretation:
Dieser spannende und düster- ironische Roman, den Roth im französischen Exil schrieb, ist eine Parabel auf die Macht des Bösen, auf die Logik von Hybris und Verrat.
Ein Icherzähler vernimmt in einem Pariser Restaurant die Lebensgeschichte des ,,Mörder" Golubtschik aus dessen eigenem Munde. Diese Form der doppelten
Icherzählung soll die Authentizität des Erzählten garantieren. Drei für Roth typische Erzählelemente treffen in diesem Roman aufeinander:
Die Figur des Gescheiterten: ein ehemaliger Spitzel der zaristischen Geheimpolizei Ochrana;
Der von der Umwelt abgeschlossene Raum: Das Restaurant Tari Bari in Paris;
Die bereits überholte historische Epoche: hier die von der ,,Beichte" erfaßte Zeit vor dem 1. Weltkrieg;
Die Golubtschik in den Mund gelegte Erzählung hat mehrere Funktionen, die eine wachsende Erkenntnis menschlicher Geschichte ermöglichen sollen. Zunächst dient sie der Erhellung der Vergangenheit des ,,Mörders".
Diese in der Erzählung vorkommenden Verwicklungen enthüllen - und dies ist die zweite Funktion - einen bestimmten Charakterzug Golubtschiks: Er ist abhängig von autoritärenMächten und Suggestionen. Dadurch erscheint seine Erzählung als ,,Leeres, folgenloses Gerede" (ungefähre Übersetzung des Namens des Restaurants). Darüber hinaus jedoch enthält die Lebensbeichte eine überpersönliche, eine allgemeine Dimension: In ihr spiegelt sich eine Welt, die einem mechanischem Kreislauf von Unterwerfung und Herrschaft ausgeliefert ist, der - in der Seele der Menschen - alle historischen Katastrophen und Veränderungen überdauert hat.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist Joseph Roth?
Joseph Roth wurde 1894 in Brody (Galizien) geboren. Er studierte Philosophie und Literaturwissenschaften in Wien und Lemberg. Er nahm am 1. Weltkrieg teil und arbeitete dann in Berlin. Von 1923 bis 1932 war er Korrespondent der Frankfurter Zeitung. 1933 emigrierte er nach Frankreich und starb 1939 in Paris.
Welche Werke hat Joseph Roth verfasst?
Zu seinen Werken gehören Hotel Savoy, Hiob, Das falsche Gewicht, Die Kapuzinergruft, Radetzkymarsch und Geschichte von der 1002. Nacht.
Worum geht es in dem Text?
Die Gäste des russischen Emigrantenlokals ,,Tari- Bari" in Paris lauschen eine ganze Nacht lang der Lebensgeschichte Semjon Golubtschiks, der sich selbst als Mörder bezeichnet.
Wer ist Semjon Golubtschik?
Semjon Golubtschik verbrachte seine Kindheit in Wolhynien als illegitimer Sohn des Fürsten Krapotkin. Er wird Spitzel der zaristischen Geheimpolizei Ochrana und arbeitet in St. Petersburg und Paris. Er strebt nach Anerkennung durch die Gesellschaft.
Was tut Golubtschik am Tag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs?
In einem Anfall von Eifersucht schlägt er seinen Halbbruder und das Pariser Mannequin Lutetia nieder.
Was geschieht nach dem Ende des Ersten Weltkriegs?
Golubtschik stellt fest, dass seine Opfer noch leben. Er sucht Lutetia erneut auf und heiratet sie.
Wer sind die wichtigsten Personen im Text?
Die wichtigsten Personen sind Golubtschik (Spitzel), Lakatos (Golubtschiks Begleiter), Lutetia (Mannequin), Channa Lea Rifkin und Solowejczyk (Golubtschiks Vorgesetzter).
Welche Eigenschaften hat Golubtschik?
Er ist Spitzel, Lutetia hörig, will wie sein Vater Krapotkin heißen, hasst seinen Halbbruder, kommt wegen Lutetia in Geldnot, sieht sich als mehrfacher Gefangener und schwebt zwischen seinen Gefühlen.
Wer ist Lakatos?
Lakatos ist Golubtschiks ständiger Begleiter, hinkt, wird mit dem Teufel verglichen und versucht Golubtschik zu helfen. Er ist ein Fälscher.
Wie wird Lutetia beschrieben?
Lutetia ist eitel, schön, anspruchsvoll, streitlustig und eine Hure.
Welche Rolle spielt Channa Lea Rifkin?
Channa Lea Rifkin weckt den letzten Rest von Golubtschiks Mitgefühl. Sie soll durch ihn nach Russland ausgeliefert werden.
Was zeichnet Solowejczyk aus?
Solowejczyk ist Golubtschiks Vorgesetzter in Paris, um Golubtschik bemüht und zahlt viel Geld für gute Leistung Golubtschiks (Verrat an Unschuldigen). Er versteht es, Augen zu ,,maskieren" und ist gutmütig.
Wie wird der Text interpretiert?
Der Roman wird als Parabel auf die Macht des Bösen, auf die Logik von Hybris und Verrat interpretiert. Er thematisiert die Figur des Gescheiterten, den von der Umwelt abgeschlossenen Raum und die bereits überholte historische Epoche.
Welche Erzählelemente sind typisch für Roth und treffen in diesem Roman aufeinander?
Die Figur des Gescheiterten, der von der Umwelt abgeschlossene Raum und die bereits überholte historische Epoche.
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- Roman Huditsch (Author), 1998, Roth, Joseph - Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95628