Keno Hellmann:
Bildungsarbeit im Umbruch
Lernen und Weiterbildung als lebenslange Aufgabe
"Entscheidend für die Bewältigung der künftigen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Herausforderungen, für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft sind die vielfältigen Qualifikationen der Bürger unseres Landes." Der rasche Wandel unserer modernen Industriegesellschaft verlangt von uns ständig neue Fertigkeiten und Fähigkeiten. Immer seltener bedeutet der Abschluss einer Ausbildung Berufsfertigkeit; niemand kann sich mehr auf seiner Erstausbildung ausruhen. Wir alle müssen uns darauf einstellen, unser Leben lang zu lernen. Auf diese neuen Herausforderungen muss sich unser gesamtes Bildungssystem noch besser einstellen: Von der Schule über die berufliche Bildung und das Hochschulwesen bis hin zur Weiterbildung. Die unterschiedlichen Bereiche müssen künftig stärker miteinander vernetzt werden. Zu dieser zwangsläufigen Entwicklung haben bereits alle bedeutenden politischen Organe und gesellschaftlichen Interessenverbände Stellung genommen. Im Regierungsprogramm der SPD heißt es z.B.: "Allgemeine und berufliche Bildung, Erstausbildung und Weiterbildung, Schule, berufliche Bildung und Hochschule müssen in ihren wechselseitigen Bezügen noch stärker als Ganzes gesehen werden und dabei durchschaubar und durchlässig bleiben." Auch auf europäischer Ebene wurde die wachsende Bedeutung von Bildung in unserer Gesellschaft bereits vor Jahren klar erkannt.
"Das Europäische Jahr für lebensbegleitendes Lernen, 1996"
Im Oktober 1995 beschloss das Europäische Parlament, das Jahr 1996 zum "Europäischen Jahr für lebensbegleitendes Lernen" zu erklären. Was mit dieser Initiative erreicht werden soll, drückt der Koordinator der Aktion in der Europäischen Kommission, Jimmy Jamar, wie folgt aus: " Es mag erstaunlich erscheinen, dass die Notwendigkeit des fortwährenden Lernens nicht als Selbstverständlichkeit angesehen wird. Insbesondere, da wir seit einigen Jahren eine wahrhafte Explosion des Wissens beobachten. Andererseits aber machen sich immer mehr Europäer Sorgen um ihre Zukunft. Mit unserer Initiative wollen wir ein weites Feld für Diskussionen eröffnen. Unsere Kommunikationsstrategie, einschließlich der Mobilisierung von Instrumenten wie dem Internet, telefonischen Hotlines oder Massenmedien, zielt auf die Förderung eines Gedanken- und Erfahrungsaustausches ab, an dem der Bürger direkt beteiligt ist. Dies ist im Grunde genommen die Zielsetzung dieses Jahres." Mit der Initiative "Jahr des lebensbegleitenden Lernens" versucht die Europäische Kommission also deutlich zu machen, dass die wissenschaftlich- technische Revolution, die Informationsgesellschaft und die Globalisierungstendenzen eine völlige Neuorientierung, insbesondere im Bildungsbereich, erfordern. Die für Forschung, allgemeine und berufliche Bildung zuständige EU- Kommissarin Edith Cresson drückt die Bedeutung des lebenslangen Lernens folgendermaßen aus: "In einer Gesellschaft im Wandel ist die Bildung eine der wichtigsten ‘Versorgungs- und Dienstleistungen’, zu denen der Bürger uneingeschränkt Zugang haben muss." Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass jeder selbst erkennen muss, dass einmal Erlerntes nicht ausreicht, um ein ganzes Arbeitsleben damit bestreiten zu können. Wir alle sind den Veränderungen, welche die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen mit sich bringen, also nur gewachsen, wenn wir die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen mit uns bringen. Lebenslanges Lernen bedeutet aber nicht, ausschließlich auf funktionale Anpassung hin zu lernen, es soll vielmehr und vor allem "Möglichkeiten zur persönlichen Weiterentwicklung und zu selbstverantworteter Lebensgestaltung eröffnen". Eine neue, veränderte Bildungsarbeit, die sich durch Effizienz und Innovation auszeichnet, liefert hierzu einen Rahmen, in dem die Entfaltung der Lernkompetenz als zentrale Aufgabe ermöglicht wird.
