Gliederung
1.1: Einleitung
1.2: Chronologie der Regimebildung
1.3: Interessenlagen der potentiellen Regimemitglieder
2.1: Die Wirkungen neuer Normen auf das Verhalten der Akteure
2.2:Kulturelle Systemstruktur und rhetorische Interaktion
2.3: Bilaterale Supervenienz in dynamischen Regimen
3: Zusammenfassung
Quellen
1.1 Einleitung
Internationale Regime sind im Staatensystem der heutigen Zeit omnipräsent. Wirtschaftsregime entstehen, trotz anderer, globaler Tendenzen, bevorzugt auf regionaler Ebene, jedenfalls entfalten sie dort ihre größte Integrationswirkung, Sicherheitsregime - mit Ausnahme des Atomwaffensperrvertrages - sind in der Regel auch nicht weltumspannend ausgerichtet, allein das Umweltdilemma unserer Zeit erfordert ein internationales Regime, welches globale Gültigkeit besitzt. Dabei ist es im Umweltbereich enorm schwierig, zu einer gemeinschaftlichen „Erdpolitik“ ( v. Weizsäcker 1994 ) zu kommen, da die Interessenlagen der Staaten sehr stark divergieren. Im Norden, i.e. in den Industrieländern, ist immer noch die Formel „wir brauchen Wirtschaftswachstum um uns den Umweltschutz leisten zu können“ (vgl. Weizsäcker 1994: 206 ) weit verbreitet. Das Geld für den Umweltschutz muß sozusagen erst erwirtschaftet werden. Die globalen Umweltprobleme werden in erster Linie als Effekt der Überbevölkerung im Süden und der mangelnden Technik dort gesehen ( vgl. v. Weizsäcker 1994: 207 ). Die südlichen Entwicklungsländer gehen dagegen nach der Devise „erst Entwicklung, dann Umweltschutz“ (v. Weizsäcker 1994: 206 ) vor. Die Zerstörung der natürlichen Ressourcen ist für sie in erster Linie auf die Verschwendung des Nordens und die daraus resultierende Armut des Südens zurückzuführen ( vgl. v. Weizsäcker 1994: 207 ). Der Norden knüpft aus seiner Sicht rational handelnd den Erlaß von Schulden, falls er politisch unumgänglich ist, an die Rettung „eines Stücks Natur“ im Süden. Im Süden dagegen herrscht die Ansicht vor, die monetären Schulden des Südens seien durch die ökologischen Schulden des Nordens, der einen weit größeren Pro-Kopf Verbrauch an natürlichen Ressourcen aufweist, längst aufgewogen ( vgl. v. Weizsäcker 1994: 202ff. ). Das ist nur eine grobe Skizzierung der Identitäten der staatlichen Akteure im Hinblick auf Erdpolitik. Wie ist hier nun die Entstehung eines Regimes möglich gewesen, daß sich den Verbot der ozonabbauenden FCKWs vorgenommen hat, die doch als Grundlage der chemischen Industrie im Norden enorm zum Wirtschaftswachstum beitrugen und unter deren „Nebenwirkungen“ der Süden jetzt mit leiden muß? Wieso war es möglich, daß sich die Akteure unter dem „Imperativ der weltweiten ökologischen Zusammenarbeit“ zu einem wirksamen Regime mit komplizierten (positiven) Regelungsmechanismen ( vgl. Zürn 1997, Oberthür 1996, Gehring 1995, Kösters 1997 ) zusammenfanden und dieses Regime auch noch ständig verschärft und erweitert wurde? Die Vermutung liegt nahe, daß hier Interessenlagen transformiert worden sind und Normen geschaffen worden sein müssen, welche ihrerseits wiederum Auswirkungen hatten. Diese Zusammenhänge hat der Sozialkonstruktivismus theoretisch beleuchtet und den Zusammenhang zwischen Interaktion und Systemstrukturen, die nicht bloß Machtstrukturen sind, untersucht inklusive deren Rückwirkungen auf die Akteure und ihr Verhalten ( vgl. Wendt 1998 ). Diese Arbeit stellt nun die Frage wie die Entstehung und Entwicklung des angesprochenen Regimes aus konstruktivistischer Perspektive erklärt werden kann. In einem ersten Schritt werde ich das Regime in seiner Entwicklung kurz vorstellen - die Arbeit beschäftigt sich aber nicht mit der genauen Darstellung vertraglicher Bestimmungen - und die Ausgangsbedingungen vorstellen, die ihm in Form einer dilemmaartigen Interessenkonstellation zugrunde lagen. Im zweiten Schritt, der als gedankliche Einheit zu sehen ist, werde ich untersuchen wie es dennoch zur Regimeentstehung kam und dazu zunächst die Wirkung von Normen auf das Akteursverhalten skizzieren. Hier geht die Analyse weitgehend konform mit neofunktionalistischen und institutionalistischen Auffassungen, die Normen ebenfalls eine große Bedeutung beimessen. In der Folge wird die komplexe Bedeutung von kultureller Systemstruktur und rhetorischen Handlungen erläutert und dann der Begriff des „dynamischen Regimes“ und die damit zusammenhängende wechselseitige Konstitution von Interessen und Systemstruktur dargestellt.
