Inhalt
Vorbemerkung
1. Die Weimarer Republik
1.1 Das Theater
1.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
1.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
1.2 Die Theaterkritik
1.2.1 Die Theaterkritiken
1.2.1.1 Walter Hasenclever: „Der Sohn"
1.2.1.2 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
1.2.1.3 Bertolt Brecht: „Trommeln in der Nacht"
1.3 Zusammenfassung
2. Die Zeit des Nationalsozialismus
2.1 Das Theater
2.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
2.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
2.2 Die Theaterkritik
2.2.1 Die Theaterkritiken
2.2.1.1 Hanns Johst: „Schlageter"
2.2.1.2 Eberhard Wolfgang Möller: „Das Frankenburger Würfelspiel"
2.2.1.3 Johann Wolfgang von Goethe: „Faust I"
2.2.1.4 Paul Hensel-Haerdrich: „Die Pagode Tien-Ti"
2.2.1.5 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
2.3 Zusammenfassung
3. Die Nachkriegszeit: BRD
3.1 Das Theater
3.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
3.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
3.2 Die Theaterkritik
3.2.1 Die Theaterkritiken
3.2.1.1 Johann Wolfgang von Goethe: „Faust I"
3.2.1.2 Rolf Hochhuth: „Der Stellvertreter"
3.2.1.3 Peter Handke: „Publikumsbeschimpfung"
3.2.1.4 Botho Strauß: „Die Hypochonder"
3.2.1.5 Robert Wilson: „Death, Detruction & Detroit"
3.2.1.6 Rainer Werner Fassbinder: „Der Müll, die Stadt und der Tod"
3.2.1.7 Frank Wedekind: „Lulu - eine Monstretragödie"
3.2.1.8 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
3.3 Zusammenfassung
4. Die Nachkriegszeit: DDR
4.1 Das Theater
4.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
4.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
4.2 Die Theaterkritik
4.2.1 Die Theaterkritiken
4.2.1.1 Bertolt Brecht: „Mutter Courage und ihre Kinder"
4.2.1.2 Boris Lawrenjow: „Für die auf See"
4.2.1.3 Harald Hauser: „Am Ende der Nacht"
4.2.1.4 Peter Hacks: „Die Sorgen und die Macht"
4.2.1.5 Heiner Müller: „Macbeth" nach William Shakespeare
4.2.1.6 Volker Braun: „Die Übergangsgesellschaft"
4.2.1.7 Christoph Hein: „Die Ritter der Tafelrunde"
4.2.1.8 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
4.3 Zusammenfassung
5. Gegenwart: Das wiedervereinigte Deutschland
5.1 Das Theater
5.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
5.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
5.2 Die Theaterkritik
5.2.1 Die Theaterkritiken
5.2.1.1 Rolf Hochhuth: „Wessis in Weimar"
5.2.1.2 Andreas Marber: „Die Lügen der Papageien"
5.2.1.3 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
5.3 Zusammenfassung
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Vorbemerkung
„Die Theaterkritik von der Weimarer Republik bis heute" - ein weites Feld, und es dürfte nahezu unmöglich sein, dieses Thema im Rahmen einer Magisterarbeit gänzlich erschöpfend zu behandeln. Dennoch soll der Versuch unternommen werden, sich diesem Ziel (so weit wie möglich) zu nähern.
Zunächst zur begrifflichen Eingrenzung: Der Begriff „Theaterkritik" wird in dieser Arbeit einerseits allgemein als Sammelbezeichnung für das Kollektiv der Theaterkritiker verwendet, ist andererseits (bezüglich einzelner Texte) gleichzusetzen mit „Rezension" oder „Besprechung".
„ Die Rezension setzt sich analytisch und wertend mit dem Drama und Kunstwerk Aufführung auseinander, zweifellos ist sie eine wesentliche Form von Theaterkritik."
(FROTSCHER 1979, 41)
Hierauf soll deshalb das Hauptaugenmerk liegen. Außer den an bestimmte Inszenierungen geknüpften Rezensionen veröffentlichen zahlreiche Theaterkritiker allgemeine Betrachtungen zum Theater - dies ist der zweite wesentliche Bereich von Theaterkritik. Die Kapitel „Das Theater" sind jeweils zu großen Teilen auf solche Betrachtungen von Theaterkritikern1 gegründet, weiterhin dienten Schriften von Theaterschaffenden, Kulturpolitikern und Theaterwissenschaftlern diesen Kapiteln als Quelle.
Um Entwicklungen erkennbar zu machen, ist die Arbeit chronologisch aufge-baut. Zu jedem Zeitabschnitt wird ein grober Überblicküber den Gegenstand der Theaterkritik - das Theater - vermittelt, unterteilt in „Künstlerische Ent-wicklung" und „Die Bühnen und die Theaterschaffenden". Zwar ist eine strikte Trennung zwischen beidem nicht mit letzter Konsequenz herzustellen, im Sinne einer möglichst klaren Strukturierung der Arbeit erfolgt diese Unter-teilung dennoch.
Anschließend wird die Theaterkritik im jeweiligen Zeitabschnitt untersucht, wiederum setzt sich jedes dieser Kapitel aus zwei Teilen zusammen. Zunächst erfolgt die Einschätzung der Theaterkritik anhand von Sekundärtexten, in denenüberwiegend Theaterkritiker ihr eigenes Metier darstellen. Im zweiten Teil soll anhand von Primärtexten (einzelnen Rezensionen also) ergründet werden, inwiefern sich die allgemeinen Einschätzungen zur Theaterkritik halten lassen oder als unzutreffend erweisen. Die verwendeten Rezensionen beziehen sich auf Inszenierungen, die für ihre jeweilige Zeit besonders typisch oder aber wegen künstlerischer, gesellschaftlicher oder politischer Aspekte umstritten sind und daher ein aussagekräftiges Echo seitens der Theaterkritik erwarten lassen. Durchgängig von 1918 an werden Rezensionen von „Wilhelm Tell"-Inszenierungen behandelt, um an einem Stück kontinuierlich die Reaktionen der Theaterkritik auf die sich ändernden Inszenierungsformen zu verfolgen. Es führte ins Uferlose, ausnahmslos jede Rezension zu den jeweiligen Auf-führungen einzubeziehen. Ausgewählt wurden daher jeweils bestimmte Rezen-sionen, anhand derer sich die verschiedenen Positionen und Merkmale der Theaterkritik exemplarisch darstellen lassen.
Insgesamt soll sich aus diesen einzelnen Mosaiksteinen ein umfassendes Gesamtbild der Theaterkritik von der Weimarer Republik bis heute ergeben.
1. Die Weimarer Republik
1.1 Das Theater
1.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
Günther Rühle2 bezeichnet die Tradition des deutschen Theaters als „ keine des Stils und des Spiels, sondern der gesellschaftlichen Funktion." (RÜHLE 1988, 12)3. Das Theater sei für die Bildung eines nationalen Verbundenseinsüber die Grenzen der deutschen Kleinstaaten hinweg verantwortlich gewesen und folglich „ geistig und politisch so aktivierbar wie in keinem anderen Land." (RÜHLE 1988, 12).
Anhand des Theaters zur Zeit der Weimarer Republik läßt sich diese These stützen: Die gesellschaftliche Umbruchssituation nach dem Ende des 1.Welt-kriegs und des Kaiserreiches wird auf der Bühne widergespiegelt.4 Und das, wirtschaftlicher Krisen zum Trotz, vor Publikum von zunehmender Größe - nach dem schwachen Publikumsinteresse während der ersten Kriegsjahre sind die Theater ab Mitte des Jahres 1916 wieder stark besucht.5
Walter Hasenclevers „Der Sohn" gilt als exemplarisches Drama des aufblühenden Expressionismus. Die Inszenierungen in Dresden und Mannheim markieren bereits 1916 bzw. 1918 den innerlichen Aufbruch in eine neue Zeit: Wie der Vater bei Hasenclever angesichts des auf ihn gerichteten Revolvers in seines Sohnes Hand vom Schlag getroffen zusammenbricht und stirbt, so wird wenig später die Monarchie beendet und die Weimarer Republik proklamiert werden. Im expressionistischen Drama wie in der Realität wird der Konflikt zwischen jugendlicher Weltoffenheit und starrer Autorität ausgetragen, an dessen Ende die Befreiung steht - vom Vater einerseits, andererseits von der Monarchie. „ Das neue Theater und der neue Staat: Sie kommen aus demselben Verlangen." (RÜHLE 1988, 11). In beidem soll unter deutlicher Abgrenzung vom vorherigen eine neue Ordnung geschaf-fen werden.
„Die bestehende Ordnung der realen Welt wird in einem Akt derästhetischen Abstraktion aufgehoben, das heißt in der Programm- sprache der Expressionisten: „zerschlagen", „überwunden", durch „Lebensausschließung" negiert. „Lebensausschließung" aber bedeutet, die Objekte aus ihren realen, den gesellschaftlichen und historischen Zusammenhängen zu lösen, den Gegenständen ihre „Lebendigkeit" zu nehmen und sie in der dann erreichten Isolation als „Ding an sich" anzuschauen."
(BRAUNECK 1986, 210)
Der Expressionismus bleibt für einige Jahre die wegbestimmende Kraft des Theaters, verliert um 1922/23 jedoch seine Bedeutung. Die Zeit ist nicht mehr allein geprägt vom Weltkrieg und dem Entstehen der Republik, sondern auch von der Inflation, vom Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (1919), vom Hitler-Ludendorff-Putsch (1923) und von immer unausgleichlicheren sozialen Spannungen. Es genügt nun nicht mehr, das Vergangene zuüberwinden, „ die Objekte aus ihren realen ... Zusammenhängen zu lösen ..." (s.o.), fortan spielt die aktuelle Realität die wesentlichere Rolle.
„Der Expressionismus ist der letzte, von den sozialen Problemen losgelöste Erneuerungsversuch des Idealismus. Insofern er auf die alte, im Kriege sich selbst umbringende, muffigebürgerliche Kultur antwortet, erscheint er jung, revolutionär, aber sein Gesellschaftsbild bleibt illusionär."
(RÜHLE 1988, 13)
Es genügt außerdem nicht mehr, lediglich das Innere des Menschen nach außen zu kehren. Bei Hasenclever hält der Sohn zwar den Revolver in der Hand, die letzte Konsequenz fehlt jedoch: Er drückt nicht ab. Dennoch stirbt der Vater, er bricht vom Schlag getroffen zusammen - der Sohn ist von der Autorität befreit, ohne diese Befreiung aktiv durchgeführt zu haben. So wird im Expressionismus die Gesellschaft nicht aktiv verändert, das Individuum reibt sich lediglich im Konflikt an ihr. Der innere Prozeß, die Auswirkungen der äußeren Umstände auf die Seele werden auf der Bühne dargestellt. Und das entpuppt sich zu Beginn der zwanziger Jahre zunehmend als nicht mehr zeitgemäß: Ein sozialer Aktivismus, die Erkenntnis, daßaktiv in die Wirklich-keit eingegriffen werden muß, um Veränderungen herbeizuführen, wirkt sich auf das Theater aus und läßt den Expressionismus zu Ende gehen. Auf der Bühne solle, so fordert etwa Erwin Piscator, fortan die Realität nicht mehr bloßwidergespiegelt, sondern gestaltet werden.6 Entsprechend soll der Rezipient nun nicht mehr ergriffen werden und passiv miterleben, sondern rational betrachten und zu einer aktiven Beurteilung und Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse gezwungen werden. Gezeigt werden nun keine Ideale mehr, sondern die ungeschminkte Realität - die „Neue Sachlichkeit".
Entsprechend der Vielfalt sich aus der Realität ergebender Themen ist die Entwicklung der folgenden Jahre begrifflich kaum zu erfassen, aus dieser Verlegenheit resultiert der unklare Ausdruck des „Zeittheaters".7 Darin zusam-mengefaßt ist so Unterschiedliches wie die Darstellung aktueller Tagesfragen (etwa Ferdinand Bruckners „Krankheit der Jugend", Curt Corrinths „Trojaner", Arnolt Bronnens „Rheinische Rebellen") oder das satirische und polemische Volksstück (Ödön von Horváths „Geschichten aus dem Wienerwald").
1.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
Gegen Ende des 1. Weltkrieges gibt es in Deutschland 21 Hoftheater mit 31 Häusern. Die Abhängigkeit der Theater vom Hof bringt neben einigen Vor-teilen (wirtschaftliche Absicherung, daherüber Jahre hinweg konstante Ensembles) auch Nachteile mit sich - diese Theater sind nicht eben Experi-mentierstätten, sondern in ihrer Repertoiregestaltung und Inszenierungsweise unflexibel. Wovon die Privattheater wiederum profitieren: Ihnen bleibt ein breiter Spielraum, die Publikumsneugierde zu befriedigen. Allerdings ist dafür ihre wirtschaftliche Situation meist desolat, die Gagen sind oft unsicher, die Ensembles haben wenig Bestand.8
Nach dem Krieg werden die Hoftheater als Landes- oder Staatstheater weiter-geführt und während einer Übergangszeit von Künstler- und Betriebsräten geleitet; diese Übergangszeit mußtatsächlich als solche bezeichnet werden, denn die Räte bewähren sich nicht. Was davonübrigbleibt, sind erste Mitbestimmungsmodelle: An vielen Bühnen werden Intendanten fortan vom Personal gewählt.
Ansonsten ist Sparsamkeit zunächst oberstes Gebot, denn fürstliche Finanzen stehen nicht mehr zur Verfügung, und die staatlichen Zuschüsse fallen mager aus. So trefflich expressionistische Stücke auch auf einer leeren Bühne umgesetzt sind, auf der kein opulentes Bühnenbild, kein Reichtum an Requisiten und aufwendigen Kostümen von den Worten, vom Gesicht des Schauspielers (was vor allen Dingen die seelischen Vorgänge ausdrückt) ablenkt, so sehr kommt dieser Inszenierungsstil den finanziellen Nöten der Theater entgegen. Auch Leopold Jeßners karge Stufenbühne, bekannt als Jeßnersche „Treppe"9, wird zunächst einmal aus dem allgemeinen Sparzwang geboren, gelangt später jedoch zu großer Berühmtheit.
Diese „Treppe" findet sich beispielsweise in seiner aufsehenerregenden „Wilhelm Tell"- Inszenierung am Staatlichen Schauspielhaus Berlin (Premiere: 12.12.1919), deren Intendant er zu diesem Zeitpunkt seit wenigen Monaten ist. Zur Empörung antisemitischer Kreiseübrigens, die sich darüber ereifern, daßmit Jeßner ein Jude die Leitung des Staatlichen Schauspielhausesübernommen hat.10 Dennoch wird er zu einem großen Star der Berliner Theaterszene, wie auch allgemein die Regisseure zunehmend Aufsehen erregen - man spricht nicht mehr von Schillers, sondern von Jeßners „Tell".11 Überhaupt setzt sich hier vollends das Regietheater durch, nachdem im 19. Jahrhundert der Regisseur einzig die äußeren, nicht jedoch die inneren, künstlerischen Abläufe einer Inszenierung koordinierte.12
Bereits 1904übernimmt Jeßner die Regie am Hamburger Thalia-Theater und beginnt schnell damit, sich vom Naturalismus abzuwenden. Die Bühnenbilder werden von allem Ballast befreit, anstelle der Entwicklungen einer Handlung werden die Grundmotive eines jeden Stückes herausgearbeitet; seine Inszenierungen sind bekannt (und berühmt) für ihr enormes Tempo. Von Hamburg führt sein Weg 1915 nach Königsberg, von dort vier Jahre später nach Berlin, das nicht zuletzt seiner Arbeit wegen als Theaterhauptstadt der Weimarer Republik zu bezeichnen ist.
Von ebenfalls großer Bedeutung ist Erwin Piscator, der in Berlin zunächst mit seinem Proletarischen Theater (Bühne der revolutionären Arbeiter Groß-Berlins) scheitert, dann von 1924 bis 1927 als Regisseur an der Volksbühne tätig ist. Er wird vielfach angefeindet wegen seiner marxistischen Gesinnung, die ihn mit Bertolt Brecht verbindet. Wo Brecht gemäßseiner Theatertheorien jedoch verfremden, aus der Distanz darstellen und bewußtmachen will, setzt Piscator in seinen Inszenierungen auf eine schonungslose Konfrontation mit der Realität. Einer zunehmend technisierten Gesellschaft gemäßsetzt er alle Arten technischer Hilfsmittel auf der Bühne ein. Diese beiden wegbereitenden Regisseure treten nach dem 1. Weltkrieg in Berlin in Erscheinung, während ein dritter bereits seit vielen Jahren großen Einflußauf das Theater ausübt: Max Reinhardt.
1894 kommt der Wiener Max Reinhardt nach Berlin und ist dort zunächst fast neun Jahre lang selbst Schauspieler am Deutschen Theater, dem größten privaten Theater der Stadt. Bald darauf wird er Direktor des kleinen Theaters Unter den Linden, sein erster Erfolg gelingt ihm mit Maxim Gorkis „Nachtasyl". Fünfhundert Aufführungen dieses Stückes bringen genügend Geld, ein größeres Theater mieten zu können: das Theater am Schiffbauerdamm (wo Bertolt Brecht fünfzig Jahre später mit seinem Ensemble hingeraten wird). Die letzte Vorstellung des „Nachtasyls" findet auf beiden Bühnen gleichzeitig statt. 1905 kehrt Reinhardt zum Deutschen Theater zurück - als Direktor. Da er im Theater Unter den Linden das Besondere einer intimen Atmosphäre zu schätzen gelernt hat, ruft er daneben die Kammerspiele ins Leben.13 Reinhardt integriert von Beginn an technische Neuerungen in seine Inszenierungen - etwa die eben erst erfundenen elektrischen Scheinwerfer oder die Drehbühne14. Er setzt Hilfsmittel jeder Art ein, ohne viele Gedanken daran zu verschwenden, ob seine Inszenierungen dadurch als impressionistisch, naturalistisch oder neuromantisch gedeutet werden könnten, er ist kein großer Programmatiker. Es geht ihm einzig um die in seinen Augen angemessene Darstellung des Stückes und um die Wirkung auf das Publikum. Nicht von Ungefähr liebt er das Theater Unter den Linden, in dem das Publikum und Schauspieler in einem kleinen Raum derart zusammengedrängt sind, daßdie Distanz zwischen ihnen nahezu aufgehoben ist. Und gerade das erhöht die Wirkung seiner illusionistischen Inszenierungen. Später dehnt sich der Reinhardtsche Theaterbetrieb zusätzlich auf die Komödie sowie das Theater in der Josefsstadt (Wien) aus. Nachüberragenden Publikumserfolgen (71 ausverkaufte Vorstellungen von Aischylos' „Orestie" im neueröffneten Großen Schauspielhaus 1919) bleiben jedoch die Zuschauer aus; Reinhardt legt im Oktober 1920 die Direktion seiner Berliner Theater nieder, kehrt 1924 jedoch zurück als Direktor des Deutschen Theaters sowie der Kammerspiele und bleibt bis 1933.
Neben den Regisseuren werden in Berlin die Schauspieler zu Stars. Nicht ohne Grund, sind doch das Gesicht, Mimik, Gestik, die Stimme die einzigen Ausdrucksmöglichkeiten des Menschen, der oft genug in einem Lichtkegel auf ansonsten leerer Bühne steht. Im Expressionismus wird das Augenmerk fast zwangsläufig auf den Schauspieler gelenkt, von dem nun ein Höchstmaßan Ausdrucksstärke verlangt wird. Die herausragendsten von ihnen sind Frank Wedekind, Werner Kraußund Ernst Deutsch.15
Daßsich das Theaterleben in Berlin konzentriert, ist nicht zuletzt dem großen Publikumsinteresse zu verdanken. Ohne dieses Interesse gäbe es eine derartige Vielfalt an Theatern in Berlin nicht (vor allem nicht eine derartige Vielfalt von Privattheatern16 ), die Schauspieler könnten ohne Aufmerksamkeit des Publikums schwerlich zu Stars werden, und auch die Theaterkritik könnte nicht ihre große Wirkung entfalten. Wenngleich Berlin der Rang einer Theaterhauptstadt der Weimarer Republik nicht abzusprechen ist, so darf darüber jedoch die Bedeutung der Provinz nicht vergessen werden. Zwischen Berlin und der Provinz herrscht ein Spannungsfeld, das den Theatern hier wie dort als Anreiz und Motivation dient.17 Und schließlich: Ein großer Teil jener, die in Berlin zu Ruhm und Ehren gelangen, stammen nicht aus Berlin, sondern verbrachten ihre Lehrjahre in anderen Städten.
1.2 Die Theaterkritik
Auch hier soll das Augenmerk vorrangig auf Berlin gerichtet sein, denn die dortige Theaterkritik ist die von der höchsten Bedeutung. „ Was aber hob die Berliner Kritik so weitüber die Provinz hinaus?" (RÜHLE 1988, 45) - diese Frage kann hier unbeantwortet bleiben; bedeutend ist, daßGünther Rühle den Rang der Berliner Kritik nicht nur irgendwo über dem der Provinz-Kritik einordnet, sondern gleich „ ... so weit ..." (s.o.). Nicht ohne Grund, gehen doch in Berlin die berühmtesten Kritiker ihrer Arbeit nach: Herbert Ihering18, Alfred Kerr19, Siegfried Jacobsohn20, Monty Jacobs21, Emil Faktor22, Paul Fechter23 und etliche andere lenken mit ihren Besprechungen das Augenmerk der Theaterinteressierten (und der Theatermacher) nach jeder Premiere in ihre Zeitungen und haben einigen Einflußauf Erfolg oder Mißerfolg des jeweiligen Ereignisses. Es liegt in ihrer Macht, Aufführungen nur wenige Tage nach der Premiere sterben zu lassen, aus Schauspielern und Autoren Stars zu machen und sie wieder zu stürzen.24 Entsprechend sind sie in den Theatern allgemein gefürchtet:
„Auf vielen Berliner Bühnen standen die Schauspieler damals zitternd hinter dem Vorhang, um zu sehen, wer von den so leicht für `allmächtig' gehaltenen Kritikern in den Saal kam. George hat dort einmal vor Erregung erbrochen, als er Ihering kommen sah. Hermine Körner ist vor der Kritik aus Berlin geflohen (bis Ihering sie zurückrufen half). In den Kneipen haben Schauspieler und Regisseure nach der Vorstellung auf das Erscheinen der Berliner Mitternachts- blätter gewartet, um die paar Zeilen Vorkritik noch zu erhaschen."
(RÜHLE 1988, 37)
Anschaulicher wird sich die Bedeutung der Theaterkritiker für das Theater dieser Zeit kaum darstellen lassen.
Wie aber erklärt sich diese Bedeutung der Theaterkritik? Der Begriff „ Vorkritik" (s.o.) gibt bereits einen wichtigen Hinweis darauf, denn das Entstehen der Vorkritik markiert den zunehmenden Einflußwirtschaftlicher Interessen auf die Kritik. So wenig Aufmerksamkeit diesem Aspekt durch die Theaterkritiker auch zuteil wird, soll hier doch zunächst auf die wirtschaftlichen Faktoren eingegangen werden, die eine sich verändernde Presselandschaft sowie die Strukturveränderungen des Theaterbetriebs mit sich bringen. Grundlegend ist dabei das bereits erwähnte große Interesse am Theater:
„ Es ist bekannt, daßdie Weimarer Republik aus volkswirtschaft- licher Sicht ... eine Krisenzeit darstellte. (...) Ihr steht jedoch auf kulturellem Gebiet ... ein großes Interesse am Theater gegenüber."
(PFLÜGER 1981, 22)
Aus einem großen Interesse am Theater kann ein großes Interesse an Theaterkritik gefolgert werden. Ein großer Kreis an Theaterinteressierten stellt also ein bedeutendes Potential an Zeitungskäufern dar. Anhand dieser grund-legenden Prämissen läßt sich die Situation der Theaterkritik nach dem 1. Weltkrieg erhellen.
Die vorhergegangene Kritiker-Generation, der etwa ein Theodor Fontane25 zuzuordnen ist, zeichnete sich durch umfassende Gründlichkeit aus. Man sah sich ohne Vorbereitung die Premiere an, las anschließend das Stück, um anhand des Textes die Aufführung zu kontrollieren. Das Ergebnis einer solchen Reflexion war die bis ins letzte Detail ausführliche Kritik, die sich oftüber zwei Feuilletons erstreckte, wo sie jeweils unter dem Strich stand. Der Aspekt der Aktualität war zweitrangig, wesentlich war die Ausführlichkeit der Darstellung.
Mit der wachsenden Zahl verschiedener Zeitungen entsteht nach dem Krieg jedoch ein Konkurrenzdruck, dem mit größtmöglichem Aktualitätsreiz begeg-net wird. Zum Beispiel mit der Vorkritik: Bereits in der Nacht nach den Premieren, spätestens jedoch am darauffolgenden Mittag erscheinen Zeitungsausgaben, in denen bereits einige Zeilen zu lesen sindüber die eben erst beendeten Aufführungen. Und wenn am Mittag gerade die Vorkritik erschienen ist, müssen die Kritiker bereits ihre vollständige Kritik verfaßt und abgeliefert haben, damit sie in der nächsten Ausgabe erscheinen kann - die Geburtsstunde der umstrittenen Nachtkritik, die von ihren Befürwortern als ehrlicher, unreflektierter Ausdruck des Erlebten verteidigt wird, während ihre Gegner ihr genau das zum Vorwurf machen: sie sei zu unreflektiert26. 1935 verbietet Joseph Goebbels, Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, zuerst die Nachtkritik, ein Jahr später die gesamte Theaterkritik.
Unter diesem Aktualitätsdruck müssen die Theaterkritiker - besonders die der Boulevardblätter - zudem einen möglichst lebendigen Stil entwickeln, der eine möglichst große Zahl theaterinteressierter Leser anzusprechen und selbst im Bus oder in der U- Bahn zu fesseln vermag. Wo ein ausgeruhtes Lesen immer seltener möglich ist, ist bald auch ein ausgeruhtes Schreiben, wie es in der Vorkriegszeitüblich war, nur noch schwer zu praktizieren - Form und Inhalt werden von äußeren, wirtschaftlichen Zwängen bestimmt. Die literarische Kritik eines Fontane wird zunehmend von journalistischen Einflüssen geprägt - der Preis, der für die auflagenstarke Verbreitung zu zahlen ist. Mit der großen Verbreitung wird der Theaterkritik jedoch Gewicht verliehen. Wenn einzelne Kritiker bestimmte Aufführungen zum Scheitern verurteilen können, dann nicht zuletzt deshalb, weil ihnen von einer großen Anzahl von Lesern Bedeutung beigemessen wird. So erklären sich auch vor Angst erbrechende Schauspieler. Was dabei bemerkenswert ist:
„ Es fällt ... auf, daßdie Berliner Rezensenten ... häufig Bedenkenäußerten gegenüber einem breiteren Publikum ..."
(PFLÜGER 1981, 23)
Und hier ist das eigentümlich-idealistische Selbstverständnis der Theaterkritiker zu erkennen: Wenngleich sie durch das große Interesse der Menschen am Theater, durch die daraus resultierende Bedeutung als wirtschaftlicher Faktor für die Zeitungen erst in ihre Machtposition geraten konnten, so verlangen sie dagegen vom Theater eine klare Trennung finanzieller und künstlerischer Interessen. Besondere Skepsis herrscht bei den Kritikern hinsichtlich der großen Theaterunternehmen, die mehrere Bühnen betreiben.
Eine solche Vertrustung von Theaterbetrieben dient der Sicherung künstlerischer Arbeit durch wirtschaftliche Stärke. Zwar siedeln etwa die Gebrüder Rotter in einigen ihrer zahlreichen Theater den Kommerz weitüber der Kunst an und setzen auf bloße Volksbelustigung27, dennoch garantieren die Unternehmen nicht zuletzt durch den Betrieb vieler Bühnen eine breite künstlerische Vielfalt jenseits der staatlichen Theater. Jedoch:
„ Die Berliner Theaterkritiker haben die doppelte Funktion dieser Bemühungen nicht erkannt. (...) Die Überlegungen der Kritiker lassen jene charakteristische, historisch bedingte `Geldverachtung' der deutschen Intelligenz erkennen."
(PFLÜGER 1981, 24f)
Daraus resultieren Fehleinschätzungen, wenn etwa dem Rotter-Konzern von der Theaterkritik keine Zukunftsperspektive zugesprochen wird28, dieser sich dennoch ungebrochenen Publikumsinteresses erfreut.
Zusammenfassend ist festzustellen, daßdie Theaterkritik einerseits zwar erst in ihrer Rolle als wirtschaftlicher Faktor zu großer Bedeutung gelangen konnte, andererseits jedoch rigoros jede Verbindung wirtschaftlicher und künstlerischer Interessen am Theater ablehnt.
Neben diesen wirtschaftlichen Faktoren von Presse und Theater spielt die künstlerische Entwicklung des Theaters eine entscheidende Rolle, denn die Kritiker sehen sich nicht nur selbst als Orientierungshilfen, sondern werden auch zunehmend als solche angesehen.
Zur Zeit Fontanes befand sich das Theater nicht in einer Umbruchssituation, es hatte noch einen festen Begriff vom Drama als eine Beschreibung von Konflikten zwischen Individuen. Entsprechend konnte größeres Gewicht auf die Darstellung individueller schauspielerischer Leistungen, deren Analyse und Bewertung sowie der Entwicklung einzelner Schauspielerüber einen langen Zeitraum hinweg gelegt werden. Was sich in der Weimarer Republik ändert:
„Die Charakteristik der Darstellung verschwindet immer mehr, nicht nur, weil die Rezensionen kürzer und schneller geschrieben werden, sondern weil sich die Gewichte auf dem Theater selber verschieben, weil sich das Theater selber verändert. (...) Die Flut des Neuen, dem sich die Kritiker damals ausgesetzt sehen, ist kaum zuüberschätzen."
(RÜHLE 1988, 39f)
Mit dem Expressionismus ist diese „ Flut des Neuen" (s.o.) eine Flut neuer Schauspieler, neuer Stücke, neuer Regisseure - das gesamte Theater wird erneuert. Die Theaterkritik mußsich darin auf irgendeine Weise behaupten: Sie kann das Theater seinen Weg gehen lassen und darüber referierend der Entwicklung hinterherschreiben. Sie kann jedoch auch aktiv Einflußdarauf nehmen, bestimmte Entwicklungen unterstützen, andere hingegen zurückzu-drängen versuchen. Letztere ist die Rolle, in der sich das Gros der Kritiker sieht.
Neben diesen äußeren Bedingungen bestimmt ein weiterer Faktor die Berliner Kritik: Der einheitliche Bildungshintergrund der Kritiker. Es ist kaum einer unter ihnen, der an den Besuch des Gymnasiums nicht ein Studium der Literaturwissenschaft angeschlossen hat. Diese beiden Stationen des Bildungsganges - Gymnasium und Hochschule - wirken sich nachhaltig auf die Berliner Theaterkritik aus.
„ Wenn man sich vergegenwärtigt, daßin den Gymnasien ... monatlich ein Hausaufsatz anzufertigen war und daßdas Schwergewicht auf dramentheoretischen Themen lag, kann man ermessen, mit welcher Intensität poetologische Grundsätze vermittelt wurden. Daßdie in den Gymnasien behandelten dramentheoretischen Gesichtspunkte noch in den später von den Theaterkritikern angewandten Maßstäben wiederkehren ..., hängt nicht zuletzt mit der intensiven und ausführlichen Beschäftigung zusammen."
(PFLÜGER 1981, 164)
An eine solche Schulausbildung schließt sich das Studium an:
„ Den Kritikern, die um 1900 diese Universitätsausbildung durchliefen, wurde eine Konzeption von Literatur weitergegeben, die vornehmlich von dem Bestreben geprägt war, Wesen und Gesetz der Dichtung bis ins Detail ergründen zu können."
(PFLÜGER 1981, 173)
Daraus resultiert, daßdie Kritiker ihr Hauptaugenmerk auf die formalen Aspekte eines Dramas und einer Inszenierung richten, analytisch vorgehen, die Wirkung des Gesehenen auf das Publikum eher vernachlässigen zugunsten einer Bewertung der künstlerischen Qualität. Dieses Merkmal der Berliner Kritik läßt sich durch einen kleinen Abstecher nach Wien veranschaulichen.
Die Wiener Kritik dient in hohem Maße der Informationüber das Gesehene, Adressat der Rezensionen ist der durchschnittliche Zeitungsleser.29 Eine Bewertung der Stücke und die Frage der Qualität stehen nicht im Mittelpunkt der Rezension, sondern werden am Rande behandelt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Wirkung der Inszenierung.30 Es ist die Überzeugung der Wiener Kritiker, daßLiteratur und Theater bestimmte Werte vermitteln sollten. Zentraler Maßstab ist dabei das Menschliche31, der Begriff des Humanen, der „ als das einzige inhaltliche Kriterium, als Ziel und Bestimmung dramatischer Werke schlechthin" (PFLÜGER 1981, 90) verstanden wird. Darüber hinaus wird von der Kritik - gemäßder Leserbezogenheit - ein gewisser Unter-haltungswert verlangt, was sich in einer umgangssprachlichen Schreibweise der Rezensionen niederschlägt.
„ Eine Argumentationsweise, die mit Sprichwörtern, Lebensweisheiten wie dem literarischen Vorverständnis des allgemeinen Lesers arbeitet, kommt wohl dem Publikum weitgehend entgegen. Die Leserbezogenheit enthüllt aber in diesem Fall zugleich den geringen kritischen Bewußtseinsstand, das simple Denken der Rezensenten."
(PFLÜGER 1981, 84)
So stellt die Berliner Kritik mit ihrer starken Gewichtung des Formalen und ihrem festen Begriff vom Drama einen Gegensatz zur der Wiener Theaterkritik dar. Innerhalb dieser allgemeinen Bedingungen der Kritik bilden die einzelnen Rezensenten in Berlin ihren jeweils eigenen Stil aus. Allerdings ergeben sich daraus, daßdie Rezensenten verschiedenen Alters sind und daher in ihrem Bildungshintergrund voneinander abweichen, gewisse Unterschiede.
Zunächst zu dem wohl bedeutendsten von ihnen, dem Bertolt Brecht 1925 in einem Brief schreibt: „ Sie sind der erste Kritiker dieser Zeit" (BRECHT 1925, in: Theater Heute 9/81, 9) - zu Herbert Ihering (1888 - 1977). Neben dem als obligatorisch anzusehenden Studium der Literaturwissenschaft verfügt erüber eine weitere Reputation: Während der Kriegsjahre ist er als Regisseur und Dramaturg an der Wiener Volksbühne tätig. Er kennt das Theater also im Gegensatz zum Gros seiner Kollegen nicht nur aus der Perspektive des Zuschauers. 1918 beginnt er schließlich, in Berlin Theaterkritiken zu schreiben. Beim Berliner Börsen-Courier erwirbt er sich den Ruf des bedeutendsten Kritikers.
„Ohne journalistische Gefälligkeit und Gewandtheit; sein Stil blieb immer starr, humorlos, aber seine Kenntnis des Theaters und die Erkenntnis seiner Probleme machten ihn zu einer unüberhörbaren Stimme in seinem Blatt. (...) Für Herbert Ihering ist die Kritik damals ein taktisches Instrument im Kampf um das künftige Theater."
(RÜHLE 1988, 39/41)
Das werdende Theater ist für ihn die Begründung einer neuen Tradition, die mit allem, was aus der Vorkriegszeitübriggeblieben ist, radikal breche.32 Entsprechend fordert er von der Theaterkritik im Hinblick auf die Ära Fontane (und vor allem wohl auf seinen älteren Kollegen Alfred Kerr, worauf später einzugehen sein wird), zu einer neuen Kritik zu finden. Folgendermaßen beschreibt er die Mittel der Kritik:
„Man kann es kaum anders als in Negationen sagen: Kein Bildungsjargon, kein Schreiben um der schriftstellerischen Nuance willen, keinen feuilletonistischen Zierat, kein bloßes Andeuten und Ausspielen, sondern Verantwortung für jeden Satz. (...) Man soll nicht Lesern imponieren wollen, die das besprochene Stück nicht gesehen haben, sondern für diejenigen schreiben, die das Gesagte aus eigenem Augenschein kontrollieren können. Denn die Kritik ist nicht nur dazu da, den Leser zu informieren, was er sich ansehen müsse, und was nicht. In Wahrheit beruht die Produktivität des Kritikers in der Wirkung seiner Kritik auf die Kritisierten."
(IHERING 1926, in: IHERING 1974, 15)
Er sieht den Theaterkritiker also nicht in einer Vermittlerrolle zwischen Theaterschaffenden und Publikum, sondern als Förderer der Kunst. Der Adressat der Kritiken solle nicht der Leser sein, sondern das Theater. Eine repräsentative Einschätzung der Theaterkritik jener Jahre, denn nahezu jeder Kritiker beteiligt sich aktiv an den Entwicklungen des Theaters, etwa bezüglich verschiedener Autoren:
„Die Kritiker machen sich zum Motor der von ihnen gewählten Autoren: Monty Jacobs setzt auf Barlach, Diebold 33 auf Unruh und Georg Kaiser, Kerr auf Ernst Toller, Ihering auf Bronnen und Brecht."
(RÜHLE 1988, 42)
Anhand der Tatsache, daßIhering Bertolt Brecht protegiert34, läßt sich ein weiterer Aspekt der Berliner Theaterkritik aufzeigen. Denn schon allein diese Tatsache hat zur Folge, daßAlfred Kerr (1867-1948) Bertolt Brecht kritisiert und verkennt.35 Immer unsachlicher wird Kerrs Brecht-Ablehnung; 1932 kritisiert er Brechts „Die Mutter":
„ Mildernde Freundlichkeit bleibt es, zu sagen: es sei ein Stück für primitive Hörer. Sondern es ist das Stück eines primitiven Autors. Das `epische Drama' ist ein Fremdwort für: das `ungekonnte Drama'. Für (entschuldigen!) das Idiotenstück." (KERR 1932, in: RÜHLE 1988, 1104)
Ein Verrißmit drastischen Worten, fern jeder sachlichen Argumentation. Wie Herbert Ihering durch sein fundiertes Wissen und den abgeklärten Stil, es zu vermitteln, bei den Theaterschaffenden höchstes Ansehen genießt, so ist Alfred Kerr mit seinem brillianten, oft ironischen Stil der Star der Gesellschaft, des intellektuellen Publikums - die beiden sind Konkurrenten „ um die Führung in Berlin" (RÜHLE 1988, 42). Diese Konkurrenzsituation ist vor allem für den eitlen36 Alfred Kerr verfänglich:
„ Was Kerr das Werk Brechts so verkennen ließ, war nicht nur die Rivalität zum Brecht-Macher Ihering ..."
(RÜHLE 1988, 42)
Das „ nicht nur" (s.o.) bedeutet jedoch zugleich: aber auch.
„ Die Gründe dieser Pressefehde liegen im unterschiedlichen Charakter der beiden Kritiker, in der persönlichen Rivalität, in unterschiedlichen politischen Anschauungen und auch in den gegensätzlichen Auffassungen bezüglich der künftigen Entwicklung von Drama und Theater sowie der literarischen Wertung junger Autoren ..."
(PFLÜGER 1981, 34)
Ihering und Kerr sind die beiden Pole der Theaterkritik: Ihering der sachbezogen argumentierende und auf den Gegenstand konzentrierte Kritiker, Kerr der egozentrische, seine eigene Person extrem subjektivistisch einbringende. Günter Rühle schreibtüber Kerr: „ ... sein scharfer Intellekt hielt der Rolle stand, die er sich zumaß." (RÜHLE 1988, 1170). Wenngleich diese Aussage mit vielen Beispielen belegt werden kann: unwidersprochen kann sie nicht bleiben. Als Ausnahme anzuführen ist nicht nur dessen Geringschätzung Bertolt Brechts, die davon beeinflußt ist, daßsein Rivale Herbert Ihering Brecht protegiert, sondern auch die Beurteilung Gerhart Hauptmanns. Vor allem in den zwanziger Jahren äußert sich Kerrs Sympathie für Hauptmann und die freundschaftliche Verbundenheit mit ihm in mangelnder Distanz zu seinem Werk:
„ Kerr ist bemüht, in diesen späten Stücken etwas von der früheren `großen Linie' des Dichters zu entdecken bzw. Die Werke nach eige- nen Vorstellungen umzudeuten und sie damit sich selbst akzeptabel erscheinen zu lassen. (...) Die Überschätzung von `Vor Sonnenauf- gang' wird man als einen Sonderfall für Kerrs mangelnde Objektivi- tät gegenüber dem Werk des befreundeten Autors ansehen müssen."
(PFLÜGER 1981, 42/44)
Alfred Kerrs Urteil ist also in diesen beiden Fällen von persönlichen Zu- bzw. Abneigungen bestimmt. Unbestreitbar ist dagegen die Qualität von Kerrs Schreibstil, den er in einer langen Kritikerlaufbahn zur Vollendung entwickelt. Noch von Theodor Fontane protegiert, beginnt Kerr bereits um die Jahrhundertwende, Theaterkritiken und Reiseberichte zu verfassen. Anhand seiner Rezensionen ist kaum ein Bild von den gesehenen Aufführungen zu gewinnen; er beschreibt nur wenig. Statt dessen betrachtet er, stellt fest, hinterfragt. Mit der ihm eigenen Gliederung - er numeriert die Absätze mit römischen Ziffern - und einer außerordentlich präzisen Sprache verfaßt er Kritiken von literarischer Qualität.
„ Kerrs Rezensionen können als Beispiele für eine impressionistische Kritik bezeichnet werden. Kerr geht von der Vorstellung des `Gegen- schöpfers' aus, der angeregt durch eine Theateraufführung ein neues Kunstwerk schafft."
(PFLÜGER 1981, 34)
Am 15.2.1933 verläßt Alfred Kerr, von Goebbels gleich auf die erste Ausbürgerungsliste gesetzt, Deutschland gen London.
Zwischen den beiden Polen Ihering und Kerr stehen dieübrigen Theaterkritiker jener Zeit, aus denen hier einige bedeutende herausgegriffen und kurz vorgestellt werden sollen. Die Tatsache, daßdie Theaterkritik der Weimarer Republik allgemein als vorbildlich und in ihrer Qualität unerreicht angesehen wird, rechtfertigt eine ausführlichere Würdigung einzelner Kritiker. In den folgenden Kapiteln wird dies nur noch am Rande erfolgen.