Effiziente und innovative Bildungsarbeit
Angesichts der gesellschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Veränderungen und Entwicklungen wird eine Differenzierung und Weiterentwicklung der Erstausbildung immer wichtiger. Der Erwerb neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten wird somit zu einem lebenslangen Prozess. Bildungsarbeit ist aber nur dann effektiv , wenn sie sich zielgerichtet auf die Veränderungen unserer Zeit einstellt. Bedauerlicherweise besteht aber noch immer eine zeitliche Verzögerung von mehreren Jahren zwischen den beschleunigten Innovationprozessen in Gesellschaft und Wirtschaft und dem Transfer von Innovation und Wissen in die Schule. Dies liegt vor allem daran, dass das Bildungswesen längerfristiger Orientierungen bedarf. Daraus entsteht die Forderung, dass Schulen und Weiterbildungseinrichtungen zu offenen, flexiblen und rasch anpassungsfähigen Systemen werden müssen. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil sich die Bildungs- und Qualifikationsanforderungen durch die Dynamik und Komplexität unserer Zeit immer schneller verändern. Vor diesem Hintergrund halten es viele Experten für sinnvoll, eine veränderte Aus- und Weiterbildung an marktwirtschaftlichen Prinzipien zu orientieren. Lehr- und Lernprozesse sollen immer mehr Managementgrundsätzen folgen. "Den unterschiedlichen Bildungsbedürfnissen wie auch der Dynamik der Qualifikationsveränderungen kann in einer hochentwickelten Industriegesellschaft nur in einem nach marktwissenschaftlichen Prinzipien ausgerichteten pluralen Weiterbildungssystem befriedigend entsprochen werden." Schulische Bildungsarbeit als Phase des lebensbegleitenden Lernens muss sich auf die neuen Formen der Arbeitsorganisation einstellen. Sie darf sich den neuen Formen der Bildung und Weiterbildung in der Wirtschaft nicht verschließen. Vielmehr sollte die Schule die Übertragbarkeit außerschulischer Lernformen auf schulisches Lernen überprüfen und diese entsprechend umsetzen.
Die Weiterbildungsgesellschaft
Wie bereits angesprochen, können Berufe in Zukunft nicht unbedingt sofort nach Beendigung der Schulzeit oder der Erstausbildung ergriffen werden. Um die Lücke zwischen Erstausbildung und dem geforderten Qualifikationsprofil zu schließen, bedarf es entsprechender Weiterbildungsangebote. Die gesellschaftliche, wirtschaftliche aber auch die persönliche, individuelle Entwicklung wird in Zukunft wesentlich von der (Weiter- )Bildungsarbeit, deren Qualität, Attraktivität und Effektivität abhängen. Die hohe Bedeutung von Bildung prägt die Gesellschaft entscheidend. Die Dimensionen der Weiterbildung erstrecken sich auf viele Lebensbereiche, einerseits auf Betrieb und Beruf, andererseits aber auch auf Gesellschaft und auf die persönliche Entwicklung des einzelnen. Weiterbildung soll Strategien aufweisen und vermitteln zur Lösung gegenwärtiger Probleme und Beantwortung von Zukunftsfragen. Dies geschieht in kommunikativen Prozessen, welche durch den Bildungsmanager individuell auf die jeweilige Lerngruppe abgestimmt werden und die darüber hinaus ständig weiterentwickelt und neu koordiniert werden müssen. Da dieses permanente, lebenslange Lernen Kennzeichen unserer heutigen Zeit ist, hat sich die Weiterbildung bereits als Markt etabliert. Weiterbildung ist also zum Träger des Fortschritts in allen Bereichen geworden. Sie wird in Zukunft fester Bestandteil unseres Daseins werden. Es ist daher durchaus angebracht, neben der Informations- und Wissensgesellschaft auch von einer "Weiterbildungsgesellschaft" zu sprechen.
