Am 3. November 1918 erschütterte eine Welle der Gewalt Deutschland. In Kiel eröffneten kaisertreue Soldaten das Feuer auf eine Gruppe von Matrosen und Werftarbeitern, die gegen die Verhaftung von Matrosen am 31. Oktober demonstrierten. Auch im übrigen Deutschland gab es Demonstrationen. Wichtige militärische Anlagen wurden von den Aufständischen besetzt, das militärische, kaisertreue Führungspersonal (Offiziere und Unteroffiziere) wurde entmachtet und die ersten Arbeiter- und Soldatenräte gebildet. Dies geschah, wie z.B. in Hamburg, teilweise unter Anwendung von Gewalt, da sich die monarchischen Kräfte diesen Zwangsmaßnahmen der Revolutionäre widersetzten . Immer mehr Menschen, darunter auch viele Soldaten, solidarisierten sich mit den Aufständischen, so daß die Revolution nicht mehr aufzuhalten war . Der Auslöser dieser Ereignisse war eine Meuterei, die von den Mannschaften der deutschen Kriegsflotte, Ende Oktober durchgeführt wurde. Diese widersetzten sich dem Befehl der deutschen Seekriegsleitung, in See zu stechen, um gegen die englische Marine militärisch vorzugehen. Die Matrosen erkannten aufgrund der Überlegenheit der Engländer die Sinnlosigkeit eines solchen Unternehmens und verhinderten durch passiven Widerstand das Auslaufen der Schiffe. Die Folge war eine Welle von Verhaftungen aufständischer Matrosen. Diese Maßnahme steigerte die Unzufriedenheit der restlichen Seeleute und Werftarbeiter, und veranlaßte sie daraufhin, den o. g. Aufstand zu wagen. Daraufhin erfolgten die ersten Verhaftungen. Der 3. November, der von der Geschichtsschreibung als Beginn der deutschen Novemberrevolution festgesetzt wurde, bedeutete für Deutschland das Ende der Monarchie. Die traditionsreiche Epoche der mächtigen deutschen Herrscher war damit endgültig beendet. Mit Wilhelm II. dankte der letzte deutsche Kaiser ab.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vorgeschichte zur Entstehung des Ersten Weltkriegs
3. Die Situation in Deutschland während des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs
3.1. Die Stimmung in der deutschen Zivilbevölkerung zu Beginn des
Krieges
3.2. Die Lage bzw. Stimmung in der deutschen Reichswehr zu Beginn des Krieges
4. Die Situation in Deutschland und an der Front im Verlaufe des Krieges
4.1. Vom Bewegungskrieg zum Stellungskrieg
4.2. Der Einsatz neuer Waffen
4.3. Untergang der deutschen Kriegswirtschaft
4.4. Ernährungspolitik bzw. die Nahrungsmittelversorgung des deutschen Volkes und des Soldaten an der Front
5. Schlußteil
Bibliographie
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Am 3. November 1918 erschütterte eine Welle der Gewalt Deutschland. In Kiel eröffneten kaisertreue Soldaten das Feuer auf eine Gruppe von Matrosen und Werftarbeitern, die gegen die Verhaftung von Matrosen am 31. Oktober demonstrierten.1 Auch im übrigen Deutschland gab es Demonstrationen. Wichtige militärische Anlagen wurden von den Aufständischen besetzt, das militärische, kaisertreue Führungspersonal (Offiziere und Unteroffiziere) wurde entmachtet und die ersten Arbeiter- und Soldatenräte gebildet.2 Dies geschah, wie z.B. in Hamburg, teilweise unter Anwendung von Gewalt, da sich die monarchischen Kräfte diesen Zwangsmaßnahmen der Revolutionäre widersetzten3. Immer mehr Menschen, darunter auch viele Soldaten, solidarisierten sich mit den Aufständischen, so daß die Revolution nicht mehr aufzuhalten war4. Der Auslöser dieser Ereignisse war eine Meuterei, die von den Mannschaften der deutschen Kriegsflotte, Ende Oktober durchgeführt wurde. Diese widersetzten sich dem Befehl der deutschen Seekriegsleitung, in See zu stechen, um gegen die englische Marine militärisch vorzugehen. Die Matrosen erkannten aufgrund der Überlegenheit der Engländer die Sinnlosigkeit eines solchen Unternehmens und verhinderten durch passiven Widerstand das Auslaufen der Schiffe.5 Die Folge war eine Welle von Verhaftungen aufständischer Matrosen. Diese Maßnahme steigerte die Unzufriedenheit der restlichen Seeleute und Werftarbeiter,6 und veranlaßte sie daraufhin, den o. g. Aufstand zu wagen. Daraufhin erfolgten die ersten Verhaftungen. Der 3. November, der von der Geschichtsschreibung als Beginn der deutschen Novemberrevolution festgesetzt wurde, bedeutete für Deutschland das Ende der Monarchie. Die traditionsreiche Epoche der mächtigen deutschen Herrscher war damit endgültig beendet. Mit Wilhelm II. dankte der letzte deutsche Kaiser ab.