Siegfried Jacobsohn (1881-1926) beginnt 1901, in Berlin Kritiken zu schreiben. Er bleibt sein Leben lang in der Hauptstadt und begleitet so den Aufstieg Max Reinhardts von Beginn an. 1905 gründet er eine wöchentlich erscheinende, qualifizierte Theaterzeitschrift: Die Schaubühne. Sie erwirbt sich durch ihre Mitarbeiter einen großen Ruf - neben Jacobsohn selbst schreiben zeitweise Alfred Polgar, Herbert Ihering und Kurt Tucholsky für Die Schaubühne. Nicht nur erlebt Jacobsohn Reinhardts Aufstieg mit, er ist auch einer seiner entschiedensten Verfechter. Was sich gelegentlich als problematisch erweist, wenn Jacobsohn Aufführungen anderer Regisseure an Reinhardt mißt. Jacobsohn sieht sein Schaffen als Schutz der gespielten Autoren, als Kontrollinstanz.37 So sucht er auch die größtmögliche Unabhängigkeit zu wahren, er bezahlt seine Eintrittskarten selbst, beugt sich nicht dem Sensationsdruck, sondern meidet die Premieren, zumal sich dort das Publikum, wie er sagt, ohnehin nur selbst inszeniere38.
Ein sensibler und sachbezogener Kritiker ist Monty Jacobs (1875-1945), eher auf Ausgleich denn auf Konfrontation bedacht. Auch Jacobs ist ein - allerdings sehr kritischer - Bewunderer Max Reinhardts. Trotz seiner nationalen Gesinnung wird er 1933 seines Postens enthoben und flieht später nach London.39
Ohne zu emigrierenübersteht Paul Fechter (1880-1958) die Zeit des Nationalsozialismus. Der Grund dafür liegt in seinem Selbstverständnis: Für ihn ist der Theaterkritiker ein ins Theater entsandter Reporter, dessen Hauptaufgabe die Beschreibung des Gesehenen ist. Wichtiger als die Analyse ist ihm die Anschaulichkeit. Emil Faktor (1876-1941)überlebt den Nationalsozialismus dagegen nicht. Er ist einüberzeugter Verfechter der Nachtkritik, schreibt meist unmittelbar nach der Aufführung und sieht sich als Theaterberichterstatter. 1941 wird er nach Lodz deportiert und stirbt dort.40
Von Wien aus schreibt Alfred Polgar (1873-1955) für die Vossische Zeitung. Er schreibt seine Rezensionen in lebendiger, beflügelter Sprache, transponiert das Vergnügen des Theaterabends in den Spaßam Lesen seiner Kritik.41
Als Begründer der Berliner Boulevardkritik ist Norbert Falk anzusehen, Feuilletonchef der BZ am Mittag. Knappe Sätze, kurze Absätze, anschauliche Sprache - die Theaterkritik für den schnellen Konsum, geschrieben für den Durchschnittsleser, nicht für die Fachwelt. Das Tempo, mit dem die Zeitung gemacht wird, ist in seinen Kritiken wiederzufinden (und später zunehmend auch in denen seiner Kollegen). Mit Polgar und Fechter verbindet ihn die Leserbezogenheit seiner Rezensionen.
1.2.1 Die Theaterkritiken
1.2.1.1 Walter Hasenclever: „Der Sohn"
Bereits am 30. September 1916 wird „Der Sohn", den Günther Rühle als ein „ Hauptwerk des szenischen Expressionismus" (RÜHLE 1988, 106) bezeichnet, im Landestheater in Prag vor geladenem Publikum uraufgeführt. Anschließend (am 8. Oktober 1916 im Dresdner Albert-Theater) wird „Der Sohn" ebenfalls vor geschlossenem Kreis gespielt. Die ersten öffentlichen Aufführungen finden schließlich am 18. Januar 1918 im Mannheimer Hof- und Nationaltheater (Regie: Richard Weichert) sowie am 24. März 1918 im Deutschen Theater Berlin (Regie: Felix Hollaender) statt. Einige Premierenkritiken der beiden letztgenannten Aufführungen sollen näher betrachtet werden.
Zunächst zur Mannheimer Inszenierung, die „ durch ihre Lichtregie 42 Epoche machte" (RÜHLE 1988, 106) und allgemein als bahnbrechend43 bezeichnet wird. Die beiden Rezensenten Fritz Droop (Mannheimer Tageblatt) und Ernst Leopold Stahl (Neue Badische Landeszeitung) erkennen das Epochemachende dieser Inszenierung in ihren Kritiken jedoch nur ansatzweise. Deutlich offenbart vor allem Fritz Droop - trotz heller Begeisterung - die Schwierigkeiten, die ihm die Begegnung mit dem Neuen bereitet, und es sind nicht nur seine eigenen Schwierigkeiten: Der Rezension von Fritz Droop ist zu entnehmen, daßder Intendant des Hof- und Nationaltheaters, Dr. Carl Hagemann, der Aufführung eine um Toleranz bemühte Einleitung vorausschickte, „ in der er es als eine Ehrenpflicht bezeichnete, wenn ein Theater, das einst dem jungen Schiller seine Tore geöffnet habe, auch den anstürmenden Dichtern unserer Tage Einlaßgewähre." (DROOP 1918, in: RÜHLE 1988, 107). Ein derartiger Prolog spricht für sich, er wirkt wie eine an konservative Zuschauer gerichtete Entschuldigung für solch eine gewagte Aufführung. Fritz Droop läßt seiner Begeisterung anschließend freien Lauf. Er bezeichnet das Drama als „ lodernde Anklage", „Der Sohn" ist für ihn „ der zu maßloser Ekstase gesteigerte Inbegriff des werdenden Menschen, (...) den der Gesang des brausenden Lebens hinausreißt aus der Umklammerung enger Schulweisheit ..." (DROOP 1918, in: RÜHLE 1988, 107). Der Eindruck dieses Dramas schlägt sich in seiner Kritik in flammender Sprache nieder. So beschäftigt er sich in erster Linie mit dem Inhalt des Stückes, geht lediglich in einem Satz auf die Lichtregie ein und mißdeutet in seiner Euphorie einen nicht unbedeutenden Aspekt des Bühnenbildes:
„ Richard Weichert ließden stürmischen Atem des Dichtersüber die Bühne fluten, die Ludwig Sievert durch wuchtige Linien begrenzte."
(DROOP 1918, in: RÜHLE 1988, 106)
Anderes sieht sein Kollege Ernst Leopold Stahl auf der Bühne:
„ Die bei alleräußersten Strenge der Stilisierung nicht tote Bildgestaltung war bewußt unfarbig ... gehalten und hat ... den Spielraum nicht fest umgrenzt."
(STAHL 1918, in: RÜHLE 1988, 108)
Es hätte Fritz Droop, der treffend von „ vorbildlicher Stilkraft" (DROOP 1918, in: RÜHLE 1988, 107) schreibt, auffallen müssen, daßeine Begrenzung und somit Einengung des Spielraumes Hasenclevers Drama nicht bekommen wäre. Dies kann als Hinweis auf die Schwierigkeiten gewertet werden, die szenische Umsetzung eines expressionistischen Dramas sicher zu deuten und sie begrifflich präzise zu erfassen. So begnügt er sichüberwiegend mit einer Diskussion des Inhaltes, immerhin ist sein dynamischer Sprachgebrauch dem Stoff angemessen. Im Gegensatz dazu schreibt Ernst Leopold Stahl verschachtelte Satzungetüme, die in ihrer Manieriertheit eher einen Gegensatz zu der Glut von Hasenclevers Worten bilden. Dafür ist seine Rezension inhaltlich präzise und ausführlich. Nicht nur erkennt er den großen Stellenwert der Lichtregie, er registriert auch die „ Weite des Spielraums" und die „ `offene' Dekoration" (STAHL 1918, in: RÜHLE 1988, 109). Nicht zuletzt betont er einen Aspekt weit nachdrücklicher als Fritz Droop, der besonders im Vergleich zur späteren Berliner Inszenierung bedeutsam ist:
„ Poetisch-technisch kommt jener Monologcharakter ... dadurch zum Ausdruck, daßder Sohn den Schauplatzüberhaupt nicht verl äßt."
(STAHL 1918, in: RÜHLE 1988, 109)
Dies ist insofern ein Kontrast zur Berliner Inszenierung, als dort der Hauptdarsteller Ernst Deutsch in der Rolle des Sohnes die Bühne des Deutschen Theaters gleich mehrfach verläßt. Das Herausragende an dieser Aufführung ist Ernst Deutsch, der in der Folgezeit „ der Haupt-Darsteller der jungen schmächtigen, expressionistischen Jünglinge wurde."(RÜHLE 1988, 106).
Treffsicher kritisiert Siegfried Jacobsohn (Die Weltbühne) einen wesentlichen Mangel der Berliner Inszenierung:
„ Selbst zugestanden, (...) daßalle Begebenheiten rund um den Sohn die Spiegelungen seines Ichs sind ... - wäre da nicht das erste Erfordernis, daßder Sohn die Bühne niemals verließe? In sechs Szenen fehlt er."
(JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 111)
Und das ist nicht der einzige Mangel, den Jacobsohn aufspürt und mit seiner Kritik offenlegt. Weiterhin bemängelt er, daßder Vater ein „ vernünftiger, fühlender, zärtlicher" (JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 111) sei, und daßsich ein derart dargestellter Vater nur schwer als Anlaßfür die Ausbrüche des Sohnes verstehen lasse. Die Art der Inszenierung werde dem expressionistischen Drama nicht gerecht:
„ Das anspruchsvolle Deutsche Theater speist ... alle Kenner Berlins ... mit dem hergebrachten naturalistischen Schauspiel ab."
(JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 112)
Eine Auffassung, der sich Günter Rühle in seinem 1988 erschienenen Theater für die Republik 1917-1933 Im Spiegel der Kritik anschließt:
„ Die Berliner Aufführung bestätigte, wie schwer die Ablösung vom Berliner Realismus, der gerade an dieser Bühne entwickelt worden war, den Regisseuren fiel."
(RÜHLE 1988, 106)
Siegfried Jacobsohn kritisiert indes nicht allein die Inszenierung, sondern auch den Inhalt der Vorlage, den er als fremd der Realität beschreibt:
„ Wäre man nicht darüber belehrt worden, daß`Der Sohn' das erste Exemplar und bereits das Muster eines expressionistischen Dramas ist, so würde man diese Vorgänge 44 einigermaßen blödsinnig finden."
(JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 111)
Einige Zeilen später bezieht er Schützenhilfe aus der Tatsache, daßder von ihm verehrte Max Reinhardt dieses Drama nicht inszenierte:
„ War's eine kritische Regung von Reinhardt, daßer als Regisseur auf den `Sohn' verzichtete ... ?"
(JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 112)
Dieser Sachverhalt wird zwei Monate zuvor von Ernst Leopold Stahl noch anders, frei von Jacobsohnscher Reinhardt-Verehrung, dargestellt:
„ Wir haben es der selbstgefälligen Trägheit der Theaterdirektoren Berlins ... zu danken, wenn das Hoftheater in Mannheim ... die ersteöffentliche Aufführung in Reichsdeutschland ... veranstalten konnte."
(STAHL 1918, in: RÜHLE 1988, 108)
Jacobsohn spricht im Gegensatz zu seinen Mannheimer Kollegen dem Drama jedoch eine besondere Bedeutung ab. Neben seiner Reinhardt-Befangenheit gibt es einen weiteren Grund dafür, und er läßt ihn auffällig durchscheinen:
„ Dies soll ja doch wohl ein Manifest der nächsten Generation sein, deren Geistigkeit unseren Sensualismus zuüberwinden gedenkt. Ein bißchen geistiger Inhalt ist da schwer zu entbehren. Und was ist der Inhalt? Gemeinplätze."
(JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 112)
Er zählt sich ausdrücklich zu jener Generation, gegen die „Der Sohn" gerichtet ist. Neben dem Inhalt kritisiert Jacobsohn auch die Form des Dramas und mißt sie an den Maßstäben seiner universitären Bildung:
„ So soll jetzt das Drama sein. Zwar ist die Form der Shakespeare, Goethe und Hauptmann noch leidlich erhalten, und wer was zu sagen und zu gestalten hätte, dem würde sie allenfalls genügen."
(JACOBSOHN 1918, in: RÜHLE 1988, 111)
Rigoros lehnt er Form und Inhalt des Dramas ab, indem er traditionelle Maßstäbe anlegt, denen „Der Sohn" nicht genügen kann. Von der Inszenierung verlangt er dagegen Modernität, doch die sei zu traditions-verhaftet - auch sie wird von Jacobsohn abgelehnt.
Insgesamt zeigen diese drei Kritiken, daßübereinstimmend das Neue entdeckt, jedoch nicht ohne Probleme von den Kritikern erfaßt und schließlich unterschiedlich von ihnen beurteilt wird. Gerade an der Kritik Siegfried Jacobsohns ist zu erkennen, daßer, der Berliner Kritiker, seine Person am stärksten einbringt, worüber die sachlichen Betrachtungen ins Hintertreffen geraten. Außerdem ist bei Jacobsohn zu erkennen, daßer die höchsten Ansprüche an das Gesehene stellt.
Deutlicher treten die hier erkennbaren Tendenzen in den Rezensionen zu Leopold Jeßners „Wilhelm Tell"-Inszenierung zu Tage, zumal das klassische Drama „Wilhelm Tell" kein Gegenstand des Urteils mehr ist.
1.2.1.2 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
Wie kaum eine andere Inszenierung jener Zeit sorgt Leopold Jeßners Inszenierung des „Wilhelm Tell" am Staatlichen Schauspielhaus Berlin für Furore (Premiere: 12.12.1919).
Ein wesentliches Merkmal dieser stilisierten Inszenierung ist die „ radikale Entrümpelung der Szene" (RÜHLE 1988, 21). Keine Details, alles andere als ein naturalistisches Bühnenbild, nur die klare Form der Stufenbühne. Wie die Kulisse, so auch das Schauspiel - die einzelnen Rollen werden nicht psychologisch ausgearbeitet, auch hier finden sich keine Details. Jeßners „Tell"-Inszenierung ist ein „ Freiheitsschrei" (RÜHLE 1988, 190). „ Sie war aus republikanischem Geist" (RÜHLE 1988, 190). Etlichen Zuschauern der höheren Ränge scheint das alles des Neuen zu viel zu sein, sie versuchen gezielt, die Aufführung durch Zwischenrufe und Tumult abzubrechen. Daher sind die Rezensenten gezwungen, sich einmal ausführ-licher mit dem Theaterpublikum auseinanderzusetzen. Herbert Ihering (Berliner Börsen-Courier) schreibt in seiner Vorkritik:
„ So demonstrierte gestern eine lümmelhafte Clique, die den Dekorationsschund und die Opernregie der früheren Jahre vermißte, gegen die großflächige, lineare Inszenierung Leopold Jeßners. Aber wenn man den Demonstranten nur Dummheit zu- spricht, tut man ihnen zu viel Ehre an. (...) Tolle Sitten haben sich in Berlin eingeschlichen. (...) Gibt es keinen Schutz gegen das Pack?"
(IHERING 1919, in: KRULL / FETTING (Hrsg.) 1984, 38)
Ähnliches schreibt Alfred Kerr (Berliner Tageblatt):
„ ... dunkle Herrschaften waren erpicht, die Versammlung zu sprengen. Es müssen keine bezahlten Macher gewesen sein. Vielleicht Stammgäste des alten Hauses, kitschgewohnt ... die wehrten sich gegen das Gute. (Monarchisten der Kunst.)"
(KERR 1919, in: RÜHLE 1988, 193)
Beide äußern sich weniger zur tumultösen Methode dieser Kritik seitens des Publikums, sie qualifizieren die Randalierer vor allem unter inhaltlichen Gesichtspunkten ab. Wichtiger als der Aspekt, daßsie randalieren, scheint die Annahme, daßder Tumult Ausdruck konservativen Traditonsbewußtseins sei. Im Gegensatz dazu verurteilt Paul Fechter (Deutsche Allgemeine Zeitung) in erster Linie die Methode, nicht jedoch den Inhalt der Publikumsproteste. Er beschränkt sich in qualitativer Hinsicht auf eine Beschreibung der Vorkommnisse und nennt seine Vorgehensweise „... der historische Bericht" (FECHTER 1919, in: RÜHLE 1988, 194). Quantitativ räumt er dem Bericht von den Tumulten mehr Platz ein als jeder seiner Kollegen - diese Vorgänge scheinen ihm von großer Bedeutung zu sein. Tatsächlich findet er offenbar seine eigene Meinung in der der pöbelnden Zuschauer wieder. Er ist der einzige, der die Größe dieser Inszenierung nicht anerkennt und sich statt dessenüberdeutlich nach dem Naturalismus vergangener Tage sehnt:
„ Fraglicher bleibt, ob man aber, wie Jeßner es getan hat, gerade den Tell und gerade in diesem Hause zu Experimenten benutzen soll. Vom Lächeln des Sees, von Sturm und Mondnacht, von dem ganzen Spiel der Natur gibt es im Bilde keine Andeutung mehr ... Schön; wir sind Kummer und Elend gewöhnt und nehmen auch das hin."
(FECHTER 1919, in: RÜHLE 1988, 195)
Hier werden die unterschiedlichen Maßstäbe der Rezensenten deutlich: Fechter läßt formale Aspekteüberwiegend außer Acht und konzentriert sich auf die Wirkung der Inszenierung, deren Mangel an naturalistischen Elementen er kritisiert. In dieser Hinsicht stimmt er mit den Randalierernüberein; so kritisiert er auch nicht den Inhalt, sondern bloßdie Form des lautstark geäußerten Mißfallens. Im Gegensatz dazu Ihering und Kerr: Sie beurteilen anhand ihrer universitären Maßstäbe die Form und den künstlerischen Gehalt der Inszenierung und schätzen beides hoch ein; daher erscheint ihnen der Publikumsprotest vor allem inhaltlich kritikwürdig.
In Norbert Falks (BZ am Mittag) Kritik vom 13.12.1919 (dem Erscheinungsdatum nach zu urteilen: eine Nachtkritik) findet sich dagegen kein Hinweis auf die Ausschreitungen bei der Premiere. Er lobt Jeßners Inszenierung; hier läßt sich ablesen, daßdie Nachtkritik unter dem unmittelbaren Eindruck des Gesehenen geschrieben ist:
„ ... der ganze Aufbau dieser Inszenierung hat außerordentlichen Wurf, volle Kraft und Wucht und zeigt das Schauspielhaus zum erstenmal jenseits aller bisher geübten Meiningerei 45. (...) Jeßner ... hatte den Mut, einer morsch gewordenen Tradition ins Gesicht zu schlagen, und hat dadurch mit einem einzigen Ruck das Schauspielhaus an die Stelle gestoßen, wo es hingehört."
(FALK 1919, in: RÜHLE 1988, 197)
Ähnlich entschieden, jedoch weit sachlicher lobt Herbert Ihering bereits in seiner Vorkritik die Aufführung und beweist damit, daßer auch in einer Nachtkritik seineüberlegte (undüberlegene) Art zu schreiben beibehält:
„ Aber wie manüber diese Aufführung denken mag, ... das eine ist sicher: seit länger als einem Jahrzehnt hat man im Schauspielhaus keine so durchgearbeitete, gegliederte, gesteigerte Vorstellung gesehen."
(IHERING 1919, in: KRULL / FETTING (Hrsg.) 1986, 38f)
In seiner ausführlichen Rezension vergleicht Ihering die Inszenierung mit der von Hauptmann aus dem Jahre 1913:
„ Wenn Hauptmann also durch Verstärkung des Milieus und der Atmosphäre dramatische Steigerung erreichte, so wollte Leopold Jessner sie durch Tilgung der Atmosphäre erreichen. Er strich die Schweiz und (...) gab den „Tell", als ob er von Aischylos oder von Paul Ernst wäre: den Menschen, losgelöst aus allen Bedingungen des Zufalls und der Realität..."
(IHERING 1919, in: KRULL / FETTING (Hrsg.) 1986, 39)
Ähnliches schreibt Kerr (ohne dabei Vergleiche mit früheren Inszenierungen anzustellen), jedoch weit weniger ausführlich und skeptischer dem Neuen gegenüber. Statt dessen bringt er sein Urteil in knappen Sätzen zum Ausdruck. Es ist einmal mehr abzulesen, wie sehr sich Kerr auf seine eigenen Eindrücke stützt, wo Ihering sein reiches Hintergrundwissen bemüht, aus der Inszenierungsgeschichte des „Wilhelm Tell" heraus argumentiert und zu dem Schlußkommt, daßdurch die Stilisierung die Allgemeingültigkeit des Dramas trefflich herausgestrichen werde.46 Alfred Kerrübt dagegen Kritik an der Stilisierung:
p>„ Hier erlebt man eine stilisierte Schweiz; eine naturlose Schweiz; eine begriffliche Schweiz; nicht eine greifbare Schweiz. Die Schiller- Schweiz ist aber greifbar. Immerhin: die Leute reden jetzt wie Menschen. Früher war alles umgekehrt: die Landschaft war echt, und die Menschen unecht. Dann schon lieber so wie jetzt."
(KERR 1919, in: RÜHLE 1988, 193)
Verblüffend ist dabei die vollkommene Freiheit, die Kerr sich herausnimmt:
„ Ich blieb nicht bis zum Schluß..."
(KERR 1919, in: RÜHLE 1988, 194)
Geradezu dreist ist jedoch, wie Kerr seinen Mangel an Pflichtbewußtsein lapidar entschuldigt:
„ Schiller selbst hat ja für Weimar die Parricida-Szene gestrichen ..."
(KERR 1919, in: RÜHLE 1988, 194)
Hier findet sich nahezu die gesamte Bandbreite der Theaterkritik jener Jahre wieder. Herbert Ihering ist der sachliche Rezensent, der aus seinem reichen Wissen fundierte Argumente schöpft und damit sein Urteil begründet; Alfred Kerr ist in seinem Urteil ähnlich sicher, er genügt sich jedoch darin, seine eigenen Eindrücke als Begründung anzuführen und in lebendigem Stil niederzuschreiben; Paul Fechter versteht sich als Reporter, beschreibt die Vorgänge und macht das Urteil dann von seinem Geschmack abhängig; Norbert Falk beschreibt, wertet und urteilt in einem, ein wenig undifferenziert zwar (ähnlich wie Fritz Droop in seiner Rezension zu „Der Sohn"), doch insgesamt sicher im Urteil.
1.2.1.3 Bertolt Brecht: „Trommeln in der Nacht"
Am 29. September 1922 wird an den Münchner Kammerspielen unter der Regie von Otto Falckenberg Bertolt Brechts „Trommeln in der Nacht" uraufgeführt, ab 20. Dezember 1922 setzt Falckenberg das Stück am Deutschen Theater Berlin in Szene. Es ist Brechts erste Premiereüberhaupt (sein Erstlingswerk „Baal" wird erst am 8. Dezember 1923 in Leipzig uraufgeführt). Für „Trommeln in der Nacht" erhält Brecht 1922 den Kleistpreis, nicht zuletzt dank Herbert Iherings, der Vertrauensmann zur Verleihung des Kleistpreises ist - ein Hinweis auf die Macht der Theaterkritik und ihren Einflußauf das Theater. Ein weiteres Indiz hierfür ist die Tatsache, daßBrecht die Manuskripte seiner Stücke nicht nur Dramaturgenübersendet, sondern auch führenden Theaterkritikern.
„Trommeln in der Nacht" wird in München sehr erfolgreich gespielt, doch die Kritikermeinungen sind geteilt; hier entzünden sich erstmalig die Streitigkeiten zwischen Herbert Ihering und Alfred Kerr, was Grund genug ist, ihre Rezensionen (und auch die anderer Kritiker) in diesem Rahmen näher zu betrachten. Allen ist gemein, daßsie in erster Linie auf die Vorlage Brechts, nur am Rande dagegen auf die Inszenierung eingehen.
Als einziger der Berliner Kritiker macht sich Ihering auf den Weg nach München, um die Uraufführung mitzuerleben. Seine Besprechung, veröf-fentlicht am 5. Oktober, ist des Lobes voll:
„ Brecht zuerst aufgeführt zu haben ist ein theatergeschichtliches Verdienst der Münchener Kammerspiele."
(IHERING 1986, 99)
Als Begründung führt er eine „ neue künstlerische Tonalität ... mit eigenen Gesetzen, eigener Dramaturgie"(IHERING 1986, 98) an, die er in Brechts Dramen erkenne. Für Ihering steht nicht im Vordergrund, daßBrecht Zeitereignisse thematisiert, sondern vielmehr, daßer die aktuelle Atmosphäre erspüre und wiedergebe wie kein zweiter.
„ Brecht empfindet das Chaos und die Verwesung körperlich. Daher die beispiellose Bildkraft der Sprache. Diese Sprache fühlt man auf der Zunge, am Gaumen, im Ohr, im Rückgrat."
(IHERING 1986, 98)
Weiterhin unterstreicht er Brechts Distanz zum Expressionismus:
„ Brecht sieht den Menschen. Aber immer in seiner Wirkung auf den anderen Menschen. Niemals steht bei ihm eine Gestalt isoliert."
(IHERING 1986, 98)
Ähnlich urteilt auch Hermann Sinsheimer (Münchner Neueste Nachrichten), der vor allem Brechts Anschauungskraft lobt, „ weil sonst die Jungen und Jüngsten - Brecht gehört zu den letzteren - mit Ideen mehr gesegnet sind als mit Anschauungskraft, aus der das starke Wort und die Runde Gestalt erwächst" (SINSHEIMER 1922, in: RÜHLE 1988, 401). Die gravierenden Differenzen zwischen den Kritikerurteilen stellen sich erst nach der Inszenierung in Berlin ein, bei der die meisten prominenten Kritiker der Stadt anwesend sind. Noch relativ dicht beieinander liegen die Urteile Siegfried Jacobsohns und Emil Faktors (Berliner Börsen Courier). Beide finden bei Brecht manche Unzulänglichkeit, für Jacobsohn verderben diese das gesamte Drama, für Faktor vermögen sie den insgesamt positiven Gesamteindruck höchstens geringfügig zu schmälern - subjektive Sichtweisen bestimmen beider Wertung.47 Zwischen Herbert Iherings und Alfred Kerrs Urteil liegen dagegen Welten - bloßvon Differenzen zu sprechen, wäre geradezu euphemistisch.
Herbert Ihering sieht in „Trommeln in der Nacht", das zeigt seine Besprechung der Münchener Inszenierung, etwas Neues, Zukunftsweisendes, Meisterliches. Nahezu gegensätzlich fällt Alfred Kerrs Rezension aus, die am 21. Dezember veröffentlicht wird. In der Tat jedoch nur nahezu gegensätzlich, denn Kerr verreißt das Drama nicht völlig, sondern nennt es „ was halb Enttäuschendes" (KERR 1922, in: RÜHLE 1988, 406). Er spricht Brecht und dessen Stück lapidar jede weitere Bedeutung ab.
„ Wer mit Gewalt Dramatiker `grüßen' will, auch wenn sie nicht da sind, ist wie ein in Badeorte gesandter Feuilletonist, der beim Mangel an fesselnden Gestalten bißl nachhilft ... Oder wenn jemand, der durchaus eine Wohltätigkeit veranstalten will, mit Macht einen Bedürftigen sucht."
(KERR 1922, 407)
Unschwer ist zu erkennen, wer sich hier angesprochen fühlen soll: ein „ Feuilletonist" (s.o.) namens Ihering, der in Brecht einen „ Bedürftigen" (s.o.) sucht und findet. Mag es zunächst noch halbwegs gnädig erscheinen, daßKerr „Trommeln in der Nacht" nicht radikal durchfallen läßt, so zeigt sich hier, daßder wohldosierte Verriß, die sublimen Seitenhiebe treffender und spitzer sind, als es ein hohnscheppernder Verrißsein könnte. Und immerhin könnte lautstarkes Gezeterüber Brechts Drama womöglich noch irgendjemandes Interesse daran wecken.
Einen Tag später reagiert Herbert Ihering auf Kerrs Häme. Er gesteht ein, was Kerr kritisiert: bei Brecht fehle die klare Linie. Doch er relativiert diesen Makel anhand der gegenwärtigen Situation des Theaters.
„ Wenn eine unproduktive Zeit ein produktiver, aber chaotischer Dichter durchbricht, so ist das ein aufrüttelnderes Ereignis, als wenn eine produktive Zeit in einem harmonischen Dichter zur Vollendung kommt."
(IHERING 1922, in: RÜHLE 1988, 408)
Anschließend wendet er sich direkt an Alfred Kerr. Da Kerr - so schreibt Ihering - dem Expressionismus generell ablehnend gegenüberstehe, wäre zu erwarten, daßer einen Dramatiker begrüßte, der den Expressionismusüberwindet.
„ Was aber geschieht? Herr Dr. Kerr klopft dem Autor gewißwohl- wollend auf die Schulter und konstatiert Begabung und Hoffnung. (...) Aber - Brecht ist „weder so selbständig im Expressionismus wie Toller, noch so leuchtbeseelt". (...) Er lobt also an Toller, was er Brechts letzten Akten vorwirft. Wenn er bei Toller „Leidglanz und Leuchtkraft" findet, bei Toller, dessen Sprache holpert, dessen Verse zerfallen, dessen Bilder unplastisch, dessen Worte epigonenhaft sind, so wird er bei Brecht doch gerade die sprachliche Schlagkraft anerkennen? Im Gegenteil: Brecht ist ihm ein „Ragoutkoch"."
(IHERING 1922, in: RÜHLE 1988, 409)
Hier drängt sich der Verdacht auf, daßdie Kritikerfehde auf den Rücken gleich zweier Dramatiker (Brechts und Tollers) ausgetragen werde und Ihering im Gegenzug zu Kerrs Brecht-Attacken seinerseits Toller ablehne. Dem ist jedoch nicht so, bereits in etlichen Besprechungen zuvor kritisierte Ihering Tollers sprachliche Unzulänglichkeit.48 Der ohne Schuld Leidtragende dieser Auseinandersetzung ist also allein Bertolt Brecht. Weiterhin nehme, so fürchtet Ihering, der gesamte Kulturbetrieb durch diese Angriffe Schaden, denn es würden „ die Theater geradezu abgeschreckt, neue Dichter aufzuführen" (IHERING 1922, in: RÜHLE 1988, 409).
Alfred Kerr betreibt also die indirekte Offensive gegen Ihering, indem er Brecht kritisiert und damit (auch) Ihering meint. Dieser dagegen geht Kerr direkt an und weist warnend auf die Auswirkungen hin, die eine solche Kritikerfehde haben würde (eine Befürchtung, die sich in den kommenden Jahren als begründet herausstellt)49 ; sein sachliches Urteilsvermögen bleibt im Gegensatz zu Kerrs jedoch unbeeinflußt.
1.3 Zusammenfassung
Nach dem Ende des 1. Weltkriegs befindet sich Deutschland in einer gesellschaftlichen Umbruchssituation, die sich auch auf das Theater massiv auswirkt. Das Theater geht gegen die alten Herrschaftsstrukturen an, der hergebrachte Naturalismus wird durch den Expressionismusüberwunden, das Drama wird in eine Vielzahl szenischer Strukturen zergliedert, das Bühnenbild von aller naturalistischen Ausschmückung befreit. Im Mittelpunkt steht ein idealisierter Mensch mit all seinen Empfindungen, die schonungslos nach außen gekehrt werden. Nach wenigen Jahren ist die Kraft des Expressionismus jedoch erschöpft - so sehr er auch den inneren Konflikt des Individuums darstellt, so wenig erwächst daraus ein Appell, aktiv auf die Realität Einflußzu nehmen. Er wird abgelöst von einem realitätsbezogeneren Theater, das das Publikum nicht mehr bewegen und mitleiden lassen, sondern zum Handeln animieren soll.
Nicht nur auf künstlerischem Gebiete erneuert sich das Theater. Nach Kriegsende werden die Hoftheater als Staatstheater weitergeführt. Das bedeutet einerseits einen Gewinn an künstlerischer Freiheit, andererseits fällt die finanzielle Unterstützung weit geringer aus als zuvor. Dennoch blüht die Theaterlandschaft nach Kriegsende auf - das große Publikumsinteresse sichert nicht nur den Staatstheatern eine recht solide wirtschaftliche Basis, es läßt auch eine große Zahl von Privattheatern aus dem Boden schießen.
Für die Theaterkritik ist nicht nur diese Vielfalt verschiedener Bühnen, sondern auch eine wachsende Vielfalt verschiedener Zeitungen von Bedeu-tung. Die Bühnen leben vom großen Publikumsinteresse, für die Zeitungs-macher sind die Theaterbegeisterten potentielle Zeitungskäufer. So wird die Theaterkritik für die Printmedien zu einem wirtschaftlichen Faktor, mit dem eine große Käuferschicht erschlossen werden soll. Der zunehmende Konkurrenzdruck führt dazu, daßdie Kritiken immer schneller geschrieben werden müssen, sie sollen gedruckt werden, solange sie aktuell sind - die Geburtsstunden der Vor- und der Nachtkritik. Einige Kritiker betrachten sich daher als Reporter, dieüber die Vorgänge im Theater Bericht erstatten. Das Gros der Kritiker betrachtet sich jedoch als Künstler und weniger als Journalisten.
Trotzdem das große Interesse der Menschen am Theater vorrangig für die Machtposition der Kritiker verantwortlich ist, ist in dem Selbstverständnis der Kritiker für Leserbezogenheit allgemein kein Platz. Sie analysieren die Inszenierungen sowie die Dramen, sie bestimmen künstlerischen Wert, ohneüber den Aspekt der Unterhaltung viele Worte zu verlieren. Sie sehen sich als Förderer der Kunst versuchen mit aller Schärfe, künstlerische Interessen von Sachzwängen (etwa wirtschaftlichen Notwendigkeiten) zu trennen. Vom Theaterpublikum werden sie als Autoritäten betrachtet; ein Verrißkann das Ende einer Inszenierung bedeuten. Wo sich die Theaterkritik jedoch von ihrer Skepsis gegenüber der Verbindung von Kunst und Kommerz leiten, fast blenden läßt, bleibt sie häufig wirkungslos: Obwohl sie dem RotterKonzern und den Boulevardtheatern keine Zukunft attestiert, haben diese Bestand und gute Besucherzahlen.
Auch ansonsten wäre es ein voreiliger Schlußanzunehmen, daßdie Kritiker anhand ihrer - stets im Studium der Literaturwissenschaft gebildeten - Maßstäbe zu rein objektiven Urteilen kämen. Und darin liegt, aller umfassenden Bildung, allem Sachverstand, aller geistigen Schärfe der Kritiker zum Trotz, ein Schwachpunkt der Theaterkritik dieser Zeit: Die Kritiker machen ihr Urteil zu oft abhängig von persönlichen Zu- und Abneigungen. Wenn Alfred Kerr etwa Bertolt Brecht angreift, will er damit meist auch seinen Rivalen Herbert Ihering treffen. Die Rivalität zwischen diesen beiden Kritikern (und nicht nur zwischen diesen beiden) wird auf Kosten von Autoren, Regisseuren und Schauspielern ausgetragen.
Schließlich wird jedoch den meisten von ihnen nach 1933 das Schreiben verboten, einige werden gleich des Landes verwiesen. Im Folgenden wird darzustellen sein, wie sich Theater und Theaterkritik im zwölf Jahre währen-den „tausendjährigen Reiche" entwickeln.
2. Die Zeit des Nationalsozialismus
2.1 Das Theater
2.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
Hier zeigt sich, in welchem Maße das deutsche Theater „ geistig und politisch ... aktivierbar" (RÜHLE 1988, 12) ist. Mit großem Nachdruck versucht das nationalsozialistische Regime in den Jahren nach 1933, die Bühnen für seine Zwecke zu nutzen:
„ Dem Theater wurde ein hoher propagandistischer Wert beigemessen, obendrein war das Triumvirat Hitler, Göring und Goebbels theaterfreundlich und filmnärrisch."
(DAIBER 1990, 122)
Daraus resultieren eine starke wirtschaftliche Unterstützung (worauf noch näher einzugehen sein wird) sowie eine klar abgesteckte künstlerische Marschroute.
„ Man betrachte das bißchen Dramatik der letzten vierzehn Jahre. Nirgends ein Ansatz zur großen Einheit! (...) Alles ohne Ewigkeits- bezug. (...) Wir aber brauchen andere Formate oder stärkeren Zusammenhalt, damit aus vielen Tönen ein großer vielstimmiger Akkord werde. Erst seit gezählten Wochen beginnt es bei einigen Tastenden zu dämmern. (...) Wir marschieren."
(BEYER 1933, in: WULF 1983, 143f)
Allein aus diesen Worten läßt sich die Marschroute ablesen: Jeglicher Individualismus ist verpönt, das Ziel ist das Massenspektakel.50 Nicht das Individuum soll im Mittelpunkt stehen, es soll ein chorisches Theater geschaf-fen werden, wie auch die nationalsozialistische Bewegung nicht nur darauf ausgerichtet ist, den einzelnen Menschen anzusprechen, sondern Massen zu manipulieren. Es gilt, die Deutschen zu einem Volkskörper zusammenzufügen, in dem jeder nur noch ein Mosaiksteinchen sein kann, mehr nicht.51
Das einfache Volksstück soll zunächst in den Mittelpunkt der Spielpläne gerückt werden. Die Forderungen an den Dramatiker dieser Zeit sind entsprechend: er solle vor allem vereinfachen, nicht differenzieren, die Einigkeit herbeidichten und eigenes, kritisches Denken zurückstellen:52
„ Was er nicht mit ein paar Worten sagen kann, das darf erüberhaupt nicht sagen."
(JELUSICH 1934, in: WULF 1983, 147)
Zur adäquaten Umsetzung dieser Ziele wird 1933 die Thingspielbewegung be-gründet als neue Form des nationalsozialistischen Theaters: Auf Freilicht-bühnen werden Volksstücke vor großem Publikum gespielt. Die Freilicht-bühne ist insofern für diesen Zweck prädestiniert, als Bühne und Zuschauer-raum eng beieinanderliegen und die Distanz weitgehend aufgehoben ist, wodurch die Suggestivwirkung gesteigert wird.53 Die gespielten Stücke sind einfach gestrickt, es geht um profane Themen und nachvollziehbare Probleme, gezeigt werden einfache Schicksale. Zugunsten allgemeiner Verständlichkeit wird auf eine psychologische Ausarbeitung der Figuren verzichtet, was auch den Fähigkeiten der Schauspieler entgegenkommt, denn bei den Thingspielen werden neben Berufsschauspielern auch Laiendarsteller eingesetzt.54 Diese Zielsetzungen werden in heroische Worte gekleidet und offenbaren so ihren ideologischen Zweck:
„ Nicht den Spuk verwester Zeiten sucht das Thingspiel zu beleben: kühn verewigt es die Zeit, das noch Fliessende zum Fest. Nicht die Sage lebe auf! Nein, der Alltag werde Sage! Nicht das Mythologische scheine Thema für die Thingstatt, nein, der Tag, der Mythe wird! (...) Der das Spiel trägt, ist das Volk, nicht ein Dutzend Prominenter oder altbekannter Stars. Namenlos sei jeder Name! Ruhmreich sei allein das Volk!"
(EURINGER 1934)
Deutlich erkennbar sind die Parallelen zu den politischen Massenveran-staltungen der Nationalsozialisten, wieüberhaupt „ der Nationalsozialismus selber ... Züge eines gewaltigen Festspiels" (DAIBER 1990, 123) aufweist. In beidem sind „ weihevolle Atmosphäre, hergestellt mit Theatermitteln, religiöser Wortschatz, demagogische Texte und ihr feierlicher Vortrag bei gleichzeitig profanem Anlaßund Inhalt" (WARDETZKY 1983, 93) die Mittel.
Hunderte von Thingspiel-Stätten werden geplant, nur wenige jedoch tatsäch-lich gebaut. Ein Grund dafür ist das erlahmende Interesse eines Publikums, das bereits durch die ähnlich konzipierten Parteiaufmärsche bezüglich solcher Spektakel gesättigt ist.55 Vor allem aus einem Mangel an in diesem Rahmen spielbaren Stücken56 jedoch beendet Joseph Goebbels 1937 offiziell die Thingspielbewegung57, womit die geschlossenen Theater wieder alleine im Mittelpunkt des Interesses stehen. 1939 verbietet das Propagandaministerium gar den Gebrauch der Worte „Thingstätte", „Kultstätte" und „kultisch".58
Nun konzentriert man sich in erster Linie darauf, die Spielpläne nach national- sozialistischen Zielen neu zu gestalten. Beispielhaft sind die Richtlinien für eine lebendige deutsche Spielplangestaltung, 1933 aufgestellt vom dramatur-gischen Büro des Kampfbundes für deutsche Kultur:
„ Der Spielplan eines deutschen Theaters mußeinem deutschen Publikum wesens- und artgem äßsein; d.h. die dargebotenen Werke müssen in ihrer geistigen Haltung, in ihren Menschen und deren Schicksalen deutschem Empfinden, deutschen Anschauungen, deutschem Wollen und Sehnen, deutschem Lebensernst und deutschem Humor entsprechen. (...) Das deutsche Theater darf nicht mehr wie bisher der Tummelplatz artfremden oder in nationaler Beziehung charakterlosen Geistes sein. Insbesondere ist Schlußzu machen mit der einseitigen Pflege jüdischer oder halbjüdischer Autoren, die ... bisher den Spielplan beherrschten und durch ihre Werke dem deutschen Publikum in unerträglicher Anmaßung jüdisches Fühlen und Denken einimpften."