1.2 Chronologie des Regimeaufbaus
In Wien wurde 1985 ein Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht geschlossen, das die allgemeinen Prinzipien des Regimes bereits festlegte. Insbesondere verpflichteten sich die Teilnehmer auf wissenschaftlicher Ebene zusammenzuarbeiten, um mehr über das antarktische Ozonloch herauszufinden. Mit dem Montrealer Protokoll von 1987 wurde aus diesem unverbindlichen Rahmen eine feste Übereinkunft mit bestimmten Reduktionszielen: Produktion und Verbrauch von FCKW sollten bis zum Ende des Jahrtausends halbiert, die Nutzung von Halonen ab 1986 eingefroren werden ( vgl. www.unep.org/ozone/treaties.htm). Außerdem wurden bestimmte Substanzen als eindeutig ozonabbauend eingestuft. Zu den Initiatoren des Regimes gehörten vor allem die USA, deren Chemieindustrie in der Entwicklung von Substituten für FCKW relativ weit fortgeschritten war.
Das Montrealer Protokoll in seiner ursprünglichen Form unterzeichneten zunächst allerdings nur 46 Staaten, besonders beunruhigend war die Abstinenz von Indien und China, die durch die Größe ihres Binnenmarktes ein potentiell großer FCKW-Produzent respektive Verbraucher waren. Das Montrealer Protokoll wurde aber durch die Zusatzvereinbarungen von London ( 1990 ) Kopenhagen ( 1992 ), erneut Wien ( 1995 ), wiederum Montreal ( 1997 ) und schließlich Peking ( 1999 ) immer mehr verschärft und erweitert, beziehungsweise im Regelwerk differenziert. So wurde in London und Kopenhagen ein Nord-Süd Ressourcentransfer vereinbart und ein bis heute mit über 850 Millionen US-Dollar ausgestatteter Fonds eingerichtet, um den Entwicklungsländern, die in Art. 5 genau bezeichnet wurden, die Implementierung der Schutzmaßnahmen zu ermöglichen ( vgl. www.unep.org/ozone/treaties.htm ). Durch den Fonds konnte bis 1999 bereits der Verbrauch von 117.000 Tonnen FCKW in den Entwicklungsländern vermieden werden ( v. Baratta 1999: 1271 ).
In den Industrieländern ist heute die FCKW-Produktion genauso wie die von Halonen weitgehend verboten. In den Entwicklungsländern und einigen Schwellenländern darf FCKW noch bis 2010 produziert werden. Als Erfolg der Ozon-Diplomatie ist es zu bewerten, daß bis Januar 2000 172 Staaten das Montrealer Protokoll unterzeichnet haben und immerhin schon 104 das Kopenhagener Zusatzprotokoll. Die Vertragsstaaten nahmen auch sukzessive mehr gefährliche Stoffe, beispielsweise das HFCKW und Methylbromid, die anfangs als Substitute galten, in die Vereinbarung mit auf. Auch die Verwaltung des multilateralen Fonds konnte Schritt für Schritt umgestaltet werden, so daß sie nun paritätisch zwischen Industrie und Entwicklungsländern erfolgt ( seit 1990, vgl. Biermann 1995: 1493ff. ). Die letzte Neuerung zum Ozon-Regime, beschlossen in Peking ( 1999 ), tritt 90 Tage nach der Ratifikation durch mindestens 20 Staaten in Kraft.
1.3 Die Interessenlagen der potentiellen Regimemitglieder
Die meisten staatlichen Akteure waren an Wirtschaftswachstum und dem Schutz der nationalen Industrien interessiert. Außerdem stellten sie nur einen attraktiven Standort für die produzierenden Betriebe dar, wenn man dort möglichst kostengünstig produzieren konnte, und das bedeutet in der Regel ohne allzu viele institutionelle Zwänge. Internationale Umweltregime schwächen in der Regel die Mitglieder als attraktiven Wirtschaftsstandort, weil sie Regeln und Normen für die Produktion bis hin zu Verboten für bestimmte Produktionsverfahren oder Substanzen (à FCKW-Regime) schaffen und deren Einhaltung auch überwacht wird. Das ist für den betroffenen ansässigen Industriezweig meistens kostenträchtig und dem Wirtschaftstandort abträglich, daher auch gegen die Interessen des staatlichen Akteurs, da Wachstum und Produktivität des Staates durch eventuelle Abwanderung der Industrie oder internationale Wettbewerbsnachteile absinken. So müsste es eigentlich, was die internationalen Umweltstandards angeht, zu einer „race to the bottom“ - Logik ( vgl. Zürn 1997: 43) des Regelabbaus kommen. Denn die Interessenkonstellation der staatlichen Akteure, die nach der verbreiteten (neo-)realistischen Annahme als gegeben und außerhalb des Systems stehend zu betrachten ist, läßt in der Frage der Implementation von gemeingültigen, verbindlichen Umweltstandards und Produktionsauflagen keine Kooperation auf internationaler Ebene zu, da ihre objektiven, festgefügten Interessenlagen einfach zu heterogen sind: Die Faktorproduktivität der potentiellen Regimeteilnehmer ist stark unterschiedlich, folglich auch der Anteil an der Entstehung des Problems: Ein Entwicklungsland wie die Philippinen verbraucht pro Kopf lediglich 16 Kg FCKW im Jahr, Deutschland dagegen 450 Kg; die Industrieländer sind für insgesamt 90% des weltweiten FCKW-Verbrauchs verantwortlich ( vgl. v. Weizsäcker 1994: 205 ). Während in den Industrieländern der Schutz der Ozonschicht als ein Problem wahrgenommen wird, das die gesamte Menschheit betrifft ( vgl. Biermann 1995:1492 ), wird in den südlichen Entwicklungsländern das Ozonproblem als ein „rich man´s problem“ betrachtet und das aus plausiblem Grund: Für das Entstehen des Problems ist bis zum Beginn des Regimeprozesses fast ausschließlich die Gesamtheit der Industrieländer Verantwortlich gewesen, die nun aber die Kosten des Umweltschutzes allen Ländern aufbürden will, auch denjenigen, deren Wirtschaft gar nicht von den umweltfeindlichen Produktionsmethoden profitiert hat. Mit anderen Worten, „die Entwicklungsländer sollten aus der FCKW-Konsumption aussteigen, lange bevor sie die wirtschaftlichen Vorteile und persönlichen Annehmlichkeiten des hohen Pro-Kopf-Verbrauchs der Industrieländer genossen hätten“ ( Biermann 1995: 1494 ). Nun kann es allerdings auch nicht das Interesse des Südens sein, „den eigenen Lebensstandard durch die Zerstörung der Ozonschicht zu fördern“ ( Biermann 1995: 1494 ), sondern er war eher an einer kostenneutralen Umstellung der Produktion interessiert, um dann die Produktion wieder auszuweiten. Außerdem bestand für die südlichen Länder die große Gefahr in eine neue strukturelle Abhängigkeit der Industrieländer zu geraten, denn der Norden hätte vom Verkauf der nur dort vorhandenen Ersatztechnologien nach einem Verbot der konventionellen Methoden an den Süden profitiert und seine Wettbewerbsposition weiter gestärkt, was den fundamentalen Interessen der südlichen Länder natürlich zuwiderläuft ( vgl. Biermann 1995: 1496 ). Somit würde der Süden doppelt benachteiligt, da er die vielfältigen FCKW- Anwendungen durch den Norden auszubaden hätte und dann noch in die Abhängigkeit von dessen Chemieindustrie geriete. Die Interessenlage des Südens, vor allem sind hier die Länder mit großem Binnenmarkt gemeint, mußte also so lauten: Die gesamten Kosten der Reduktionspolitik im Süden sind vom Norden zu tragen, und die benötigten Ersatztechnologien müssen kostenfrei vom Norden zur Verfügung gestellt werden ( vgl. Biermann 1995: 1495 ). Denn die Fähigkeit auf veränderte Rahmenbedingungen der Produktion zu reagieren ist aufgrund des unterschiedlichen technologischen Wissensstandes über die Substitution von FCKWs verschieden stark ausgeprägt, ebenso das Maß, in welchen die einheimische Industrie von der Produktion und der Verwendung der fraglichen Produkte abhängig ist; all das führt zu sehr „asymetrischen Interessenintensitäten“ ( vgl. Zürn 1997: 51) an einer Verregelung. Ein Entstehen eines multilateralen Abkommens bedarf als Voraussetzung folglich der Transformation von Interessenprofilen seitens der staatlichen Akteure, besonders der Industriestaaten, was letztlich nur der Konstruktivismus schlüssig erklären kann. Außerdem bietet ein Regime für Nicht-Mitglieder, in denen die neuen Umwelttechnologien noch nicht vorhanden sind einen hohen Anreiz zur Ausnutzung sogenannter free-riding Vorteile also eines Ausscherens aus den rigiden Regelungen, zumal ein solches Verhalten auch verlockend ist, da es die Wettbewerbsfähigkeit der betreffenden Länder gegenüber den Regimemitgliedern stärkt. Obwohl also der Sachverhalt, der Verzicht auf FCKW-Produktion und die Einschränkung seines Verbrauchs, potentiell regelungsbedürftig ist, türmen sich, bei einer Vernachlässigung der konstruktivistischen Perspektive, scheinbar „unüberwindbare strukturelle Barrieren“ ( vgl. Zürn 1997: 43) für die Installierung eines Umweltregimes auf. Die Interessenkonstellationen sind einfach zu kooperationsfeindlich. Überdies bestünde auch kaum Hoffnung auf eine Transformation der Interessenlagen, da diese ja objektiven Charakter hätten und unabhängige Variablen darstellten und die staatlichen Akteure auch davon nicht abrücken würden, bzw. könnten. Staatliche Interaktion könnte die Entstehungsbedingungen eines Regimes nicht positiv verändern, weil die Interessenkonstellation „dilemmaartig“ ( vgl. Zürn 1997: 53) blieben.