Bildung als Managementaufgabe
Aufgabe des Bildungsmanagers ist es auch, die Weiterzubildenden mit Schlüsselqualifikationen vertraut zu machen und diese einzuüben. Zu diesen Qualifikationen gehören Dinge wie Lernen lernen, Teamarbeit, vorausschauend und zusammenh ä ngend denken, planen und handeln und Ein ü bung von Selbstverantwortung. Dabei wird aus aktuellen Situationen heraus gelernt und dementsprechend situativ vom Bildungsmanager moderiert und geführt. Leider werden diese Qualifikationen derzeit nur rückwirkend vermittelt. Besser wäre es, wenn Weiterbildung vorausschauend auf die Schlüsselqualifikationen von morgen vorbereiten würde. Angesichts der Tatsache, dass Weiterbildung zu einer Lebensfrage geworden ist, die sowohl den beruflichen als auch den persönlichen Erfolg maßgeblich mitbestimmt, bedarf es einer systematischen Planung und Durchführung von (Weiter-) Bildung. Dies verlangt dem Bildungsmanager betriebswirtschaftliche, organisatorische und pädagogische Fähigkeiten ab (s. Kap. 4.6). In einer sinnvoll organisierten und effektiv realisierten Bildungsarbeit wird Wissen und Lernen zum Erfolgsfaktor.
Lernen und Wissen als Erfolgsfaktor
Weiterbildung erhält einen immer wichtigeren Stellenwert: Weiterbildung wird zunehmend als "Investition in die Köpfe", als "Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase" verstanden. So stellt die Weiterbildung das wichtigste Instrument dar, um Qualifikationen dem technologischen und arbeitsorganisatorischen Wandel anzupassen. In der heutigen Zeit kommt der Bildung also eine Bedeutung zu, die nicht nur für die persönliche, individuelle Entwicklung, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und der sozialen Institutionen eine Schrittmacherrolle einnimmt. Ferner ist der Grad der Bildung immer stärker ausschlaggebend für das Gelingen sozialer Kommunikation sowohl im privaten als auch im betrieblichen Bereich. Es hat sich in unserer heutigen Gesellschaft aber nicht nur der Stellenwert von Bildung, sondern parallel dazu auch die Gestaltung und Steuerung auf allen Ebenen der Bildungsarbeit drastisch verändert.
Gestaltung, Steuerung und Ebenen von Bildungsarbeit
Angesichts der Tatsache, dass Weiterbildung zu einer (Über-)Lebensfrage geworden ist, bedarf es einer systematischen Planung, Organisation und Steuerung von (Weiter-) Bildungsprozessen. Dies verlangt dem hierfür zuständigen Bildungsmanager neben pädagogischen und organisatorischen auch betriebswirtschaftliche Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. So muss er in der Lage sein: - den Bildungsbedarf zunächst zu ermitteln, Bildungsarbeit in ein den veränderlichen Anforderungen entsprechendes Konzept zu bringen und dabei seine ganze pädagogisch-didaktische Kompetenz einzusetzen. - das vorhandene betriebswirtschaftliche Wissen und die damit verbundenen Führungskompetenzen in die Planung, Organisation, Verwaltung und Finanzierung von Bildungsmaßnahmen einzusetzen. Hauptaufgabe des Bildungsmanagers ist es, den Lernenden im Bildungsprozess zu motivieren, anzuleiten und zu begleiten. Sein Aufgabenfeld bezieht sich auf die folgenden drei Dimensionen, die in gleichwertiger Interdependenz stehen: Objekt- bzw. Sachgestaltung und Steuerung: Diese Dimension umfasst die didaktisch-methodische Gestaltung des Lernstoffs. Vergleichen könnte man dies z.B. mit der Markteinführung eines neuen Produktes oder einer Dienstleistung: Hier müssen neues Wissen, neue Ideen und neue Aktivitäten erarbeitet und umgesetzt werden. Personenbezogene Entwicklung und Qualifizierung: Dies bedeutet, dass der einzelne Mitarbeiter (oder Lehrer) mit technischen oder organisatorischen Neuerungen in einer Firma (oder Schule) vertraut gemacht und entsprechend darauf vorbereitet werden muss, was auch die Vermittlung der dafür erforderlichen Qualifikationen und Fähigkeiten mit einbezieht. Prozessgestaltung und -Steuerung: Diese Dimension umfasst die Aufgabenbereiche: - Pädagogisch-didaktisches Organisieren, Gestalten und Steuern - Pädagogisches, informatives und kommunikatives Führen - Gestalten und Steuern, aber auch die Vernetzung von unternehmerischer und pädagogischer Führung. Neben den angesprochenen Dimensionen vollzieht sich Bildungsarbeit auf den verschiedensten Ebenen: in Seminaren in- und außerhalb des Betriebes, direkt am Arbeitsplatz, in öffentlich getragenen Einrichtungen wie z.B. der Volkshochschule oder aber in privaten Bildungsstätten. Gerade die privaten Bildungsanbieter erfuhren in den letzten Jahren einen stetig wachsenden Zulauf, besonders im Bereich des schulbegleitenden Unterrichts an Nachmittagen und Wochenenden (Einrichtungen wie "Schülerhilfe", "Studienkreis", usw.). Auf diese Vielschichtigkeit und Komplexität der Ebenen, auf denen Bildungsarbeit erfolgen kann, hat die Wirtschaft längst reagiert. Weiterbildung hat sich inzwischen als Markt, ja als Dienstleistungsbranche etabliert. Die Ebenen und Kennzeichen dieses Weiterbildungsmarktes werden im folgenden näher betrachtet.