(in: WULF 1983, 66)
Ein „Nathan der Weise" hat also nach diesen Grundsätzen auf einer deutschen Bühne nichts mehr verloren. Auch freiheitsverkündende Werke wie „Don Carlos" oder „Wilhelm Tell" werden nach einiger Zeit aus den Spielplänen entfernt - am Ende der Aufführungen dieser Dramen halten die Beifallsstürme lange an, und sie gelten nicht den Bühnenkünstlern, sondern (und das bleibt auch den Regierenden nicht verborgen) dem Freiheitsgedanken der Dramen.59 Andere Stücke werden durch Streichungen im Text sowie durch Regieeinfälle im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung umgeformt und der Propaganda nutzbar gemacht.60 Auch der Verlauf des 2. Weltkrieges beein-flußt das Repertoire: Shakespeare etwa wird verboten, als 1941 der Krieg gegen England ausbricht. Ausnahmen sind einige wenige Autoren, die Aufgrund eklatanten Mißverstehens ihrer Werke seitens der Nationalsozia-listen auch weiterhin gespielt werden, wie etwa Hans Rehberg oder Richard Billinger.61 Es bleiben jedoch wenige Ausnahmen.
Weitere Schwierigkeiten, die aus diesen Richtlinien erwachsen, lassen sich anhand des Musiktheaters darstellen. So basieren für den Opernbetrieb kaum zu entbehrende Stücke wie Richard Strauss´ „Elektra" oder „Der Rosenkavalier" auf Libretti von Hugo von Hofmannsthal.62 Der jedoch ist nach der nationalsozialistischen Abstammungslehre ein „Halbjude". Auch Shakespeares „Sommernachtstraum" mußvon der Musik des Juden Felix Mendelssohn-Bartholdy abgekoppelt werden. Die abenteuerlichsten Verrenkungen werden unternommen, den Richtlinien zu genügen - etwa mit Kompositionsaufträgen zum „Sommernachtstraum". Mendelssohn-Bartholdys Musik bleibt jedoch - zum Ärger der Nationalsozialisten - unerreicht.63 Ähnlich verhält es sich mit den immer größeren Lücken in den Spielplänen - sie können durch nationalsozialistische Dramatiker nicht einmal ansatzweise adäquat gefüllt werden.64 Einzig der 1933 gegründete Jüdische Kulturbund darf in seinem Theater an der Charlottenstraße all das spielen, was ansonsten verboten ist. Die erste Premiere findet am 1. Oktober 1933 statt, gegeben wird Lessings „Nathan der Weise". Es magüberraschen, daßein solcher Kulturbund geduldet wird; tat-sächlich hat er jedoch nur eine Alibifunktion, er gehört „ zur Kulturfassade ..., hinter der die Verbrennungsöfen rauchten." (DAIBER 1990, 131) 1941 wird schließlich auch diese scheinheilige Maske fallengelassen, der Jüdische Kulturbund wird verboten.65
Als Fazit soll Hans Daibers Urteil stehen:
„ Erfolgreicher als beim Vorzeigen eigener Leistungen waren die Nationalen beim Stören `artfremder' Aufführungen."
(DAIBER 1990, 121)
2.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
In den letzten Jahren der Weimarer Republik wird das Theater ein Opfer der Wirtschaftskrise: Ab 1930 sinken die Einnahmen der Theater, zahlreiche Privattheater müssen ihre Pforten schließen. Auch für die staatlichen Theater beginnt eine Krisenzeit, denn Zuschüsse werden eingefroren oder ganz gestrichen.66 Gegen Ende der Spielzeit 1931/32 sind zwei Drittel der Bühnenangehörigen ohne festes Engagement.67 Diese Entwicklung wird von den Nationalsozialisten mit Wohlwollen beobachtet, denn für sie zählt das Theater schon lange zu den „ Verfallserscheinungen einer langsam abfaulenden Welt" (HITLER 1924, in: DAIBER 1990, 120).
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ändert sich die Situa-tion schlagartig. Gemäßdes bereits erläuterten großen Interesses der National-sozialisten am Theater wird es finanziell großzügig unterstützt und somit wirtschaftlich abgesichert.68 Außerdem wird ein Lenkungsapparat installiert, durch den das gesamte Theaterleben gesteuert wird. Die wesentlichen Stationen sind die Gründung des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda am 13. März 1933 (Minister: Joseph Goebbels, zugleich Reichspropagandaleiter der NSDAP)69, die Bildung einer Reichstheaterkammer (1. August 1933)70 sowie der Erlaßder Reichskulturkammer- Gesetzgebung (22. September 1933)71.
Das Ministerium organisiert die allgemeine Umfunktionierung jeglichen kulturellen Lebens zu einem Instrument nationalsozialistischer Propaganda, die Gesetzgebung der Reichskulturkammer kommt einem Ermächtigungsgesetz auf kulturellem Gebiet gleich, die Reichstheaterkammer vereinigt alle Theater-schaffenden und macht sie so kontrollierbar. Jeder Mensch, der sich in irgend-einer Form künstlerisch betätigt und seine Werke der Öffentlichkeit zugäng-lich macht, mußder Reichskulturkammer (der die Reichstheaterkammer untergeordnet ist) beitreten, es besteht die Pflicht zur Mitgliedschaft. Nicht aufgenommen wird, wessen Werke nicht mit den Zielen der National-sozialistenübereinstimmen.72 Regimekritischen Künstlern wird also schon allein durch die Pflicht zur Mitgliedschaft in der Reichskulturkammer jegliche Basis ihrer Arbeit entzogen. Eine weitere Funktion der Reichstheaterkammer ist die Überwachung der Spielpläne.
Es folgt die Entlassung zahlreicher Intendanten, Regisseure, Dramaturgen und sogar Schauspieler:
„ Unmöglich kann ein jüdischer Schauspieler ... einen deutschen Charakter auf der Bühne glaubwürdig darstellen. Man denke sich nur einmal die Rolle des Faust durch einen Juden ... besetzt! Unmöglich! Dem jüdischen Geiste wird das Faustische immer ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, weil es seiner Art grundsätzlich widerspricht."
(ENGELBRECHT 1933, in: WULF 1983, 255)
Überhaupt wird die Entwicklung des Theaters der Weimarer Republik häufig mit dem Einflußvon Juden in Verbindung gebracht, was durchaus den Tatsachen entspricht: Viele Intendanten, Schauspieler und sonstige Theaterschaffende sind Juden, und sie haben fraglos erheblich zum künstlerischen Reichtum in der Blütezeit des deutschen Theaters zwischen 1918 und 1933 beigetragen. Allerdings bewerten die Nationalsozialisten das Theater der Weimarer Republik und dessen künstlerischen Reichtum gänzlich anders.
Durch die nationalsozialistische Entlassungswelle werden viele Stellen frei, und 1936 frohlockt Eduard Frauenfeld, der Geschäftsführer der Reichstheater-kammer:
„ Es war möglich, die deutsche Künstlerschaft von den zahlreichen jüdischen Elementen zu befreien, ohne daßdabei die deutsche Kultur zu Schaden kam. Im Gegenteil: Das deutsche Theater hat sich auf sein Wesen und seinen Charakter besonnen."
(FRAUENFELD 1936, in: WULF 1983, 35)
Tatsächlich stellt sich die Situation nach dieser ersten großen Entlassungswelle anders dar:
„ Bald nach der Gleichschaltung der Theater zeigte sich, daßdie Nationalsozialisten viele der mutwillig geschaffenen Vakanzen nur schlechter als recht besetzen konnten."
(DAIBER 1990, 125)
Das führt abermals zu merkwürdigen Verrenkungen: So werden einigen Künstler Sondergenehmigungen erteilt, obwohl sie nach der Abstammungs-lehre der Nationalsozialisten keine arischen Deutschen sind73, etwa einem Max Reinhardt, der gebürtig Goldmann heißt. Sondergenehmigungen erhalten selbst Künstler kommunistischer Gesinnung: Eine öffentliche Distanzierung von der Vergangenheit genügt etwa im Falle des Schauspielers Heinrich George, dem später sogar die Leitung des Schillertheaters in Berlinübertragen wird.74 Wie schon einige Autoren, deren Dramen von den Nationalsozialisten aufgrund von Mißverständnissen in die Spielpläne aufgenommen werden, so bleiben auch hier einige Theaterschaffende dem Theater erhalten, die dem Regime nicht eben freundlich gesonnen sind. Freilich ohne viel bewirken zu können: Sie müssen sich möglichst konform geben, wollen sie nicht diesen letzten Rest an Einflußverlieren.
Dieses so umfassend gesteuerte Theaterleben soll - gemäßnational-sozialistischer Affinitäten für Massenveranstaltungen - in immer größerem Rahmen, in immer monumentaleren Bauwerken stattfinden: Zuschauerräume werden vergrößert, separate Logen beseitigt (selbstverständlich bleibt stets eine Führerloge erhalten). Immer größere, größenwahnsinnigere Gebäude werden geplant, der Krieg vereitelt jedoch zumeist die Realisierung dieser Pläne.75
Damit diesem so umfassend gesteuerten Theater die nötigen Zuschauer nicht fernbleiben, wird auch der Theaterbesuch von den Nationalsozialisten organisiert:
„ Innerhalb des Kulturamtes der NS-Gemeinschaft `Kraft durch Freude' wird eine Besucherorganisation gegründet. (...) Ein weiterer Schritt, das ganze schaffende Volk am Aufbau des deutschen Theaters ... teilnehmen zu lassen, ist getan."
(SELZNER / STANG 1934, in: WULF 1983, 68)
Zehn Jahre später wird das Theaterleben jedoch beendet: Nach der Verkün-dung des „totalen Kriegs" sowie dem Hitlerattentat vom 20. Juli 1944 werden die Theater geschlossen. Nur ein kleiner Bruchteil der etwa 45.000 Bühnenangehörigen wird jedoch anschließend in der Armee oder in der Rüstungsindustrie eingesetzt. So endet die Zeit des nationalsozialistischen Regimes mit einem theaterlosen Jahr, in dem außerdem viele Schauspielhäuser zerstört, fast alle jedoch mehr oder minder stark beschädigt werden.
2.2 Die Theaterkritik
Von 1933 an setzt das NS-Regime bis hin zur Verschleppung und Ermordung von Journalisten alle erdenklichen Mittel ein, den Rundfunk und die liberal-bürgerliche Presse auszuschalten.76 Zuallererst stellen die Nationalsozialisten jedoch den Rundfunk in ihren Dienst und forcieren die Verbreitung von Radiogeräten - in jedem Haushalt soll eines stehen. Propagandaminister Joseph Goebbels verspricht sich größtmöglichen Nutzen von dem Volksempfänger, der umgangssprachlich „Goebbelsschnauze"77 genannt wird. Nicht ohne Grund: Über den Rundfunk werden bereits 1933 allgemein die Zielsetzungen verbreitet, die schriftlich zunächst nur in der Fachpresse nachzulesen sind und erst Jahre später in die Realität umgesetzt werden, beispielsweise hinsichtlich der Theaterkritik. Daßdie Theaterkritik in der Form, wie sie in der Zeit der Weimarer Republiküblich war, den Zielen der Nationalsozialisten hinderlich ist, liegt auf der Hand - zu mächtig waren die einzelnen Kritiker, außerdem individualistisch bis zur Eitelkeit. Weiterhin ist ihre liberale Kunstauffassung nicht mit der des NS-Regimes vereinbar.
Die neue Rolle des Kritikers wird bereits 1933 in Fachzeitschriften definiert:
„ Im liberalistischen Zeitalter der wirtschaftlichen und geistigen Frei- zügigkeit und individualistischen Willkür war es den meisten, vor allen den jüdischen Kritikern Bedürfnis, sich mit ihrer höchst subjek- tiven Meinung vor der Öffentlichkeit aufzuspielen und in Szene zu setzen. (...) Mittler, Anreger und Propagandist und endlich pädago- gischer Führer in das Kunstwerk hinein oder doch wenigstens an das Kunstwerk heran, das soll der künftige Kritiker sein."
(ZIEGLER 1933, in: WULF 1983, 87)
„ Jetzt darf er sich freudig eingliedern in die neue Kulturfront, der als Staatsauftrag die Formung der deutschen Seele zu ihrem eigentlichen Wesen und Leben zufiel."
(VOß1933, in: WULF 1983, 88)
Dennoch zögert das Regime aus Rücksicht auf das Ansehen im Ausland zunächst noch, die Kulturkritik zu verbieten.78 Noch 1934 gibt sich Joseph Goebbels freimütig und tolerant:
„ Es gibt Kritiker, die nach einer Erstaufführung hinter mir her schwänzeln, bloßum herauszuhorchen, was ichüber das Stück sage. Als ob einer von uns je verlangt hätte, daßdie Meinung eines Kritikersüber ein Theaterstück oder einen Film mit unserer Meinungübereinstimmt."
(GOEBBELS 1934, in: HAGEMANN 1948, 59)
Im Laufe nur weniger Jahre ändert sich das Bild: Joseph Goebbels verbietet 1935 erst die Nachtkritik, 1936 dann die Kunstkritik allgemein.
Wie erwähnt, wird Alfred Kerr bereits 1933 des Landes verwiesen, ähnlich ergeht es anderen. 1936 sind jedoch nicht mehr einzelne Kritiker das Ziel von Verboten, die gesamte Kunst-, und somit auch die Theaterkritik, wird außer Kraft gesetzt. Im Völkischen Beobachter vom 28. November 1936 wird die Anordnung des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda veröffentlicht:
„ An die Stelle der bisherigen Kunstkritik, die in völliger Verdrehung des Begriffes `Kritik' in der Zeit jüdischer Kunstüberfremdung zum Kunstrichtertum gemacht worden war, wird ab heute der Kunstbe- richt gestellt; an die Stelle des Kritikers tritt der Kunstschriftleiter. Der Kunstbericht soll weniger Wertung, als vielmehr Darstellung und damit Würdigung sein. (...) Er verlangt Bildung, Takt, anständige Gesinnung und Respekt vor dem künstlerischen Wollen. Nur Schrift- leiter werden in Zukunft Kunstleistungen besprechen können, die mit der Lauterkeit des Herzens und der Gesinnung des Nationalsozia- listen sich dieser Aufgabe unterziehen."
(GOEBBELS 1936, in: Theater Heute 1/65, 30)
Die Kritik wird also vom Bericht abgelöst, die Beurteilung von der Würdigung, das Individuum verschwindet in der „ Kulturfront" (VOß1933, s.o.). Dazu wird vom Berichterstatter nationale Gesinnung verlangt, es geht sogar so weit, daßerüber künstlerische Mängel eines Dramas und einer Aufführung hinwegsehen soll, wenn der Inhalt nur nationalsozialistisch genug ist.79 Ein Grund dafür ist, daßzuvor die Kritik manche Aufführung verrissen hat, die von den Nationalsozialisten mit großem propagandistischen Aufwand gefördert worden war.80
Am Beispiel Herbert Iherings läßt sich der Weg zahlreicher Kritiker aus der Zeit der Weimarer Republik exemplarisch darstellen, wenngleich viele Details aus dieser Zeit nicht mehr rekonstruierbar sind.81 Als sein Kontrahent Alfred Kerr Deutschland verlassen muß,übernimmt Ihering dessen Posten beim Berliner Tageblatt. 1935 mußauch er seine Kritikertätigkeit einstellen, kann jedoch auch danach Bücherüber Schauspieler veröffentlichen und findet eine Anstellung beim Besetzungsbüro der Filmgesellschaft Tobis, 1942 wird er schließlich als künstlerischer Beirat ans Wiener Burgtheater geholt. Er sieht sich noch immer in der Rolle des Anregers, der die Entwicklung des Theaters mitbestimmt und -lenkt. Immerhin enthält er sich dabei des Nazijargons, was für seine Tätigkeit nach dem Kriege nicht unerheblich sein dürfte. Nach 1945 beteiligt er sich am Aufbau eines Theaters in der Tradition der zwanziger Jahre. Sowohl in seiner weiteren Arbeit als auch in seinen persönlichen Äußerungen spielt die Zeit des Nationalsozialismus keine weitere Rolle mehr.
„ An ... die NS-Zeit konnte und wollte er sich offenbar nicht erinnern."
(TÖTEBERG 1989, in: MIERENDORF / WICCLAIR 1989, 139)
Auch andere Kritiker aus der Zeit der Weimarer Republik bleiben nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und veröffentlichen, wenn schon keine Rezensionen mehr, dann doch wenigstens Bücher oder geben Zeitungen heraus. Nur wenige von ihnen sind dabei besonders linientreu, das Gros ist nicht eben von patriotischer und nationalistischer Gesinnung. Es kann angenommen werden, daßdas Selbstverständnis der Theaterkritiker der Weimarer Republik die Ursache für diese Entwicklung ist: Sie schreiben nicht für das Publikum, sehen sich höchstens sekundär in einer gesellschaftlichen Funktion. Ihr erstes Anliegen ist die Kunst, auf die sie sich beziehen. Nachdem eine Ausübung dieser Funktion durch Theaterkritiken ab 1936 nicht mehr möglich ist, versuchen etliche, auf andere Weise am Theatergeschehen mitzuwirken.82
Der weitaus größere Teil der renommierten Kritiker flieht jedoch aus Deutschland. Auch sie bleiben im Exil jedoch als Kritiker, Dramaturgen oder in sonst einem artverwandten Berufe ihrem Metier treu.
2.2.1 Die Theaterkritiken
2.2.1.1. Hanns Johst: „Schlageter"
„ Für Adolf Hitler in liebender Verehrung und unwandelbarer Treue"
(JOHST 1933, in: SUCHER83 (Hrsg.) 1995, 346)
Diese Widmung trägt Hanns Johsts „Schlageter", uraufgeführt im Staatlichen Schauspielhaus Berlin am 20.4.1933, an Adolf Hitlers Geburtstag. Die Urauf-führung dieses patriotischen Dramas ist die erste Premiere am Staatlichen Schauspielhaus nach der Regierungsübernahme der Nationalsozialisten am 30.1.1933.
Etliche Theaterkritiker, beispielsweise Alfred Kerr, haben zum Zeitpunkt der Premiere Deutschland bereits verlassen, die Theaterkritik beginnt schnell, sich den veränderten Umständen zu fügen.
Bernhard Diebold (Frankfurter Zeitung) stellt da eher die Ausnahme dar. Vorsichtig und ohne allzu eindeutig gegen das Stück Stellung zu beziehen, setzt er sich mit Stück und Inszenierung auseinander. Er zeigt zwar durchaus die Mängel auf, schwächt seine Kritik jedoch letztlich wieder ab, indem er sich selbst attestiert, Johsts Drama nicht aus der „richtigen" Perspektive beurteilt zu haben:
„ ... das Drama Johsts wurde durchaus nicht nur als `Kunst', sondern als ein nationaler Akt empfunden. In diesem Sinne ist es auchüber allen seinen Vorzügen und Mängeln zu bewerten."
(DIEBOLD 1933, in: RÜHLE 1988, 1159)
Den Mittelweg zwischen beidem beschreitet Paul Fechter (Deutsche Allgemeine Zeitung) in seiner Kritik. Er geht ausführlich auf das Drama und die Inszenierung ein, bespricht also das Kunstwerk, geht jedoch ebenso ausführlich auf die nationalistischen Töne dieses Kunstwerkes ein. Welche der Komponenten für Fechter maßgeblich ist, läßt sich an der Tatsache erkennen, daßer seinüberschwengliches Urteil mit Johsts Gesinnung begründet:
„ Johsts neues Drama ... ist sein bisher stärkstes Stück, weil er hier mit seiner ganzen Seele und seinem ganzen Leben beteiligt sein, alle Erwägungen des Metiers im Strom des Gefühls für Land und Volk aufsteigen lassen konnte. (...) Am Schluß... kein Applaus - nach kurzem Schweigen singt das Publikum stehend den ersten Vers des Deutschlandliedes, dann den ersten des Horst-Wessel-Liedes. Danach erst bricht der Beifall los, ehrlich und begeistert, ... es wurde ein ganz starker Erfolg."
(FECHTER 1933, in: RÜHLE 1988, 1155ff)
Seine Maßstäbe legt er nicht an die Kunst, sondern an die Gesinnung. Hiermit zeichnet sich bereits ab, was für die Theaterkritik im nationalsozialistischen Deutschland typisch werden wird.
Noch deutlicher wird dies in Walter Keienburgs (Tägliche Rundschau) Rezen-sion. Bereits der erste Satz weistüberdeutlich darauf hin:
„ Literarisch abzirkelnde Kritik hat hier nichts zu bestellen."
(KEIENBURG 1933, in: RÜHLE 1988, 1159)
Weiterhin beschreibt der Rezensent sein eigenes nationales Ergriffensein:
„ Wir blicken in dieses schwärmerische, doch männliche Gesicht ... und finden uns selbst, wie wir waren oder hätten sein müssen. Wir kommen wieder aus dem Kriege, in schlechten, feldgrauen Röcken und wohnen in billigen Dachquartieren und quälen uns in ein Studi- um hinein, das uns sinnlos scheint und krank vor Altersschwäche. In den Adern geht das wilde Blut, und nachts stürzen Frontsoldaten- träume in den trockenen Mahlgang des Universitätsbetriebes. (...) Indessen hocken die letzten Stürmer aus dem großen Kriege vor den Bastionen der Examensnöte und betäuben sich mit widrigem Gehirn- fraß. Wie lange ist das her ... es könnte gestern gewesen sein. (...) Nun siehst du den Weg und spürst dich wiedervereint und folgst dem Schlageter in seinen bitteren, doch fröhlichen Tod."
(KEIENBURG 1933, in: RÜHLE 1988, 1159)
Er schließt seine Rezension mit dem aufschlußreichen Satz:
„ Kann man von einer Aufführung ... mehr sagen, als daßes ergriff, daßes auslöschte, zerriß, zerstampfte und wieder sammelnd zu einer heroischen schöpferischen Gemeinschaft des Empfindens hinauf- führte. Zu einerüberpersönlichen Einheit, von der wir alles erwarten."
(KEIENBURG 1933, in: RÜHLE 1988, 1160)
Die Theaterkritik der vorausgegangenen fünfzehn Jahre beweist, daßman sehr wohl mehr von einer Aufführung sagen kann. Hier werfen jedoch die kommenden zwölf Jahre ihre Schattenübergroßvoraus.
2.2.1.2 Eberhard Wolfgang Möller: „Das Frankenburger Würfelspiel"
Am 2.8.1936 wird Möllers „Frankenburger Würfelspiel" anläßlich der Eröffnung der Berliner Dietrich-Eckart-Bühne uraufgeführt. Dieses in Zusam-menarbeit mit dem Reichsdramaturgen entstandene Werk, das eine besondere Stellung in der Gattung der Thingspiele einnimmt, gilt im national-sozialistischen Deutschland als der „ gelungene Versuch eines völkischen Weihespiels" (LINDEN 1936, in: DREWNIAK 1983, 228). Spötter nennen es hinter vorgehaltener Hand dagegen „ Frankfurter Würstchenspiel" (in: DREWNIAK 1983, 228). Die Kulturberichterstattung bezieht eindeutig Stellung:
„ Als Gleichnis! Hier ruht der Sinn dieser neuen Dichtung, die eigens für diese neue Bühne geschaffen wurde. (...) Das Volk, das bäuerliche Volk, steht im Mittelpunkt. Und die Möllersche Dichtung will zeigen, wie hoch die Verantwortung eines Führers seinem Volke gegenüber ist. So bringt sie die Episode des Jahres 1625 vor das Tribunal der Gegenwart. Zwar imäußeren Kostüm der Historie, aber darüber hinaus als zeitloses Gleichnis."
(DARGEL 1936)
Euphorisch werden die künstlerischen Leistungen gelobt, etwa die der beiden Regisseure. Ein Berichterstatter bezieht dabei die Perspektive des staunenden, ergriffenen Zuschauers:
„ Wie sie die Aufgaben ... gelöst, das Ganze gegliedert und geordnet bewegt hatten, wie Gehen, Kommen, Sprechen präzise ineinander- griff, das war bewundernswert. Es war ein wandernd flutendes Ganzes entstanden, dem die Zuschauer am Schlußmit Recht dankbaren Beifall spendeten." (Ohne Autorenangabe: „ Volksgeschichte vor dem Volksgericht - „Das Frankenburger Würfelspiel" in der Dietrich-Eckart- Bühne", 21.8.193684 )
Der Autor dieser Zeilen ist Eins mit der „ wie ein dichtes helles Stiefmütterchenbeet grau- violett flatternden Zuschauermenge" (s.o.), wieüberhaupt die Berichterstatter stets (auch bei anderen Inszenierungen) die Einheit von Theaterschaffenden, Publikum, politischer Führung und Kulturberichterstattung betonen - oft sind namhafte Politiker anwesend (sie werden stets namentlich genannt), die Theaterschaffenden schenken dem Volke ihre Kunst und formen es dadurch zu einer Einheit, das Publikum ist begeistert und dankbar, die Berichterstatter schließlich verkünden - des Lobes voll - derlei „Großtaten" nationalsozialistischer Kultur.
2.2.1.3 Johann Wolfgang von Goethe: „Faust I"
Gustaf Gründgens, der während der Zeit des Nationalsozialismus darauf bedacht ist, parteipolitische Inanspruchnahme so weit als möglich zu vermei-den,85 inszeniert 1941 im Berliner Schauspielhaus am Gendarmenmarkt „Faust I". Außerdem schlüpft er in seine Paraderolle, den Mephisto. Die Bericht-erstattung gibt offen das Mißlingen zu, die Wirkung der Inszenierung mit Worten wiederzugeben.
„ Wie nun hat Gustaf Gründgens diese große Aufgabe neu gelöst? - Das ist selbstverständlich mit wenigen Worten nicht zu erschöpfen ..."
(DARGEL 1941)
„ Dies entzieht sich der Beschreibung und gehört zum Ereignis dieser Aufführung, die aus dem gr ößten Lesedrama der Deutschen vollkommenes Theater macht."
(BIEDRZYNSKI 1941 (Völkischer Beobachter))
Auch mißlingt es den Berichterstattern, die Inszenierung im deutsch-nationalen Sinne darzustellen und auf diese Weise propagandistisch zu nutzen. Es wird höchstens eine derartige Ahnung vermittelt:
„ Ein nordisch-kühler Hauch geht durch die Aufführung."
(GEISENHEYNER 1941)
Ansonsten bleibt ihnen nur der Hinweis auf die Größe dieses deutschen Kunstwerkes, wie er etwa bei Biedrzynski zu finden ist (s.o.).
So soll hier nur noch anhand einiger Zitate, in denen Käthe Golds Verkör-perung des Gretchens beschrieben wird, der pathetisch-bildhafte Schreibstil der Berichterstatter veranschaulicht werden:
„ Zwischen solchen Männern erblüht Käthe Golds Gretchen abseits wie ein Volkslied, scheu und rein, ein halb gesungenes, halb gehauch- tes, voll tief versteckten Jubels, die Schlußstrophe hinausgeschrien in nicht mehr zu versteckendem Schmerz."
(GEISENHEYNER 1941)
„ In diesem Geisterkampf steht das Gretchen von Käthe Gold mit der Reinheit einer Wiesenblume wie eine schlichte Melodie, mit beseelter Innigkeit, scheu, zaghaft, das Herzklopfen auf der Zunge ..."
(WERNER 1941)
„ Käthe Gold ist wieder das Gretchen. Sehnsüchtig verzweifeltes Menschenkind, in der Szene des Kerkers vor allem die Lauschenden wahrhaft in der Seele berührend."
(DARGEL 1941)
2.2.1.4 Paul Hensel-Haerdrich „Die Pagode Tien-Ti"
Das Theater wird während des 2. Weltkrieges immer wieder dafür genutzt, das Interesse der deutschen Öffentlichkeit an den Kampf- und Bundesgenossen zu wecken und Sympathien zu schüren. Der Kriegseintritt Japans etwa wird 1942 mit der Uraufführung von „Die Pagode Tien-Ti" in Braunschweig beantwortet. Im Februar 1943 wird das Stück im Berliner Schiller-Theater gespielt. Entsprechend verwenden die Rezensenten, die der Berliner Aufführung beiwohnten, viele Zeilen dafür, in die Materie einzuführen. Gleichwohl lassen sie ihre Ideale einfließen und stellen Parallelen zu Deutschland her. Über den im Stück enthaltenen Vater/Sohn-Konflikt heißt es:
„ Doch der Ä ltere siegt sterbend noch; ihm beugt sich, von uralter Väterweisheit bezwungen, der jüngere, dem letzten Befehl getreu, schließlich entschlossen, mit dem stärkeren rasseverwandten Bruder gegen die fremden Mächte zusammenzugehen."
(SCHMIDT 1943)
Hinsichtlich des Stückes sowie der schauspielerischen Leistungen wird allge-mein die offenbar eindimensional negative Darstellung der Amerikaner begrüßt:
„ Ernst Legal machte aus dem amerikanischen Konsul, der durchaus aus der Pagode Tien-Ti einen Öltank bauen wollte, eine lustige Karikatur."
(FIEDLER 1943)
„ Auf anglo-amerikanischer Seite boten Ernst Legal, Claus Clausen und Ernst Stahl-Nachbaur Proben eindeutiger Charakterisierung."
(HÖFER 1943)
Abermals soll ein Beispiel für den Schreibstil der Berichterstatter angeführt werden - es ist der Einleitungssatz von Hannes Schmidts Besprechung:
„ Lang nachhallend tönt dunkler Gong zu Beginn."
(SCHMIDT 1943)
Einmal mehr zeigt sich das Gehetzte, das Pathetische einer Berichterstattung, die nicht kritisch beleuchtet, sondern „völkischer" Kultur huldigt.
Noch etwas läßt sich anhand der vorliegenden Rezensionen beispielhaft darstellen: die in der nationalsozialistischen Theaterberichterstattung nahezu ausnahmslos einheitliche Gliederung der einzelnen Berichte. Sie bestehen aus einer Beschreibung des Stückes einschließlich einer Inhaltszusammenfassung, einer Beschreibung der Inszenierung und einer Beschreibung der schauspielerischen Leistungen. Meist nimmt der erste Teil die Hälfte des Berichtes ein, die beiden weiteren jeweils ein Viertel. Selbstverständlich gibt es auch hier Ausnahmen, wenn etwa zugunsten politischer Bekenntnisse die Bewertung der künstlerischen Leistungen vernachlässigt wird, doch ist der deutlichüberwiegende Teil der Rezensionen nach diesem simplen Rezept gestrickt. Wie es sich liest, wenn die Beschreibung der künstlerischen Leistungen ob eingehender politischer Huldigungen ins Hintertreffen gerät, ist an zwei Beispielen zu zeigen.
„ Vom Aufgebot der anderen Rollen seien genannt: Peter Widmann, Inge Drexel und Lu Säuberlich."
(BIEDRZYNSKI 1943 (Völkischer Beobachter)
„ Unter Hinweis auf ihre redlichen darstellerischen Bemühungen seien noch genannt: Ernst Schroeder, Hans Meyer-Hanno, Lothar Koerner, Inge Drexel und Lu Säuberlich."
(HÖFER 1943)
Diese undifferenzierte Auflistung von Schauspielernamen, die sichüberaus häufig finden läßt, ist ein weiterer Beleg dafür, daßes sich hier tatsächlich um Berichte handelt und weniger um kritische Besprechungen.
2.2.1.5 Friedrich Schiller: „Wilhelm Tell"
„Wilhelm Tell" ist bis 1941 in Deutschland eines der meistgespielten Dramen. Bereits im November 1933 wird Schillers Drama im Geiste der eben angebrochenen Zeit gedeutet. Zur Aufführung im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg heißt es:
„ Von dem Willen nach stärkerer Förderung deutschen Kulturgutes beseelt, habe die hamburgische Regierung sich zwei Theater zu eigen gemacht und sie zu Staatstheatern erhoben. Daßman gerade in diesen Tagen für die Festaufführung Schillers glühendes Bekenntnis zur Freiheit, den „Wilhelm Tell", wählte, ist einleuchtend und schön 86. In Ohr und Seele dringen daraus Worte, die für unsere eigene Zeit geschrieben sein könnten - edle und schwungvolle Worte der Begeisterung, des Aufbruchs und der wahrhaftigsten Sehnsucht nach Freiheit."
(Ohne Autorenangabe: „Wilhelm Tell" - Festvorstellung im Deutschen Schauspielhaus, 11.11.193387 )
Vergleichbares schreibt Friedrich-Carl Kobbe:
„ Zweitens ist zu wiederholen, ... daßdiese ... Aufführung das Wesent- liche, nämlich das, worauf es heute, morgen und auch nochübermor- gen ankommt, mit bewußter Eindeutigkeit herausstellt - das Vaterlän- dische, das Willensbekenntnis zuräußeren und inneren Freiheit, zur Einigkeit. Wer heute in Schillers „Tell" dieses Bekenntnis sucht - und das wird mit der ganzen Jugend die Mehrzahl der Erwachsenen sein -, wer sich aus diesem Bekenntnis neuen Mut und neue Kräfte holen will, der besuche diesen „Tell" und höre seinen nationalen Aufruf."
(KOBBE 1933)
Dies ist hier so ausführlich zitiert, weil es sich in den folgenden Jahren schlicht und ergreifend nur noch wiederholt. Auch werden stets die Schauspieler gelobt, stets wird das naturalistische Bühnenbild als echt und wahr hervorgehoben.88
1941 wird „Wilhelm Tell" plötzlich verboten, das Drama darf nicht mehr gespielt werden und wird aus den Bibliotheken sowie dem Schulunterricht verbannt. Dafür sind verschiedene Umstände als Gründe denkbar.89
2.3 Zusammenfassung
Bereits im ersten Kapitel wurde auf die enge Bindung des Theaters und der Theaterkritik an die gesellschaftlichen Verhältnisse hingewiesen. Ähnliches ist auch in der Zeit des Nationalsozialismus zu beobachten, allerdings gleicht die Bindung hier eher einer Fessel - von 1933 an bestimmt das national-sozialistische Regime Theater und Theaterkritik. Über die Zugehörigkeits-pflicht in der Reichskulturkammer wird bestimmt, wer sichüberhaupt noch künstlerisch betätigen darf, darüber hinaus werden die Spielpläne der Theater nach nationalsozialistischen Richtlinien erstellt.
Wenngleich die Kunst- und damit auch die Theaterkritik erst 1936 offiziell verboten und durch Kulturberichterstattung ersetzt wird, dient die Theaterkritik faktisch bereits ab 1933 der Propaganda, fördert nationale bzw. nationalistische Theaterkunst. Die beschreibenden Elemente nehmen zu, der Wert einer Inszenierung wird anhand ihrer politischen Aussage bemessen. Meist in pathetischem, gehetztem (bisweilen schon reißerischem) Stil geschrieben und fast durchweg nach dem gleichen Schema gegliedert, findet sich in den Besprechungen kaum noch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Theater. Die Theaterkritik (oder besser: was von ihrübrig blieb) ist ein Propagandainstrument, das seiner Aufgabe durchaus gerecht wird.
3. Die Nachkriegszeit: BRD
3.1 Das Theater
3.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
Die von einigen90 nach Kriegsende erwartete neue Blütezeit des Theaters bleibt weitgehend aus.91 Weder fördert diese Situation in bedeutendem Umfang Werke zu Tage, die zwischen 1933 und 1945 entstanden und versteckt worden sind, noch initiiert sie eine dem Expressionismus nach dem 1. Weltkrieg vergleichbare Strömung.92 Zu nachhaltig sind die Auswirkungen der nationalsozialistischen Kulturpolitik, durch die das deutsche Theater vom internationalen abgetrennt, das politische Theater ausgemerzt wurde.93
Lediglich zwei Stücke erregen Aufsehen und wirken wie ein Silberstreif am Horizont: Wolfgang Borcherts Heimkehrerdrama „Draußen vor der Tür" sowie Carl Zuckmayers „Des Teufels General", das der Schriftsteller aus der Emigration mitbringt.94
„ Es war, als ob mit diesen Stücken das Drama aus den Beständen der vorhitlerschen Zeit aufgefrischt werden sollte oder könnte. Das erwies sich als Irrtum."
(MELCHINGER95 1970, 4)
Zu sehr seien, so Melchinger weiter, diese beiden Stücke in den Entwicklungen zur Zeit der Weimarer Republik verhaftet - einerseits im Expressionismus (Borchert), andererseits in der Überwindung des Expressionismus (Zuckmayer).96
Es folgen „ zehn dürre Jahre" (MELCHINGER 1970, 4), in denen sich eine Flut ausländischer Stücke und Autoren (die zwölf Jahre lang zurückgehalten wurde)über die deutschen Bühnen ergießt, während deutsche Dramatiker dem nichts Adäquates entgegenzusetzen haben.97 Gegen Ende der fünfziger Jahre kristallisieren sich zwei Strömungen heraus, die von etlichen deutschen Autoren aufgegriffen und umgesetzt werden: einerseits das Theater des Absurden, andererseits das Theater Bertolt Brechts.98 Das Absurde ist schon fast als Modeerscheinung in Deutschland anzusehen (Siegfried Melchinger nennt diese Erscheinung „ Ionescose" (MELCHINGER 1970, 4)); Eugéne Ionescos Stücke werden fast ausschließlich in Deutschland uraufgeführt, Samuel Beckett und (als Vorläufer dieser Entwicklung) Alfred Jarry gelangenüber die kleinen Schauspielhäuser auf die großen Bühnen. Deutsche Nach-folger dieser Autoren sind etwa Wolfgang Hildesheimer („Spiele, in denen es dunkel wird") oder Günther Grass („Onkel, Onkel", „Die bösen Köche").
Bertolt Brecht bleibt weder im Westen noch im Osten Deutschlands unum-stritten,übt dennoch einen unbestreitbaren Einflußauf das deutsche Theater beiderseits der Zonengrenze aus. Abgesehen von seinen eigenen Werken - die „Dreigroschenoper" ist einer der größten Publikumserfolgeüberhaupt während der ersten Nachkriegsjahre - wird Brechts Einflußdurch seine Schüler (Peter Hacks, Heiner Müller, Hartmut Lange) potenziert. Um 1963 findet diese Phase ihr Ende, das Absurde verschwindet aus dem Blickpunkt des Interesses, und Brecht hat laut Max Frisch „ die durchschlagende Wirkungslosigkeit des Klassikers" (FRISCH, in: MELCHINGER 1970, 5) erreicht. Die Anhänger dieser beiden Strömungen beginnen, neue Wege zu gehen.99 Es kristallisiert sich eine Gruppe von deutschsprachigen Autoren (Rolf Hochhuth, Peter Weiss, Heinar Kipphardt) heraus, die einerseits Publikumserfolg haben und andererseits eine künstlerische Richtung bilden, die als Dokumentartheater bezeichnet wird.100 Erstmals in der Nachkriegszeit ist eine einheitliche Tendenz auch in den Inszenierungen erkennbar, sie sind geprägt von Distanz und formaler Objektivität.101
Daran schließt sich eine Phase politischer Radikalisierung an, die bereits mit der 1962 in Köln aufgeführten, stark auf die Tagespolitik bezogenen Sozial-kritik von Luigi Nonos „Intolleranza" beginnt und später durch die Studentenunruhen 1968 forciert wird. Neben diese inhaltliche Radikalisierung tritt die formale: Als Vehikel für die provokanten Aussagen dienen szenische Agitationen, Klassiker werden ehrfurchtslos umstrukturiert und entsprechend inszeniert.102 Zunehmend beschränkt sich diese freie Inszenierungsweise nicht nur auf Klassiker, sondern wird auf jegliche Vorlageübertragen - das Regie-theater der siebziger Jahre wirft seine Schatten voraus.103
Im Happening sowie in der Performance werden die Grenzen zwischen Theater und bildender Kunst von beiden Seiten herüberschritten.104 Ebenso läßt sich die Aktionskunst weder eindeutig dem Theater noch der bildenden Kunst zuordnen.
„ Alle griffen die verschiedensten Materialien und Traditionen auf. Die zwanziger Jahre schienen in ihrer Frische, ihrem Mut, ihrer Zukunftsfreude, ihrer vorstürmenden Kraft, ihrem Einfallsreichtum wiederbelebt..."
(RÜHLE 1992, 86)
In den siebziger Jahren geht die Suche nach neuen Ausdrucksformen weiter, es wird versucht, das „ Theater des Establishments" (RÜHLE 1992, 87) weiterhin zuüberwinden. Geprägt werden die siebziger Jahre in diesem Zusammenhang vor allem durch die Blütezeit des Regietheaters.
„ Aus den Regie-Methoden der sechziger Jahre wurde in den siebziger Jahren eine enervierende Manie. Zu ihr gehören: die absichtsvolle Banalisierung der Ideen, Gefühle, Stoffe, Stücke; Schauspieler, die nicht sprechen lernen wollten und die aus Vorsatz h äßlich waren; keine Schönheit, keine Überhöhung, kein Pathos, kein Exempel."
(HENSEL105 1995, 200)
Schließlich wirken sich die Massenmedien, vornehmlich das Fernsehen und der Hörfunk, auf das Theater aus. Mitte der siebziger Jahren findet sich in 95% aller bundesdeutschen Haushalte mindestens ein Fernsehgerät, das, jedes für sich, einen potentiellen Konkurrenten für das Theater darstellt.106
„ Das führt zum Streben nach Perfektion, ergo zu immer längeren Probenzeiten. Der das Künstlertum um so stärker prägende Indivi- dualehrgeiz, je verächtlicher die Kulturkritik Symptome für `Vermas- sung' der Gesellschaft behandelte, bewirkte eine Intellektualisierung, welche die Programmhefte mästete, aber die Erzeugnisse auf der Bühne auszehrte."
(DAIBER 1990, 160)
Geschwächt wird die künstlerische Kraft des Theaters auch durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die wachsende Unrentabilität der Bühnen. Das führt seit Beginn der achtziger Jahre zu einem „ Vordringen des Unterhaltungstheaters" (DAIBER 1990, 157). Ein Dilemma:
„ Einerseits werden die Kommunaltheater angehalten, die Geschäfts- lage durch Unterhaltsamkeit zu verbessern, andererseits provoziert das die Frage, ob Unterhaltungüberhaupt subventioniert werden soll."
(DAIBER 1990, 172)
p>Die Folge sei eine fatale Verschiebung der künstlerischen Gewichte am Theater.
„ Die Kunst der Finanzierung und der Verwaltung werden bestimmend unter den Theaterkünsten."
(DAIBER 1990, 173)
Weitere Aspekte werden 1989 in Wiesbaden bei einer Podiumsdikussion zwischen Künstlern, Kritikern und Autoren beleuchtet. Die Teilnehmer diagnostizieren eine zunehmende Kluft zwischen Gesellschaft und Theater. Als Grund dafür wird angeführt, daßeinerseits verschiedene gesellschaftliche Problematiken derart komplex seien, daßsie auf der Bühne möglicherweise nicht mehr darstellbar sind,107 andererseits würden zahlreiche Konflikte, die sich in dramatisierter Form darstellen ließen, von den Autoren nicht aufgegriffen.108 Das Theater sei dadurch zunehmend außerstande, auf Zeitgeschichtliches rasch und angemessen zu reagieren.
