Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Passacaglia c-moll (BWV 582) von Bach
2.1 Zum Begriff Passacaglia
2.2 Einordnung der Passacaglia c-moll in Bachs Leben und Werk
2.3 Die Orgel und das Orgelspiel bei Bach
3 Analyse der Passacaglia c-moll (BWV 582)
3.1 Vergleich von Analysen der Passacaglia bei einigen Autoren
3.2 Eigene Analyse
4 Stokowskis Leben und Wirken
4.1 Stokowskis Biographie
4.2 Stokowski und seine Bedeutung für die Musik im 20. Jahrhundert
5 Stokowskis Orchesterfassung von Bachs Passacaglia
5.1 Original und Bearbeitung in der Musikgeschichte
5.2 Analyse von Stokowskis Orchesterfassung
5.3 Vergleich des Originals mit der Bearbeitung
5.4 Weitere Bearbeitungen von Bachs Passacaglia c-moll
6 Kritische Schlußbetrachtung
7 Literatur
7.1 Bibliographie
7.2 Noten
7.3 Diskographie
8 Anhang
Tabelle I : Zuordnung der Instrumente im Passacagliateil
Tabelle II : Zuordnung der Instrumente im Fugenteil
1 Einleitung
Im 19. Jahrhundert begann eine große 'Bachrenaissance' in Europa ("erste Wiederaufführung der Matthäuspassion seit Bachs Tod am 11. März 1829"1 von Felix Mendelssohn Bartholdy), in deren Zuge es nicht nur zur Wiederentdeckung und Aufführung von Bachs Musik und der Musik seiner Zeit, sondern auch zu einer großen Anzahl von Bearbeitungen eben dieser kam. Da es weder zu Bachs Zeiten noch zu Zeiten seiner Wiederentdeckung die Möglichkeit gab, Musik klanglich zu konservieren, änderte sich fortlaufend der Bezug der Menschen zu ihr und die Formen ihrer Wiedergabe. Niemand kann heute mit Sicherheit wissen, wie es geklungen hat, wenn Bach seine eigene Musik dargeboten hat. Dadurch bekam zum Beispiel ein von Liszt interpretiertes Werk Bachs eine 'romantische Note'.
Bis heute hält das Interesse an Bachs Musik an. Neben verschiedenen Interpretationen gibt es auch Versuche, Bachs Musik originalgetreu, teilweise auf Instrumenten seiner Zeit, wiederzugeben. Ein Vertreter dieser authentischen Wiedergabepraxis ist Ton Koopman. Auch gab es immer wieder Versuche, Bachs Musik durch Bearbeitungen populär, also einer breiterenöffentlichkeit zugänglich bzw. verständlich, zu machen. Unter den inzwischen entstandenen Bearbeitungen ist eine häufig auftretende Methode die Uminstrumentierung, wie Stokowski sie in der Toccata und Fuge (BWV 565) oder aber auch in der Passacaglia (BWV 582) vorgenommen hat. Obwohl sich nicht sagen läßt, ob er damit mehr die Musik oder eher seine eigene Popularität fördern wollte, hat er es geschafft, durch seine Orchesterbearbeitungen von Bachs Orgelmusik ein breites Publikum für diese zu gewinnen. Mit der Passacaglia von Bach hat sich Stokowski eine der bedeutendsten Kompositionen unter den Orgelwerken ausgesucht. Er selber war Organist und Bewunderer von Bachs Musik; deshalb ist es interessant zu erfahren, wie er in seiner Bearbeitung mit diesem großen Werk umgeht, daß heißt wie er die Möglichkeiten des Orchesters ausnutzt, um ein barockes Orgelwerk darzustellen.
2 Die Passacaglia c-moll (BWV 582) von Bach
2.1 Zum Begriff Passacaglia
Der Begriff Passacaglia leitet sich von dem spanischen Begriff 'passacalle' ab. Dies bedeutet übersetzt 'durch eine Straße gehen', was dem deutschen 'Gassenhauer' (frz. passe-rue) entspricht. Zu den Zeiten ihrer Entstehung im Spanien des 16. Jahrhunderts handelte es sich zumeist um Gitarrenmusik oder ein "instrumentales Zwischenspiel bei Liedern und Tänzen"2, wobei der spanische 'passacalle' sicher älter ist als sein nachweisbares Auftreten. Er wurde im Freien vorgetragen und hatte ein beschwingtes Tempo, so daß die Menschen dazu tanzen konnten. Der Dreiertakt war hier nicht verpflichtend.
Im Laufe der geschichtlichen Entwicklung wandelte sich der Begriff - zu dem heute in Deutschland gebräuchlichen 'Passacaglia' - und seine Bedeutung. Es handelte sich jedoch immer um eine "variierende Reihung gleichartiger Abschnitte"3. Aber auch die ursprüngliche Form hat sich in Portugal, Kuba und einigen lateinamerikanischen Ländern zum Teil bis heute als Marsch, Zwischenspiel des Bolero oder Tanz erhalten4. Auch in Spanien, Italien und Frankreich blieb die Passacaglia neben ihrer Funktion in der Kunstmusik als Tanz bestehen. Bei der Beschreibung der Passacaglia darf auch die dazu ähnliche Chaconne nicht unberücksichtigt bleiben, da diese beiden Formen sich parallel entwickelten und aufgrund ihrer Gemeinsamkeiten nicht immer klar zu unterscheiden sind.
Heute versteht man unter einer Passacaglia eine Instrumentalmusikform mit ständiger Wiederholung einer melodischen Floskel zum Beispiel als Basso ostinato. Diese Tonfolge im Baß ist im allgemeinen weniger eine eigenständige Melodie, sondern läßt sich aus der Kadenz ableiten. Jedoch tritt in den großen Passacaglien des 18. und 20. Jahrhunderts "dieses Ostinato als geschlossenes, motivisch differenziertes Thema auf"5. Es enthält in vielen Fällen einen absteigenden Tetrachord; dabei endet jede Sektion auf dem Halbschluß (rundläufige Anlage) und schließt erst ganz am Ende das Stückes mit der Tonika ab. Die Passacaglia beginnt oft auftaktig und steht in einer Molltonart. Ihr meist langsames Zeitmaß verleiht ihr einen "gravitätisch-emphatischen Charakter"6. Dagegen steht der Begriff 'Chaconne' für eine Variationsfolge, deren Basso ostinato nicht so streng geführt werden muß wie der einer Passacaglia. Die Chaconne beginnt in der Regel abtaktig, hat einen heiteren Charakter und verwendet meist Durtonarten.
Wie schon oben erwähnt, hat die Passacaglia ihren Ursprung im Spanien des 16. Jahrhunderts, während die Chaconne wahrscheinlich amerikanischer Herkunft ist. Sie wurde dort von Bediensteten getanzt und gesungen7, kam dann aber nach Spanien und lag so in ihrer Entwicklung und Verbreitung über Europa gegenüber der Passacaglia anfangs um einige Jahre zurück.
Noch im 16. Jahrhundert wurde der spanische 'passacalle' als 'passacallo' auch in Italien heimisch. Die aus Spanien kommende 'Gitarren-Passacaglia' wurde dort in Verbindung mit Ostinato-Variationen vorgetragen, welche schon als Tanzbaß-Variationen seit dem 13./14. Jahrhundert als Variationsmodell dienten und sehr populär waren8. Aber auch in der alten Form der Passacaglia war die Variation über ostinaten Bässen bekannt. Einen ersten schriftlichen Nachweis für die Passacaglia in Italien gab es 1606 bei Girolamo Montesardo in einem Stück für Gitarre (Nuova inventione d'intavolatura)9. Er gab in seinen Kompositionen oft ein Ritornell aus mehreren Satzmodellen vor, worüber dann akkordisch improvisiert wurde. Die Passacaglia war hier anfangs zwar ein Instrumentalstück für Gitarre, aber auch einige vokale Passacaglien lassen sich nachweisen.
Typische Rhythmen der 'Gitarren-Passacaglien' im3/4-Takt sind: " [ q q q [ oder [ q q. e [ oder [ q. e q [ "[10 ].
Die weitere Entwicklung der Passacaglia im 17. Jahrhundert vollzog sich hauptsächlich in Italien und Frankreich. In Spanien entwickelte sich wie in Italien die Variations-Passacaglia und blieb seit 1640 als Tanz erhalten. Sie wies dort weder ein strenges Basso ostinato auf, noch war sie auf einen Dreiertakt fixiert, sondern war in der Form frei und behielt in den Variationen nur ihr harmonisches Gerüst und die Metrik bei.
In Italien trat die Passacaglia auch schon bei Claudio Zuan Antonio Monteverdi (1567-1643) auf, der Ostinatobässe mit diatonisch oder chromatisch fallendem Tetrachord in der Variations-Passacaglia verwendete11. Hier gab es sie auch in der Vokalmusik. Girolamo Frescobaldi (1583-1643) griff dagegen auf alte Tanzbässe zurück und übertrug die Passacaglia auch auf Tasteninstrumente, wo sie oft Bestandteil von Suiten und anderen musikalischen Formen war. Er vollendete auch den Schritt von der 'Gitarren-Passacaglia' zur 'Variations-Passacaglia' in den "Partite sopra Passacaglia (1627)"12. Ihre Merkmale sind ein kurzes zwei- bis viertaktiges "konstantes akkordisches harmonisches Gerüst"13, meist im Dreiertakt, über welchem improvisiert wurde. Im Gegensatz zur Chaconne, die auch über die Gitarrenmusik gleichzeitig nach Italien und Frankreich kam, hat die Passacaglia kein streng geführtes Basso ostinato und ist auch freier in ihrer Metrik. Sie hat einen ruhigen Charakter und steht in einer Dur- oder Molltonart, während die Chaconne auf die Durtonalität - in der dreiteiligen Form oft mit Moll-Mittelteil - und den Dreiertakt festgelegt ist. Deren einfaches harmonisches Gerüst ist auf der Kadenz I-VI-V-(I) - bei der Passacaglia I-IV-V-(I) - aufgebaut14. Später orientiert sich die Chaconne in Italien stärker am Ostinato-Prinzip. Frescobaldi hat in seinen Kompositionen offenbar zwischen Passacaglia und Chaconne unterschieden. Diese Unterscheidung findet sich am deutlichsten im Rhythmus wieder (Passacaglia: [ h h. q [ , Chaconne: [ h h q. e [ )[15 ].
Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts findet man die Passacaglia um 1655 bei Biagio Marini (1597-1665) und um 1666 bei Giovanni Battista Vitali (1632-1692) auch in der Streicher-Musik16.
In Frankreich war die Passacaglia unter dem Namen 'passacaille' seit 1614 nachzuweisen. Hier war sie zuerst ein "kurzer variationsloser Tanzsatz"17 mit dem charakteristischen Rhythmus, [ q q. e [ , im Dreiertakt.
Schon diese Frühform hatte ein konstantes harmonisches Gerüst und bevorzugte den Dreiertakt in ruhigem Zeitmaß18. Louis Couperin (1626-1661) verband in Frankreich die 'Instrumental-Passacaglia' mit dem Rondeau, wobei die Couplets und der Refrain oft denselben oder einen ähnlichen Baß hatten. Dadurch kam es zur Annäherung an die 'Variations-Passacaglia'. Neben dieser Passacaglia als Formteil von Arien und Tänzen gab es sie bald auch als selbständige Ostinatoreihe19. Im Gegensatz zur Chaconne wies die Passacaglia in Frankreich eine höhere Baßkonstanz und ein ruhiges Tempo auf und verwendete ein harmonisches Gerüst, welches auf einer Kadenz aufgebaut war. Ein besonderes Merkmal der französischen Passacaglia ist neben dem Rondoprinzip jedoch die "paarweise periodische Gliederung"20 der Sätze; das bedeutete, daß je zwei Sätze zu einer übergeordneten Sektion zusammengefaßt wurden.
Die Chaconne wurde hier ebenso wie in Italien von Komponisten weitaus häufiger benutzt, wobei die Begriffe Passacaglia und Chaconne schon seitens der Komponisten nicht immer klar verwendet wurden und teilweise austauschbar waren (Louis Couperin: Chaconne ou Passacaglia).
In Frankreich wurde die Chaconne trotz ihrer Herkunft wie auch zuvor die Passacaglia Bestandteil des 'Ballet de cour' und nach dem Vorbild der frühen spanischen Chaconne, jedoch in größeren Dimensionen, verwendet. Hier stand das Ostinato etwas zurück, und es wurden meist akkordische Gerüste variiert. Schon vor der Passacaglia bestand hier die Verbindung zwischen Chaconne und Rondeau.
In Deutschland wurden sowohl die italienische Form der Passacaglia (Johann Kaspar Kerll [1627-1693], Johann Philipp Krieger [1649-1725]), in der nur das Harmoniegerüst wiederholt wurde, als auch die französische in Italien mit der Chaconne verbundene Ostinato-Form (Johann Kaspar Ferdinand Fischer [~1665-1746], Johann Joseph Fux [1660-1741]), die häufig in Verbindung mit dem Rondeau stand, seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts angewandt. Dabei überwog in Deutschland die Passacaglia mit Basso ostinato, also die französische Form. Sie unterschied sich durch ihren ruhigen Charakter und die Molltonalität von der Chaconne. Aber es kam besonders hier zu einem Verwischen der beiden Stile. In beiden wurde oft der fallende Tetrachord genutzt. Das vorwiegend strenge Ostinato in den Werken von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644-1704), Dietrich Buxtehude (1637-1707) und Johann Sebastian Bach (1685-1750) weist aber nach Frankreich21.
Auch in England wurden Variationsreihen, die sogenannten 'grounds', schon komponiert, bevor die ersten Passacaglien ins Land kamen. Während Henry Purcell (1659-1695) noch den Typ mit Basso ostinato bevorzugte, benutzt Händel (1685-1759) sowohl die italienische (Schlußstück der Klaviersuite in g) als auch die französische Form (Rodrigo-Passacaille)22. Mit Ende der Generalbaßzeit verschwand auch der Begriff Passacaglia weitgehend aus der Musik23. Jedoch wurden auch nach 1750 passacagliaähnliche Stücke komponiert, welche jedoch nicht diese Bezeichnung erhielten. Andererseits wiesen so benannte Stücke kaum noch Ähnlichkeiten mit den Formen von Chaconne und Passacaglia auf.
Eine Renaissance erlebten die alten Formen im auslaufenden 19. Jahrhundert zuerst in der Orgel- und Klaviermusik von Max Reger (1873-1916) in op.63 Nr.6, op.96, op.127 und später bei Paul Hindemith (1895-1963).
Wie die meisten ihrer Zeitgenossen orientierten sie sich an der Passacaglia von Bach mit ihrem ostinaten Baß. Dadurch kam es zu der nicht korrekten Auffassung, der Basso ostinato müsse am Anfang einer Passacaglia oder Chaconne allein erklingen24. Dies war zu Bachs Zeiten aber eine Ausnahme (z.B.: Benedetto Marcello [1686-1739], Ciacona in C-Dur mit 110 Variationen).
Bei der atonalen Musik übernahmen Kunstformen wie die Passacaglia die formgebende Funktion, da Harmonik und Melodik ihren formgebenden Charakter verlieren. Dies erklärt auch die häufige Verwendung der Passacaglia und anderen Ostinato-Formen in unserem Jahrhundert.
Einige Komponisten versuchten auch, die Passacaglia dem "aktuellen Stand des Komponierens" anzupassen, was zu einer "Ablösung vom ursprünglichen Formbegriff"25 führte.
Tab. 1 :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2 Einordnung der Passacaglia c-moll in Bachs Leben und Werk
Die Entstehungszeit von Bachs Passacaglia ist bis heute nicht genau festgestellt, da nur Kopien, die zwar den Zeitraum nach hinten abgrenzen, aber kein Autograph Bachs, der den eigentlichen Zeitpunkt der Entstehung bezeugen würde, erhalten sind. So besteht nicht nur Uneinigkeit darüber, in welchem genauen Jahr Bach die Passacaglia geschrieben hat, sondern es gibt sogar sehr unterschiedliche Meinungen in der Frage, welcher Schaffensperiode Bachs dieses Werk zuzuordnen ist. Dabei begründen die Vertreter der Meinung, die Passacaglia sei später entstanden, dieses mit Bachs großer technischer Meisterschaft in dem Werk.
Diejenigen, die glauben, es sei schon früher entstanden, begründen dies unter anderem damit, daß Johann Sebastian Bach nach seiner Weimarer Zeit bis 1717 als Organist am Hofe von Herzog Wilhelm Ernst nie wieder einen Organistenposten bekleidet habe. Welcher Zeitraum ist hierbei nun mit 'früh' oder 'spät' gemeint ? Dazu möchte ich die für die Frage der Entstehungszeit relevanten Lebensabschnitte Bachs, insbesondere die Jahre zwischen 170626 und 172327, einen Zeitraum von 18 Jahren, in welchem irgendwann die Passacaglia geschrieben wurde, und sein Schaffen während dieser Zeit darstellen. Im Jahre 1700 im Alter von 15 Jahren wurde Johann Sebastian Bach Internatsschüler an der Michaelisschule in Lüneburg. Er begann hier als Diskantist und war Mettensänger im Kloster. Nach seinem bald einsetzenden Stimmbruch mußte sich Bach eine neue Aufgabe suchen. Er fand sie als Instrumentalist - Violinist, Klavier- und Orgelspieler - am Michaeliskloster. Dadurch wurde er auch zum Mettenschüler und bekam Unterricht in Rhetorik, Logik, Latein, Griechisch, Religion nach der orthodoxen Lehre und - am bedeutendsten für ihn - Französisch. Viel wichtiger aber noch war, daß der junge Bach in der gut ausgestatteten Bibliothek der Schule Gelegenheit hatte, sich über die Musik, die Musikgeschichte seit 1555 und über die verschiedenen Stile zu informieren28.