2.1 Die Wirkung von neuen Normen auf das Verhalten der Akteure
Um das Zustandekommen eines effektiven Regimes wie dem untersuchten ( vgl. Zürn 1997) dennoch zu erklären muß man statt dessen von subjektiven Interessenprofilen ausgehen und zugestehen, daß dann auch ein „kooperatives Interaktionsergebnis“ ( vgl. Zürn 1997: 52) erreichbar ist. Hier kommt zum Tragen, was A. Wendt schon früher erkannt hat, daß nämlich das internationale System (i.S.) neben seiner materiellen noch eine zweite Struktur besitzt, die Wendt als kulturelle oder intersubjektive Struktur bezeichnet ( vgl. Wendt 1998: 384f). Damit sind Normen, Praktiken und gemeinsames Wissen der Akteure gemeint. Man kann auch von einem Geflecht aus „Ideen, ineinandergreifenden Überzeugungen, Wahrnehmungen und Bedeutungen, die wir Gegenständen beimessen“ ( vgl. Wendt 1998: 385) sprechen. Nach Wendt besitzt nun diese kulturelle Struktur mehr Erklärungskraft für Systemprozesse als die materielle. Im Fall der Entstehung des Ozon-Regimes ist der Strukturwandel tatsächlich auf einen Wandel in dieser intersubjektiven Struktur des Systems zurückzuführen. Die Akteure erweitern hierbei gemeinsam ihren Wissenstand um einen bestimmten Sachverhalt, angeregt von transnationalen Umweltverbänden und Forschern und erweisen sich in dieser Hinsicht als lernfähig ( vgl. Zürn 1997: 52). Es entsteht eine „transnationale Expertengemeinschaft“ ( vgl. Zürn 1997: 52), die zunehmend als Sachauthorität auftritt und den kognitiven Bereich der staatlichen Akteure insgesamt erweitert und zwar in doppelter Hinsicht, sowohl bei den innerstaatlichen Akteuren in der Gesellschaft, als auch bei den staatlichen Akteuren. So wird es für die „Bremser“ der Regimeentwicklung immer schwerer ihre Position zu vertreten, da allgemein akzeptierte, wissenschaftliche Erkenntnisse gegen sie sprechen. Es bildet sich eine transnationale „epistic community“ ( vgl. Zürn 1997: 60) heraus, die über Medien und transnationale Umweltorganisationen ihre Informationen verbreitet, die dann den Boden für neue Normen immer fruchtbarer machen. So schafft also die intersubjektive Struktur des Systems zunehmend eine kooperationsfreundliche Atmosphäre, was dann im Idealfall zu einer „Institutionalisierung von kooperativem Verhalten“ führt (vgl. Zürn 1997: 52). Das wiederum führt dann dazu, daß Normen geschaffenen werden und an Anerkennung gewinnen und dann allein „durch ihre Existenz die Kosten für normabweichendes Verhalten erhöhen“ (Gehring 1995: 211 ), was natürlich auf den Entscheidungsprozeß der Akteure einwirkt. Wenn dann ein Akteur die kooperationsfördernden Normen anerkannt hat, wird er Verhaltensänderungen folgen lassen. Diese Verhaltensänderungen sind auch inzwischen bei allen Regimemitgliedern deutlich zu verzeichnen. Im Sinne des Neofunktionalismus wächst damit die Entscheidungsautonomie der supranationalen Institution in ihrem speziellen Bereich weiter an ( vgl. Bellers 1992: 152 ). Somit ist eine politische Steuerung auf der Internationalen Ebene erreicht worden ( vgl. Oberthür 1996: 10 ). Damit ist natürlich noch keine kollektive Identität (vgl. Wendt 1998: 391) zwischen den Regimemitgliedern geschaffen und diese befinden sich auch noch nicht auf dem Weg zum Internationalstaat. Allerdings haben die Regimemitglieder bereits stillschweigend anerkannt, daß politische Autorität im Umweltbereich nicht in jedem einzelnen Staat zentralisiert sein muß, sondern durchaus von vielen Akteuren gemeinsam ausgeübt werden kann. Somit ist auch das Staatensystem ein kleines Stück weit transformiert worden.( vgl. Wendt 1998: 400f. ). Der Konstruktivismus kann diese Transformation am besten erklären, denn wenn kooperatives Verhalten hinsichtlich eines Problems Zug um Zug normativ festgelegt wird, dann kommt es zu dauernder Interaktion der Akteure und damit können sich nach Wendt (1998) deren Interessen ändern, da sie für ihn im Sinne einer bilateralen Supervenienz ( vgl. Wendt 1998: 384) auch von der Systemstruktur konstituiert werden. So ergibt es sich, daß anfangs nur durch rhetorische Interaktion ( vgl. Wendt 1998: 396 ), indem also staatliche Akteure miteinander über das Problem reden und Forschungsergebnisse oder Medienberichte diskutieren ein gewisser Druck entsteht, neue, zunächst vielleicht unverbindliche Normen zu schaffen, um das Problem einzudämmen. Egoistische (wirtschaftliche) Interessen treten dabei Stück für Stück zurück, ohne freilich zu verschwinden, das Umfeld wird aber andererseits immer kooperationsfreundlicher. Man kann auch mit Zürn ( 1997: 42ff. ) folgern, daß die Verhaltenserwartung im Hinblick auf die anderen Akteure sicherer wird. Außerdem wird bei großer Handlungsinterdependenz wie beim Ozon-Problem durch eine sichere Verhaltenserwartung der Handlungsspielraum der Akteure auf politischer Ebene wie auch der ökonomische Handlungsspielraum der Industrie, bisweilen in Form transnationaler Konzerne, erhöht, denn man kann es sich nun leisten an Substituten zu arbeiten, was Geld kostet, da man sicher sein kann, daß es Konkurrenten auch tun und keinen wirtschaftlichen Vorteil aus einer Weiterverwendung konventioneller Produktion ziehen werden. Im Gegenteil, bei sicherer Verhaltenserwartung überwiegt dann auch der Anreiz, in Zukunft von den jetzt kostenträchtigen Verfahren zu profitieren, weil man vielleicht schon einen Schritt weiter als andere ist oder sogar die gesetzlichen Vorschriften bereits übertrifft ( vgl. v. Weizsäcker 1994: 176ff. ).