Es stellt sich nun die Frage nach den Ursachen und Gründen für diese zur Revolution tendierende Stimmung in Deutschland. Was veranlaßte das deutsche Volk, diese Revolution tatsächlich durchzuführen?
Der direkte Auslöser war der Konflikt zwischen der Arbeiterschaft bzw. der Gewerkschaft auf der einen Seite und der Regierung, der reaktionären OHL bzw. der Unternehmerschaft auf der anderen Seite.
Schon im Wilhelminischen Kaiserreich war der Zwiespalt zwischen der Arbeiterschaft und dem besitzenden Bürgertum erkennbar7, doch die Situation verschärfte sich im Ersten Weltkrieg. Es entstanden soziale Konflikte aufgrund des Scheiterns der deutschen Kriegswirtschaft8. Die Kluft zwischen den o. g. Gruppierungen vergrößerte sich dadurch zusehends. Diese Faktoren führten dann u. a. zur Revolution.
Es existierten jedoch tiefere Ursachen, die das deutsche Volk dieser Zeit prägten und in ihm jenen Nährboden schufen, der dafür verantwortlich war, daß der deutsche Bürger die Skrupel verlor, die auftretenden Mißstände notfalls auch mit Gewalt zu beseitigen. Der Schwerpunkt liegt hier in der Kriegsmüdigkeit des hungernden und am Sieg zweifelnden Volkes, sowie in den offenen Mißständen in der Wirtschaft und in der Nahrungsmittelversorgung, respektive in der Ernährungsfrage. Ebenfalls wird die Situation der Soldaten an der Front erörtert. Was dieses Thema betrifft, ist ausreichend Literatur vorhanden. Es existieren auch einige bemerkenswerte Quellen dieser Zeit, die die prekäre Situation dieser Zeit recht eindrucksvoll schildern. Vorsicht ist aber bei Darstellungen ehemals kommunistischer Staaten, unter anderem der DDR, geboten, denn hier findet eine erkennbare, extreme Glorifizierung der Arbeiterschaft und gleichzeitig eine "Verteufelung" des westlichen Kapitalismus und Imperialismus statt, so daß die Literatur zu diesem Thema nicht unbedingt als objektiv zu bezeichnen ist. Das übrige Material dieser Darstellungen ist durchaus brauchbar. Im Folgenden werden die Ereignisse dargestellt, die dafür verantwortlich waren, daß das deutsche Volk zur Revolution bereit war und dieses riskante Unternehmen auch letztendlich durchführte.