Der Weiterbildungsmarkt
Weiterbildung wird von nahezu allen Arbeitgebern aber auch von der Schule vorausgesetzt und als Phase des lebenslangen Lernens - und damit gleichzeitig als entscheidender Faktor für beruflichen und persönlichen Erfolg - verstanden. Permanente Weiterbildung ist allein schon deshalb erforderlich, weil sich viele Ausbildungssziele und damit auch die Qualifikationsprofile gewandelt haben und sich ständig wandeln. Fach- und Spezialwissen bleibt zwar unverändert wichtig, gefordert werden aber zusätzliche Schlüsselqualifikationen wie mehr Selbständigkeit und Verantwortlichkeit, mehr Teamgeist, Kooperations- und Kommunikationsbereitschaft, mehr Breitenqualität und Übersichtswissen sowie die Fähigkeit, komplexe Vorgänge und Zusammenhänge zu durchschauen. Diesen Forderungen versucht der Weiterbildungsmarkt mit seinem differenzierten und komplexen Angebot an Antworten und Lösungswegen gerecht zu werden.
Ursachen des Booms in der Weiterbildung
Die spektakuläre Intensivierung betrieblicher und privater Weiterbildung seit Mitte der achtziger Jahre erklärt sich vor allem als Reaktion auf die gewaltigen wirtschaftlichen und technologischen Veränderungen, die in dieser Zeit stattgefunden haben. Kennzeichen dieser Veränderungen waren ( und sind es noch) die Beschleunigung der technischen Innovation in Betrieben, anhaltende Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen, der ungeahnte Ausbau weltweiter Kommunikation sowie die Internationalisierung des Wettbewerbs. Alle diese Faktoren führen zu fortdauernden Anpassungszwängen bei Unternehmen und Mitarbeitern. Aber auch "Eitelkeiten" so mancher Führungskräfte, Statusfragen oder Modetrends speisen die Nachfrage nach Fortbildung in allen ihren Spielarten. Da der technische Fortschritt andauert und menschliche Eitelkeit ein dauerhaftes Phänomen ist, dürfen Weiterbildner auch in Zukunft auf gute Geschäfte hoffen. Vor allem aber auch, weil sie von der Überzeugung der Unternehmen profitieren, "dass diese nur durch Investitionen in das Humankapital im harten internationalen Wettbewerb bestehen können". Anders ausgedrückt heißt das, dass die Qualifikation der Mitarbeiter über die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet. Diese geforderten Qualifikationen können auf verschiedenen Ebenen der Weiterbildung erworben werden. Ein Element des Weiterbildungsangebots stellt die betriebliche Weiterbildung dar.
Betriebliche Weiterbildung
Die betriebliche Weiterbildung ist unabdingbar in einer Gesellschaft, die durch rasanten technologischen Wandel gekennzeichnet ist. Nur wer sich weiterbildet, hat auf dem Arbeitsmarkt Chancen. Und nur Unternehmen, die Aus- und Weiterbildung als sinnvolle Investition erkennen, können dank geschulter Mitarbeiter im Wettbewerb bestehen. Die betriebliche Weiterbildung, sei sie in Form von externen Abendkursen, internen Seminaren oder sonstigen Programmen, muss als fester Bestandteil der Arbeit ins Arbeitsleben (und darüber hinaus auch ins Privatleben) integriert werden. Obwohl diese Integration mit erheblichen Kosten verbunden ist, sparen die Unternehmen im allgemeinen nicht, wenn es um die berufliche Qualifizierung ihrer Mitarbeiter geht. Rund 40 Milliarden Mark hinterlassen sie jährlich in den Kassen der Weiterbildner. In deren reichhaltigem Angebot findet sich alles, was gewünscht wird: von EDV- oder Produktschulungen über Fremdsprachen- und Rhetoriktrainings bis hin zu Seminaren zur richtigen Personalführung und Persönlichkeitsentwicklung.