Die neuen Normen werden also durch die Aktionen von transnationalen Umweltverbänden und dem ständig wachsenden Wissenstand der „epistemic community“ immer besser akzeptiert und beginnen somit Rückwirkungen auf die Akteursinteressen zu entfalten.
2.2 Kulturelle Systemstruktur und rhetorische Interaktion
Dieser Prozeß, der am Anfang des Ozon-Regimes stand und es allmählich entstehen ließ, könnte mit der rationalistischen Theorie der strukturell bestimmten, ex ante gegebenen Interessenprofile nicht erklärt werden (vgl. Zürn 1997 52). Im Gegenteil, die Schlussfolgerung muß lauten, daß sich die kulturelle Systemstruktur wandelt und somit auf die Interessen zurückwirkt, anstatt daß die unabhängigen Akteursinteressen eine starre, materielle Struktur der Machtverteilung ( vgl. Wendt 1998: 384) festlegen. Nach dem Neo- Institutionalismus sind später dann die Interessen der Akteure eine Funktion der von ihnen geschaffenen politischen Institutionen ( vgl. Zürn 1997: 45). Zunächst aber muß ja klar sein, warum bestimmte Institutionen , also „rules“, von den „players“ überhaupt geschaffen werden, wo sie doch scheinbar deren Interessen zuwiderlaufen. Hier hilft in der Tat das Zurückgreifen auf Wendts Theorie der kulturellen Struktur ( 1998: 384f.) und der Wertekonvergenz (1998: 395ff.). Denn eine Wertekonvergenz wird durch vorausgehendes rhetorisches Agieren eines Akteurs meist befördert, da das rhetorische Handeln meistens darauf ausgerichtet ist, Solidarität zu erzeugen ( vgl. Wendt 1998: 398). Dabei steht der instrumentelle Gehalt der rhetorischen Handlung zur Erreichung des kollektiven Ziels zunächst nicht im Vordergrund ( vgl. Wendt 1998: 398), sondern auf diese Weise soll ein Ziel ausgedrückt oder ein Problem formuliert werden, damit es auf die internationale Tagesordnung gesetzt wird. Treffen zwischen Regimemitgliedern müssen dabei noch nicht immer gleich in konkrete Ergebnisse münden, sondern können auch nur dazu dienen, erst einmal ein gemeinsames Bewußtsein herzustellen, daß alle „im selben Boot sitzen“, oder, mit anderen Worten, eine Schicksalsgemeinschaft bilden, was die Akteure in Wien 1985 auch zu erkennen schienen. In diesem Prozeß des „kollektiven Lernens“ ( Gehring 1995: 210 ) kommt es darauf an die „Anpassungspotentiale der beteiligten Akteure zu aktivieren“, was die „Fortbildung bestehender Interessen erlaubt“ ( Gehring 1995: 210 ). Genau das ist beim Ozon-Regime gelungen. Es gelang aus den „multiplen Loyalitäten“ ( vgl. Wendt 1998: 391), denen sich staatliche Akteure verpflichtet fühlen, diejenigen herauszukristallisieren, welche die Identifikation mit dem Planeten ( i.e. dem Schutz der Ozonschicht ) beinhalten ( vgl. Wendt 1998: 389). Beim Ozon-Regime erkannten die staatlichen Akteure diese Gemeinsamkeit des Schicksals, das sie verband, zugleich war jedem die Ineffektivität eines rein nationalstaatlichen Handelns bewußt. Es hieße aber rhetorisches Handeln miß zu verstehen, wenn man annimmt, es handele sich dabei um Überredungsprozesse besonders an einer Regimebildung interessierter Akteure. Die begonnene Interaktion in einem kooperativen Umfeld führt laut Wendt ( 1998: 391f ) zu einer Neudefinition des „Selbst“ der Akteure, welche die nun gemeinsam mit Gleichgesinnten verfolgten Ziele zunehmend als eigenes Interesse definieren. Sie lernen in der Interaktion voneinander. Die Interessentransformation lag beim Ozon-Regime allerdings unüblicherweise in erster Linie auf Seiten der Industrieländer, die auf viele Forderungen der südlichen Länder eingingen, um sie zum Beitritt zu bewegen. Das geschah in der Hauptsache 1990-92 auf der Londoner beziehungsweise der Kopenhagener Konferenz, wo die Industrieländer einem weitgehenden Finanz- und Technologietransfer in die Entwicklungsländer zusätzlich zu den sowieso schon erbrachten Entwicklungshilfeleistungen zustimmten. Sie gingen also in diesem Punkt absolut nicht nutzenmaximierend vor, sondern hatten im Zuge der Verhandlungen - nicht umsonst werden internationale Regime von Müller ( 1993: 46) als „andauernde, strukturierte Verhandlungsprozesse“ bezeichnet - ein eigenes Interesse an einer „Nord-Süd Gerechtigkeit im Regime“ ( Biermann: 1995: 1500 ) entwickelt und ihre Interessengrundlagen entsprechend modifiziert, sie mindestens aber anders gewichtet. Vielleicht kann man auch bereits davon sprechen, daß der Süden für den Norden in diesem Fall bereits eine kognitive „Erweiterung des Selbst“ ( Wendt 1998: 388ff. ) darstellte, zumindest aber kann man feststellen, daß eine „Identifikation mit dem Schicksal des Anderen“ ( Wendt 1998: 398 ) stattfand und das transnationale Staatensystem auf dem Weg vom Anarchiepol ein gutes Stück in Richtung kollektive Identität unter den Regimemitgliedern vorangekommen ist ( vgl. Wendt 1998: 388ff. ).