2. Vorgeschichte zur Entstehung des Ersten Weltkriegs
"Ein Krieg, wie er auch ausgeht, hat eine Umwälzung alles Bestehenden zur Folge. Ringsherum Verblendung, dicker Nebel über dem Volke. In ganz Europa das gleiche.9" (Zitat) Schon Theobald von Bethmann Hollweg, deutscher Reichskanzler von 1909-1917, erkannte die möglichen Ausmaße eines bevorstehenden Großmächtekrieges. Die ökonomischen und sozialen Folgen eines länger andauernden Krieges wären verheerend für alle Nationen, befürchtete der Militärhistoriker Jean de Bloch schon am Ende des 19. Jhdts.6
10 Angesichts der nationalistischen Tendenzen in den europäischen Staaten, dem zunehmenden Streben der Kolonialmächte nach territorialer Expansion zur Erweiterung der Wirtschaftsräume (vgl. Kielmansegg / Kriegsziele) und den daraus resultierenden politischen Spannungen der europäischen Großmächte, war in absehbarer Zeit eine militärische Auseinandersetzung zu erwarten. Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Gemahlin in Sarajewo am 28. 06. 1914 durch südslawische Nationalisten 11 war dann nur noch der Funke, der die zum Krieg tendierende, hochexplosive politische Stimmung in den europäischen Völkern zur Explosion brachte. Mit den Schüssen von Sarajewo begann der 1. Weltkrieg.
3. Die Situation in Deutschland während des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs
3.1. Die Stimmung der deutschen Zivilbevölkerung zu Beginn des Krieges
Das Wachsen des "Nährbodens", der die deutsche Nation zur Revolution veranlaßte, wird besonders deutlich, wenn man die Stimmung des deutschen Volkes einschließlich der Reichswehr in Bezug auf den Krieg zu Beginn der Auseinandersetzung und im Verlauf des Weltkrieges betrachtet. Während der zweiten Balkonrede Wilhelms II. am 1. August 1914 betonte der deutsche Kaiser nochmals: "Ich kenne keine Parteien und auch keine Konfessionen mehr; wir sind heute alle deutsche Brüder und nur noch deutsche Brüder.12" Damit entsprach er exakt dem Volksgeist der deutschen Nation, die immer noch stark unter dem Einfluß innerpolitischer Differenzen, insbesondere dem Gegensatz zwischen Arbeitern und Unternehmern13, stand.
Der deutsche Staatsbürger versuchte deshalb dem tristen Alltagsleben zu entfliehen. Er erkannte nun endlich den Sinn seiner Existenz14. Er konnte nun als Teil einer großen Gemeinschaft dazu beitragen, daß das Deutsche Reich die imperialistische Machtstellung in der Welt erhielt, die es verdiente. Damit bestünde dann auch die Möglichkeit, die Einheit des deutschen Volkes nun tatsächlich zu realisieren.15
Die deutsche Zivilbevölkerung war weitgehend von dem Eintritt Deutschlands in den Ersten Weltkrieg begeistert. In der Presse sprach man von Menschenmassen, die den Kriegsbeginn begeistert feierten16. Eine Berlinerin schilderte eindrucksvoll die Ereignisse dieser Augusttage in ihrer Heimatstadt. Dort jubelte ebenfalls eine begeisterte Menschenmenge wegen des bevorstehenden Waffenkonflikts17. Sogar die Arbeiterschaft die noch vor Ausbruch des Krieges gegen einen bewaffneten Konflikt demonstriert hatte, wurde von dieser Kriegsbegeisterung erfaßt18. Ulrich Cartarius spricht in seiner Darstellung von einer regelrechten Hysterie, die teilweise in der Bevölkerung herrschte. Dies ging sogar so weit, daß vermeintliche Ausländer verfolgt und sogar mißhandelt wurden. Es entstand ein regelrechter Fremdenhaß, insbesondere gegen Franzosen19.
Doch gibt es auch negative Stimmen zum Ausbruch des 1. Weltkriegs. Der siebzehnjährige Wilhelm Eildermann schrieb am 1. August 1914 in seinem Tagebuch von klagenden Angehörigen, die die Kriegsdienst an der Front leistenden jungen Männer am Bahnhof verabschiedeten20.