1701 unternahm er eine Reise nach Hamburg, wo er wahrscheinlich bei seinem Vetter Johann Ernst Bach (1683-1739), dem Sohn von Johann Christoph Bach (1642-1703), untergekommen war. In Hamburg lernte er neben Johann Adam Reinken (1623-1722), dem Organisten an der Katharinenkirche, auch Vincent Lübeck (1654/56-1740), Organist der Nikolaikirche, kennen. Beide waren zu ihrer Zeit bedeutende Vertreter des norddeutschen Orgelstils, welcher sich durch ein formelles Zerfließen, "technische Gewandtheit, geistreiche Anmut und ein Gefallen an seinen Klangwirkungen"29 auszeichnete.
Eine weitere Reise während seiner Lüneburger Zeit führte Bach nach Celle. Dort wurde er mit dem französischen Stil konfrontiert, der dort eine Hochburg hatte. Bei Thomas de la Selle, einem Schüler Jean Baptiste Lullys (1632-1687), lernte er französische Tanzmusiken, Sonaten und Konzerte kennen und studierte und kopierte Werke französischer Komponisten. Besonders interessierte er sich für die Klaviermusik von François Couperin le Grand (1668- 1733)30.
Zurück in Lüneburg erhielt er beim Organisten Georg Böhm (1661-1733), der wie Bach aus Thüringen stammte und einen starken Einfluß auf ihn und seine Musik hatte, häufig Gelegenheit, auf der Orgel der Johanniskirche zu spielen. Er betrieb Orgelstudien und beschäftigte sich auch intensiv mit dem Orgelbau, so daß er schon bald einen Ruf als Orgelsachverständiger hatte. Mit 17 Jahren verließ er die Michaelisschule, und es stellte sich die Frage nach einem Studium; jedoch mußte Bach wegen Geldmangels darauf verzichten und bewarb sich statt dessen in Arnstadt um die Stellung als Organist. Dort war jedoch der Neubau der Orgel noch nicht abgeschlossen, und so verweilte Bach vorerst von April bis Juli 1703 als Geiger und Bratscher bei Prinz Johann Ernst dem Älteren von Weimar, einem Bruder des Fürsten, Herzog Wilhelm Ernst. In diesem Kammerorchester stand besonders die italienische Instrumentalmusik im Vordergrund31. Nach Fertigstellung der Arnstädter Orgel sollte er diese begutachten und gab bei dieser Gelegenheit gleich einöffentliches Konzert. Das dortige Konsistorium war derartig begeistert, daß Bach sofort, zum 14.08.1703, eingestellt wurde.
Die Bedingungen waren für ihn sehr günstig. Er hatte nur wenige Verpflichtungen - nur dreimal pro Woche mußte er die Orgel erklingen lassen - und bekam ein Gehalt (84 Gülden), welches das seines Vorgängers, Andreas Börner (30 Gülden), erheblich übertraf32. Später kam zu Bachs Aufgaben noch die Leitung eines kleinen Schülerchores; außerdem spielte er die Violine im Orchester.
Auch in Arnstadt packte Bach die Reiselust. Diesmal war sein Ziel Lübeck, wo Buxtehude, von dem er während seiner Hamburgreise viel gehört hatte, seit 1668 als Organist in der Marienkirche tätig war. Dazu bat er im Oktober 1705 um einen vierwöchigen Urlaub, den er auch zugesprochen bekam.
Bach hätte auch die Möglichkeit gehabt, nach Nürnberg zu Johann Pachelbel (1653-1706) zu fahren, jedoch versprach er sich aus der süddeutschen Schule keine neuen Erkenntnisse, die nicht auch schon in Mitteldeutschland übernommen waren. In Lübeck dagegen konnte Bach einen der bedeutendsten Vertreter der norddeutschen Orgelschule, Dietrich Buxtehude, bei seinen inzwischen weithin berühmten vorweihnachtlichen Abendmusiken erleben, die an den fünf Sonntagen vor Weihnachten stattfanden.
Buxtehudes Stellung war eine der besten in ganz Deutschland, und er hatte "ein Orgelwerk von bedeutendem Umfange"33 zur Verfügung. Bach war von der vollendeten, prächtigen Musik begeistert und eignete sich den norddeutschen Stil an34. Als sein Urlaub vorbei war, kehrte er noch lange nicht nach Arnstadt zurück, denn schließlich war er die 400 km nach Lübeck zu Fuß gegangen und fühlte sich dort wegen der Möglichkeiten, die er hatte, um Neues zu lernen, sehr wohl. Zwischen Bach und Buxtehude entwickelte sich eine Freundschaft, und Buxtehude schlug den jugendlichen Bewunderer als seinen Nachfolger vor. Zuvor hätte er jedoch, wie damals üblich, Buxtehudes älteste Tochter, Anna Margaretha (*1669), heiraten müssen. Bach lehnte - genauso wie Händel und Mattheson, die zwei Jahre zuvor dasselbe Angebot erhielten - ab und kehrte nach Arnstadt zurück.
In Arnstadt hatte er wegen seines eigenmächtig verlängerten Urlaubs aber besonders auch wegen anderer Provokationen seinerseits35 und seinem neuen Musizierstil, den er sich in Lübeck angeeignet hatte, ständig Ärger mit dem Konsistorium36. Außerdem kam Bach mit seinem Chor und der fehlenden Disziplin der Schüler nicht zurecht.
Im Frühjahr 1707 bewarb er sich um den Posten des Organisten an der Mühlhausener St. Blasiuskirche. Dort wurde er voller Begeisterung aufgenommen und erhielt sogar ein noch höheres Gehalt als in Arnstadt. Am 17.10.1707 heiratete Bach seine Cousine Maria Barbara Bach.
In Mühlhausen, dessen guter musikalischer Ruf zu dieser Zeit weithin bekannt war, kam Bachs schöpferische Tätigkeit zu einen Höhepunkt. Obwohl er vertraglich nur an Sonn- und Feiertagen zum Orgeln verpflichtet war, übernahm er bald die ganze Kirchenmusik. Für die Orgel, die erst vor kurzem überarbeitet worden war, reichte er Konstruktionspläne zu einer erneuten Ausbesserung ein, wobei er zusätzlich ein Pedalglockenspiel einbauen lassen wollte. Der Stadtrat war derart überzeugt von Bachs Fähigkeiten, daß ihm die Leitung bei dieser Arbeit anvertraut wurde. Zu den bis heute erhaltenen Plänen äußert sich Spitta: "Bachs Entwurf ist ein Zeugnis meisterwürdiger Einsicht in die Technik des Orgelbaues, und auch durch seine originelle kunstbegeisterte Ausdrucksweise sehr interessant."37 Leider verlief der Aufenthalt in Mühlhausen für Bach nicht so ungetrübt, wie er begonnen hatte. Grund dafür war ein Streit in der Gemeinde zwischen Pietisten (Pastor Frohne, St. Blasiuskirche) und lutherisch orthodoxen Christen (Pastor Eilmar, St. Marienkirche). In diesem Streit stand Bach klar auf der Seite der Lutheraner; denn er hatte nicht nur ein freundschaftliches Verhältnis zu Pastor Eilmar, sondern bekam auch Schwierigkeiten im Umgang mit den musikfeindlichen Pietisten38. Er bat deswegen um seine Entlassung, noch bevor der Umbau der Orgel fertiggestellt war, und erhielt diese auch unter der Bedingung des Rates, die Arbeit an der Orgel - sie wurde erst 1709 beendet - auch weiterhin zu überwachen, wozu Bach sich auch gerne bereit erklärte.
In Weimar war gerade die Stelle des Organisten frei geworden und auch hier konnte er mit seinem Orgelspiel begeistern. Zudem war der dortige Herzog Wilhelm Ernst von SachsenAnhalt, der dort seit 1683 regierte, wie Bach ein orthodoxer Lutheraner, und ihm war genau wie Bach viel an der geistlichen Musik gelegen.
Bach wurde mit einem Gehalt von anfangs 156 Gülden - nach 1714 stieg es auf über 225 Gülden - als Hoforganist und als Kammermusiker eingestellt. Später war er auch noch Konzertmeister im Kammerorchester.
Zur selben Zeit war Bachs Cousin, Johann Gottfried Walther (1684-1748), als Organist an der Stadtkirche tätig. Beide waren befreundet und tauschten sich rege aus. Dies änderte sich später wahrscheinlich, so daß Bach von Walther in dessen Musiklexikon, dem ersten großen deutschsprachigen dieser Art, nur beiläufig erwähnt wird39. Auch in Weimar fand Bach nicht die für seine Zwecke ideale Orgel vor. Die Schloßkirche konnte zwar mit ihrem Pedal überzeugen, war aber insgesamt recht klein; dagegen war die Stadtkirche reich mit Manualregistern ausgestattet. Wenigstens bekam Bach nach einem Umbau hier endlich ein Pedalglockenspiel an seine Orgel.
Während dieser neun Jahre in Weimar, die wohl "die Zeit seiner glänzensten Wirksamkeit als Orgelspieler und Orgelkomponist"40 gewesen ist, schrieb Bach die meisten seiner Orgelstücke. Sein Ruf als Orgelvirtuose breitete sich auch wegen seiner vielen Reisen, die er meist im Herbst machte, über Mittel- und Norddeutschland hinaus aus. Am Hofe hatte er viele Freiheiten, so daß er unter anderem auch viel Zeit hatte, sich mit dem italienischen Stil und der italienischen Kammermusik zu befassen, die auch Walther verehrte. Er kopierte zahlreiche Werke italienischer Komponisten und übertrug sogar drei Streichkonzerte Vivaldis auf die Orgel41. Weiteren Kontakt mit dem italienischen Stil bekam er auf einer seiner Reisen, die ihn 1714 nach Kassel an den Hof von Erbprinz Friedrich führte, der sich von Bachs virtuosem Pedalspiel derart begeistert zeigte, daß er ihm einen edelsteinbesetzten Ring schenkte. 1732 reiste Bach zum Zweck einer Orgelabnahme erneut nach Kassel.
Im Herbst 1713 war Bach schon in Halle gewesen, wo gerade ein "Orgelwerk mit 63 klingenden Stimmen"42 - eine Orgel, wie Bach sie sich immer gewünscht hatte - gebaut wurde. Die Gelegenheit hatte er gleich genutzt, um sich auch dort zu bewerben. Eigens dafür komponierte Bach während seines Aufenthalts in Halle eine Kantate und führte sie auf. Im Dezember bekam er dann eine Vokation, welche er aber letztendlich ablehnte. Ostern 1716 führte er in Halle die Orgelprüfung - es war eine der größten Orgeln in ganz Deutschland - durch.
Die letzte Reise während seiner Anstellung in Weimar - schon im August 1717 nahm er eine neue Stelle in Köthen an - führte ihn im September 1717 nach Dresden. Am Hofe von Friedrich August II, einem Anhänger der französischen Kunst, kam es zu dem berühmten musikalischen Duell zwischen Bach und Louis Marchand (1669-1732), dem königlichen Organisten in Paris, der sich zufällig auch gerade in Dresden aufhielt. Bach, von Anhängern seiner Kunst überredet, forderte Marchand schriftlich zu einem musikalischen Wettbewerb, nachdem er Gelegenheit hatte, diesem heimlich zuzuhören. Marchand nahm an, war aber am entscheidenden Tage heimlich abgereist. Bach gab alleine ein Konzert, welches nicht nur seinen, sondern auch den Ruhm der deutschen Musik gegenüber der französischen steigerte43. Mit Ende seiner Beschäftigung in Weimar beendete er für immer seine offizielle Organistentätigkeit. Jedoch hatte er auch später noch viel Gelegenheit, auf Orgeln zu spielen und für die Orgel zu komponieren. Und er wurde auch immer wieder als Sachverständiger zu Orgelprüfungen berufen, so auch auf seiner ersten Reise aus Köthen im Dezember 1717, die ihn nach Leipzig führte. Dort hatte Johann Scheibe (1680-1748) gerade seine Arbeit an der Orgel der Paulinerkirche vollendet. Bach äußerte sich über dessen Arbeit sehr wohlwollend. An dem kleinen Köthener Hof - Bach war mit Fürst Leopold von Anhalt-Köthen befreundet - beschränkte sich seine Aufgabe auf die Kammermusik. Obwohl er an keiner der drei Köthener Kirchen Organist wurde, fühlte er sich dennoch sehr wohl. Den Kontakt zuröffentlichkeit, der ihm am Hof verwehrt war, hielt er durch seine Reisen aufrecht. Im Herbst 1719 reiste Bach nach Halle, um den dort gerade anwesenden Georg Friedrich Händel zu besuchen. Sie verpaßten sich jedoch um einen Tag. Auch alle weiteren Versuche, ein Treffen der beiden bedeutenden Musiker herbeizuführen, blieben erfolglos. So konnte es auch nie zu einem direkten musikalischen Wettstreit der beiden kommen. Obwohl Händel Italien besucht hatte und in London lebte, ist es doch Bach gewesen, der "universal im Zusammenfassen aller Musikformen der damaligen Kulturvölker"44 war. Während seiner Hamburgreise im November 1720 traf Bach noch einmal auf den inzwischen 97jährigen Reinken, der trotz seines hohen Alters noch Organist an der Hamburger Katharinenkirche war. Bach gab dort ein mehrstündiges Konzert, in welchem er unter anderem auch über den Choral »An Wasserflüssen Babylon« im Stil der norddeutschen Meister improvisierte, so daß ihn Reinken nach diesem Konzert mit den Worten: "Ich dachte, diese Kunst wäre ausgestorben; ich sehe aber, daß sie in Ihnen noch lebt."45 beglückwünschte. Zufällig wurde in diesen Tagen durch den Tod des dortigen Organisten die Stelle an der Hamburger Jakobikirche frei, in welcher eine viermanualige Schnitgerorgel, deren Werk noch größer war als das der Orgel in der Katharinenkirche, stand, um dessen Stelle sich Bach umgehend bewarb. Diese Stelle - zurück in der Kirchenmusik und einen Arbeitsplatz an einer Orgel, die seinen hohen Ansprüchen genügte - wäre für ihn nahezu ideal gewesen; nur leider mußte er noch vor dem festgelegten Vorspieltermin, zu dem sich noch sieben andere Bewerber gemeldet hatten, wieder zurück nach Köthen.
Nach mehreren persönlichen Schicksalsschlägen und Unstimmigkeiten am Hofe wechselte Bach im Mai 1723 nach Leipzig.
Einige seiner großen Orgelwerke, besonders Orgelchoräle, schrieb Johann Sebastian Bach schon in Lüneburg und Arnstadt. Seine überlegenen spielerischen und kompositorischen Fähigkeiten reiften jedoch erst nach den Treffen mit den norddeutschen Orgelmeistern, Reinken, Lübeck und Buxtehude, so daß er daraufhin in Weimar die größte Zahl seiner Orgelwerke - neben Orgelchorälen und Präludien mit Fuge auch freie Orgelwerke - komponierte. In der darauffolgenden Köthener Zeit nahm diese Tätigkeit deutlich ab. Die Frage der Entstehungszeit der Passacaglia läßt sich aber sicher nicht mit statistischen Daten beantworten, denn zum einen brauchte Bach nicht unbedingt eine Orgel oder gar eine, die seinen hohen Ansprüchen genügte, um dieses Stück zu komponieren (Bach übte sogar mit seinen Schülern, ohne Instrument im Kopf zu komponieren.), und zum anderen besteht sicherlich die Möglichkeit, daß die Komposition der Passacaglia zu einem besonderen Anlaß geschaffen wurde.
Hier legt sich Gunther Hoffmann46 sogar auf einen Termin fest. Er ist der Meinung, die Passacaglia, deren französischer Einfluß unverkennbar ist, sei zum Anlaß des Wettstreits mit Louis Marchand im Jahre 1717 entstanden, dem Bach dadurch seine Hochachtung darbieten wollte. Dies bleibt aber, da Hoffmann keine näheren Anhaltspunkte dafür angibt, reine Spekulation.
Den spätesten Zeitpunkt für die mögliche Entstehung dieses Werkes nennt Hermann Keller47. Er ist der Meinung, die Passacaglia sei erst in den späten Köthener Jahren entstanden, und gibt als Begründung die wenig überzeugende Verallgemeinerung an, daß "alle Variationswerke (außer Choralpartiten) in Cöthen oder Leipzig entstanden" seien. Während Albert Schweitzer48 und Philipp Spitta49 sie noch der späten Weimarer Zeit zuordnen, geht die neuere Forschung mit der Datierung noch weiter zurück. Dies wird einerseits zum Beispiel bei François Florand50 mit dem starken Einfluß von Buxtehude nach Bachs Lübeckreise 1705/1706, andererseits bei Piet Kee51 auch mit den Bach zur Verfügung stehenden Orgeln begründet. Kee stellt fest, daß Bach zu der in Frage kommenden Zeit, 1708/1709, auf relativ großen Orgeln, in Arnstadt und Mühlhausen, seinen Dienst tat. Er führt weiter an, daß es "Pläne zur Erweiterung der Mühlhausener Orgel" gab. Da aber Bachs Passacaglia sicherlich kein Orgelstück für den allwöchentlichen Gottesdienst war, halte ich das bloße Vorhandensein großer Orgeln für nicht Grund genug.