2.3 Bilaterale Supervenienz in dynamischen Regimen
Mann erkennt, daß es beim Ozon-Regime zu einer Dynamisierung des Regimes ( vgl. Oberthür 1996: 9ff. ) kam. Anhand des Ozon-Regimes wird nachgewiesen, daß es einen Zusammenhang zwischen der Verhaltensänderung der Akteure, die vom Regime gefordert wird, und deren Interessengrundlagen gibt. Letztere verändern sich nämlich durch diese Verhaltensänderungen mit. Damit haben sich letztlich „die Akteursinteressen modifiziert“ (vgl. Oberthür 1996: 8 ), was genau zur Argumentation Wendts paßt, der ja die Aus- oder Rückwirkungen des Systems auf die Interessen der Akteure unterstreicht. Das Regime wirkt somit auf seine eigenen Entstehungsbedingungen zurück, was Oberthür (1996: 8ff.) als „reflexive Dimension“ des Regimes bezeichnet. Diese Ansicht teilt auch Gehring ( 1995 ), der erkennt, daß „das Regime zum Schutz der Ozonschicht über eigene Stabilisierungsmechanismen verfügt“ ( Gehring 1995: 213 ). Konkret war es beim Ozon- Regime plötzlich der Fall, daß die veranschlagten Verluste durch den Produktionsstopp für manche Länder zu realen Gewinnen wurden, da die Produktion der Ersatzstoffe wirtschaftlicher wurde (vgl. Oberthür 1996: 31). Diese reflexive Dimension des Regimes meint dasselbe, wie das Modell eines „Engelskreises“, wonach sich die Rückwirkungen des Regimes auf die Akteursinteressen und diese Interessen als Entstehungsgrundlage des Regimes gegenseitig verstärken ( vgl. Breitmeier et al. 1993: 168 ). Dieser Prozeß erinnert stark an die wendt´sche Idee der bilateralen Supervenienz zwischen internationalem System und der Identität der Akteure. In beiden Modellen gibt es nur zwei abhängige Variablen, kaum exogenen Antriebskräfte. Alle Handlungszusammenhänge wirken aufeinander ein, die Auswirkungen gehen nicht in eine Richtung. Bestimmte Mitglieder des Ozon-Regimes verschärften in immer schnellerer Folge die Bestimmungen und übten so konstruktiven Druck auf Zauderer aus. Sie hatten die erst kurz vorher institutionalisierten Regeln und Normen bereits internalisiert und als eigenes Interesse definiert. Es kommt nach Wendt ( 1998: 393 ) dabei zu einer Dynamik des externen Kontextes staatlichen Handelns und folglich zu einer dynamisierten Entstehung von kollektiver Identität auf diesem Gebiet; zumindest aber zur Bereitschaft sich etwas ohne eindeutigen Anreiz aufzubürden ( vgl. Wendt 1998: 390 ), d.h. Kosten n Kauf zu nehmen, die durch eine Verschärfung der Regelungen entstehen, weil man darauf bauen kann, daß der andere es auch tun wird.
Die Rückwirkungen des Ozon-Regimes auf die Interessen der Akteure sind auf einer konstruktivistischen Grundlage gut zu erfassen. Dazu werden einige Prozesse quasi schematisch dargestellt. Als das Ozon-Regime 1985 beziehungsweise 1987 entstand, zunächst mit der Festlegung allgemeiner Prinzipien und der Verständigung auf grobe Normen, die noch unverbindlich waren, änderte sich dennoch bereits das Verhalten der Industrie und der Verbraucher, in diesem Stadium allerdings auch aufgrund der massiven Aufklärungsarbeit von Umweltorganisationen und den Medienberichten, welche die alarmierenden Erkenntnisse der Forschung (Haas 1992: 187ff.) verbreiteten. Die Kosten und der Nutzen der Umweltverschmutzung durch FCKW und Halone wurden nun anders, i.e. auf anderer Grundlage kalkuliert. Im Prinzip wirkte das entstehende Regime, sobald eine Rahmenkonvention gefunden war, i.e. ab Wien 1985, auf das Verhalten und die Interessen der gesellschaftlichen Akteure innerhalb eines Staates zurück. Verbraucher verhielten sich umweltbewußter und achteten beim Kauf vermehrt auf FCKW -freie Produkte, transnationale Umweltorganisatoren stellten medienwirksam ignorante Industriebetriebe an den Pranger, die Grundlagenforschung zeigte mehr und mehr kostengünstige Möglichkeiten der FCKW- Substitution auf, so daß sich auch für die Industrie die Kosten eines umweltverträglichen Verhaltens im Sinne der Konvention langsam lohnten. Auch erschien es nun allmählich politisch opportun, die Gefährlichkeit der FCKWs zu brandmarken, nicht zuletzt definierten sich zum Beispiel in Deutschland manche Parteien durch umweltpolitische Ziele. So wurde also durch Interessenwandel auf der sub-nationalen Ebene ein Interessenwandel der staatlichen Akteure mit-initiiert und beschleunigt. Bei den folgenden Verhandlungen spiegelten deren veränderte Positionen durchaus ihre veränderten Interessengrundlagen wider und trieben dadurch auch die weitere Regimeentwicklung voran. Deswegen sollte bei der beschriebenen Reflexivität des Regimes, welches über das Akteursverhalten die Akteursinteressen verändert ( vgl. Oberthür 1996: 15 ) der Hinweis auf die sub-nationale Interessenaggregation nicht unberücksichtigt bleiben.