Weiterhin beobachten die Diskussionsteilnehmer restaurative Tendenzen - Regisseure, die in den siebziger Jahren noch umstritten waren, seien mittlerweile etabliert, ohne daßihr Schaffen von einer nachgerückten Generation hinterfragt werde.109 Hier sei der wirtschaftliche Einflußspürbar, denn jedes Abweichen vom Konventionellen werde durch Besucherschwund bestraft und lasse sich somit immer schwerer legitimieren.110
„ Als künstlerisches Projekt aber bleibt uns gar kein anderer Weg, als das Theater immer wieder als Störung auszuprobieren."
(LEHMANN 1989, in: RISCHBIETER111 (Hrsg.) 1989, 38)
3.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
Ein großer Teil der Schauspielhäuser ist nach dem Krieg zerstört, dieübrigen sind mehr oder minder stark beschädigt - eine denkbar schlechte Ausgangs-situation für eine Wiederaufnahme des Theaterbetriebs. Daraus resultiert als Übergangslösung das Zimmertheater. Nach erstaunlich kurzer Zeit werden jedoch neue „ Theaterpaläste" (MELCHINGER 1970, 5) gebaut, oder besser: aus dem Boden gestampft.112 Was allerdings ein kaum verhältnismäßiger Aufwand ist.
„ Ihr Aufwand stand in krassem Mißverhältnis zu der Dürre und Direktionslosigkeit der dramatischen Produktion. Niemand konnte sagen, wie das Theater der Zukunft aussehen würde. Die Struktur forderte neue Häuser; die institutionelle Grundlage - kulturpolitische Repräsentation bei hohen Subventionen - bestimmte den Aufwand. Geschaffen wurden pompöse neue Gehäuse für eine nicht vorhandene Substanz."
(MELCHINGER 1970, 5)
Dessen ungeachtet werden die Theater mit allen bühnentechnischen Schikanen ausgestattet, um möglichst jede Inszenierungsform zu erlauben. Dennoch wirdüberwiegend von den beiden Varianten Guckkastenbühne und Podiumsbühne Gebrauch gemacht.113 Nur scheinbar legitimiert großes Publikumsinteresse während der ersten Nachkriegsjahre einen solch immensen Aufwand. Der Grund für diesen Publikumszuspruch ist jedoch eher darin zu suchen, daßin der Bevölkerung ein durch umfassenden Warenmangel bedingter Geldüber-schußvorherrscht.114 Durch die Währungsreform 1948 wird diese Situation abrupt beendet, fortan sind die Häuser schlechter besucht. Die hier begonnene Entwicklung im Theaterbau setzt sich dennoch bis in die sechziger und siebziger Jahre fort. Immer größere, monumentalere Bauten werden errichtet:
„ Damals erregte die Betonkuppel von Dortmund Aufsehen, die das Foyer und einen Zuschauerraum für 1160 Personenüberwölbte - 37 Millionen Baukosten! Im Jahre 1970 war das Düsseldorfer Schau- spielhaus ein Paradestück für 39 Millionen Mark, eine Betonwoge von 125.000 Kubikmeter umbautem Raum (...). Im Jahre 1972 setzte das Stadttheater Darmstadt einen neuen Rekord: ein 210.000 Kubikmeter großer Riesenkasten für 75 Millionen."
(DAIBER 1990, 152)
Es ist bezeichnend, daßkünstlerische Impulse oftmals nicht von den prestige-trächtigen Prachtbauten ausgehen, sondern von kleineren, vergleichsweise schlecht ausgestatteten Bühnen.115
Nach Kriegsende kehren etwa 60 % der während der Zeit des Nationalsozialismus ins Exil geflohenen Theaterschaffenden nach Deutsch-land zurück.116 Diejenigen, die die Kriegsjahre in Deutschland verbracht haben, werden von den Westmächten per Fragebögen erfaßt und gegebenen-falls zu entnazifizieren versucht - eine Netz, das viele Schlupflöcher bietet.117 So kann ein „belasteter" Kandidat sein Glück der Reihe nach in allen drei westlichen Besatzungszonen versuchen.118
Fernerüben die Alliiertenüber Kultur-Administrationen Einflußaus: Jede Premiere ist genehmigungspflichtig, das gesamte Theatergeschehen wirdüberwacht durch eine Reihe von Theateroffizieren, das Theater wird von den Besatzungsmächten als pädagogisches Instrument nutzbar gemacht und entsprechend gefördert. Spielpläne und Ensembles stehen zunächst ebenso unter Aufsicht wie die Besetzung von Intendanten- und Dramaturgenstellen.
Nach neunmonatiger Inhaftierung 1945 und vier Gerichtsverfahren darf Gustaf Gründgens, unter Hitler noch Berliner Staatstheaterintendant, wieder spielen und inszenieren. Zunächst leitet er von 1947 bis 1955 das Düsseldorfer Schauspielhaus, anschließend das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg, bis er 1962 an den Folgen einer Tablettenvergiftung stirbt. Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg unter Gründgens ist „ in diesen Jahren das einzige Theater, das Glanz ausstrahlt" (MELCHINGER 1970, 5). Weiterhin von - wenngleich geringerer - Bedeutung sind das Göttinger Theater unter Heinz Hilpert, die Münchner Kammerspiele unter Hans Schweikart, Karlheinz Stroux als Gustaf Gründgens' Nachfolger in Düsseldorf sowie die Städtischen Bühnen Berlins unter der Leitung von Boleslaw Barlog. Insgesamt ergibt sich daraus ein disparates Bild von der deutschen Theaterlandschaft jener Zeit: Eine Reihe verschiedener Dramaturgen und Intendanten steuert eine individuelle Note bei, ohne daßdaraus ein gemeinsamer Akkord entstünde. Die klare Linie fehlt.119 Außerdem ist anzumerken, daßdie Vormachtstellung Berlins als Theaterhauptstadt gebrochen ist. Das liegt einerseits an der Teilung der Stadt, andererseits an der Isolation Westberlins.120 Aus dem Fehlen einer Theaterhauptstadt ergibt sich, daßdie produktivsten Kräfte des Theaterlebensüber die gesamte Republik verteilt sind. Der Erfolg und die herausragende Position Gustaf Gründgens' ist - neben herausragenden „Faust I"-Inszenierungen - nicht zuletzt dadurch zu erklären, daßer sein zerstreutes Ensemble in Hamburg zu sammeln und gleichzeitig um neue Mitglieder zu bereichern versteht. Auch hier dauert die an Glanzlichtern arme Theaterzeit bis in die sechziger Jahre an. Dann sorgt die Errichtung der Berliner Mauer auch in der Theaterlandschaft für Bewegung - zahlreiche zuvor in Ostdeutschland tätige oder wohnhafte Schauspieler und Regisseure siedeln nach Westdeutschlandüber.
Die infolge der Studentenunruhen 1968 eintretende politische Radikalisierung zieht weitere Veränderungen nach sich, es wird zunehmend eine Demokra-tisierung der Theaterstrukturen gefordert - Theaterleitung und Regie sollen kollektiv ausgeübt, Gagen den sozialen Erfordernissen angepaßt werden, Mitbestimmung bei der Spielplangestaltung und der Rollenbesetzung wird verlangt.121 Verschiedene Regisseure verlegen ihre Produktionen an theater-fremde Orte wie Fabrikhallen oder Gemeindezentren, um dem Publikum eine vorurteilsfreie Begegnung mit Theater zu ermöglichen122.
Diesen Entwicklungen treten einzelne Regisseure entgegen, die sich durch besondere und rigorose Eigenmächtigkeit hervortun.123 Der Kollosionkurs einzelner ebbt jedoch während der siebziger Jahre ebenso ab wie die Demo-kratisierungsbestrebungen im Theaterbetrieb, der im Laufe der achtziger Jahre von immer stärkeren wirtschaftlichen Schwierigkeiten geprägt ist.
„ Schon seit Jahren gab es bei grundsätzlicher Theaterfreundlichkeit der Kommunalpolitiker und einer im Prinzip positivenöffentlichen Meinung bedenkliche Anzeichen dafür, daßdas Theater der Gesell- schaft allmählich nicht mehr so teuer war, wie es kostspielig wurde. Zwischen 1962 und 1972 schrumpfte die Besucherzahl um 12,8 Prozent, stiegen die Gesamtausgaben um 159 Prozent und dieöffentlichen Zuwendungen um 215 Prozent."
(DAIBER 1990, 169)
Gegen Ende der achtziger Jahre ist die wirtschaftliche Situation katastrophal, in der Spielzeit 1986/87 werden nur noch 16,8 Prozent der Gesamtausgaben eingespielt. Pro Spielzeit nimmt die Zahl der Theaterbesuche öffentlicher Bühnen in der BRD um rund 100.000 ab.124 Die Auswirkungen: weniger Premieren, statt dessen häufigere Wiederholung der gleichen Inszenierung, mehr spielfreie Tage. Davon bleibt die Provinzüberwiegend unbeeinflußt, da ein fester Publikumskreis und geringer Zulauf Auswärtiger ein gemischtes Angebot erzwingen. Umgekehrt werden die Premieren an den großen Bühnen immer seltener.
„ Alle historischen Voraussetzungen sind hinfällig geworden: ortsfestes Ensemble, ortsfestes, sozial definiertes Publikum, das Oper, Schauspiel, Ballett nur in `seinem' Theater erleben kann, billige Arbeitskräfte, einheitliches technisches System, das mit wenig Personal raschen Wechsel erlaubt."
(DAIBER 1990, 170)
Nutznießer sind lediglich die professionellen Tourneetheater, die mit einigen wenigen zugkräftigen Schauspielernamen und publikumswirksamen Stücken wirtschaftlich erfolgreich sind. Außerdem wächst die Bedeutung des Unterhaltungstheaters, besonders Frederick Loewes „My fair Lady" oder Musicals von Andrew Lloyd Webber werden mit Erfolg gespielt. Die festen Bühnen und die Theaterschaffenden müssen sich an Sachzwängen orientieren, künstlerische Aspekte geraten zunehmend ins Hintertreffen, das Theater als kulturelle Institution gerät immer stärker unter Legitimationszwang. Der Einflußvon Behörden und Parlamenten nimmt (trotz selten vorhandener Kompetenz)125 immer mehr zu, da bei ihnen die Entscheidungsgewaltüber die pekuniären Mittel liegt. Abermals ist hier Hans Daiber zu zitieren:
„ Die Kunst der Finanzierung und der Verwaltung werden bestimmend unter den Theaterkünsten."
(DAIBER 1990, 173)
Die Öffentlichkeit klagt Gegenleistungen für die erbrachten finanziellen Unterstützungen ein, das Theater kann als „ ö ffentlich subventionierte Dienstleistungsorganisation" (FUCHS 1988, 17) bezeichnet werden.
3.2 Die Theaterkritik
Mit dem Wiedererwachen des Theaters beginnt nach Kriegsende auch ein neuer Abschnitt der Theaterkritik. Zwar nehmen einige Kritiker, die sich bereits in der Weimarer Republik ihr Renommee erworben haben und auch während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland geblieben sind, ihre Tätigkeit wieder auf, doch ist ihre Machtposition nicht wiederherzustellen. Ebenso verhält es sich mit den Kritikern, die aus dem Exil zurückkehren. Als Erklärung dafür sind verschiedene Faktoren von Bedeutung. Zunächst ist Berlin durch die Zerstückelung in Besatzungszonen nicht mehr die Theaterhauptstadt, die sie einst war, entsprechend ist die Theaterkritik des Forums beraubt, auf dem sie einst von größter Bedeutung war. Weiterhin ist die Situation des Theaters nach dem 2. Weltkrieg nicht zu vergleichen mit der um 1918, als die Theaterkritik ihre Macht und Wirkung zu entfalten begann. Und schließlich nehmen nur wenige Kritiker nach 1945 ihre Tätigkeit wieder auf. Viele sind im Exil geblieben, viele bereits tot.
An ihre Stelle treten neue Rezensenten, auf denen hier das Augenmerk liegen soll. Allen voran ist Friedrich Luft126 zu nennen, dessen Kritiken nicht nur in Zeitungen veröffentlicht werden, er spricht sie von 1946 an auch allsonntäg-lich zur Mittagszeit im Sender RIAS-Berlin. Gerade die Verbreitungüber den Äther deutet an, daßdas Selbstverständnis dieses Kritikers (und das seiner Kollegen zu dieser Zeit) ein anderes ist als noch vor dem Krieg: Es geht nicht mehr vorrangig um die Wirkung auf das Theater, Zielgruppe der Rezensionen ist nun in erster Linie der Theaterbesucher. Entsprechend lehnt Luft den Kerr'schen Stil der Theaterkritik ab:
„ Alfred Kerr zum Beispiel war sehrüberheblich, als er sich zugleich auf die Stufe der Theaterautoren setzte. Ein Kritiker ist kein Dichter, sondern ein Journalist. Er soll informieren, was er im Theater gesehen hat, und er soll schreiben, wie er es gesehen hat. Er soll durchaus seine Ausstände, seine Kritik kundtun, aber er darf nicht den Anspruch erheben, er sei der einzige, der das Richtige bemerkt hat. Er ist eine Stimme unter vielen Stimmen."
(LUFT, in: HERMANN (Hrsg.) 1991, 72)
Ein Hinweis darauf, daßMäßigung und Bescheidenheit das Selbstverständnis der Kritiker prägen, ist die Tatsache, daßkaum einer von ihnen sich selbst, den Kritiker, zum Gegenstand einer Veröffentlichung macht. Auch Friedrich Luft beschreibt sich in seiner ersten Rundfunksendung am 7.2.1946 als durch-schnittlichen Menschen:
„ Luft ist mein Name. (...) Ich bin 1,86 groß, dunkelblond, wiege 122 Pfund, ... bin theaterbesessen und kinofreudig und beziehe die Le- bensmittel der Stufe II. Zu allem trage ich neben dem letzten Anzug, den ich aus dem Krieg gerettet habe, eine Hornbrille auf der Nase."
(LUFT 1982, 15)
Bezeichnend ist auch jener unprätentiöse, berühmt gewordene Satz Lufts, den er häufig ans Ende einer Besprechung setzt:
„ Ich habe mich, lieber Hörer, in meinem Parkettsessel amüsiert wie Bolle auf dem Milchwagen."
(LUFT, in: HERMANN (Hrsg.) 1991, 9f)
Allein die Gedankenspielerei, wie grotesk die Namen Kerr oder Ihering unter diesem Zitat wirkten, läßt die Unterschiede zwischen dem Kritikerselbstver-ständnis vor und nach dem 2. Weltkrieg deutlich werden.
Die These Friedrich Lufts, daßder Kritiker ein Journalist und kein Dichter sei, wird von seinen Kollegen allgemein geteilt. Journalistische Zwänge wirken sich maßgeblich auf die Theaterkritik aus, die Rezensionen müssen immer schneller verfaßt und vom Umfang her immer knapper gehalten werden.127 Da unter dem Zwang zur Knappheit bisweilen die Beurteilung schauspielerischer Leistungen zugunsten der Beurteilung des Stückes vernachlässigt wird, sieht sich die Theaterkritik seitens Theaterschaffender mit dem Vorwurf konfrontiert, sie sei nicht mehr theatergerecht, sondern viel zu oft fast reine Literaturkritik.128
In den folgenden Jahren verfestigt sich in der Diskussion um den Adressaten von Theaterkritik immer mehr die Überzeugung, daßdies der Leser zu sein habe.
„ Für wen schreibe ich denn eine Kritik? Für den Leser meiner Zeitung."
(STOBBE129 1952, 186)
„ Ich habe, ein unentwegter Liebhaber aller Dinge der Bühne, stets weniger Kritiker als ... Reporter sein wollen, Schilderer des Gesamterlebnisses `Theaterabend', das meine Leser als die möglichen nachfolgenden Besucher erwartet."
(HANSEMANN130 1952, 187)
Parallel dazu wird jedoch oft bemängelt, daßeinige Kritiker in abgehobenem und unverständlichem Stil am Leser vorbeischrieben.131 Derartige Vorwürfe beginnen sich zu häufen, in den folgenden Jahren wird teilweise massiv von Kritikern Kritik an der Kritik geübt.
1965 versucht die Zeitschrift Theater heute eine öffentliche Diskussionüber Theaterkritik anzuregen:
„ ...es könnte sich - so denken wir uns - eine Debatte ergeben, eine Kritik der Kritik, in der diejenigen, dieüber das Theater schreiben, sich Rechenschaft ablegenüber ihre Methoden und ihre Aufgaben."
(MARCUSE132 1965, 1)
Später wird der Autor deutlicher:
„ Kaum wird auf Maßstab-Kongressen undähnlichen Unternehmun- gen die wichtigste Frage beachtet: wozu ist der Kritiker gut? Was leistet er den Lesern seiner Zeitung?"
(MARCUSE 1965, 2)
Allein mit der Überschrift seines Textes („ Ketzereienüber Kritik und Kritiker") zeigt Marcuse, daßer sich bewußt von seinen Kollegen distanziert. Als Autor eines soüberschriebenen Textes bezeichnet er sich provokant als „ Ketzer", er suggeriert, daßer unter seinesgleichen wohl fortan als Renegat gelten wird. Nicht ohne Grund. Wie Friedrich Luft zwanzig Jahre zuvor, so relativiert Marcuse einleitend den Stellenwert des Kritikers.
„ Jeder kritisiert häufiger als er ahnt; jeder - und der Kritiker. Die gedruckte undöffentlich vorgetragene Kritik ist nur ein Spezialfall."
(MARCUSE 1965, 1)
Marcuse betont die Unterschiede zwischen der privaten und der öffentlich geäußerten Kritik:
„ Der Unterschied ist lediglich, daßdieöffentliche ein gr ößeres Publikum hat und deshalb den Kritiker zu mehr Pose ermuntert. (...) Öffentlich hat man sich eisern zu gebärden. Der Kritiker will sein windgeschütztes Gehäuse. Er hat, im Besitz eines Maßstabs, nur das spezifische Urteil vom allgemeineren Grundsatz streng logisch abzu- leiten. Die Höhe der Faulheit."
(MARCUSE 1965, 1)
Unverändert seien in erster Linie die Zuschauer und nicht die Theaterschaffenden die Adressaten von Theaterkritik.133 Da sich die als kritikwürdig erachteten Theaterkritiker nur an dogmatischen Maßstäben entlanghangelten,134 da sie nicht mehr den Eindruck eines Menschen, sondern das Raster eines Lehrbuches beschrieben, hätten sie sich selbst ihrer Bedeutung allerdings beraubt - sie richteten ihre Rezensionen an durchschnittliche Menschen, erreichten jedoch nur einen kleinen Kreis von Fachleuten. Ein solcher Kritiker sei nur noch „ ein von den Snobs angebeteter Elegant" (MARCUSE 1965, 1). Diese Distanz vom Adressaten werde noch vergrößert durch den Sprachgebrauch der Kritiker:
„ Das Latein von einst, welches Ketzerisches vor der misera plebs verbarg, wird heute ersetzt durch die verdunkelte Sprache, auch durch die unauffällig-blasse, auch durch hochentwickelte Eiertänze, die ... eine Perfektion sondergleichen erreicht haben. Das Klipp-und- Klare ist in der Regel nur dort zu finden, wo es recht belanglos ist."
(MARCUSE 1965, 1)
So kommt Marcuse zu einem wenig schmeichelhaften Schluß:
„ Was würde sichändern, wenn die Zeitungen keine Kritiken mehr veröffentlichten? (...) Was man aber das Publikum nennt ... dieser Anonymus wird aufatmen, weil er nicht mehr unter Bildungsdruck gesetzt wird. Ihm wird nicht mehr verboten, sich einzugestehen, daßer sich elend gelangweilt hat. Kein Experte wird einen mehrüber- mächtigen. Beifall wird wirklicher Beifall sein..."
(MARCUSE 1965, 2)
Marcuse bezieht sich hier ohne zu differenzieren auf die gesamte Theater-kritik. In den folgenden Jahren wird Marcuses Kritik von anderen erneuert - immer häufiger ist die Theaterkritik selbst Gegenstand von Veröffent-lichungen, und nicht selten wird mit ihnen in einem Tonfall ins Gericht gegangen, gegen den sich Marcuses „ Ketzereien" (s.o.) geradezu moderat ausnehmen.
„ Die Macht des Kritikers ist der einzig noch wirksame Aberglaube des Theaters. (...) Der Kritiker ist des deutschen Theaters liebster Talisman geworden. (...) So lange er ins Theater geht, kann man zwar nicht mit Sicherheit sagen, ob es gut oder schlecht war, aber man weiß, daßes stattgefunden hat."
(HILDEBRANDT135 1968, 1)
Im Gegensatz dazu stehe die Selbsteinschätzung des Kritikers:
„ Da man sich an sein Erscheinen gewöhnt hat, hält er sich schon für unentbehrlich."
(HILDEBRANDT 1968, 1)
Daraus resultiere hochmütiges Gebaren:
„ Pfauen, die Räder schlagen. Intellektuelle, die das Thema mit tausend Vorbehalten zerzausen, das sie eigentlich beantworten sollen."
(KAISER136 1968, 2)
Auch ansonsten stimmen die Äußerungen mit demüberein, was Ludwig Marcuse bereits drei Jahre zuvor anprangerte.
„ „Was ist Theaterkritik? Ein bißchen wesenloser Radau." So schrieb der verehrungswürdige Alfred Döblin (...) „... verunglückte Privatdo- zenten, Professoren sitzen da! Wie schrecklich gebildet, wie unleben- dig, leblos, ledern schreibt das! Das wollen Journalisten sein?" Wie würde Döblin heute erst poltern!"
(HENSEL 1968, 1ff)
Die Theaterkritik beraube sich demgemäßalso selbst ihrer Bedeutung, indem sie den Adressaten ihrer Besprechungen (den Zeitungsleser) außer Acht lasse, ihn mit nebulöser Sprache verwirre, mit intellektuellen Maßstäbenüberfordere und mit - aus ebensolchen Maßstäben abgeleiteten - dogmatischen Urteilen bevormunde. Dem stehe als Widerspruch das Selbstverständnis der Kritiker entgegen, das von Eitelkeit und dem Irrglauben, als Mittler zwischen Theater und Publikum von größter Bedeutung zu sein, gekennzeichnet sei.
Derartige Attacken werden ohne Unterbrechung fortgesetzt.
„ Unsere Theaterkritiker schreiben für sich."
(STIFTER 1970, 104)
„ Am liebsten ... führen sie ein hohes Geistergespräch unter ihresgleichen."
(HENSEL 1971, 60)
Noch immer würden Kritikerurteile anhand intellektueller Maßstäbe gefunden.
„ Bei solchen Gelegenheiten wünsche ich mir, ich könnte von irgendeinem Kritiker (oder auch nur von mir) mal lesen, daßeine Aufführung sehr gut sei, ihm aber leider nicht geschmeckt habe. Und der Kritiker sehe seine eigene Beweisführung zwar ein, er halte sie sogar für unwiderlegbar, doch könnte er ihr zu seinem Bedauern nicht folgen, denn die Erfahrung habe ihn gelehrt, seinem Geschmack mehr zu trauen als seinen Argumenten."
(HENSEL 1971, 60)
Indem Georg Hensel diese Kritik auch gegen sich selbst richtet, bekommt die Einleitung seines Textes einen doppelten Sinn:
„ Kritiker sind wie Eunuchen: Sie wissen genau, wie es gemacht wird, aber sie können nicht."
(HENSEL 1971, 60)
Sie wüßten einerseits, wie Theater zu machen sei, könnten es selbst jedoch nicht.
Andererseits wüßten sie genau, was Theaterkritik leisten solle und wie sie beschaffen zu sein habe - dennoch zögen sie aus diesem Wissen nicht immer die notwendigen Konsequenzen. Ein insgesamt resignierter Rückblick auf die zurückliegenden Jahre, die zwischen der Erkenntnis, daßsich die Theaterkritik in die falsche Richtung entwickelt zu haben scheint, und den ernüchterten Feststellungen, daßdiese Erkenntnis folgenlos geblieben sei, liegen.
In immer neuen Texten werden die Attacken fortgesetzt:
„ Zuschauerfreundliche Kritiken werden in Deutschland schon lange nicht mehr geschrieben. Im Vordergrund stehen Originalität und das Aufspüren von Trends. Statt schwierige Stoffe und künstlerische Methoden möglichst uneitel dem Publikum nahezubringen, wird von den Kritikern lieberüber Krisen und fragwürdige Tendenzen orakelt,über Trends, die sie oft selbst erfinden, um sie anschließend wieder zu verdammen."
(VÖLKER137 1980, 64)
Ferner sieht der Autor die Aufgabe der Kritik darin, die beständig wachsende Kluft zwischen Kulturbetrieb und Publikum zu beseitigen; sie solle gleichermaßen auf Theater wie auf Theaterbesucher wirksam sein.138
Dieser Aufgabe stehe jedoch die Eitelkeit und Selbstverliebtheit der Kritiker im Wege.
„ Ihre Haltung ist stets kalt undüberlegen, nie naiv, nie bereit, sich der Emotionalität eines Theatererlebnisses auszusetzen, sich
Erschüttert- oder Empörtsein zu erlauben. (...)Kritiker neigen dazu, ihre eigenen Maßstäbe absolut zu setzen - alles, was nicht hineinpaßt, macht sie mißtrauisch. (...) Damit es nicht so arg auffällt, haben sie die Arroganz erfunden und die Unfehlbarkeit. Die Arroganz gehört zum Kritiker wie die Plattfüße zum Kellner; sie ist seine Berufskrankheit."
(KLETT 1988, 71)
Die der Theaterkritik von Renate Klett attestierte Überheblichkeit ist jedoch unvereinbar mit der Mittlerrolle zwischen Theater und Publikum, die nach Ansicht vieler Kritiker die Funktion von Theaterkritik sein sollte.
Weiterhin wird der Theaterkritik ein Ungenügen vorgeworfen - sie werde ihrem Gegenstand nicht mehr gerecht.
„ Während das Theater auf dem Wegüber die Zerstörung der Konvention zu neuen Formen fortschreitet, bemüht sich die Kritik noch immer, diese Innovationen ins konventionelle Koordinatenkreuz der Werte und des illusionsstiftenden Vergleichs zu bannen. In solch atavistischem Interpretationsmodell können die Experimente besten- falls, sofern sie nicht völliger Verständnislosigkeit begegnen, als `Verkleinerungen der witzelnden Parodie' rangieren."
(SCHLAFFER139 1980, 2)
Darin liegt ein entscheidender Unterschied zur Theaterkritik der Weimarer Republik. In den Jahren nach dem ersten Weltkrieg verändert sich die Kritik mit dem Theater, während nun unterstellt wird, daßdie Theaterkritik ihrem Gegenstand zunehmend unflexibel gegenüberstehe.
Zahlreich sind also die Veröffentlichungen, in denen Kritiker harsche Kritik an ihrem Metierüben, gar oft stimmen die Kritiker der Kritik in ihren jeweiligen Vorwürfenüberein. Ob dieses scheinbar so stimmigen Einklangs könnte schon geschlußfolgert werden, daßhiermit die Theaterkritik treffend beschrieben wäre. Ein voreiliger Schlußjedoch: Weder Ludwig Marcuse noch Dieter Hildebrandt noch Hannelore Schlaffer noch Renate Klett noch andere deuten an, daßsie sich gegen einzelne Kritiker richten; sie suggerieren vielmehr, daßihre Kritikpunkte auf die gesamte Theaterkritik zuträfen. Das aber läßt sich nicht halten, hier wird - ohne erkennbare Differenzierung - allzu stark verallgemeinert.
Bereits 1958 schreibt Hans Ludwig Romann (Die Volksbühne):
„ Wir sprechen ja nicht von jenen stillen, emsigen, bescheidenen Kennern und echten Liebhabern des Theaters - denn das sollte jeder Kritiker sein! -, sondern von den snobistischen „Kulturhütern", den besserwissenden Floskel-Jägern, den Redensart-Fabrikanten, die sich interessant und von sich reden machen wollen."
(ROMANN 1958, 104ff)
1977 wird in Theater heute schließlich eine umfassende Relativierung der in den vorausgegangenen Jahren geäußerten Kritik an der Kritik veröffentlicht.140 Günther Rühle beschreibt - ohne zu polemisieren - sein Metier.
Ein Vorfall dieser Zeit verdient Beachtung: 83 Persönlichkeiten des Theater-lebens (Schauspieler, Regisseure, Intendanten, Schriftsteller, Kritiker) bean-standen in einem Schreiben an die Frankfurter Allgemeine Zeitung (die viele Jahre lang Rühles Rezensionen veröffentlichte), daßihnen Rühles Kritiken seit einiger Zeit fehlten - er ist kurz zuvor zum Feuilletonchef aufgestiegen, was von manchen als Schreib- bzw. Berufsverbot angesehen wird.141 Rühle ist in Theater- wie in Kritikerkreisen angesehen, er ist einer von denen, die ihre Kritiken nicht nur an den Zeitungsleser richten, sondern progressiv das Theater mitzugestalten versuchen.
An dieser Stelle mußallerdings auch einer Gegenstimme Platz eingeräumt werden, und zwar der Georg Hensels142.
„ Mein Vorgänger Günther Rühle ... wurde von Theaterleuten geschätzt, weil er ihre Niederlagen umstilisierte in historische Notwendigkeiten für künftige Siege. Ich aber wollte Kritiken schreiben, die nicht jeden neuen Unfug beschwichtigend und wohlwollend begleiten, sondern mit Argumenten abwägen und drastisch werten."
(HENSEL 1995, 203)
So ist die Unterschriftenliste für Günther Rühle zugleich als Positionspapier gegen Georg Hensel zu verstehen, enstprechend werden sich später einige der Unterzeichnenden persönlich bei Hensel entschuldigen.143
Doch zurück zu Günther Rühle. Er leitet in jenem (1977 in Theater heute erschienenen) Artikel seine Auffassung von Theaterkritik aus der Situation zur Zeit der Weimarer Republik ab und stellt die Frage, ob das Theater der Gegenwart noch immer den Kritiker brauche - seine Antwort: ein entschiedenes Ja. Nach wie vor sei es nicht nur für das Publikum, sondern auch für das Theater selbst bedeutsam, Resonanzen und Reaktionen von Kritikern zu erhalten. Daßsich Kritikerurteile oft widersprächen, bezeichnet er dabei nicht als Mangel, sondern als Meinungsvielfalt. Bedeutend sei lediglich, daßder Rezensent sein Urteil auf eine schlüssige Argumentation gründe, seine Maßstäbe klar darlege. Er sieht die Theaterkritik keineswegs in der Bedeutungslosigkeit:
„ Diese deutsche Theatermanie hängt zusammen mit der hohen Bewertung des Theaters in unserem kulturellen Systemüberhaupt. (...) Was einmal zentrale geschichtliche Funktion hat, hat auch lange geschichtliche Wirkung. Das gilt auch für die Kritik des Theaters."
(RÜHLE 1977, 31)
Gerade am Beispiel Günther Rühles läßt sich erkennen, daßdie Undif-ferenziertheit jener an der Theaterkritik geübten Kritik das Bild verzerrt: Es gibt scheinbar eben doch Theaterkritiker, die auf das Theater wirken, die nicht in der so häufig diagnostizierten Bedeutungslosigkeit schlummern, die nicht nur für sich selbst schreiben oder für ihresgleichen.
Weitere Belege hierfür sind jene Würdigungen, die jeweils zum Tode oder zu hohen Geburtstagen renommierter Kritiker geschrieben werden. Über Georg Hensel schreibt Gerhard Stadelmaier (Frankfurter Allgemeine Zeitung) anläßlich dessen siebzigsten Geburtstags:
„ Der erste Zuschauer, Vorkoster seiner Leser. (...) Mit seinem Wissen prunkt er nicht. Er verwandelt es in pures Vergnügen. Hensels Stil- Ideal bestand immer darin, in vollkommen lobenden Worten einen totalen Verrißzu schreiben - weil sich schöne Wörter schöner ge- nießen lassen. Er setzt seine Leser in den Stand der launemachenden Gnade, sich ihr eigenes Bild vom Theaterabend machen zu können, ohne Hensels Urteil teilen zu müssen: So genau, gescheit und sinnlich hat er das Drama beschrieben, Figuren eingeordnet, Szenen seziert, Schauspieler skizziert."
(STADELMAIER 1993/III)
Damit verträgt sich durchaus der Anspruch, den Georg Hensel an sich selbst stets hatte:
„ Irgendwo las ich: Wenn duüber eine schwierige Sache schreiben mußt, so stelle dir vor, daßdu bei einem Professor zu Essen einge- laden bist und daßdie Köchin euer Gespräch in der Küche hören kann - rede so, daßes die Köchin versteht und dem Professor der Appetit nicht vergeht. Das ist ein etwas kompliziertes Rezept, doch habe ich schon versucht, es zu befolgen, als ich es noch nicht kannte."
(HENSEL 1995, 198f)
Zum Tode von Siegfried Melchinger schreibt Gerhard Röhde (Frankfurter Allgemeine Zeitung) 1988:
„ Melchingers Kritiken ... waren immer tiefer eindringende Versuche, das komplizierte „System", aus dem eine Theateraufführung besteht, schreibend und beschreibend zu erfassen. Sie waren nicht nur für den Leser verfaßt, sondern ebenso wichtig und wertvoll für den Theater- künstler ..."
(RÖHDE 1988)
1987 stellt Andres Müry schließlich in Theater heute eine Reihe prominenter wie herausragender Rezensenten vor: Benjamin Henrichs144, Peter Iden145, Helmut Schödel146, Georg Hensel, Hellmuth Karasek147 sowie Theater heute -Gründer, - Herausgeber und -Redakteur Henning Rischbieter. Neben ihren jeweiligen Ansichtenüber Theater und Kritik werden Erinnerungen, Karrieren und alltägliche Lebensumstände beschrieben. Müry läßt den Leser am Privatleben der Kritiker teilhaben, sorgt für Transparenz, veranschaulicht, daßsich hinter den Rezensionen Menschen verbergen. Ein unkonventioneller Blick hinter die Kulissen - hier sitzt die Theaterkritik nicht auf dem hohen Roß, auf dem sie von manchem Kritiker so gern gesehen und attackiert wird. Wenngleich also die kritischen Stimmen zur Theaterkritiküberaus häufig zu finden sind, so gibt es doch Belege dafür, daßdie geäußerte Kritik keineswegs uneingeschränkt zutrifft. Im folgenden Kapitel soll dies im Auge behalten und näher ergründet werden.
3.2.1 Die Theaterkritiken
3.2.1.1 Johann Wolfgang von Goethe: „Faust I"
1957 inszeniert Gustaf Gründgens am Hamburger Schauspielhaus „Faust I". Es ist nach 1941 und 1949 das dritte Mal, daßer Goethes Klassiker inszeniert, und zum bereits sechsten Male schlüpft er in die Rolle des Mephisto. In der Welt am Sonntag kündigt Willy Haas die Aufführung bereits im Voraus an als „ Ein Ereignis, von dem man noch lange reden wird" (HAAS 1957). Nach der Premiere dauert der Jubel des Publikums „ eine geschlagene halbe Stunde" (SCHÖN 1957 (Süddeutsche Zeitung)) an. Die Theaterkritik jubeltüberwiegend mit.
Johannes Jacobi (Die Zeit) rechtfertigt zunächst die Aufführung dieses Klassikers:
„ Der Eingang an neuen Theaterstücken ist zahlreich. Ihr Gewicht erscheint - an der Zahl gemessen - jedoch so gering, daßsich als Substanz dem deutschen Repertoiretheater immer wieder die Klassiker anbieten."
(JACOBI 1957)
Er weitet seine Rezension auf eine allgemeine Kritik der gesamten Situation des deutschen Theaters aus. Weiterhin begrüßt der Rezensent die zahlreichen Aktualitätsbezüge der Inszenierung:
„ Über einem Rock 'n' Roll tanzenden Hexenchor stieg der Rauchpilz einer Atombombenexplosion auf. Dieseäußerlichen Hinweise zeugten von einem in die Werksubstanz vorstoßenden Interpretationswillen. (...) Gründgens' Theatermittel wirken legitim; seine optische Hindeu- tung auf das Atomzeitalter - das Ergebnis einer „faustischen" Erkenntnishaltung - ist nur der Zeigestock des Regisseurs für den Zuschauer."
(JACOBI 1957)
Gerhard Schön schreibtüber dieselbe Szene:
„ Als Szene ist die Walpurgisnacht mißglückt. Ein moderner Hieronymus Bosch peitscht schauerliche Monstren von halb tierischem, halb Roboter-Aussehen in einen Rock-'n'-Roll- Hexensabbath, der nach einem infernalischen Geräusch im Rauchpilz einer Atombobenexplosion untergeht. Das heißt die Bühneüberfordern."
(SCHÖN 1957)
Während Jacobi zwar den „ Interpretationswillen" (s.o.) erkennt, schweigt er bezüglich der szenischen Umsetzung. Gerhard Schön dagegen bewundert nicht nur die hehren Pläne der Inszenierung, er mißt diese auch an ihrer Ausführung und kommt damit zu einem deutlich dezidierteren Urteil (das insgesamt äußerst positiv ausfällt). Auch Jürgen Althoff (Frankfurter Abendpost) sieht „ Regieeinfälle, die gewollt und interessantmacherisch wirken und sich nicht organisch in das harmonische Gesamtbild der Aufführung einfügen" (ALTHOFF 1957). Dennoch urteilt er resümierend:
„ Die richtungsweisende Aufführung ... entdeckte der universalen Dichtung Goethes eine neue,überraschende Aktualität und erwies sich in vielem als eine der brillantesten Leistungen gegenwärtigen Theaters."
(ALTHOFF 1957)
Von großem Umfang sind in allen Rezensionen die Beurteilungen der schau- spielerischen Leistungen, besonders Gründgens wird unisono gelobt; auch wird die Geschichte von Gründgens' „Faust"-Inszenierungen meist ausführlich dargestellt. Auf Inhaltsangaben des Dramas wird dagegen durchweg verzichtet.
Die Theaterkritik zeigt sich also Neuem gegenüber offen, wenngleich das positive Gesamturteil durch das Verschweigen von Mißklängen der Inszenierung in der Rezension von Johannes Jacobi geschönt erscheint; auch die an Vorschußlorbeer reiche Ankündigung von Willy Haas läßt nicht eben auf eine unvoreingenommene Begegnung mit der Inszenierung schließen. Die Darstellung der Inszenierungsgeschichte deutet auf den Leser als Adressaten der Rezensionen hin. Häufig werden Empfehlungen für Umbesetzungen einiger Rollen gegeben148 - so wirken die Rezensionen auch auf das Theater.
Abschließend bleibt anzumerken, daßnicht ein einziger Rezensent bei der Erwähnung früherer „Faust"-Inszenierungen von Gustaf Gründgens zugleich darauf hinweist, daßGründgens' Position im nationalsozialistischen Deutschland umstritten ist149 und er nach dem 2. Weltkrieg neun Monate lang inhaftiert war. Einerseits wird die neue Inszenierung an der aktuellen Realität gemessen, Gründgens' Vergangenheit dagegen jedoch nur auf die Kunstwerke (auf seine „Faust"-Aufführungen und Mephisto- Darstellungen) reduziert - ein Verdrängungsprozeß.
3.2.1.2 Rolf Hochhuth: „Der Stellvertreter"
Wie kaum ein anderes Stück während der ersten Nachkriegsjahrzehnte löst Rolf Hochhuths Erstlingswerk „Der Stellvertreter", 1963 von Erwin Piscator im Berliner Theater am Kurfürstendamm uraufgeführt, Kontroversen aus. Hochhuth wirft in dem Fünfakter die Frage auf, ob Papst Pius XII. durch klare Stellungnahmen der Judenvernichtung im nationalsozialistischen Deutschland hätte Einhalt gebieten können. Die Rezensionen bewegen sich zwischen zwei Extrempositionen: der Bemühung um Neutralität und der offenen Partei-nahme.
Friedrich Luft (Die Welt) befaßt sich nahezu ausschließlich mit dem, was der Hauptgegenstand von Theaterkritik ist - mit der Aufführung. Er beschreibt und beurteilt Inszenierung, Bühnenbild und schauspielerische Leistungen, er weist auf Schwächen des Stückes hin und auf die Stärken:
„ Das ist, wie die Dinge liegen, mutig. (...) Es wird förderlich schmerzen..."
(LUFT 1963, in: LUFT 1982, 471)
Er begrüßt die Kontroversen, ohne selbst Stellung zu beziehen.
Johannes Jacobi (Die Zeit) kritisiert, daßdie katholische Kirche bereits vor der Premiere Hochhuth der Geschichtsfälschung beschuldigte.
„ Hier schon mußdie Tatsache festgestellt werden, daß... die Bühne unter Gesinnungsdruck gestellt werden sollte. (...) Wenn solche Pressionen Brauch werden sollten, ... dann hätten wir bald unsere Freiheit der Meinungsbildung wieder verloren - auch im Theater."
(JACOBI 1963)
Ansonsten hält er sich aus der Diskussion heraus mit der Begründung, daßdie Vorwürfe noch oder vielleicht auch gar nicht zu verifizieren seien. Darin stimmt er mit Henning Rischbieter150 (Theater heute) und Dieter Hildebrandt151 (Frankfurter Allgemeine Zeitung)überein, die zwar auch Positionen der Diskussion anreißen, selbst jedoch nicht Stellung beziehen.
Das andere Extrem, es ist extremer kaum denkbar, stellt Erich Klauseners (Rheinischer Merkur) Rezension dar. Abgesehen davon, daßder Name Erwin Piscator genannt wird, geht er nicht mit einem einzigen Wort auf die Inszenierung ein. Weder schauspielerische Leistungen noch die dramaturgische Umsetzung der Vorlage werden besprochen - es ist vom Ansatz her eine reine Literaturkritik. In den 261 Zeilen zu jeweils 50 Anschlägen bemüht sich der Autor ausschließlich, Hochhuth zu diskreditieren. Er bezichtigt ihn der „ Blasphemie" (KLAUSENER 1963), der nachlässigen Recherche und wirft ihm genau das vor, was tatsächlich er selbst betreibt: Meinungmache.
