War die Hundert-Blumen-Bewegung Ergebnis einer Fehleinschätzung, eine Falle oder diente sie nur der Besänftigung kleinerer Unruheherde in der gebildeten Schicht?
Diese Frage ist hinsichtlich der späteren Entwicklung in der Beziehung der KPCh zu den Intellektuellen von entscheidender Bedeutung für die historische Einordnung der Ereignisse der Jahre 1956 / 1957.
War die Hundert-Blumen-Bewegung der erste Versuch einer liberalen, demokratischen Innenpolitik oder nur ein taktisches Mittel zur Eindämmung unerwünschter Entwicklungen?
Inhalt
I. Einleitung
II. Hauptteil
1. Vorgeschichte
2. Die Hundert-Blumen-Bewegung
2.1 Erste Phase
2.2 Die Frage der Widersprüche im Volke
2.3 Die Bewegung
3. Die Kampagne gegen Rechtsabweichler
III. Zusammenfassung
IV. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Die Beziehung der Kommunistischen Partei Chinas zur intellektuellen Schicht des Landes war schon seit Gründung der Volksrepublik eines der Schlüsselthemen hinsichtlich der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung Chinas.
Einerseits ist die Stellung der Intellektuellen in einer Arbeiterdiktatur schon aus der Natur der Sache heraus problematisch. Verstärkt wurde dieses Problem durch den persönlichen Hintergrund eines großen Teils der gebildeten Schicht, deren Wurzeln häufig in der alten Oberschicht, im Ausland oder bei der Guomindang lagen.[1]
Andererseits war die Volksrepublik hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Weiterentwicklung auf die Arbeit der Intellektuellen angewiesen. Umgekehrt war in einem kommunistischen Staat jeder Intellektuelle in seiner Arbeits- und Lebenssituation vollständig von der Partei abhängig.
Zusätzlich herrschten seit jeher Spannungen bezüglich heikler Themen wie Presse- und Meinungsfreiheit. Zwar waren viele Intellektuelle zum Lager der KPCh gewechselt, es gab jedoch noch immer eine große Zahl kritischer Stimmen, die von Seiten des Staates unterdrückt wurden.
Das vorläufige Ende dieser für beide Parteien unglücklichen Situation vollzog sich in der Hundert-Blumen-Bewegung und der darauf folgenden Kampagne gegen Rechtsabweichler.
Mao selbst hatte die Bewegung gegen heftige Widerstände großer Teile der eigenen Partei lanciert und dabei die Intellektuellen zur Kritik an Staat und Partei aufgefordert.
Am Ende stand er einer Welle unerwartet schwerer Vorwürfe gegen die Partei und sogar vereinzelten Unruhen gegenüber, die mit der folgenden Kampagne eingedämmt wurden.
Im Rahmen dieser Bewegung wurden die meisten intellektuellen Kritiker mundtot gemacht und die staatliche Kontrolle extrem verschärft.
Dieser abrupte Kurswechsel veranlasste später Historiker und selbst hochrangige Parteimitglieder zu den verschiedensten Spekulationen über die wahren Beweggründe des Mao Zedong. War die Hundert-Blumen-Bewegung Ergebnis einer Fehleinschätzung, eine Falle oder diente sie nur der Besänftigung kleinerer Unruheherde in der gebildeten Schicht?
Diese Frage ist hinsichtlich der späteren Entwicklung in der Beziehung der KPCh zu den Intellektuellen von entscheidender Bedeutung für die historische Einordnung der Ereignisse der Jahre 1956 / 1957.
War die Hundert-Blumen-Bewegung der erste Versuch einer liberalen, demokratischen Innenpolitik oder nur ein taktisches Mittel zur Eindämmung unerwünschter Entwicklungen?