Die Akteure senken durch ihre Verhaltensänderungen die Kosten für eine Verschärfung der Regeln und technischen Vorschriften auf Regimeebene und ermöglichten damit erst die Nachbesserungen seit dem Montrealer Protokoll 1987. Durch ein ntelligentes Regimedesign ( vgl. Zürn 1997: 43ff.), das durch einen Fonds den Entwicklungsländern eine Chance zur Implementierung der Vorschriften des Regimes gab ohne sie allzu sehr zu benachteiligen, wurden auch die Interessen der Bremser schrittweise verändert. Es erschien ihnen nun vorteilhaft im Verhandlungsprozeß zu bleiben und ihre Kooperation ließ bei ihnen ein eigenes Interesse an der Zusammenarbeit erwachen, da Sanktionen oder Schuldzuweisungen der Avantgarde unter den Regimemitgliedern unterblieben. Die relativ große Verhandlungsmacht der Gruppe der Entwicklungsländer beim Ozon-Regime beruhte jedoch auch auf deren glaubhafter Drohung aus dem Verhandlungsprozeß auszusteigen, falls ihre Interessen nicht ausreichend berücksichtigt würden. Diese latente Austrittsdrohung, beziehungsweise das zögerliche Eintrittsverhalten ( Indien und China erst ab 1990 Mitglied, vorher nur Beobachter) konnten aber nur ihre Wirkung auf die anderen Regimemitglieder entfalten, da diese eine Teilnahme der Entwicklungsländer für wünschenswert hielten ( vgl. Gehring 1995: 207 ). An dieser Stelle zeigt sich erneut, daß die materielle Struktur des i.S.für die erzielten Verhandlungsergebnisse kaum Erklärungskraft besitzt, da ja sonst Staaten der EU und die USA ihre Interessen hätten klar durchsetzen müssen.
Oberthür spricht beim Ozon-Regime von einem „Aufschaukelungsprozeß“ mit einer eigenen Dynamik im Unterschied zu einem rein stabilisierenden „Rückkopplungsprozeß“ der das Regime vorantrieb ( vgl. Oberthür 1996: 34 ). Damit ist gemeint, daß die Akteure von ihren veränderten Interessen und durch neu hinzugewonnenen Aspekte ihrer Identität ( à Schicksalsgemeinschaft, technologische Avantgarde ) „tendenziell eine Anhabung des Regelungsniveaus befürworteten“, beziehungsweise ihre Interessen „über den status quo hinaustrieben “ ( Oberthür 1996: 33f. ). Dadurch konnten in mehreren Stufen die Regelungen verbessert werden und an Effizienz gewinnen, sie trugen dabei ja den geänderten Interessen und Verhaltensweisen der Regimemitglieder Rechnung und spornten durch ihre normative Kraft zur Fortsetzung der Spirale an.
3. Zusammenfassung
Das internationale Regime zum Schutz der Ozonschicht stellt ein gutes Beispiel für gelungenes Regieren im i.S. dar, das durch horizontale Kooperation der staatlichen Akteure ermöglicht wurde und dessen Entstehung mit rationalistischen oder realistischen Theorien nicht ohne weiteres zu erklären wäre. Die Souveränitätsverzichte erfolgten auf einer Basis der Gegenseitigkeit, da die Akteure erkannten, daß nationale Souveränität bei diesem Problem nicht mit der Internationalität der Umweltpolitik kompatibel ist ( vgl. v. Weizsäcker 1994: 214 ). Die Integration erfolgte auch nicht durch wirtschaftliche Zusammenarbeit im Sinne des Neofunktionalismus. Der einfache Satz „form follows function“ kann nicht erklären, warum die Akteure ihre anfangs so unterschiedlichen Interessen derart schnell transformierten und Normen als handlungsleitend angesehen wurden, die wirtschaftlichen Interessen der staatlichen Akteure widersprachen. Vielleicht ist der Konstruktivismus zur Erklärung des Regimes deshalb besonders geeignet, weil er die besonders in Kap. 2.1 dargestellten Wirkungszusammenhänge differenzierter als Neofunktionalismus und Institutionalismus, die hier teilweise auch als Erklärungsmuster dienen könnten, erklärt; es dürfte dem Funktionalismus sicher schwer fallen ein stabiles Regime nur über die Integration im normativ-identitären Bereich zu erklären. Noch dazu kann nicht von „spill-over“ Effekten ausgegangen werden da die Transaktionen zwischen den Regimemitgliedern auch im Zuge der Regimeentstehung nicht wesentlich verstärkt worden sind (→ Kap. 2.2, 2.3 ).