Kosten und Teilnahmequoten der Weiterbildung
Die Deutschen lassen sich ihre Bildung auch nach Abschluss von Schule, Lehre oder Universität etwas kosten: 20 Milliarden Mark steckt die Nation pro Jahr in die Weiterbildung, wie das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ermittelt hat. Im Durchschnitt kostet in den Betrieben die Schulung pro Beschäftigten 553 Mark im Jahr. Dabei nimmt freilich nicht jeder jedes Jahr an einer organisierten Weiterbildung teil, so dass die Summe für die wirklich Geschulten noch weit über dem statistischen Mittel liegt: Der Bergbau gibt jährlich pro Person 1247 Mark aus, der Maschinenbau an der Spitze sogar 5283 Mark. Führungskräfte kommen besonders häufig in den Genuss von Schulungen: Sie nehmen sechsmal häufiger an betrieblichen Lehrveranstaltungen teil als angelernte Kollegen. Dieses Aufwandsgefälle im betriebliche Ausbildungswesen wird aus den Übersichts-Tabellen unter 5.4 dieser Arbeit ersichtlich. So setzen große Firmen im Rahmen neuer Qualitätskonzepte weniger auf scharfe Produktkontrollen als auf Fortbildung der Arbeiter. Ziel dieser Strategie ist, bereits im Vorfeld die Fehlerquote zu verringern. In Weiterbildungsprogrammen wird versucht, an die Problemzonen der Unternehmen heranzukommen. Aus der darauf folgenden Analyse (im Team oder in Kleingruppen) der jeweiligen Problemsituation ergibt sich der individuelle Schulungsbedarf für den einzelnen Mitarbeiter. Das bedeutet konstruktive Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum hinweg. Wie solche Weiterbildungsmaßnahmen in Unternehmen aussehen, wird im folgenden dargestellt.
Weiterbildungsmaßnahmen in der Praxis
Die amerikanische Autofirma Ford begann schon vor Jahren damit, neben den eigenen Mitarbeitern sogar die Mitarbeiter der Zulieferfirmen zu schulen, um so die Qualität ihrer Fahrzeuge zu verbessern. Anliegen des Unternehmens war es ferner, den Professionalisierungsgrad durch Weiterbildungsmaßnahmen zu erhöhen und den Zulieferern ihre Bedeutung und Wichtigkeit für den gesamten Produktionsprozess zu demonstrieren. In Deutschland jedoch ist laut BIBB"der Professionalisierungsgrad in der betrieblichen Weiterbildung noch nicht sehr hoch. Bei 67% der deutschen Unternehmen gab es 1996 noch keine Personal- oder Qualifikationsanalysen", aus denen man Weiterbildungsmaßnahmen ab- und einleiten könnte. Weiterbildungsmaßnahmen werden aber oft nur gefühlsmäßig konzipiert und werden auf ihren Erfolg hin nur wenig kontrolliert. So werden bei Seminaren am Ende zwar oft Fragebögen ausgeteilt, auf denen die Teilnehmer ankreuzen sollen, wie ihnen die Veranstaltung gefallen hat. Doch ob sie mit dem Gelernten hinterher etwas anfangen können, wird selten überprüft. Andere Beispiele zeigen jedoch, dass sich der Erfolg von Bildungsmaßnahmen durchaus kontrollieren lässt: So begannen die ISPAT Hamburger Stahlwerke vor drei Jahren mit Hilfe von Seminaren damit, die Kommunikation im Unternehmen zu verbessern. Der oft autoritäre Führungsstil nach dem Motto "Ich bin schlau, ihr seid doof" sollte sich ändern. Die Mitarbeiter und Abteilungen sollten ihr Verhältnis untereinander kooperativer gestalten: Zunächst erlernte die Firmenspitze anhand von Rollenspielen und Videoanimationen einen neuen Führungsstil und nach und nach kamen Veranstaltungen für die unteren Ränge der Betriebshierarchie dazu. Inzwischen hat diese Fortbildungswelle absolut alle Beschäftigten dieses Betriebes erreicht. Schichtgruppen treffen sich zu eintägigen Arbeitsgruppen und diskutieren Verbesserungen. Nach einem halben Jahr prüfen sie, ob die beschlossenen Pläne auch wirklich umgesetzt wurden. Über hundert Maßnahmen wurden bisher erarbeitet. So hatten die Schmelzer z.B. sehr oft Schwierigkeiten mit dem Gießbetrieb. Nach Prüfung