Der deutsche Staatsbürger war sich natürlich der möglichen Entbehrungen und Opfer bewußt, die ein solcher Krieg fordern könnte, denn schon Kaiser Wilhelm II. betonte in seiner ersten Balkonrede am 31. Juli 1914, daß eine mögliche Auseinandersetzung zwischen den europäischen Völkern "Enorme Opfer an Gut und Blut (...)"21 für die Bevölkerung mit sich brächte. Dennoch überwogen die positiven Tendenzen. Diesen Fakt bestätigt unter anderem auch eindrucksvoll die Tatsache, daß in deutschen Zeitungen Werbetexte für Kriegsaccessoires abgedruckt wurden, wie z.B: die Kola-Dultz Werbung. Dieses Produkt half, so der Hersteller, "Überanstrengung und Erschöpfung" zu überwinden und gab "Mut und frohe Laune". Dazu passend wurde die Zeichnung eines erst erschöpft wirkenden, im zweiten Bild die eines zufriedenen, lächelnden deutschen Landsers abgedruckt22. Dem Leser dieser Werbeanzeige wurde das Bild eines tadellosen, perfekten Soldaten vorgetäuscht. Die Brisanz, die mit dem Begriff "Militär" in dieser Zeit wegen seiner zweifelhaften Tätigkeit während eines Krieges verbunden war, wurde völlig verdrängt. Solche unscheinbar wirkenden Mittel zur Beeinflussung der Psyche eines Menschen, die heutzutage recht weit verbreitet sind, verfehlten wahrscheinlich schon damals ihre Wirkung nicht. Der Deutsche wurde praktisch in jeder Situation im Alltagsleben mit dem Krieg und dessen positiven Seiten konfrontiert. So ist es nicht erstaunlich, daß die breite Masse durchaus von diesem Krieg begeistert war.
[...]
1Günter Hertzschansky u.a. (Hrsg.), Illustrierte Geschichte der deutschen Novemberrevolution 1918/1919, Berlin 1978, S.81, 82.
2Ebenda, S.86 ff.
3Ebenda, S.93.
4Ebenda, S.86.
5Ebenda, S.75.
6Ebenda, S.81.
7Jürgen Kocka, Das kaiserliche Deutschland, Düsseldorf 19772, S.265 ff.
8Hans-Jürgen Puhle, Ebenda, S.340 ff. Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente 1914-1918, hrsg. von Ulrich Cartarius, München 1982, S.43-47.
9Zitiert nach Jost Dülffer (Hrsg.), Ploetz. Geschichte der Weltkriege. Mächte, Ereignisse, Entwicklungen 1900-1945, Freiburg 1981 S.14.
10Jost Düllfer (Hrsg.), Ploetz. Geschichte der Weltkriege. Mächte, Ereignisse, Entwicklungen 1900-1945, Freiburg 1988, S.14.
11Brockhaus Bd. 24, S.27.
12Zitiert nach Ulrich Cartarius (Hrsg.), Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente 1914-1918, München 1982, S.15.
13Jürgen Kocka, Das kaiserliche Deutschland, Düsseldorf 19772, S.265 ff.
14Peter Graf Kielmansegg (Hrsg.), Deutschland und der Erste Weltkrieg, Stuttgart 19802, S.147.
15Gerd-Walter Fritsche, Kriegsalltag. Die Rekonstruktion des Kriegsalltags als Aufgabe der historischen Forschung und der Friedenserziehung, Stuttgart 1989, S.155.
16Jost Dülffer (Hrsg.), Ploetz. Geschichte der Weltkriege, Freiburg 1988, S.10, 11.
17Monika Bönisch u.a., August 1914. Ein Volk zieht in den Krieg, Berlin 1989, S.40, 41.
18Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente 1914-1918, hrsg. von Ulrich Cartarius, München 1982, S.11.
19Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente 1914-1918, hrsg. von Ulrich Cartarius, München 1982, S.11, 15.
20Gerd-Walter Fritsche, Kriegsalltag, Stuttgart 1989, S.114.
21Zitiert nach Ulrich Cartarius (Hrsg.), Deutschland im Ersten Weltkrieg. Texte und Dokumente 1914-1918, München 1982, S.13.
22Monika Bönisch u.a., August 1914. Ein Volk zieht in den Krieg, Berlin 1989, S.237.
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