„ Hochhuths Meinungüber Quellen und Ereignisse lag offenbar fest, ehe er seine Quellen genau kannte."
(KLAUSENER 1963)
Die Rezension ist eine Aneinanderreihung von Mutmaßungen, Vorwürfen, Beschimpfungen. Als Theaterkritik ist sie völlig wertlos, als Literaturkritik nicht ernstzunehmen. Einiges dessen, was Marcuse 1965 der Theaterkritik vorwirft,152 trifft auf Klausener zu. Dieübrigen Rezensenten verdeutlichen jedoch, daßder größere Teil der Theaterkritik hier ausgewogen und dezidiert urteilt, daßMarcuses Kritikpunkte nicht auf die Gesamtheit der Theaterkritik zutreffen.
3.2.1.3 Peter Handke: „Publikumsbeschimpfung"
„ Seine „Publikumsbeschimpfung", ein sogenanntes Sprechstück, hat den Affront zur Absicht, um im werbewirksamen Skandal die von ihm ersehnte Aufmerksamkeit zu erhaschen, die sein Roman „Die Hornissen" nicht fand. (...) Handke wollte das Theater verabschieden, bot aber statt dessen das Spektakel eines kärglichen Kabaretts."
(SCHULTZ 1966)
Ohne zuvor auch nur mit einem Wort auf Form oder Inhalt eingegangen zu sein,überfällt Uwe Schultz (Süddeutsche Zeitung) den Leser gleich mit dem Verrißdes von Claus Peymann 1966 in Frankfurt uraufgeführten Stückes. Er unterstellt Handke niedere Beweggründe, den Eklat zu suchen, er bemüht sich nicht einmal, das Ergebnis mit Handkes Anspruch zu vergleichen. Anschließend folgt die Schilderung des Ges(ch)ehenen. Ob diese Arroganz aus dem Unvermögen resultiert, sich mit neuen theatralischen Darstellungsformen auseinanderzusetzen, darüber kann nur gemutmaßt werden.153 Insgesamt eine indiskutable Form von Theaterkritik.
Weitere Rezensenten - Günther Rühle (Frankfurter Allgemeine Zeitung) und Henning Rischbieter (Theater heute) etwa - betrachten die „Publikums-beschimpfung" grundsätzlich zwar als erfrischendes Erlebnis mit Signalcharakter, jedoch ohne weitreichende Bedeutung. Sie halten sich lange mit der Frage auf, ob das Stück nun Theater sei oder nicht. Rischbieter sieht darin „ pures Theater" (RISCHBIETER 1966), Rühle urteilt dagegen: „ Kein Theater mehr..." (RÜHLE 1966).
Der Reiz des Neuen und die Provokation verbrauchen sich bei Handkes „Publikumsbeschimpfung" sehr schnell. In späteren Aufführungen ist die von Handke beabsichtigte Wirkung bereits nicht mehr zu erzielen.
„ Das heißt: von Provokation konnte keine Rede sein ... (...) ... wie man zum „Lear" den Silberschlips umknüpft, so nimmt man zu Handke Tomaten mit."
(CANARIS 1966, 47 (Theater heute))
Die Theaterkritik erfaßt ihren Gegenstand also durchaus zutreffend, wenn sie den Signalcharakter unterstreicht, deswegen jedoch das Stück nichtüberbe-wertet. Die wesentlichen Ereignisse am Theater werden sich erst in der Folge-zeit einstellen. Abermals läßt sich erkennen, daßdie zu dieser Zeit vorgebrachten Kritik-punkte an der Theaterkritik nur auf wenige Rezensenten zutreffen. Die Vorwürfe entbehren zwar nicht jeglicher Grundlage, sind jedoch nicht zu verallgemeinern.
3.2.1.4 Botho Strauß: „Die Hypochonder"
154 Welche Schwierigkeiten der Kritik durch ein Stück entstehen, das sich dem schnellen Zugang verweigert, läßt sich an den Rezensionen zu Botho Strauß' „Die Hypochonder", 1972 von Claus Peymann im Hamburger Schauspielhaus uraufgeführt, erkennen. Die Rezensenten bemühen zahlreiche Bezugspunkte zur Einordnung des Gesehenen, womit jedoch höchstens deutlich wird, wie wenig sie es einzuordnen vermögen. Der Rezensent der Abendzeitung etwa sieht (in einerspäteren Aufführung) ein „ Gleichnis vom Spät- und Endkapitalismus" (K., H.155 1973), während Reinhard Baumgart (Süddeutsche Zeitung) konstatiert:
„ So flieht und rutscht das Stück in immer neue Hintergründe, von fast Hofmannsthal in nahezu Hitchcock in beinahe Dick und Doof. (...) Einiges wäre hier mit Stempeln wie „Spätkapitalismus", „Ödipus- komplex" oder „Vampirismus" schon abzupacken und zu versiegeln. Doch der Rest quillt dann eben wie von Traumhefe getrieben schon weiter."
(BAUMGART 1972)
Thomas Petz (Abendzeitung) hingegen stellt fest:
„ Und da dies ein unverkennbar „englisches" Stück ist ..."
(PETZ 1972)
Wie schrieb noch Ludwig Marcuse 1965 in Theater heute über die Theaterkritik?
„ Das Latein von einst, welches Ketzerisches vor der misera plebs verbarg, wird heute ersetzt durch die verdunkelte Sprache, auch durch die unauffällig-blasse, auch durch hochentwickelte Eier- tänze ..."
(MARCUSE 1965, 1)
Hier finden diese Vorhaltungen ihren Grund.
Wie verunsichert viele Rezensenten sind, belegt weiterhin die Tatsache, daßsie als Rückendeckung die Publikumsreaktionen anführen und gleichsam als Munition verwenden. Was beispielsweise Baumgart nach der Vorstellung vernimmt, ist nicht etwa normaler Beifall, sondern „ viel verwirrter Beifall" (BAUMGART 1972).
Insgesamt sind diese Rezensionen von geringer Aussagekraft und dem Leser kaum von Nutzen, sie offenbaren vielmehr das hilflose Ringen der Rezen-senten mit ihren - offenbar nicht anwendbaren - Maßstäben. Einiges des Gesehenen können sie in ihre starren Kategorien einpassen, doch „ der Rest quillt dann eben wie von Traumhefe getrieben schon weiter" (BAUMGART 1972) - was Reinhard Baumgartüber die „Hypochonder"-Inszenierung schreibt, läßt sich ebenso auf manche Rezension beziehen. Schon unterstellen verärgerte Kritiker, daßBotho Straußgenau das beabsichtigt habe:
„ Dieses neue Stück, das als Verwirrspiel angelegt ist, stammt von einem Dramaturgen, der ein Kritiker war. Wer mit dem Handwerk auch die Tricks da wie dort kennt, kann sich um so nachhaltiger rächen an der ehemals eigenen Zunft: indem er ihr Rätsel aufgibt."
(WAGNER 1972 (Frankfurter Allgemeine Zeitung))
Ob Ränkespiel oder nicht, diese Rezensionen rechtfertigen einige der in den vorausgegangenen Jahren geäußerten Kritikpunkte.
In weiteren Rezensionen wird dagegen abermals deutlich, daßdie Kritik an der Kritik nicht uneingeschränkt zutrifft. Peter Iden (Frankfurter Rundschau) gelingt der sichere Zugriff, indem er als einzigen Bezugspunkt die Realität wählt, an der er das Stück und die Inszenierung mißt.156 Der Spiegel veröffentlicht ebenfalls eine Besprechung, die von zwanghaften Kategorisierungsversuchen frei ist. Hier wird anhand der Inszenierung die Publikumsferne des Theaters zu bedenken gegeben:
„ Das elitäre Verwirrspiel ... mußte ein normales Publikum langwei- len. (...) Die Bühne ... spielt so mit sich und genügt sich selbst; die Welt bleibt draußen ..."
(SCHMIDT 1972, 173)
Ähnlich urteilt Georg Hensel (Weltwoche):
„ Botho Straußliefert kein Stück, er illustriert nur eine dramatur- gische Theorie des Un-Stücks. Dramaturgen mögen dies als einen Inside-Scherz eine Zeitlang unterhaltsam finden. Dem Theaterpub- likum ist es snobistische bis sadistische Arroganz. (...) Merke: Um sich auf dem Theater zu behaupten, genügt es auch dann nicht, kein Stück zu schreiben, wenn man dies absichtlich, systematisch und mit theoretischem Überbau tut."
(HENSEL 1972, in: HENSEL 1980, 113f)
Merke: Nicht alle Kritiker ringen sich also schwerverständliche Assoziationsungetüme ab, nicht alle Kritiker folgen ihrem ehemaligen Kollegen Botho Straußauf das Glatteis, das er ihnen - vorsätzlich oder auch nicht - bereitet hat, nicht alle Kritiker müssen sich die Vorwürfe gefallen lassen, die ihnen aus den eigenen Reihen so häufig entgegengebracht werden.
3.2.1.5 Robert Wilson: „Death, Destruction & Detroit"
Nach Ansicht Hannelore Schlaffers „ bemüht sich die Kritik noch immer, diese Innovationen ins konventionelle Koordinatenkreuz der Werte und des illusionsstiftenden Vergleichs zu bannen" (SCHLAFFER 1980,2); die Haltung der Kritiker sei, so die Behauptung Renate Kletts, „ stets kalt undüberlegen, nie naiv, nie bereit, sich der Emotionalität eines Theatererlebnisses auszusetzen" (KLETT 1988, 71)157 - manche „Hypochonder"- Rezension gibt tatsächlich Anlaßzu derartiger Kritikerschelte.
1979 wird Robert Wilsons „Death, Destruction & Detroit" an der Berliner Schaubühne inszeniert. Diesem Stück ist mit Kategorisierungen nicht beizu-kommen,158 wie also verhält sich die Theaterkritik? Soviel schon vorweg: Hannelore Schlaffers und Renate Kletts Kritikpunkte erweisen sich hierüberwiegend als unangebracht.
„ Wenn man Interpretation einmal nicht als hehres Suchen nach Wahrheit, sondern als ... Spiel mit Möglichkeiten versteht, merkt man rasch: Das nicht interpretierbare Theater Robert Wilsons ist nahezu unendlich interpretierbar. Die unlösbaren Rätsel sind die denkbar gr ößte Anstiftung, eine Lösung dennoch zu versuchen. (...) Ich werde mit niemandemüber diese Aufführung „diskutieren", schon gar nicht mit einem Kritiker. Einmal mußman das Glück, nicht recht haben zu müssen, nicht unrecht haben zu können, genießen. (...) Jede Haltung diesem Theatermonstrum gegenüber, auch die abweisend-gelangweilte, ist legitim."
(HENRICHS 1979 (Die Zeit))
Auch Georg Hensel (Frankfurter Allgemeine Zeitung) konstatiert:
„ Wer Wilsons Theaterland mit einer Theorie entgegentritt, der macht sich den Zugang schwer."
(HENSEL 1979)
Ähnliches schreibt Hellmuth Karasek (Der Spiegel)über Wilson:
„ Seine optischen Einfälle, seine szenischen Phantastereien, die scheinbar zusammenhanglose slow-motion seiner Theaterfigurationen, das alles gehört ihm so ausschließlich, daßda weder Kritik noch Beschreibung, weder Interpretation noch polemische Ablehnung heranreichen."
(KARASEK 1979)
In einigen Fällen beantworten die Kritiker die Unmöglichkeit des einfach beschreibenden oder interpretierenden Zugriffs zwar mit schwerverständ-lichem Stil und manchmal auch mit nichtssagenden Rezensionen;159 gelegent-lich sind Ansätze zu erkennen, der Aufführung doch irgendwie mit Kategorien beikommen zu wollen;160 auch läßt mancher Rezensent erkennen, daßes ihm unmöglich ist, sich auch einmal ohne den fortwährend Nahrung suchenden analytischen Verstand auf das Theatererlebnis einzulassen.161 Insgesamt jedoch erfolgt ein wesentlich freierer Umgang mit dem Gegenstand, als das etwa in den meisten „Hypochonder"-Rezensionen der Fall ist.
3.2.1.6 Rainer Werner Fassbinder: „Der Müll, die Stadt und der Tod"
Antisemitisch oder nicht? - das ist die „Gretchenfrage" bei Fassbinders „Der Müll, die Stadt und der Tod". Günther Rühle beginnt 1985 seine Intendanz am Frankfurter Schauspielhaus damit, dieses Stück uraufführen zu wollen. Nach wochenlangen Kontroversen - unter anderem wird die erste Vorstellung gewaltsam verhindert - findet die Uraufführung am 4.11.1985 unter Ausschlußder Öffentlichkeit nur vor Theaterkritikern statt.
Zu diesem Zeitpunkt sind sämtliche Positionen der Diskussion dank ausführlicher Berichterstattung in der Presse längst allgemein bekannt. Dennoch beschränken sich die Theaterkritiker keineswegs darauf, das Gesehene zu beschreiben (eben das, was den Augen der Öffentlichkeit verborgen blieb), sie beziehen selbst Stellung zu der eingangs gestellten Frage.
Während Georg Hensel (Frankfurter Allgemeine Zeitung) ganz offen von „ Fassbinders Antisemitismus" (HENSEL 1985) schreibt, bezieht Peter Iden (Frankfurter Rundschau) vorsichtig, aber dennoch unzweideutig die Gegenposition:
„ ... weil erst und nur eine Inszenierung ... den Beweis erbringen kann, daßFassbinders Szenen nicht von einer antisemitischen Grundhaltung bestimmt sind."
(IDEN 1985)
Hätte Iden seinen Nebensatz mit ob eingeleitet und das nicht gestrichen, hätte er die eindeutige Position vermieden. So ist dieser Satz jedoch von unmißverständlicher Aussage.
Georg Hensel schreibt, daßder antisemitische Effekt durch die Inszenierung jedoch in den Hintergrund gedrängt werde:
„ Ihn hat der Regisseur Dietmar Hilsdorf bei seiner Frankfurter Inszenierung durch Besetzung und Sentimentalisierung ins Bedeutungslose heruntergespielt. (...) Das Zentrum der Frankfurter Aufführung ist der sexuelle Voyeurismus. (...) Ob die Uraufführung dieser Nutten-Schnulze stattfindet oder nicht, ist gleichgültig. Sie wird weder im Bösen noch im Guten irgend etwas ausrichten. Antisemitisch ist der Text, nicht die Aufführung. Sie ist ein kleines Meisterwerk inszenatorischer Fälschung."
(HENSEL 1985)
Bei Benjamin Henrichs (Die Zeit) ist diese Sichtweise ebenfalls zu finden:
„ Die Inszenierung ist ein Befriedungsversuch - wo immer Fassbinders Text dubios ist, entscheidet sich Hilsdorf für die menschenfreund- liche Lesart."
(HENRICHS 1985)
Peter Iden sieht in der Inszenierung dagegen keine Verfälschung oder Befrie-dung, sondern den Beweis, daßFassbinders Stück keineswegs antisemitisch sei:
„ Die Inszenierung ... widerspricht in allen ihren Teilen und jenseits allen Zweifels dem Verdacht, es würden von dem Stück Fassbinders judenfeindliche Aussagen und Sentiments verbreitet."
(IDEN 1985)
Auffallend ist hier die Verabsolutierung „ jenseits allen Zweifels" (s.o.). Weiterhin lobt Iden die Inszenierung:
„ Trotz des starken Außendrucks ist Hilsdorf und dem Ensemble eine Theaterarbeit gelungen, die zu den besten im gegenwärtigen deutschen Theater zu zählen ist."
(IDEN 1985)
Andere Rezensenten sind anderer Ansicht - Gerhard Stadelmaier (Stuttgarter Zeitung) sieht eine „ ö de Inszenierung" (STADELMAIER 1985), während Benjamin Henrichs konstatiert:
„ Es ist gewißkeine der großen Aufführungen des zeitgenössischen Theaters ..."
(HENRICHS 1985)
Peter Iden fordert abschließend:
„ Diese Aufführung mußvon vielen gesehen werden können."
(IDEN 1985)
Georg Hensel fordert das Gegenteil:
„ Ob man Fassbinders Stück für antisemitisch hält oder nicht - ein Stück, das den wenigen Juden, dieüberlebt haben, solche Angst macht, das spielt man einfach nicht. Und schon gar nicht, wenn man es verfälschen muß, um esüberhaupt aufführen zu können."
(HENSEL 1985)
Jeder einzelne Kritiker argumentiert schlüssig. Peter Iden findet in Fassbinders Stück keine antisemitischen Tendenzen, sieht das durch die herausragende Inszenierung bewiesen und fordert entsprechend die öffentliche Aufführung. Georg Hensel findet dagegen antisemitische Tendenzen, sieht eine verfälschende Inszenierung, die diese Tendenzen kaschiere, und rät folgerichtig an, von der öffentlichen Aufführung abzusehen. Dies sind die beiden wichtigsten Positionen, zwischen denen die derübrigen Kritiker liegen. Allen Rezensionen ist gemein, daßsie an - freilich gemäßder jeweiligen Position des Rezensenten subjektiv gefärbten - Beschreibungen und Veranschaulichungen des Gesehenen reich sind. Somit sind sie dem Leser, dem die Inszenierung vorenthalten blieb, von großem Nutzen. Allein mit der Frankfurter Rundschau und der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist bereits eine umfassende Meinungsbildung möglich.
3.2.1.7 Frank Wedekind: „Lulu - eine Monstretragödie"
Anhand der Rezensionen von Peter Zadeks „Lulu"-Inszenierung in Hamburg 1988 lassen sich ebenfalls einige Vorwürfe gegen die Theaterkritik entkräften.
Die Rezensentenüberregionaler Zeitungen kommen zu einem einhelligen Urteil, aus der Summe der Kritiken ergibt sich ein stimmiger Einklang. Das ist um so weniger selbstverständlich, als diese Inszenierung skandalumwittert ist.
„ „Lulu" als Nackedei-Zirkus, Wedekind als wohlkalkulierter Affront ..."
(FREDERIKSEN 1988 (Die Welt))
„ Vor der Aufführung hat es Peter Zadek abermals geschafft, mit einem Plakat Anstoßzu erregen. Einschlägige Hamburger Kreise streiten sich: Ist das nun frauenfeindlich? Oder männerfeindlich? Es ist schlimmer: theaterfeindlich. Denn es weckt Erwartungen, die auf der Bühne nicht erfüllt werden."
(HENSEL 1988 (Frankfurter Allgemeine Zeitung))
p>Darin stimmen die Rezensentenüberein: Das Werbeplakat, auf dem der riesige, nackte Unterleib einer Frau sowie ein davorkniender, kleiner Mann zu sehen ist, wecke voyeuristische Erwartungen, die nicht erfüllt würden, stehe als Provokation nur für sich selbst. Über die Aufführung heißt es:
„ Der Voyeur im Zuschauer kommt in keinem Augenblick auf seine Kosten."
(IGNÉE 1988 (Stuttgarter Zeitung))
„ Allein, diese Nacktheit ist ... nicht Selbstzweck; und deshalb provoziert sie auch nicht. Sie ist das Allernatürlichste, also das Gegenteil von Sensation."
(SUCHER 1988 (Süddeutsche Zeitung))
Herbert Glossner (Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt) spricht angesichts des Plakates daher von einem „ programmierten lokalen Entrüstungssturm" (GLOSSNER 1988), er bemängelt: „ Das kann's doch nicht gewesen sein ..." (s.o.). Und in der Tat:
„ Nein, Peter Zadek, die Provokation bringt volle Kassen und sicheren Beifall, sieärgert, verwirrt, aber sie kann die Verletzlichkeit dieser Theaterarbeit nicht ganz abstellen."
(GLOSSNER 1988)
Geschlossen beanstanden die Kritiker, daßdie inszenierte Provokation den Blick auf die eigentliche Inszenierung versperre. Dies wird insofern besonders hervorgehoben, als die künstlerische Leistung des Regisseurs Mängel aufweise.
„ ... erstaunlich, daßein sobühnenerfahrener Regisseur wie Zadek statt den uferlosen Text zu bearbeiten, zu kürzen ihn so werkgetreu- enervierend traktiert: Die Parade der Freier im letzten Akt hätte um die Hälfte etwa reduziert werden können."
(IGNÉE 1988)
„ ... knapp die Hälfte des mit fast fünf Stunden sowieso viel zu langen Abends wird zu einer quälenden Übung im Ausharren."
(FREDERIKSEN 1988)
Peter Iden (Frankfurter Rundschau) resümiert schließlich:
„ Wie vor Wochen in Wien, als Claus Peymann mit Shakespeares „Sturm" umging, ist nun auch in Hamburg das Ereignis nicht das Stück, sondern daßein bestimmter Regisseur es inszeniert. Leider ist es an unseren großen Theatern so gekommen. Peter Zadek also, er hat Wochen und Wochen geprobt ... Herausgekommen ist dabei - zu wenig."
(IDEN 1988)
Die Rezensenten zeigen keine Ehrfurcht vor dem Regisseur und messen ihn an seiner Inszenierung. Dabei richten sie sich durchaus direkt an Zadek, wirken also auf das Theater (wie die Forderung nach Strichen verdeutlicht). Des-weiteren sind sie jedoch auch dem Leser eine Hilfe, sich - unbeeindruckt von dem bereits im Voraus inszenierten Skandal - ein Urteil zu bilden. Sie nutzen den ihnen zur Verfügung stehenden Raum außerdem, die Geschichte von Wedekinds Stück ausführlich darzustellen, auch gehen sie auf verschiedene Inszenierungen ein - sie vermitteln also einen umfassenden Hintergrund. Ferner wird sehr anschaulich die Hamburger Inszenierung beschrieben, werden die Leistungen der einzelnen Schauspieler beurteilt. Darüber hinaus verstehen sie es, den Leser mit Appetit anregendem Schreibstil zu fesseln:
„ In Akt eins bis drei geh'n an Lulu die Männer entzwei; die sie wollen und nach ihr streben, fallen aus den Rollen und kommen ums Leben ... Im vierten Bild ist ihr nicht mehr so well, sie soll nun ins Bordell. Im fünften Akt wird Lulu umgebracht (auf Jack seine Weise, das ist der mit der Meise)."
(IDEN 1988)
In knapp neun Druckzeilen vermag Peter Iden den Inhalt knapp und auf höchst unterhaltsame Weise zusammenzufassen.
Sie sind zuschauerfreundlich, leicht zu lesen, das Theaterereignis ist spannend und unterhaltsam aufbereitet, dennoch sind die Zeilen keineswegs ohne Wert für die Theaterschaffenden - auf diese Rezensionen trifft einmal keiner der häufig geäußerten Kritikpunkte an der Theaterkritik zu.
3.2.1.8 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
Die Inszenierungen des „Wilhelm Tell" in den frühen Nachkriegsjahren weisen eine Gemeinsamkeit auf: Der Text wird - bisweilen drastisch - zusammengestrichen, von allem, was als Ballast und angesehen wird, befreit. Massenszenen werden vermieden, ebenso jegliche Form politischer Verein-nahmung. Das wird von der Theaterkritik geschlossen begrüßt. Unterschied-liche Sichtweisen finden sich bezüglich der aktuellen Relevanz von Schillers Drama. Während manche darin die aktuelle Situation Deutschlands widerge-spiegelt sehen, finden andere dagegen Reminiszenzen an die jüngste Vergan-genheit:
„ ... wir hören Zeilen wie „Ans Vaterland, ans teure schließdich an", oder „Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern", mit nur allzu verständlichem, erinnerungsvollem Unbehagen ..."
(STORZ 1959 (Stuttgarter Zeitung (Rezension der Inszenierung im Düsseldorfer Schauspielhaus 1959)), in: PIEDMONT 1990, 257)
Gegenteiliger Ansicht ist einige Jahre zuvor sein Heidelberger Kollege Heinz Ohff (Tageblatt), der in pastoralem Tonfall sinniert:
„ Wievieles hat uns doch dieses Stück gerade heute wieder zu sagen. Fronvögte gibt es immer noch, ein Teil unseres Volkes seufzt noch immer täglich unter der Knute barbarischer Fremdherrschaft und auch der Rudenze, die das Vaterland durch ein Bündnis mit dem fremden Kaiser retten wollen, sind noch gar zu viele. Und wie wirken da Attinghausens letzte Worte: „Seid einig, einig, einig!""
(OHFF 1951 (Rezension der Inszenierung im Schauspiel Heidelberg 1951), in: PIEDMONT 1990, 250)
Die „ wir"- und „ uns"-Perspektive verdeutlicht, daßsich die Rezensenten nicht an den kleinen Kreis der Theaterschaffenden wenden, sondern als Adressaten das Publikum sehen. Besonders in der Rezension von Heinz Ohff läßt sich eine Unstimmigkeit der Theaterkritik erkennen: Es wird allgemein gelobt, daßdie Regisseure der Versuchung nicht erlegen seien, das Drama mit politischen Ideen zu befrachten. Die Kritiker jedoch erliegen der Versuchung und ent-decken aus der Sicht des Rezipienten politischen Beziehungsreichtum, der ganz subjektiv mal so, mal so gedeutet wird. Sie transportieren in der Rezen-sion eigene Anschauungen. Eine Ausnahme stellt Friedrich Luft (Neue Zeitung) dar. Zwar sieht auch er aktuellen Bezug,überläßt die genauere Deutung jedoch dem Leser:
„ Berlin weiß, was gemeint sein muß, wenn es „Einheit" heißt. Und es weißgenau, was die Freiheit bedeutet."
(LUFT 1951 (Rezension der Inszenierung bei den Berliner Festspielen 1951), in: PIEDMONT 1990, 252)
Ansonsten befaßt er sich jedoch ausschließlich mit der Inszenierung, und das in einer Ausführlichkeit, die seine Rezension vom Gros abhebt. Wie kaum ein anderer setzt er sich mit der Regie und der Leistung der einzelnen Schauspieler auseinander und steht damit noch am ehesten in der Tradition der Kritiker der Weimarer Republik. Daneben finden sich bei Luft auch zahlreiche Beschreibungen der Aufführung, Adressat dieser beschreibenden Elemente ist der Zeitungsleser.
Die wohl aufsehenerregendste „Wilhelm Tell"-Inszenierung im Nachkriegs-deutschland hat 1965 am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden Premiere. Regie führt Hansgünther Heyme, das Bühnenbild stammt von Frank Schultes. Die Theaterkritik tut sich schwer. Henning Rischbieters (Theater heute) Rezension besteht quantitativ zu vier Fünfteln aus purer Beschreibung des Gesehenen. Erst abschließend folgt eine Wertung, die er als seine subjektive Meinung kenntlich macht:
„ Heymes Anti-'Tell'-Vision - das meine Meinung - ist konsequent, genialisch, aber widerlich. (...) Was immer seine Intention war: das Ergebnis spricht gegen ihn."
(RISCHBIETER 1966, in: PIEDMONT 1990, 264)
Kurz darauf verläßt der Autor die rein subjektive Warte und gibt seine persönliche Meinung als allgemeine Ansicht aus:
„ Das schadet Schillers Schauspiel nicht, das uns durch die Aufführung nur noch weiter entrückt wird."
(RISCHBIETER 1966, in: PIEDMONT 1990, 265)
Außer Frage steht, daßdieses Schauspiel Rischbieter, dem Heymes Intention unentdeckt bleibt, entrückt wird. Dies auf die Allgemeinheit der Rezipienten zuübertragen, ist jedoch anmaßend, was bei Hellmuth Karasek (Theater heute) deutlich wird. Ihm werde Schillers Drama, das in ungezählten Aufführungen verwässert und zum Allgemeingut geworden sei, durch Heymes Inszenierung wieder nähergebracht.
„ Heymes Inszenierung ist ein Gegenbild Es korrespondiert ... in dem Bewußtsein der Zuschauer mit all den Zügen, die der `Tell' für sie ein für allemal angenommen zu haben schien. Es korrigiert diese Züge durch ihr striktes Gegenbild. (...) Sie ist der gelungene Versuch, den Gips von dem Tell-Monument wegzuschlagen und darunter das reale Gesicht einer dumpfen Rebellion sichtbar zu machen."
(KARASEK 1966, in: PIEDMONT 1990, 266)
Diese beiden Standpunkte, die in Theater heute als Diskussionsforum direkt nebeneinander stehen, sind an den Zuschauer, nicht an den Theaterschaf-fenden gerichtet. Die Leistung der Darsteller wird nicht erwähnt (darin gleichen sich die Rezensionenübrigens nahezu ausnahmslos), die Beurteilung der Inszenierung reduziert sich allgemein auf Ablehnung oder Zustimmung - die Theaterkritik wird polarisiert. Sowohl Rischbieter als auch Karasek enthalten dem Leser vor, daßdas Theaterpublikum, der Adressat ihrer Rezen-sionen, bereits eine Meinung hat: Pfiffe erschallen da, wo sonst meist Applausüblich ist. Günther Rühle (Frankfurter Allgemeine Zeitung) schreibt eine Rezension, die als Ausnahme zu betrachten ist. Er veröffentlicht nicht, wie die meisten seiner Kollegen, seine Meinung, er versucht, dem Publikum die nötigen Informationen zu vermitteln, anhand derer es sich selbst ein Urteil bilden kann. Dennoch hält auch er sich nicht mit seiner Meinung zurück. Das Bühnenbild setzt er in Beziehung zu Leopold Jeßners Stufenbühne aus dessen ebenfalls von Tumulten begleiteter Inszenierung im Jahre 1919. Er ergreift außerdem Partei für Heyme, indem er betont, daßer Schillers Schauspiel historisch richtig inszeniert habe.
„ Schiller selberüberwältigend, hat er zu korrigieren versucht, was dieser wider bessere Einsicht der Historie antat, indem er eine Schlägerfigur zu jener Heldengestalt aufbaute, die unser nationales Seelenleben nicht günstig beeinflußt hat."
(RÜHLE 1965)
Er beschreibt ansonsten viele Details und rüstet damit den Leser, sich sein eigenes Urteil bilden zu können. Rühles Urteil fällt negativ aus, doch er würdigt angemessen Heymes Ansatz.
Obwohl den drei Rezensionen gemein ist, daßsie an den Zuschauer adressiert sind, bieten zwei nur Meinungen (eine davon auch noch weitgehend frei von handfesten Begründungen), und nur eine genügt ihrem Anspruch. Besonders im Falle Rischbieters läßt sich erkennen, daßder Theaterkritik nicht von ungefähr vorgeworfen wird, sie vermöge nicht auf neue Entwicklungen des Theaters angemessen zu reagieren. Die Veränderungen am Theater ziehen in diesem Falle keine Anpassung der Theaterkritik nach sich. Wo der Zugriff mißlingt, mangelt es auch an Weitsicht - das Bahnbrechende der Inszenierung162 wird vielfach nur ansatzweise erkannt. Als Gründer, Herausgeber und Redakteur einer Fachzeitschrift (Theater heute) ist Rischbieter nicht in der Lage, Heymes Intention zu erkennen, was ihn dennoch nicht daran hindert, das Ergebnis zu verreißen. Was für sich genommen noch kritikwürdig erscheint, wird jedoch durch die Form der Veröffentlichung in Theater heute nivelliert: Rischbieters und Karaseks Rezensionen stehen direkt nebeneinander. Auf diese Weise ist für den Leser aus zwei jeweils wenig ergiebigen Rezensionen ein nuanciertes Gesamtbild zu gewinnen.
Wie fern jeglichen Leserinteresses eine Rezension sein kann, belegt Lothar Schmidt- Mühlischs (Die Welt) Besprechung von Werner Düggelins „Wilhelm Tell"-Inszenierung am Schauspielhaus Zürich 1978. Sie ist ein Sammelsurium von vagen Anspielungen ohne große Aussagekraft, deren Deutung sich außerdem den meisten Lesern entziehen dürfte.
„ Und Geßler (Peter Brogle) hat durchaus etwas von jenem schwarzen Understatement des Killers, das den ersten DjangoFilm auszeichnete."
(SCHMIDT-MÜHLISCH 1978, in: PIEDMONT 1990, 268)
Nach langem Hin- und Herwenden aller Deutungsmöglichkeiten - dabei bemüht er neben Verweisen auf die Populärkultur auch zahlreiche Studien-weisheiten - schließt er mit einem kurzen Satz, der mehrüber die Wirkung der Inszenierung aussagt, als es die zahlreichen vorausgegangenen Zeilen zu tun vermochten:
„ Vor mir saßein Herr, der vor Ungeduld drängend den Rhythmus der Schiller Verse mit dem Fußstampfte, als könne er so das Bühnengeschehen vorwärtstreiben."
(SCHMIDT-MÜHLISCH 1978, in: PIEDMONT 1990, 269)
Der Theaterabend scheint also zäh bis langweilig gewesen zu sein. Ein großer Teil dieser Rezension ist schlichtüberflüssig, weder dem Theater noch dem Zuschauer nützlich - die Frage, für wen der selbstverliebte Kritikerüberhaupt schreibt, läßt sich nicht beantworten. Es sei daran erinnert, was Georg Hensel bereits 1971über Theaterkritiker schrieb:
„ Am liebsten aber führen sie ein hohes Geistergespräch unter ihresgleichen."
(HENSEL 1971, 60)
Daßdies in diesem Falle nicht durch die Inszenierung zu entschuldigen ist, läßt sich etwa in Reinhardt Stumms (Theater heute) Rezension erkennen - in vergleichsweise wunderbar anschaulichen und klaren Worten bespricht er die Inszenierung.163 Also führen doch nicht alle Rezensenten nur ein „ hohes Geistergespräch" (s.o.) ...
Auch Rolf Michaelis'164 (Die Zeit) Rezension der Inszenierung am Wiener Burgtheater 1989 beinhaltet viel Überflüssiges. Ihr enormer Umfang beträgt 405 Zeilen (bei knapp 50 Zeichen pro Zeile). Neben der Beschreibung zahlreicher Szenen, was in dieser Ausführlichkeit entbehrlich gewesen wäre, verwendet der Rezensent viele Zeilen darauf, die Inszenierungsgeschichte des „Wilhelm Tell" vom Jahre 1804 an aufzurollen. Hier wird nicht nur die Inszenierung beschrieben und beurteilt, die schauspielerische Leistung gewertet, das Bühnenbild geschildert, sondern gleich der gesamte Bildungshintergrund mitgeliefert - ein kompletter Service also (immerhin ist nicht das gesamte Drama abgedruckt). In den Rezensionen zu Peter Zadeks „Lulu" ist eine derartige Vermittlung von Hintergrundwissen durchaus begrüßenswert. Bei einer „Wilhelm Tell"-Inszenierung kann jedoch der Sinn einer solchen Faktendarbietung in Frage gestellt werden, schließlich darf Schillers Drama als hinlänglich bekannt vorausgesetzt werden.
Weitere Rezensionen sind von deutlich geringerem Umfang, ohne deswegen jedoch von geringerer Aussagekraft bezüglich der Inszenierung zu sein.165 Und schließlich stimmen die Rezensenten einhellig mit dem Premierenpublikumüberein, das die Inszenierung mit großem Beifall bedenkt.
3.3 Zusammenfassung
Im Vergleich zur Zeit des nationalsozialistischen Regimes präsentieren sich Theater und Theaterkritik im westlichen Nachkriegsdeutschland deutlich verändert. Die Theaterkritik richtet sich verstärkt an den Leser, von einer selbstherrlichen Gegenschöpfer-Mentalität der Weimarer Republik ist nichtsübriggeblieben, noch weniger von der propagandistischen Funktion der nationalsozialistischen Kunstbetrachtung.
Auf den Bühnen halten Stücke Einzug, die lange verboten waren, zugleich ist jedoch ein Mangel an neuen Stücken festzustellen. Die Situation beginnt sich erst in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre mit einer Welle des Absurden zu ändern, die in den Sechzigern schließlich vom Dokumentartheater abgelöst wird. Bis ins nächste Jahrzehnt hinein erstreckt sich eine progressive Phase des Theaters - mit herkömmlichen Spielformen wird gebrochen, neue Möglichkeiten werden probiert, Grenzbereiche zu anderen Kunstformen werden ausgelotet.
In dieser Zeit häuft sich die - zuvor nur sporadisch auftretende - Kritik an der Theaterkritik, die meist aus den eigenen Reihen kommt. Die Kritik begegne, so wird ihr vorgeworfen, dem sich wandelnden Theater mit starren Maßstäben und sei daher diesbezüglich nur von geringem Nutzen, sie verwirre außerdem den Leser mit gestelzter Sprache und beraube sich auf diese Weise selbst ihrer Bedeutung. Daneben äußern sich jedoch auch Kritiker, die ein deutlich positiveres Bild von der Theaterkritik zeichnen - sie wirke sehr wohl zugleich auf das Theater und auf den Leser und sei für beide nutzbringend. Wer liegt richtig?
Anhand der Rezensionen läßt sich erkennen, daßbeide Standpunkte zutreffend sind. Mal werden Kritiker ihrem Gegenstand tatsächlich nicht gerecht, legen unflexible Maßstäbe an und füllen ihre Zeilen mit eher verwirrenden als Klarheit stiftenden Worten; mal trifft dagegen keiner der häufig geäußerten Kritikpunkte auf die Rezensionen zu, die Kritiker schreiben und beschreiben in für den Leser klar verständlichen Worten und geben darüber hinaus den Theaterschaffenden durchaus konstruktive Hinweise.
Auch formal läßt sich keine Einheitlichkeit in der Theaterkritik der BRD feststellen. Während in Rezensionen aus der Zeit des Nationalsozialismus häufig die gleiche Gliederung zu finden ist, strukturieren die Kritiker der BRD ihre Besprechungen höchst unterschiedlich.
Daraus ergibt sich äußerst facettenreicher Gesamteindruck von der Theaterkritik der BRD.
4. Die Nachkriegszeit: DDR
4.1 Das Theater
4.1.1 Die künstlerische Entwicklung
Wenngleich die DDR erst am 7. Oktober 1949 gegründet wird, lassen sich die Entwicklungen der vorausgegangenen vier Jahre nicht ausklammern. In den Theatern der sowjetischen Besatzungszone wird 1945 (wie imübrigen Deutschland) der Spielbetrieb wieder aufgenommen.
1946 erscheint erstmals Theater der Zeit, die später bedeutendste Theaterzeitschrift der DDR. Bereits in der ersten Ausgabe stellt Fritz Erpenbeck, Chefredakteur und Begründer dieser Zeitschrift, seine Forderun-gen an das künftige Theater auf und beschreibt damit weitsichtig den Weg, den es gehen wird.
„ Die Problematik des Werks hat gegenwartsnah zu sein; sein Inhalt mußeine starke Beziehung zum Heute haben. (...) Theater der Zeit heißt also nichts anderes als: gesellschaftlich wahres, realistisches Theater. (...) Man darf also den Satz aufstellen: Jedes große Kunst- werk ist gesellschaftlich wahr. Es entspricht der gesellschaftlichen Realität seiner Zeit, es ist realistisch. Realismus ist demnach das Kriterium jedes Kunstwerks."
(ERPENBECK 1946, 2)
Drei Monate später dehnt er sein Postulat aus:
„ Kunst und Leben sind nicht voneinander zu trennen Ihr Schnittpunkt liegt im Gesellschaftlichen, das heißt: im Politischen."
(ERPENBECK 1946, 3)
Der Realismus und das Politische sind die beiden wesentlichen Faktoren, die das Theater der DDR lange Zeit bestimmen werden. Vorerst werden die Spiel-pläne jedoch vom Unterhaltsamen geprägt.
Zwar werden vielerorts Dramen wie Lessings „Nathan der Weise" und Friedrich Wolfs „Professor Mamlock" inszeniert, die angesichts der Schrecken des Nationalsozialismus von großer thematischer Aktualität sind, auch werden hier und da einige neue Stücke aufgeführt. Getragen werden die Repertoires der Bühnen jedoch weitgehend von Schwänken und Komödien, leichten Opern und Operetten. Das Theater bietet seinem Publikum Erholung vom entbehrungsreichen Alltag. Politisch läßt sich diese Spielplangestaltung trefflich legitmieren, da viele jüdische Komödien- und Operettenautoren lange verboten waren und erst jetzt wieder gespielt werden dürfen. Diese Situation hat allerdings nicht lange Bestand, wenige Jahre nach der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime wird das Theater erneut von den Machthabenden vereinnahmt. Etlichen Autoren (wie Wilder, O'Neill oder Sartre) wird 1948 vom sowjetischen Kulturoffizier Alexander Dymschitz Dekadenz, Formalismus und ideologische Unterwanderung vorgeworfen. Zahlreiche Autoren werden inkriminiert. Daran ändert sich nach der Gründung der DDR nicht viel; die kulturellen Aushängeschilder der jungen Republik sind Bertolt Brecht, der seine Vorstellungen vom Theater an einer eigenen Bühne, dem Berliner Ensemble, relativ ungehindert (gleichwohl nicht unumstritten) verwirklicht, Walter Felsenstein mit seiner komischen Oper sowie das 1952 gegründete Maxim-Gorki-Theater, das sich der Pflege von Sowjetdramatik verpflichtet. Hinter solch illustren Aushängeschildern, hinter diesen Künstlern, deren Werke und Inszenierungen Bestand haben, entwickelt sich im DDR- Theater jedoch lange Zeit recht wenig.
„ Der Kunst wurde ... sehr schnell, sehr eindeutig der Weg gewiesen, den sie zu gehen hatte. Und sie ging diesen Weg ohne lautes Murren, trotz gelegentlicher Scharmützel am Rande. Die SED hatte ... durch diverse Kulturkonferenzen und Parteitagsbeschlüsse auch dem Theater den Weg gewiesen. Dafür brauchte es natürlich der ent- sprechenden Dramatik. Und die wurde geschrieben, zwar nicht immer mit dem gewünschten künstlerischen Anspruch, aber man nahm im Zweifelsfalle auch das gutgemeinte Stück für das gute."