Ich denke, es ist wahrscheinlich, daß Bach einen bestimmten Anlaß hatte, ein so einzigartiges Werk zu komponieren. Es könnte zum Beispiel ein Versuch gewesen sein, Buxtehudes Abendmusiken nachzueifern52 oder auch für die Orgelabnahme in der St. Blasiuskirche am Reformationsfest 1709 geschaffen worden sein53. Worin sich jedoch alle einig sind, ist der Einfluß, den Buxtehude auf Bachs Kompositionsstil hatte, als dieser die Passacaglia schrieb54.
2.3 Die Orgel und das Orgelspiel bei Bach
Seit seiner Ausbildung bis zu seinem Tode hatte Bach, auch wenn er gerade keine Organistenstelle besetzte, mit dem Orgelspiel zu tun. Dabei traf er auf die größten und seinen Wünschen entsprechenden Orgeln eigentlich nur während seiner Reisen zum Beispiel in Hamburg, wohin er sich auch als Organist bewarb. Er komponierte auch weiter für die Orgel, als er keine Organistenstelle mehr innehatte. Dabei entstand eine große Anzahl an Werken, wie Toccaten, Präludien, Fantasien, Fugen, Choralbearbeitungen, u.v.m. Forkel schreibt über Bachs Meisterschaft beim Umgang mit der Orgel, sie "muß so behandelt werden, daß ihr Umfang erschöpft wird, das heißt: der Spieler und Componist muß alles von ihr fordern, was sie leisten kann. Noch Niemand hat dieß mehr gethan, als J. S. Bach, nicht bloß durch seine reiche, dem Instrumente angemessene Melodie und Harmonie, sondern auch dadurch, daß er dem Pedal seine eigene Stimme gab."55
Aber Bach war nicht nur Orgelvirtuose und Orgelkomponist, sondern auch mit der Technik der Orgel vertraut und galt zu seiner Zeit als Orgelsachverständiger, was ihn auch auf viele Reisen zum Zwecke einer Orgelabnahme führte. Bachs Kompetenz ging sogar soweit, daß er selber Pläne zum Bau oder zur Erweiterung von Orgeln zum Beispiel in Mühlhausen und Weimar machte. Dabei lag eine seiner Eigenarten in der Forderung nach einem eigenständigen Pedal mit Pedalglockenspiel. Die Zahl der Manuale war unterschiedlich (Arp Schnitger baute bis zu viermanualige Orgeln)56.
In Mühlhausen macht Bach konkrete Vorschläge zum Umbau der Orgel, die teilweise mit einbezogen wurden. Nach dem Umbau hatte sie folgende Disposition:57
Hauptwerk (mittleres Manual) Rückpositiv
Quintadena 16' Quintadena 8'
Prinzipal 8' Gedackt 8'
Oktave 4' Prinzipal 4'
Oktave 2' Salicional 4'
Viola da Gamba 8' Oktave 2'
Gedackt 4' Spitzflöte 2'
Nasat 2 2 /3' Quinte 1 1/3'
Sesquialtera 2fach Sesquialtera 2fach Mixtur 4fach Mixtur 3fach
Zimbel 2fach
Fagott 16'
Brustwerk (oberes Manual) Pedal
Stillgedackt 8' Subbaß32'
Flauto dolce 4' Prinzipalbaß16' Quinte 2 2/3' Subbaß16'
Oktave 2' Oktave 8'
Terz 1 3/5' Oktave 4'
Mixtur 3fach Kornett 2' Schalmei 8' Rohrflöte 1'
Mixtur 4fach
Posaune 16'
Trompete 8'
Koppel vom Brustwerk zum Hauptwerk. Tremulant.
Damit war Bach die Möglichkeit von präzisem und differenziertem Spiel auf den Manualen wie auch im Pedal gegeben ("32' in präziser und leichter Ansprache"58 ). In der Registrierung bei Bach spielten, wie aus obiger Disposition zu ersehen ist, die obertonreichen Register eine große Rolle. So ist auf allen drei Manualen eine Sesquialtera (im oberen Manual aus Quinte 2 2/3' und Terz 1 1/5') und die Mixtur vorhanden.
3 Analyse der Passacaglia c-moll (BWV 582)
3.1 Vergleich von Analysen der Passacaglia bei einigen Autoren
Über die Passacaglia gibt es eine große Anzahl von Aufsätzen. Deren Inhalt möchte ich hier kritisch betrachten, da ich durch Kenntnis dieser Literatur sicher auch in meiner eigenen Analyse beeinflußt bin und an diese nicht mehr unvoreingenommen herangehen kann. Die Autoren beschäftigen sich im Wesentlichen mit der Einteilung der 20 Variationen im Passacagliateil des Werkes, welches aus einer Passacaglia mit anschließender Fuge besteht. Jedoch gibt es wie auch schon bei der Frage der Entstehungszeit auch über die Einteilung der Passacaglia bei den Autoren stark unterschiedliche Meinungen. Um diese darzustellen, nutze ich die Aufsätze von Werner Tell, Christoph Wolff, Siegfried Vogelsänger, Wilfried Bergmann und Piet Kee (siehe Literaturverzeichnis).
Letzterer ist für mich am schwersten nachvollziehbar, da Kee der Passacaglia eine Struktur aufsetzt und weitgehend auf Beweise für die getroffenen Aussagen verzichtet. Er ist der Meinung, seine Vorgänger hätten sich auf der Suche nach einer Symmetrie zu stark mit der Architektur der Passacaglia beschäftigt und sagt selber, es drohe "die Gefahr der Fixierung auf bestimmte Aspekte"59. Genau das tut Kee aber ganz erheblich, indem er die Sätze der Passacaglia - er benutzt den Begriff 'Satz' statt 'Variation' und zählt dazu auch die Vorstellung des Basso ostinato zu Beginn, so daß er auf 21 Sätze kommt - nach dem Buch von Andreas Werckmeister 'Musikalische Paradoxal-Discourse' den ersten acht Tönen der Obertonreihe mit Ausnahme des siebten Tones zuordnet. Nun teilt er die Sätze der Passacaglia passend zu diesen sieben Obertönen folgendermaßen in sieben Gruppen: I:(1), II:(5,6), III:(7,8,9), IV:(10,11,12,13), V:(14, 15, 16), VI:(17,18), VII:(2,3,4,19,20,21) und behauptet, die Sätze jeder Gruppe würden mit dem jeweils entsprechenden Oberton aus der Obertonreihe beginnen60. Das wären auf die Gruppen zugeordnet folgende Obertöne: I: C, II: c, III: g, IV: c', V: es'(moll), VI: g', VII: c''.
Da dies nachweislich nicht auf die Passacaglia zutrifft, ist Kee gezwungen, seine Obertöne irgendwo im Satz zu finden. Das Thema, das nach seinen Vorstellungen mit dem C anfangen müßte, nennt er einen "Anfang ohne Anfang" und nimmt den letzten Ton, das C, als ersten Oberton. Der nächste Satz beginnt statt mit dem zweiten Oberton mit dem Achten. Auch hier weiß sich Kee zu helfen, indem er die Sätze zwei, drei und vier als Gruppe IA der Gruppe VII zuordnet und so die Reihenfolge der Sätze einfach vertauscht. Die Gruppen II, III und IV folgen seinen Forderungen, bevor er zur fünften Gruppe schreibt: "Satz 14 beginnt mit es'', Symbol für den fünften Oberton, ...". Wie die Noten direkt über seiner Aussage zeigen, beginnt dieser Satz aber mit einem c', also dem vierten Oberton. Noch unglaubwürdiger wird Kees Einteilung in der Gruppe VI, die mit c'', dem achten Oberton, beginnt. Hier braucht er aber den sechsten Oberton, dem er diesmal überraschend g zugrundelegt und so im nächsten Takt in d'' findet.
Da wir heute nicht wissen, nach welchem Schema J.S.Bach seine Passacaglia einteilte, und ob er überhaupt eine so starke Strukturierung vorgesehen hatte, empfinde ich es als weit hergeholt von Piet Kee, die Passacaglia nach nur einem einzigen Kriterium, der Obertonreihe, in eine Struktur zu pressen. Ich kann nicht beurteilen, ob seine Aussagen korrekt sind; seine Vorgehensweise, eine Behauptung aufzustellen und das Werk dieser unterzuordnen, ist jedoch sicher fragwürdig. Trotz seiner Bemühungen, eine strenge Architektur zu vermeiden, hat Kee am Ende doch eine versteckte symmetrische Anordnung der Variationen (3 : 2 : 3 : 4 : 3 : 2 : 3).
Der einzige Autor, der in seinem Aufsatz nicht eine symmetrische Anlage der Variationen erklärt, ist Werner Tell. Er beschäftigte sich 1938 mit der Passacaglia und teilte die 21 Sätze (auch er zählt das Vorstellen des Basso ostinato am Beginn hierzu) gleichmäßig in sieben Dreiergruppen. Dabei geht er in seiner Einteilung stets von der Orgelregistrierung nach barockem Vorbild aus und schlägt vor, die erste Gruppe, also die ersten drei Sätze, "mit vollem Werk zu spielen". Die Verbindung der Sätze in der zweiten Gruppe sieht er durch das neu hinzukommende "Bewegungsprinzip" gegeben und schlägt für die Registrierung ein "tonvolles Piano" vor.
Die nun folgende dritte Dreiergruppe erscheint auch bei anderen Autoren und liegt in der ständigen Steigerung der Sechzehntelbewegung begründet. Dadurch ist es nach Tells Meinung nicht mehr nötig, diese Steigerung noch durch stärkere Register darzustellen, und so bleibt er bei einem "gleichmäßigen Forte". Den nun folgenden zehnten Satz kann Tell den benachbarten Sätzen nicht zuordnen und bezeichnet den elften bis dreizehnten Satz als vierte Gruppe, da dort wieder die virtuose Sechzehntelbewegung vorherrscht. Deshalb schlägt er vor, diese im fortissimo zu spielen. Die Zusammengehörigkeit der nächsten Gruppe sieht er im "Fehlen des Pedals" begründet; er möchte sie wieder im piano registrieren. Die Sätze siebzehn bis neunzehn sollen dann im forte erklingen, bevor er zur letzten Gruppe kommt, für die nur noch zwei Sätze übrig bleiben (20 und 21). Scheinbar resigniert sagt Tell: "Wir erinnern uns, daßwir bereits einer Unvollständigkeit begegneten in dem alleinstehenden zehnten Satz; zählen wir ihn dieser Gruppe hinzu, so erhalten wir (rechnerisch wenigstens) sieben Gruppen von je drei Sätzen" 61. Im folgenden findet er noch einige wenig einleuchtende Erklärungen, warum der zehnte Satz nicht in sein Schema paßt.
Sowohl Kee als auch Tell haben Probleme, ihr Modell lückenlos auf Bachs Passacaglia anzuwenden. Beide gehen dabei, immer wenn eine Vorgabe nicht zu erfüllen ist, verschwenderisch mit Symbol- und Zahlenmystik um. Störend wirkt dabei auf mich besonders, daß sie einem Genie wie J. S. Bach zwar unterstellen, er hätte ihre komplizierten Systeme beim Komponieren verwendet, ihm aber gleichzeitig nicht einmal zutrauen, diese auch durchgehalten zu haben.
Die am besten begründeten Einteilungsvorschläge für die Passacaglia finden wir bei Vogelsänger ('Passacaglia und Chaconne in der Orgelmusik') und Wolff ('Die Architektur in Bachs Passacaglia'), deren achsensymmetrische Einteilung der Variationen auch in heutiger Literatur (z.B.: Lohmann, Bergmann) meist bestätigt wird.
Während Vogelsänger noch von einer Einteilung von 2 : 3 : 3 : 4 : 3 : 3 : 2 der zwanzig Variationen ausging, korrigierte Wolff sie auf 2 : 3 : 4 : 2 : 4 : 3 : 2.
In seinem Aufsatz erkannte auch Vogelsänger schon die Schwächen der Aufteilung, wie Tell sie vorgenommen hatte. Seine eigenen Vorschläge sind dagegen schon fundierter. Die Zusammengehörigkeit der ersten und zweiten sowie der neunzehnten und zwanzigsten Variation führt er wegen der offensichtlichen Paarbildung nicht weiter aus. Die dritte bis fünfte sowie die sechzehnte bis achtzehnte Variation verbinde die fortlaufende Bewegungssteigerung (16: Steigerung der Stimmenzahl, 17: Steigerung der Bewegung durch Triolen, 18: Steigerung des verwendeten Tonumfanges C - c 3). Eine weitere Gruppe bilden seiner Meinung die Manualitervariationen (13-15) sowie wieder offensichtlich die sechste bis achte Variation. Für die mittleren vier Variationen findet er weniger eine Gemeinsamkeit und beschreibt nur, was in diesen musikalisch passiert.
Dieses Manko greift Wolff in seinem Beitrag auf. Er ist der Meinung, daß sich dieses Problem löst, "wenn wir weder den Notentext vergewaltigen noch vor ihm kapitulieren, sondern ihn bis in alle Einzelheiten hinein sprechen lassen"62. Während er in den jeweils fünf äußeren Variationen mit Vogelsängers Einteilung übereinstimmt, nimmt er im Mittelteil eine andere Gruppierung vor. Den Zusammenhang der sechsten bis neunten Variation sieht er in der "Arbeit mit rhythmisch konstantem, aber in melodischer Richtung veränderlichem Motivmaterial"63, also den Sechzehntelmotiven. Die folgenden beiden Variationen trennen seiner Meinung durch deren Symmetrie den ersten vom zweiten Teil der Passacaglia, da das Thema im Baß und die kontrapunktische Oberstimme mit ihrer Sechzehntelbewegung der zehnten Variation in der folgenden ihre Positionen tauschten. Zudem verlasse das Thema erstmalig den Baß, und die Variation werde von einer Vier- auf die Zweistimmigkeit reduziert. Mit folgenden Stichworten beschreibt Wolff die Zusammengehörigkeit der zwölften bis fünfzehnten Variation: "Abwärtswandern des Ostinato von der Diskant- in die Baßregion; Abnahme der Stimmenzahl von der Vier- zur Einstimmigkeit; fortschreitend figurative Auflösung des Ostinato-Themas"64. In seinem Text macht er auch Vorschläge, wie die Passacaglia auf einer zweimanualigen Orgel registriert werden kann.
Zu einer möglichen Registrierung hat sich auch Wilfried Bergmann in seinem Aufsatz 'J.S.Bachs Passacaglia für Orgel BWV 582'65 Gedanken gemacht. Er gibt dabei nicht nur präzise Registrieranweisungen, sondern beschäftigt sich auch intensiv mit der Wiedergabe, Agogik, Phrasierung und Artikulation. Dabei schildert er den geschichtlichen Verlauf von der früher üblichen 'Organo-Pleno'-Spielweise, wonach die ganze Passacaglia mit vollem Werk zu spielen wäre, bis zur heutigen Registrierpraxis. In der Passacaglia müsse aber bei jeder Registrierung darauf geachtet werden, daß durch Änderung der Klangfarben der Übergang der Variationen nicht zu abrupt wird, sondern fließend bleibt.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die erwähnten Autoren sich alle mit mehr oder minder großem Erfolg bemühen, die Passacaglia zu strukturieren. Daß einige dabei versteckte, geheimnisvolle Botschaften hinter diesem Werk Bachs vermuten, zeigt schon ein Titel wie ihn Piet Kee in seinem Aufsatz wählt. In der nun folgenden eigenen Analyse stelle ich nicht Vermutungen über Bachs Absichten, sondern den Notentext in den Vordergrund.
3.2 Eigene Analyse
Wie schon in Kapitel 3.1 festgestellt, besteht die Passacaglia c-moll BWV 582 aus einem Passacaglia- (Takt 1-168) und einem Fugenteil (Takt 169-292). Beide beginnen auftaktig. Sie gehend fließend ineinander über, was ein Kennzeichen der Norddeutschen Orgelschule ist. Dies ist nicht verwunderlich, da Bach nach seinen Aufenthalten in Hamburg bei Reinken und in Lübeck bei Buxtehude ein begeisterter Anhänger dieses Stils war. Damit läßt sich auch die Nähe von Bachs Passacaglia zu der von Buxtehude (Passacaglia d-moll, Bux 161) erklären.
Ob dieses große Orgelwerk ursprünglich für Pedalcembalo ('Cembalo ossia Organo') geschrieben wurde, wie zum Beispiel Schweitzer, Keller und Reclam behaupten, ist umstritten; denn "ob das verschollene Autograph einen solchen Vermerk getragen hat, muß ernsthaft bezweifelt werden"66, zumal die Passacaglia auf die klanglichen und technischen Möglichkeiten der Orgel zugeschnitten scheint.