dieses Problems stellte sich heraus, dass es lediglich an der mangelnden Verständigung mit einer anderen Abteilung lag. Die früheren "Streithähne" haben sich daraufhin zusammengesetzt und das Problem gelöst. Solche Verbesserungen der innerbetrieblichen Kommunikation wirken sich nicht nur in Form eines besseren Betriebsklimas, sondern auch in einer Produktivitätssteigerung und vor allem einer Qualitätsverbesserung der Produkte aus, also in Werten, die sich absolut messen lassen. Im zitierten Fall, der repräsentativ für veranrwortungsbewusstes Firmenmanagement vieler moderner Unternehmen steht, konnte klar nachgewiesen werden, in welch güstigem Verhältnis die finanziellen Investitionen in Schulung, Aus- und Weiterbildung zu der dadurch erzielten Gewinnoptimierung stehen. Die Mercedes Benz AG praktiziert ein sogenanntes "strategisches Bildungscontrolling": Dabei wird systematisch geprüft, wo sich aus festgelegten Zielen des Unternehmens Bildungsbedarf ergibt. Dieser wird dann gezielt angegangen. Es ist also von großer Wichtigkeit für den Erfolg eines Unternehmens, dass es den Bildungsbedarf oder die Qualifikationsdefizite seiner Mitarbeiter erkennt und entsprechende Bildungsmaßnahmen genau plant und durchführt. Immer muss dabei die Verbindung zur Praxis gewährleistet sein. Heute geht der Trend dahin, Mitarbeiter nicht mehr kreuz und quer durch die Republik auf Seminare zu schicken, Bildungsarbeit wird nunmehr zune0
Weiterbildung am PC
In Anbetracht der sinkenden Jahresarbeitszeit beschweren sich immer mehr "Industriebosse" über die immer schwieriger werdende Finanzierung von Weiterbildungsmaßnahmen. Eine kostengünstige Alternative zur Weiterbildungsfinanzierung schlägt der DIHT-Präsident Hans Peter Stihl vor, wenn er die Meinung vertritt, dass "..moderne Kommunikations- und Lernmedien den Weg in die Zukunft ebnen sollen..". Diese Art der Weiterbildung solle in der Freizeit stattfinden. Allerdings haben sich die Mitarbeiter noch nicht daran gewöhnt, selbstgesteuert zu lernen, und schon gar nicht mit digitalen Medien. Ein sehr gutes und motivierendes und zugleich kostengünstiges multimediales Lernmodell bietet z.B. die Robert Bosch AG seinen Mitarbeitern in Stuttgart an: Zu konkurrenzlos günstigen Preisen können dort Angestellte Hard- und Software für das multimediale Lernen erwerben. Inzwischen büffeln die Mitarbeiter den Stoff aus 14.000 CBT-Programmen, die meisten billiger als 100 Mark. Knapp 250 Angebote - PC-Anwendungen zu technischen und betriebswirtschaftlichen Themen - stehen zur Auswahl. Seitdem Bosch seinen Mitarbeitern auch preiswerte Multimedia-PCs zur Verfügung stellen kann, lassen sich die Kosten innerbetrieblicher Weiterbildung minimieren. Dieses Modell der CBT-Partnerschaft bei Bosch entspricht dem Trend des lebenslangen Lernens und der hohen Mit- und Eigenverantwortung des Lernenden. Wie sich die Teilnahmequote für berufliche Weiterbildung auf die verschiedenen Branchen und Berufsgruppen verteilt, wird anhand folgender Übersichten deutlich.
Übersichtstabellen zur Weiterbildung
Ü bersicht 1:
Teilnehmer an beruflicher Weiterbildung je 100 Beschäftigte nach Branchen (Angaben in Prozent)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Reinhold Weiß: "Betriebliche Weiterbildung; Ergebnisse der Weiterbildungserhebung der Wirtschaft", Köln 1994, S. 85
Ü bersicht 2:
Eintritte in Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung und Umschulung der Bundesanstalt für Arbeit (Angaben inTausend)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Grundund Strukturdaten 1995/96; S. 311
- Arbeit zitieren
- Keno Hellmann (Autor:in), 1996, Bildungsarbeit im Umbruch, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95393
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