(LENNARTZ 3/1991, 46)
Die SED erkennt und nutzt das Theater als Instrument, die arbeitende Klasse mit sozialistischem Bewußtsein vertraut zu machen. Den in diesem Sinne während der fünfziger Jahre entstandenen Dramen ist gemein, daßsie einen neuen Typen des dramatischen Helden präsentieren: den „positiven Helden". Er ist zumeist ein einfacher Arbeiter, der für den Sozialismus kämpft, von aus dem Westen kommenden Saboteuren behindert wird und dennoch gewinnt. Etliche der nach diesem simplen Muster gearbeiteten Dramen (wie etwa Gustav von Wangenheims „Du bist der Richtige") sind Auftragswerke der politischen Führung (in diesem Falle des FDJ-Zentralrates anläßlich des Deutschlandtreffens der Jugend zu Pfingsten 1950). Durch Schreibwett-bewerbe und die Verteilung von Schreibaufträgen soll sichergestellt werden, daßder Nachschub an solchen Dramen nicht abreißt. Dem Theater wird von den Regierenden also eine pädagogische Funktion zugedacht, und es erfüllt diese Funktion ohne Widerstand. Auf künstlerischem Gebiete ist das Theater während der sechziger Jahre maßgeblich beeinflußt von den Schülern des 1956 gestorbenen Bertolt Brecht, allen voran von Benno Besson und Manfred Wekwerth. Wekwerth eifert am Berliner Ensemble seinem Lehrmeister treu und mit größtem Ehrgeiz nach, gründet jede seiner immer perfekteren Inszenierungen auf Brechts Theorien. Dieser Perfektionismus, dieses Brecht- Epigonentum führt allerdings dazu, daßseine Inszenierungen künstlerisch blaßsind und fern der Realität. Mit dieser Entwicklung, „ durch die einseitige Reduktion Brechts auf den aufklärerisch Belehrenden in Inszenierungen eines alles besser Wissenden" (LENNARTZ 5/91, 61), verliert das Berliner Ensemble an Bedeutung für das DDR-Theater. Fortan ist seine Funktionüberwiegend die eines kulturellen Aushängeschildes der DDR, das für Besucher aus dem Westen zum Pflichtprogramm zählt.
Benno Bessons Regiearbeiten am Deutschen Theater sind dagegen gekenn-zeichnet von Sinnlichkeit und Phantasie, in ihnen erklingt Dixieland-Musik (eine Musik, die eigentlich dem „Klassenfeind" zugeordnet wird), sind Westernhelden auf der Bühne zu sehen, werden Helden präsentiert, die deutlich vom Klischee des positiven sozialistischen Helden abweichen. Entsprechend bleibt Besson nicht ohne Widerspruch seitens ideologisch linientreuer Kulturpolitiker.
In den sechziger Jahren beginnen außerdem die Auseinandersetzungen um die Inszenierung von Klassikern. Es werden besonders die Dramen gespielt, deren Helden als positive Vorbilder tauglich sind. Werktreue ist dabei oberstes Gebot, experimentelle Inszenierungen beziehen häufig Parteischelte seitens der SED und werden als „Denkmalsschändung" bezeichnet, ein kritischer Umgang mit den Klassikern ist nicht gefragt. Das Ergebnis sind schön anzusehende Aufführungen166 - „Nathan der Weise" beispielsweise wird nun eher als „ Nathan der Nette" (LENNARTZ 6/1991, 61) in Szene gesetzt.
Eine Liberalisierung der künstlerischen Situation des Theaters scheint Erich Honecker mit sich zu bringen, der 1971 Walter Ulbricht als Parteivorsitzenden der SED ablöst:
„ Wenn man von den festen Positionen des Sozialismus ausgeht, kann es meines Erachtens auf dem Gebiet von Kunst und Literatur keine Tabus geben."
(HONECKER 1971, in: LENNARTZ 8/1991, 48)
Die sich daraus ergebenden Perspektiven werden jedoch wenig später erstickt, als sich zeigt, daßnoch immer nach den alten Maßstäben ge- und verboten wird. Vor allem die Ausweisung Wolf Biermanns 1976 hat zur Folge, daßdie Theater ihre Spielpläne sorgfältiger als je zuvor von Kritischem befreien. Gleichzeitig kontrolliert die SED die Inszenierungen verstärkt auf unbequeme Tendenzen. Die künstlerische Arbeit der Theater ist gleichsam gelähmt.
In den achtziger Jahren entspannt sich die Situation. Erstmals wendet sich das Theater ab von dem auf platte Wirklichkeitsabbildung fixierten Realismus-Verständnis, eine Entwicklung, die sich sogar auf Klassiker-Inszenierungen ausdehnt. Zwar werden die Aufführungen abermals heftig von der SED kritisiert, doch löst diese Parteischelte (der nur selten Verbote folgen) nun ein großes Publikumsinteresse aus, ist also unbeabsichtigterweise höchst werbewirksam. Die bisher rigorose Ablehnung alles Absurden wird nun geschickt umgangen - zwar darf Becketts „Warten auf Godot" noch immer nicht gespielt werden, doch läßt sich Büchners „Leonce und Lena" durchaus eher als absurdes denn als sozialkritisches Drama inszenieren, was in diesen Jahren unter Beweis gestellt wird. So beginnt sich das Theater der DDR langsam dem Zugriff der Parteipolitik zu entziehen und eine gewisse künstlerische Freiheit zu erkämpfen, was allgemein durch Michail Gorbatschows Politik der Perestroika in der UdSSR und ihre Auswirkungen auf die DDR begünstigt wirkt. In der DDR versuchen die Parteifunktionäre zunächst noch, mit drastischer Zensur und zahlreichen Verboten die Entwicklung des Theaters aufzuhalten - ohne Erfolg. Der Anteil, den das Theater an der Wende 1989 hat, sollte dennoch nichtüberbewertet werden. Hier zeigt sich, daßdas Theater im Laufe der DDR-Geschichte seine gesellschaftliche Bedeutung weitgehend eingebüßt und zu lange den von der Partei vorgegebenen Weg beschritten hat.167 Abschließend die Einschätzungen einiger Theaterschaffenderüber die Rolle des Theaters während der Wendezeit:
„ Wir waren Utopisten - aber keine Widerstandskämpfer. Wir hätten viel früher auf die Straße gehen sollen."
(SCHROTH168 1991, in: LENNARTZ 12/1991, 62)
„ Ich glaube nicht an einen Wende-Anteil der DDR-Theater. Einzelne Leute haben vielleicht einen Anteil. Die Theater wirkten immer systemstabilisierend."
(KÖNIG169 1991, in: LENNARTZ 12/1991, 64)
„ Ich selbst, ohne Frage, habe zu lange verteidigt und legitimiert."
(LANGHOFF170 1991, in: LENNARTZ 12/1991, 65)
„ Aber alles war vom Theater aus keine Aktion, sondern eine Reaktion auf einen Zerfall. Das System war schon kaputt. Fünfzehn Jahre früher hätte sich das niemand getraut."
(ENGEL171 1991, in: LENNARTZ 12/1991, 65)
4.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
Auch in der sowjetischen Besatzungszone ist - wie imübrigen Deutschland -der größte Teil der Theaterbauten zerstört oder zumindest stark beschädigt. Dennoch lebt das Theater auch hier schnell und meist unter improvisierten Bedingungen wieder auf. Es wird in Ausweichquartieren gespielt, teilweise werden einfach die allgegenwärtigen Trümmerlandschaften als Kulissen genutzt, bis die Theater wieder aufgebaut sind. Es werden sogar Ensembles gegründet in Städten, die nie zuvor ein eigenes hatten. Erneut entwickelt sich Berlin zur Theaterhaupstadt. Am Deutschen Theater sammelt Gustaf Gründgens (nach neunmonatiger Inhaftierung) etliche berühmte Schauspieler der ehemaligen Preußischen Staatstheater um sich, ebenfalls am Deutschen Theater gastiert von 1949 an Bertolt Brecht mit seinem neugegründeten Berliner Ensemble. 1954 bezieht er mit seinem Ensemble das Theater am Schiffbauerdamm. Ferner festigen Benno Bessons Volksbühne, Walter Felsensteins Komische Oper sowie ab 1952 das MaximGorki-Theater Berlins Status als Theatermetropole.
Gegen Ende der fünfziger Jahre wird schließlich in der Provinz der kultur-politische Versuch unternommen, den Schulterschlußzwischen Kunst und Arbeiterklasse herbeizuführen - der Bitterfelder Weg, der am 24.4.1959 von 500 Teilnehmern der Bitterfelder Konferenz proklamiert wird. Parolen wie „ Greif zur Feder, Kumpel!"(in: LENNARTZ 4/1991,46) sollen Arbeiter ermuntern, künstlerisch tätig zu werden. Zugleich wird das kulturelle Angebot in Industriegebieten erweitert, programmatisch wird etwa das Theater in Senftenberg/Lausitz 1959 umgetauft - nun heißt es Theater der Bergarbeiter. Es gibt jedoch noch weitere, weniger offizielle Berührungspunkte von Kultur und Arbeit, so werden unliebsame Regisseure zur „Bewährung" (zur Zwangsarbeit also) beispielsweise in den Braunkohletagebau geschickt, andere werden aus Berlin an Provinzbühnen strafversetzt.
Der Mauerbau am 13.8.1961 bedeutet für die gesamte Entwicklung des Theaters eine scharfe Zäsur. Viele Bühnenkünstler sind Grenzgänger, die in der BRD leben und in der DDR arbeiten. Durch die Grenzschließung werden etlichen Ensembles empfindliche Lücken geschlagen, die mancherorts mit mehr schlecht als recht qualifiziertem Nachwuchs besetzt werden, häufig jedoch nicht zu schließen sind. Es setzt ein großes Theatersterben ein, an etlichen derübriggebliebenen Theater gibt es Spartenbereinigungen.
Eine ähnliche Zäsur hat fünfzehn Jahre später die Ausweisung Wolf Biermanns zur Folge, die den gesamten Kulturbetrieb erschüttert. Die Regierung der DDR signalisiert mit diesem Schritt, was unerwünschten Künstlern droht - wer kritisiert, wird des Landes verwiesen. Da den Künstlern in der DDR das Ausreiseprivileg vorbehalten ist, kommen viele einer möglicherweise drohenden Ausweisung zuvor und reisen selbst aus. Davon ist auch das Theater stark betroffen, besonders die Berliner Volksbühne - nachdem ein großer Teil des Ensembles die DDR verlassen hat, zieht sich auch Intendant Benno Besson in seine Heimat, die Schweiz, zurück. Die renommierte Volksbühne stürzt daraufhin in die Bedeutungslosigkeit. Wenige Jahre nach dieser künstlerisch wie personell fatalen Zäsur unternimmt die Staatsführung einige Anstrengungen, den alten Glanz wiederherzustellen. Diese Anstrengungen konzentrieren sich in erster Linie auf den Wiederaufbau und die Rekonstruktion historischer Bausubstanz - das Berliner Schauspiel-haus am Gendarmenmarkt, das Deutsche Theater, die Dresdner Semper-Oper werden aufwendig erneuert. Wie bereits in der BRD der fünfziger Jahre, so fehlt auch hier die künstlerische Substanz, mit denen die Prachtbauten gefüllt werden könnten, was sich teilweise sogar schon gleich bei den Wieder-eröffnungen zeigt. Somit demonstrieren diese Anstrengungen, welchen Stellenwert die Staatsführung dem Theater beimißt: es ist Zierat, es soll dem Ausland große Kulturleistungen vorspiegeln und nicht zuletzt Devisen einbringen.
In der Wendezeit schließlich werden die Theaterschaffenden von der DDR-Bevölkerung nicht als kritische Kräfte angesehen, sondern eher als Diener der politischen Führung. Sie haben ihre Funktion als kulturelle Botschafter der DDR zu lange zu gut wahrgenommen und genossen außerdem das nicht zuüberschätzende Privileg eines Reisepasses. Erst am 7. Oktober 1989, als friedliche Demonstrationen gewaltsam aufgelöst werden, werden Theaterräume zu öffentlichen Foren, organisieren auch Theaterleute Demonstrationen.172
4.2 Die Theaterkritik
Nicht nur beschreibt Fritz Erpenbeck in den ersten Ausgaben von Theater der Zeit seine Vorstellungen vom künftigen Theater, er beschreibt auch seinen Anspruch an die Theater- bzw. Kunstkritik:
„ Der Kritiker hat die gesellschaftliche Realität mit der künstlerischen Leistung zu konfrontieren und auf diese Art zu beweisen, wo Über- einstimmung besteht und wo Widersprüche klaffen. Weist er Wider- sprüche nach, die zugleich auch Brüche in der Menschengestaltung sind, dann hat er weiter zu untersuchen und weiter zu beweisen, aus welchen Ursachen sie beim Künstler entstanden sind: entweder aus mangelhafter Erkenntnis, vielleicht sogar Unkenntnis der gesell- schaftlichen Wirklichkeit und ihrer Zusammenhänge oder aus fehler- hafter Anwendung der Kunstgesetze und Kunstmittel."
(ERPENBECK 3/1946, 3)
Die Theaterkritik habe also möglichst objektiv zu sein und die Kunst an der Realität zu messen. Die Forderung nach Objektivität ist dabei nachdrücklich nicht an den einzelnen Kritiker gerichtet, sondern an die Theaterkritik als Kollektiv - aus der Summe vieler, zwangsläufig subjektiv gefärbter Einzel-urteile solle ein möglichst objektives Gesamturteil abzuleiten sein.
An diesen Prämissen hat sich 1962 noch nichts geändert. Darüber gibt ein in Theater der Zeit veröffentlichtes Protokoll einer Diskussionsrunde von Theaterkritikern Aufschluß. Darin läßt sich außerdem jedoch die Ansicht nachlesen, daßsich die Theaterkritik in einer Krise befinde:
„ Diese Arbeit wird doch leider oft so schlecht und so primitiv ge- macht, wie keine andere journalistische Arbeit in der Republik."
(ZELT 1962, in: ERPENBECK (Hrsg.) 1962, 44)
Sie werde somit dem hohen Anspruch, den sie sich selbst sowohl dem Theater wie auch dem Publikum gegenüber auferlegt, nicht gerecht.
„ ... die wichtigste Aufgabe der sozialistischen Kritik ist es, dafür zu kämpfen, daßsozialistisches Theater gemacht wird. Die zweitwich- tigste ... ist natürlich die Frage der Vermittlung zwischen Bühne und Theaterbesuchern."
(POLLATSCHEK 1962, in: ERPENBECK (Hrsg.) 1962, 46)
Die am Gespräch beteiligten Kritiker sind sich einig darin, daßeine umfassende wissenschaftliche Ausbildung nötig sei. Das unabdingbare Studium der Theaterwissenschaft müsse begleitet werden von einem Studium der Fächer Literatur-, Kunst- und Musikgeschichte, anschließend müsse praktische Erfahrung gesammelt werden, etwa durch Schauspielunterricht oder Regieassistenzen.173 Als notwendig wird auch ein Journalistik-Studium erachtet.174 Eine derart langwierige Ausbildung sei jedoch, auch darin herrscht Übereinstimmung bei den am Gespräch Beteiligten, nicht zu rechtfertigen angesichts der Berufsaussichten - von der Theaterkritik allein könne kaum jemand leben. Daherübernähmen oftmals freie, nicht ausreichend qualifizierte Schreiber diese Arbeit - einer der Gründe für die Krise der Kritik.
Ein Weg, die Unzulänglichkeiten der einzelnen Kritiker zu nivellieren, sei die kollektive Kritik. Manche Zeitungen entsenden tatsächlich nicht nur einen Kritiker zu Premieren, die Aufführungen werden jeweils von mehreren Mitarbeitern gesehen, die Kritik ist dann das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Arbeit. Auf diese Weise sollen allzu geschmäcklerische Urteile vermieden werden.
In diesem Kritikergespräch bleibt jedoch eine Größe unerwähnt, die maß-geblichen Einflußauf die Theaterkritik hat: die politische Führung der DDR.
„ Die Partei der Arbeiterklasse ... verweist uns nachdrücklich darauf, die Handhabung der Methode des sozialistischen Realismus zum obersten Maßstab kritischen Urteilens zu erheben."
(FISCHBORN 9/1963, 24)
Die politische Beeinflussung der Theaterkritik und ihrer Maßstäbe wird nur in seltensten Fällen direkt angesprochen; die Kritik scheint sich, ähnlich wie auch das Theater, widerspruchslos in die von der Staatsführung vorgegebene Rolle zu fügen. Als Hinweis darauf kann etwa die Tatsache gewertet werden, daßein kulturpolitisch einschneidendes Ereignis wie das 11. Plenum der SED 1965 mit seinen Verboten von Büchern, Filmen und Theaterinszenierungen (und ebenso die Ausweisung Wolf Biermanns 1976 mit all ihren Folgen) aus den Kreisen der Theaterkritiker kein Echo erfährt und nicht dazu führt, daßdie Theaterkritik ihren Standpunkt neuüberdenkt. Im Gegenteil, in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre reißt die öffentliche Diskussion um die Kritik gänzlich ab, die Rezensenten versehen ihren Dienst, ohne Reflexionen darüber zu veröffentlichen.
1973 setzen diese Selbstbetrachtungen anläßlich des 85. Geburtstags von Herbert Ihering wieder ein. Die Veröffentlichung Ilse Galferts175 zu diesem Thema ist insofern erwähnenswert, als die Autorin Iherings Brecht-Affinität ausdrücklich unbehandelt läßt, was angesichts Iherings Stellenwert als Brecht-Entdecker und -Fördererüberrascht. Statt dessen fordert die Autorin, daßder Hauptgegenstand von Theaterkritiken das Theater (und nicht die kultur-politische Analyse) zu sein habe. Daraus ist eine sublime Absage gegen ideologische Vereinnahmung der Kunstkritik zu lesen.176 Weitergehende Kritik an parteipolitischer Einflußnahme und Lenkung von Kunstkritik ist nicht dokumentiert.
Ein anderer Faktor, der sich auf Theater und Theaterkritik dieser Zeit auswirkt, ist das veränderte Publikumsinteresse am Theater. Über den gesamten Zeitraum seit Kriegsende richtet sich die Theaterkritik der DDR an zwei Adressaten, sowohl an Kunstproduzenten als auch an Kunstrezi-pienten.177 Dabei steht für die Theaterkritik in der Tagespresse der Kunstrezipient als Adressat im Vordergrund, während in der Fachpresse für ein theaterinteressiertes Publikum und für Kunstproduzenten geschrieben wird.178 Insgesamt wird jedoch ein abnehmendes Interesse des Publikums am Theater und damit einhergehend ein abnehmender Bildungshintergrund diagnostiziert.179 Das hat für die Theaterkritik zur Folge, daßgrößeres Gewicht auf die Beschreibung des Gesehenen gelegt werden muß, immer weniger kann als bekannt vorausgesetzt werden.180 Der für Theaterkritiken in der Presse zur Verfügung stehende Raum bleibt jedoch gleich, daher geht diese Zunahme von Beschreibungen und Inhaltswiedergaben zu Lasten kritischer und analytischer Elemente. Um dem einen Adressatenkreis gerecht zu werden, wird der andere vernachlässigt.
„ Im allgemeinen erfährt man, daßunsere produzierenden Künstler von Theaterkritik deshalb wenig halten, weil sie sich nicht produktiv und hilfreich von ihr betroffen fühlen."
(ROHMER 1979, 5)
Daßdiese Problematik in der Fachzeitschrift Theater der Zeit angesprochen wird, deutet darauf hin, daßselbst in dieser Fachzeitschrift das durch-schnittlich gebildete Theaterpublikum als Adressat in den Vordergrund gerückt ist. Allein als Leserfreundlichkeit ist dies jedoch nicht zu werten. Vielmehr offenbart sich damit ein weiterer grundlegender Zug der DDR-Theaterkritik - sie ist ein Propagandainstrument (das wird gegen Ende der siebziger Jahre besonders deutlich, als es gilt, sowohl abflauendes Publikumsinteresse neu zu wecken, als auch die Kulturpolitik öffentlich zu legitimieren).
„ Entsprechend dem propagandistischen Grundzug der Funktion der sozialistischen Presse, entsprechend der Unterstellung von Theaterkritik unter Theaterpropaganda, (...) entsprechend ihrer kulturpolitischen Verantwortung, den neuen Theaterzuschauer zu bilden und zu erziehen, obliegt der Theaterkritik die propagan- distische Funktion."
(FROTSCHER 1979, 52)
1979 findet die 1. Theaterkritikerkonferenz des Ministeriums für Kultur statt. Die Teilnehmer dieser Konferenz fordern einen größeren Anteil von beschreibenden Elementen in den Theaterkritiken181, nicht zuletzt, um Theater auch den Lesern nahezubringen, die das besprochene Theaterereignis nicht miterlebt haben. Die Teilnehmer mutmaßenübereinstimmend, daßTheaterkritiken von weit mehr Menschen gelesen würden als nur von denen, die die betreffende Inszenierung tatsächlich gesehen haben. Beschreibende Elemente könnten so ein breiteres Interesse auch bei den Lesern wecken, die ansonsten eher am Theater uninteressiert sind. Es geht also auch bei dieser Konferenz um die Möglichkeiten, wie der propagandistische Auftrag von Theaterkritik besser zu erfüllen wäre. Weitere Themen der Konferenz sind der als erstrebenswert erachtete Austausch zwischen Theater und Kritik sowie die Verbesserung der Ausbildungssituation von Theaterkritikern - Themen, die in der Folgezeit die meisten Publikationenüber Theaterkritik bestimmen.182
1986 weist der Verband der Theaterschaffenden der DDR schließlich darauf hin, daßdie bei der 1. Theaterkritikerkonferenz 1979 aufgestellten Forderun-gen zumindest in Berlin nicht folgenlos geblieben seien. Zwischen Theater-kritik und Theaterschaffenden herrsche ein aktiver Austausch, ferner würden Studierende der Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität in Semina-ren mit der Theorie der Theaterkritik vertraut gemacht.183
Ein Grund für die Umorientierung der Kritik zu größerer Theaterfreundlichkeit hin ist die Tatsache, daßder Kritik von den Theatern vielerorts kaum noch eine Bedeutung beigemessen wird.184 Dieses Zusammenwachsen von Theater und Kritik birgt jedoch die Gefahr, daßdie notwendige Distanz bis hin zum Opportunismus unterschritten wird. In dem progressiven Miteinander ist wirklich kritische Kritik oft nicht mehr gefragt und Anlaßunsachlicher Beschwerden.185
Insgesamt ergibt sich daraus ein disparates Bild von der Theaterkritik in den letzten Jahren der DDR: Einerseits nehmen beschreibende Elemente in den Rezensionen immer größeren Raum ein, was dem unbedarfteren Leser entgegenkommen soll; andererseits werden Versuche unternommen, die Kluft zwischen Theater und Kritik zu verringern, weil sich herausgestellt hat, daßdie Theaterschaffenden der Kritik immer weniger Bedeutung beimessen. Die Theaterkritik ist bemüht, ihrem propagandistischen Auftrag nach wie vor gerecht zu werden, was einen Bedeutungsverlust nach sich zieht.
4.2.1. Die Theaterkritiken
4.2.1.1 Bertolt Brecht: „Mutter Courage und ihre Kinder"
Am 11.1.1949 spielt Bertolt Brechts Berliner Ensemble im Deutschen Theater (wo es zu diesem Zeitpunkt noch Gastrecht genießt) als Eröffnungspremiere Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder". Die Theaterkritik reagiert darauf sehr kontrovers, wobei es weniger um politische Überzeugungen als um Theaterauffassungen geht. Die eine Fraktion kritisiert Brechts Inszenierungsweise, stellvertretend für diese Fraktion ist Hans Wilfert (Neue Zeit) anzuführen:
„ Wer einmal eine mittelalterliche Chronik gelesen hat, weiß, welch trockene Lektüre das ist und wie die Phantasie mühsam aus zwei Sätzen Bericht die dramatischsten Ereignisse herausholen muß. Brechts Stil istähnlich karg und andeutend. (...) Wir wollen es ganz kraßsagen: wenn man nach dem Krieg so ein reduziertes Theater gespielt hätte, ... mit ein paar schnell gezimmerten Versatzstücken, wenigen Scheinwerfern, mit derselben Sparsamkeit im darstel- lerischen Ausdruck, so wäre das der ehrliche Ausdruck einer realen Situation gewesen. (...) Wenn man nun heute plötzlich in einem Theater, in dem alles an technischen Möglichkeiten vorhanden ist, um z.B. Nacht zu machen, wenn im Dialog von Nacht gesprochen wird, so tut, als sei das alles nicht da, so ist das Snobismus, aber kein neuer Stil. (...) Diesen Brechtschen „Stil" haben wir schon vor 1933 in mancherlei Variation erprobt, wir brauchen das Experiment nicht zu wiederholen. Brecht ist stehengeblieben, wir nicht."
(WILFERT 1949)
Manfred Barthel (Abend) vertritt ähnliche Ansichtenüber Bertolt Brecht:
„ Er mußgespielt werden, und sei es auch nur um zu zeigen, daßdieser Weg eine Sackgasse ist ..."
(BARTHEL 1949)
Die andere Fraktion unterstreicht dagegen Brechts Größe.186 Allen voran führt Max Schroeder (Neues Deutschland) den Leser an Brechts Kunst heran. Mehr als die Hälfte der ihm zur Verfügung stehenden Zeilen nutzt er, Brechts Bühnenstil ausführlich zu erläutern.
„ Er zielt beharrlich darauf ab, daßdie Illusion den Zuschauer nicht einschläfert, daßder Hörer nicht glaubt, er habe etwas verstanden, was er in Wirklichkeit nicht verstanden hat. (...) Er zwingt das Publikum, seine Kunst entziffern zu lernen, wie eine fortschrittliche Gesellschaft ihre Analphabeten lesen lehrt."
(SCHROEDER 1949)
Bei eben diesem Prozeßist Schroeders Rezension dem Publikum eine vorzügliche Hilfe und Unterstützung, während die Kritiken von Wilfert und Barthel mit ihren Forderungen nach authentischerer Abbildung der Realität das Verständnis eher erschweren (was sich jedoch mit dem Anspruch der Kritik durchaus verträgt187, daßdie Rezensionen in erster Linie auf das Theater ausgerichtet sein sollen, nicht auf den Leser).
Andere Rezensenten offenbaren in ihren Kritiken, daßdie Theaterkritik 1949 noch von den Gepflogenheiten nationalsozialistischer Kunstberichterstattung geprägt ist. Paul Wiegler (Nachtexpreß) verfaßt eine Kritik, die ein reiner Kunstbericht ist.188 Sie besteht einzig aus der Beschreibung einzelner Szenen sowie des Bühnenbildes, am Rande werden noch schauspielerische Leistungen beurteilt. Nähere Hinweise auf Brecht, auf die Art der Inszenierung, auf Gegenwartsbezüge des Stückes fehlen völlig. Insgesamt ist dies eine Lobhudelei ohne große Aussagekraft:
„ Die Doppelregie von Erich Engel und Brecht erobert dem Drama durch ihre in der Arbeit von Wochen errungene Sicherheit den Sieg."
(WIEGLER 1949)
Otto Müllereisert (Freiheit) offenbart schließlich in seiner Vorankündigung, daßdie Schrecken der jüngsten deutschen Vergangenheit bei ihm keinen besonderen Eindruck hinterlassen haben, er verfällt gar in einen altbekannten Jargon:
„ Brecht l äßt die Handlung seines neuesten Stückes ... im Dreißig- jährigen Krieg, dem abgründigsten Leid deutscher Geschichte spielen. (...) Es ist ein urdeutsches Stück mit deutschem Empfinden, deutschem Leid und deutschem Ringen um eine Lösung ..."
(MÜLLEREISERT 1949)
4.2.1.2 Boris Lawrenjow: „Für die auf See"
Durchweg einheitlich rezensiert die Theaterkritik die deutsche Erstaufführung von Lawrenjews „Für die auf See". Diese Huldigung auf die Sowjetarmee189 ist 1952 die Eröffnungspremiere des Maxim-Gorki-Theaters, das seinen politischen Auftrag hier (wie auch in der Folgezeit) vorbildlich erfüllt. Daher kann also ein einheitliches Kritikerurteil an sich nicht weiterüberraschen. Allerdings ist das Maßan Übereinstimmung bemerkenswert.
Das fängt bei der Gliederung der einzelnen Rezensionen an - sie sind schon ermüdend schematisch aus einer Inhaltsangabe, einer dezidierten Bewertung der Inszenierung und der ausführlichen Beurteilung einzelner schau-spielerischer Leistungen zusammengesetzt - in genau dieser Reihenfolge. Als Einleitung oder als Abschlußgehen die Rezensenten noch kurz auf die Entstehung des Maxim-Gorki-Theaters und auf die politische Bedeutung des Stückes ein. Neben der Struktur gleichen sich die Rezensionen auch inhaltlich ohne Ausnahme.190 Es werden stets dieselben Schauspieler gelobt oder aber zu besserer Leistung angespornt; stets wird an die Regie die Forderung gerichtet, die Handlung zu straffen und die Inszenierung stärker an der Realität zu orientieren; wird stets darauf hingewiesen, daßdiese Inszenierung für ein eben erst entstandenes Ensemble jedoch höchst beachtenswert sei. Alle Rezen-senten beschreiben das Stück als Militärstück, heben jedoch die allgemeine gesellschaftliche Relevanz hervor. Wenngleich die künstlerische Leistung ausführlich bewertet wird, erinnert dieser Schulterschlußzwischen politischer Führung, Theater und Theaterkritik an eine Gleichschaltung - und somit an die noch recht frische Vergangenheit. Reminiszenzen weckt auch die schematische Gliederung der einzelnen Rezensionen. Es wird deutlich, daßdie in Kapitel 4.2.1.1 festgestellten Parallelen zwischen DDR-Theaterkritik und nationalsozialistischer Kulturberichterstattung keineswegs als Ausnahmefälle abzutun sind.
4.2.1.3 Harald Hauser: „Am Ende der Nacht"
Ebenfalls nicht im Geringsten umstritten ist die Uraufführung von Harald Hausers „Am Ende der Nacht" 1955 im Magdeburger Stadttheater. Es ist das beste Beispiel für ein DDR-Zeitstück der fünfziger Jahre: mit nur drei Rollen läßt es sich ohne großen Aufwand spielen, es bekräftigt die deutsch-sowjetische Freundschaft und wendet sich entschieden gegen die Republikflucht - politisch linientreuer geht es kaum.
Rückblickend urteilt Knut Lennartz 1991 in Die Deutsche Bühne:
„ Hauser häuft in dieser biederen Fabel Klischee auf Klischee."
(LENNARTZ 3/1991, 48)
Dies entgeht der DDR-Theaterkritik 1955 allerdings.
„ Es werden Sätze von tiefster psychologischer Bedeutung gesprochen. Ein Dreipersonenstück, fesselnd, interessant und geistig von hohem Niveau."
(KUBE 1955 (LDZ))
Statt einer kritischen Betrachtung erfolgt die Aneinanderreihung politischer Bekenntnisse.
„ Das ist deutsch-sowjetische Freundschaft. (...) Freundschaft ... es kann, es darf nur Freundschaft geben zwischen uns." (WENDLER 1955 (Volksstimme)) Deutlich wird außerdem die Vorliebe renommierter Kritiker der DDR fürüberlange Schachtelsätze. Ilse Galfert (Neues Deutschland) konstruiert die Sätze in ihrer Rezension aus bis zu 71 Wörtern.191 Ein derartiger Stil mindert die Verständlichkeit jedoch ungemein.
Auch beim Lesen dieser Rezensionen werden Erinnerungen an die nationalsozialistischen Kunstberichte geweckt. Das Stück ist linientreu, die Inszenierung realistisch, und so sieht die Kritik geflissentlichüber Unzulänglichkeiten hinweg. Desweiteren weisen die Kritiken jene schematische Gliederung auf, die bereits in 4.2.1.2 beschrieben wurde. Diese Gliederung ist insgesamt für die DDR-Theaterkritik ebenso typisch, wie sie es für die Kulturberichterstattung im nationalsozialistischen Deutschland war.
4.2.1.4 Peter Hacks: „Die Sorgen und die Macht"
Mit „Die Sorgen und die Macht" inszeniert Wolfgang Langhoff am Deutschen Theater in Berlin 1962 ein Gegenwartsstück, was von ihm in den voraus-gegangenen Jahren nachdrücklich gefordert wurde. Der Vorwurf, Langhoff inszeniere zu wenig Zeitgenössisches, manifestierte sich in Schlagzeilen wie dieser: „ Besinnen Sie sich auf Ihre Pflicht, Genosse Langhoff!" (Neues Deutschland 17.2.1959, in: LENNARTZ 4/1991, 48). Peter Hacks „Die Sorgen und die Macht" entspricht jedoch auch nicht so ganz den Vorstellungen der Kulturfunktionäre, eher im Gegenteil.192
„ Das Deutsche Theater hätte gut daran getan, sich mit dem Autor um ein neues Stück mit richtiger Widerspiegelung der Wirklichkeit zu bemühen. (...) Es wäre manchesüber die dramatischen Schwächen,über die sprachlichen Schwächen zu sagen. Sie hängen mit dem Wichtigsten, der ideologischen Schwäche zusammen, dem Mangel an Einsicht in unsere Wirklichkeit, der durch kabarettistische Einfälle nicht verhüllt werden kann."
(POLLATSCHEK 1962 (Berliner Zeitung))
Peter Hacks Darstellung der Realität erweist sich als nicht vereinbar mit dem „sozialistischen Realismus", denn seine Arbeiter sind nur allzusehr materialistisch motiviert und allzuwenig vom Sozialismus beseelt. Geschlossen kritisieren die Rezensenten die in ihren Augen falsche, negative Darstellung der Realität.193 Fast krampfhaft hält sich die Theaterkritik deshalb an den wenigen vorbildlichen Figuren des Stückes auf:
„ Clementine Hoffmann lehnt den Betrug in die eigene Lohntüte hinein ab, sie arbeitet fleißig und ordentlich, sie macht Vorschläge zur Verbesserung und Produktion. (...) Ein Mensch, der in die Welt paßt, der in unsere Welt paßt."
(ULLRICH 1962 (Neue Zeit))
Die Theaterkritik zieht sich weiterhin recht zurückhaltend auf eine sichere Warte zurück194 und wartet scheinbar auf Direktiven von höheren Funktionären, wie die vielen Bekundungen bezeugen, daßüber das Stück erst nach eingehender Diskussion zu urteilen sei.195
„ Die Problemfülle des Stückes, in einer ersten Betrachtung nicht ausschöpfbar, ist einer weiteren Erörterung und des Meinungsstreites wert."
(EICHLER 1962 (National-Zeitung))
Diese Diskussion folgt prompt und entwickelt sich, um einen theaterge-schichtlichen Kommentar aus dem Jahre 1991 einzufügen, zum „ Femegericht, ... von dem sich Hacks als Autor von Gegenwartsthemen nicht mehr erholen sollte" (LENNARTZ 4/1991, 48f). Auch in einem anderen Punkte erweisen sich die vorliegenden Kritiken als aufschlußreich, denn die Wertung schauspielerischer und dramaturgischer Leistungen tritt hier völlig in den Hintergrund. In nahezu sämtlichen Rezen-sionen ist eine Reihe von Schauspielernamen aufgelistet, deren Leistung allge-mein und undifferenziert gelobt wird.196 Das veranschaulicht einmal mehr, daßdie Theaterkritik in erster Linie den ideologischen Wert einer Inszenierung beurteilt, in zweiter Linie erst den künstlerischen. Und wenn es zum ideologischen Wert viel zu sagen gibt, gerät die Bewertung von Regie und Schauspielern halt ins Hintertreffen - eine weitere Reminiszenz an die nationalsozialistische Kulturberichterstattung. Damit wird die Theaterkritik zwar dem Anspruch gerecht, daßes ihre wesentliche Aufgabe sei , „dafür zu kämpfen, daßsozialistisches Theater gemacht wird." (POLLATSCHEK 1962, in: ERPENBECK (Hrsg.) 1962, 46)197. Das führt jedoch langfristig dazu, daßdas Theater seine künstlerischen Leistungen nur ungenügend berücksichtigt und beurteilt sieht.198
4.2.1.5 Heiner Müller: „Macbeth" nach William Shakespeare
„ Shakespeare ist mir zu meiner Schulzeit immer schon unheimlich gewesen ... Deshalb war ich gut beraten, mir am Vorabend der Generalprobe wenigstens im Schauspielführer noch einmal die Fabel des Stückes durchzulesen. (...) Ich selbst konnte wenigstens noch einige Fragmente aus dem Shakespeareschen „Macbeth" erkennen."
(SCHWANT 1982 (RFZ-Frequenz))
Allein anhand dieser Rezension läßt sich belegen, daßdie 1979 auf der 1.
Theaterkritikerkonferenz aufgestellte Forderung nach einer besseren Aus-bildung für Theaterkritiker berechtigt ist. Mit unvergleichlicher Offenheit teilt Carl Schwant dem Leser seine Ressentiments und Bildungsdefizite mit. Seine Vorbereitung erschöpft sich in der Lektüre einer Inhaltszusammenfassung von Shakespeares „Macbeth" im Schauspielführer. Daßdieser Inszenierung in der Berliner Volksbühne im Jahre 1982 (Regie: Heiner Müller und Ginka Tscholakowa) Heiner Müllers „Macbeth"-Fassung als Grundlage dient, scheint dem Rezensenten von nur geringer Bedeutung (oder vielleicht sogar unbekannt?) zu sein. Entsprechend mißlingt ihm der Zugriff. Seine Rezension beginnt nach oben zitierter Einleitung mit folgendem Satz:
„ Am besten gefiel mir das Bühnenbild von Hans-Joachim Schlieke. So ein richtiger Berliner Hinterhof ..."
(SCHWANT 1982)
Mal abgesehen davon, daßder „ Berliner Hinterhof" (s.o.) von anderen Kritikern als Burghof interpretiert wird199, beschränkt sich Schwant darauf, seine Impressionen zu beschreiben und rein geschmäcklerisch zu beurteilen. Später besinnt er sich jedoch seiner wichtigen Aufgabe als Theaterkritiker wieder:
„ Meine Aufgabe als Kulturfunktionär besteht darin, die Arbeiter- klasse mit Theaterkunst bekannt zu machen, die hilft, sozialistische Persönlichkeiten zu prägen. (...) Hinzu kommt noch, daßwir Tech- niker auch noch so ein ausgeprägtes Kosten-Nutzen-Denken eingeprägt bekommen haben. Da schmerzt es einen wirklich, wenn man sieht, wieviel Investitionen es an Material und Kraft, an guter Schauspielerpotenz ... gekostet hat, um zu so einem niederschmettern- den Ergebnis zu kommen. (...) Ich hatte schon einmal gewünscht, die VOLKSB ÜHNE möchte sich ihres Namens besinnen."
(SCHWANT 1982)
Es ist schon fast grotesk, wie wenig der Rezensent seiner Aufgabe gerecht wird, sich zum großangelegten Verrißdann jedoch auf seine ach so bedeuten-de Funktion beruft. Allerdings ist diese Besprechung nicht viel weniger aus-sagekräftig als die seiner Kollegen. Damit eng verbunden ist eine weitere Übereinstimmung zwischen nahezu allen Kritikern - sie gestehen freimütig und offen ihre Ratlosigkeit angesichts der Inszenierung ein. Als Führer in das Kunstwerk hinein versagen sie. Gleichwohl sie alle angeben, daßdie Inszenierung insgesamt nicht auszudeuten und zu erklären sei, versuchen sie es trotzdem - und kommen zu uneinheitlichen und einigermaßen nichts- sagenden Ergebnissen.
„ Ein Abend von durchschlagender Wirkungslosigkeit"200
(SEYFARTH 1982 (Sonntag))
„ Der Zuschauer, sofern er sich auf die Art dieser Darstellung einlassen kann, ist hier und heute mündig, sich zu diesem Bild des Schreckens zu verhalten."
(GERSCH 1982 (Tribüne))
„ Es bleibt wohl immer eine Sache des Geschmacks. (...) Shakespeare geht anders."
(KERNDL 1982 (Neues Deutschland))
„ Kurz, was Diskussion um unsere Theaterkunst sicher anregen wird, mußnicht jedermanns Zuschausache sein."
(GITZEL 1982 (Bauernecho))
p>Darüber hinaus wird dem Leser das Verständnis erschwert, indem Stück und Inszenierung ohne erkennbare Trennung bunt miteinander gemischt besprochen werden. Rainer Kerndl (Neues Deutschland) setzt dazu seinen Lesern als weitere Hürdeüberlange Schachtelsätze vor - der längste besteht aus 56 Wörtern. Ein weiteres Beispiel dafür, daßgerade renommierte Kritiker zu sperrigen Satzkonstruktionen neigen.201 Am Rande ist noch anzumerken, daßdie Angaben der Kritiker selbst bezüglich eines objektiv meßbaren Punktes nichtübereinstimmen: Ingrid Seyfarth gibt als Dauer der Aufführung „ lähmende zweieinhalb Stunden" (SEYFARTH 1982) an, L. Gitzel sieht eine „ rund dreistündige Aufführung" (GITZEL 1982), während Carl Schwant „ vier Stunden" (SCHWANT 1982) in der Volksbühne sitzt.
So wirken die Rezensionen wie eine Kapitulation der Theaterkritik. Allgemein herrscht Ratlosigkeit, was dennoch einige - vor allem die renommierten - Kritiker nicht davon abhält, die Inszenierung (bzw. das Stück selbst, genau sind die Bewertung von Stück und Inszenierung in den Rezensionen nicht zu trennen) zu verreißen. Dem Leser, der mittlerweile in die Position des Hauptadressaten aufgerückt ist, bringt es keinen Nutzen, da er außer Spekulationen und Befindlichkeiten einzelner Kritiker wenig erfährt.
4.2.1.6 Volker Braun: „Die Übergangsgesellschaft"
Nach der Uraufführung im Westen (genauer: in Bremen) bringt Thomas Langhoff 1988 „Die Übergangsgesellschaft" auf die Bühne des Maxim-Gorki-Theaters. Die Theaterkritik ist gezwungen, sich zu dieser Inszenierung zu äußern.
Hier soll zunächst eine Rezension zitiert werden, die wenige Tage nach der Premiere in der Westberliner Zeitung „ Der Tagesspiegel" erscheint. Sie beinhaltet eine sachliche Beschreibung des Stückes und seiner Wirkung auf das Publikum.