Zu Beginn der Passacaglia wird das Thema im Baß vorgestellt. Dies ist eine ungewöhnliche Vorgehensweise und nicht ein typisches Merkmal der Passacaglia im allgemeinen, wie man aufgrund dieses Werkes meinen könnte. Zu Bachs Zeiten war es nicht üblich, das Basso ostinato alleine vor das Werk zu stellen, da es meist nur aus einer erweiterten Kadenz bestand und kaum melodische Züge trug67. Im Gegensatz dazu liegt hier als Basso ostinato ein vollständiges Thema vor, welches diesem Terminus auch gerecht wird. Es besteht aus zwei Teilen, einem melodischen und einem kadenzierenden, die aber eine Einheit bilden. Aus diesem Themenmaterial schöpft Bach auch in einigen Variationen, indem Thementeile - teils in veränderter Form - wieder auftauchen. Ich möchte jedoch auch darauf hinweisen, daß alle Töne der harmonischen c-moll-Tonleiter im Thema (in verschiedenen Oktaven) enthalten sind und sich einige Motive allein schon deswegen darauf zurückführen lassen.
Den ersten Teil der Passacaglia hatte zuvor schon André Raison als Thema eines 'Trio en Passacaglia' genutzt.68
Der Rhythmus, eine auftaktige Viertel und eine Halbe, wird viermal wiederholt. Melodisch ist dieser Thementeil sehr interessant, weil nach dem Quintauftakt nur kleine Intervalle, Sekunde und Terz, verwendet werden und weil er selbst mit der "Umkehrung des Krebses verknüpft"69 ist.
Dieser erste Teil des Themas endet dominantisch auf g und führt so in den zweiten Thementeil, der eine erweiterte Kadenz zurück nach c-moll bringt. Dabei hat er eine hohe Intervallamplitude und endet auf C. Somit hat das gesamte Thema einen Umfang von über 1½ Oktaven (C-as). Trotzdem wirkt das Thema nicht inhomogen oder zweiteilig, sondern als Einheit.
In den 20 Variationen behält Bach bei weitem nicht immer dasselbe harmonische Gerüst über dem ostinaten Baß bei. In den Variationen 11-14 ändert sich die Harmonik schon dadurch, daß das Thema nicht mehr nur im Baß zu finden ist. Aber auch sonst bringt Bach manchmal überraschende Harmonien wie zum Beispiel Des-Dur als Sextakkord über dem F in der achten Variation.
Sicherlich kann man aufgrund des harmonischen Gerüsts verschiedene Einteilungen der Passacaglia bestätigen oder widerlegen. Ich will hier jedoch nur einige Auffälligkeiten darstellen.
p>Auf einigen Tönen wird bei jeder Variation derselbe Akkord oder dessen Umkehrung aufgebaut. So beginnt und endet jede der 20 Variationen in c-moll. Auf dem G entwickelt sich stets ein dominantischer Vorhaltklang, meist c5 oder G 7, der sich dann weiter nach c-moll auflöst. Davor, auf dem c und dem F, sind mit wenigen Ausnahmen stets ein c-moll- und ein f-moll-Klang zu hören, also mit den letzten beiden Tönen zusammen eine 'normale' authentische Kadenz. Dies wird erstmals in der achten Variation geändert. Statt f-moll erklingt Des-Dur als Sextakkord. Dieser Neapolitanische Sextakkord verstärkt die Schlußwirkung der Variation, so daß hier harmonisch ein ziemlich klarer Schnitt zur nächsten Variation zu machen ist. In der zwölften Variation steht an der entsprechenden Stelle ein F- Dur-Sextakkord. Dieser kommt zustande, weil das Thema inzwischen in den Sopran gewandert ist und im Baß das a des melodischen c-moll erklingt. Ebenfalls durch die Verlagerung des Themas - diesmal in die Alt- bzw. Tenorstimme - entsteht mit dem c der folgenden Variation (Takt 110) ein As-Dur-Akkord (Trugschluß).
Ein weiterer Fixpunkt in der Harmonik findet sich in der Mitte des Themas. Über dem g liegt außer in den beiden letzten Variationen ein G-Dur-Klang.
Das von Bach verwendete harmonische Gerüst ist also nicht konstant wie bei der italienischen Passacaglia. Aus dieser Sicht ist sie dem französischen Stil zuzuordnen. Im folgenden Abschnitt werde ich die einzelnen Variationen hinsichtlich ihres Aufbaus, ihrer Motivik, sowie der Lage und Gestalt des Themas strukturell untersuchen. Die ersten beiden Variationen bringen das Thema in seiner Originalgestalt im Pedal. Die drei Oberstimmen vereinigen sich in einem sich ständig wiederholenden und auf der letzten Achtel jeden Taktes einsetzenden Vorhaltmotiv. An diesem möchte ich kurz darstellen, wie Bach Themenmaterial in der Passacaglia verarbeitet70. Als Beispiel wähle ich die ersten vier Einsätze des Vorhaltsmotives. Betrachtet man die ersten Töne der vier ersten Vorhaltmotive im Sopran, c'', es'', d'', c'', so kann man diese als Umkehrung des Themenausschnitts g, es, f, g (2.-5. Ton des Themas) ansehen. Auch die vielen Sekundschritte des Themas (es-f, g-as, f-g, d-es, H-c, F-G) lassen sich in der Motivik der ersten beiden Variationen in allen drei Oberstimmen gehäuft wiederfinden; denn vernachlässigt man die Wechselnote im Motiv des Sopran, so enthält diese Stimme als Krebs einige Sekundschritte des Themas (z.B.: zu Beginn c''-h' -> als Krebs: h'-c'' -> entspricht: H-c). Diese Beziehungen bleiben bis zum Ende der zweiten Variation bestehen. Nachdem in Takt 5 as'' (mit Wechselnote b'') als höchster Ton erreicht ist, steigt das Thema bis zum Ende der zweiten Variation sequenzartig ab. In dieser Katabasis ist wieder ein wichtiges, im Laufe des Werkes immer wiederkehrendes Motiv enthalten, nämlich as'', g'', f'', es'', welches der Krebs eines Thementeils - dritter bis sechster Ton - in veränderter Lage ist. Ein in harmonischer Sicht auffälliger Wechsel findet auf der dritten Note des Themas statt. Erklingt in der ersten Variation über dem es noch ein c-moll- Sextakkord, so wird in der Zweiten daraus ein Es-Dur-Septakkord. Aufgrund der gleichen Motivik aber besonders der ununterbrochenen, absteigenden Linie kann man diese ersten beiden Variation eindeutig als fest zusammengehörig betrachten.
Die dritte Variation hat einen grundsätzlich anderen Charakter. Zwar liegt auch hier noch ein vierstimmiger Satz mit unverändertem Thema im Baß vor, jedoch sind die Akkorde nun in eine polyphone Achtelbewegung aufgelöst. Diese läßt Bach imitatorisch beginnen. In den Takten 29-31 tritt verstärkt das von as abwärtsgerichtete Motiv in allen Oberstimmen auf und wird auch von dem in Takt 31 hinzukommenden zweiten Sopran sogleich aufgenommen, so daß es allein in diesen Takten sechsmal erklingt. Aber auch schon in Takt 26 stimmt Bach es ab der dritten Achtel im Alt an.
Aus den ruhigen Achteln wird in der vierten Variation das in der Figurenlehre als ' corta ' bekannte Motiv, e xx . Dieses in der barocken Musikliteratur sehr häufig anzutreffende Motiv stellt eine Bewegungssteigerung zur Achtelmotivik der vorigen Variation dar. Dabei erzeugt Bach einen Spannungsbogen, indem er das Motiv, welches vornehmlich aus Sekundintervallen besteht, zuerst fast nur in der aufsteigenden Form bringt und ab der Mitte der Variation langsam wieder absteigen läßt. Die drei Oberstimmen setzen vom Tenor aufwärts wieder imitatorisch ein.
In der fünften Variation wird das vorige Motiv rhythmisch beibehalten; jedoch besteht es nun statt der Sekunden hauptsächlich aus Sprüngen, oft fallenden Oktaven mit anschließend aufsteigender Quart. Dieses fröhliche, beschwingte Motiv mit Signalcharakter reißt sogar den Baß mit, wodurch das Thema dort zum ersten Mal in veränderter, nämlich diminuierter, Form vorliegt. Die Rückkehr zu einer festeren Satzform erfolgt schon in Takt 47, wo Bach das G im Baß nicht mehr, wie zu erwarten wäre, der Motivik angleicht, sondern wieder in der Originalgestalt erscheinen läßt.
Mit der sechsten Variation kommt ein fließendes Sechzehntelmotiv, " xxx q , neu hinzu. Es besteht aus Sekundschritten und ist in dieser Variation zumeist aufsteigend. Die Einsätze sind wieder versetzt, wobei sich der erste Einsatz dieses Motivs in Quintabständen C (Duodezime)- g - d' - a' durch alle Stimmen zieht. Dabei ergänzen sich die Oberstimmen zu einer durchgehenden Sechzehntelbewegung. Das Thema bildet in seiner Originalgestalt wieder die Grundlage dieser und der folgenden beiden Variationen.
In der nächsten nimmt Bach das Sechzehntelmotiv auf und erweitert es: xxx xxxx q; dadurch verdichtet sich der ganze Satz. Die Läufe sind nun in der Regel absteigend. Die achte Variation erfährt durch eine Kombination des motivischen Materials der beiden Vorgängervariationen eine weitere Verdichtung und zusätzlich durch die eigenständige Führung jeder der Oberstimmen teilweise in Gegenbewegung eine große Anzahl von Dissonanzen. In allen drei Variationen (6.-8.) taucht wieder das von as absteigende Motiv, hier in diminuierter Form, auf (Takte 56 und 69 im Sopran, Takte 55, 58, 61 und 66 im Alt, Takte 63, 69 und 71 im Tenor).
In der neunten Variation behält Bach durchgehend ein Motiv bei, welches rhythmisch auf die sechste Variation zurückweist, dabei komplementieren sich die vier Stimmen wieder zu einer durchgehenden Sechzehntelbewegung. Andererseits erinnern die Sprünge und die Art der Stimmeinsätze an die fünfte Variation, zumal das Thema im Baß nun dem motivischen Material entsprechend in diminuierter Form mitspielt. Auf mich wirkt diese Variation wie eine rhythmische, thematische und motivische Zusammenfassung der dritten bis achten Variation. Im Gegensatz zur fünften Variation bremst der Baß die Bewegung hier nicht ab, sondern hält sie bis zum Schluß durch.
Der Sopran trägt in der zehnten Variation einen durchgehenden, solistischen Sechzehntellauf mit überwiegend kleinen Intervallen vor. Die drei Unterstimmen vereinigen sich zu einer akkordisch homophonen Begleitung, wozu das Thema wieder diminuiert wird, indem aus jeder Halben eine Viertelnote mit Viertelpause wird.
Die kontrapunktische Solostimme des Soprans wechselt in der elften Variation in den Alt, wird also zur Begleitstimme, und wird dort eine Oktave tiefer identisch wiederholt. Das Thema verläßt hier erstmals die Baßlage und steigt in den Sopran. Tenor und Baß schweigen. Wolff ist der Meinung, "daß sich hier spiegelsymmetrisch die beiden Hälften der Komposition trennen bzw. zusammenfügen"71. Diese Aussage ist gut nachvollziehbar, weist jedoch eine geringe Unstimmigkeit auf, denn es müßte sich bei einer Spiegelung, bei der die Stimmen die Position tauschen, auch nach Wolffs graphischer Darstellung72 um eine Punktspiegelung handeln. Das bedeutet, die Stimmen müßten in der elften Variation als Krebs der Umkehrung der zehnten auftauchen, wie zum Beispiel im ersten Kanon in c-moll aus Bachs 'Musikalischem Opfer'. Dies würde aber wiederum eine Symmetrie des Passacagliathemas voraussetzen, um die Regeln der Passacaglia einhalten zu können. Es handelt sich also nur um eine Wiederholung. Trotzdem sind sowohl symmetrische Elemente wie auch die Trennung der beiden Passacagliateile zwischen diesen beiden Variationen nicht von der Hand zu weisen.
Die zwölfte Variation behält das Thema in fast unveränderter Form im Sopran, wobei aber wieder ein vollständiger vierstimmiger Satz vorliegt. Die drei Unterstimmen führen dabei oft ein absteigendes 'Treppenstufenmotiv' aus. In den auf dem Kopf stehenden Variationen (Thema nicht im Baß) ist durch eine neu hinzugefügte Baßstimme auch die Harmonik verändert (z.B. 12. Var.: dritte Themennote es'': As-Dur-Sextakkord; fünfte Themennote g'': b-moll sixte ajoutée; drittletzte Themennote f': F-Dur-Sextakkord); dadurch und wegen der wiedervorhandenen Vollstimmigkeit bekommt diese Variation schon einen leichten Schlußcharakter.
Die dreizehnte Variation läßt Bach mit dem selben Motiv beginnen, welches schon versteckt zu Beginn der ersten auftauchte (c', es', d', c'). Dieses Motiv beherrscht, auf Sechzehntel diminuiert, die ganze Variation. Das Thema zieht sich in verzierter Form durch die Altstimme, wobei manche Töne des Themas nur noch in einigen Sechzehnteln zu finden sind. Das Pedal hat Pause, so daß diese - wie auch die folgenden beiden - reine Manualitervariationen sind.
Die Stimmenzahl wird in der nun folgenden vierzehnten Variation auf zwei reduziert. Die Begleitstimme besteht aus arpeggierten Akkorden, die - jeweils auf der zweiten Sechzehntel der ersten Zählzeit bzw. auf der ersten Sechzehntel der dritten Zählzeit - mit den Thementönen beginnen. Dazu ertönt eine - jeweils auf der zweiten Sechzehntel der dritten Zählzeit beginnende - ebenfalls arpeggierte, jedoch fallende melodische Floskel mit dem charakteristischen Rhythmus: " x x x l e e . Dadurch entsteht eine kontinuierliche Gegenbewegung zwischen beiden Stimmen. Eine harmonische Besonderheit erklingt etwa in der Mitte. Auf den Tönen d und es des Themas bauen sich ein B-Dur-Septakkord und ein Es- Dur-Akkord auf. Diese harmonische Veränderung fällt auch beim Hören sofort auf, da es keinen vielstimmigen Satz und keine Vorhalte gibt, die davon ablenken könnten. Noch weiter löst sich die Satzstruktur in der fünfzehnten Variation auf. Es bleibt nur noch eine Stimme übrig. Deren wiederum gebrochene Dreiklänge nutzen einen Umfang von vier Oktaven (C-c'''), wobei die Töne des Themas abwechselnd in Baß- und in Altlage zu finden sind.
Nachdem Bach jetzt seine Möglichkeiten hinsichtlich der Verkleinerung der Stimmenzahl und des Themas ausgereizt hat, bringt er in der sechzehnten Variation einen vollkommenen Kontrast. Das Thema steht in seiner Originalgestalt wieder im Pedal. Die Oberstimmen vereinigen sich zu einem bis zu fünfstimmigen Vorhaltmotiv. Dabei werden die vier nacheinander absteigenden Vorhalte eines Taktes aufgestaut und erst in einem Akkord auf der letzten Achtel jeden Taktes aufgelöst. Durch diesen Stau entsteht in jedem Takt eine große Spannung, die sich jeweils erst am Schluß auflöst. Die Vorhalte der Variation erinnern an die Vorhalte im zweiten Teil des Themas (d-es, H-c, F-G).
Obwohl sich in der siebzehnten Variation die Anzahl der Stimmen zur Dreistimmigkeit halbiert, entsteht trotzdem wieder eine große Klangdichte. Während diese zuvor auch durch die Sechsstimmigkeit entstand, wird sie nun durch die in dem gesamten Werk schnellste durchgehende Bewegung, nämlich Sechzehnteltriolen in Sekundschritten, erreicht. In der achtzehnten Variation verwendet Bach wieder ein Vorhaltmotiv, welches in seiner Gestalt dem der ersten beiden Variationen ähnelt. Jedoch beginnt der Vorhaltakkord schon jeweils auf der letzten Viertel des vorhergehenden Taktes und wird durch eine absteigende und eine aufsteigende schnelle Bewegung (figura corta) sogleich in den nächsten übergeleitet. Im Baß werden die Viertel zu Achteln verkürzt (aus: q l h wird: " e l h ). Dies sorgt im kompletten vierstimmigen Satz zum einen für eine durchgehende Achtelpräsenz, zum anderen wird die schnelle Triolenbewegung der Vorgängervariation geschickt 'ausgebremst'.
Die letzten beiden Variationen bringen das Thema zum Abschluß auf dem ihm gebührenden Platz in unveränderter Form im Baß. Bis zum endgültigen Schluß wird durch die Benutzung der figura groppo, einer Figur, bei der ein Ton durch Sechzehntel umspielt wird, Spannung erzeugt. Hier wird eine zuvor gehaltene Viertel mit übergebundener Sechzehntel umspielt; dies geschieht in den Oberstimmen wieder komplementär, um eine nicht endende Bewegung zu schaffen.
Die zwanzigste Variation verstärkt dieses Prinzip noch durch eine zusätzliche fünfte Stimme. Dabei korrespondieren zumeist die äußeren beiden Oberstimmen mit den inneren. Durch die häufige identische Wiederholung des ersten Motivs in der neunzehnten sowie zwanzigsten Variation ändert sich die Harmonik dahingehend, daß unter gleichen Akkorden nur der Baßton ausgetauscht wird. Bis zum Schluß ist auch wieder das von as absteigende Motiv zu hören (Takte 165 und 166 im Sopran, Takte 159, 160, und zweimal 167 im Alt, Takte 160 und 168 im Tenor). Der Passacagliateil endet in einem achtstimmigen c-moll-Akkord. Auf die Frage der Registrierung möchte ich nicht weiter eingehen, da diese in weiten Teilen von der persönlichen Einteilung der Passacaglia abhängt. Die Zusammengehörigkeit von Variationen kann dabei in gleicher Motivik oder Rhythmik oder in einer Entwicklung liegen, daß heißt zum Beispiel zu- oder abnehmender Stimmenzahl, zu- oder abnehmender Bewegung oder der Bearbeitung eines Motivs.