II. Hauptteil
1.Vorgeschichte
Die meisten Intellektuellen wurden mit Gründung der Volksrepublik 1949 wegen ihres Familien- und Bildungshintergrundes als reaktionär eingestuft.[2] Um westliche Gesinnung und konfuzianisches Gedankengut auszumerzen, organisierte die Partei Umerziehungs-kurse an ”Revolutionsakademien“, eine Maßnahme, auf der Maos Vertrauen in die pro-sozialistische Einstellung der Intellektuellen beruhte. Dieses sollte sich jedoch als folgenschwere Fehleinschätzung erweisen.[3]
Als 1953 die Umsetzung des ersten Fünfjahresplans in Angriff genommen wurde, beschloss man, den Intellektuellen mehr Freiheiten in ihrer Arbeit zu gewähren, um ihre Motivation und Leistung zu steigern.[4] In der Folge kam es jedoch zu, aus Sicht der Partei, inakzeptabler Kritik an der Zensur und Unterdrückung der Intellektuellen, die die sog. ”Gedankenreformkampagne“ nach sich zog. Intellektuelle Kritiker verloren Arbeit und Ansehen, einige wurden zur Umerziehung aufs Land verschickt. Höhepunkt war 1955 die Kampagne gegen den Schriftsteller Hu Feng, der als Vorreiter der liberalen Bewegung mehrere Jahre inhaftiert blieb und auch während der Hundert-Blumen-Bewegung als Symbol der Unterdrückung für die intellektuellen Widerständischen eine wichtige Rolle spielte.[5]
In der Folge ergab sich in der Führung der Partei eine Spaltung in zwei Lager:
Mao Zedong und Ministerpräsident Zhou Enlai vertrauten auf die Loyalität der Intellektuellen und forderten die Lockerung staatlicher Kontrolle.
Die Gruppe um Liu Shaoqi, den Vorsitzenden des Nationalen Volkskongresses, und Zhu De, den Oberbefehlshaber der Nationalen Volksbefreiungsarmee, bestand darauf, die Kritik Außenstehender zu verhindern, um die Moral und Effektivität der Partei nicht zu gefährden.[6]
2. Die Hundert-Blumen-Bewegung
2.1 Erste Phase
Im Januar 1956 hielt Chou Enlai auf einer Sitzung des Zentralkomitees zur Frage der Intellektuellen eine Rede, in der er zum einen ideologische Widersprüche zwischen Partei und intellektueller Schicht eingestand, zum anderen Geduld bei deren Lösung forderte und die Bedeutung wissenschaftlicher Arbeit für den wirtschaftlichen Fortschritt hervorhob.
Folglich sollte die ideologische Gesinnung hinter beruflicher Qualifikation zurückstehen und die Arbeitsbedingungen stark verbessert werden.[7]
Zwar forderte Mao noch vehementer als Zhou die Kontrolle inkompetenter Parteikader über die Arbeit hochspezialisierter Wissenschaftler stark einzuschränken,
in der vollständigen Trennung von Beruf und Politik sah er jedoch die Gefahr einer unpolitischen, von der Masse getrennten Klasse Intellektueller, die eine soziale und wirtschaftliche Sonderstellung einnehmen würde.[8]
Mao sah vielmehr vor, Intellektuelle nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch zu einzusetzen.[9]
Allerdings stand er mit seinem Vorhaben zu dieser Zeit in der Kommunistischen Partei ziemlich allein. Im Frühjahr 1956 hielt Mao zwei Reden vor geschlossenen Parteikreisen, in denen er die Parteikader dazu aufforderte, die Beziehung zu Nichtparteimitgliedern zu verbessern, andere Meinungen als die der Partei zu bedenken und sich verstärkt mit dem Westen zu beschäftigen. In seiner zweiten Rede folgte dann die Parole der Bewegung:
”Lasst hundert Blumen blühen (Kultur), lasst hundert Denkschulen miteinander wetteifern (Wissenschaft).“[10]
Beide Reden wurden nicht veröffentlicht, woraus man schließen kann, dass der bedeutendste Teil der Parteiführung Maos Ansichten nicht teilte und / oder sie als Gefahr für die eigene Position betrachtete.
Am 26. Mai 1956 hielt der Direktor der Propagandaabteilung, Lu Dingyi, eine Rede in Peking, die am 13. Juni 1956 im People's Daily, dem offiziellen Sprachrohr der Partei, veröffentlicht wurde. Mit dieser Rede wurde Maos Ansinnen zum ersten Mal in die Öffentlichkeit getragen.
[...]
[1] Vgl. Spence 1995, 664/665.
[2] Vgl. Spence 1995, 665.
[3] Vgl. Meisner 1999, 186.
[4] Vgl. Spence 1995, 667.
[5] Vgl. Goldmann 1987, 239-242.
[6] Vgl. Spence 1995, 668-669.
[7] Vgl. Meisner 1999, 159-160.
[8] Vgl. Meisner 1999, 160-161.
[9] Vgl. Meisner 1999, 162.
[10] Vgl. Spence 1995, 669.
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