„ Hauptmotiv des Stückes ist, wie die DDR ihre Menschen genormt hat, und die Sehnsucht aller, die von der Schauspielerin vehement artikuliert wird: „Ich willüber die Grenzen gehen." Sie meint das im Sinne ihrer Lebensmöglichkeiten, aber es wird vom Publikum durch- aus wörtlich verstanden. (...) Das Stück ist voller Anspielungen auf Zensur, Unterdrückung und Doppelzüngigkeit. „Ich bleibe im Lande / und esse im Osten / mit meinen Sprüchen / die mich den Kragen kosten" heißt es einmal. (...) Kaum habe ich in letzter Zeit eine solche Spannung im Zuschauerraum erlebt. Was da auf der Bühne geschah - es war dem Premierenpublikum aus der Seele gesprochen."
(STONE 1988)
Diese Sachverhalte werden von der Theaterkritik der DDR oft anders, meist jedochüberhaupt nicht dargestellt. Die Rezensenten klammern sich daran fest, daß„Die Übergangsgesellschaft" auf Tschechows „Drei Schwestern" basiert und stellen alle nur erdenklichen Querverweise an. Bezüge zur Realität werden dagegen verwehrt:
„ ... keine Figur hat eine platt reale Bedeutung, sondern lebt, als poetische Empfindung, in einem dramatischen Ablauf mit eigenen künstlerischen Gesetzen."
(FUNKE 1988 (Der Morgen))
„ Sie steigen in ein neues Spiel, das ein Spiel der Phantasien ist und keine Reportage der Wirklichkeit."
(GERSCH 1988 (Tribüne))
Und bevor die im Stück ausgesprochenen beflügelten, grenzüberschreitenden Phantasien noch ernst genommen werden, verreißt die Theaterkritik sie gleich mit:
„ Doch was sich bei diesem „Fluge" offenbart, ist zu wenig gedanklicher Aufschwung zu menschheitlichen Perspektiven, sondern eine phantasiearme, hektisch hochgedrehte, letztlich enttäuschend kärgliche psychodramatische Selbstbespiegelung."
(EBERT 1988 (Neues Deutschland))
Die Theaterkritik geht also an den entscheidenden Merkmalen und Deutungs- möglichkeiten des Stückes glatt vorbei. Statt dessen sind die Zeilen gefüllt mit schwerverständlichen Verrenkungen, die Volker Braun bisweilen gar als glühender Eiferer für den Sozialismus dastehen lassen.202 Darüber hinaus wird die Verständlichkeit abermals herabgesetzt durch sperrige Satzkonstruktionen: Gerhard Ebert etwa baut seine Sätze aus bis zu 50, Christoph Funke gar aus bis zu 82 Wörtern.
Es gilt jedoch einen Punkt zu bedenken: Die gesellschaftliche Wirkung der Aufführung ist ohne jeden Einflußder Kritik bereits immens. Legte die Kritik die naheliegenden Deutungsmöglichkeiten des Stückes offen, gefährdete sie damit eventuell weitere Aufführungen - auch 1988 ist die Gefahr der Zensur nicht außer Acht zu lassen. Indem die Kritik diese Deutungsmöglichkeiten ver-schweigt und „Die Übergangsgesellschaft" allgemein von Realitätsbezügen und einer größeren Bedeutung freispricht,203 sichert sie dem Stück weitere Aufführungen und damit eine noch breitere Entfaltung seiner Wirkung. Es dürfte zwar falsch sein, dies als Grund für die mehr als unzulänglichen und unzutreffenden Kritiken zu betrachten, es sollte als Möglichkeit jedoch in Betracht gezogen werden.
4.2.1.7 Christoph Hein: „Die Ritter der Tafelrunde"
1989 wird in Dresden das bedeutendeste Stück der Wendezeit gespielt: „Die Ritter der Tafelrunde". Abermals soll hier zunächst aus einer der BRD erschienen Rezension zitiert werden.
„ Zeit und Ort sind sagenhaft. Christoph Heins Fund ist das Gralssymbol als Stellvertreter für jede regierende politische Ideologie. (...) Der Kurzschluß, das Artus-Reich in der Krise eindeutig erkennbar hinzustellen, wäre verhängnisvoll gewesen. Klaus Dieter Kirst und seine Schauspieler haben ihn vermieden. Die Distanz bleibt gewahrt. (...) Die Angst im Nacken gilt nicht nur den enthemmten Staatsschützern, sondern auch den Tätern in der Menge, die Gewaltakte für das Gebot der Stunde halten."
(WIRSING 1989 (Frankfurter Allgemeine Zeitung))
Es bietet sich unter den aktuellen politischen Zuständen in der DDR 1989 folgende Deutungsmöglicheit an: Artus und die Ritter der Tafelrunde stehen für die politische Führung der DDR, das Gralssymbol für die Ideologie, Artus' Sohn Mordret für die auf Umwälzungen drängende Öffentlichkeit. So läßt sich auch jede Äußerung der Theaterkritiküber den Inhalt des Stückes als Äußerungüber die realen Verhältnisse in der DDR lesen. Angesichts des großen Aufsehens, das diese Inszenierung erregt, büßte die Theaterkritik ihre Glaubwürdigkeit ein, spräche sie der Inszenierung ihre Bedeutung ab (wie dies im Falle der „Übergangsgesellschaft" geschah). Gerhard Ebert (Neues Deutschland) schlägt sich auf Artus' Seite:
„ Mordret brüskiert die ehrwürdige Tafelrunde. (...) Doch Vater und Sohn - dies der Höhepunkt des Stückes - finden sich. In einem Dialog, den Vernunft diktiert, beginnen sie, aufeinander zu hören. (...) Die dabei sichäußernde enge Unbedingtheit des Sohnes ist freilich beunruhigend. Das Volk scheint ihm gleichgültig. An diesem Punkt versteht der Zuschauer die Sorgen des Vaters. (...) Demokratie ... war an König Artus' Hof weiter gediehen, als der Heißsporn Mordret bislang begriffen hatte."
(EBERT 1989)
Der Rezensent sieht in dem Stück weiterhin eine „ Warnung ..., nicht fahr-lässig preiszugeben, was schwer erkämpft und errungen wurde" (EBERT 1989) und beschreibt die Darstellung des Mordret folgendermaßen:
„ Thomas Stechers Mordret hat eine gewisse elitäre Lässigkeit und Arroganz."
(EBERT 1989)
Diese konservative und regimetreue Deutung bedarf keines weiteren Kommentars. Etliche andere Rezensenten vermeiden jede klar deutbare Position, sie rechtfertigen sowohl Artus' als auch Mordrets Standpunkte.204 In einigen Kritiken wird dagegen ähnlich klar Stellung bezogen wie in der Gerhard Eberts, jedoch mit anderer Aussage.
„ Heins Verdienst ... besteht darin, daßer keine seiner Figuren der Lächerlichkeit preisgibt, sie aber in ihrer ... Tragik, die im Verrantsein in Gedankengänge, die von der Realitätüberholt worden sind, erfaßt. Niemand will ihre einstigen Verdienste in Abrede stellen, doch das verbohrte Beharren auf einer Vergangenheit, mit der nichts mehr anzufangen ist, st ößt vor allem die Jüngeren ab ..."
(ZUMPE 1989 (Sächsisches Tageblatt)205 )
„ Sie wollen nicht wahrhaben, was offensichtlich ist: das Reich des König Artus zerfällt, das Volk sieht die Ritter als Relikt einer vergangenen Zeit an, belächelt sie, verweigert sich."
(ULISCHBERGER 1989 (Sächsische Neueste Nachrichten))
Ingeborg Pietzsch (Theater der Zeit) und Horst Heitzenröther (National-Zeitung) weisen sogar ausdrücklich auf die Deutungsmöglichkeit des Stückes hin:
„ ... die Anachronismen des Textes verfremden die Legende und erlauben dem Zuschauer, „Übersetzungen" für uns und heute zu finden ..."
(PIETZSCH 7/1989, 53f)
„ In diesen Menschenkreis hineingezogen, begreifen wir die schon lange schwelende Entscheidungssituation einer führenden Elite, assoziierbar national, ideologisch, klerikal oder sonstwie."
(HEITZENRÖTHER 1989)
Die meisten Rezensenten deuten also das Stück, ohne auf den Realitätsbezug allzu offen einzugehen. Manche gehen jedoch darüber hinaus und weisen ausdrücklich auf die Übertragbarkeit des Stückes auf die Realität hin. Wenige Monate vor der Grenzöffnung beginnen also auch einige Theaterkritiker endlich damit, sich von ihrem propagandistischen Auftrag zu lösen.
4.2.1.8 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
Wie sehr sich die Theaterkritik in den Schulterschlußvon Theater und politischer Führung der DDR einreiht, läßt sich an Gerhard Piens „Wilhelm Tell"-Rezension aus dem Jahre 1962 ablesen. Schillers Drama wird zur Wiedereröffnung des Deutschen Theaters in Berlin gespielt. Über die Inszenierung ist bei Piens jedoch, abgesehen von drei Szenenfotos und den dazugehörenden Bildunterschriften, nichts zu erfahren.
Immerhin wird der Inhalt des Dramas wird am Ende der Rezension in ein paar Zeilen zusam-mengefaßt.
Als Einleitung steht ein kurzer Text von Walter Ulbricht, in dem er die nationale Verantwortung des (ost-)deutschen Theaters darstellt. Piens beginnt schließlich mit der Überlegung, aus welchen Gründen „Wilhelm Tell" zur Eröffnung des Deutschen Theaters besonders geeignet sei und gelangt darüber zu allgemeinen kulturpolitischen Überlegungen. Der Autor läßt auch nicht die kleinste Gelegenheit aus, den kapitalistischen Klassenfeind anzuprangern und die Leistungen der sozialistischen DDR hervorzuheben.
„ Auf der Bühne des Deutschen Theaters, das umfangreiche Umbauten und schwierige Wiedergutmachungen jahrzehntealter Bausünden aus kapitalistischen Zeiten 33 Monate lang verschlossen hielten, wird seit einigen Tagen wieder gespielt."
(PIENS 1962, 2)
Weiterhin beschreibt er die DDR als einzig legitime Erbin der deutschen Kultur:
„ Denn ob wir es beklagen oder ob wir es begreifen: Die unheilvolle Entwicklung in Westdeutschland seit dem Bündnis der transatlan- tischen Imperialisten mit den kulturfeindlichen westdeutschen Monopol- und Kriegsherren hat wie die Einheit des deutschen Staates so auch die Einheit der deutschen Kultur zerstört. (...) Daraus wächst die nationale Verantwortung unserer Arbeit. Das sind Tatsachen. Wer sie nicht sieht, wird beim kulturpolitischen Handeln Fehler machen müssen."
(PIENS 1962, 3)
Auch seinen prophetischen Ambitionen läßt der Rezensent freien Lauf:
„ Und zwar sind wir die Avantgarde in der gegenwärtigen deutschen Geschichte, aber wir werden nicht tragisch untergehen, sondern, den Kommunismus zum Siege führend, die Voraussetzung für die Lösung der nationalen Frage in Deutschland schaffen."
(PIENS 1962, 4)
Hierbei handelt es sich also weniger um eine Rezension als vielmehr um ein kulturpolitisches Manifest. Eine Distanz zum Gegenstand der Besprechung ist nicht gegeben, der Autor spricht in der „wir"-Form für alle Kulturschaffenden, ja, im Namen der gesamten DDR. Dem selbstauferlegten Anspruch der Theaterkritik - einerseits die Forderung nach sozialistischem Theater zu formulieren, andererseits eine Mittlerrolle zwischen Theater und Publikum einzunehmen206 - wird Piens nur zur Hälfte gerecht: die zweite Funktion bleibt unberücksichtigt.
In welchem Maße ideologische Aspekte die Theaterkritik bestimmen, läßt sich weiterhin anhand Manfred Nössigs (Theater der Zeit) Rezension der „Wilhelm Tell"-Inszenierung 1965 in Zittau verdeutlichen. Der Rezensent mißt die Aufführung nicht an ihrem eigenen Anspruch, sondern an seinem; er umreißt, wie eine „Tell"-Inszenierung beschaffen zu sein habe und legt dies als Maßstab an.
„ Nicht so sehr die historisch bedingte Dimension einer aktiven Wirklichkeitsbeziehung als vielmehr die Einordnung der Individual- position des „Retters aus der Not" in eine gesellschaftliche Aufgabe bildet hier das Problem."
(NÖSSIG 1965, 15)
Er formuliert das Ziel noch konkreter:
„ Herausarbeiten der menschlichen, kämpferischen Potenz Tells, die nicht durch „kritische Akzente" in der Rollengestaltung abgewertet ... wird."
(NÖSSIG 1965, 15)
Diesen Maßstäben des Kritikers wird die Inszenierung nicht gerecht, Nössig hat einiges auszusetzen. Die Auseinandersetzung mit dem Kunstwerk wird vernachlässigt, als Maßstab wird einzig der „sozialistische Realismus" angelegt.
1981 werden noch immer die ideologischen Kategorien und Maßstäbe bemüht, wie Theater der Zeit -Rezensentin Erika Stephan anläßlich der „Wilhelm Tell"-Inszenierung in Halle verdeutlicht:
„ Von dem im Grunde auf Restauration patriarchalisch- herkömmlicher Zustände gerichteten Bündnis, zugleich von des Autors konstruktiver Sicht auf die Dialektik politischer und moralischer Aspekte revolutionärer Notwendigkeit, wird hier nicht ohne Hintergründigkeit erzählt."
(STEPHAN 1981, 16)
Hier erscheint nicht nur nachvollziehbar, daßTheaterschaffendeüber die Kritik klagen, auch der Leser hat gute Gründe, auf eine derart gestelzte Ausdrucksweise mit Befremden zu reagieren.
1989 wird „Wilhelm Tell" - hier geht es um die Aufführung in Schwerin - nicht mehr aus der jahrzehntelang strapazierten Perspektive rezensiert. Jochen Gleiß' Kritik ist deutlich geprägt durch die aktuelle Situation der DDR wenige Monate vor der Grenzöffnung.
„ Vorgeführt wird die schiere Notwendigkeit zu handeln, die Abwehr immer drängenderer Unterjochung und das Bewußtwerden eigener Kraft. (...) Die Inszenierung deckt das demokratische Wesen ... gemeinsamen Handelns auf, seine Überlegenheit ebenso wie die Demagogie der Mächtigen Und die biederen Landleute wieder- holen staunend, fragend und mit frohen Reaktionen: Wir sind ein Volk? Die Szene gehört zum Spannendsten der ganzen Aufführung."
(GLEIß1989, 20f (Theater der Zeit))
Hier wird in eindeutiger Weise Stellung bezogen, hier haben sowohl Theater als auch der Rezensent ihren propagandistischen Auftrag abgelegt.
4.3 Zusammenfassung
Nur wenig Zeit verstreicht nach Kriegsende, bis dem Theater in Ostdeutschland bzw. in der DDR der Weg gewiesen wird - es solle realistisch sein, außerdem politisch. Das Theaterübernimmt eine pädagogische Funktion und unterstützt die Formung eines politischen Bewußtseins im Sinne des Sozialismus. Diese Funktion führt etwa dazu, daßStücke gespielt werden, in denen ein „positiver Held" mit Vorbildfunktion auftritt. Der künstlerische Anspruch ist dabei allzu oft nur nebensächlich.
Die Theaterkritik fügt sich hier nahtlos ein. Ihr erklärter Maßstab ist die gesellschaftliche Realität, später der „sozialistische Realismus". Ihre Aufgabe ist in erster Linie die Förderung eines sozialistischen Theaters, außerdem die Vermittlung zwischen Theater und Publikum. Die Beurteilung des künstlerischen Wertes ist nur zweitrangig - wenn der Inhalt stimmt, wirdüber künstlerische Unzulänglichkeiten gern hinweggesehen (wovon in den Reflexionen der Kritiker natürlich nicht die Rede ist). Damit beraubt sie sich weitgehend ihrer Bedeutung, denn ihre Maßstäbe bleiben weitgehend starr und unverändert. Als die Theaterkritik gegen Ende der siebziger Jahre (als Reaktion auf abnehmenden Publikumsinteresses am Theater) zunehmend auf den Leser ausgerichtet werden soll, ist eine neue Orientierung anhand der hier vorliegenden Rezensionen nicht festzustellen. Unverändert setzen einige Kritiker - zumeist die renommierten - durch sperrige Schachtelsätze die Verständlichkeit ihrer Kritiken herab, auch ist nach wie vor die eindeutige Mehrzahl der Rezensionen nach jenem starren Schema gegliedert, das bereits in den meisten nationalsozialistischen Theaterberichten zu finden war. Das Theater indes gewinnt während der achtziger Jahre sein Publikum teilweise wieder selbst zurück, indem es sich eine gewisse künstlerische Freiheit erkämpft.
Weitgehend unverändert bleibt dagegen die Systemkonformität der Theaterkritik, die bis zum Ende der DDR ihrem propagandistischen Auftrag gerecht wird. Selbst einschneidende Ereignisse wie die Ausweisung Wolf Biermanns 1976 wirken sich nicht auf die Theaterkritik aus, selbst gegen Ende der achtziger Jahre, als am Theater zunehmend kritische Töne zu vernehmen sind, weicht die Kritik erst im letzten Moment von ihrer jahrzehntelang geübten Regimetreue ab. Anzumerken ist allerdings, daßauf diese Weise mancher systemkritischen Inszenierung das Eingreifen der staatlichen Zensur erspart bleibt. Daher ist das Verhalten der Theaterkritik in den letzten Jahren der DDR nicht mit letzter Eindeutigkeit zu beurteilen.
5. Gegenwart: Das wiedervereinigte Deutschland
5.1 Das Theater
5.1.1 Die künstlerische Entwicklung des Theaters
Bereits gegen Ende der achtziger Jahre wird dem Theater vorgeworfen, daßes zu selten aktuelle Zeitgeschichte widerspiegele und somit einen Teil seiner künstlerischen Verantwortung unberücksichtigt lasse.207 Als Konsequenz ergebe sich daraus nun ein neuer Stellenwert des Theaters.
„ Das Theater muß... lernen, daßes angesichts revolutionärer Entwicklungen in der Mikrobiologie und in der Computertechno- logie, daßes angesichts riesigerökologischer und energiewirtschaft- licher Herausforderungen nicht mehr in einem zentralen Forum der Gesellschaft auftritt. Politische `Wirkung' hat heute fast nur noch das mittelbarste, aber vermeintlich realitätsnächste Medium, das Fern- sehen."
(BECKER 1/1990, 1)
Doch folge auf diese veränderte Situation keine entsprechende Kurskorrektur.
„ Das Theater laboriert heute an einer vielerorts deprimierenden oder Zynismus stiftenden Selbstüberschätzung und Selbstüber- forderung der Theatermacher, die von ihrer historisch geschrumpften Funktion als Aufklärer und Moralisten der Nation nicht Abschied nehmen können."
(BECKER 3/1990, 9)
Daraus ergibt sich, daß, wenn schon keine neuen Dramenüber aktuelle Themen vorhanden sind, eben ältere Dramen und vor allem Klassiker politisch und ästhetisch modernisiert auf die Bühne gebracht werden. Umgekehrt finden sich kaum werktreue Inszenierungen von Klassikern - woraus sich ein Dilemma ergibt: Rasches Reagieren auf Zeitgeschichtliches werde durch Modernisierung von Klassikern zu suggerieren versucht; im Endeffekt werde das Ziel jedoch nicht erreicht, statt dessen litten die Klassiker oftmals unter der Aktualisierung.208
„ Darüber freuen sich nur Zuschauer, die ... dieses Textes seit ihrer Schulzeit bis zum Erbrechenüberdrüssig sind. (...) Der Klassiker wird neutralisiert und zum gleichgültigen Anlaß. Für Virtuosität. Für Wutanfälle. Für Kulissenverschiebungen. Für die Bekundung der eigenen Malaise."
(KAISER 1993, 93)
Nicht nur vermag es das Theater nach Ansicht dieser Autoren nicht, auf Aktuelles zu reagieren, auch werde die Verwaltung des kulturellen Erbes immer stärker vernachlässigt.
Vernachlässigt wird in den ersten Jahren der deutschen Einheit zunächst auch der künstlerische Austausch zwischen Ost und West. Nur zögerlich werden westdeutsche Spielpläne mit DDR-Dramatik angereichert. Umgekehrt spielt man auf den Bühnen der fünf neuen Bundesländer viele ehemals verbotene Stücke. Insgesamt erweist sich die Wiedervereinigung für das Theater jedoch als ein es bereichernder Faktor.209 Fraglich bleibt hingegen, ob das Theater auch die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten mitgestalten helfen kann, ob das deutsche Theater bei der Ausbildung einer gesamtdeutschen kulturellen Identität mitwirken kann, wie es das im 18. und 19. Jahrhundertüber die Grenzen der Kleinstaaten hinweg vermochte. Denn Wirtschafts- und Währungsunion allein verbinden Staaten, aber nicht unbedingt auch Menschen.210 Immerhin wird allenthalben darauf verwiesen, daßdas Theater noch immer Beachtliches leiste (meist beginnen die folgenden Sätze allerdings mit einem großen „Aber" 211 ):
„ Um seinen unbestreitbaren Reichtum wird das deutschsprachige Theater in Ost und West beneidet."
(BECKER 1991, 1)
Und diesen Umstand gilt es - bei aller berechtigten Kritik - nicht aus den Augen zu verlieren.
5.1.2 Die Bühnen und die Theaterschaffenden
Aus dem Spannungsfeld zwischen künstlerischen Ideen und wirtschaftlichen Zwängen resultieren verschiedene Folgeerscheinungen. Besonders Regisseure und Intendanten stehen unter dem Druck, den Publikumserfolg anzustreben und dennoch einen künstlerischen Anspruch aufrecht zu erhalten. Ent-sprechend kurzlebig sind bisweilen deren Engagements; entsprechend umworben sind allerdings auch angesehene Namen, was zu teilweise horren-den Gagen führt - angesichts der allgemeinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ein Paradoxon. Peter Eschberg verdient 1991 als Schauspielintendant in Frankfurt am Main 360.000 Mark.
„ Solidarität mit den Kollegen im deutschen Osten, Skrupel gar bei solch privater Bereicherung in Zeiten wachsenderöffentlicher Schuldenlasten? Peter Eschberg: „Ich habe um diese Gage nicht gepokert, sondern sie ... sofort angeboten bekommen. (...) Aber den Antrieb, zu sagen `Das ist mir zuviel' - habe ich nun auch grad nicht. Wer hätte den schon? (...) Ich gebe zu, jetzt reicht's.""
(BECKER 1991, 5)
Hier wird bereits ein bedeutendes Problem genannt: die desolate wirtschaftliche Situation der Theater in den fünf neuen Bundesländern. Die ehemalige DDR verfügtüber „ das dichteste Theaternetz der Welt, künstlich ... geflickt durch Bundesmittel" (KRUG 1992, 9). Erscheinungen wie „ die berühmte Thüringer Kette - alle 20 Kilometer ein Theater oder ein Orchester" (KRUG 1992, 9) rufen schnell Forderungen nach Theaterschließungen hervor. Diese ungewisse Zukunft der ostdeutschen Theater wird zudem in die Hände neuer Kulturminister gelegt, die nicht in der Lage sein können, anstehende Probleme sachkundig zu lösen, da sie alle aus theaterfremden Bereichen kommen - die Bandbreite reicht vom ehemaligen Chemiedozenten in Thüringenüber die ehemalige Russischlehrerin in Sachsen bis zu einem ehemaligen Pastoren in Mecklenburg-Vorpommern.212
„ Nichts gegen Unbekannte in der Politik und im Leben. Nur ist es ein Armutszeugnis, wenn angesichts der Bedeutung und Sensibilität der Materie in keinem einzelnen Fall durch die Person oder ein Programm ein erkennbares Zeichen gesetzt wurde."
(BECKER 1991, 4)
Eine der wenigen positiven Botschaften zu Anfang der neunziger Jahre erweist sich außerdem auch noch als statistische Irreführung: Angeblich sei im Jahre 1992 die Zahl der Theaterbesuche in den fünf neuen Ländern gestiegen. Daßfür diesen Erfolg jedoch ausschließlich der Musicalboom verantwortlich ist, das Schauspiel jedoch weiteren Besucherschwund zu beklagen hat, wird vornehm verschwiegen.213
Ursachen, die nicht ohne Folgen bleiben: den Forderungen nach Theater-schließungen wird nachgegeben. Besonderer Signalcharakter kommt dabei der Schließung des Berliner Schillertheaters zu, denn damit wird ein „ für unantastbar gehaltenes Symbol derbürgerlichen Hochkultur" (MERSCHMEIER214 1992, 14) eben doch angetastet. Die Krise des Theaters kann jedoch nicht (allein) durch ein Theatersterben beendet werden; zukunfts-trächtige Konzepte sind allerdings auch nicht zu finden, Ratlosigkeit bestimmt die derzeitige Situation. Einigkeit herrscht lediglich in einem Punkte:
„ Für die Entwicklung eines neuen Theaters, das auf die Bedürfnisse eines von der modernen Medienwelt geprägten Publikums antworten kann, taugt das altgediente Stadttheatersystem nicht mehr, solange es sich nichtöffnet für kreative Veränderung."
(KRUG 1992, 9)
5.2 Die Theaterkritik
Nicht nur das Theater befindet sich in einer Krise, auch im Zusammenhang mit der Theaterkritik wird offen von einer Krise gesprochen.215 Objektiv festzustellen ist immerhin ein abnehmendes Interesse des Theaters an der Theaterkritik. Als Begründung wird seitens Theaterschaffender einerseits die zunehmende Leserorientierung und abnehmende Theaterorientierung der Kritik, andererseits eine gelegentlich arrogante Haltung der Theaterkritik ihrem Gegenstand gegenüber angegeben.
„ Es ist schon ein verrücktes Verhältnis zwischen den Künstlern und der Presse. Entweder wir ignorieren euch oder wir sind getroffen, wenn ihr uns verreißt oder bejubelt. (...) Der hehre Anspruch, daßdie Kritik unsere Arbeit befruchtet, bleibt vollkommen unerfüllt."
(BIERBICHLER 1991, 38)
Es ist jedoch naheliegend, daßein weiterer Grund von Bedeutung ist für die ablehnende Haltung des Theater der Theaterkritik gegenüber: In Zeiten, in denen sich das Theater zunehmend unter Legitimationszwang sieht, kann Kritik nur unerwünscht sein. Jeder Verrißeiner Inszenierung kann Wasser auf die Mühlen derer sein, die Kritik am staatlich subventionierten Theatersystemüben.
Der vielgerühmte Schauspieler Bierbichler spricht weiterhin von einem Mißverhältnis: Während die Presse in großer Auflage jede mögliche Halb- oder Unwahrheit verbreiten könne, bleibe den Künstlern nur der Theaterraum zur Rechtfertigung. So sieht er eines Tages nur eine Möglichkeit, auf eine von der Süddeutschen Zeitung verbreitete falsche Behauptung aufmerksam zu machen: er gibt dem Verfasser eine Ohrfeige. Auch andernorts bekommen Kritiker die Ablehnung seitens der Theater zu spüren. Die Berliner Volksbühne verwehrt 1990 bei zwei Inszenierungen dem Theaterkritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Gerhard Stadelmaier, den Zutritt. Als Privatperson jedoch dürfe er den Premieren beiwohnen. Eine derartige Aussperrung bleibt kein Einzelfall. Wo dem Kritiker Einlaßgewährt wird, ist dann oftmals seine zweite Freikarte bedroht. Hier und da wird sie komplett gestrichen, in Lübeck dagegen richtet man sich mit finanziellen Wünschen an Nutznießer dieser Freikarte, etwa an die Gattin Gerhard Stadelmaiers:
„ Sie soll auch mit nach Lübeck fahren, aber das, was ihr Mann auf seine Weise runtermacht, auf ihre Weise wieder aufbauen: mit einem „Theatertaler" im Werte von mindestens drei Mark."
(STADELMAIER 1992, 25)
Im Zürcher Schauspielhaus weist 1991 eine Kassenhüterin einen Kritiker in seine Schranken - dessen äußerst schlechten Platz gegen einen besseren umzu-tauschen sei unmöglich, schließlich handele es sich doch um eine Gratiskarte. Im Bochumer Schauspielhaus schließlich ist der Kritiker gar Beschimpfungen ausgesetzt:
„ Warum der Kritikerüberhaupt komme, wenn es ihm dann doch nicht gefalle, hießdes Tänzers rhetorische Frage, deren Wiederholungen mit dem Hinweis untermischt waren, des Kritikers H äßlichkeit stoße den Tänzern sauer auf."
(SCHMIDT 1993, 38)
Allerdings herrscht bei Theaterschaffenden keineswegs Einigkeit darüber, welcher Kritiker denn nun genehm und welcher unerwünscht ist. In einer 1990 von Theater heute unter Theaterkünstlern durchgeführten Umfrage216 finden sich Benjamin Henrichs, Gerhard Stadelmaier, Peter Iden und C.Bernd Sucher jeweils in den Top-ten wieder - und zwar zugleich in den Kategorien „ Die Lieblingskritiker" und „ Die ungeliebtesten Kritiker" (RISCHBIETER (Hrsg.) 1990, 49). Immerhin sind auch Theaterschaffende nicht gänzlich frei von Verständnis für den ihnen in Haßliebe verbundenen Theaterkritiker. So gibt Peter Zadek selbstkritisch zu:
„ Als Kritiker, der sich all das ansehen muß, würde ich mich wahrscheinlich erschießen."
(ZADEK, in: STADELMAIER 1993/IV, 245)
Im Zuge oben beschriebener Affronts, Aussperrungen und Handgreiflichkeiten gegen ihresgleichen verweisen etliche Kritiker auf eine neue Funktion von Theaterkritik: die einer demokratischen Kontrollinstanz. Angesichts der beträchtlichen staatlichen Subventionen, die dem Theater ein Überleben ermöglichten, sei eine Überwachung seitens der Kritik notwendig.217
Dem Theater dagegen erscheint die Theaterkritik als Serviceleistung wünschenswert. Derartige Wünsche seitens des Theaters beschreibt Gerhard Stadelmaier:
„ Es gilt, die Dinge aufzubereiten, vorzuschmecken, die Leute zu animieren. Man mußLaune machen, nicht die Laune verderben. (...) Gefordert sind die wohltemperierte Einfühlung und wohlwol- lende Berücksichtigung von allem und jedem: Quatsch und Genie und Wahnsinn und Blabla und Heureka. (...) Man mußder Szene dienen."
(STADELMAIER 1991, 55)
Inwiefern die Theaterkritik diesem Wunsch nachkommt und als Dienstleistung funktioniert218, wird anhand einzelner Rezensionen zuüberprüfen sein. In Stuttgart wird 1995 von einem Kritiker ein gänzlich anderer Weg beschritten, dem Theater aus der Krise zu helfen. Oft wird jene alte Weisheit zitiert, daßKritiker wie Eunuchen seien - sie wüßten, wie es gemacht wird, selbst könnten sie es jedoch nicht;219 hier versucht Klaus B. Harms, Feuilletonchef der Stuttgarter Nachrichten, den Gegenbeweis anzutreten. Und das löst heftige Debatten aus, die von einiger Aussagekraftüber das Verhältnis zwischen Theater und Kritik sowie beider Zustand sind.
Der Journalist Klaus B. Harms verfaßt ein Bühnenstücküber die Realitäts-ferne des deutschen Theaters, der Titel: „Alles Theater". Angeprangert wird darin, daßdas Theater zu so vielen aktuellen Problemen so wenig oder garüberhaupt nichts zu sagen habe. Harms schickt das Werk dem Stuttgarter Schauspielintendanten Friedrich Schirmer zu mit dem Vermerk „top secret". Dessen Kommentar: „ Es war der schlechteste Text, den ich je gelesen habe." (SCHIRMER 1995, in: HENKEL 1995, 11). Seitdem werden Schirmers Inszenierungen von Harms durchweg verrissen.220 Von seinem Werk immer nochüberzeugt, stellt Harms es in Rahmen einer Lesung in einer Buchhandlung öffentlich vor. Im Publikum sitzt dabei Schirmers Dramaturg Andreas Marber.
„ Er hat das Stück bei Niedlich vorgelesen der Abend war wirklich der Brüller saßen da im Keller und hörten uns einen vollkommen unsäglichen Text an ich meine, wie kann man sich absichtlich und ohne Gage so blamieren."
(MARBER 1995, in: MAUßHARDT 1995)
Kurzentschlossen verarbeitet Marber die gesamte Affäre zu einem Bühnen-stück: „Die Lügen der Papageien". Sämtliche Namen werden offen genannt, Harms wird förmlich mit Hohn und Spottübergossen. Am 4.11.1995 führt Leander Haußmann das Stück in Bochum erstmals auf. Zu diesem Zeitpunkt ist Klaus B. Harms jedoch schon lange nicht mehr Feuilletonchef der Stutt-garter Nachrichten - bereits am 14.7.1995 wurde ihm gekündigt.
Am Rande spielt sich noch eine kleinere Affäre ab, in der die Theaterkritiker Christoph Müller (Südwest Presse und Theater heute) und Gerhard Stadelmaier (Frankfurter Allgemeine Zeitung) die Hauptrollen spielen. Müller sendet die in Worte gefaßten Stuttgarter Vorgänge Stadelmaier zu, auf daßsie in der FAZ veröffentlicht werden mögen. Stadelmaier lehnt ab, erzählt den Inhalt des Manuskriptes jedoch seinem Kollegen von der Stuttgarter Zeitung, Johannes Auch, weiter, der daraufhin exklusiv den Skandal ans Licht der Öffentlichkeit bringt. Müller kann seinen Artikel gerade noch bei dem Stadt-magazin Prinz unterbringen. Die Differenz zwischen dem Prinz - und dem FAZ -Honorar versucht er indes gerichtlich einzuklagen.221
Deutlich wird einerseits, wie sehr die Theaterkritik journalistischen Prinzipien unterworfen ist, andererseits läßt sich an diesem ganzen Vorgang ablesen, welche Rolle bisweilen persönliche Befindlichkeiten spielen. In erschrecken-dem Maße spiegelt dieser Fall wider, was schon zehn Jahre zuvor diagnosti-ziert wurde:
„ Schauspieler, Regisseur und Kritiker arbeiten kaum mehr Hand in Hand, nur selten spiegelt Kritik die theatralische Leistung in einer einl äßlichen, wieder aufs Metier zurückwirkenden, es fördernden Reflexion."
(STOESSEL 1984, 55)
Wo persönliche Befindlichkeiten anstelle sachbezogener Kriterien das Urteil bestimmen, ist eine Transparenz des Urteils nicht mehr gegeben. Entsprechend sind die Namen, die Theaterkritiker ihresgleichen geben: „ Prediger und/oder Scharlatan"(WILLE 1993, 1), „ Kellner" (STADELMAIER 1991, 55).
„ Ein paar Kritikerexemplareüberleben noch in Reservaten, unantastbaren Gefilden wirklich großer Zeitungen in Frankfurt oder Hamburg. (...) Deshalb schaffen Chefredakteure kleinerer und mittlerer und mittelgr ößerer Zeitungen die Stellen für Theaterkritiker ab und schaffen Stellen für Kulturreporter, Lokalschmonzetteure und Feelingpfadfinder."
(STADELMAIER 1991, 55)
In der Tat ist auch dies ein Umstand, der bei aller Kritik an der Kritik nicht zu vergessen sei: daßes eben immer noch Theaterkritiker gebe, die ihrer Aufgabe und ihrem Anspruch gerecht würden.
In seinem 1993 veröffentlichten Buch Letzte Vorstellung - Eine Führung durchs deutsche Theater führt Gerhard Stadelmaier nicht nur durch das Theater, sondern auch durch die gegenwärtige deutsche Theaterkritik - und das in einer bei anderen Autoren selten zu findenden Klarheit.222 Er unterscheidet die vom Aussterben bedrohte Spezies „Theaterkritiker" in drei Arten und vier Typen. Zunächst zu den Arten, als deren erste Stadelmaier den Lokalkritiker anführt: Die Grenzen seiner Stadt seien zugleich die Grenzen seines Theaterhorizonts, dafür rezensiere er jedoch nicht nur, sondern mische sich in alle das Theater betreffenden Angelegenheiten seiner Stadt. Verrisse oder großes Gejubel seien von ihm selten zu lesen, statt dessen lese man stets ein wohltemperiertes Urteil. Dann der jüngere Kollege: Er besuche hier und da Aufführungen und verkaufe seine Rezensionen an mehrere kleinere bis mittlere Tageszeitungen, verfüge jedochüber keine umfassende Über- und Weitsicht. Schließlich der Großkritiker: Mit reichem Erfahrungshintergrund sowie einem Leuchtkugelschreiber bewaffnet und zwischen ICE, Hotel und Parkettplatz pendelnd, verfolge er die bedeutenden Theaterereignisse in der gesamten Republik. - Nun zu den Typen. Der erste Typus des Kritikers sei „ der Kollege des Lesers" (STADELMAIER 1993/IV, 272), der durch anschauliche Beschreibung sowie transparente Urteilsbegründung den Leser in die Lage versetze, sich ein eigenes Urteil bilden zu können. Der zweite Typus betrachte seine Leser dagegen als „ die unmündigen Studenten eines theaterwissenschaftlichen Seminars" (STADELMAIER 1993/IV, 273) und behandele sie dementsprechend. Dem dritten Typus seien nicht allein die jeweilige Inszenierung, sondern vor allem die kulturpolitischen Hintergründe von Bedeutung, entsprechend lasse er dies ungehemmt in seine Rezensionen einfließen. Der vierte Typus schließlich „ richtet nicht, er berichtet" (STADELMAIER 1993/IV, 275); er begleite das Theater mit schönen Worten und vermeide alles Verletzende - ein „ Märchenerzähler" (STADELMAIER 1993/IV, 275). Jeder Kritiker sei nicht ausschließlich einem der vier Typen zuzuordnen, sondern vereine zugleich verschiedene Züge in sich.223
Diese ausführliche wie zutreffende Kategorisierung soll hier als abschließende Darstellung der gegenwärtigen Theaterkritik stehen.224
5.2.1 Die Theaterkritiken
5.2.1.1 Rolf Hochhuth: „Wessis in Weimar"
Fast exakt dreißig Jahre nach der „Stellvertreter"-Premiere wird 1993 in Berlin Rolf Hochhuths „Wessis in Weimar" uraufgeführt. Die Theaterkritik ist sich in zwei Punktenüberwiegend einig: „Wessis in Weimar" sei ein typisches Hochhuth-Stück, die Inszenierung von Einar Schleef sei eine typische Schleef-Inszenierung. Günther Rühle (Der Tagesspiegel) hält sich bezüglich Hochhuths zurück:
„ Die Definitionen seiner Schwächen brauchen derzeit keine Ergänzung."
(RÜHLE 1993)
Die meisten Rezensenten ergehen sich dennoch in darin. Stellvertretend soll Roland H. Wiegenstein (Frankfurter Rundschau), dessen polemische Worte nicht nur auf das Werk, sondern schon auf die Person Hochhuths zielen, zitiert werden.
„ ... seine Welt ist seit je manichäisch tiefschwarz oder schneeweiß... Warum der Moralist und selbsternannte Bundesrichter derart vom Geld fixiert ist, mögen Psychoanalytiker ergründen; daßer damit nachbetet, was Vulgärmarxisten schon immerübers „Kapital" gesagt haben, mag ihm die Parteinahme für die, die er für „kolonisiert" hält, 225 erleichtert haben."
(WIEGENSTEIN 1993)
Uneinig ist sich die Theaterkritik darüber, inwiefern Einar Schleef mit seiner Inszenierung der Vorlage gerecht werde.226
„ Hat es ... eine bessere „Hochhuth-Aufführung gegeben als die jetzt in Berlin zu sehende, die - wie Hochhuth jammert - „gar kein Bühnenbild hat", die keineswegs „quälend langweilig" ist und schon gar nicht „ohne politisches Dynamit", wie Hochhuth schmollt?"
(MICHAELIS 1993 (Die Zeit))
Roland Müller (Stuttgarter Zeitung) schreibt Gegenteiliges:
„ Der Regiearbeit fehlt jegliches politisches Dynamit", sagte der verdrießlich gestimmte Hochhuth bei der Bühnenpräsentation. Er sollte recht behalten. Einar Schleef ... hat Hochhuth aufs gründlichste entpolitisiert."
(MÜLLER 1993)
Widersprüchliches wird auchüber die Publikumsreaktionen geschrieben:
„ Der begeisterte Applaus gehörte Einar Schleef und den Schauspielern des Berliner Ensembles."
(RUDIGIER 1993 (Hamburger Abendblatt))
Doch was hört Wolfgang Höbel (Süddeutsche Zeitung)?
„ Am Ende Jubel und Buhgeschrei ..."
(HÖBEL 1993)
Insgesamt ergibt sich aus der Summe der Rezensionen ein umfassendes Bild - jede denkbare Position wird umrissen und mit reichlichen Begründungen gewappnet. Damit wird dem Leser eine gründliche Meinungsbildung ermöglicht - sofern er mehrere Kritiken liest. Oder aber bloßdie von Gerhard Stadelmaier (Frankfurter Allgemeine Zeitung): Seine Rezension stellt eine Ausnahme dar, sie ist ein grandioser Balanceakt zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie, sie läßt sich auf verschiedenerlei Weise lesen und beinhaltet damit im Grunde jede Position. Es kommt nur auf die Lesart an.227 Allerdings wird in allen Rezensionen verschwiegen, daßes im Vorfeld der „Wessis in Weimar"-Premiere am 10.2.1993 Unstimmigkeiten darüber gab, ob Kritikerüberhaupt der Premiere beiwohnen würden. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28.1.1993 klagt Gerhard Stadelmaier, daßdie Theaterkritik ausgesperrt sei:
„ Erst zur dritten Vorstellung ... sind Kritiker zugelassen. (...) So ist man bei der Uraufführung dort, wo man sowieso am liebsten ist im deutschen Theater: unter sich. Der Laden gehört offenbar nicht der Öffentlichkeit, die mit Steuergeldern das Berliner Ensemble im Jahr mit 23,5 Millionen Mark subventioniert und rechtzeitig unterrichtet werden möchte, was so läuft."