Stilistisch weist die Passacaglia aufgrund der relativ hohen Themenkonstanz nach Frankreich. Auch die Arbeit mit dem Material eines französischen Komponisten, André Raison, bestätigt diese These. Zudem sind als typisches Merkmal der französischen Passacaglia die ersten beiden sowie die letzten beiden Variationen paarweise gegliedert.
Die Fuge geht wie auch Buxtehudes mehrsätzige Orgelwerke aus der Passacaglia hervor. Dabei ist dem Orgelspieler freigestellt, ob er die erste Note der Fuge, das c' im Alt, neu anschlägt oder im Schlußakkord des Passacagliateils liegenläßt.
Bei der Fuge handelt es sich um eine Permutationsfuge. Deren Thema (A) ist die erste Hälfte des Passacagliathemas, also das originale 'Raison-Thema'. Es tritt stets in realer Form, also mit unveränderten Intervallen, auf. Das erste Kontrasubjekt (B), welches den Charakter eines zweiten Themas hat, läßt sich aus dem zweiten Teil des Passacagliathemas herleiten; die charakteristischen Halbtonschritte (d-es, H-c) sind in den Achteln wiederzufinden. Das zweite Kontrasubjekt (C) taucht ab Takt 174, dem zweiten Themeneinsatz, auf und wird im Laufe der Fuge nicht ganz so streng behandelt. Eine Abstufung der drei Elemente A, B, C der Permutationsfuge ergibt sich durch deren Notenwerte (A: Halbe und Viertel, B: Achtel, C: Sechzehntel); auch deren Abstand bei Einsätzen bleibt gleich. Das Thema setzt auftaktig mit einer Viertelnote ein, das erste Kontrasubjekt folgt auf der zweiten Achtel des vollen Taktes und erst auf der zweiten Sechzehntel der zweiten Zählzeit kommt das zweite Kontrasubjekt hinzu. Eine gute Übersicht über die Themeneinsätze, die Permutationen und den harmonischen Verlauf gibt Wolff in seiner Tabelle73:
Tab. 2 :
Permutationen und harmonischer Verlauf des Fugenteils
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In ihrem für Bachs Fugen typischen Manualitermittelteil erscheint das Thema zweimal in Durgestalt. Die dort vorherrschende Tonart, Es-Dur, ist Durparallele zu c-moll (Zu Beginn des ' Thema fugatum ' ist die Zahl der Vorzeichen von drei auf zwei B's reduziert. Trotzdem ist c-moll und nicht g-moll weiterhin die Grundtonart der Fuge.).
Aufgrund der Vorgaben durch die strenge Permutation herrscht in der Fuge eine starke Strukturierung vor. Nach dem Manualitermittelteil folgt eine langgestreckte Steigerung, welche unvermittelt in dem Neapolitanischen Sextakkord gipfelt. Dabei führt Bach nach dem letzten Themeneinsatz in Takt 272 ein aus dem ersten Kontrasubjekt gewonnenes Motiv in den drei Oberstimmen durch. Unter Weiterverwendung des motivischen Materials und typischer kadenzierender Floskeln gelangt Bach zu einem vollen, das Werk beschließenden, C-Dur-Akkord.
4 Stokowskis Leben und Wirken
4.1 Stokowskis Biographie
Leopold Anthonin Stanislaw74 Boleslawowicz Stokowski war polnisch-schottischer Abstammung und wurde am 18.04.1882 in London geboren (er selbst machte um sein Geburtsdatum und seine Abstammung verschiedene Angaben75 ) und starb am 13.09.1977 95jährig an einer Viruserkrankung in Nether Wallop, Hampshire, als einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit. Sein letztes Konzert gab er im Juli 1975. Bis wenige Monate vor seinem Tod setzte er seine Aufnahmearbeiten fort und unterschrieb sogar noch einen Fünfjahresvertrag bei seiner Schallplattenfirma.
Schon als Kind lernte Stokowski in England Geige, Klavier und Orgel und wurde mit 13 Jahren jüngster Student am Royal College of Music. Er setzte sein Studium später am Queen's College in Oxford fort und schloß es 1903 als Bachelor of Music ab. 1902 übernahm er schon seine erste Stellung als Organist und Kantor der St. James Kirche, Piccadilly, und wanderte drei Jahre später nach Amerika aus, wo er in New York an der St. Bartholomew Church zum Organisten ernannt wurde. Bis dahin hatte er noch kaum Dirigiererfahrung. Trotz seiner Tätigkeit in den USA betrieb er in Europa - Berlin, München und Paris - Sommerstudien und gab 1908 in Paris als Krankenvertretung sein Debüt als Dirigent. 1909 folgte sein Debüt mit dem New Symphony Orchestra in London. Vertreter des Cincinnati Symphony Orchestra waren von seinem Pariser Konzert so begeistert, daß Stokowski zum neuen Dirigenten desselben ernannt wurde. 1915 wurde er amerikanischer Staatsbürger. 1912 übernahm Stokowski für einen Zeitraum von 25 Jahren die Leitung des Philadelphia Orchestra, das unter seiner Leitung zu einem der größten der Welt wurde und machte mit diesem Orchester 1917 erste Aufnahmen. Obwohl er 1936 dessen Leitung niederlegte, trat er bis 1941 noch gelegentlich mit ihm auf.
Danach formte er andere Orchester und führte sie zu Weltruhm: 1940 All American Youth Orchestra (seit 1933 organisierte er schon Jugendkonzerte), 1941-1944 National Broadcasting Company Symphony Orchestra (gemeinsam mit Toscanini), 1944/45 New YorkCity Symphony Orchestra, 1945/46 Hollywood Bowl Symphony Orchestra, 1949/50 New York Philarmonic Symphony Orchestra (gemeinsam mit Mitropoulus), 1955-1961 Houston Symphony Orchestra, 1962-1973 American Symphony Orchestra.
1951 startete Stokowski, in London beginnend, eine Serie von europäischen Gasttourneen. Im Alter von 90 Jahren wiederholte er 1972 mit dem London Symphony Orchestra sein Konzert, welches er 1912 in London gegeben hatte. Bis 1971 dirigierte er in circa 7000 Konzerten über 2000 Ur- und Erstaufführungen. Dieses waren meist neue Werke von mehr oder weniger bedeutenden amerikanischen Komponisten, darunter zum Beispiel drei Werke Rachmaninows, Mahlers 8. Symphonie (1916), Ives' Vierte Symphonie (1965), Khatschaturians Dritte Symphonie (1968), Strawinskys 'The Rite of Spring'. Aufgrund seiner Aufgeschlossenheit der neuen Musik gegenüber machte er das amerikanische Publikum mit vielen zeitgenössischen Werken bekannt.
Stokowski spielte persönlich in einigen Spielfilmen mit und war musikalischer Leiter in Walt Disneys Film 'Fantasia' (1940). Er schrieb 1943 außerdem ein Buch mit dem Titel 'Music for All of Us'.
4.2 Stokowski und seine Bedeutung für die Musik im 20. Jahrhundert
Stokowski beschäftigte sich schon früh mit der Aufnahmetechnik und versuchte ständig, die Tonqualität seiner Schallplattenaufnahmen und später seiner Filmmusiken zu verbessern. Bei letzteren leitete er durch mehrkanalige Aufnahmen die Multiphonie ein76. Dazu experimentierte er auch mit der Sitzordnung des Orchesters, um eine breitere Dynamik zu erreichen (' Philadelphia sound '). Dies ging soweit, daß er für jeden Konzertsaal und jedes Werk durch viele Umbauten die optimale Platzverteilung für die Instrumentalisten zu finden versuchte, so daß er "Schwächen in der vorgegebenen Akustik spielend ausgleichen konnte"77. Die Breitenwirkung seiner Streicher erreichte er dadurch, daß selbige ihren Bogen nicht etwa gleichmäßig, sondern "selbständig bemessend"78 führen sollten. Ainslee Cox schrieb dazu : " ... With the greatest of these orchestras he never mentioned 'free bowing', but let it happen, or not happen, as was natural."79
Früher als es in Europa üblich war, begann er, die Massenmedien zu nutzen und die klassische Musik einer breitenöffentlichkeit zugänglich zu machen und nahezubringen, die vorher - und auch heute teilweise noch - "für akademisch-musische Bildungsbürger reserviert"80 war. Aufgrund seiner starken Persönlichkeit und Eleganz gewann er in Amerika eine beispiellose Popularität und wurde auch als der amerikanische 'Showdirigent' bekannt, da er in seine Konzerte Showeffekte, zum Beispiel den gezielten Einsatz von Licht und Schatten, und seit 1929 den Verzicht auf einen Taktstock einbaute. Dadurch entstand optisch eine Zentrierung auf seine großen Hände. Stokowskis Hauptverdienst lag darin, dieöffentlichkeit mit zeitgenössischen Werken, z. B. von Schönberg und Rachmaninow, vertraut gemacht zu haben.
Neben seinen großartigen Aufführungen ist Stokowski aber aufgrund seiner Orchestertranskriptionen und Instrumentalbearbeitungen von Werken von Komponisten wie Bach (Orgeltoccata d-moll), Beethoven, Brahms, Schubert, Debussy, Mahler und anderen besonders bei Musikkritikern, die diese Bearbeitungen oft als "vulgär und kitschig"81 bezeichneten, sehr umstritten. Nach seinem Rücktritt von der Leitung des Cincinnati Symphony Orchestra 1912 äußerte ein Journalist: "Er verhunzte Beethoven, machte Brahms zur süßlichen Gefühlsduselei, ließ Strauss in grelleren Farben glühen, als es sich dieser je hätte träumen lassen; und er stokowskisierte jeden Komponisten, den er in seine gebieterischen Hände bekam. Er ballte die Fäuste, schleuderte die Arme in die Luft und verrenkte seinen Körper, um harmlose und unüberzeugende Effekte zu erzielen."82
Seine Orchestertranskriptionen von Orgelstücken Bachs sind verständlich, wenn man bedenkt, daß er selbst sich als Liebhaber Bachscher Werke und Organist in diesem Metier auskannte und das Orchester wie eine "überdimensionale Orgel betrachtete"83. Bei seinen Eingriffen in den Notentexten machte er auch bei noch so bedeutenden Komponisten keine Ausnahme, stritt sogar deren Kompetenz in Sachen der Instrumentenkenntnis ab und wollte damit wahrscheinlich weniger dem Werk gerecht werden als sich selber profilieren84. Diese Eingriffe empfand er selbst als legitim. Aber nicht nur an der Anordnung und Sitzverteilung im Orchester experimentierte er herum, sondern er setzte auch neue Instrumente ein. Ebenso war Stokowskis eitler Charakter immer ein Angriffspunktöffentlicher Diskussionen; er pflegte sowohl mit dem Publikum als auch mit seinem Orchester einen strengen Umgang und ließ keinen Musiker spielen, der nicht seinen Ansprüchen genügte. Publicity gehörte für Stokowski immer zu seinem Beruf, und er ließ keinen Skandal aus, um von sich reden zu machen. Dazu gehörten sicherlich auch seine drei Hochzeiten.
Im Alter wurden seine Auftritte zwar nicht weniger kraftvoll, jedoch verzichtete er häufiger darauf, Partituren zu ändern, und wurde auch in seinem Wesen ruhiger. In seinem Buch 'Music for All of Us' (1943), das einige "grundsätzlich falsche Passagen" und "grobe Vereinfachungen"85 enthält, bringt Stokowski auch zukunftsweisende Neuerungen zur Sprache, darunter den Syntheziser, Entwicklung der Quadrophonie, teilweisen Verzicht auf die Notenschrift, Einbeziehung der Obertonfrequenzen einzelner Instrumente bei Schallplattenaufnahmen.
Stokowski hinterließ ein großes Vermächtnis an Musikeinspielungen.
Von seiner Orchesterfassung der Passacaglia in c-moll machte er sechs Aufnahmen (10.02.1922, 01.05.1929, 16.11.1936, 04./05.07.1941, 24.03.1950 und 1959)86.
5 Stokowskis Orchesterfassung von Bachs Passacaglia
5.1 Original und Bearbeitung
Die Bearbeitung ist nicht erst eine Erfindung unseres Jahrhunderts. Im Zeitalter der Barockmusik und auch schon seit der Renaissance (z.B. fügte Verdelot einem Werk von Janequin, 'La Guerre', eine fünfte Stimme hinzu87 ) waren Bearbeitungen über vorhandene Musikstücke üblich. Es kam oft vor, daß verschiedene Komponisten voneinander abschrieben oder Themen gegenseitig übernahmen. Bach selbst schrieb nicht nur Notentexte ab, sondern bearbeitete sowohl eigene Kompositionen als auch die anderer Komponisten. Ein Beispiel sind einige Instrumentalkonzerte Vivaldis, die Bach für die Orgel einrichtete88. So ist es auch nicht verwunderlich, daß Bach in seiner Passacaglia ein Thema von Raison verarbeitet. Aber auch sowohl vor als auch nach Bach war die Bearbeitung eine gängige Technik. Dabei gibt es verschiedene Formen der Bearbeitungen und auch unterschiedliche Absichten, aus denen sie erschaffen wurden bzw. werden. Dies kann zum Beispiel geschehen, um den Komponisten des Originals zu würdigen oder aber auch zu parodieren; die Bandbreite ist groß.
Wo fängt nun die Bearbeitung an ?
Schneider meint dazu: "Bearbeitung wird jede Veränderung eines musikalischen Werkes genannt. Die Bearbeitung reicht von der rein technischen Umschrift eines Werkes (Transkription, Klavierauszug) bis zur völligen kompositorischen Neugestaltung."89 Infolgedessen kann auch schon Bachs Passacaglia als Bearbeitung bezeichnet werden, wenn das Werk zuerst für das Pedalcembalo konzipiert war und dann erst auf der Orgel gespielt wurde.
Heutzutage hat Bearbeitung eines Werkes zu einem Klavierauszug eine große Bedeutung, da somit auch Laien die Möglichkeit gegeben ist, ein Werk im Notentext mitzuverfolgen oder sich durch eigenes Spiel mit der Musik vertraut zu machen. Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Orchesterfassungen eine weite Verbreitung fanden, wird Musik heute oft 'modernisiert', indem sie in verschiedenen Musikstilen (z.B.: Jazz, Rock&Pop) verarbeitet oder für elektronische Instrumente (z.B.: Synthesizer, Keyboard) arrangiert wird. Stokowski bearbeite Orgelwerke Bachs, indem er sie für das Orchester arrangierte. Dadurch vergrößerte sich deren Klangbreite. Den besseren dynamischen Möglichkeiten des Orchesters steht aber gegenüber, daß Bach seine Orgelwerke genau auf die Orgel abstimmte, das heißt, daß z.B. eine Violine wegen des nach unten begrenzten Tonumfanges nach unten (g) eine melodische Linie, die diese Grenze unterschreitet, nicht spielen kann. Vorteile ergeben sich dadurch, daß durch solche Bearbeitungen neue Zuhörer gewonnen werden und daß die Aufführung dieses Stückes nicht mehr an eine Kirche oder einen Konzertraum mit Orgel gebunden ist.
1838 sagte Robert Schumann zur Legitimation von Bearbeitungen im allgemeinen: "...einen Läppischen lachen wir aus, wenn er es schlecht macht, einem Geistreichen gestatten wir's, wenn er den Sinn des Originals nicht etwa geradezu zerstört."90
5.2 Analyse von Stokowskis Orchesterfassung
In diesem Abschnitt werde ich aus Kompatibilitätsgründen nicht die in Stokowskis Orchesterpartitur benutzten Zahleneinteilungen, sondern die der Orgelfassung entsprechenden Taktzahlen benutzen. Dies ist sinnvoll, da es keine Änderungen bei der Anzahl und Verteilung der Takte gegeben hat.
In seiner Orchesterfassung hält Stokowski sich weitgehend an den von Bach vorgegebenen Notentext. Dabei verteilt er die Stimmen des Orgelsatzes auf die Instrumente seines Orchesters. Dieses besteht aus Holzbläsern (Pikkoloflöten, Flöten I-IV, Altflöten, Oboen I-III, Englisch Hörner, Klarinetten in B I-III, Baßklarinetten in B, Fagotte I-III, Kontrafagotte), Blechbläsern (Hörner in F I-VIII, Trompeten in C I-IV, Posaunen I-IV, Tenor- und Baßtuben), Schlaginstrumenten (Pauken) und Streichern (Violinen I,II, Bratschen, Celli, Kontrabässe). Während am Beginn der Passacaglia noch häufig jeder Stimme des Originals in jeder Variation eine Instrumentengruppe oder eine Kombination von Instrumenten zugeordnet wird, durchbricht Stokowski im Verlaufe des Stückes häufig diese eindeutige Zuweisung. Damit beginnt er mit dem Auftakt zu Takt 21, in welchem die drei Oberstimmen in den Holzblasinstrumenten zu einem je tieferen Instrument wechseln.