Infolge des Treffens von Wien 1985 kam es unter den staatlichen Akteuren zur Bildung gemeinsamer normativer Erwartungen im Rahmen von Verhandlungen, was der Konstruktivismus am plausibelsten erklären kann, und diese gemeinsamen Erwartungen fanden in der Unterzeichnung des Montrealer Protokolls 1987 ihren Niederschlag. Daß das Regime aber als dynamisches zu bezeichnen ist, zeigte sich in der Folge, als einerseits die Akteure in vorauseilendem Gehorsam die Regeln verschärften, was auf eine Interessentransformation in dieser Hinsicht schließen läßt, andererseits aber durch weitere ( institutionalisierte ) Kommunikation in deren Rahmen die Interessen der südlichen Länder vom Norden anerkannt wurden. Das führte zu der beschriebenen Nord-Süd-Gerechtigkeit, welche dem Regime seit den Treffen von London ( 1990 ) und Kopenhagen ( 1992) zu bescheinigen ist.
„Die Kommunikation zwischen rationalen Egoisten wird zu einem Faktor, der die Rahmenbedingungen nutzenorientierten Handelns beeinflußt“ ( Gehring 1995: 198 ) - so muß man die stetige Weiterentwicklung des Ozonregimes trotz sehr heterogener Interessenlagen bewerten, was letztlich wieder einer konstruktivistischen Erklärung der System- und Interessentransformation in diesem Bereich das Wort redet. Die durch Interaktion auf der Handlungsebene aber gerade auch durch rhetorische Interaktion entstandenen Normen beeinflußten das Verhalten der Akteure wobei der den „sozialen Normen inhärente Mechanismus der Einflußnahme“ ( Gehring 1995: 205 ) ausgenutzt werden konnte. Gerade beim Ozon-Regime ist besonders viel über die kooperationsermöglichenden und im Hinblick auf das gemeinsame Ziel „Schutz der Ozonschicht“ notwendigen Normen geredet worden.
Sicherlich wurden auch partikuläre Interessen einer Gruppe von Akteuren respektiert und ins Regime einbezogen, so daß hier die Beeinflussung in die umgekehrte Richtung verlief.
Letzten Endes aber wurden die Akteure in ihrer Gesamtheit mit „kollektiver Entscheidungsfähigkeit“ ( Gehring 1995: 207 ) ausgestattet. Einwenden kann man allerdings, daß den Entwicklungsländern ihre Kooperationsbereitschaft ein Stück weit abgekauft worden ist, allerdings bezweifelt keines der Industrieländer die Rechtmäßigkeit des Fonds. Besonders Hervorzuheben ist auf jeden Fall die positive Rolle, die transnationale Umweltorganisationen und die sogenannte „epistemic community“ ( Haas 1992) bei der Errichtung des Regimes spielten. Denn so konnten bei den institutionalisierten Verhandlungen die Akteure durch gute Argumentation überzeugt und „zur Neuvermittlung ihrer Präferenzen“ ( Gehring 1995: 208 ) veranlaßt werden.
Die Errichtung des Ozonregimes kann also in seiner Prozeßhaftigkeit sehr überzeugend mit den Theorieansätzen des Konstruktivismus ( Müller 1993, Wendt 1998) in Verbindung gebracht werden, denn in seinen diskursiven Entscheidungsprozessen und der Einsetzung der entsprechenden Normen zeigt sich immer wieder, daß „ Regieren (im i.S., P.M.) zum Prozeß der kollektiven Beeinflussung der Akteursinteressen“ ( Gehring 1995: 216 ) wird.
Quellen
Monographien
Baratta, Mario von ( Hg.) 1999: Der Fischer Weltalmanach 2000. Frankfurt a. Main
Bellers, Jürgen 1993: Integration. In: Woyke, Wichard ( Hg. ): Handwörterbuch internationale Politik. Opladen
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Kösters, Winfried 1997: Umweltpolitik. Themen, Funktionen, Zuständigkeiten. München und Landsberg/Lech
Müller, Harald 1993: Die Chance der Kooperation. Regime in den Internationalen Beziehungen. Darmstadt
Seager, Joni 1993: Der Öko-Atlas. Bonn
Simonis, Udo Ernst 1996: Weltumweltpolitik. Grundriß und Bausteine eines neuen Politikfeldes. Berlin
Weizsäcker, Ernst Ulrich von 1994: Erdpolitik. Ökologische Realpolitik an der Schwelle zum Jahrhundert der Umwelt. Darmstadt
Wendt, Alexander 1998: Der Internationalstaat. Identität und Strukturwandel in der internationalen Politik. In: Beck, Ulrich (Hg.): Perspektiven der Weltgesellschaft. Frankfurt a. Main, S. 381-411
Zeitschriften
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Zürn, Michael 1997:
Internet
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- Arbeit zitieren
- Peter Maurer (Autor:in), 2000, Das internationale Regime zum Schutz der Ozonschicht aus konstruktivistischer Perspektive betrachtet, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/95066
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