(STADELMAIER 1993/I)
Dieüberwiegende Mehrzahl der Rezensionen wird jedoch am 12.2.1993, zwei Tage nach der Premiere also, veröffentlicht - offenbar können sich die Kritiker doch die Premiere ansehen. Leider ist nicht dokumentiert, ob sie sich mit offiziellen Karten oder durch irgendwelche Hintertürchen Zugang zum Berliner Ensemble verschafft haben.
5.2.1.2 Andreas Marber: „Die Lügen der Papageien"
Bereits in Kapitel 5.2 sind die Vorgänge dargestellt, die diesem Stück zugrunde liegen. Im November 1995 bringt Leander Haußmann „Die Lügen der Papageien" auf die Bühne der Bochumer Kammerspiele. An den Rezen-sionen der Premiere ist zu erkennen, daßdie regionale Herkunft des jeweiligen Rezensenten nicht ohne Einflußauf die Beurteilung von Stück und Inszenierung ist.
Roland Müller (Stuttgarter Zeitung)228 leitet seine Kritik mit folgendem Satz ein:
„ Wen soll das eigentlich interessieren?"
(MÜLLER 1995)
Später folgt die Ausführung:
„ In den „Papageien" werden ... keine politischen Ideen, keine sozialen Milieus, keine seelischen Befindlichkeiten verhandelt. Nichts von alledem findet auf der Bühne statt, nur eines: Theater, Theater, Theater. (...) Interessiert das jemanden? Eigentlich nicht."
(MÜLLER 1995)
Diese Position ist bekannt. Klaus B. Harms löste die gesamte Affäre durch ein selbstgeschriebenes Theaterstück aus, in diesem Theaterstück wird bemängelt, daßdas deutsche Theater zu wenig von die aktuelle Realität widerspiegele.229 Dieser Vorwurf wird von Roland Müller in der Stuttgarter Zeitung nun erneuert. Auch die Regie Leander Haußmanns wird mit negativen Worten bedacht, Müllers Rezension endet mit der These, daß„ in Bochum jetzt eine Spaßguerilla die Machtübernommen" (MÜLLER 1995) habe.
Stephan Heuschen (Schwäbisches Tagblatt) sieht in Marbers Stück und Haußmanns Inszenierung einen „ Klischee-Reigen" (HEUSCHEN 1995) und spricht weiterhin von einem „ krawalligen Schmierentheater" (HEUSCHEN 1995). Jürgen Berger (Schwäbische Zeitung) schließlich gefällt sich in der Rolle des „einsamen Weisen", der als einziger den Durchblick nicht verloren zu haben glaubt:
„ Merkwürdig am ganzen Vorgang: keiner scheint zu bemerken, daßes intelligentere Beschäftigungen des Theaters mit sich selbst gibt."
(BERGER 1995)
Daßdie Angelegenheit nicht endlich zur Ruhe kommt, nimmt er zum Anlaß, Fairneßzu predigen:
„ Im Stadion des VFL Bochum ... hätte es die rote Karte wegen „üblem Nachtreten" gegeben."
(BERGER 1995)
Im Gegensatz zu diesen drei Rezensenten aus der Umgebung Stuttgarts urteilen die Kritiker derübrigen Republik fast ausnahmslos deutlich moderater.
Was Stephan Heuschen als „ Klischee-Reigen" (HEUSCHEN 1995)) bezeich-net, nennen andere „ Klamottenspaß" (THIERINGER 1995 (Süddeutsche Zeitung)), „ köstliche Parodie" (SCHRAHN 1995 (Ruhrnachrichten)) oder „ brillante Theaterklamotte" (GLAUBER 1995 (Neue Ruhrzeitung)). Allgemein wird Haußmanns Regieleistung gelobt. Da ist etwa die Rede von „ tadellos inszenierten 80 Minuten" (SERRER 1995 (Bonner General-anzeiger)), und wo Heuschen von einem „ krawalligen Schmierentheater" (HEUSCHEN 1995) spricht, sieht Glauber „ Haußmanns leichte, komö-diantische, witzig-freche Inszenierung" (GLAUBER 1995).
Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, ob das Stück nur für „Insider" von Interesse sei. Jene Kritiker, die es eben so sehen, unternehmen jedoch meist keinen Versuch, aus Außenstehenden „Insider" zu machen. Arnold Hohmann (Westfälische Rundschau) etwa konstatiert:
„ Da lacht, wer sich auskennt hinter den Kulissen, dem großen Rest ist's ein arg simpel gestricktes Stück Theaterrealismus ..."
(HOHMANN 1995)
Dennoch verwendet Hohmann keine Zeile dafür, die Vorkommnisse zu erläutern, die den „Lügen der Papageien" zugrunde liegen. Der künftige Theaterbesucher wird durch solche Rezensionen nicht in die Lage versetzt, sich - um die Hintergründe nun wissend - ebenfalls zu amüsieren.
Insgesamt messen die Kritiker dem Stück allerdings einhellig keine besondere Bedeutung oder hohen künstlerischen Stellenwert bei. Sie nähern sich dem Ganzen im Gegensatz zu den Rezensenten aus dem Stuttgarter Raum jedoch meist ohneübermäßige Verbissenheit, dafür mit Humor. Andreas Rossmann (Frankfurter Allgemeine Zeitung) zitiert eine Frage, die im Foyer des Bochumer Schauspielhauses aushing: „ Haben Kritiker Humor?" (ROSSMANN 1995); Alfred Huber (Mannheimer Morgen) beantwortet die Frage gleich mit seinem Einleitungssatz: „ Haben wir gelacht!" (HUBER 1995).
5.2.1.3 Friedrich von Schiller: „Wilhelm Tell"
Für großes Aufsehen sorgt 1991 Frank Castorfs „Wilhelm Tell"-Inszenierung in Basel. Dieses Aufsehen resultiert aus der Tatsache, daßCastorf das Schiller-Drama nur als Vorlage nutzt und äußerst frei umsetzt.
„ Frank Castorf will provozieren ... Doch dieses Konfrontationsritual mit fest verteilten Rollen versperrt immer mehr den differenzierten Blick auf Stärken und Schwächen von Castorfs Theater. Wer sich mit ihm fruchtbar auseinandersetzen will, sollte es ... keinesfalls von vornherein in eine der beiden zuverlässig offenstehenden Schubladen stecken: weder in die der notorischen Naserümpfer noch in die der zu jedem progressiven Jubel finster entschlossenen Fans."
(JÖRDER 1991, 10 (Theater heute))
Mancher Kollege Jörders tut sich jedoch schwer damit, sich fruchtbar mit Castorfs Inszenierung auseinanderzusetzen. Jürg Laederach erinnert sich in Theater heute:
„ ... schon beim zweiten Mal, als ich drinsaß, hatte das Publikum die Fastnachts-Qualitäten der Aufführung erkannt und lachte sich (breitärschig, if you see what I mean) tot."
(LAEDERACH 1991, 139)
Helmut Schödel (Die Zeit) vermißt Logik, klare Linie und Nachvollziehbarkeit und urteilt abschließend:
„ Ein Western aus Uri oder Die Dummheit siegt."
(SCHÖDEL 1991)
Ähnlich wirr und wenig verständlich (wie er die Inszenierung empfindet) schreibt er auch seine Rezension.
„ Der böse Gessler ist bei Castorf ein junger, schlaksiger, kluger Typ, Tell ein mittelm äßiger Tölpel. Gessler drückt ihm die Zeit in die Hand, aber Tell kann kaum lesen. Er tanzt lieber Walzer, während Gessler uns ein Shakespeare-Sonett vorträgt. Gessler kennt auch seinen Nietzsche aus dem Effeff."
(SCHÖDEL 1991)
Eben dieser Sachverhalt wird von C. Bernd Sucher (Süddeutsche Zeitung) sehr viel anschaulicher gedeutet.
„ Gessler, der menschenverachtende Zyniker, repräsentiert bei Castorf alle Politiker, Menschheitsunrecht. Und er ist ... ein Intellektueller, ... der sich aus Langeweile manchen groben Scherz erlaubt mit den hirnrissigen Hirten, den blöden Bauern, den jämmerlichen Jägern 230. Er verachtet diese Analphabeten, die, zum Vorlesen gezwungen, Buchstabe um Buchstabe aus der Zeitung auflesen und ausspucken, während er Shakespeares Sonette zu rezitieren weißund obendrein Kluges, Trauriges, Apokalyptisches von Nietzsche und Bataille."
(SUCHER 1991)
Auch sonst tritt dieser Rezensent hier durch sachliche Beschreibung, angemessenes Lob wie auch angemessene Kritik hervor (ohne, wie viele seiner Kollegen, ins Polemische zu verfallen oder Extrempositionen zu beziehen). Als einziger ermuntert er Castorf sogar, seine Linie noch vorbehaltloser zu verfolgen, der Textvorlage noch geringeren Stellenwert beizumessen. Damit bildet er ebenfalls eine Ausnahme: Während die meistenübrigen Rezensionen wie ein an den Leser gerichteter Appell wirken, bloßdiese Inszenierung nicht zu besuchen, richtet Sucher einen Teil seiner Rezension an den Regisseur, bleibt dabei jedoch ansonsten durch die klaren Beschreibungen und sicheren Deutungen auch für den Leser verständlich und hilfreich.
Ebenfalls eine - wengleich völlig anders geartete Sonderstellung - nimmt die in Theater der Zeit veröffentlichte „Rezension" von Carlo Bernasconi ein. Es ist, deswegen die Anführungszeichen, keine „Rezension", sondern ein offener Brief an den Schweizer Bundesrat. Dieser Brief ist als Affront zu werten.
„ Natürlich mußich Sie als gute Schweizer zunächst vor Castorf warnen."
(BERNASCONI 1991, 20)
Im weiteren Verlauf beschreibt er, inwiefern diese Inszenierung einem Schweizer mißfallen müßte, versucht jedoch zugleich, Castorfs schonungs-losen Umgang sowohl mit „Wilhelm Tell" als auch mit der Schweiz zu rechtfertigen.
„ Nur bezweifle ich, daßSie so weit noch zu denken vermögen. (...) Übrigens: In Castorfs Tell-Variationen habe ich mehrüber die Schweiz erfahren als ich ihm zugetraut hätte. Dem Instinkt des Künstlers ist doch mehr zu trauen als jenem des Politikers."
(BERNASCONI 1991, 20)
Leider erfährt der Leser aus diesem gleichermaßen lapidaren wie polemischen Brief kaum mehr als die persönliche Meinung des Autorenüber die Schweiz. Diese Rezension ist ein Versuch, anhand von Castorfs Inszenierung eigene Gedanken zu kundzutun. Der Kritiker als Gegenschöpfer? Das wirkt wie ein Relikt aus der Weimarer Republik. Insgesamt also ein disparates Bild: Neben Kritikern, die mit wenig nachvollziehbaren Urteilen und nicht minder verwirrenden Einordnungen die Kritikerschelte eines Gerhard Stadelmaier231 gerechtfertigt erscheinen lassen, belegen andere Rezensenten mit klaren Worten und anschaulicher Urteilsfindung abermals, daßdie Kritik an der Kritik nicht zu verallgemeinern ist. Darüber hinaus relativieren C. Bernd Suchers an Castorf gerichtete Ermunterungen jenen undifferenzierten Vorwurf, den der Schauspieler Bierbichler an die Theaterkritik richtet:
„ Der hehre Anspruch, daßdie Kritik unsere Arbeit befruchtet, bleibt vollkommen unerfüllt."
(BIERBICHLER 1991, 38)
Ganz so vollkommen unerfüllt bleibt er also doch nicht.
5.3 Zusammenfassung
Der Zusammenfassung des dritten Kapitels dieser Arbeit ist hier nicht viel hinzuzufügen. Nach wie vor wird die Theaterkritik aus den eigenen Reihen getadelt, doch treffen die geäußerten Kritikpunkte nicht generell auf alle Rezensenten zu, ähnlich verhält es sich mit den positiven Äußerungen. Allerdings spitzt sich in den neunziger Jahren der Konflikt zwischen dem Theater und der Kritik zu: Kritiker werden ausgesperrt oder gar tätlich angegangen. Die Theaterkritik sei nicht hilfreich für das Theater und schreibeüberdies am Leser vorbei, daher wird seitens Theaterschaffender gefordert, daßsich die Kritik stärker auf den Service ausrichten solle. Eine derartige Ausrichtung ist jedoch (noch?) nicht in bedeutendem Umfang zu beobachten - an der Theaterkritik hat sich grundsätzlich nichts verändert.
Welche Rolle persönliche Befindlichkeiten bei Theaterschaffenden wie auch bei Kritikern im Umgang miteinander spielen, läßt sich an zwei Beispielen zeigen: Klaus B. Harms, Feuilletonchef der Stuttgarter Nachrichten, reagiert säuerlich, als sein Stück „Alles Theater" vom Stuttgarter Schauspiel-intendanten Friedrich Schirmer abgelehnt wird und schreibt fortan Verrisseüber dessen Inszenierungen; die Theaterschaffenden sind sich hingegen höchst uneinig, welche Rezensenten beliebt sind und welche nicht - eine von Theater heute durchgeführte Umfrage gibt Aufschlußdarüber.
Zusammenfassung
In der Weimarer Republik ist das Theater von einer großen, in späteren Zeiten nicht wieder erreichten Bedeutung für die Gesellschaft. Aus dieser gesellschaftlichen Bedeutung resultiert der Stellenwert der Theaterkritik. Bei allgemeinem öffentlichem Theaterinteresse ist sie für alle Zeitungen von großem Wert, auf sie kann nicht verzichtet werden. Bezeichnend ist, daßgerade der Berliner Börsen Courier, eine Wirtschaftszeitung, mit Herbert Ihering einen der angesehensten Kritiker beschäftigt und darüber hinaus ein weiterer, ebenfalls renommierter Kritiker Chefredakteur dieser Zeitung ist: Emil Faktor.
Des öffentlichen Interesses zum Trotz sehen sich die Kritiker jedoch nicht als Journalisten und adressieren ihre Rezensionen nicht an Leser oder Theaterpublikum, sondern an das Theater. Sie verstehen sich als Wegbegleiter und -bereiter des Theaters, in extremen Fällen gar als Gegenschöpfer (wie etwa Alfred Kerr). Diese Eitelkeit birgt Gefahren, die sich etwa in dem auf Brechts Rücken ausgetragenen Streit zwischen Ihering und Kerr offenbaren. Abgesehen von persönlichen Befindlichkeiten, versetzt sie ihr allgemein sehr umfassender Bildungshintergrund in die Lage, mit neuen Formen der Theater-kunst zu Schritt zu halten.
Auch nach 1933 verläuft die Entwicklung von Theater und Kritik parallel. Beide Bereiche werden schnell und ohne großen Widerstand in die Kulturfront eingegliedert (viele Theaterschaffende und Kritiker, die zum Widerstand fähig wären, verlassen Deutschland oder werden ausgewiesen - was hätte ein Alfred Kerr angesichts der „Schlageter"-Inszenierung 1933 wohl an Häme mobilisiert und in Zeilen gegossen?). Das Theater stellt seine Spielpläne nach den Richtlinien der NSDAP zusammen, Hauptkriterium bei der Urteilsfindung ist nicht künstlerischer Gehalt, sondern die Gesinnung. So auch die gleichgeschaltete Theaterkritik -über mangelnden künstlerischen Gehalt und sogar geistige Armut wird hinweggesehen, solange die Gesinnung stimmt.
Ähnliches gilt für die Theaterkritik der DDR, wenn auch unter geänderten politischen Vorzeichen und in abgeschwächter Form. Theater wie auch Kritik sehenüber Klischees und Banalitäten hinweg, wenn der sozialistische Held oder der sowjetische Kampfgenosse nur positiv genug dargestellt sind. Die Theaterkritik ist einerseits an das Theater adressiert und soll die Ausbildung eines sozialistischen Theaters fördern helfen, andererseits soll sie jedoch auch als Vermittler zwischen Theater und Publikum fungieren. Letztgenannte Funktion gewinnt im Verlaufe der siebziger Jahre an Bedeutung, als die Theaterkritik das schwindende Publikumsinteresse am Theater wiederbeleben soll. Auf die während der achtziger Jahre zunehmende künstlerische Freiheit und langsam einsetzenden systemkritische Tendenzen des Theaters reagiert die Kritik nur spät oderüberhaupt nicht. Sie wartet erst ab, wie das Urteil der Regierendenüber Stücke wie Jewgenij Schwarz' „Der Drache" wohl ausfällt. Hieran läßt sich eine Entfernung vom Theater erkennen: Die Theaterkritik orientiert sich nicht an ihrem eigentlichen Gegenstand, sondern ist in ihrem Urteil bestimmt von der politischen Führung der DDR. Insgesamt wird die Theaterkritik der DDR ihrem Gegenstand nur in einem günstigen Falle gerecht, wenn nämlich Stück und Inszenierung gleichermaßen von hohem künstlerischen Gehalt wie politisch „unbedenklich" sind. Außerdem sind Rezensionen in der DDR meist nach einem typischen Schema konstruiert - Stück, Inszenierung, Schauspieler. Vergleichbares ist lediglich bei der Theaterkritik des nationalsozialistischen Deutschlands zu finden, hier wie dort ist diese Gliederung typisch.
p>In den Rezensionen der BRD ist dagegen keine typische Gliederung zu finden, wieüberhaupt die Theaterkritik der BRD deutlich facettenreicher ist als die der DDR. Wenngleich sie zunehmend an den Leser adressiert ist, so wird dennoch das Theater als Adressat nicht völlig außer Acht gelassen.
Vielfach wird Kritik an der Theaterkritik geäußert - die Maßstäbe seien nicht nachvollziehbar oder allzu starr, es werde Bildungsdruck auf den Leser ausgeübt, nebulöse Ausdrucksweise und fehlende Flexibilität bei der Begegnung mit Unkonventionellem stifteten Verwirrung. Stets - und das geht meist aus der Kritik an der Kritik nicht hervor - treffen die Kritikpunkte jedoch nur auf einen Teil, auf den geringeren Teil der Theaterkritik zu. Nachlässigübersehen werden dabei die sehr zahlreichen soliden bis guten Rezensenten sowie die einzelnen herausragenden Kritiker. Mitte der achtziger Jahre setzt eine Entwicklung zur Dienstleistung hin ein. Vor allem vom Theater wird gefordert, daßdas Publikum nicht länger durch Kritiken am Theaterbesuch gehindert werde - die kritische Würdigung seitens (naturgemäßnicht unfehlbarer) Kritiker stößt auf zunehmenden Mißmut. Kleinere Zeitungen geben bisweilen diesen Forderungen nach. Dessen unge-achtetüben vornehmlich beiüberregional erscheinenden Zeitungen nach wie vor Kritiker ihren Beruf aus, die diese Bezeichnung verdienen - sie richten sich nicht nur an ihre Leserschaft, sondern wirken auch auf das Theater. Eine völlig klare Unterscheidung zwischen Theaterkritik in regionalen undüber-regionalen Zeitungen ist insgesamt jedoch nicht mit völliger Eindeutigkeit herzustellen.
Daraus ergibt sich von der aktuellen Situation der Theaterkritik ein disparates Bild: Einerseits ist sie durch die hier und da Gestalt annehmende Tendenz zu Service-Text hin von der Aushöhlung bedroht, andererseits jedoch lange nicht so „heruntergekommen", wie es bisweilen von verschiedenen Seiten darzustellen versucht wird.
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(Ohne Autorenangabe) (1936): Volksgeschichte vor dem Volksgericht - „Das Frankenburger Würfelspiel" in der Dietrich-Eckart-Bühne. (Ohne Quellenangabe)244 21.8.1936.
[...]
1 Handelt es sich bei in dieser Arbeit zitierten oder sonst namentlich genannten Autoren um Theaterkritiker, so wird dies in Fußnoten kenntlich gemacht. Auch die Zeitungen, in denen der betreffende Kritiker seine Rezensionen veröffentlicht, sind - soweit das vollständig zu recherchieren ist - genannt. Quelle dieser Angaben ist allgemein SUCHER 1995. Bei Rezensionen ist die veröffentlichende Zeitung direkt angegeben. Auf zusätzliche Fußnoten wird dann verzichtet.
2 Theaterkritiker: 1954-1960 Frankfurter Neue Presse, ab 1960 Frankfurter Allgemeine Zeitung, ab 1991 Berliner Tagesspiegel
3 Vgl. MELCHINGER 1970, 3
4 Vgl. RÜHLE 1988, 11
5 Vgl. RÜHLE 1988, 47
6 Vgl. PISCATOR 1924, in: RÜHLE 1988, 30
7 Vgl. RUPPEL 1969, 546
8 Vgl. DAIBER 1969, 100f
9 Vgl. DAIBER 1969, 107
10 Vgl. RÜHLE 1988, 190
11 Vgl. DAIBER 1969, 116
12 Vgl. SUCHER (Hrsg.) 1996, 348ff
13 Hier zeichnet sich bereits eine Entwicklung ab, die in den zwanziger Jahren ganz Berlin bestimmen würde: die Bewirtschaftung mehrerer Theaterbetriebe durch ein Theaterunternehmen.
14 Die Drehbühne ist zwar bereits im Altertum bekannt und findet seitdem im japanischen Theater Verwendung, in Europa wird sie jedoch erst um die Jahrhundertwende wiederentdeckt.
15 Vgl. RÜHLE 1988, 16f
16 1925 gibt es in Berlin 33 Privattheater; Vgl. PFLÜGER 1981, 23
17 Vgl. RÜHLE 1988, 19f
18 Theaterkritiker: ab 1909 Schaubühne und Vossische Zeitung, 1918-1933 Berliner Börsen-Courier, 1933-1935 Berliner Tageblatt
19 Theaterkritiker: ab 1909 Tag, 1919-1933 Berliner Tageblatt
20 Theaterkritiker: ab 1901 Welt am Montag, ab 1905 Schaubühne (von Jacobsohn gegründet, heißt ab 1918 Weltbühne)
21 Theaterkritiker: ab 1905 Berliner Tageblatt, 1920-1934 Vossische Zeitung
22 Theaterkritiker: ab ca. 1895 Prager Bohemia, später Berliner Tag, Berliner Börsen- Courier
23 Theaterkritiker: 1905-1911 Dresdner Neueste Nachrichten, ab 1911 Vossische Zeitung, ab 1918 Deutsche Allgemeine Zeitung, ab 1933 Deutsche Zukunft, Deutsche Rundschau, ab 1954 Neue Deutsche Hefte
24 Vgl. RÜHLE 1988, 37
25 Theaterkritiker: 1860-1870 Neue Preußische Zeitung, 1870-1889 Vossische Zeitung
26 Vgl. RÜHLE 1988, 39
27 Vgl. PFLÜGER 1981, 22ff
28 Vgl. IHERING 1921, in: IHERING 1974, 85
29 Vgl. PFLÜGER 1981, 78f
30 Vgl. PFLÜGER 1981, 78
31 Vgl. PFLÜGER 1981, 84f
32 Vgl. IHERING 1926, in: IHERING 1974, 14f
33 Theaterkritiker: 1917-1933 Frankfurter Zeitung
34 Vgl. PFLÜGER 1981, 39ff
35 Vgl. RÜHLE 1988, 42
36 Vgl. RÜHLE 1988, 1170
37 Vgl. RÜHLE 1988, 41
38 Vgl. RISCHBIETER 1966, 26f
39 Vgl. RÜHLE 1988, 1168f
40 Vgl. RÜHLE 1988, 1163f
41 Vgl. RÜHLE 1988, 1174
42 Der Darsteller des Sohnes, Fritz Odemar, befindet sich während der gesamten Aufführung in einem Lichtkegel in der Bühnenmitte.
43 Vgl. RÜHLE 1988, 106; der Autor zitiert zahlreiche Personen (u.a. Walter Hasenclever, Carl Zuckmayer), die der Mannheimer Inszenierung große Bedeutung beimessen, sie als „ bahnbrechend" bezeichnen.
44 Gemeint sind die inhaltlichen Vorgänge im Drama „Der Sohn"
45 Mit dem Begriff „ Meiningerei" (s.o.) spielt Falk auf die Inszenierungen von Georg von Meiningen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an. Seine Inszenierungen warenüberladen mit Details und Ausstattung, Friedrich Michael reduziert Meiningens Inszenierungskunst auf die knappe Formel: „ Hier triumphierte die Materieüber die Idee." (MICHAEL / DAIBER 1990, 92)
46 Vgl. IHERING 1919, in: KRULL / FETTING 1986, 39
47 Explizit bringt Jacobsohn seine Subjektivität in den ersten beiden Absätzen seiner Rezension zum Ausdruck; vgl. JACOBSOHN 1922, in: RÜHLE 1988, 404
48 Vgl. IHERING 1986, 80-82, 34-37
49 Vgl. RÜHLE 1977, 32
50 Vgl. DAIBER 1990, 123
51 Vgl. WARDETZKY 1983, 16f
52 Vgl. JELUSICH 1934, in: WULF 1983, 147
53 Vgl. WARDETZKY 1983, 90
54 Vgl. DAIBER 1990, 123
55 Vgl. WARDETZKY 1983, 96
56 Vgl. DAIBER 1990, 123; WARDETZKY 1983, 96f
57 Vgl. WARDETZKY 1983, 97
58 Vgl. DREWNIAK 1983, 229
59 Vgl. HAGEMANN 1948, 64
60 Vgl. HAGEMANN 1948, 64
61 Vgl. RUPPEL 1969, 546
62 Vgl. DAIBER 1990, 130
63 Vgl. DAIBER 1990, 131
64 Vgl. HAGEMANN 1948, 64f
65 Vgl. DAIBER 1990, 131
66 Vgl. DAIBER 1990, 120
67 Vgl. DAIBER 1990, 120
68 Vgl. DAIBER 1990, 122f
69 Vgl. WARDETZKY 1983, 25ff
70 Vgl. WARDETZKY 1983, 38ff
71 Vgl. WARDETZKY 1983, 29ff
72 Vgl. WARDETZKY 1983, 34
73 Vgl. DAIBER 1990, 125
74 Vgl. DAIBER 1990, 125ff
75 Vgl. DAIBER 1990, 124
76 Vgl. WARDETZKY 1983, 60ff
77 Vgl. WARDETZKY 1983, 65
78 Vgl. HAGEMANN 1948, 59
79 Vgl. KEUDELL 1933, in: WULF 1983, 88f; KNUDSEN 1935, in: WULF 1983, 90f
80 Vgl. HAGEMANN 1948, 60
81 Vgl. TÖTEBERG 1989, in: MIERENDORF/WICCLAIR 1989, 138f
82 Vgl. RÜHLE 1988, 1161ff
83 Theaterkritiker: 1978-1980 Schwäbische Zeitung, ab 1980 Süddeutsche Zeitung
84 Das Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
85 Vgl. SUCHER 1995, 241
86 Unter stilistischen Gesichtspunkten ist vor allem die Wahl die Wahl der Adjektive zu beachten.
87 Das Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
88 Besonders Paul Fechter betont, daßsich der Naturalismus aus dem „Tell" selbst ergebe, was als ablehnender Verweis etwa auf Leopold Jeßners Inszenierungsweise verstanden werden kann. Vgl. FECHTER 1938; bezüglich der Jeßner-Inszenierung: FECHTER 1919, in: RÜHLE 1988, 195.
89 In der New York Times vom 10.11.1941wird als Grund die veränderte Politik der Schweiz seit dem Kriegseintritt der UdSSR vermutet. Plausibel erscheint auch die Erklärung, daß„Wilhelm Tell" als Ablehnung jeglicher Diktatur interpretiert werden kann. Gemutmaßt wird weiterhin, daßdie Ideen, die im „Tell" enthalten sind, mit den nationalsozialistischen Plänen einer „Neuordnung" Europas unvereinbar sind. Vgl. DREWNIAK 1983, 173
90 Vgl. etwa RUPPEL 1969, 548 (Theaterkritiker: 1920-1926 Hessischer Volksfreund, 1926-1928 Tagebuch, 1928-1944 Kölnische Zeitung, 1950-1980 Süddeutsche Zeitung)
91 Vgl. RUPPEL 1969, 548f
92 Vgl. RUPPEL 1969, 548
93 Vgl. MELCHINGER 1970, 3f
94 Vgl. MELCHINGER 1970, 4
95 Theaterkritiker: Theater heute
96 Vgl. MELCHINGER 1970, 4
97 Vgl. MELCHINGER 1970, 4; RUPPEL 1969, 551 f
98 Vgl. MELCHINGER 1970, 4
99 Vgl. MELCHINGER 1970, 6
100 Vgl. MELCHINGER 1970, 6
101 Vgl. MELCHINGER 1970, 7
102 Vgl. DAIBER 1990, 156
103 Vgl. DAIBER 1990, 159f
104 Vgl. BRAUNECK 1986, 460
105 Theaterkritiker: Darmstädter Echo, Zürcher Weltwoche, 1975-1989 Frankfurter Allgemeine Zeitung
106 Vgl. DAIBER 1990, 159f
107 Vgl. IDEN 1989, in: RISCHBIETER (Hrsg.) 1989, 34
108 Vgl. RÜHLE 1989, in: RISCHBIETER (Hrsg.) 1989, 34/36
109 Vgl. SCHLICHT 1989, in: RISCHBIETER (Hrsg.) 1989, 34 sowie SCHWARZ 1989, in: RISCHBIETER (Hrsg.) 1989, 37
110 Vgl. RÜHLE 1989, in: RISCHBIETER (Hrsg.) 1989, 37
111 Theaterkritiker: ab 1960 Theater heute (sowohl Gründer als auch Herausgeber der Fachzeitschrift)
112 Vgl. MELCHINGER 1970, 5
113 Vgl. MELCHINGER 1970, 5
114 Vgl. DAIBER 1990, 138
115 Vgl. DAIBER 1990, 152 f
116 Vgl. DAIBER 1990, 138
117 Vgl. DAIBER 1990, 138
118 Vgl. DAIBER 1990, 138
119 Vgl. MELCHINGER 1970, 5
120 Vgl. MELCHINGER 1970, 5
121 Vgl. DAIBER 1990, 156
122 Vgl. DAIBER 1990, 156f
123 Vgl. DAIBER 1990, 157
124 Vgl. FUCHS 1988, 14
125 Vgl. DAIBER 1990, 170
126 Eigentlicher Name: Friedrich John Luft; Theaterkritiker: Neue Zeitung, Tagesspiegel (hier unter dem Pseudonym „Urbanus"), 1946-1990 wöchentliche Rundfunksendung im RIAS „Stimme der Kritik", 1951-1974 monatliche Rundfunksendung „Mit Friedrich Luft ins Theater", ab 1955 Die Welt, 1955-1962 Süddeutsche Zeitung, ab 1978 Berliner Morgenpost
127 Vgl. DROMMERT 1951, 3ff
128 Vgl. DROMMERT 1951, 4; LÜTH 1952, 168f
129 Theaterkritiker: Hamburger Echo
130 Theaterkritiker: Hamburger Abendblatt
131 Vgl. ROMANN 1958, 104ff
132 Theaterkritiker: Frankfurter Generalanzeiger (vor dem 2. Weltkrieg), Theater heute
133 Vgl. MARCUSE 1965, 1
134 Vgl. MARCUSE 1965, 1
135 Theaterkritiker: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Theater heute
136 Theaterkritiker: Frankfurter Hefte, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Theater heute, Süddeutsche Zeitung
137 Theaterkritiker: Theater heute
138 Vgl. VÖLKER 1980, 64
139 Theaterkritikerin: Theater heute
140 Vgl. RÜHLE 1977, 31ff
141 Vgl. GLASER 1976, 32; Theaterkritikerin: Theater heute
142 Nach Günther Rühles „Aufstieg" zum Feuilletonleiter wird Georg Hensel als Theaterkritiker und für das Theater zuständiger Redakteur von der FAZ eingestellt.
143 Vgl. HENSEL 1995, 204f
144 Theaterkritiker: ab 1969 Süddeutsche Zeitung und Theater heute, ab 1973 Die Zeit
145 Theaterkritiker: Theater heute und Süddeutsche Zeitung, ab 1960 Frankfurter Rundschau
146 Theaterkritiker: ab 1975 Theater heute, ab 1976 Die Zeit
147 Theaterkritiker: ab 1959 Stuttgarter Zeitung, ab 1968 Die Zeit, ab 1974 Der Spiegel
148 Vgl. etwa HAAS 23.4.1957 (Die Welt)
149 Vgl. SUCHER (Hrsg.) 1995, 242
150 Vgl. RISCHBIETER 1963, 8ff
151 Vgl. HILDEBRANDT 1963
152 Vgl. Kapitel 3.2
153 Eine weitere Deutungsmöglichkeit ergibt sich aus der Tatsache, daßHandke seine Protagonisten dem Publikum nicht nur Allgemeines entgegenschmettern läßt, sondern auch „ Theatertheorien und Kritikerphrasen" (RUMLER 1966, 17). Das könnte manchem Theaterkritikerüble Laune verursacht haben.
154 Theaterkritiker: 1967-1970 Theater heute
155 Weder Archiv noch Redaktion der Abendzeitung konnten auf Anfrage den vollen Namen des Verfassers ermitteln. Das Original dieser Rezension liegt im Archiv der Süddeutschen Zeitung vor.
156 Vgl. IDEN 1972
157 Vgl. Kapitel 3.2
158 Vgl. SUCHER (Hrsg.) 1995, 792f
159 Vgl. WENDLAND 1979 (Süddeutsche Zeitung), GRACK 1979 (Der Tagesspiegel), LUFT 1979 (Berliner Morgenpost)
160 Vgl. SCHMIDT 1979 (Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt)
161 Vgl. WIEGENSTEIN 1979 (Frankfurter Rundschau)
162 Vgl. IDEN 1985, in: PIEDMONT 1990, 272
163 Vgl. STUMM 1978, 14
164 Theaterkritiker: Stuttgarter Zeitung, ab 1964 Frankfurter Allgemeine Zeitung, ab 1973 Die Zeit
165 Vgl. HENSEL 1989 (Frankfurter Allgemeine Zeitung); BEER 1989 (Süddeutsche Zeitung)
166 Vgl. LENNARTZ 6/1991, 61f
167 Vgl. zum gesamten Kapitel: LENNARTZ 1991
168 Christoph Schroth: Regisseur am Berliner Ensemble
169 Herbert König: 1983 aus der DDR ausgebürgert, anschließend Regisseur am Schauspielhaus Düsseldorf und am Bayrischen Staatsschauspiel München
170 Thomas Langhoff: Intendant am Deutschen Theater Berlin
171 Wolfgang Engel: u.a. Spielleiter am Staatstheater Schwerin (1973-1974), Spielleiter am Staatsschauspiel Dresden (1980-1991), währenddessen zahlreiche Gastinszenierungen in Westdeutschland, derzeit Intendant des Leipziger Schauspiels
172 Vgl. Zum gesamten Kapitel: LENNARTZ 1991
173 Vgl. POLLATSCHEK 1962, in: ERPENBECK (Hrsg.) 1962, 48
174 Vgl. KRECEK 1962, in: ERPENBECK (Hrsg.) 1962, 48
175 Vgl. GALFERT 1973
176 Vgl. GALFERT 1973, 42
177 Vgl. FROTSCHER 1979, 46f
178 Vgl. FROTSCHER 1979, 46f
179 Vgl. ROHMER 1979, 5f
180 Vgl. ROHMER 1979, 5f
181 Vgl. PIETZSCH 1979, in: Verband der Theaterschaffenden der DDR (Hrsg.) 1979, 53f
182 Vgl. PIETZSCH 1980, 6f; 1981, 6f
183 Vgl. Verband der Theaterschaffenden der DDR (Hrsg.) 1986, 61f
184 Vgl. PIETZSCH 1/1989, 2
185 Vgl. PIETZSCH 1986, 14
186 Vgl. HEISE 1949 (Tribüne), SCHWARZ 1949 (Junge Welt)
187 Vgl. Kapitel 4.2
188 Vgl. WIEGLER 1949
189 Vgl. LENNARTZ 2/1991, 18f
190 Trotz intensivster Recherche war tatsächlich nicht eine einzige Ausnahme zu finden. Die hier dargestellten Sachverhalte sind den Rezensionen folgender Autoren nachzulesen: POLLATSCHEK 1952 (Tägliche Rundschau), RÜHLE 1952 (Sonntag), OTTO 1952 (Friedenspost), EYLAU 1952 (Berliner Zeitung), WEINERT 1952 (National- Zeitung), EDEL 1952 (BZ am Abend), CARLÉ 1952 (Junge Welt), KEISCH 1952 (Neues Deutschland)
191 Vgl. GALFERT 1955. Es ist davon auszugehen, daßein Satz, um verständlich zu bleiben, aus nicht mehr als 25 Wörtern bestehen sollte (Vgl. FROTSCHER 1979, 138).
192 Vgl. LENNARTZ 5/1991, 61
193 Vgl. EICHLER 1962 (National-Zeitung), GERSCH 1962 (Tribüne), KERNDL 1962 (Forum)
194 Diese Vorsicht läßt sich ebenfalls gut anhand der Rezenionen zu Jewgenij Schwarz' „Der Drache", 1965 aufgeführt von Benno Besson am Deutschen Theater, belegen. Obgleich das Publikum eindeutige Parallelen zur gegenwärtigen Situation der DDR sieht und dies mit nicht enden wollendem Beifall bedenkt, warnt die Kritik geschlossen davor, in Schwarz' Märchen realistische Bezüge sehen zu wollen. Vgl. ULLRICH 1965 (Neue Zeit)
195 Vgl. KERNDL 1962 (Junge Welt), THOMS 1962 (BZ am Abend)
196 Vgl. EICHLER 1962 (National-Zeitung), GERSCH 1962 (Tribüne), THOMS 1962 (BZ am Abend), FUNKE 1962 (Der Morgen), KERNDL 1962 (Junge Welt)
197 Vgl. Kapitel 4.2
198 Vgl. Kapitel 4.2, vgl. ROHMER 1979, 5
199 Vgl. GITZEL 1982, SEYFARTH 1982
200 Daßdieser Abend keineswegs „von durchschlagender Wirkungslosigkeit" (s.o.) ist, belegt allein die Tatsache, daßdie Inszenierung zahlreiche Debatten und Diskussionen auslöst (Vgl. LENNARTZ 10/1991, 56). Im Januar 1983 veröffentlicht Theater der Zeit beispielsweise ein neun Seiten langes Protokoll einer solchen Diskussion (Vgl. JOHN 1983, 11ff).
201 Vgl. Kapitel 4.1.1.2; Rainer Kerndl ist hierfürübrigens das beste Beispiel, mit einem aus 116 Wörtern zusammengebauten Satz hält er den Rekord in Sachen Satzlänge (Vgl. FROTSCHER 1979, 138).
202 Vgl. GOLDBERG 1988 (Junge Welt); anzumerken ist, daßdieser Rezensent als einziger einen entscheidenden Hinweis gibt: „ Auch das Publikum wird nicht vornehmlich von Theater sprechen, wenn es im Theater war." (GOLDBERG 1988)
203 „ Ohne Zweifel ist diese satirische Komödie ein zwar auffälliger, aber eben nur ein Stein im Mosaik unserer sozialistischen Dramatik." (EBERT 1988)
204 Vgl. ANTOSCH 1989 (Neue Zeit)
205 Diese Rezension wird am 17.5.1989 unter dem Titel Suche nach dem Gral als Forderung der Zeit in der Thüringischen Landeszeitung noch einmal veröffentlicht.
206 Vgl. Kapitel 4.2
207 Vgl. Kapitel 3.1.1
208 Vgl. KAISER 1993, 93
209 Vgl. RÜHLE 1992, 62
210 Vgl. BECKER 1992, 1
211 Vgl. etwa BECKER 1992, 1
212 Vgl. BECKER 1991, 4
213 Vgl. MERSCHMEIER 1992, 14
214 Theaterkritiker: Theater heute
215 Vgl. STADELMAIER 1992, 25
216 Vgl. RISCHBIETER (Hrsg.) 1990, 49
217 Vgl. STADELMAIER 1993/I
218 DaßGerhard Stadelmaier diesem Wunsch nicht nachkommt, belegen schon allein die zahlreichen Affronts seitens der Theater gegen ihn.
219 Vgl. HENSEL 1971, 60
220 Vgl. FRICK 1995, 88
221 Vgl. MAUßHARDT 1995
222 Vgl. STADELMAIER 1993/IV, 245-276
223 Wenngleich unschwer zu erkennen ist, daßGerhard Stadelmaier bei bestimmten Typen an bestimmte Kollegen denkt, führte es ins Uferlose, jede der im folgenden Kapitel angeführten Rezensionen einem bestimmten Kritikertypus zuzuordnen.
224 Die Recherchen zum Thema beginnend, wandte ich mich (nach dem Motto: wer wagt, gewinnt) mit der Bitte um eine kurze Einschätzung der gegenwärtigen Theaterkritik an verschiedene „Groß-"Kritiker. Einzig Gerhard Stadelmaier beantwortete dieses Schreiben mit humorvoll-aufmunternden Worten sowie dem Verweis auf sein 1993 erschienenes Buch, das tatsächlich die gewünschte (und hier knapp zusammengefaßte) Einschätzung der Theaterkritik enthält.
225 Gemeint sind hiermit die Bürger der ehemaligen DDR.
226 Hochhuth selbst streitet dies ab, er sieht Schleefs Inszenierung nicht als Uraufführung seines Stückes. Vgl. SCHMIDT-MÜHLISCH 1993
227 Vgl. STADELMAIER 1993/II
228 Die Stuttgarter Zeitung wird vom selben Konzern veröffentlicht wie die Stuttgarter Nachrichten, deren ehemaliger Feuilletonchef Klaus B. Harms die ganze Affäre in Gang brachte. Vgl. HENKEL 1995
229 Vgl. MAUßHARDT 1995
230 Man beachte das ansprechende Alliterations-Arrangement!
231 Vgl. Kapitel 5.3
232 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
233 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
234 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
235 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
236 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
237 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
238 Weder Archiv noch Redaktion der Abendzeitung konnten auf Anfrage den vollen Namen des Verfassers ermitteln. Das Original dieser Rezension liegt im Archiv der Süddeutschen Zeitung vor.
239 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
240 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
241 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
242 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
243 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
244 Original liegt in der Hamburger Theatersammlung vor.
- Arbeit zitieren
- Stefan Piontek (Autor:in), 1996, Die Theaterkritik von der Weimarer Republik bis heute, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/94764
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