Die Tabelle I im Anhang soll einen Überblick über die Instrumentenverteilung von Stokowski auf die meistens vier Stimmen des Originals geben. Die in Klammern gesetzten Instrumente sind nicht von Anfang an vertreten, sondern kommen - oft ab der Mitte oder für die letzten Takte - hinzu. Die kursiv gedruckten Instrumente spielen nicht bis zum Ende der Variation. Stokowski hat im gesamten Stück eine Grundverteilung der Stimmen. Diese besteht lediglich aus den Streichern. Den Baß spielen Celli und Kontrabässe, den Tenor die Bratschen, und Alt und Sopran werden von den zweiten und ersten Violinen übernommen. Diese Verteilung, weitgehend nur mit Streichern, liegt in den Variationen 1., 4., 6., 12., 18. vor. In einigen Variationen wird diese Streicherbesetzung durch verschiedene Instrumente erweitert: Variationen 3., 7., 8., 16., 19., 20. Die übrigen Variationen sind davon verschieden besetzt. Die Verzierungen des Originals schreibt Stokowski in seiner Partitur aus. Zu Beginn der Passacaglia stellt Stokowski den Basso ostinato mit den Celli und den Kontrabässen vor, die, identisch notiert, immer im Abstand von einer Oktave klingen. Er fängt im piano pianissimo an und steigert nur auf der vorletzten Note, G, zum pianissimo. Die Kombination von Celli und Kontrabässen für den Baß behält er vorerst bis zum Ende der vierten Variation bei.
Die erste Variation läßt Stokowski in der Grundverteilung mit Streichern spielen, wobei alle Stimmen ihre Originallage beibehalten. Die Trennung der Vorhaltmotive durch Achtelpausen im Original übergeht Stokowski, indem er am Ende jedes Motivs die Viertelnote punktiert. Über dem pianissimo im Baß entsteht in der ersten Hälfte eine wellenartige Dynamik dadurch, daß das Vorhaltmotiv in den Oberstimmen mit einem diminuendo versehen ist. Zur Mitte hin gibt es eine Steigerung bis zum piano, bevor der Klang im letzten Takt wieder ganz zurückgenommen wird.
Die zweite Variation ist dynamisch ähnlich, jedoch auf einem höheren Lautstärkeniveau, gestaltet. Dieses höhere Lautstärkeniveau wird schon durch die Instrumentierung erreicht. Der Sopran, der im ersten Teil durch die ersten Flöten vertreten wird, wechselt im zweiten Teil, der die Flöten fast an die untere Grenze ihres Tonumfanges führen und Klangvolumen wegnehmen würde, auf die Altflöten kombiniert mit den ersten Klarinetten. Der Alt 'wandert' von den ersten Klarinetten in die ersten Fagotte und der Tenor von den zweiten Klarinetten zu den zweiten Fagotten. Im Gegensatz zur ersten Variation wird der Notentext des Originals genau befolgt; die Achtelpausen zwischen den Motiven sind hier wieder vorhanden. Die dritte Variation ist anfangs wieder in der Grundverteilung instrumentiert, wobei die Lautstärke weiter ansteigt. Der Anfang steht in den Oberstimmen im piano. Die Artikulation ist im Baß leicht verändert; der Auftakt im Auftaktmotiv des Themas wird jeweils übergebunden. Das Besondere an der Instrumentierung dieser Variation ist, daß Stokowski die Linearität der Sopranstimme durchbricht. Das in Takt 29 auftaktig beginnende Motiv, as'', g'', f'', es'', läßt er durch eine Kombination von Flöten, Oboen und Klarinetten im folgenden Takt beantworten. Mit derselben Kombination von Instrumenten setzt dann in Takt 31 auf dem zweiten Achtel die im Original als zweiter Sopran geführte Stimme ein. Dadurch entsteht an dieser Stelle ein 'Dialog' zwischen der ersten Violine und der Holzbläsergruppe. Die vierte Variation ist wieder nur mit Streichern besetzt. Der Baß behält die Artikulation der dritten Variation bei. Die Lautstärke ist weiter erhöht. Die Variation beginnt in den Oberstimmen im mezzoforte; ab der Mitte ist dann ein crescendo vorgeschrieben. Die letzte Note c in Takt 40 wird im Gegensatz zum Original den ganzen Takt lang ausgehalten. So entsteht, trotz des abrupten Wechsels der Instrumente zur nächsten Variation, ein fließender Übergang.
Auf dem verklingenden C in Takt 40 beginnen die Holzbläser mit der fünften Variation im piano oder pianissimo. Nur die ersten und zweiten Flöten, die den Sopran spielen, beginnen im mezzoforte. Auch die ersten Oboen und Klarinetten sind dem Sopran zugeordnet. Dadurch entsteht eine klangliche Führung des Soprans. Die Schlußnoten läßt Stokowski verklingen, indem er die verschiedenen Instrumentengruppen auf unterschiedlichen Zählzeiten enden läßt (die Oboen nach der ersten Achtel, die ersten und zweiten Klarinetten und die ersten Fagotte nach der ersten Viertel, die übrigen Stimmen nach einer halben Note). Während hier also in den Stimmen punktierte Halbe als Schlußnote verlangt werden, hat im Original jede Stimme eine spezifische Länge der letzten Note. Das liegt daran, daß zum Beispiel in Takt 48 im Tenor die erste Note Schlußnote der fünften Variation zugleich aber auch Teil einer Sechzehntelfigur ist. Durch den Wechsel der Instrumente im Orchester kann nun dieser letzten Note, es', eine längere Spieldauer zugeordnet werden.
Weil der Tonumfang der Instrumente nicht ausreicht, muß in dieser Variation dreimal eine Sechzehntelnote ausgelassen werden. Dies ist der Fall beim Englisch Horn in Takt 44. Auf der zweiten Zählzeit kann die letzte Sechzehntel a vom Instrument nicht mehr gespielt werden. Stokowski ersetzt die Note in Klammern durch eine Pause. Dasselbe tut er im Fagott in Takt 43 und 46 auf der dritten Sechzehntel der zweiten Zählzeit.
In dem ausklingenden Schlußakkord in Takt 48 beginnen die Streicher mit der sechsten Variation. Diese ist wieder ausschließlich in der Grundverteilung zu hören. Die Lautstärke nimmt wieder zu. Ab der Mitte ist ein crescendo vorgeschrieben, nachdem schon im forte bzw. mezzoforte begonnen wurde.
In der siebten Variation erreicht Stokowski eine weitere klangliche Verstärkung dadurch, daß er erstmals Streicher und Holzbläser mischt (siehe Tabelle I im Anhang). In den Takten 58+59 und 62-64 werden dem Baß sogar noch Instrumente aus der Blechbläsergruppe hinzugefügt. Dabei wird der Klang durch den piano -Einsatz der Hörner im forte des übrigen Orchesters jedoch eher in der Klangfarbe als in der Lautstärke beeinflußt. In den letzten beiden Takten steigert Stokowski die Lautstärke bis zum forte fortissimo und läßt im letzten Takt alle Flöten, Klarinetten, Fagotte, Hörner, Tuben und Streicher den Oktavabgang des Tenor im unisono vollziehen, wobei jede Sechzehntel betont wird. Die erste Violine unterstützt die Tenorstimme noch bis zum Beginn von Takt 65, bevor sie wieder in den Sopran wechselt.
Nach dem dadurch entstandenen ritardando nimmt er in der achten Variation gleich wieder das vorherige Tempo der Sechzehntelbewegung auf. Obwohl die Blechbläser herausgenommen sind, bleibt das Klangvolumen der vorigen Variation erhalten. Auch hier besteht an einigen Stellen (Takte 65, 70, 71) wieder das Problem der Spielbarkeit aufgrund des Tonumfangs der Englisch Hörner. Außer diesen spieltechnisch notwendigen Änderungen und der Halbierung der Schlußnote in der zweiten Klarinette bleibt der Originalsatz erhalten. In Takt 70 wird ab der dritten Zählzeit zu einem fortissimo gesteigert. Dadurch und durch ein ritardando wird der Neapolitanische Sextakkord besonders herausgehoben. Die neunte Variation trennt Stokowski durch ein plötzliches piano klar von der vorigen. Auch fallen die Streicher vollständig weg, und die Holzbläser werden ausgedünnt. Dieses piano wird bis zum Ende der Variation zu einem fortissimo gesteigert, indem neben einem crescendo der spielenden Instrumente auch immer mehr neue Instrumente 'zugeschaltet' werden. Davon profitiert fast ausschließlich, abgesehen vom Fall des Baßeinsatzes der Kontrafagotte in Takt 78, der Sopran. In Takt 79 kommen die Violinen als letzte Instrumentengruppe in diese Variation.
Dadurch entsteht ein fließender Übergang zur zehnten Variation, in welcher die Violinen die Sechzehntelläufe spielen. Die Begleitakkorde auf der ersten und dritten Zählzeit verteilen sich auf Blechbläser und tiefe Holzbläser, wobei einigen Instrumenten - Baßklarinetten, erste Fagotten, Kontrafagotten, ersten, vierten, fünften, achten Hörnern, dritten Posaunen und allen Tuben - klar die Baßstimme zugeordnet ist, während die anderen nicht klar einer Stimme des Originals entsprechen, sondern ihre Akkordtöne aus Sopran, Alt oder Tenor des Originals beziehen. Dies bleibt aber nicht die einzige Änderung im Notentext. Der Akkord auf der ersten Zählzeit wird durchgehend um eine Sechzehntel verlängert, wodurch sich die Pause zwischen den Akkorden um den gleichen Wert verringert. Zum Schluß der Variation hält sich Stokowski die Tondauer betreffend nicht mehr an Bachs Vorlage. Er läßt im vorletzten Takt noch die Trompeten hinzukommen und beginnt ein langes crescendo, wobei er während des ganzen Taktes einen G-Dur-Akkord aushalten läßt. Im letzten Takt führt er diese Eigenmächtigkeit weiter, indem er auch den c-moll-Akkord eine halbe Note mit übergebundener Sechzehntel aushält. Unterstützt durch die Pauken gibt es zuerst eine Steigerung bis zum forte fortissimo und bis zur übergebundenen Sechzehntel noch ein starkes diminuendo, welches nur auf der CD-Aufnahme91 zu hören, aber nicht in Stokowskis Partitur verzeichnet ist.
Mit den letzten drei Sechzehnteln in Takt 87 bringen sich unauffällig die Bratschen mit ein, die zuerst die Sechzehntelfigur im Sopran unterstützen und mit Beginn der elften Variation diese Figur, im Wechsel mit den zweiten Violinen und den Celli, weiterführen. Dadurch entsteht auch an dieser Nahtstelle zweier Variationen ein fließender Übergang. Die Aufteilung der Sechzehntelfigur auf die Streicher erfolgt nach der Tonhöhe. Jede Streichergruppe spielt nur in der für sie besten Lage, mit Ausnahme der Bratschen in Takt 94, wo diese bis zum c'' hinauf müssen. Während der gesamten Variation wird ein fortissimo in beiden Stimmen beibehalten; trotzdem fällt das Klangvolumen zu Beginn der Variation wegen der Ausdünnung der Instrumente und der werkbedingten Zweistimmigkeit stark ab. Jedoch steigt die Lautstärke der Sopranstimme durch die Steigerung der Instrumentenzahl ab dem forte noch an. Das erste Horn kommt nur für die letzten beiden Töne hinzu. Der Schlußton des Soprans wird wieder um eine Achtel verlängert.
Diese Verlängerung ist möglich, da der Sopran nun wieder von der ersten Violine übernommen wird und Holz- und Blechbläser zu Beginn der zwölften Variation schweigen. Die gesamte zwölfte Variation ist in der Grundverteilung wieder fast ausschließlich den Streichern zugewiesen. Eine Ausnahme bildet ein kurzer, eintaktiger Einwurf von Englisch Hörnern und ersten Hörnern von der zweiten Achtel in Takt 101 bis zur ersten Sechzehntel des folgenden Taktes, die an dieser Stelle die Altstimme verstärken. Auch in dieser Variation ist Stokowski - aufgrund des begrenzten Tonumfangs der Streicher nach unten - gezwungen, einige Töne der Kontrabässe (Takt 101,102: C, D, E zu c, d, e) und der Bratschen (Takt 103: H zu h) eine Oktave nach oben zu oktavieren. Eine Änderung des Notentextes nimmt er auch in den zweiten Violinen vor. Hier steht in der letzten Achtel von Takt 103 statt eines h ein c'. Die letzte Note des Themas wird wiederum um eine Achtel verlängert. Die Lautstärke, ein fortissimo, bleibt weiter erhalten; durch den kräftigen Klang der Streicher und die volle Vierstimmigkeit steigt die Lautstärke im Gegensatz zur letzten Variation aber deutlich an. Das piano der dreizehnten Variation wirkt nun als Kontrast. Das Thema, welches durch sein variiertes Auftreten im Alt schon an Gewicht verliert, wird durch die Instrumentierung fast zum Verschwinden gebracht. Zum einen spielen die Altflöten das Thema nur bis zur Mitte (Takt 108), andererseits müssen sich die ersten Klarinetten ab dort alleine in eine für sie extrem tiefe Lage begeben, wodurch das Klangvolumen schon ohne das am Ende vorgeschriebene diminuendo nachläßt. Dadurch gewinnt die Sopranstimme mit ersten Flöten und ersten Oboen die klangliche Führung.
Indem er die Klarinetten herausnimmt, hat Stokowski automatisch die Überleitung zur zweistimmigen vierzehnten Variation. Er behält die übriggebliebene Besetzung bei, kann aber wegen des begrenzten Tonumfangs der Instrumente diese nicht eindeutig den Stimmen sondern nur den Tonhöhen zuordnen, so daß die arpeggierten Akkorde in einen tiefen - jeweils die ersten vier Sechzehntel - und einen hohen Teil gespalten werden. Die hohe Stimme wird ohne ersichtlichen Grund zu Beginn von Takt 115 von den ersten Klarinetten (c'', as) unterstützt. Die Variation beginnt im pianissimo und wird ab den letzten drei Sechzehnteln in Takt 118 bis zum Schluß durch Hinzunahme von Holzbläsern zu einem forte gesteigert, an welchem alle Holzbläser außer den Kontrafagotten beteiligt sind. Auf dem Schlußton dieser Variation setzt die fünfzehnte mit Streichern, Pauken und Hörnern im fortissimo ein. Stokowski erweitert diese im Original einstimmige Variation klanglich erheblich. Auf die erste Zählzeit setzen jeweils die Kontrabässe, Celli und Pauken betont ein. Die Celli und Bratschen spielen das arpeggio bis zur ersten Sechzehntel der zweiten Zählzeit, auf der gleichzeitig alle Violinen diese Bewegung aufnehmen, wodurch dort eine Betonung entsteht. Auch die erste Sechzehntel der dritten Zählzeit wird betont, indem die Bratschen diesen Ton unterstützen. Dies wird noch verstärkt durch den Einsatz der Hörner auf der zweiten und dritten Zählzeit, so daß die Sechzehntelbewegung als Begleitung zu den jeweils ersten betonten Sechzehnteln jeder Zählzeit fungiert. Dabei geben die Bratschen und Hörner auf der zweiten und dritten Zählzeit das Originalthema in diminuierter Form - aus der halben Note wird eine Viertel - wieder, während Kontrabässe und Pauken die jeweils erste Sechzehntel des Taktes, in die für die Instrumente spielbaren Bereiche versetzt, verstärken. Durch das in den Violinen durchgehend vorgeschriebene portato erreicht Stokowski einen 'weicheren' Klang als bei vorigen streicherdominierten Stellen.
In der sechzehnten Variation werden alle Streicher, mit Ausnahme der Kontrafagotte, alle Holzbläser und die Trompeten eingesetzt. Das Thema, das nun wieder unverändert im Baß vorliegt, spielen hier wieder Kontrabässe und Celli. Die Oberstimmen, die sich vom Beginn bis zum Ende jeden Taktes von der Einstimmigkeit zur Fünfstimmigkeit ausbreiten, werden auf die übrigen Instrumente verteilt, wobei der Tenor nicht mehr als solcher zu erkennen, sondern in die Oberstimmen einbezogen ist. Stokowski bringt hier eine sehr markante Dynamik ein; er steigert jeden Takt von einem mezzoforte in den Streichern, einem pianissimo in den Trompeten und einem piano in den Holzbläsern zu Beginn jeden Taktes zu einem fortissimo auf der letzten Zählzeit der Takte. Dieses Anschwellen der Lautstärke wird durch die Zunahme der Stimmen unterstützt. Die Verteilung der Sechzehntelnoten und der übergebundenen Noten geht quer durch alle Stimmen, wobei aber jede Note des Originals in der Orchesterpartitur wiederzufinden ist.
In der siebzehnten Variation fallen die Streicher ganz weg, und im Blechbläserbereich werden die Trompeten durch Hörner und Tenortuben ausgetauscht. Wie im Original gehen beide Variationen fließend ineinander über. Da diese Variation im mezzoforte der Holzbläser und piano der Blechbläser zu spielen ist, wird der letzte Takt der vorigen Variation statt zu einem fortissimo nur bis zum mezzoforte gesteigert. Die Triolenbewegung der beiden Oberstimmen ist im allgemeinen auf die Holzbläser verteilt, während die Blechbläser und die in Takt 140 hinzukommenden Kontrafagotte das Thema spielen. Jedoch gibt es Überschneidungen. So beginnen die Fagotte mit dem Thema, wechseln aber im Laufe der Variation auf die Oberstimmen. Auch in den anderen Stimmen kommt es zu Wechseln und Pausen in den Instrumentengruppen, wenn deren Tonumfang über- oder unterschritten ist. In der achtzehnten Variation liegt wieder die Grundverteilung - also ausschließlich Streicherbesetzung - vor. Der originale Notentext wird beibehalten und von den Streichern gleichförmig im fortissimo während der gesamten Variation gespielt. Von nun an werden in jeder Variation Instrumente hinzugefügt.
Bis zur zwanzigsten Variation wird eine Steigerung der Lautstärke aber nicht nur durch Zunahme der Stimmen und Instrumente erreicht; auch werden häufiger Stimmen oktaviert. So spielen die ersten Violinen den Sopran in der neunzehnten Variation schon eine Oktave höher, und in der letzten Variation wird das Orchester bis zum letzten Takt sogar zum tutti aufgefüllt, wobei auch noch die Bratschen und Celli aufgeteilt sind. Zum Schluß des Passacagliateils läßt Stokowski das Orchester sehr stark ritardieren.
Es wäre interessant zu erfahren, ob und wie Stokowski die Passacaglia aufteilte. Einen Hinweis darauf erhalten wir durch die Verteilung der Instrumentengruppen auf die Variationen, wenn man annimmt, daß Stokowski als ehemaliger Organist, der das Orchester als große Orgel ansah92, von der Registrierung auf der Orgel ausgeht. Auffällig ist das häufige, vollständige Auftreten der Streicher, welches ich als Grundverteilung bezeichnet habe (s.o.). Wegen des dominierenden Klanges denke ich, daß es sich hier um Stokowskis 'Hauptwerk' handelt. Die auch häufig auftretenden Holzbläser wären dann das 'Nebenwerk'. In einer möglichen Registrierung wäre dies eine Mischung aus Labialpfeifen, die den Holzbläsern entsprechen. Da die Blechbläser nur in Kombination mit den anderen beiden 'Werken' und dann meist leiser als diese auftreten und mehr für eine Klangfärbung als für eine Klangverstärkung oder einen separaten Klang sorgen, betrachte ich diese nicht als zweites 'Nebenwerk', sondern als Register, die den anderen beiden 'Werke' zugeschaltet werden können; diese 'Trompetenregister' sind auf der Orgel durch die Lingualpfeifen (Trompete, Schalmei, vox humana) vertreten. Durch die verschiedenen Kombinationen der Instrumentengruppen 'registriert' Stokowski Haupt- und Nebenwerk seines Orchesters.
Dabei bleibt natürlich unbestritten, daß Stokowski mit seinem großen Orchester bessere Möglichkeiten in der klanglichen und besonders der dynamischen Abstufung zur Verfügung hat, als es bei der Orgel trotz ihrer Register und des Schwellers der Fall ist. Wie auf der Orgel treten die 'Register' des Orchesters entweder gekoppelt (+) oder ungekoppelt auf. Stokowskis Partitur würde für einen auf die Orgel übertragenen Spielplan - bei unberücksichtigtem
Pedalgebrauch - dann folgendermaßen aussehen : Tab. 2 :
'Manualverteilung' der Passacaglia in Stokowskis Orchesterfassung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Neben der Registrierung gibt Stokowski noch einen weiteren Hinweis darauf, wie er sich die Einteilung der Passacaglia vorstellt. Er verlängert manchmal am Ende einer Variation die Schlußnote und erreicht so einen fließenden Übergang zur nächsten Variation, jedoch ist dies nicht automatisch als verbindendes Element zweier Variationen zu werten. Unter Nutzung der vorliegenden Daten komme ich zu folgender Einteilung Stokowskis: Die ersten drei Variationen gehören zusammen. In der ersten wird das 'Hauptwerk', in der zweiten das 'Nebenwerk' vorgestellt. Die dritte Variation verbindet das 'Hauptwerk' mit Einwürfen des 'Nebenwerks'.
Die vierte ist durch das erneute alleinige Auftreten des 'Hauptwerkes' und eine neue dynamische Qualität, das mezzoforte der Streicher, von der vorigen Variation getrennt. Die vierte und die fünfte Variation gehen durch die verlängerte Schlußnote ineinander über, während Stokowski durch das alleinige Einsetzen des 'Hauptwerks' in der sechsten Variation den Anfang einer neuen Gruppe markiert; in der siebten und achten Variation verstärkt er den Klang durch Koppeln der beiden 'Manuale'. In der neunten Variation entsteht ein Schnitt durch den Wechsel auf das 'Nebenwerk' und das plötzliche piano. Genauso ist auch die Trennung von zwölfter und dreizehnter Variation begründet. Letztere bildet mit den folgenden beiden Variationen eine Gruppe. Beide Gruppen zeichnen sich durch einen Übergang von der Holzbläsergruppe (NW) auf die Streichergruppe (HW) aus. Eine klare Trennung zu den beiden folgenden Variationen ist nicht vorhanden. Eine klare Gruppe bilden dagegen noch die drei letzten Variationen. Stokowski läßt die Streicher (HW) beginnen und steigert zum Schluß der Passacaglia zu einem tutti des ganzen Orchesters. Dieses ist eine mögliche Einteilung. Aufgrund anderer Betrachtungsweisen, wegen des starken Mischklangs in Stokowskis Orchester und wegen der häufig verlängerten Töne am Ende der einzelnen Variationen sind jedoch auch andere Einteilungen denkbar.
p>Die Fuge läßt Stokowski in der Streicherbesetzung beginnen. Im Gegensatz zur Orgelpartitur bleiben alle Vorzeichen erhalten. Den aus dem Schlußakkord des Passacagliateils hervorgehenden Anfangston der Fuge spielen die zweiten Violinen neu an.
Während der ersten fünf Themeneinsätze vollzieht Stokowski auch in seiner Instrumentierung das Prinzip der Permutationsfuge, indem er die zuerst einsetzenden zweiten Violinen vom Thema über das erste und zweite Kontrasubjekt bis zur freien Begleitstimme 'weiterreicht'. Ähnlich, aber nicht so streng, verfährt er mit dem siebten (Takt 209) und achten (Takt 221) Themeneinsatz, deren Besetzungen in den jeweils folgenden Einsätzen im ersten beziehungsweise zweiten Kontrasubjekt wiederzufinden sind. In den übrigen Einsätzen ist keine Struktur in der Instrumentierung festzustellen. Eine vollständige Verteilung der Instrumente auf die zwölf Themeneinsätze findet sich in Tabelle II des Anhangs. Auf eine Darstellung der Instrumentierung zwischen den Themeneinsätzen verzichtete ich, da es zu keinen bedeutenden Einsichten führt.
Eine wichtige Änderung gegenüber dem Passacagliateil ist die Eigenständigkeit der Blechbläser. Will man den von mir angeregten Vergleich des Orchesters mit einer Orgel auch in der Fuge weiterführen, so schlage ich vor, die Blechbläser jetzt nicht mehr nur als Register des Haupt- und Nebenwerkes, sondern als Registrierung für ein zweites Nebenwerk anzusehen. Dafür spricht schon die Selbständigkeit des vierten und fünften Themeneinsatzes durch die Hörner und Tenortuben bzw. Trompeten im forte.
Die ersten drei Themeneinsätze finden ausschließlich in den Streichern statt. Aber auch mit den in Takt 181 einsetzenden Celli und Kontrabässen verfährt Stokowski noch bis zum fünften Themeneinsatz in Takt 192 in der Instrumentenverteilung nach dem Vorbild der Permutationsfuge. Besonders gut läßt sich dieses Prinzip in der Tabelle II des Anhangs nachvollziehen; dort wird das 'Weiterreichen' der Instrumente deutlich sichtbar. Während sich Stokowski in seiner Instrumentierung anfangs noch streng an die Orgelpartitur hält, muß er im Laufe der Fuge wieder Kompromisse an den Stellen finden, an welchen der Tonumfang der Instrumente erschöpft ist. Aber auch das Verlängern der Schlußnote des Themas übernimmt er aus dem Passacagliateil des Werkes überall dort, wo durch einen Wechsel der Instrumente Gelegenheit dazu besteht. Dies geschieht zuerst beim vierten Auftreten des Themas in Takt 186. Hier verlängert sich die Schlußnote um mehr als das dreifache seiner Originallänge. In Takt 197, dem Anfang des manualiter gespielten Durchführungsteil der Fuge, findet auch im Orchester ein Wechsel der Instrumentengruppen statt. Blechbläser und Streicher schweigen vorerst, und die Holzbläser übernehmen die Führung im gleichbleibenden mezzoforte, während bis dahin eine ständige Steigerung und Intensivierung der Lautstärke die Vorstellung der Themen begleitete. In diesem ruhigen Teil kommen erst in Takt 209 zum siebten Themeneinsatz in B-Dur die Hörner hinzu. In Takt 217 folgen die Streicher ohne das 'Pedal', die Kontrabässe. Diese setzen mit dem achten Themeneinsatz wieder ein. Von dort an wird bis zum Schluß die Baßstimme, also die dem Pedal der Orgelfassung entsprechende Stimme, mit wenigen Ausnahmen von einer Instrumentengruppierung bestehend aus Kontrabässen, Celli, Kontrafagotten, Fagotten und Baßklarinetten vertreten. Diese Kombination verleiht dem Baß einen kräftigen, intensiven Klang. Auch die übrigen Stimmen sind zum Schluß kräftig - aber in verschiedenen Instrumentenzusammensetzungen - vertreten.
Von Takt 239 bis Takt 243, der aufsteigenden Bewegung in beiden Stimmen, beginnt Stokowski mit der Streicherbesetzung und wechselt dann taktweise im Lauf mit den Holzbläsern. Demnach spielen Bratschen, Celli und Kontrabässe die Pedalstimme und Englisch Hörner, Klarinetten und Fagotte den Tenor des Originals; der Alt wechselt zwischen Violinen und Holzbläsern (Flöten und Oboen). In Takt 244 setzen die Streicher in der Partitur nach der ersten Achtel aus und erst in Takt 253 kommen die ersten Violinen wieder hinzu. Auf der CD93 ist jedoch zu hören, daß die ersten Violinen in dieser Aufnahme die Sopranstimme mit übernehmen und dadurch in diesem Teil durchgehend präsent sind. Es ist zu vermuten, daß Stokowski der Klang an dieser Stelle zu voll war und er nachträglich zur Veröffentlichung der Partitur im Jahre 1951 die Instrumentierung dieser Stelle geändert hat. Bis zu dem Triller in Takt 270 nimmt Stokowski den Klang noch etwas zurück, bevor er von da an in einer ständigen Steigerung zu einem tutti am Schluß gelangt. Nun beginnt er, sich stärker von der Orgelpartitur zu entfernen, indem er zum Beispiel Noten am Beginn einer Zählzeit durch deren Verlängerung über die ganze Zählzeit betont. Auch eine klare Zuordnung der Stimmen wird immer schwieriger. Zum Schluß baut Stokowski noch erhebliche Temposchwankungen ein. So ritardiert er bis zum Neapolitanischen Sextakkord in Takt 285, behält das so entstandene langsamere Tempo danach weiter bei und ritardiert in den letzten zwei Takten auf einen Bruchteil des Anfangstempo (" x = about 112").
5.3 Vergleich des Originals mit der Bearbeitung
Die CD mit der Aufnahme von Stokowskis Orchesterfassung der Passacaglia von 1994 ist eine Kopie einer historischen, analogen Aufnahme aus dem Jahre 1929. Daher rührt die aus heutiger Sicht sehr schlechte Aufnahmequalität (ADD), welche in Kombination mit dem ausgeprägten Mischklang auditive Aussagen über diese Fassung erschwert.
Vergleicht man Bachs Orgelpassacaglia mit Stokowskis Orchesterfassung, so fällt zuerst einmal auf, daß sich Stokowski ziemlich genau an den von Bach vorgegebenen Notentext hält und er selbst sich in der Zuordnung der Stimmen wahrscheinlich an möglichen Orgelregistrierungen orientiert, so daß das Werk nicht etwa durch wilde Instrumentierungen auseinandergerissen wird, wie es bei dem Spaltklang von Strawinskys Instrumentierungen Bachscher Werke vorkommt, sondern weiterhin eine Einheit bildet. Diese klangliche Einheit ist auch in der Aufnahme zu hören. Jedoch ergibt sich beim Hören durch den satten Mischklang des Orchesters die Schwierigkeit der Differenzierung.
Änderungen im Notentext muß Stokowski jedesmal vornehmen, wenn der Tonumfang eines Instruments für die ihm zugeordnete Stimme nicht ausreicht. An diesen Stellen wechselt er entweder das Instrument auf ein in der Tonhöhe benachbartes derselben Gruppe, oder er oktaviert die betreffende Stimme, so daß sie für das gewählte Instrument spielbar ist. Dieses ist ein Problem, da Bach mit seiner Passacaglia den Tastenumfang der Orgel optimal genutzt hat (C-c 3).
Ein weiterer häufiger Unterschied zum Original sind lang ausgehaltene Schlußnoten in der Orchesterfassung. Zwar wäre eine Verlängerung der Schlußnoten einer Variation im Passacagliateil oder eines Themeneinsatzes im Fugenteil spieltechnisch auch auf der Orgel möglich, jedoch würde es den Spielfluß erheblich stören und die Abgrenzung der einzelnen Teile als Variationen in Frage stellen. Die Realisation im Orchester ist dagegen sehr einfach durch einen Wechsel der beteiligten Instrumente zu vollführen, wodurch die Klangvermischung jedoch noch zunimmt.
Zudem zeichnet sich die Orchesterfassung durch viele Temposchwankungen aus, die aus der Orgelpartitur nicht ersichtlich und auf der Orgel-CD94 nur als agogische Differenzierung zu hören sind. Diese verschiedenen Tempi notiert Stokowski sogar entweder als direkte Tempoangabe (z.B. Takt 33: " q = about 72") oder als relative Bezeichnung (z.B. Takt 169: "Un pochissimo piùanimato") oder als Kombination der beiden Möglichkeiten aus. Am stärksten sind diese jeweils am Schluß des Passacagalia- und des Fugenteils zu hören, wo die Musik fast zum Stillstand kommt und jede Sechzehntelnote einzeln hervorgehoben und betont wird. Auch im Original gibt es natürlich ein ritardando am Schluß. Dieses fällt jedoch nicht aus dem Tempo des gesamten Werkes heraus.
In der Bearbeitung liegt eine große Anzahl an dynamischen Zeichen vor, die zu Bachs Zeiten noch nicht üblich waren. Während die Dynamik an der Orgel durch das Ziehen von Registern und die eingeschränkten Möglichkeiten durch Hinzunahme des Schwellwerkes bestimmt ist, schöpft die Bearbeitung diesbezüglich die Möglichkeiten des Orchesters voll aus. Stokowski reicht es nicht aus, die verschieden Variationen der Passacaglia und Teile der Fuge unterschiedlich zu instrumentieren und mit einer Lautstärkeangabe zu versehen, er geht auch innerhalb einzelner Teile und sogar einzelner Töne verschwenderisch mit dynamischen Angaben um, die teilweise entweder durch den Gesamtklang des Orchesters oder durch die schlechte Aufnahmequalität auditiv nicht oder kaum wahrnehmbar sind. An einigen Stellen werden durch die Instrumentierung auch Zusammenhänge zerrissen. Während Bach die wiederholt abwärtslaufenden Achtel as'', g'', f'', es'' ab Takt 29 im Sopran notierte, interpretiert Stokowski sie als Motiv mit Echo. Auch werden in der Bearbeitung manche Töne oder Motive besonders herausgehoben. Dies geschieht auf zwei unterschiedliche Weisen. Kleine Motive wie das oben erwähnte in Takt 29 oder die Altstimme in Takt 101 ab der zweiten Achtel (g') werden wechselweise oder zusätzlich auf anderen Instrumenten gespielt. Einzelne Töne werden durch Akzentuierung oder Verlängerung (z. B. Trompeten : Takt 280 zweite Viertel - 282 erste Viertel) betont.
Durch die besonderen Möglichkeiten des Orchesters können in der Bearbeitung aber auch Themeneinsätze markiert werden, die auf der Orgel besonders im Fugenteil in der Musik aufgehen und erst 'herausgehört' werden müssen. Dieses 'Heraushören' versucht Stokowski in der Orchesterfassung durch seine Instrumentierung zu übernehmen; dabei legt natürlich er fest, wie dies geschieht.
5.4 Weitere Bearbeitungen von Bachs Passacaglia c-moll
Neben Stokowskis Orchesterfassung gibt es noch weitere Bearbeitungen dieses großen Werkes. Hermann Keller schreibt: "Ich selbst habe die Passacaglia vor langer Zeit für zwei Klaviere übertragen, um den Klavierspielern die Kenntnis dieses Werkes zu vermitteln, - aber auch das ist Surrogat gegenüber dem Klang der Orgel."95 Keller hatte also bei seiner Bearbeitung die gleiche Intention wie Stokowski. Beide wollten mit der neuen Instrumentierung das Werk auch für Menschen zugänglich machen, deren Interesse nicht unbedingt der Orgelmusik gilt. Während Stokowski jedoch voll hinter seinen Werken stand, meint Keller, daß eine Übertragung möglich ist und auch hilft, anderen Menschen diese Musik näherzubringen, aber niemals dem Klang der Orgel gleichkommt. Als weitere Bearbeitungen werden in Lübbes Bach Lexikon eine Blasmusikbearbeitung von 1873 und eine Orchesterbearbeitung durch A.Goedike von 1966 genannt96. Für das Spiel auf nur einem Klavier übertrug Fritz Malata 1926 die Passacaglia97. Allein durch die Überlegung, daß Keller das Werk zu Bachs schwersten Orgelstücken zählt und auf der Orgel im allgemeinen mindestens zwei Manuale und Pedal vorhanden sind, erscheint dies sehr gewagt.
Malata hält sich ziemlich genau an den vorgegebenen Notentext. Da ihm die klanglichen Möglichkeiten der Orgel insbesondere die verschiedenen Register nicht zur Verfügung stehen, 'registriert' er zum einen durch dynamische Veränderungen, bei denen er sich, im Gegensatz zu Stokowski und für die Entstehungszeit untypisch, zurückhält und zum anderen durch Oktavierung oder Benutzung verschiedener Lagen, wobei er den Tonumfang des Klaviers gut einsetzt (C1-c 4: sechs Oktaven). Dabei ist zeitweise eine Notation über drei Systeme notwendig.
Trotzdem behält auch hier die Aussage Kellers (s.o.) ihre Gültigkeit.
6 Kritische Schlußbetrachtung
Nach intensiver Beschäftigung mit Bachs Orgelpassacaglia und Stokowskis Bearbeitung wird klar, wie zeitlos die Musik Bachs ist, die durch neue Bearbeitungen immer wieder dem Zeitgeist angeglichen werden kann, aber auch im Original nichts von ihrer Faszination verloren hat. Bis heute wird besonders seine Musik immer wieder für die verschiedensten Formen der Bearbeitung (z.B.: Uminstrumentierung, Jazzfassungen, Übertragung auf Synthesizer und Computer) herangezogen und sorgt für großes Interesse. Dabei taucht natürlich die Frage auf, inwieweit solche Bearbeitungen dem Original eines so großen Komponisten gerecht werden.
Ein Punkt ist dabei die Popularisierung von Bachs Musik, deren Genialität die Menschen seiner Zeit meist nicht erkannten oder nicht zu würdigen wußten. Zu seiner Zeit war eher Bachs virtuoser Umgang mit Cembalo und Orgel bekannt. Aufgrund der Bearbeitungen und wegen der Möglichkeit der Aufzeichnung von Musik kann sich heute jeder den 'Bach' aussuchen, der ihm gefällt. Natürlich sind dadurch die Abweichungen vom Original nicht gering, und ein Werk verliert oft seinen eigentlichen Charakter oder ist gar nicht wiederzuerkennen. Aber auch der Versuch der authentischen Wiedergabe stellt uns vor ein Problem, da sich nicht nur die Instrumente und die Interpretationen, sondern auch die Art, wie wir Musik hören, im Laufe der Zeit geändert hat.
Stokowski wollte Bach mit seinen Bearbeitungen deröffentlichkeit näherbringen. Dieses ist ihm gelungen, indem er ein großes Orchesterwerk aus der Passacaglia machte. Jedoch gibt es in seiner Orchesterfassung auch viele Punkte, die sie vom Original entfernen. Er verändert Notenwerte, gleicht Stimmen an die Spielweise der Instrumente an, versieht das Werk mit einer überschwenglichen Dynamik, hebt willkürlich Figuren oder kleine Motive heraus und fragmentiert melodische Linien.
So macht er aus der Passacaglia ein romantisches Orchesterstück, in welchem Bach zwar noch durch die Noten, aber nicht mehr durch die Musik vertreten ist. Im ganzen klingt es zeitweise wie Filmmusik aus der Mitte unseres Jahrhunderts.
Klanglich deckt Stokowski das Orchester oft durch die übermächtigen Streicher zu, wodurch verschiedene in der Partitur zu lesende Facetten in den Linien der anderen Instrumente nicht mehr zu hören sind. Es ist dabei aber zu bedenken, daß die Aufnahme erheblich früher als die vorliegenden Partitur entstanden ist und Stokowski später wahrscheinlich einige Streicherpassagen gestrichen hat (siehe 5.2). Leider war mir, während ich diese Arbeit schrieb, nur die erwähnte Aufnahme zugänglich.
Es ist fast eine Ironie, daß die Aufnahme Stokowskis, welcher so stark an der Verbesserung der Aufnahmequalität gearbeitet hat, aus heutiger Sicht indiskutabel schlecht ist. Wahrscheinlich vermitteln neuere Einspielungen einen besseren Eindruck.
7 Literatur
Bibliographie
- Dietrich Bartel, Handbuch der musikalischen Figurenlehre, Laaber-Verlag, 1985.
- Wilfried Bergmann, J. S. Bachs Passacaglia für Orgel BWV 582 (I - III), in: Der Kirchenmusiker, Verlag Merseburger, Kassel 1991, 42. Jahrgang 2/91, 3/91, 4/91.
- Nathan Brode, Stokowski, in: MGG, Bärenreiter-Verlag, Kassel 1989.
- dtv-Atlas zur Musik, 2 Bände, Deutscher Taschenbuch Verlag und Bärenreiter-Verlag, München 1985.
- dtv Lexikon, 20 Bände, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1982, 1992, 1995.
- Kurt von Fischer, Chaconne und Passacaglia, in: Revue belge de musicologie Bd.12, Antwerpen 1958.
- Kurt von Fischer, Passacaglia, in: MGG, Bd. 10, Bärenreiter-Verlag, Kassel 1989.
- François Florand O.P., Johann Sebastian Bach - Das Orgelwerk, Werk-Verlag KG Frisch & Perneder, Lindau im Bodensee 1946.
- Johann Nikolaus Forkel, Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerk, Faksimile-Druck nach der Erstausgabe von 1802, H.L.Grahl, Frankfurt a. M. 1950.
- Noël Goodwin, Stokowski, in: The New Grove, Dictionary of American Music, Bd. 4, Macmillan Press Ltd., London 1986.
- Noël Goodwin, Stokowski, in: The New Grove, Dictionary of Music & Musicians Bd.18, Macmillan Publishers Limited, London 1980.
- Gunther Hoffmann, Das Orgelwerk Johann Sebastian Bachs - Ein Konzertführer, Reclam, Stuttgart 1989.
- Stefan Jaeger, Das Atlantisbuch der Dirigenten, Atlantis Musikbuch-Verlag 1985.
- Hans-Klaus Jungheinrich, Hermes Handlexikon, Die großen Dirigenten
- Die wichtigsten Interpreten des 20. Jahrhunderts, ECON Taschenbuch Verlag GmbH, Düsseldorf 1986.
- Piet Kee, Die Geheimnisse von Bachs Passacaglia ... (I - III), in: Musik und Kirche; Bärenreiter-Verlag Kassel und Basel, 52. Jg. 4/1982, 5/1982, 53. Jg. 1/1983.
- Hermann Keller, Die Orgelwerke Bachs, C. F. Peters, Frankfurt 1976.
- Walter Kolneder, Lübbes Bach Lexikon, Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1982.
- Richard Litterscheid, Zur Geschichte des Basso ostinato, Inaugural-Dissertation, Marburg 1928.
- Heinz Lohmann, Bemerkungen zur Passacaglia c-moll (BWV 582) von J.S.Bach, in: Der Kirchenmusiker, Kassel 1975, 5/75.
- Viktor Lukas, Reclams Orgelmusikführer, Philipp Reclam jun., Stuttgart 1986.
- Luc-André Marcel, J. S. Bach, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Juni 1963.
- G.Massenkeil, Chaconne, in: Das große Lexikon der Musik, Bd. 2, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 1978 und 1987.
- MEYERS TASCHEN-LEXIKON MUSIK in 3 Bänden, B. I.- Taschenbuchverlag, Mannheim 1984.
- Diether de la Motte, Musikalische Analyse (Textteil), Bärenreiter, Kassel 1968.
- E.Platen, Passacaglia, in: Das große Lexikon der Musik, Bd. 6, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 1978 und 1987.
- Georg Reichert, Chaconne, in: MGG, Bd. 2, Bärenreiter-Verlag, Kassel 1989.
- Riemann Musik Lexikon, Sachteil, B.Schott's Söhne, Mainz 1967.
- Ernst Klaus Schneider, Original und Bearbeitung, Verlag Moritz Diesterweg, Frankfurt am Main 1984.
- Reinhard Schneider, Original und Bearbeitung - Perspektiven, Basisartikel, in: Musik + Unterricht 1/1990.
- Gerhard Schumacher, Zur Musikalischen Analyse, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1974.
- Albert Schweitzer, Joh. Seb. Bach, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1967.
- Philipp Spitta, Joh. Seb. Bach, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 1961.
- Werner Tell, Das Formproblem der Passacaglia Bachs, in: Musik und Kirche Bd.10, Kassel 1938.
- Manfred Tessmer, Johann Sebastian Bach - Orgeln und Orgelmusik, in: Der Kirchenmusiker 2/85, Kassel 1985.
- Siegfried Vogelsänger, Zur Architektonik der Passacaglia J. S. Bachs, in: Die Musikforschung Bd. 25, Kassel 1972.
- Siegfried Vogelsänger, Passacaglia und Chaconne in der Orgelmusik, in: Musik und Kirche Bd. 37, Kassel 1967.
- Christoph Wolff, Die Architektur von Bachs Passacaglia, in: Acta Organologica Bd. 3, Berlin 1969.
Noten
- Johann Sebastian Bach - Orgelwerke, Band 7, Sechs Sonaten und verschiedene Einzelwerke, Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co. KG, Kassel und VEB Deutscher Verlag für Musik, Leipzig, Urtext der Neuen Bach-Ausgabe BA 5177.
-Bach-Stokowski, Passacaglia and Fugue in C minor, symphonic transcription published from the library of LEOPOLD STOKOWSKI, Broud Brothers, New York 1951.
- JOH. SEB. BACH, PASSACAGLIA IN CMOLL - von der Orgel zum Konzertgebrauch aufs Klavier übertragen von FRITZ MALATA, Breitkopf&Härtel, Leipzig 1926.
Diskographie
- Daniel Chorzempa, Passacaglia c-moll BWV 582, Orgel der Liebfrauenkirche, auf: Klassik für Millionen - Bach , Philips Classics Productions 1971/1982, CD 438832-2.
- Leopold Stokowski, Great Recordings with the Philadelphia Orchestra, Nuova Era Records, Italy 11-1994, 2 CD PH 5025/26.
Tabelle I:
Zuordnung der Instrumente im Passacagliateil
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle II:
Zuordnung der Instrumente im Fugenteil
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ich versichere, die vorliegende Arbeit selbständig angefertigt, nur die von mir angegebenen Hilfsmittel benutzt und wörtlich oder dem Sinne nach den Quellen entnommene Stellen als solche gekenn- zeichnet zu haben.
Die Kopie dieser Arbeit entspricht in allen Einzelheiten dem Original.
Mit einer Ausleihe meiner Arbeit bin ich einver- standen.
Flensburg, den 30.11.1996
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Überarbeitet in Lübeck im Mai 1998
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
[...]
1 Meyers Taschenlexikon Musik, Bd. 2, Seite 263. Genaue Literaturangaben im Literaturverzeichnis.
2 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 207.
3 a.a.O., Seite 207.
4 MGG, Seite 870.
5 a.a.O., Seite 208.
6 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 207.
7 a.a.O., Seite 86.
8 dtv - Atlas zur Musik, Seite 263.
9 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 207 und Riemann Musik Lexikon, Seite 709.
10 MGG, Seite 871.
11 a.a.O., Seite 871.
12 a.a.O., Seite 871..
13 a.a.O., Seite 871 und Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 207.
14 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 207.
15 Kurt von Fischer, Chaconne und Passacaglia, Seite 24/25.
16 MGG, Seite 872.
17 a.a.O., Seite 873.
18 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 207.
19 Riemann Musik Lexikon, Seite 709.
20 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 208.
21 MGG, Seite 875.
22 a.a.O., Seite 876.
23 Über das Erscheinen von Passacaglia, Chaconne und anderen Basso ostinato-Formen bei einzelnen Komponisten des Barock informiert Litterscheid auf den Seiten 18-33 detailliert.
24 MGG, Seite 876.
25 Herder, Das große Lexikon der Musik, Seite 208.
26 Wilfried Bergmann, J.S.Bachs Passacaglia für Orgel BWV 582 (III).
27 Hermann Keller, Die Orgelwerke Bachs.
28 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seiten 21/22.
29 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 17.
30 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 23.
31 a.a.O., Seiten 154/155.
32 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 20/21.
33 a.a.O., Seite 23.
34 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 32.
35 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 33.
36 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 28.
37 a.a.O., Seite 48.
38 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 35.
39 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 71.
40 a.a.O., Seite 73.
41 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 47.
42 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 88.
43 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 54.
44 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 131.
45 Luc-André Marcel, J.S.Bach, Seite 67.
46 Gunther Hoffmann, Das Orgelwerk Johann Sebastian Bachs - Ein Konzertführer, Seite 76/77.
47 Hermann Keller, Die Orgelwerke Bachs, Seite 95 ff.
48 Albert Schweitzer, Joh.Sebastian Bach, Seite 244.
49 Philipp Spitta, Joh.Seb.Bach, Seite 112.
50 François Florand O.P., Johann Sebastian Bach - Das Orgelwerk, Seite 171 ff.
51 Piet Kee, Die Geheimnisse von Bachs Passacaglia (III), Seite 22 ff.
52 François Florand O.P., Johann Sebastian Bach - Das Orgelwerk, Seite 172.
53 Wilfried Bergmann, J.S.Bachs Passacaglia für Orgel BWV 582 (III), Seite 134.
54 vgl. Passacaglia d-moll, Bux 161.
55 Johann Nikolaus Forkel, Ueber Johann Sebastian Bachs Leben, Kunst und Kunstwerk, Seite 59.
56 Hermann Keller, Die Orgelwerke Bachs, Seite 13.
57 a.a.O., Seite 17.
58 a.a.O., Seite 18.
59 Piet Kee, Die Geheimnisse von Bachs Passacaglia ... (I), Seiten 165.
60 a.a.O., Seiten 166 ff.
61 Werner Tell, Das Formproblem der Passacaglia Bachs, Seite 107.
62 Christoph Wolff, Die Architektur von Bachs Passacaglia, Seite 184.
63 a.a.O., Seite 186.
64 a.a.O., Seite 186/187.
65 Wilfried Bergmann, J.S.Bachs Passacaglia für Orgel BWV 582 (III), Seite 138 ff.
66 Heinz Lohmann, Bemerkungen zur Passacaglia c-moll (BWV 582) von J. S. Bach, ite 111.
67 siehe 1.1 Zum Begriff Passacaglia.
68 Reclams Orgelmusikführer, Seite 81.
69 Piet Kee, Die Geheimnisse von Bachs Passacaglia ... (I), Seite 168.
70 In seinem Aufsatz 'Zur Architektonik der Passacaglia J.S.Bachs' stellt Vogelsänger auf den Seiten 43-45 mehrere Beziehungen zwischen dem Thema und dem daraus verwendeten Material in den Variationen dar.
71 Christoph Wolff, Die Architektur von Bachs Passacaglia, Seite 183.
72 a.a.O., Seite 183.
73 Christoph Wolff, Die Architektur von Bachs Passacaglia, Seite 191.
74 Lebensdaten zusammengestellt aus: MGG; The New Grove, Dictonary of American Music; The New Grove, Dictonary of Music & Musicians.
75 Das Atlantisbuch der Dirigenten, Seite 352.
76 Das Atlantisbuch der Dirigenten, Seite 354.
77 Das Atlantisbuch der Dirigenten, Seite 354.
78 a.a.O., Seite 355.
79 Ainslee Cox, in: Edward Johnson, Stokowski, Seite 20.
80 Hermes Handlexikon, Die großen Dirigenten, Seite 153.
81 a.a.O., Seite 155.
82 Das Atlantisbuch der Dirigenten, Seite 352.
83 a.a.O., Seite 352.
84 Hermes Handlexikon, Die großen Dirigenten, Seite 155.
85 Das Atlantisbuch der Dirigenten, Seite 354.
86 Edward Johnson, Stokowski, Seiten 87-114.
87 Beiheft zur CD: The King´s Singers` Madrigal History Tour, Seite 9.
88 Reinhard Schneider, Original und Bearbeitung - Perspektiven, Seite 4.
89 a.a.O., Seite 7.
90 Robert Schumann, in: Ernst Klaus Schneider, Original und Bearbeitung, Seite 5.
91 CD: Leopold Stokowski, Great Recordings with the Philadelphia Orchestra.
92 vgl. Kapitel 4.2.
93 CD, Daniel Chorzempa, Klassik für Millionen - Bach, Nr.2
94 CD, Daniel Chorzempa, Klassik für Millionen - Bach, Nr.2
95 Hermann Keller, Die Orgelwerke Bachs, Seite 97.
96 Walter Kolneder, Lübbes Bach Lexikon, Seite 234.
97 Fritz Malata, Passacaglia in C Moll.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 1998, Original und Bearbeitung - Stokowskis Orchesterfassung der Passacaglia c-moll von Bach, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94937
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